Thomas Schmidt
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte es mir einfach machen und den Antrag der GRÜNEN schon deshalb ablehnen, weil wir uns konsequent für eine Eins-zu-einsUmsetzung von EU-Regelungen einsetzen. Außerdem ist es kaum zu rechtfertigen, dass der Staat entgegen der derzeitig gültigen Rechtslage Verbote für seine eigenen Immobilien ausspricht, was die GRÜNEN im Antrag bezüglich bestehender oder zukünftiger Pachtverträge fordern.
Weiterhin kann man nicht einerseits immer wieder beklagen, dass angeblich nicht genügend Untersuchungsergebnisse vorliegen, um einen gefahrlosen Anbau von GVO zu genehmigen, und andererseits fordern, den Anbau dieser Pflanzen genau dort zu verbieten, wo eine neutrale Erkenntnisgewinnung möglich ist.
Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass die GRÜNEN in diesem Hohen Haus das Thema noch öfter diskutieren werden. Ich möchte Sie aber bitten, sich dabei zu beeilen, denn Ihnen verbleiben nur noch knapp zehn Monate Zeit.
Deshalb gebe ich den Rest meiner Rede als Beitrag für die zweite Runde zu Protokoll.
Der Anwendung von Gentechnik im Allgemeinen und der grünen Gentechnik im Speziellen kann man aus den unterschiedlichsten Gründen positiv oder negativ gegenüberstehen. Leider werden die unterschiedlichsten Argumente oft willkürlich vermischt, wodurch eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema nur schwer möglich ist.
So gibt es unter anderem ethische, biologische, physiologische oder betriebswirtschaftliche Gründe entweder für oder gegen die Anwendung von gentechnisch veränderten Organismen. Auf einige möchte ich eingehen.
Wenn man die technische Veränderung der Erbsubstanz ethisch betrachtet, wird oft das Argument des Eingriffs in die Schöpfung gebracht. Dies muss man so erst einmal akzeptieren. Trotzdem ist es hier nötig zu definieren, wo die Grenze des Eingriffs in die Schöpfung beginnt und wie weit man dabei gehen kann. Ähnliche Diskussionen sind uns auch aus der Stammzellenforschung bekannt. Wenn man aber aus diesem Grunde Gentechnik ablehnt, muss dies für alle Bereiche gelten und darf nicht auf die grüne Gentechnik begrenzt bleiben. Dann muss man auch den Mut haben, das Verbot der inzwischen zahlreichen gentechnisch hergestellten Medikamente zu fordern. Alles andere sind Halbwahrheiten.
Gleichzeitig muss man sich die Frage gefallen lassen, ob es mit Blick auf Hunderte Millionen von hungernden Menschen ethisch vertretbar ist, auf ein Instrument zu verzichten, das zum Beispiel durch eine deutliche Verbesserung von Trockenheits- und Staunässe oder Salztoleranz bestimmter Kulturpflanzen die Stabilisierung der Nah
rungsmittel- und Rohstoffversorgung zukünftig deutlich verbessern könnte. Ich bin mir nicht sicher, ob uns der Klimawandel genügend Zeit lässt, diesen Weg auch durch konventionelle Züchtung zu gehen.
Auch ernährungsphysiologisch kann man die grüne Gentechnik nicht losgelöst von anderen Formen von gentechnisch veränderten Organismen bewerten. Wenn man allein aus der Tatsache der gentechnischen Veränderung eines Anteils von weniger als 0,9 % in einem Lebensmittel Gefahren ableitet, dann sollte man schnellstens gentechnisch produziertes Insulin, das man sich direkt in den Blutkreislauf spritzt, verbieten. Haben Sie den Mut und sagen Sie dies den Tausenden Diabetikern!
Biologisch spielt die grüne Gentechnik natürlich eine Sonderrolle. Durch das sogenannte Freisetzen in der Natur müssen Aspekte betrachtet werden, die bei anderen Formen keine Rolle spielen. Es werden in der Welt weit über 100 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Organismen angebaut. Insgesamt wurde seit Einführung dieser Anbauart die Grenze von einer Milliarde Hektar bereits überschritten. Das immer prognostizierte ausgekreuzte Superunkraut ist trotzdem noch nicht aufgetreten.
In Sachsen ist bisher lediglich der Anbau der Maissorte MON810 zugelassen, auf deren Anbauverbot sich der vorliegende Antrag bezieht. Genau über diese Maissorte haben wir in diesem Hohen Hause nicht nur einmal diskutiert. Daher nochmals zur Auffrischung Ihres Informationsstandes: Dieser gentechnisch veränderte Mais ist in der Lage, ein Toxin zu produzieren, welches den Maiszünsler, den in unserer Region wohl gefährlichsten
Maisschädling, abtötet, aber für den Menschen ungefährlich ist.
Nun gibt es Bedenken, dass durch dieses Bt-Toxin eben auch andere Insekten gefährdet werden könnten. Das ist allerdings ein nur sehr schwaches Argument, da genau dieses Bt-Toxin als Pflanzenschutzmittel im ökologischen Landbau zugelassen ist. Die Zulässigkeit einer ganzflächigen Behandlung im Vergleich zum Eintrag einzelner Pollen relativiert für mich die Gefährdung.
Auch möchte ich in diesem Zusammenhang vor der Forderung einer Nulltoleranz warnen. Diese Forderung wird sehr schnell auf andere Bereiche ausgeweitet werden, die im Gegensatz zu dem in Kritik stehenden BtToxin nachweislich toxische Wirkungen für den Menschen haben, aber bei der Produktion unter freiem Himmel auch im ökologischen Landbau nicht zu vermeiden ist. Als Beispiel möchte ich die Mykotoxine der sich auf dem Getreide ansiedelnden Fusarien nennen. Aber auch hier macht die Menge das Gift, und in den festgesetzten Grenzen sind die Risiken gering.
Die Begründung der Ablehnung des Antrages habe ich am Anfang bereits gegeben. Ich möchte abschließend jedoch noch zwei Aspekte hinzufügen: So lehne ich es grundsätzlich ab, Politik mit der Angst der Menschen zu machen, wie es die GRÜNEN bereits beim Thema BSE mit großem volkswirtschaftlichem Schaden praktiziert haben.
Weiterhin möchte ich alle Redner der Fraktionen auffordern, sich ganz klar vom Vandalismus sogenannter Feldzerstörer zu distanzieren. Nutzen Sie heute dazu die Gelegenheit, denn wir sollten endlich zu einer sachlichen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema kommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte das Thema einmal inzwischen umgangssprachlich beschreiben. Der Health Check, der mit dem Mid-Term-Review der letzten GAP-Förderperiode zu vergleichen ist, befasst sich unter anderem mit Vorschlägen zu Degression, Kappung, linearer oder progressiver Modulation der Auszahlung über InVeKos zu aktivierender und zu beantragender Zahlungsansprüche, außerdem mit der Überprüfung der Wirksamkeit von Cross Compliance und mit Vorschlägen zum „Soft landing“ beim Milchquotenausstieg.
Ich bitte bei den Stenografen um Nachsicht für diesen Satz. Dass jedoch bei der Zwischenbewertung auch einmal die sprachliche Umsetzung der Agrarreform einem Gesundheitstest unterzogen werden sollte, denke ich, macht diese Einleitung deutlich.
Ja, bitte.
Ich komme dann einmal zu Ihnen.
– Warten Sie erst einmal ab.
Wie es mein Kollege Andreas Heinz bereits angekündigt hat, möchte ich noch einige Ausführungen über Cross Compliance machen. Diese so genannte Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen stellt die Verknüpfung der Agrarförderung mit der Einhaltung zahlreicher Richtlinien aus den Bereichen Umwelt, Futtermittel und Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz dar. Das klingt erst einmal logisch, ist aber in der gesamten Wirtschaft oder im Sozialbereich völlig unüblich. Oder können Sie sich vorstellen, dass man einer Mutter oder einem Vater, die ihr Kind zur Schule fahren und dabei ihr Auto ins Parkverbot stellen, nicht nur ein Knöllchen an die Windschutzscheibe hängt, sondern gleichzeitig auch noch das Kindergeld kürzt? Genau diese doppelte Sanktionierung tritt bei Cross Compliance ein. Also die Landwirte lehnen nicht etwa ab, Richtlinien einzuhalten, aber eine doppelte Bestrafung ist eben zu viel.
Der Gesundheitstest zielt einerseits auf Veränderungen in der gegenwärtigen Förderperiode, und andererseits dient er der Vorbereitung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik nach 2013. In beiderlei Hinsicht gibt es bei den Cross Compliances, also bei diesen mit der Agrarförderung verbundenen 19 Richtlinien – vielleicht sind es schon mehr – dringenden Veränderungs- bzw. Vereinfachungsbedarf. Da in der Landwirtschaft weder im Reinstraum produziert wird und die Arbeitszeit meist der Wetterbericht und nicht die Gewerkschaft bestimmt, muss außerdem auch bei den Kontrollen der Vorschriften mit Augenmaß vorgegangen werden. Dabei geht es mir nicht darum, vorsätzliches oder wiederholtes Fehlverhalten zu tolerieren. Wer Vorschriften bewusst missachtet, muss natürlich auch bestraft werden. Wenn aber beispielsweise eine Schlagkartei im höchsten Erntestress nicht taggenau aktualisiert wird, muss man auch die Chance bekommen, dies nachzuholen.
Den angesprochenen Änderungsbedarf möchte ich Ihnen an einigen wenigen Beispielen deutlich machen. Die angesprochenen 19 Richtlinien sind europaweit als sogenannte anderweitige Verpflichtungen mit der Agrarförderung verbunden. Die Ausgestaltung dieser Vorschriften ist jedoch zum Teil den Mitgliedsstaaten selbst überlassen. Zumindest sind Verschärfungen der europäischen Vorgaben jederzeit möglich.
Wie bei der Diskussion in der letzten Plenumswoche zum Thema Pflanzenschutz, möchte ich auch hier dringend eine europäische Harmonisierung einfordern. Es kann doch nicht sein, dass ein deutscher Landwirt nicht nur
bestraft wird, sondern auch noch die Agrarförderung gekürzt bekommt, weil sein Mineralöllager oder sein Maschinenwaschplatz den hohen deutschen Anforderungen nicht entspricht, und sein europäischer Nachbar aufgrund geringerer Anforderungen eben nicht bestraft wird. Das gleiche Szenario tritt ein, wenn ein in Deutschland nicht zugelassenes Pflanzenschutzmittel eingesetzt wird – was in anderen Mitgliedsstaaten sanktionslos möglich ist.
