Eugen Roth
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Persönlich bin ich sehr angetan von dieser Debatte, die so faktenreich geführt wird. Ich muss sagen, bei aller Dramatik, die einen ohnehin emotional sehr aufwühlt, übertrifft diese Debatte in qualitativer Hinsicht meine Erwartungen - und ich bin ja schon ein paar Tage länger in diesem Haus. Ich will nun auch niemanden ausnehmen, das wäre ungerecht.
Stellvertretend möchte ich aber unserem Regierungschef, aber auch seiner Vizechefin sagen: Ich bin froh, dass ihr dieses Steuerrad so fest in der Hand haltet, dabei aber auch eine völlig überzeugte Demokratin und ein völlig überzeugter Demokrat seid, die sich dreimal überlegen, bevor sie irgendwelche schwierigen Maßnahmen dem „Volk“ aufoktroyieren, wenn es aber sein muss, das dann wohlüberlegt tun. Angesichts dessen fühle ich mich sicher. Und ich sage den Saarländerinnen und Saarländern: Gott sei Dank haben wir solche Leute an der Spitze, sonst könnte das auch anders laufen!
Ich möchte vermeiden, dass nun ein Geruch des Eigenlobs entsteht. Die Gefahr besteht ja immer, wenn man etwas Positives zu sagen hat; diesbezüglich sind wir teilweise ja auch schon ein wenig medial beeinflusst vom Motto „only bad news are good news“. Deswegen möchte ich den Blick nun ein wenig weiten: Nach meiner Auffassung muss die Kernbotschaft von alledem lauten, dass das Wir entscheidet. Das ist an sich ein ganz simpler Satz. Dass das Wir entscheidet, bedeutet aber auch, die Kärrnerarbeit, die nunmehr seit Monaten von den Mitgliedern der Landesregierung, aber auch von den Mitgliedern dieses Parlaments, das derzeit in einer von mir noch nicht erlebten Schlagzahl tagt, anzuerkennen. Das bedeutet auch, und das muss auch in die Gesellschaft übertragen werden, dass wir respektvoll miteinander umgehen müssen. Wir müssen dabei diese Krise ernst nehmen, ohne in Angst zu verfallen, denn dann wären wir nicht mehr handlungsfähig. Gerade aber auch in dieser Adventszeit sollten wir das Wir in den Mittelpunkt allen Handelns stellen.
Einen Punkt möchte ich dabei herausgreifen. Ich formuliere das nun einmal in Abwandlung eines Ausdrucks, den wir „über den großen Teich hinweg“ in der Vergangenheit immer wieder gehört haben: Arbeitsschutz first! - Es geht jetzt nicht darum, irgendwelche Gewinnmargen zu erzielen. Jetzt geht es darum, dass wir alle mithelfen - und das sage ich auch an die Adresse von Vorstandsetagen -, in größtmöglicher Solidarität dafür zu sorgen, dass diese Wirtschaft und ihre Beschäftigten nicht absaufen, um das mal in aller Deutlichkeit auszudrücken. Dazu gehört, dass wir wirklich mit größtmöglicher Flexibilität und nicht blockiert durch zahlreiche „Wenn“ und „Aber“ alle Leute, die mobil arbeiten können, auch in die Lage versetzen, das zu tun. Es geht jetzt nicht darum, bis zum Geht-nicht-mehr zu kontrollieren. Jetzt zählt es, eine Vertrauenskultur zu leben. Es gilt, Homeoffice zu ermöglichen, wo immer das möglich ist.
Es gilt, die Leute, die an den Betten stehen und die Schwerstkranken drehen müssen, soweit als möglich zu schützen. Wir müssen ihnen alles geben, was sie brauchen. Ich will da nun gar nicht den Schlaumeier spielen, wenn wir aber von ihnen gesagt bekommen, was gebraucht wird, müssen wir dafür ein offenes Ohr haben und sagen: Ihr bekommt das! Wir alle, die wir hier im Parlament sind, sorgen dafür, dass ihr das bekommt! Klar, gestern wäre besser gewesen, aber bis spätestens übermorgen bekommt ihr, was ihr braucht!
Ich denke dabei an die Ärztinnen und Ärzte, an die Pflegerinnen und Pfleger, ich denke aber auch in das ganze Hilfspersonal. Man zieht dabei leicht falsche Trennlinien: Ohne die Reinemachefrauen und männer - es sind aber überwiegend Frauen - wären die Kliniken schlicht am Ende. Auch darauf sei einmal hingewiesen; wir wissen ja noch aus dem Frühjahr, wie sich die Grenzschließungen auf die Arbeit der vielen in diesem Bereich tätigen Grenzgängerinnen und Grenzgänger ausgewirkt haben. Ich denke aber auch an diejenigen, die Transportdienste leisten. Bei den Lieferdiensten zum Beispiel geht es ja nicht nur um Weihnachtsgeschenke, es geht auch darum, notwendiges medizinisches Material anzuliefern.
Was erwarte ich nun? Wir 51 hier im Landtag, die Landesregierung und alle, die uns zuhören, können doch eines leisten: Begegnen wir allen diesen Leuten mit besonderem Respekt und mit besonderer Höflichkeit! Machen wir es positiv vor! Stellen wir uns in der Reihe hinten an! Tragen wir die Maske überall, wo das notwendig ist!
Eines hört sich eigentlich selbstverständlich an, ist es aber nicht; das kennt ihr alle: Wenn wir in dieser doch sehr stressigen Zeit in den Geschäften unter
wegs sind, sagen wir doch einfach einmal ein Dankeschön! Wenn ich das mache, merke ich immer wieder, dass die Kassiererinnen völlig überrascht sind. Wieso sagt der denn Danke? Weil ich hinter der Maske stecke, wissen sie oft ja auch gar nicht, wer ich bin. „Danke“, das ist ein kleines Wort, das aber sehr wichtig ist angesichts dessen, was geleistet wird.
Einen weiteren Punkt möchte ich herausgreifen, der mir heute sehr gut gefallen hat: Die Wahrnehmung der Bedeutung des Lebensmittelhandels hat in einem Maße zugenommen, die ich mir nie hätte vorstellen können. Plötzlich beginnt man ja zu überlegen - nun werden einige lachen und sagen: der braucht das doch nicht zu überlegen, der trägt persönliche Reserven mit sich -, was man eigentlich übermorgen zu essen hat. Meine Familie hatte früher ein kleines Einzelhandelsgeschäft, von dem ein ganzer Wohnbezirk versorgt wurde. Das war ein sogenannter Tante-Emma-Laden, diese Läden gibt es nicht mehr. Damals musste man noch genau planen, auch weil man nur begrenzte finanzielle Mittel hatte: Was kann ich einkaufen, damit meine Familie in der kommenden Woche jeden Tag etwas auf dem Tisch hat? - Diese Wahrnehmung wird gerade wieder etwas zugespitzt erlebt, auch bedingt durch die Lage der Feiertage.
Angesichts dessen finde ich es äußerst wohltuend, und das werde ich nicht nur hier so deutlich sagen, was unser Ministerpräsident Tobias Hans und seine Stellvertreterin Anke Rehlinger zu den Beschäftigten gesagt haben, die das jetzt betrifft. Lieber Bernd Wegner, ich habe auch schon Kontakt mit Fabian Schulz aufgenommen. Mit ihm habe ich natürlich einen guten Ansprechpartner; er ist ein „Sozialer“; man muss ja aufpassen, wenn man jemanden lobt, dass das Lob nicht anders ankommt, als es gemeint ist. Mein Eindruck ist, dass wir hier auch mit diesem Thema äußerst verantwortungsvoll umgehen. Chapeau! Das muss wirklich so auch einmal gesagt werden.
