Protocol of the Session on December 14, 2010

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 25. Sitzung des 5. Sächsischen Landtages.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Nolle, Frau Neukirch, Frau Roth.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium festgelegt: CDU bis zu 120 Minuten, DIE LINKE bis zu 80 Minuten,

SPD bis zu 48 Minuten, FDP bis zu 48 Minuten, GRÜNE bis zu 40 Minuten, NPD bis zu 40 Minuten und die Staatsregierung 80 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können je nach Bedarf auf die Tagesordnungspunkte verteilt werden.

Ich sehe keine Änderungsvorschläge. Es liegen keine Dringlichen Anträge vor. Ich sehe auch keinen Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 25. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Demokratie in Sachsen verteidigen: Extremismus von Rechts und Links konsequent bekämpfen!

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

2. Aktuelle Debatte: Nur noch Dienst nach Vorschrift? Sachsens Polizei braucht keine „Bescherung“ durch Mehrarbeit und Einkommens-Klau!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen und der Staatsregierung hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 25 Minuten, SPD 12 Minuten, FDP 14 Minuten, GRÜNE 10 Minuten, NPD 10 Minuten; Staatsregierung 20 Minuten, wenn gewünscht.

Sie wissen, dass die Redezeit eines Redners gemäß Geschäftsordnung maximal 5 Minuten beträgt und wir hier vorn streng auf die Einhaltung der Redezeit achten.

Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Demokratie in Sachsen verteidigen: Extremismus von Rechts und Links konsequent bekämpfen!

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Als Antragstellerinnen haben zunächst die Fraktionen der CDU und der FDP das Wort. Für die einbringende CDUFraktion wird gleich Herr Kollege Bandmann das Wort nehmen. Die weitere Reihenfolge in der ersten Runde zur Orientierung: Nach den einbringenden Fraktionen folgen DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Bitte, Herr Kollege Bandmann, Sie haben das Wort.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Da kommt der Richtige!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Keine Gewalt!“ – „Keine Gewalt!“ war der Ruf der Demonstranten 1989 auf den Straßen in Sachsen und später in Gesamtostdeutschland.

„Keine Gewalt!“ war der Ruf, der den Weg in die deutsche Einheit bahnte.

Wie ist es den Einzelnen davor ergangen, bevor Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erkämpft wurden? Ich will die Geschichte eines Mannes erzählen, der mit 18 Jahren zur NVA eingezogen wurde, der nicht wusste, wo er hinkommt, wo er zum Einsatz kommt, der aber aus einem christlichen Elternhaus kam. Als dieser junge Mann aus dem Zug ausstieg und in Berlin-Wilhelmshagen in die Kaserne einrückte, prangte am Tor ein rotes Plakat: „Mit der Sowjetunion an der Seite werden wir auf ewig zu den Gewinnern der Geschichte gehören!“

Dieser Mann wurde zu einem Grenzsoldaten ausgebildet – man versuchte es zumindest. Man versuchte, den jungen Leuten dort das Rückgrat zu brechen, um sie willfährig zu

machen, damit sie auf alles schießen, was diesen „freiheitsliebenden“ Staat, die Deutsche Demokratische Republik, verlassen wollte. Dabei spielte es überhaupt keine Rolle, auf wen sie schossen, ob auf Eltern oder auf Geschwister – Hauptsache, sie schossen.

Als dieser junge Mann später selbst Kinder hatte und sie im christlichen Glauben erzog, kam am dritten Tage nach der Schuleinführung seine Tochter nach Hause und sagte: „Da hängt doch ein Bild im Klassenzimmer!“ Dieses Kind war bisher im christlichen Kindergarten gewesen und hatte Freiheitsliebe und Nächstenliebe erfahren. Und dann sagte dieses Kind zu seinem Vater: „Du, Papa, stell dir vor, dieser Mann“ – da konnte sie den Namen Honecker noch nicht aussprechen – „bildet sich doch wohl ein, der Größte zu sein.“ Der Vater sagte zu ihr: „Du, Dörte, sprich nur zu Ende!“ Und sie sagte: „Dieser Mann bildet sich wohl ein, der Größte zu sein; dabei ist doch Gott im Himmel der Größte!“ „Du, Dörte“, sagte der Vater, „hast das Wesentliche in deinem Leben begriffen; vergiss es nur nicht!“