Die Landwirte sind natürlich nicht berechtigt, mehr Flächen bei der Antragstellung für die Agrarförderung anzugeben, als sie bewirtschaften. Das ist ja logisch. Gleichzeitig sind sie aber verpflichtet, all ihre zur Verfügung stehenden Flächen im Antrag zu verankern. Geht also ein Antragsteller etwas vorsichtig an die Antragstellung heran und meldet seine Flächen etwas kleiner als gemessen, um nicht Gefahr zu laufen, wegen Subventionsbetrug vor der Staatsanwaltschaft zu landen, kann es ihm passieren, dass er sanktioniert wird, weil auf seinem Antrag einige Teilflächen fehlen. Er beantragt also weniger Geld, als ihm im Grunde zusteht, und wird womöglich dafür noch bestraft.
Ein weiteres Beispiel ist der Schutz von Landschaftselementen innerhalb der FFH-Richtlinie. Landschaftselemente, also Bäume, Hecken und Sträucher, sind nicht nur auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, sondern auch angrenzend zu erhalten. Gehört nun ein solches angrenzendes Landschaftselement weder zur Eigentums- bzw. zur Pachtfläche eines Landwirts und wird diese Hecke beispielsweise vom rechtmäßigen Eigentümer beseitigt, wird der ahnungslose Landwirt dafür sanktioniert. Auch das ist nicht nachvollziehbar.
Wenn wir die Landwirte mit immer mehr Auflagen und Nachweispflichten überziehen, wird natürlich auch die Gefahr von Verstößen größer. Wir dürfen nicht vergessen, dass die eigentliche Aufgabe der Landwirte die Produktion von Lebensmitteln und Rohstoffen ist. So können sie es sich nicht leisten, ganze Rechtsabteilungen zu unterhalten wie große Konzerne. Vielleicht reizt es auch deshalb manchen hier, die Schrauben immer enger zu ziehen.
Bei den Kontrollen wird in Sachsen sicherlich mit dem notwendigen Augenmaß vorgegangen. Dafür einen Dank an die vielen fachlich guten Mitarbeiter unserer Landwirtschaftsverwaltung. Toleranz hat aber natürlich ihre Grenzen. Auch deshalb muss es dringend zur Vereinfachung bei diesen Vorschriften kommen, und eine generelle Einszu-eins-Umsetzung europäischer Vorgaben muss außerdem der Maßstab sein.
Ich möchte, weil es hier angesprochen wurde, noch ein Wort zur Modulation verlieren. Das hat mein Kollege Andreas Heinz schon gemacht. Frau Kollegin Kagelmann, natürlich sind die sächsischen Landwirte und auch unsere CDU-Fraktion nicht gegen die Förderung von Agrarumweltmaßnahmen und auch nicht, lieber Michael Weichert, gegen die Entwicklung des ländlichen Raumes. Das ist ganz klar. Das ist jedoch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und die kann doch nicht über Einkommensein
bußen bei der Landwirtschaft und bei der progressiven Modulation auch noch einseitig von der ostdeutschen Landwirtschaft finanziert werden. Das geht doch nicht.
Das müssen wir auch so sehen.
Meine Damen und Herren! Mir ist klar, dass der vorliegende Antrag nicht mehr direkt auf den Entscheidungsprozess der EU Einfluss nehmen kann oder nur wenig. Es ist aber wichtig, dass genau zum jetzigen Zeitpunkt noch einmal ein Signal Richtung Agrarministerkonferenz und letztlich nach Brüssel gesendet wird, um Schaden von der sächsischen Landwirtschaft und damit vom ländlichen Raum abzuwenden.
Ein solches Signal wünsche ich mir auch von anderen politischen Entscheidungsträgern in den Bundesländern und im Bund. Dieses Signal sollte auch von einer deutlichen Mehrheit dieses Hohen Hauses mitgetragen werden.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es gleich vorwegschicken. Der Antrag Drucksache 4/10689 „Konsequente Bekämpfung des unerlaubten Pflanzenschutzmitteleinsatzes“ begründet sich nicht aus einem aktuellen Fehlverhalten sächsischer Landwirtschafts-, Gartenbau-, Fortwirtschafts- oder Weinbaubetriebe. Ganz im Gegenteil. Wir haben in unserem Freistaat ein sehr hohes Niveau bei der verantwortungsvollen und fachgerechten Anwendung von Mitteln zum Schutz der Kulturpflanzen vor verschiedenen Schadorganismen.
Trotzdem steht dieses Thema immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit, und dies nicht immer begleitet durch eine objektive Berichterstattung der Medien. Dies wiederum führt zu einer verständlichen Verunsicherung der Verbraucher.
Um dem unerlaubten Einsatz der genannten Mittel vorzubeugen, sollte auch, aber nicht nur, die Wirksamkeit der Kontrollen betrachtet werden. Vor allem sollte man nachfragen, was überhaupt die Ursachen für ein solches
Fehlverhalten sind bzw. sein könnten, einmal davon abgesehen, dass manche mit krimineller Energie jegliche Regelungen, egal in welchem Bereich, unterlaufen.
Selbstverständlich müssen die Kontrollen in hoher Qualität, in einer vertretbaren Dichte und vor allem nach einheitlichen Standards erfolgen. Ob dies gegeben ist, muss immer wieder kritisch hinterfragt werden und wenn nötig, müssen Veränderungen vorgenommen werden. Die Staatsregierung hat sich in ihrer Stellungnahme zum Antrag darauf bezogen. Ich gehe davon aus, dass Staatsminister Kupfer dies noch tiefgründiger beleuchten wird.
Der Einsatz von Mitteln, um die Kulturpflanzen vor Schadorganismen zu schützen und damit letztendlich gesund zu erhalten, ist eine der wesentlichsten Maßnahmen im konventionellen Pflanzenbau. Die Entwicklung und Anwendungszulassung von Pflanzenschutzmitteln sind an Kriterien gebunden, denen der Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie geringstmögliche Umweltauswirkungen zugrunde liegen. Gleichzeitig muss nachgewiesen werden, dass gegenüber bereits vorhandener Mitteln eine Verbesserung erreicht wird. Wenn die Mittel dies nach langjähriger Prüfung erfüllen, werden sie auf eine bestimmte Zeit für die Anwendung zugelassen. Da diese Zulassung europäisch bisher nicht harmonisiert ist, führt dies oft dazu, dass sowohl der Beginn der
Zulassung als auch deren Ablauf in einzelnen Staaten sehr unterschiedlich sein kann.
So kann das zu dem Umstand führen, dass in Frankreich bereits ein neues umweltverträgliches Mittel zugelassen ist und in Deutschland noch nicht, wodurch die Anwendung des neuen innovativen Mittels in Deutschland einen Verstoß darstellt, jedoch die Anwendung des älteren, womöglich schädlicheren Präparates völlig legal ist. Gleiches gilt natürlich auch im umgedrehten Fall. Wird nun bei einer Kontrolle festgestellt, dass ein Obstbauer ein in Deutschland nicht zugelassenes Mittel einsetzt, wird das oft mit Horrorszenarien durch die Medien begleitet. Als Folge wird aus dieser Region grundsätzlich kein Apfel mehr gekauft, auch von Landwirten, die vorschriftsmäßig gearbeitet haben. Stattdessen weicht man auf Angebote aus Ländern aus, in denen das gleiche Mittel noch erlaubt ist und völlig legal und flächendeckend eingesetzt wird. Ist das Verbraucherschutz? Unerlaubte Anwendung in Europa ist eben nicht gleich unerlaubte Anwendung.
Damit Sie mich nicht falsch verstehen – ich plädiere nicht für eine Aufweichung von Bestimmungen, die dem Schutz von Mensch, Natur und Umwelt dienen. Es kann jedoch nicht sein, dass es in einem einheitlichen Wirtschaftsraum Europa derartige dramatische Unterschiede gibt.
Wir brauchen daher einheitliche Zulassungskriterien mit festgelegten Fristen, damit Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden, in vertretbaren Zeiträumen neue umweltverträgliche Mittel in den Markt eingeführt werden können und sich der Verbraucher schließlich darauf verlassen kann, dass in Europa gleiche Standards für alle pflanzlichen Produkte gelten.
Wenn das Mittel dann zur Anwendung zugelassen ist, geht das Dickicht der Gesetze und Verordnungen für den Endanwender weiter. Dass in Deutschland eine Dokumentationspflicht für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vorgeschrieben ist, ist selbstverständlich. Aber auch hier bitte Augenmaß! Die Erfüllung der Dokumentationspflicht darf natürlich nicht ein Universitätsstudium als Voraussetzung haben. Sie muss für den Anwender praktikabel und damit auch kontrollierbar sein. Allerdings ist es zumutbar aufzuzeichnen, wann wo wie viele und warum bestimmte Mittel eingesetzt werden.
Ich bin dabei nicht der Meinung, dass es hier wieder den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen werden sollte, ob und in welchem Umfang eine Dokumentationspflicht festgelegt wird. Wenn wir schon bei festgestellten Verstößen eine Nachverfolgbarkeit fordern, dann darf dies jedoch nicht an der deutschen und im Grund auch nicht an der europäischen Grenze enden.
Das Ergebnis ist: Wenn ein Verstoß eines deutschen Anwenders vorliegt, wird dies bestraft, ist dies ein Produzent in einem Staat ohne Dokumentationspflicht, können wir dies leider nicht ändern, weil wir es nicht nachvoll
ziehen können. Liebe Kollegen, das hat nichts mit konsequenter Bekämpfung des Missbrauchs der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu tun und auch nichts mit Verbraucherschutz.
Aktuell steht eine Novelle des europäischen und, daraus abgeleitet, des deutschen Pflanzenschutzmittelrechtes auf der Tagesordnung. Es wird dabei weiterhin nationale Zulassungen geben. Gleichzeitig jedoch wird die gegenseitige Anerkennung dieser Zulassungen zwischen Nationalstaaten in drei festgelegten Zonen geregelt. Das ist ein echter Fortschritt. Da jedoch eine dieser Zulassungsgrenzen zwischen den beiden europäischen Hauptagrarproduzenten Frankreich und Deutschland gezogen wurde, ist die genannte Lösung nur ein Teilerfolg und muss schließlich in europäische Gesamtregelungen münden.