Ich möchte nun noch einen Gesichtspunkt ansprechen, der mich beim Thema Testung schon die ganze Zeit beschäftigt. Ich will dieses Thema nun gar nicht wieder von A bis Z aufmachen, einen Aspekt vermisse ich allerdings bislang: Was ist denn eigentlich mit den Betreibern, mit den Heimbetreibern? Sind die dabei völlig außen vor? Sind die dabei für nichts verantwortlich? Das verstehe ich überhaupt nicht. Ich will nun gar keine Zahlenspiele betreiben; ich bin, liebe Jutta, nicht so gut in Mathematik wie du. Ich stehe zu meinen Schwächen; es ist ja Selbstkritik gefordert, insoweit oute ich mich. Wir müssen aber doch auch darauf achten, diejenigen, die originär verantwortlich sind, nicht aus dieser Ver
antwortung zu entlassen. Die Betreiber arbeiten ja auch nicht nur für Gottes Lohn, deshalb müssen sie auch dafür sorgen, dass die Leute ordentlich versorgt werden, das schließt die Testungen ein. Hier stellt sich nach meiner Auffassung eine unterstützende Regierungsaufgabe, aber mit Sicherheit nicht eine Aufgabe alleine der Regierung, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es bedarf nunmehr eines Kraftakts sondergleichen. Viele werden wohl sagen, das hätten wir zum Abschluss des Jahres nicht gebraucht. Allein schon das, was uns jenseits von Corona der Strukturwandel abverlangt, wäre völlig ausreichend. Das ist ein Wandel, den wir täglich zu bewältigen haben, der uns täglich fordert.
Ich finde es ja auch gut, dass viele, die früher weniger Staat! gefordert haben, plötzlich nach dem Staat und nach der Politik schreien. Eine solche Wiedergeburt, und das auch noch im Zeichen von Jesus Christus, der am 24. Dezember auf die Welt gekommen ist, das hätte ich nicht erwartet! Selbst von den härtesten Wirtschaftsvertretern wird nach dem Staat und nach dem öffentlichen Dienst geschrien. Halleluja, kann ich dazu nur sagen. Halleluja!
In dieser Phase sage ich: Selbstkritik, ja. Selbstkritik, jeden Tag, jede Minute. Wir müssen aber schon aufpassen, wie wir damit umgehen. Aus der Selbstkritik darf keine öffentliche Verunsicherung resultieren. Ich nenne dazu ein Beispiel, und insoweit darf überhaupt nichts wackeln und wanken: Ich werde mich impfen lassen! Ich werde mich impfen lassen, sobald ich an der Reihe bin! Nicht früher, da ich kein Politikerprivileg begründen möchte, aber auch nicht später, weil ich eben älter als 60 Jahre bin und einer vulnerablen Gruppe angehöre. Eugen Roth lässt sich impfen. Ich gehe davon aus, das gilt auch für die Mehrheit des Parlaments.
Zum Abschluss: Ich wünsche uns allen, die wir hier sitzen, von Herzen Gesundheit! Das ist heute nicht mehr nur eine Floskel, das sagt mehr. Ich wünsche uns Gesundheit, ich wünsche uns eine besinnliche Weihnachtszeit. Adveniat - Weihnachtszeit, das ist die Zeit der Hoffnung. Da wurde jemand geboren, der größer war als wir. - Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss leider mit einer nicht so schönen Aktualität beginnen. Ich habe gera
de über Internet mitgekriegt, dass in Sachsen-Anhalt die Landesregierung den Medienänderungsstaatsvertrag zurückziehen wird. Das ist etwas, womit unsere öffentlich-rechtliche Rundfunkfinanzierung blockiert zu werden droht. Und ohne jetzt näher darauf einzugehen, denn es wäre vermessen, jetzt hier aus dem Stegreif eine Debatte darüber zu machen, bitte ich einfach darum, so wie wir es im Saarland bisher immer gehandhabt haben, zu unserem öffentlichrechtlichen Rundfunk ohne Wenn und Aber zu stehen, dass wir unseren Sender, den Saarländischen Rundfunk, genau wie hoffentlich alle anderen 15 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten in der Republik ihre Rundfunkanstalten, in dieser schwierigen Situation nicht alleine lassen und dass wir die Sender unterstützen, notfalls bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Ich glaube, hier geht es am Ende des Tages um den Fortbestand unserer Demokratie und um nichts weniger.
Ich muss zugeben, das hat mich jetzt ein bisschen aus der Fassung gebracht, deswegen ist es schwierig, nüchtern und sachlich zum Landeshaushalt überzugehen, zumal, wenn man nach dem Ministerpräsidenten spricht, der sehr, sehr viel Richtiges gesagt hat. Es ist auch schwierig, unter Corona-Bedingungen nüchtern und sachlich nur Zahlen zu analysieren, denn es geht zu viel um unterdrückte, eingesperrte Gefühle, es geht zu viel um höhere Gewalt. Dennoch ist die Haushaltsbefassung, besonders unter dem Druck einer Pandemie, unumgänglich. Wir denken an die Menschen unseres Heimatlandes und versuchen, bestmöglich ihre Sorgen und Nöte zu lindern und abzufedern. Wir versuchen das in diesem Punkt geschlossen und ohne Wenn und Aber in dieser Koalition und zumindest auch in Teilen der Opposition - in Teilen.
Ich möchte auf einige Argumente der Opposition eingehen, weil ich sie für spannend halte, Ministerpräsident Hans hat sie auch erwähnt. Das ist zum einen das Thema China - China als Unternehmer auch im Saarland. Wir haben mit China bei CQLT SaarGummi überraschend gute Erfahrungen gemacht. Wir waren ursprünglich äußerst reserviert und haben uns alles Mögliche ausgemalt, auch die Gewerkschaften und der Betriebsrat. Das hat sich alles aber nicht realisiert, sondern die haben bis hin zur Achtung der Mitbestimmung alles so gemacht, wie wir es uns gewünscht haben. Von daher ist der Hoffnungsschimmer für unsere wirtschaftliche strukturelle Erneuerung, der mit SVOLT kommt, eine gute Basis; ich empfinde das als sehr positiv. Wir sollten das weiterhin und vielleicht auch noch etwas intensiver auch über den universitären Bereich unterstützen. Ich weiß aus meiner gewerkschaftlichen Tätigkeit von allen Schwierigkeiten, die es dort gibt. Ich will nicht unter den Teppich kehren, was beispielsweise in Rheinland-Pfalz passiert. Das ist nicht uner
heblich. Wir sind da am Ball. Aber sicherlich können wir dort vielleicht sogar partnerschaftlich einiges noch stärker anschieben, denn das wird nicht an kleinen Ländergrenzen Halt machen.
Am Ende des Tages gibt es für chinesische Ansiedlungen, das haben wir hier und da auch schon von Unternehmen gehört, ganz simple Überlegungen. Für China bildet die leider in der jüngsten Vergangenheit von einer Amokfahrt heimgesuchte Stadt Trier einen großen Identifikationspunkt. Warum, ist klar. Regierung und Staatspartei wollen in der Nähe von Karl Marx sein. Das hört sich banal an, spielt aber dort eine Rolle. Wenn man mal im Karl-MarxHaus war und gesehen hat, wie die dort reihenweise Gipsbüsten von Karl Marx für 130 oder 140 Euro das Stück kaufen, weiß man, was das für die bedeutet. Ich greife das auf, was der Oppositionsführer Oskar Lafontaine gesagt hat: Natürlich, China machen wir schon, aber China ist so groß, dass es immer noch Luft nach oben gibt, auch im eigenen Handeln.