Das war die Basis für Freiheitsliebe, die Basis für Toleranz in einem Staat der Intoleranz, die am Ende diesen „Arbeiter- und Bauernstaat“, wie er sich nannte, zum Einsturz brachte. Die Leute im Lande waren sich völlig im Einigen: Nie wieder Krieg! Aber auch: Nie wieder Sozialismus! Und: Nie wieder politische Morde in diesem Land!

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Wer das nicht glauben will, der kann das in Leipzig besichtigen.

Und wenn eine Erfahrung aus dieser Zeit der Väter nach dem Zweiten Weltkrieg und unserer Generation nach der deutschen Einheit Bestand hat, dann ist es diese: dass wir eine wehrhafte Demokratie brauchen. Das Gewaltmonopol bleibt einzig und allein beim Staat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Lehre aus Weimar ist ganz klar: Der Staat muss dafür sorgen, dass Freiheit und Demokratie geschützt werden. Wer dies nicht akzeptieren will und der Meinung ist, der Staat könnte sogar mit öffentlichen Fördermitteln bekämpft und zersetzt werden, der muss sich die Frage gefallen lassen, auf welcher Seite der Barrikade er steht,

(Beifall bei der CDU)

auf der Seite, wo er Zersetzungsbefehle geschrieben hat, oder auf der Seite der Leute, die den „Prager Frühling“ und die Solidarnosc-Bewegung unterstützt haben. Ich sage, im Freistaat Sachsen werden wir die wehrhafte Demokratie praktizieren und den Leuten, die diesen Staat abschaffen wollen, nicht noch Fördermittel an die Hand geben.

Das war Kollege Bandmann für die Fraktion der CDU. Als Nächster spricht

für die miteinbringende Fraktion der FDP Herr Kollege Biesok.

(Jürgen Gansel, NPD: Sie leben doch von ihren Steuergeldern, Herr Bandmann!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bandmann hat die Lehren angesprochen, die wir aus der Weimarer Republik ziehen müssen. Für mich ist die wichtigste Lehre, die wir aus dem Versagen der Weimarer Republik ziehen müssen die, dass es nie wieder sein kann, dass man mit demokratischen Mitteln die Demokratie abschaffen kann.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir haben gesehen, dass es dort Kräfte gab, die Extremisten waren, die mit diesem System nichts am Hut hatten, ein anderes System wollten und sich schlicht und einfach die Toleranz der offenen Verfassung von Weimar zu eigen gemacht haben, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Dies darf nie wieder geschehen.

(Andreas Storr, NPD: Die Demokraten haben die Demokratie selbst abgeschafft!)

Die Demokraten haben die Demokratie verteidigt und ihre Vorgängerorganisation hat die Demokratie abgeschafft. Das ist die Tatsache.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Der eigentliche Skandal ist, dass wir heute hier eine solche Debatte führen müssen.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Das stimmt! – Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Für mich ist es einerseits eine Selbstverständlichkeit, dass sich demokratische Parteien und demokratische Organisationen zu dieser Verfassung und zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung bekennen. Für mich ist es aber ebenso eine Selbstverständlichkeit, dass, wenn man das schriftlich fordert, man dadurch nicht eine politische Diskussion entfacht, die zu Gesinnungsschnüffelei und ähnlichen Titeln führt, sondern dass man einmal deutlich sagt: Wir bekennen uns hier zu den Grundwerten unserer Verfassung und nicht zu den Grundwerten einer Partei oder einer regierungstragenden Fraktion.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Kollege Biesok, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Vielen Dank. – Herr Biesok, ich würde gern wissen: In wie vielen Fällen sind denn extremistische Organisationen bereits mit Fördermitteln des Freistaates gefördert worden, welches Ministerium war dafür zuständig und welche Konsequenzen hatte die fehlerhafte Förderentscheidung?