Der zurzeit diskutierte Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlamentes über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für den nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist jedoch völlig indiskutabel und konterkariert den Verbraucherschutz. Die gesundheitliche Wirkung der Mittel wird dabei nicht, wie bisher, an der auszubringenden Lösung, sondern an der reinen Substanz gewertet. Als Folge werden 80 % der Wirkstoffe bei Insektiziden, 50 % bei Fungiziden und Herbiziden nicht mehr erlaubt sein. Ertragsausfälle von bis zu 50 % in Europa werden prognostiziert, welche natürlich ausgeglichen würden mit Produkten aus der Welt, wo oft ein kontrollierter Pflanzenschutz völlig unbekannt ist oder wo die Flächen hemmungslos ausgedehnt werden; siehe Rodungen in Südamerika. Das kann wirklich keiner wollen, das hat mit Umwelt- und Verbraucherschutz auch nicht im Ansatz etwas zu tun.
Wenn man die gleichen Maßstäbe an die Zulassung von Medikamenten und Körperpflegemitteln ansetzen würde, würde es einen Großteil dieser Produkte genauso treffen. Es ist zum Beispiel die Konzentration von Azolen in Haarwaschmitteln deutlich höher als in allen Pflanzenschutzmitteln. Meine Damen und Herren, ich könnte Ihnen weitere Beispiele nennen, will es aber dabei belassen.
Für eine konsequente Bekämpfung des unerlaubten Pflanzenschutzmitteleinsatzes braucht man effektive Kontrollen und, daraus abgeleitet, wirksame Strafen. Genauso wichtig ist für mich jedoch die Harmonisierung des europäischen Pflanzenschutzrechts, die gegenseitige Anerkennung von Zulassungen einheitlicher Regelungen für Transport, Lagerung und Handel sowie eindeutige und praxisrelevante Bestimmungen für den Anwender.
Wir bitten die Staatsregierung, sich im Interesse der sächsischen Verbraucher und der sächsischen Landwirte in diesem Sinne für eine Reform des Pflanzenschutzmittelrechts einzusetzen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in den Redebeiträgen gehört, wie unterschiedlich die einzelnen Fraktionen an das Thema, das wir heute diskutiert haben – die konsequente Bekämpfung unerlaubter Pflanzenschutzmittel – herangegangen sind. Übrigens, Herr Despang – ist er noch da? – ja –, das Wort „verbotene Pflanzenschutzmittel“ steht nicht ein einziges Mal in unserem Antrag. Sagen Sie das einmal Ihrem Redenschreiber oder lesen Sie den Antrag am besten vorher selbst.
Die unterschiedlichen Herangehensweisen an diesen Antrag werden darin deutlich, dass sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausschließlich auf eine Verschärfung der Kontrollen bezieht. Aber wir sehen dies umfassender; denn ich bin der Meinung, wenn ich Fieber feststelle, dann kann ich mich fragen: Funktioniert mein Fieberthermometer richtig? Aber es nützt nichts, wenn ich mir eines zulege, das zwei oder drei Nachkommastellen anzeigt, sondern ich sollte einmal überlegen, wo die Ursachen liegen könnten.
Da deshalb Ihr Antrag nicht umfassend genug ist, werden wir ihn ablehnen. Die Harmonisierung, die wir angesprochen haben, ist für mich eine Grundvoraussetzung, um überhaupt ein praktikables Handeln der Landwirte zu ermöglichen, und wenn wir bei diesem Handeln Verstöße feststellen – Herr Lichdi, Sie haben hier viele festgestellt –, dann zeigt dies doch, dass die Kontrollmechanismen funktionieren, und nicht, dass wir sie verschärfen müssen.
Es ist für mich auch kein sachlicher Umgang mit dem Thema, wenn Sie, wie Sie es wieder getan haben – ich würde es schon als Horrorszenario bezeichnen –, zwar nennen, wie viele und wie oft Rückstände festgestellt wurden. Sie haben aber nicht ein einziges Beispiel gebracht, wo durch einen sächsischen Landwirt ein Richt- oder Grenzwert überschritten worden ist – nicht ein einziges Beispiel. Das ist für mich kein sachliches Herangehen an dieses Thema.
Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Danke.
Herr Kollege Lichdi, ich habe nach Grenzwertüberschreitungen bei sächsischen Landwirten gefragt. Ich habe also nicht nach Gewürzen gefragt, die sonstwoher kommen, sondern nach Produkten von sächsischen Landwirten, Obstwirten und Weinbauern. Darum geht es mir.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der der Fachregierungserklärung zugrunde liegende Zusammenhang von Klima und Energie ist natürlich weitaus komplexer, als es damals mit dem Ozonloch war, als wir feststellten, dass unsere Spraydosen und Kühlgeräte bzw. die darin enthaltenen Fluorchlorkohlenwasserstoffe Auswirkungen auf unsere Atmosphäre haben, die wir nicht ahnen konnten.
Aber dieses Beispiel Ozonloch hat auch gezeigt, dass mit entschiedenem Handeln, also dem Verbot von FCKW, eine Entwicklung erfolgen konnte, die heute das Ozonloch wieder verschwinden lässt, sondern es in ein paar Jahrzehnten ganz verschwunden sein wird.
Es gibt beim Zusammenhang Klima und Energie sowohl eine Vielzahl von Ursachen für den einsetzenden Klimawandel als auch eine große Anzahl umfassender globaler Auswirkungen. Es ist natürlich so, dass es auch nichtanthropogene Auswirkungen auf diesen Klimawandel gibt.
Es ist kein Schlingerkurs, den Prof. Mannsfeld in seiner Rede aufgezeigt hat. Er hat das Thema vielleicht nur etwas anders und nicht so einseitig betrachtet wie Sie, Herr Lichdi. Aber ich will gar nicht in Abrede stellen: Wir können nicht warten, bis endgültig geklärt ist, wie viele anthropogene oder nichtanthropogene Einflüsse es gibt.
Es gibt kein Learning by Doing. Wir müssen jetzt handeln.
Klima- und Energiepolitik sind nicht nur ein regionales oder nationales Thema. Es wird global Energie verbraucht und produziert und es muss globale Lösungen geben, die den Klimawandel begrenzen und eindämmen, welche dann natürlich regional umgesetzt werden müssen.
Es ist schon gesagt worden, dass gleichzeitig natürlich eine weltweit stabile Energieversorgung gesichert werden muss und die Preisspiralen bei den Energiekosten gestoppt werden müssen. Dabei darf es keine Tabus geben und ideologisch geprägtes Handeln ist fehl am Platze.
Wenn wir also die Abhängigkeit von den Energielieferungen aus dem Ausland verringern und gleichzeitig die CO2freie Energiegewinnung erhöhen wollen, dann kann das nur bedeuten, dass der Zuwachs des Anteils erneuerbarer Energien in erster Linie zulasten des Anteils von Erdöl und Erdgas gehen muss und gleichzeitig unsere heimische Kohle effektiver, aber noch längerfristig genutzt werden muss.
Die Kernkraft wird sicherlich nicht die Energie der Zukunft sein.
Wer aber die Ziele zur CO2-Reduzierung ernst meint, kann erst dann deren Ablösung fordern, wenn erneuerbare Energien die fossilen Energieträger weitestgehend ersetzt haben. Der kurzfristige Atomausstieg macht auch wenig Sinn, wenn man um uns herum – in Frankreich, Großbritannien, Finnland und Polen – immer mehr neue Kernkraftwerke baut.
Doch, doch!
Eine Schlüsselrolle bei der Betrachtung des Themas Klima und Energie kommt der Landwirtschaft zu. Die zu befürchtenden und auch heute schon spürbaren Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungsmittelproduktion bei gleichzeitig stetig steigender Weltbevölkerung sowie steigendem Bedarf an die Produktion von Rohstoffen für Industrie und Energieerzeugung erzeugen ein Spannungsfeld, das uns vor große Herausforderungen stellt.
Dass extreme Witterungslagen wie lange Trockenheit und Regenperioden, Stürme, Starkniederschläge nicht nur ein Thema für Australien, Südamerika und die USA oder vielleicht Spanien sind, haben wir inzwischen schmerzlich feststellen müssen. Eine lang anhaltende Vorsommertrockenheit ist längst besonders für Ost- und Nordsachsen zur Normalität geworden. Wir haben sowohl frühlingshafte Winter, welche vielen Schädlingen eine starke Vermeh
rung ermöglichen, als auch Winter mit Schneemengen, die Hallen zum Einsturz bringen und zu dramatischem Schneebruch in unseren Wäldern führen. Orkane wie „Kyrill“ und das Hochwasser von 2002 muss ich nicht weiter erläutern.
Trotz dieser negativen Entwicklungen wird die Landwirtschaft in Sachsen und in ganz Deutschland weiterhin weltweit zu der mit den besten Vegetationsbedingungen gehören, wenn natürlich auch mit größeren Ertragsschwankungen.
Deshalb kommt uns beim Umgang mit unseren fruchtbaren Böden eine besondere Verantwortung zu, und zwar nicht nur bei der Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung hier in Deutschland, sondern auch bei der Stabilisierung der Deckung des globalen Lebensmittelbedarfs.
Im Aktionsplan Klima und Energie werden viele Maßnahmen zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, zur Verringerung von Erosionen, zur Regulierung des Wasserhaushaltes, zum effektiven Einsatz von mineralischen organischen Düngemitteln, zum effektiveren Energieeinsatz im Ackerbau und in der Tierzucht sowie bei Lagerung und Verarbeitung angeregt. Dabei sei bemerkt, dass die sächsische Landwirtschaft nicht bei null anfängt, sondern durch gezielte Fördermaßnahmen unseres Freistaates wie das Programm „Umweltgerechte Landwirtschaft“ und verschiedene Programme zur Förderung von Agrarinvestitionen bereits seit vielen Jahren deutschlandweit Vorbildliches geleistet hat. Auf diesem Fundament müssen wir für unsere Landwirtschaft regionale Strategien für die Zukunft entwickeln. Einfach gesagt: Die Lausitz braucht auf die Frage nach der zukünftigen Entwicklung andere Antworten als die Lommatzscher Pflege oder das Erzgebirge.