Die Einkommenslücke ist angesprochen worden. Das kann man so sehen oder anders. Was ich für wichtig halte, ist, dass wir auf jeden Fall weiterhin Dinge tun zur Stärkung der Tarifbindung, wie sie schon sehr stark von Anke Rehlingen eingeleitet wurden. Das deutsche System stellt ganz bewusst auf die Sozialpartnerschaft zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ab. Damit hat man auch eine Form der sozialen Demokratie geschaffen! Die funktioniert aber nur, wenn nicht eine Seite reihenweise aus diesen Angeboten abhaut; vielmehr muss die Tarifautonomie gestärkt werden. Wir haben Hebel dafür, zum Beispiel beim Vergaberecht, und diese Hebel müssen wir auch weiterhin einsetzen, das ist ja auch schon angekündigt, liebe Anke, und das macht auch hochgradig Sinn. Der Hinweis von Oskar Lafontaine ist richtig. Allerdings sage ich, man sollte das mehr über die Tarifautonomie machen und weniger über gesetzliche Regelungen. Denn bei sich ständig ändernden Mehrheitsverhältnissen in Parlamenten denke ich immer, ich möchte ungern Herrn Christian Lindner über die Lohnhöhen in der Bundesrepublik Deutschland entscheiden lassen. Dann machen es besser die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände.
Für uns spielt der Arbeits- und Gesundheitsschutz in dieser Situation eine besondere Rolle. Der Gesundheitsschutz, beispielsweise wenn es darum geht, die Ausrüstung mit Masken oder Schutzausrüstung zu organisieren, wenn es darum geht, Testungen zu organisieren oder Maßnahmen generell auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, stellt unser Gesundheitssystem auf eine harte Probe. Da wird gehandelt. Ich weiß nicht mehr, wer es gesagt hat, ich glaube, es war der Kollege Funk, aber ich bin auch froh, hier im Saarland zu leben, denn da geht es mir, wie der
Saarländer sagt, im Verhältnis zu anderen „saugudd“! Ich habe hier eine Sicherheit, von der andere nur träumen. Ich habe diese Sicherheit auch, weil Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger, Altenpflegerinnen und Altenpfleger, Verkäuferinnen und Verkäufer, Sicherheitsdienste, Polizei, Busfahrerinnen und Busfahrer, Zugführerinnen und Zugführer, Servicepersonal und viele andere mehr ihr Bestes tun, Tag für Tag. Sie sind unsere Heldinnen und Helden in Zeiten dieser Krise und darüber hinaus. Wir müssen sie entsprechend unterstützen; wir haben diese Aufgabe auch angenommen. Das ist alles andere als ein Spaziergang, aber wir haben das erkannt und wir kümmern uns um diese für uns unersetzlichen, wertvollen Menschen.
Wir müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Leistungen des öffentlichen Dienstes zur Aufrechterhaltung der Daseinsvor- und -fürsorge würdigen. Wir erinnern uns noch an eine Partei - ich habe eben einen Politikernamen aus dem Bund genannt -, die wie ein Mantra vor sich hergetragen hat: „Privat vor Staat“. Mittlerweile gäbe es ohne Staat überhaupt kein Privat mehr! Es ist enorm, was unsere Leute in den Behörden und Verwaltungen und vor allem in den Gesundheitsämtern zurzeit machen, was sie mit Bravour leisten. Ich verneige mich vor diesen Leuten! Ohne euch würde es nicht gehen, herzlichen Dank!
Wir hatten bereits vor Corona im Bildungsbereich die Sparschraube etwas gelockert, kommen allerdings auch an anderen Baustellen an Probleme. Bei den Corona-Prämien etwa gibt es immer noch diese Spaltung zwischen finanziell ärmeren und reicheren Ländern. Da hat es Bayern manchmal etwas leichter, für die eine oder andere Sache die Hand zu heben. Ich würde mir wünschen, dass sie das auch machen, wenn es um den Länderfinanzausgleich geht, und wenn sie nicht immer dem kleinen Bruder oder der kleinen Schwester Saarland nachrechnen wollten, ob sie, wenn wir 1 Million kriegen, dann 100 Millionen kriegen, damit das Verhältnis gewahrt ist und so ein Kokolores. Das ist nicht solidarisch. Und wenn wir eines in dieser Krise lernen, ist es, dass Solidarität hochgehalten werden muss wie eine Monstranz!
Wir versuchen, auch den Schwächeren zu helfen. Ich möchte beispielhaft, liebe Monika Bachmann, den Aktionsplan zur Armutsbekämpfung erwähnen, der beteiligungsorientiert weitergeführt wird. Es wird eine untere Linie gegen das Absinken eingezogen. Das ist nicht die Lösung aller Probleme, denn das geht nicht einfach so, aber es ist besser als nichts, und es ist sehr konkret. Wir haben ein millionenschweres Landesarbeitsmarktprogramm Arbeit für das Saarland, ASaar, bei dem Langzeitarbeitslosen
über ihre unverschuldete Not hinweggeholfen wird. Wir haben das in dieser Periode schon verlängert und ziehen es jetzt weiter durch.
Wir haben das Zukunftsbündnis Fachkräftesicherung Saar, in dem beteiligungsorientiert organisiert wird, dass alle, die Unternehmen wie die Beschäftigten, ihre Zukunftschancen erhalten. Beim Thema Industrie - es wäre eine eigene Debatte wert -, haben wir die Strukturwandelinitiative Saar, auf deine Initiative, liebe Anke, hin gegründet, in der Arbeitgeber, Gewerkschaften und Bundesagentur für Arbeit alle im Sinne des Saarlandes, das wir so lieben, mitarbeiten. Wir haben unsere Interessengegensätze hintenangestellt und haben gesagt, im Sinne unseres Heimatlandes gehen wir voran.
Wir haben uns für die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes eingesetzt, und an der Saar, kann ich sagen, stehen alle dahinter. Es ist ja bekannt, wenn ich meinen „schwarzen Bruder“ Hermann Scharf anschaue, dass die Saar-CDU etwas linker ist als die CDU im Schnitt der Bundesrepublik Deutschland. Also von daher geht man da oft, lieber Alex, durch offene Türen. Dass wir diese stufenweise Erhöhung des Kurzarbeitergeldes erhalten haben, war nicht so ganz unsere Kernforderung, aber immerhin, es ist zu einer Erhöhung gekommen.
Wir müssen aufpassen, dass in bestimmten Bereichen jetzt nicht Menschen vergessen werden; der Hotel- und Gastronomiebereich ist genannt worden. Da gibt es sehr viele, die bekommen - man kann nicht sagen, sie verdienen - im Monat unter 1.000 Euro. Da muss man sich auch an die Betriebsleitungen wenden. Es kann nicht sein, dass wir versuchen, mit aller Kraft den Betrieben über diese schwierige Zeit zu helfen, und am Schluss sind keine Leute mehr da, die dort arbeiten. Das wäre ein Schildbürgerstreich. Insofern müssen wir auch dort helfen, um die Leute zu halten.
Wir waren bei Soforthilfen für Klein- und Mittelbetriebe vorneweg, liebe Anke, aber auch bei Beihilfen für die Kultur und Sportvereine, lieber Klaus Bouillon. Ich habe das selbst erlebt, das geht sehr unbürokratisch. Insofern finde ich als jemand, der ehrenamtlich im Sport tätig ist, dass man diese E-Sport-Debatte vielleicht an der Theke führen kann, aber sie erscheint mir ein bisschen unverhältnismäßig im Verhältnis zu dem, was da insgesamt passiert. Nichtsdestotrotz, sie wird nicht ex cathedra zu beenden sein, da bin ich mir sicher, wir kennen unsere Sportfreunde, lieber Alex. Man darf nicht vergessen, was alles schon passiert ist, bevor man darüber redet, was alles noch hätte passieren müssen oder nicht hätte passieren dürfen. Das ist meine persönliche Auffassung.