Meine Damen und Herren, weiterhin ist zu begrüßen, dass im Aktionsplan mehrfach die Reduzierung des Flächenverbrauchs angesprochen wird. Die Flächenversiegelung muss reduziert und die Entsiegelung zum Beispiel durch den Abbruch von vielen Industriebrachen gerade in unseren Flusstälern forciert werden, ohne jedoch den einzelnen Regionen ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu nehmen.
Beim Thema Flächenentzug stellt sich für mich aber auch die Frage, ob so manche sogenannte Umweltausgleichsmaßnahme bei den veränderten globalen Bedingungen wirklich noch zeitgemäß ist. Auch ich bin der Meinung, dass es in Sachsen noch große Reserven für Waldmehrung gibt, dass das Thema Biotopverbund, Umsetzung von Natura 2000 selbstverständlich auf der Tagesordnung steht. Wir sollten jedoch mehr differenzieren. Ich halte es bei dem extrem steigenden Bedarf an Lebensmitteln sowie pflanzlichen und tierischen Rohstoffen in der Welt für verantwortungslos, wenn wir es uns weiterhin in diesem Umfang leisten, Ackerland, das zu den fruchtbarsten der Erde gehört, mit jährlich Millionen Euro Aufwand
in Wald zu verwandeln. Dieses Ackerland war nicht einfach da, sondern wurde durch die nachhaltige Bewirtschaftung über Jahrhunderte zu seiner Fruchtbarkeit gebracht und stellt sicherlich eines unserer größten Volksvermögen dar.
In Zeiten der Überproduktion konnte man sicherlich etwas großzügiger mit diesem zusätzlichen Verlust von landwirtschaftlicher Nutzfläche umgehen. Wenn wir aber heute über Klimawandel, Welthunger und Ablösung fossiler Energieträger durch Bioenergie reden – und dies bei gleichzeitiger Zunahme der Abholzung der Wälder nicht nur in Südamerika –, bin ich überzeugt, dass es auch für das sächsische Klima besser wäre, wenn wir diese Millionen Euro zum Erhalt der bereits bestehenden Lungen dieser Welt einsetzen würden.
Gestatten Sie mir abschließend noch einige Bemerkungen zum Thema Bioenergie und damit auch zu der Frage „Tank oder Teller?“. Es ist überhaupt keine Frage, dass die Landwirtschaft in erster Linie die Aufgabe hat, Primärprodukte für die Lebensmittelherstellung zu produzieren. Es ist aber mit Sicherheit auch möglich, in der Landwirtschaft die Produktion von Nahrungsmitteln und Energie sinnvoll zu verbinden. Wir sind, wenn wir fossile Energieträger ablösen wollen, vielmehr darauf angewiesen, dass diese Verbindung noch besser als bisher gelingt.
Speziell bei der Biogaserzeugung blieb Sachsen von Fehlentwicklungen wie in anderen Ländern weitestgehend verschont. Deshalb verstehe ich auch nicht die Bemerkung von Frau Dr. Runge, dass Gülle, Stalldung und solche Dinge nur am Rande Bedeutung hätten. Nein, die überwiegende Anzahl der bestehenden Anlagen basiert auf der Nutzung dieser organischen Substanzen und von Futterresten und nur zu einem kleinen Teil auf dem Einsatz sogenannter Kofermente.
Aber auch im Biogasbereich haben wir noch große Reserven. Dies bezieht sich sowohl auf die Anzahl der Anlagen als auch auf die Erhöhung der Effektivität, die Verlängerung der Laufzeiten, die Verbesserung der Wärmenutzungskonzepte, die Ermöglichung der Einspeisung
von Biogas in das Erdgasnetz und vieles mehr. Die Produktion von biogenen Kraftstoffen wie Rapsmethylester und kaltgepresstem Rapsöl sowie Bioethanol leistete einen ersten nennenswerten Beitrag zur Reduzierung fossiler Treibstoffe.
Große Hoffnung wird in die Biokraftstoffe der zweiten Generation gesetzt. Hier werden nicht nur Körner, sondern ganze Pflanzen und Pflanzenreste, im Grunde jegliche organische Substanz, in Treibstoffe umgewandelt. Diese BTL-Treibstoffe, also Biomasse to Liquid, werden schon bald in die Praxis Einzug halten, und für sie gibt es große Potenziale.
Aber auch hier möchte ich zur Vorsicht mahnen. Die Verwendung der gesamten Biomasse darf nicht dazu führen, dass die Grundprinzipien der Erhaltung und der Mehrung der Bodenfruchtbarkeit vernachlässigt werden. Aber ich lasse mich auch gern eines Besseren belehren.
Der „Aktionsplan Klima und Energie“ ist der Startschuss für ein Programm, das nun mit Leben erfüllt werden muss. Es ist ernst zu nehmen und nicht nur, wie hier einige Redner sagten, ein Alibipapier. Es ist ernst zu nehmen, es ist der richtige Weg, auf dem wir alle gemeinsam in Verantwortung stehen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass, wenn man gerade um diese Zeit von Lebensmitteln spricht, der Magen dann ganz besonders knurrt. Aber nach dem Beitrag von Kollegen Weichert, denke ich, sollte noch etwas folgen, um nicht den Eindruck, der damit erweckt worden ist, hier als Letztes stehen zu lassen.
Staatsminister Wöller sagte: Unsere Landwirtschaft ist wieder da. Nach einer Zeit, in der sogar aus der Bezeichnung des zuständigen Bundesministeriums der Name „Landwirtschaft“ gestrichen worden ist und man wohl mit der Bezeichnung Verbraucherschutz suggerieren wollte, die Verbraucher vor den Landwirten schützen zu müssen, ist auch auf Bundesebene wieder Normalität eingezogen. Gerade in Zeiten von BSE, einer Rinderkrankheit, deren Gefahren für den Menschen bis heute nicht abschließend nachgewiesen werden konnten, setzte eine regelrechte Kriminalisierung der deutschen und damit der sächsischen Landwirte ein. Das hat Nachwirkungen bis zum heutigen Tag und bedeutet nicht nur einen Imageschaden für die sächsischen Bauern, sondern hat auch erhebliche volkswirtschaftliche Schäden nach sich gezogen, die sicher nur schwer zu kompensieren sind.
Das Bild der Landwirtschaft beginnt sich in der öffentlichen Darstellung langsam zum Positiven zu wandeln. Die durch die damalige Hysterie ausgelöste Bürokratie, welche kaum noch jemand beherrschen kann, wird aber den Bauern erhalten bleiben. Es muss daher in Sachsen
noch besser gelingen, europäische und Bundesregelungen konsequent eins zu eins umzusetzen. Sicher ist es schwierig, dies mit Blick auf regionale Besonderheiten immer zu erreichen. Ich kann versichern, dass wir auch in Zukunft, unterstützt vom Berufsstand, sehr genau aufpassen werden, dass es hier nicht zu Auswüchsen kommt – auch mit dem Wissen, dass wir diesbezüglich bei Staatsminister Wöller auf offene Ohren treffen.
Meine Damen und Herren! Wenn man in den letzten Monaten die Zeitungen aufschlug, konnte man in Berichten über die Landwirtschaft von bis zu 150 % gestiegenen Erzeugerpreisen für die Bauern lesen, die letztendlich die Ursache für dramatisch steigende Nahrungsmittelpreise seien. Das klingt erst einmal logisch, ist aber sehr oberflächlich betrachtet. Die Realität ist weitaus komplexer.
Beispielsweise handelt es sich bei den gestiegenen Getreidepreisen nicht etwa um Erhöhungen im dreistelligen Prozentbereich, sondern lediglich um die Korrektur eines dramatischen Preisverfalls der letzten Jahre. Zum Beispiel lagen die Preise für Weizen und Roggen Anfang der Achtzigerjahre auf dem gleichen Niveau wie heute oder zum Teil darüber. Also sind wir erst einmal wieder dort, wo wir schon einmal waren. Wenn man aber weiß, dass sich in der gleichen Zeit die Brot- und Brötchenpreise fast verdoppelt haben, dann ist diese Wiederherstellung des alten Erzeugerpreisniveaus nicht die Ursache für Preissteigerungen, sondern war über viele Jahre der Puffer, um andere Betriebskostensteigerungen, bei Mühlen und Bäckereien, zumindest zum Teil kompensieren zu können. Gleiches gilt bei Preisen für Milch, Raps oder die Braugerste für unser gutes sächsisches Bier.
Am Beispiel der in den letzten Wochen wieder deutlich sinkenden Milchpreise sieht man jedoch, wie instabil diese Entwicklung ist. Auch können bei Weitem nicht alle Bauern auf eine solche positive Einnahmenentwicklung zurückblicken. 2007 war im Schweine- und Rindfleischbereich ein extrem schwieriges Jahr. Minister Wöller ist darauf eingegangen.
Überhaupt haben sich die Preise vom Schema „Schlechte Ernte in der Region gleich hohe Preise“ bzw. „Gute Ernte gleich schlechte Preise“ abgekoppelt, was immer zu einem gewissen Ausgleich führte. Auch ist nicht mehr garantiert, dass die tiefsten Getreidepreise im August, zur Erntezeit, und die höchsten im Frühjahr liegen. Der viel zitierte Zyklus der Schweinepreise und die damit verbundene Möglichkeit einer antizyklischen Gegensteuerung scheinen längst nicht mehr so zu funktionieren, wie es über viele Jahrzehnte der Fall war. Die Preisfindung erfolgt durch die Abkopplung der Agrarsubventionen von der Produktion in Europa und damit in Sachsen global. Ausschlaggebend sind die Welternten oder meist nur deren Prognosen, die Tierbestandsentwicklung, weltweit auftretende Tierseuchen sowie prognostizierte Entwicklungen von Nachfrage und Lagerbeständen. Anhand dieser Prognosen bilden sich die Preise an den Produktenbörsen.
Ein einziger starker Regen in Australien oder Südamerika und die damit verbundenen Korrekturen der Ernteerwartung können zu enormen Preissprüngen führen. Beispielsweise führte erst vor drei Wochen eine solche Korrektur der Ernteerwartung an einem einzigen Tag auch in Sachsen zu einem Preisrutsch bei Weizen um circa 20 %. Wie gesagt, es ist nicht die Auswertung einer realen Ernte, sondern lediglich die Einschätzung von Analysten, wie denn in drei bis vier Monaten geerntet werden könnte.
Dies alles stellt die Landwirtschaft vor völlig neue Herausforderungen. Dabei funktioniert es bekanntlich nicht, dass man seine Produktion den aktuellen Marktentwicklungen einfach anpassen kann. Es geht eben nicht, zu sagen, die Milchpreise sind hoch, liebe Kühe, jetzt mal 30 % mehr Milch, um dann später bei sinkenden Preisen die Produktion wieder zurückzudrehen. Jetzt und in den nächsten Wochen fallen die Entscheidungen, was die Landwirte in diesem Herbst aussäen, was sie damit im Sommer 2009 ernten und letztlich bis ins Frühjahr 2010 verkaufen werden. Sie müssen also jetzt, im April, Mai und spätestens im Juni 2008, darüber entscheiden, was ihnen in zwei Jahren die höchsten Erlöse erbringen könnte. Und das, wie gesagt, nicht mit der Gewissheit langjährig stabiler Zyklen, sondern im globalen Wettbewerb, in Zeiten des Klimawandels und mit einer schwer berechenbaren Entwicklung der weltweiten Produkt-, Energie- und Finanzmärkte.
Auf dem Zukunftsforum Landwirtschaft am 2. April dieses Jahres wurden diese veränderten Rahmenbedingungen in qualitativ anspruchsvollen Vorträgen von den Vertretern der Praxis deutlich herausgestellt. Des Weiteren wurde analysiert, dass sich die sächsischen Landwirtschaftsbetriebe offensiv dieser Entwicklung stellen werden und gleichzeitig gute Voraussetzungen haben, sie zu meistern.
Gestatten Sie mir, an dieser Stelle einen herzlichen Dank zu sagen an die Teilnehmer der vorbereitenden Foren, an die Organisatoren und Agierenden vom SMUL und des Sächsischen Landesbauernverbandes mit Präsident Wolfgang Vogel und Hauptgeschäftsführer Dr. Jörg Hilger an der Spitze.
Meine Damen und Herren! Mir ist bewusst, dass Deutschland sicher einer der größeren Profiteure der globalen Verflechtung der Weltwirtschaft ist. Auch für unsere Lebensmittelproduzenten sehe ich durchaus gute Chancen, hochwertige Produkte im Ausland abzusetzen bzw. gegen billige Importe zu konkurrieren. Dies geht allerdings nicht im Selbstlauf. Das funktioniert nur mit einer gezielten Ausrichtung der Betriebe auf die veränderten Rahmenbedingungen. Dazu ist heute hier schon ausreichend Stellung genommen worden.
Wenn aber die weltweiten Entwicklungen nur schwer abzuschätzen sind, dann muss sich der Landwirt zumindest auf stabile Rahmenbedingungen der Landwirtschaftspolitik in Sachsen, Deutschland und Europa verlassen können. Dabei geht es nicht nur, aber auch um Geld. Wenn noch vor einem reichlichen Jahr lediglich
eine Zwischenprüfung der derzeitigen gemeinsamen Agrarpolitik mit dem sinnigen Namen „Health-Check“ angekündigt wurde, um lediglich Erkenntnisse für die nächste Förderperiode zu gewinnen oder maximal kleinste Korrekturen durchzuführen, kann es nur wenige Monate später nicht sein, dass die Kommission Änderungen vorschlägt, die für die sächsischen Landwirte und damit für unseren oft strukturschwachen ländlichen Raum Verluste im dreistelligen Millionenbereich bedeuten würden.
An dieser Stelle möchte ich mich für die klare, ablehnende Haltung der Sächsischen Staatsregierung zu diesem Ansinnen bedanken. Diese oft in der Kritik stehenden Zahlungen an die Landwirte sind eben nicht einfach ein zusätzliches, im Grunde unnötiges Einkommen ohne Gegenleistung. Sie sind vielmehr eine Anerkennung für die zahlreichen Gemeinwohlleistungen der Landwirte wie den Erhalt und die Pflege unserer Kulturlandschaft.
Das neue ELER-Programm zur Entwicklung der ländlichen Räume schafft hingegen bis zum Jahr 2013 Planungssicherheit auch für zahlreiche Fördermöglichkeiten in der sächsischen Landwirtschaft. Auch wenn ich mir die Durchführungsbestimmungen und die damit verbundenen Antragsverfahren etwas einfacher gewünscht hätte, so sind speziell die sächsischen Förderungen von Agrarinvestitionen deutschlandweit konkurrenzlos.
Die damals noch von Staatsminister Tillich eingeleitete klare Ausrichtung auf die arbeitsintensiven Bereiche sicherte in unseren Dörfern nicht nur Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, sondern auch in Bau, Handwerk, Dienstleistung und verarbeitenden Betrieben.
Stabile politische Rahmenbedingungen haben, wie gesagt, nicht nur etwas mit Geld zu tun. Genauso wichtig ist es, wenigstens innerhalb Europas einheitliche, harmonisierte gesetzliche Regelungen zu schaffen. Auch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es nach so vielen Jahren gemeinsamer europäischer Agrarpolitik noch immer nicht gelungen ist, beispielsweise das Pflanzenschutzmittelrecht auf einen einheitlichen Stand zu bringen. Wenn also ein deutscher Landwirt, Obst- oder Weinbauer ein nicht mehr zugelassenes Mittel einsetzt und dies bei einer Kontrolle festgestellt wird, wird dieser Produzent richtigerweise bestraft. Wird dieser Vorgang öffentlich bekannt und, wie so oft, mit Katastrophenszenarien in den Medien begleitet, erleidet die gesamte betroffene Region einen Imageschaden, was wiederum dazu führen kann, dass der verunsicherte Verbraucher auf Produkte aus Ländern ausweicht, wo das gleiche Mittel völlig legal eingesetzt werden kann. Welche Schizophrenie! – Dies war nur ein Beispiel.
Bei der Rechtsharmonisierung geht es auch um Bauvorschriften, Arbeitsschutzbestimmungen, Bestimmungen über die Lagerung wassergefährdender Stoffe, Tiertransportvorschriften, Hygienevorschriften und, und, und. Diese Bestimmungen müssen EU-weit einheitlich und für den Landwirt praktikabel sein sowie auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Es ist wichtig, dass hier wenigstens
innerhalb der EU Wettbewerbsverzerrungen deutlich abgebaut werden.
Meine Damen und Herren! Die Landwirtschaft steht vor einem Wandel. Sie wird in Zukunft wieder erheblich an wirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer Bedeutung gewinnen. Sachsens Bauern können sich selbstbewusst diesen Herausforderungen stellen.
Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages wird weiter der Partner des Berufsstandes sein. Sie ist im Übrigen auch die einzige Fraktion, die noch praktizierende Landwirte in ihren Reihen hat. Ich kann Ihnen versichern, dass es weitaus schwieriger ist, sich selbst den vielen Unwägbarkeiten in dieser Branche zu stellen, als an diesem Pult einfach einmal darüber zu sprechen.
Vor der Leistung der Landwirte für die gesamte Gesellschaft haben wir Christdemokraten großen Respekt, und wir werden sie auch in Zukunft nach besten Kräften in ihrer Arbeit unterstützen.
Vielen Dank.
Herr Kollege Günther, ist Ihnen bekannt, dass die FDP-Kreistagsfraktion in Mittweida dem Vorschlag der Staatsregierung zu Mittelsachsen zugestimmt hat?
Kollege Weichert, Sie haben gerade gesagt, dass diese Prämien nicht mit irgendwelchen Umweltauflagen verknüpft sind. Haben Sie schon einmal etwas von Cross Compliance gehört? Mein Kollege Heinz hatte vorhin Ausführungen gemacht, dass diese unmittelbar mit diesen Richtlinien, was Grundwasser, Gewässerschutz, Nitratrichtlinie usw. betrifft, verknüpft sind und dass das gerade in der jetzigen Agrarpolitik der Fall ist.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal die Zahlen in den Raum stellen, worüber wir hier eigentlich sprechen. Es geht bei dem in Kritik stehenden Vorschlag von Frau Agrarkommissarin Fischer Boel um jährlich 56,3 Millionen Euro für die sächsische Landwirtschaft, das heißt bis zum Jahre 2013 um circa 280 Millionen Euro. Dieses Geld wird nicht etwa von den Großen zu den Kleinen umverteilt oder vom Pflanzenbauer zum Veredler oder vom Konventionellen zum Ökologischen, nein, dieses Geld wird der sächsischen Landwirtschaft direkt entzogen. Das kann doch im Ernst niemand wirklich wollen.
Herr Kollege Weichert, um gleich darauf einzugehen. Ich hatte Ihnen die Frage gestellt, ob Sie schon einmal von Cross Compliance gehört haben. Sie sagten, dass Sie davon schon etwas gehört hätten, aber Sie hatten sich scheinbar nicht damit befasst. Denn es geht bei diesen Maßnahmen nicht um die zweite Säule, sondern es geht um Kürzungen, wenn in der ersten Säule Verstöße auftreten, die auch der sächsischen Landwirtschaft am Ende wieder verloren gehen, also die Verknüpfung dieser Flächenzahlungen, über die wir mit den Umweltauflagen diskutieren, ist bereits gegeben und ist die Voraussetzung, um diese Flächenzahlungen zu erhalten.
Ich würde Ihnen empfehlen und meine Einladung erneuern, dass wir gemeinsam in einige Landwirtschaftsbetriebe in Sachsen fahren. Sie wissen, dass ich Sie für einen durchaus sachlichen Kollegen halte. Hören Sie nicht nur auf Herrn Graefe zu Baringdorf, gehen Sie selbst einmal in die Betriebe. Wir schauen uns das einmal an. Vielleicht können Sie dann Ihre Meinung ändern.
Um noch einmal auf die Flächenzahlungen allgemein einzugehen: Diese Einführung hatte zur Folge, dass auf der einen Seite zwar der Landwirt Leistungen aus der Kasse des Steuerzahlers bekam, auf der anderen Seite die Preise für seine Produkte jedoch zurückgingen und gleichzeitig die Produktionsmittelkosten stiegen, was wiederum bedeutet, dass das Geld – worüber wir hier immer diskutieren –, das angeblich der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt wird, gar nicht bei den Landwirten verbleibt, sondern einfach durchfließt hin zum Verarbeiter, zum Handel oder zu den vorgelagerten Bereichen. Wenn wir diese Zahlungen jetzt wieder kürzen, wird der Landwirt dies allein tragen müssen, weil er es nicht umlegen kann.