Wir haben ein Abweichen vom Dogma der schwarzen Null. Ihr werdet von einem Berufsgewerkschafter auch sicherlich nicht erwarten, dass er das Hohe
lied auf die schwarze Null singt. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wären wir davon nicht abgewichen, hätte es Firmenpleiten sondergleichen und eine Welle der Massenarbeitslosigkeit gegeben. Und wenn man solche Erfahrungen macht, darf man die hinterher nicht einfach ablegen, sondern man sollte sich das immer vor Augen halten: Haushalte brauchen Spielräume. Man darf nicht nur wie die schwäbische Hausfrau denken, sondern man muss volkswirtschaftlich denken. Und das Deficit Spending, das im Moment passiert, rechnet sich allemal, denn alles andere wäre finanzpolitisch ein Desaster.
Gleichzeitig unterstützen wir die kommunale Familie stärker als andere Bundesländer, das hat der Finanzminister uns in einer Klausur erklärt, da war ich selbst beeindruckt und bin es noch. Ich möchte das noch mal herausstellen. Auf jeden Fall ist mein Zwischenfazit: Auf unsere Verantwortlichen in der Großen Koalition können sich die Unternehmen wie auch ihre Beschäftigten verlassen!
Bei den Beratungen der einzelnen Haushaltskapitel und -titel, die morgen erfolgen werden, werden wir Unternehmen sichern und neuen Start-ups helfen. Wir werden unserer Industrie bei ihrer umweltfreundlichen Modernisierung helfen. Dazu - Kollege Hecker - gibt es überhaupt keine reale Alternative. Ich habe Ihre Theorien zum Austritt aus dem Emissionshandel im Stahlbereich einmal mit den Arbeitern dort problematisiert. Sie haben das mit Lachen quittiert. Ich weiß nicht, mit wem Sie dort reden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie das so nach dem Motto „Wir treten aus dem Finanzamt aus“ - etwas überspitzt dargestellt - nicht ernst nehmen.
Wir werden morgen unseren ÖPNV weiter für umweltfreundlichen Ausbau rüsten. Wir werden gute Arbeit sichern und fördern. Wir werden eine umfassende Bildung und Forschung gewährleisten. Der Wissenschaftsminister hat das gerade eben angesprochen. Wir werden unsere Umwelt schützen und die Sicherheit und Gesundheit unserer saarländischen Bevölkerung ausbauen. Dazu mache ich eine kritische Bemerkung: Zusätzliche verkaufsoffene Sonntage braucht es dafür meiner Auffassung nach nicht.
Ich war angenehm überrascht, dass der Landespolizeipräsident Norbert Rupp aus gutem Grund, wie ich finde, genau darauf hingewiesen hat. Man muss aufpassen, dass da - wie wir saarländisch sagen - kein „Kappes“ gemacht wird. Das alles und noch viel mehr steckt in und hinter den kalten Zahlen unseres Doppelhaushaltes 2021/22. Die Gesamtdimension der Ausgaben macht sicherlich nicht nur mich ehrfürchtig. Es lässt uns am Ende aber nicht in Ehrfurcht erstarren. Wir haben viel gerechnet, geplant, kalkuliert und auch gestritten. Heute und morgen werden wir - dieses Parlament beziehungsweise diese Regierungskoalition - debattieren. Es geht um
entscheidende Planung und Verlässlichkeit. Ich bin froh, dass wir in der Krise so zusammen sind, weil es ansonsten viel schwieriger wäre. - Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich habe mich spontan noch mal zu Wort gemeldet, weil ich einen Beitrag verstärken will; wobei, liebe Kollegin Sandra Johann, mir auch dein Beitrag sehr gut gefallen hat.
Ich möchte einen Beitrag der Kollegin Barbara Spaniol verstärken. Sie hat das Thema Kurzarbeitergeld für Grenzgängerinnen und Grenzgänger und die Doppelbesteuerung angesprochen. Ich erwähne das deshalb noch mal, weil das Thema in unseren saarländischen Betrieben eine sehr große Rolle spielt, und nicht nur in den saarländischen, sondern auch in den rheinland-pfälzischen und baden-württembergischen Betrieben. Hier steckt der Teufel im Detail. Ich will nur einige wenige Sätze dazu sagen, denn das kann man in seiner Komplexität gar nicht erklären.
Hintergrund ist, dass für das deutsche Kurzarbeitergeld eine fiktive Besteuerung vorgenommen wird, eine pauschalierte Besteuerung. Weiterhin muss man wissen, dass seit 2015 eine Fortschreibung des deutsch-französischen Abkommens gilt, das besagt, dass der Staat, in dem man wohnt, die Besteuerung vornimmt. Das führt dazu, dass das Kurzarbeitergeld bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern von der deutschen Seite her gemäß § 3 Einkommensteuergesetz steuerbefreit ist - Kurzarbeitergeld ist ja sowieso ein besonderer Mechanismus. In Frankreich ist es aber, weil man dort nach der Fortschreibung des Abkommens Sozialversicherungsbeiträge besteuert, nicht steuerbefreit. Das heißt, jemand, der bei uns in einem Betrieb arbeitet, zum Beispiel ZF Getriebe hier in Saarbrücken, kriegt, wenn er in Deutschland wohnt, keine Kürzung, wenn er aber in Frankreich wohnt, wird es doppelt „besteuert“. Das muss man, lieber Peter Strobel, in Anführungszeichen setzen, weil da schon das Wort „Steuer“ rechtlich spannend ist.
Sandra Johann hat gesagt: Wir brauchen Macher. Das hat mir gut gefallen. Das wird jetzt notwendig sein, weil wir eine bilaterale Lösung finden müssen zwischen Frankreich und Deutschland. Dort liegt der Hase im Pfeffer, weil es in bestimmten Funktionsbereichen, auch bei den Frontaliers de la Moselle, die meiner Meinung nach irrige Auffassung gibt, das sei ein rein deutsches Problem. Aber schon bei dieser kurzen Schilderung von mir kann man erkennen, dass das alles andere als ein rein deutsches Problem ist; das ist der Klassiker für eine deutsch-französische Lösung auf nationaler Ebene, drunter geht es nicht.
Es gibt bereits entsprechende Vorschläge zu diesem Thema, die unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund auch an Hubertus Heil geschickt hat. Ich habe auf meinem Tablet ein Schreiben vorliegen, in dem ganz konkrete Vorschläge gemacht wurden, ich erspare Ihnen das jetzt, das geht zu viel ins Detail. Aber wie immer, wenn es um solche Steuergeschichten geht, geht es gleich um ein paar Millionen Euro, solche Probleme löst man nicht mal gerade so eben. Wir hatten darüber übrigens auch im Ausschuss für Europa und Fragen des Interregionalen Parlamentarierrates Anfang Juni gesprochen, Frau Kuhn-Theis weiß das, Peter Strobel wird sich daran erinnern, ich habe das damals schon thematisiert.
Ich bin jetzt noch mal zum Mikrofon gegangen, weil ich es richtig fand, dass Barbara Spaniol dieses Thema angesprochen hat. Das Thema hat bei uns eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung, wir kommen aber nicht weiter, wenn das nicht sowohl auf der deutschen Seite bearbeitet als auch auf der französischen Seite mit dem dortigen Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire angeschoben wird. Wir haben verschiedene Gremien, die auch bis dorthin ausstrahlen, deswegen habe ich mich noch mal zu Wort gemeldet, ich bin als Gewerkschafter an diesem Thema dran. Ich wollte darüber aufklären, dass manche sagen, es sei ein rein deutsches Problem. Nein, so einfach ist es leider nicht, es ist ein deutsch-französisches Problem, aber wir haben eine Scharnierfunktion, wir sind da, um solche Probleme zu lösen. Ich zitiere Sandra Johann: Jetzt sind Macher gefordert! - Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist, wie ich finde, bisher eine sehr fruchtbare Debatte. Sie zeigt zum einen Gegensätze, sie zeigt aber auch Übereinstimmung. Ich möchte meinem Kollegen Marc Speicher zu seiner Rede gratulieren, denn ich kann jedes Wort unterschreiben, das hier gesagt worden ist.