Zu den gestiegenen Preisen, die auch schon angesprochen wurden, möchte ich so viel sagen: Wir sind dort auf einem Preisniveau, das wir in den Achtzigerjahren schon einmal hatten bzw. sind noch leicht darunter. Wenn wir über Flächenprämienkürzungen reden wollen, müssen wir dort noch weiter hoch, muss das stabilisiert werden, müssen die Folgen, die sich in den letzten Jahren aufgebaut haben – also Investitionsstau, Lohnzurückhaltung – aufgelöst werden. Erst dann können wir über Veränderungen dieser Systeme reden, nicht zum jetzigen Zeitpunkt.
Es geht aber noch um etwas anderes; das ist auch schon angesprochen worden: Es geht um Verlässlichkeit der Politik. Wir haben zum zweiten Mal eine solche Zwischenbewertung. Beim ersten Mal hieß das damals Midterm Review, diesmal heißt es Health Check – zumindest da ist man innovativ –, aber diesmal hat im Frühjahr bzw. Sommer Herr Borchardt, der Stellvertreter von Frau Fischer Boel, auf der Agra in Leipzig und auf dem Deutschen Bauerntag in Bamberg ganz klipp und klar gesagt, dass man sich dieses Mal die Reform nur anschaut und gewisse Regulierungen vielleicht zustande kommen. Aber der extreme Eingriff, der jetzt für die
ostdeutsche und besonders auch sächsische Landwirtschaft erfolgen soll, stand bis zum Sommer überhaupt nicht in Rede. An diesen Aussagen müssen wir die EU messen. Die Fraktionen hier im Sächsischen Landtag sollten geschlossen dagegen vorgehen und die Kürzungen für die sächsische Landwirtschaft verhindern.
Die Landwirtschaft wird, wenn es so kommt, natürlich reagieren. Es wird zu Betriebsteilungen kommen. Das ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Betriebsberater und Rechtsanwälte. Aber ich möchte kein Förderprogramm für Betriebsberater und Rechtsanwälte, sondern eine stabile, zukunftssichere und ökonomisch starke sächsische Landwirtschaft. Das ist meiner Meinung nach das beste Förderprogramm für unsere ländlichen Räume. Das ist besser, als wenn irgendwo in Dresden in einer vornehmeren Wohngegend Leute von den Geldern profitieren, die eigentlich den Bauern und damit dem ländlichen Raum zustehen, auch wenn da jetzt der Herr Rechtsanwalt Lichdi etwas fragend schaut.
Meine Damen und Herren! Bei der Betrachtung dieser Vorschläge sollten wir zusammenstehen und nicht schon wieder versuchen, herumzumäkeln und den einen Bereich gegen den anderen auszuspielen. Das haben unsere sächsischen Bauern nicht verdient. Sie brauchen Verlässlichkeit in der Politik, und die CDU steht dafür.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion hat unter der Drucksachennummer 4/8809 einen im Grunde in sich unschlüssigen Antrag vorgelegt.
Warum, das werde ich Ihnen gleich begründen. Allerdings, dass wir das Thema Pflanzenbiotechnologie in diesem Hohen Hause wieder einmal diskutieren, halte ich für gut. Ich finde aber, wir sollten es unter Betrachtung von Risiken und Chancen diskutieren und nicht als Einbahnstraße einer Pauschalablehnung.
Zu den einzelnen Punkten des Antrages: Unter 1. fordern Sie, den Anbau von gentechnisch verändertem Mais so lange auszusetzen, bis das von Frau Altmann angesprochene Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, kurz: BMELV, Ergebnisse über mögliche Gefahren gebracht
hat. Nochmals zum Verständnis: Der Anbau soll so lange ausgesetzt werden, bis Erkenntnisse vorliegen, die aber nur durch den Anbau gewonnen werden können. Also, das ist in sich wirklich unschlüssig.
Damit haben Sie schon meine Begründung der Einleitung.
Unter 2. fordern Sie den Landtag auf, sich für ein generelles Verbot des Freisetzens und In-Verkehr-Bringens von gentechnisch verändertem Mais einzusetzen. Noch einmal zur Erinnerung: Unter 1. sollte der Anbau ausgesetzt werden, bis Ergebnisse vorliegen. Das heißt doch, wenn Sie den zweiten Punkt Ihres Antrages ernst meinen, hätten Sie sich den ersten Punkt gänzlich sparen können. Wenn Sie, wie unter 1., nur ein zeitlich begrenztes Aussetzen des Anbaues anstreben, macht allerdings Punkt 2 wiederum keinen Sinn mehr.
Ja, so bin ich halt!
Unter Punkt 3 bringen Sie zum Ausdruck, wie Sie im Grunde die Arbeit der sächsischen Landwirtschaftsbetriebe einschätzen. Glauben Sie bei der augenblicklichen Medienlage und Diskussion wirklich im Ernst, dass es auch nur einen Landwirtschaftsbetrieb in Sachsen geben könnte, der sich vor seiner Anbauentscheidung zu GVO nicht ausreichend und umfassend über dieses Thema informiert? Glauben Sie wirklich, dass erst das Landwirtschaftsministerium sagen muss, worum es dabei geht? Also, ich habe dazu eine andere Meinung.
Unter Punkt 4 des Änderungsantrages sprechen Sie an, dass die Landesbehörde handeln soll. Aber auch dafür braucht man gesicherte Datengrundlagen, wozu Sie selbst sagen, dass diese wohl nicht vorhanden wären. Nur mit konjunktiven Begründungen kann auch eine Landesbehörde diesen Anbau nicht verbieten.
Nicht zuletzt ist die bisher zeitlich begrenzte Zulassung des Anbaus des Mais MON 810 auch ohne den angesprochenen Erlass oder Bescheid im April dieses Jahres ausgelaufen. Sie haben es selbst schon gesagt: Für eine weitere Zulassung ist ein Monitoring der Firma Monsanto notwendig und wenn es dort zu negativen Ergebnissen kommen sollte, wird es auch keine Wiederzulassung geben.
Meine Damen und Herren! Im Grunde geht es der Linksfraktion.PDS mit ihrem Antrag doch darum – da sind wir uns, denke ich, einig –, die generelle Problematik des Anbaus genveränderter Organismen und speziell von BtMais zu thematisieren, was ich durchaus für legitim und notwendig halte. Es gibt zweifellos in der Bevölkerung eine große Verunsicherung, wenn es um das Thema Pflanzenbiotechnologie geht. Wenn man jedoch die Horrorszenarien kennt, die von GVO-Gegnern ohne jegliche Bereitschaft auf eine sachliche Auseinanderset
zung entwickelt werden, ist diese Reaktion nur logisch und nachzuvollziehen.
Wenn gesagt wird, dass eine Mehrheit der Landwirte den Anbau von GVO ablehnt, dann liegt das doch in erster Linie daran, dass sie Angst haben vor Angriffen der GVOGegner auf ihre Betriebe oder ihre Mitarbeiter. Zumindest von diesem Vandalismus sollten sich alle Fraktionen im Landtag distanzieren. Sie haben heute alle die Gelegenheit dazu.
Was ist aber der im Antrag so verteufelte Bt-Mais und das von ihm produzierte Bt-Toxin? Der angesprochene Mais ist in der Lage, ein Toxin zu produzieren, welches in der freien Natur durch das Bodenbakterium Bacillus thuringiensis ebenfalls produziert wird. Dieses Bakterium kommt überall im Boden vor und dieses produzierte BtToxin ist für Säugetiere und Menschen harmlos. Es ist in Bt-Präparaten enthalten, welche seit 1964 in Deutschland als Pflanzenschutzmittel zugelassen sind, und zwar sogar im ökologischen Landbau.
Auch der Anwendungsschwerpunkt dieser Bt-Präparate liegt im ökologischen Landbau. Genau dieses Bt-Toxin produziert auch dieser im Antrag kritisierte Mais, um sich gegen den Maiszünsler zu schützen, welcher in Deutschland pro Jahr Schäden in Höhe zwischen 10 und 12 Millionen Euro – mit steigender Tendenz – verursacht. Dieser Schutz vor dem wohl bedeutendsten Schädling für den Maisanbau wird ohne weitere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erreicht, wobei man dazusagen muss, dass es in Deutschland gar kein zugelassenes Pflanzenschutzmittel für die Bekämpfung des Maiszünslers gibt, sondern nur Ausnahmegenehmigungen für Mittel, die im Grunde in Deutschland verboten sind.
Dabei geht es nicht nur um eine Vermeidung von Ertragsdepressionen, die bis zu 30 % betragen können. Es wird durch Komplementäreffekte auch die Ansiedlung von Fusariosen ausgelöst, die dann Mykotoxine erzeugen, die wirklich hochgiftig sind für Mensch und Tier. Wenn hier Grenzwerte überschritten werden, sind die damit produzierten Nahrungs- oder Futtermittel zu verwerfen. Sie sind auf Deutsch gesagt Sondermüll. Ob dies für die Gesundheit oder für die Umwelt der bessere Weg ist, wage ich zumindest zu bezweifeln.
Meine Damen und Herren, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich bin voll und ganz der Meinung, dass man bei der Einführung neuer Technologien in allen Bereichen der Gesellschaft mit der höchstmöglichen Sorgfalt zum Schutz von Mensch und Umwelt vorzugehen hat, und wenn es um die Ernährung geht, ganz besonders. Die Standards, die wir dabei in Deutschland haben, gehören bereits zu den höchsten in der Welt. Man sollte aber auch eine realistische Abwägung von Chancen und Risiken zulassen. Der Verbraucher sollte selbst entscheiden
zwischen konventionell, ökologisch oder gentechnisch hergestellten Produkten, was in der Europäischen Union durch Kennzeichnungspflichten geregelt ist.
Verbraucher sind aber nicht nur Nahrungsmittelkonsumenten, Verbraucher sind in zunehmendem Maße die Industrie, die Rohstoffe aus der Landwirtschaft bezieht, und die Biomasseproduktion zur Energiegewinnung, was wir immer wieder fordern. In der Welt werden bereits 100 Millionen Hektar an gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut. In der Summe der Jahre ist die EinMilliarden-Hektar-Grenze nicht mehr weit. Ich bin überzeugt, wenn es dabei zu erheblichen Problemen für die Umwelt, zum Beispiel durch das Anreichern des BtToxins, gekommen wäre, welche auf gentechnisch veränderte Pflanzen und nicht auf andere Anbaueffekte zurückzuführen sind, hätten uns dies Umweltverbände längst sehr medienwirksam mitgeteilt.
Der bisherige Anbau von GVO-Pflanzen bezieht sich vor allem auf die erste Generation dieser Organismen, also mit Schädlings-, Krankheits- und Herbizidtoleranz. Wir stehen aber erst am Anfang der Entwicklung. Zukünftig geht es um die Herausbildung bestimmter Qualitätseigenschaften sowie um Trockenheits-, Feuchtigkeits- oder auch Salztoleranz, was in vielen Gebieten der Erde eine große Rolle spielt.
Wir haben in der Welt zurzeit eine weiter wachsende Bevölkerung mit sich vor allem in Schwellenländern ändernden Ernährungsgewohnheiten, was einen überproportional starken Nahrungsmittelbedarf nach sich zieht, wir haben einen schier explodierenden Bedarf an Biomasse für die Energiegewinnung, wir haben aber auch eine zunehmende Tendenz zu Missernten durch Wetterextreme und gleichzeitig eine stetig abnehmende Anbaufläche, wenn man einmal von den in Brasilien stattfindenden Urwaldrodungen absieht. Hinzu kommt, dass wir bereits heute – was allgemein vielleicht gar nicht bekannt ist – Getreidelagerbestände in der Welt haben, die auf einem bedenklichen Tiefstand sind.
Ja, es ist richtig, wir müssen verantwortungsvoll mit der Biotechnologie umgehen. Aber es ist unter den genannten Rahmenbedingungen speziell in Bezug auf den fortschreitenden Klimawandel genauso verantwortungslos, eine Technologie, die entscheidend dazu beitragen kann, die Versorgung mit pflanzlichen Produkten zu stabilisieren, ohne Kompromiss abzulehnen.
Meine Damen und Herren, ich bin der Linksfraktion.PDS für die heute zu diskutierende Thematik durchaus dankbar.
Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtags hat sich auch in der Vergangenheit stets dafür eingesetzt, in der grünen Gentechnik die Chancen zu sehen, ohne die
Risiken zu vergessen. Panik und Ängste, wie von Teilen der Opposition in diesem Haus gegenüber der Bevölkerung geschürt, helfen nicht weiter. Wir werden den Antrag der Linksfraktion.PDS selbstverständlich ablehnen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Weichert hat wieder einmal die große Keule gegenüber der Staatsregierung herausgeholt. Ich möchte deshalb gleich meiner Rede voranstellen, dass die Perspektiven des ökologischen Landbaus und der ökologischen Lebensmittelwirtschaft genauso sind wie die der gesamten Landwirtschaft, nämlich deutlich besser sind, als Sie glauben, immer wieder darstellen zu müssen.
Das Ganze mit einer Großen Anfrage zu beleuchten macht durchaus Sinn, setzt aber ein unvoreingenommenes Herangehen an die Problematik voraus. Wenn man die Fragestellung liest und vor allen Dingen die Abfolge der Fragen betrachtet, wird man schnell feststellen, dass es Ihnen anscheinend gar nicht darum geht, ein realistisches
Bild über Vor- und Nachteile des ökologischen Landbaus und dessen Entwicklungsperspektiven zu beleuchten, sondern in erster Linie darum, Ihre eigene, bereits feststehende Meinung zu bestätigen. Kurz gesagt, Sie möchten die Vorzüge des Ökolandbaus begründen, indem Sie die konventionelle Landwirtschaft ins Abseits stellen und damit dem Irrglauben verfallen, dass Sie durch solche Handlungsweisen der sächsischen Ökolandwirtschaft helfen könnten.
Diese Herangehensweise ist leider für die Politik der GRÜNEN bereits Methode. Ich möchte nur an die durch Frau Künast ausgelöste nationale Hysterie beim Umgang mit BSE erinnern. Eigene fachliche Inkompetenz wurde versucht zu überdecken, indem Frau Künast mögliche Gefahren überzogen darstellte und die Politik ihres Vorgängers, des SPD-Bundesministers Funke, in Grund und Boden ritt, ja, regelrecht als nationale Gefahr darstellte. Solches Handeln trägt nicht zur Erhöhung des Vertrauens der Verbraucher zu in Deutschland hergestellten Lebensmitteln bei, sondern ausschließlich zur Verunsicherung der Konsumenten, um daraus politisches Kapital zu schlagen.
Diese Verunsicherung trifft im Übrigen auch auf Bioprodukte zu, wenn ich einmal an den sogenannten NitrofenSkandal erinnern darf. Gleiches bezwecken Sie nun wahrscheinlich mit Ihrer Großen Anfrage. So führen Sie zum Beispiel in der Begründung aus, dass bei konventionell erzeugten Lebensmitteln eine bis zu 200-fach höhere Belastung mit Pestizidrückständen festgestellt wurde. Es findet sich kein Hinweis, ob Grenzwerte überschritten werden, nein, es wird ganz einfach eine bis zu 200-fach höhere Belastung festgestellt. Ich gebe zu, wenn man so etwas hört, geht man schon mit zitternden Knien zum Mittagessen. Wenn man aber weiß, dass in der ökologischen Landwirtschaft ein absolutes Anwendungsverbot für chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel besteht und damit auch keine Rückstände im Bioprodukt sein können, dann kann doch zweihundertmal von nichts auch nicht so sehr viel sein.
Gleiches gilt für die Aussage, dass die von Ihnen als industriell bezeichnete konventionelle Landwirtschaft in Sachsen die Regenwälder gefährde. Ich glaube, da überschätzen Sie die Möglichkeiten der sächsischen Bauern.
Im Grunde ist genau das Gegenteil der Fall. Denn wenn wir in Sachsen, in Deutschland und in Europa mit unseren günstigen Klima- oder Bodenfruchtbarkeitsverhältnissen aufhören, intensiv Landwirtschaft zu betreiben, dann wird der Raubbau sicherlich an den Regenwäldern speziell Brasiliens eher größer als kleiner sein.
Meine Damen und Herren, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich habe höchsten Respekt vor der Arbeit erfolgreicher Ökolandwirte, was ich auch hier an diesem Pult zum wiederholten Male zum Ausdruck bringe. Die Bedeutung des ökologischen Landbaus kann man aus zwei
Richtungen betrachten: zum einen aus der Sicht der Produktion und zum anderen aus der Sicht der Vermarktung der Produkte.
Die im Landesentwicklungsplan angestrebten Umwelteffekte durch die Verringerung von Einträgen durch die Landwirtschaft in Boden sowie Wasser und die dahin gehend ergriffenen zahlreichen Maßnahmen durch die Sächsische Staatsregierung, welche weit über den Ökolandbau hinausgehen, haben wir ja im Juni-Plenum bereits ausführlich diskutiert.
Den Anbau und damit verbundene Umwelteffekte kann man jedoch nicht losgelöst von der Vermarktung der Produkte sehen. Dabei wandelt sich das Bild des Ökolandbaus weg vom rein aus umweltrelevanten Aspekten wirtschaftenden Betrieb hin zum modernen betriebswirtschaftlich ausgerichteten Landwirtschafts-, Verarbeitungs- und Vermarktungsbetrieb. Das völlig antiquierte Landwirtschaftsbild speziell von unseren GRÜNEN-Kollegen hat auch in der ökologischen Landwirtschaft keinen Platz mehr.
Interessanterweise ist die Durchschnittsgröße der Ökobetriebe in Sachsen mit 84 Hektar nicht nur etwa doppelt so groß wie im Durchschnitt Deutschlands, nein, sie ist sogar leicht größer als die Durchschnittsgröße der konventionell arbeitenden Betriebe in der sächsischen Landwirtschaft. Die Betriebsgrößen reichen inzwischen von unter einem Hektar bis über 1 000 Hektar.
Wie ich bereits im Juni-Plenum gesagt habe, setzt Ökolandbau hohes Fachwissen und handwerkliches Geschick voraus. Jeder kleinste Bewirtschaftungsfehler im Stall oder auf dem Feld wird hart bestraft und ist oft nicht oder nur mit extremem Aufwand zu korrigieren. Die Landwirte, die bereits in der konventionellen Landwirtschaft scheitern, haben im Ökolandbau keine Chance. Sie werden vielmehr das Bild des Biobetriebes nachhaltig schädigen. Das viel zitierte Beispiel des Distelbauern, auf dessen Feldern außer Unkraut nicht viel mehr wächst, ist ja hinlänglich bekannt.
Was aber sollte nun einen konventionell bereits erfolgreich wirtschaftenden Landwirt dazu bewegen, auf Ökolandbau umzusteigen? Darauf gibt es im Grunde nur eine Antwort: ein nachhaltiger, auf der Produktion und nicht allein auf der Förderung basierender betriebswirtschaftlicher Erfolg.
Dabei müssen die durch den Ökolandbau erzielten Umwelteffekte natürlich durch staatliche Förderung anerkannt
und die Nachteile in der Umstellungsphase zumindest teilweise ausgeglichen werden. Beides ist in Sachsen gegeben. Natürlich lässt sich über die Höhe der Förderung streiten. Speziell wenn Programme wie jetzt das ELERProgramm neu ausgerichtet werden, ist es schwer, allge
meine Zufriedenheit herzustellen. Jedoch müssen Sie auch einmal anerkennen, dass die Förderung in Sachsen nach wie vor an der Spitze Deutschlands liegt.
Um die Produkte abzusetzen und vorher natürlich zu verarbeiten, braucht man wie überall in der Wirtschaft einen Markt. Dieser entwickelt sich zurzeit positiv, wie Sie ja selbst bestätigen. Ein staatlich verordneter Mindestanbau nützt dabei jedoch wenig.
Er wirkt eher kontraproduktiv. Die Nachfrage allein genügt jedoch nicht. Der Kunde muss bereit sein, für ein spezielles Produkt auch einen angemessenen Preis zu bezahlen.
Weiterhin braucht man die Bereitschaft der Verarbeiter, sich Bioprodukten zu widmen, wenn man über die Direktvermarktung auf Hofläden und Märkten hinauskommen will.