Auf jeden Fall sind wir in der gemeinsamen Überzeugung sehr dicht beieinander. Es gibt andere Dinge, über die wir reden müssen. Ich fange einmal damit an, dass wir in diesem Haushalt - das habe ich beim letzten Sonderplenum schon gesagt - zwei Besonderheiten haben. Zum einen gründen wir die Saarland Eigenkapitalgesellschaft. Das ist nicht Business as usual, das ist etwas ganz Besonderes. Wir haben früher über den Industriefonds und irgendwelche Beteiligungen diskutiert. Wir haben auch darüber gestritten, wo die Grenze ist und unter welchen Umständen man dies tun muss. Wir haben es nun entschieden. Das finde ich ausdrücklich sehr gut, genauso wie die Gesellschaft für Transformationsmanagement Saar, wo quasi eine präventive Arbeitsmarktpolitik gemacht werden soll, begleitet und eng abgestimmt mit der Bundesagentur für Arbeit, hier mit unserer Regionaldirektion. Das ist keine Konkurrenzveranstaltung, das ist eine ergänzende, eine in die Kette mit eingreifende Projektierung, die helfen wird, bevor es zur Anzeige der Arbeitslosigkeit kommt, Leute und ihre Profile zu identifizieren und sie in neue Stellen zu vermitteln, dies auch um den Fachkräftebedarf zu sichern. Das ist also nicht nur eine soziale Geschichte, sondern eine von ho
hem ökonomischen Wert. Ich bin dankbar, liebe Anke, dass wir das so gemacht haben. Das ist alles andere als selbstverständlich.
Ich will ein paar Takte zur Arbeitsmarktpolitik sagen und werde unter dem Thema Energie noch kurz auf das eingehen, was insbesondere die AfD-Vertreter gesagt haben. Arbeitsmarktpolitik in Zahlen: Wir haben in diesem Haushalt im Bereich Arbeitsmarkt schnallen Sie sich an - Mittel in Höhe von 264.421.000 Euro. Das ist alles andere als banal, das ist eine echt große und starke Leistung. Wir haben unsere Arbeitsmarktpolitik so konzipiert, dass wir sie eng verzahnen mit der des Bundes. Das war ja auch schon in den Koalitionsverhandlungen ein Gespräch: Was müssen wir tun, was brauchen wir nicht zu tun, weil es der Bund macht? Am Schluss haben wir gesagt, dass wir es verzahnen, damit wir jeweils flexibel an Programme andocken können. Das ist gelungen. Ich erwähne zum Beispiel das Qualifizierungschancengesetz des Bundes, das Qualifizierungsweiterbildungsgesetz des Bundes, das Arbeit-von-morgen-Gesetz, das wir landespolitisch mit ASaar flankieren, für von Langzeitarbeitslosigkeit betroffene Menschen. Lieber Hermann, wir haben darüber gesprochen, was das für den Arbeitsmarkt heißt. Und es hat gewirkt, die Zahlen waren in der Vergangenheit besser geworden. Das Saarland macht an dieser Stelle mehr als andere Bundesländer. Wir haben auch das Thema Jugend in Arbeit mit aufsuchender Sozialarbeit, mit praktischer Betreuung über entsprechende Netzwerke. Das sind sehr gute Ansätze, bei denen wir unser Credo „besser statt billig“ in den Wettbewerb einbringen, sodass wir unserem Saarland auch über diese Arbeitsmarktpolitik Zukunft geben. Deswegen ist das alles so wichtig.
Über Frauen in Arbeit hat Kollege Speicher so weit alles gesagt. Ich kann das unterstreichen, aber Kollege Müller hat es nicht verstanden. Ich will noch etwas zur Beratungsstelle für Wanderarbeiter und mobile Beschäftigte sagen. Diese ist eine Idee unserer Fraktion. Das kann ich mit Fug und Recht behaupten. Der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion nickt. Ihr wart alle dabei, ihr habt auch mitgemacht. Dann ist es am Schluss ein gemeinsames Projekt geworden. Wir haben diese Stelle gut besetzt. Mit Egbert Ulrich, einem ehemaligen Landtagsabgeordneten und Herz-Jesus-Marxisten, haben wir die Stelle richtig besetzt. Über die Arbeitskammer ist es auch richtig angedockt. Ich kann nur sagen, die dort eingesetzten Kolleginnen und Kollegen - das haben wir allerdings auch erwartet - stoßen in ein Wespennest. Deshalb werden die Mittel in diesem Jahr auch erhöht. Wir haben die Mittel nicht nur gleich gehalten, denn dann heißt es immer: Wie ist das denn? Brauchen wir das überhaupt? - Ihr kennt das aus
den Wirtschaftsdebatten. Auch wir führen sie intern, lieber Bernd, so ist es ja nicht. Da gibt es einen gewissen Pluralismus. Aber wir haben gesagt: Nein, wir machen das! Ihr habt gehört, was an verschiedenen Stellen schon passiert ist, und das ist auch gut so. Wenn ich sage, „besser statt billig“, dann passt dazu keine Ausbeutung. Das ist das Gegenprojekt dazu. Ihr kennt den Satz: Nicht der Förster hütet den Wald, sondern die Angst. Das bedeutet: Alle, die hier ein schlechtes Geschäft machen wollen, müssen aufpassen, dass ihnen diese Beratungsstelle nicht auf die Pelle rückt. Das ist gut so. Der Landtag des Saarlandes unterstützt das.
Ich mache einen Sprung zur Automobilindustrie und zur Energiepolitik. Hier ist es den Herren Hecker und Müller gelungen, mich zu provozieren. Sie haben aber über die Köpfe der Belegschaften hinweg gesprochen. Kollege Hecker, ich habe Sie nicht deshalb kritisiert, weil Sie bestimmte Themen geharnischt ansprechen, sondern aus einem anderen Grund. Meine Kollegen des Stahlbereiches haben über Ihre Lösung - und das war mein Bezug -, aus dem Emissionshandel auszusteigen und das Rad politisch so zurückzudrehen, dass es das gar nicht mehr gibt, laut gelacht. Sie haben einfach darüber gelacht!
Man muss es dem Arbeiter vor Ort richtig erklären. Herr Müller, die Industriearbeiterschaft hat erkannt, dass es nichts nutzt, sich gegen den Strom zu stellen. Sie haben erkannt, dass das perdu ist und ihre Arbeitsplätze noch mehr gefährden würde. Sie wollen vielmehr, dass wir es energetisch flankieren und nach vorne bringen, sodass sie Übergangszeiten haben und der Staat ihnen im Sinne von Beschäftigungssicherung die Gelder dafür gibt. Das wollen sie. Das fällt aber nicht vom Himmel. Das muss jeder in seiner Partei machen. Wir tun dies. In Sachen Stahl habe ich Kontakte zu Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Sachsen und so weiter. Unsere Wirtschaftsministerin hat den ersten Stahlgipfel mit 2.500 Menschen auf die Beine gestellt. Es war am 22. Oktober, ist also noch gar nicht so lange her. Alle waren da, bis hin zum Bundeswirtschaftsminister. Das Who is who der Stahlindustrie war im Saarland. Damit sind wir den Fokus gerückt. Nun haben wir Ideen, wie wir das nach vorne entwickeln können. Dafür brauchen wir Zeit und Hilfen. Für die Autos brauchen wir Technologieoffenheit. Das ist der Punkt!
Denn es nützt dem Umweltschutz nichts, wenn in die Ideologiekiste gegriffen wird. Mal etwas humoristisch formuliert: „Ich trete aus dem Finanzamt aus“, das wird nicht gehen. Ebenso wenig kann man aus diesen Entwicklungen austreten, man muss sie viel
mehr gestalten. Es nützt auch nichts, wenn in Brüssel in immer schnellerer Folge hehre Ziele gesetzt werden, wenn man den fünften Schritt schon als Vorgabe setzen will, bevor der zweite überhaupt gegangen ist. Auch insoweit muss ein Umdenken stattfinden. Das geht besser, das läuft aber nicht von alleine.
Auf weitere Punkte kann ich nun aus Zeitgründen leider nicht mehr eingehen. Allerdings muss eines klar sein: Die Arbeiter in diesem Land können sich auf uns verlassen. Sie haben uns ja auch gewählt. Herzlichen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich finde die Debatte bis jetzt sehr inhaltsreich und mit wenigen Abstrichen in der B-Note auch sehr gut. Man sieht, es wird hier versucht, Zukunft zu gewinnen, dies auch über einen Doppelhaushalt, der eine Dimension hat, wie ich sie noch nicht erlebt habe. Das beeindruckt mich auch als langjährigen Abgeordneten dieses Parlaments. Es geht um 9,9 Milliarden Euro in den Jahren 2021 und 2022. Da packt einen schon eine gewisse Ehrfurcht. Aber eines hat mir wirklich missfallen, was ich nun aber nicht auf Personen beziehen will. Formulierungen wie „das Licht ausmachen“ sind völlig daneben. Wir machen das Licht etwas heller, wir machen es nicht aus, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte auf zwei oder drei Punkte verstärkend hinweisen. Im Grunde haben die Vorrednerinnen und Vorredner vieles gesagt. Es sind auch interessante Aspekte bei der Opposition dabei gewesen, das muss ich zugeben. Der Finanzminister hat es aber, wie ich finde, ganz gut zusammengebunden. Man muss ihn loben, normalerweise ist ein Finanzminister ja eher ein Stein, an dem man sich reiben kann, aber das liegt in der Natur der Sache, sehr geehrter Herr Minister, lieber Peter.
Wir haben etwas, das ich bahnbrechend finde. Es ist nicht Business as usual oder Haushaltspolitik as usual, sondern etwas Besonderes. Es ist dieser Beteiligungsfonds, eine Initiative, die aus dem Ministerium kommt, aber ich schaue auch die Fraktionsvorsitzenden an, die das mitgemacht haben. Dafür bedanke ich mich, denn das schüttelt man nicht einfach so aus dem Ärmel. Da geht man an gewisse wirtschaftspolitische Grenzen, lieber Bernd Wegner, wo man fragt: Können wir das überhaupt vertreten? Greifen wir nicht eventuell zu viel ein? Ist das notwendig? So hat es die Opposition DIE LINKE gesagt, die meinte, man hätte es noch früher gebraucht, die Richtung würde aber stimmen. So habe ich es zumindest verstanden. Ich finde das wirklich einen mutigen Schritt. Wir gehen davon aus - jenseits der konkreten Ausgestaltung -, dass wir bis zu 200 Millionen Euro auftreiben können, wo es erforderlich ist, wo wir nach transparenter und wirtschaftlich sinnvoller Prüfung der Auffassung sind, dass man das machen muss. Das ist eine Hausnummer, die auch alles andere als gewöhnlich ist. So etwas hat es hier im Land noch nie gegeben. Dafür unseren Fraktionen ein herzliches Dankeschön. Herr Dörr, man muss sich schon mal auf die Schulter klopfen, wenn man etwas tut, was historische Ausmaße hat.
Wir wollen damit ja nicht blind wirtschaftlicher Player werden, sondern es geht darum, im Kern zukunftsfähige Unternehmen, die eine Liquiditätsproblematik haben, die als vorübergehend angesehen wird, am Leben zu erhalten und eine Stütze zu geben, damit sie mit ihren wirtschaftlich freien Gedanken eine solche Delle, so will ich es einmal bezeichnen, überwinden können - nicht mehr und nicht weniger. Damit wollen wir etwas erreichen, denn es wird sich nicht nur, aber wesentlich auf dem industriellen Sektor abspielen. Dieser industrielle Sektor ist für ein Bundesland wie unser geliebtes Saarland existenziell. Wer das nicht verstanden hat und nur noch grüne Wiesen und grüne Bäume will, der würde unseren Arbeits- und Lebensort Saarland vernichten. Da sind wir völlig anders unterwegs, da sind wir völlig klar aufgestellt. Wir wollen eine grüne Industrie, wir wissen aber auch, ohne Industrie geht hier gar nichts!
Ich möchte außerdem auf den ÖPNV hinweisen. Zwei Dinge müssen genannt werden: Der ÖPNVAusbau beinhaltet unter anderem das Jobticket und das Azubiticket, Dinge, die in der Arbeitswelt eine große Rolle spielen. Ich finde diese Ansätze höchst lobenswert. Gerade die jungen Leute sind ÖPNV-bereit, wir müssen ihnen aber durch das Angebot an Taktung und durch bezahlbare Preise helfen, dass sie das machen können, was sie machen wollen, nämlich unserer Umwelt durch den ÖPNV helfen.
Deshalb sind diese Angebote neben vielem anderen, was in absehbarer Zeit kommen wird, eine bahnbrechende Geschichte. Mit all dem verfolgen wir das Ziel, gute Arbeit im Saarland zu fördern.
Wir sind auch auf der arbeitsmarktpolitischen Seite ganz gut aufgestellt. Sie ist bisher nicht besonders erwähnt worden. Ich schaue meinen Kollegen und Kameraden Marc Speicher an. Bei der arbeitsmarktpolitischen Seite besteht eine sehr schwierige Ausnahmesituation. Mit den Dingen, die wir dort über Arbeit für das Saarland, ASaar, und so weiter geregelt haben, so gut es geht ‑ perfekt geht natürlich nicht ‑ haben wir Vorsorge getroffen. Ich bin froh auch dies schreibe ich dieser Koalition zu ‑, dass man da überhaupt keine Probleme hat, sondern dass es im Gegenteil immer nur ein Ringen um Lösungen ist, aber nie ein Ringen ums Prinzip. Dafür ein herzliches Dankeschön. Wir bleiben am Ball.
Zu meiner letzten Bemerkung. Es wurde gesagt, dass wir ja die schwarze Null haben. Jeder weiß, dass meine Fraktion und ich im Besonderen überhaupt keine Anhänger der schwarzen Null sind. Das habe ich schon an diesem Rednerpult erklärt. Man kann noch einmal darüber sprechen, wenn man ein Glas Bier oder Wein in der Hand hat. Zurück zur Ernsthaftigkeit. Auch der Gewerkschafter kann Folgendes nicht leugnen: Lieber Peter Strobel, wir stehen unter den Augen eines Stabilitätsrates. Wir sind nicht völlig frei, sodass wir tun und lassen könnten, was wir wollen. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland können wir nicht missachten. Wir haben eine Verfassung. Es wurde in der Finanzverfassung etwas gemacht, was aus der Sicht der anderen clever ist, aber auch knüppelhart. Sie haben uns nämlich unter die Aufsicht aller 15 anderen Landesfinanzminister gestellt, da ist auch der aus Thüringen dabei, um nur einen zu erwähnen, und wir sind auch unter der Aufsicht des Bundesfinanzministers. Viel härter geht es eigentlich nicht. Das führt natürlich dazu, dass wir die entsprechenden Strukturhilfegelder nie bekommen hätten, wenn wir dieses Finanzregiment, das im demokratischen System aufgebaut wurde, negiert hätten. Es wären gigantische Personalzahlen, die wir aufwenden müssten, wenn wir nicht die hunderte von Millionen Euro bekommen hätten, die nur unter der Voraussetzung gewährt wurden, dass wir diesem Stabilitätsrat immer Rechenschaft ablegen.