Ein Beispiel: Wenn in einem Brötchen lediglich 1,5 Cent Getreide enthalten sind und man einen 50 % höheren Preis für Biogetreide zugrunde legt, dann werden diese 0,8 Cent Mehrkosten den Bäcker nicht davon abhalten, diese Biobrötchen herzustellen. Entscheidend ist allein die Nachfrage bei den Kunden auf der einen Seite und die sichere Bereitstellung von Biogetreide in gleichbleibend hoher Qualität auf der anderen Seite. Auch dies wird man mit staatlich verordneten Mindestanbaugrößen, wie sie nun wieder angesprochen worden sind, nicht gewährleisten.
Hier sehen wir einen Ansatzpunkt. Deshalb haben sich die Fraktionen von CDU und SPD darauf verständigt, entsprechende Mittel im zu beschließenden Haushalt einzustellen, um die Arbeit der Anbauverbände und damit die Vermarktung von Bioprodukten zu fördern bzw. gemeinsam mit unserem Koalitionspartner entsprechende Änderungsanträge in den Ausschuss einzubringen. Ich denke, meine Kollegin Frau Dr. Deicke wird darauf eingehen.
Abschließend noch ein kurzes Wort zur angesprochenen Arbeitsplatzproblematik. Glauben Sie im Ernst, dass Sie Arbeitsplätze sichern oder womöglich neue schaffen, indem Sie ständig die nach weltweit höchsten Umweltaspekten wirtschaftenden konventionellen Betriebe verunglimpfen und gleichzeitig ständig jammern, wie schlimm es doch ist, in Sachsen Ökobauer zu sein? Glauben Sie, dass Sie mit solch einer Politik auch nur einen sächsischen Landwirt motivieren, einen Ökobetrieb aufzubauen? Nein, damit helfen Sie nicht, Arbeitsplätze zu sichern, sondern Sie gefährden diese.
Die CDU-Fraktion hat diesbezüglich einen grundsätzlich anderen Ansatz. Wir verstehen uns als Partner der Landwirte und Verarbeiter, und zwar nicht belehrend oder gar diskriminierend. Wir sind der Meinung, dass die Landwirtschaft im Freistaat Sachsen sehr gute Zukunftsaus
sichten hat, und zwar konventionell und ökologisch. Ich hoffe, dass dies GRÜNE-Ideologen auch nicht verhindern werden.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn Frau Altmann jetzt nicht hier ist, möchte ich ihre Aussage noch einmal klarstellen. Ich habe in keiner Weise versucht, die Ökolandwirtschaft durch den Ausdruck „Distelbauern“ zu verunglimpfen. Ganz im Gegenteil. Ich habe sie in meiner Rede als höchste Form mit den höchsten Ansprüchen an Fachwissen der Landwirtschaft herausgehoben. Dass genau dieses Bild der „Distelbauern“ für die heutige Ökolandwirtschaft nicht mehr zutrifft und nicht mehr zutreffen darf, habe ich auch gesagt.
Herr Weichert, seien Sie unbesorgt. Mir muss niemand meine Reden schreiben, die schreibe ich selbst. Die nötige fachliche Kompetenz bringe ich mit. Dass es in einer 6-Mann-Fraktion nicht immer gegeben ist, bei jedem Thema fachlich kompetent zu sein, und dass dann auch das Redenschreiben notwendig ist, sehe ich Ihnen nach.
Zu Ihrem Entschließungsantrag. Die Anstriche 1, 4 und 5 sind reine Feststellungen, die der Sächsische Landtag sicherlich nicht beschließen muss.
Zum Anstrich 2 habe ich mich geäußert, das ist die Ausweitung des Ökolandbaus auf 10 %. Sie schreiben hier bis zum Jahr 2009. Ich muss Ihnen sagen, dies in reichlich zwei Jahren zu erreichen halte ich für unrealistisch.
Zu Anstrich 3: Ein Vorpachtrecht, so verstehe ich das, für Ökobetriebe bei Flächenvergaben öffentlicher Flächen halte ich für kritisch. Ein Beispiel. Wenn jetzt ein Familienbetrieb – konventionell wirtschaftend, die Fläche beträgt 60 Hektar – vielleicht 20 Hektar staatliche Flächen bewirtschaftet und daneben der vielleicht 300 oder 400 Hektar große Ökobetrieb beim Ablauf der Pachtverträge diese Flächen beansprucht, wird man diese, wenn wir es gesetzlich vorschreiben, wegnehmen müssen, und das wird diesen Betrieb gefährden. Deshalb halte ich auch diesen Ansatz für nicht realistisch. Daher werden wir Ihren Entschließungsantrag ablehnen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der GRÜNEN, „10 % Ökolandbau in Sachsen – Landesentwicklungsplan umsetzen“, ist nicht die Zielvorgabe, die direkt im Landesentwicklungsplan steht. Im Landesentwicklungsplan steht – ich zitiere –: „Es ist darauf hinzuwirken, dass der Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen an der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf zehn Prozent erhöht wird.“
Es ist also keine Erhöhung des Ökolandbaus an sich. Auch in der Begründung, warum das so erfolgen soll, steht mehr drin, als uns Kollege Weichert gerade gesagt hat. Es geht darum, eine nachteilige Beeinträchtigung von Böden, Grundwasser und Artenvorkommen zu vermeiden. Dies soll unter Beachtung der guten fachlichen Praxis sowie durch die Anwendung bodenschonender und umweltgerechter Bewirtschaftungsverfahren geschehen.
Nun kommt der Vorschlag, dass der Ökolandbau, wie Herr Weichert bereits gesagt hat, den höchsten Effekt bringt. Deshalb sollen bis zum Jahre 2009 10 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf Ökolandbau ausgedehnt werden; auch um die steigende Nachfrage an ökologisch erzeugten Lebensmitteln zu bedienen. Hierbei wird schon auf den Zusammenhang von Produktion und Markt verwiesen.
Meine Damen und Herren! Ich habe großen Respekt vor erfolgreich wirtschaftenden Ökobetrieben. Ökolandwirt zu sein setzt hohes Fachwissen voraus. Fehler bei der Bewirtschaftung werden sofort und oft nachhaltig mit drastischen Mindererträgen bestraft. Es ist oftmals nur mit extrem hohem Aufwand zu schaffen, solche Fehler zu korrigieren. Eigentlich müssten sich die besten der Landwirte auf ökologischen Landbau umstellen. Es ist mit Sicherheit der falsche Weg, wenn ein Landwirt, der schon nicht in der Lage ist, konventionell zu wirtschaften, sagt, ich spare mir das Geld für Dünger und Pflanzenschutzmittel, nehme noch ein paar Fördermittel mit und betreibe jetzt Ökolandbau. Dieser Weg wird in eine Sackgasse führen und zum Scheitern verurteilt sein. Es wird auch – das ist der entscheidende Punkt, denn es könnte uns bei einem einzelnen Landwirt egal sein – dem Image des gesamten sächsischen Ökolandbaus schaden. Genau dieses Image ist die Voraussetzung, wenn man die sich entwickelnden Märkte bedienen und ausbauen will.
Es ist richtig, wenn Herr Weichert sagt, dass sich diese Märkte entwickeln. Aber wenn ALDI oder andere Nahrungsmittelkonzerne beklagen, dass sie nicht genügend Ökoprodukte über ihre Filialen vermarkten können, liegt es dann nicht auch an dem Preis, den sie dafür bezahlen wollen? Ist das nicht der Grund, warum es nicht möglich ist, Ökoprodukte erfolgreich und Gewinn bringend über diese Schiene zu vermarkten?
Um Produktion und Markt in Einklang zu bringen, nützt eine ideologische Herangehensweise nicht. Der Markt muss erschlossen werden. Auch im neuen ELERProgramm ist für Informations- und Absatzfördermaßnahmen wieder eine Projektförderung von 70 % vorgesehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir schon die angestrebten Ziele zum Schutz von Böden, Wasser und Artenvorkommen nicht erreichen können, müssen wir andere Wege gehen. Etwas bildlich gesprochen: Wenn ein 40-Tonner-Lkw vor einer Brücke steht und es steht daran „Nur für 10 Tonnen zugelassen“, habe ich drei Möglichkeiten, wie ich zu meinem Ziel komme. Entweder ich sage, ich habe Pech gehabt, und erreiche das Ziel eben nicht – das wollen wir wahrscheinlich alle nicht. Die zweite Möglichkeit wäre: Augen zu und drüber, das Ding wird schon halten! Das ist der Weg, den uns die GRÜNEN vorschlagen. Die Linksfraktion steht am Straßenrand und sagt: Fahrt nur endlich los!
Oder man macht sich Gedanken darüber, ob es nicht vielleicht andere Möglichkeiten gibt, dieses Ziel zu erreichen. Diesen Weg schlagen wir Ihnen vor. Wie er aussieht, sage ich Ihnen – da jetzt meine Redezeit zu Ende geht – in der zweiten Runde.
Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin schon von verschiedenen Wegen gesprochen, die dazu führen, das Ziel, wie es im Landesentwicklungsplan steht, Boden-, Wasser- und Artenschutz unter Anwendung von bodenschonenden und umweltgerechten Bewirtschaftungsverfahren, zu erreichen. Der Ökolandbau ist ohne Zweifel einer dieser Wege, aber ich halte eine gesetzlich verordnete Vervierfachung der Produktion innerhalb von drei Jahren nicht für sinnhaft. Das würde letztendlich zum Zusammenbrechen der Preise führen. Man kann anderer Meinung sein, ich bin dieser Meinung. Wer die Marktwirtschaft ein bisschen kennt, sieht, dass es wohl so kommen wird.
Man muss nach anderen Wegen suchen. Herr Weichert hat es schon angesprochen. In Sachsen gibt es diese. Es gibt ganze Maßnahmenpakete zum Thema umweltgerechte Landwirtschaft, die zukünftig im ELER-Programm als Agrar-Umweltmaßnahmen definiert sind. Dabei hat Sachsen frühzeitig damit begonnen, solche Wege zu gehen. Das ist beispielgebend für viele andere, auch unsere benachbarten neuen Bundesländer. So wurden zirka 490 000 Hektar im Programm Umweltgerechter Ackerbau, 95 000 Hektar im Programm Extensive Grünlandbewirtschaftung, 9 500 Hektar im Programm Umweltgerechter Gartenbau bewirtschaftet, weitere
34 000 Hektar im Programm Naturschutz und Erhalt der Kulturlandschaft. Das sind insgesamt mehr als 50 % der gesamten Landwirtschaftsfläche des Freistaates Sachsen.