Es gehört zur Redlichkeit dazu, der saarländischen Öffentlichkeit zu sagen, dass wir diesen Weg annehmen mussten, denn es gab keine Alternative, außer auf die bündische Hilfe zu verzichten. Also mussten wir dies im ureigenen Interesse tun. Das macht nicht immer Spaß, noch nicht mal dem Finanzminister, aber wir kommen einfach nicht drumherum. In diese Debatte gehören einfach Wahrheit und Klarheit.
In diesem Sinne bin ich froh, als einer von 51 Abgeordneten bei diesem in den Dimensionen historischen Werk mitwirken zu dürfen. Ich sage dem Finanzminister: Bleib standhaft! Ich kann dir versprechen, wir werden weiterhin streiten, aber die Richtung stimmt. Wir ziehen an einem Strang und in dieselbe Richtung! Herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich darf zu Beginn sagen, dass ich es auch sehr bedaure, dass die geschätzte Helma heute nicht da sein kann, weil sie für diesen Antrag sehr gekämpft hat. Ich wünsche ihr von hier aus alles Gute! Ich möchte jenseits der europaweiten Großlinie auf ein paar Punkte eingehen, die uns hier im Grenzraum besonders betreffen. Ich bitte da keinen Fehlschluss zu ziehen, ich ticke in meinem Inneren nicht anders als meine Kollegin und Genossin Isolde Ries. Ich will das nur sagen, weil ich jetzt über andere Themen sprechen werde, das haben wir so abgesprochen.
Ein Punkt, den ich für wichtig halte: Ich bemerke in der Debatte um Moria und alles andere darum herum eine zunehmende Furcht - und zwar parteiübergreifend, das gibt es nicht nur in bestimmten Spektren -, wenn solche Probleme auftauchen, dass das skandalisiert wird und wir deswegen nicht mehr so humanitär handeln können, wie wir es eigentlich gerne möchten. Ich warne davor, dass man dort zu viel zurückgeht, da ist eine klare Sprache, eine klare Kante gefordert, und am Ende brauchen wir auch europäische Lösungen. Das ist eine ganz wichtige Geschichte. Wir lassen uns sonst zu sehr in die Defensive drängen, das hielte ich für einen großen europapolitischen Fehler, auch humanitär.
Aber ich möchte mit etwas anderem anfangen, mit der Kommission 6, in der ich Mitglied sein darf und die sehr engagiert arbeitet, genau wie die anderen Kommissionen. Isolde, das kannst du besser erklären. In deiner Kommission bin ich auch Mitglied, ich bin überall Mitglied, aber ich mache auch engagiert mit. Da gab es eine spannende Sitzung am 28.04., damals war das noch alles frisch mit den Grenzschließungen. Auch dort ging die Debatte quer durch die Reihen. Ich war von Anfang an ein militanter Gegner dieser Grenzschließungen, Ulrich Commerçon ist mein Zeuge. Allerdings sage ich auch, vor Ort, in meinem eigenen Ortsverein, musste ich bei der SPD wegen dieser klaren Haltung manche Debatte aushalten. Das ging quer durch die Reihen und man muss aufpassen, welche Bilder man sendet.
Dann wurde es spannend, an diesem 28. April, lieber Volker, waren Dr. Özbek, der Chef der SHG - ich glaube, er ist Chefarzt für den Herzbereich - und Christophe Arend da, und ich zitiere nur einmal den Dr. Özbek, er hat im Nachhinein gesagt, ich dürfe ihn zitieren, ich habe ihn bisher noch nicht namentlich zitiert. Es sprach angesichts der Grenzschließungen in dieser Kommission mehrfach von medizinischem Irrsinn. Das war so klar in der Sprache, dass ich selber erschrocken war.
Der Grund, warum er das gemacht hat, war nur zum Teil die Grenzschließung, vielmehr hat am anderen Ende die Kooperation gefehlt, weil die auf dem Gesundheitssektor in höchstem Maße schwierig ist. Das war sein Petitum, der Christophe Arend hat es so ähnlich gemacht, er verglich es mit einer Wolke und sagte, eine Wolke hält ja nicht an einer Grenze an et cetera. Das sind alles, sage ich einmal, idealistische Betrachtungen, weil auf der Seite der Kooperation im Gesundheitswesen vieles im Argen liegt, und das ist zugegebenermaßen auch schwierig.
Deshalb mache ich einen Sprung, an dem das Plenum sehen kann, wie wir in den Kommissionen arbeiten. Oft heißt es ja, die Europa-Leute sind so im Ungefähren, das sind - positiv ausgedrückt - die Freaks. Nein, wir sind sehr konkret! Zum Beispiel hatten wir am 27. August den Wirtschafts- und Sozialausschuss der Großregion eingeladen. Oliver Groll als Präsident war da und Monsieur Henri Lewalle, das ist ein Wallone, ein wirklicher Experte für die Zusammenarbeit auf dem grenzüberschreitenden Sektor. Er sagte: Warum machen Sie nicht neben allen Resolutionen - das hat er sehr blumig ausgedrückt, was der Stellenwert solcher Resolutionen ist, will ich gar nicht wiederholen - eine grenzüberschreitende Gesundheitsregion? Warum machen Sie nicht eine grenzüberschreitende Gesundheitsregion?
Das ist eine ganz klare Sache: Man definiert einen Raum und schließt zwischenstaatliche Abkommen,
wie es sie beispielsweise zwischen Wallonien und Luxemburg oder auch zwischen Luxemburg und Frankreich, Grand Est, gibt. Er fragte: Warum machen Sie das nicht? Machen Sie doch so etwas auch. Damit man sieht, wie konkret die Fortschritte sind, machen Sie eine Beobachtungsstelle für grenzüberschreitende Gesundheitszusammenarbeit. Er stellte in den Raum, sie könne aus Mitteln von INTERREG 6 gefördert werden. Wenn uns solche Experten solche Dinge antragen, dann müssen wir zusehen, wie wir sie umsetzen. Ich habe mir notiert: Weniger resolutionieren, mehr agieren und liefern. Aber das ist alles andere als einfach. Man möge es mir auf der Seite der SPD verzeihen, dass ich nun Peter Müller zitiere. Er hat einmal gesagt: Bei SaarLorLux ist der Fortschritt eine Schnecke, aber es ist vor allem wichtig, dass die Schnecke in die richtige Richtung kriecht. - An diesem Bild ist etwas dran. Wir wissen, wie schwierig es ist. Ich nenne ein Beispiel. Als es um die Beatmung von Erkrankten ging, haben zwischen dem Saarland und wahrscheinlich auch zwischen Rheinland-Pfalz und Grand Est die Anschlüsse an den Beatmungsbetten nicht zueinander gepasst. Das hört sich sehr banal an, aber hier kommt man von dem kleinen Aspekt auf das große Ganze. Das meinte er mit einer Gesundheitsregion.
Wir sollten also nicht nur MOSAR haben, sondern wir sollten uns nachprüfbar über eine Beobachtungsstelle, die es ja für den Arbeitsmarktbereich schon gibt, dazu verpflichten, Gesundheitsfortschritte zu beschreiben. Er hat uns mit auf den Weg gegeben, dass alles an die höchste Ebene zu adressieren. Denn bei aller Liebe, aber in unserer Region hat Ministerpräsident Hans mehr zu sagen als Jean Rottner als Präsident von Grand Est. Dort hat man ja einen völlig anderen Aufbau. Das ist jedem hier im Plenum des Landtags des Saarlandes klar. Ich muss es also auf eine Ebene höher heben.
Ich will ein weiteres Beispiel nennen. Ich schaue mit einem Auge auf den Europaminister, der zugleich Finanzminister ist. Es geht um das Thema der Beendigung der Doppelbesteuerung von Kurzarbeitergeld. Hier haben wir die Besonderheit, dass das Kurzarbeitergeld doppelt besteuert wird. Die Franzosen kennen das Instrument des Kurzarbeitergeldes überhaupt nicht. Bei uns gibt es eine bestimmte Berechnungsmethode: Es wird eine fiktive Steuer erhoben. Diese fiktive Steuer fließt wie das Kurzarbeitergeld in Gänze vorher schon, wenn man in Frankreich wohnt, dort in die Steuerbemessung ein. Es wird also quasi doppelt besteuert. Das ist eigentlich ein Verstoß gegen das Doppelbesteuerungsabkommen. - Da sind sie wieder, unsere Probleme!
Wir haben Tausende von Grenzgängern; Isolde hat das erwähnt. Wir haben den Raum mit den höchsten Grenzgängerströmen in Europa. In Berlin oder in Paris denkt man aber nicht immer unbedingt in Kategorien von Grenzgängern. Das müsste jetzt geklärt
werden. Ich will Namen dazu nennen. Es müsste geklärt werden zwischen Olaf Scholz und Bruno Le Maire. Das ist die Ebene. Auf deutscher Seite sind wir dran. Die Frontaliers de la Moselle machen dicke Arme und drücken uns in die entsprechende Richtung, vergessen aber, dass mit der französischen Seite, mit Monsieur Bruno Le Maire auch noch zu reden ist. Ich konnte es gestern gegenüber dem rheinland-pfälzischen Regierungskabinett erklären, sehr geehrter Herr Minister, lieber Peter. Wenn von unserer Seite noch mal nachgestoßen würde, wie weit man dort in dieser Frage ist, wäre das gut. Ich weiß, es ist in Berlin angekommen, aber es ist wie immer: kompliziert.
Ein letzter Punkt. Wir haben den Aachener Vertrag. Es geht um eine ganz konkrete Geschichte, nämlich die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung. Sie hat richtige Rechte und ein Budget, wenn es um das deutsch-französische Verhältnis geht. Meines Wissens sind dort unter anderem Markus Uhl, Christian Petry und Oliver Luksic Mitglied. Ich weiß nicht, ob ich jetzt noch jemanden vergessen habe. Es gibt jedenfalls ganz konkrete Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner. Mein Rat ist: Wir müssen uns stärker mit denen abstimmen. Sie kümmern sich jetzt beispielsweise um eine Pandemie-Konzeption. Dort hat man sehr große Einwirkungsrechte, stärker als wir als einzelnes Landesparlament, auch wenn wir mit großem Herzen, mit grand coeur, daran arbeiten. Der wichtigste Punkt meines Vortrages lautet: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Worte begeistern, aber Taten reißen mit!
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Reflektierend auf den Antrag und auf die Einbringungsrede des Fraktionsvorsitzenden der LINKEN, lieber Oskar, sind wir in dem Ziel, um das es da geht, nicht auseinander, allerdings gibt es einen Dissens bei der Mechanik. Darauf will ich eingehen.
Es ist richtig, dass diesen Menschen geholfen werden muss, und zwar nicht nur mit Klatschen, sondern letztlich auch mit Anerkennung im materiellen Sinne und Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen et cetera. Das ist sicherlich eine unzweifelhafte Erkenntnis aus dieser Corona-Pandemie. Wir wären natürlich froh - und da kommen wir schon wieder zu der Grundproblematik dieses Mindestlohnes als absolute Lohnuntergrenze -, wenn das alles entsprechend tarifgebunden mit starken Gewerkschaften im Rücken passieren könnte, denn dann hätten wir das Problem der absoluten Lohnuntergrenze nicht, sondern hätten Lösungen für angebrachte gerechte Entlohnungen.
Man muss aufpassen, es gibt hier eine Wechselbeziehung, eine Korrelation. Zunächst einmal lehnen wir ab, dass die Mindestlohnkommission abgeschafft wird. Deswegen können wir dem Antrag nicht zustimmen. Richtig ist, dass bei Einführung des Mindestlohns diese Zusammensetzung gewählt wurde, weil zu dem Zeitpunkt in Deutschland später als in
anderen europäischen Ländern überhaupt noch über die Akzeptanz eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns gerungen werden musste.
Ich will das hier nicht unnötig lange ausbreiten, das war ja auch innerhalb der Gewerkschaften ein Kampf, weil einige gesagt haben: Wenn wir einen gesetzlichen Mindestlohn einführen, werden die Arbeitgeber dort, wo wir in unteren Lohngruppen höhere Löhne abgeschlossen haben, das dann auf den gesetzlichen Mindestlohn runterziehen. Diese Gefahr bestand ja nicht nur theoretisch, sondern das ist eine Frage, die sich bis heute in dieser Mindestlohnkommission immer noch abspielt. Aber in den letzten fünf Jahren hat sich dieser Mindestlohn in Deutschland mittlerweile unzweifelhaft etabliert. Er ist eine Erfolgsgeschichte, an der wir - die Sozialdemokratie ganz vorneweg - auch ganz massiv mitgewirkt haben. Die Sozialdemokratie war an der Stelle schneller als die Gewerkschaften, nur um das noch einmal deutlich in Erinnerung zu rufen.
Diese Kommission hat das letzte Mal am 30.06.2020 getagt und hat in vier Schritten eine Erhöhung bis 2022 auf dann 10,45 Euro beschlossen. Das ist uns zu langsam. Damit wird das, was - wie ich finde, zu Recht - als armutsfester Mindestlohn gefordert ist, im Ziel zu langsam erreicht. Ich darf aber auch einmal erwähnen, als man vor einigen Jahren 10 Euro als Mindestlohn gehört hat - da war das auch noch eine Forderung der LINKEN -, da hätten wir noch gar nicht geglaubt, dass wir einmal über diese Grenze springen.
Die Frage ist das Tempo. Wenn ich mir jetzt diese Kommission anschaue, dann möchte ich einmal aus dem Mindestlohngesetz § 9 Abs. 2 zitieren. Dort liegt meiner Auffassung nach ein Schlüssel für eine Lösung. Dort heißt es: „Die Mindestlohnkommission prüft im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen,“ - erste Voraussetzung - „faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen“ - zweite Voraussetzung „sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. Die Mindestlohnkommission orientiert sich bei der Festsetzung des Mindestlohns nachlaufend an der Tarifentwicklung.“
Das Ganze passiert dann paritätisch besetzt, drei Mitglieder kommen aus den Arbeitgeberverbänden, drei aus den Gewerkschaften. Bei uns ist das auf der Gewerkschaftsseite die IG BAU, vertreten durch Robert Feiger, Verdi, vertreten durch Andrea Kocsis, und für den gesamten DGB spricht Stefan Körzell. Das hat man ganz bewusst so gemacht, weil BAU zum Beispiel einen Tarifmindestlohn hat, der wesentlich höher ist als der gesetzliche Mindestlohn, und dort kommt schon wieder diese Korrelation ins Spiel.
Warum sind sie in der letzten Runde nicht höher gegangen? Warum hat Jan Zilius, der ursprünglich aus dem Arbeitnehmerlager kommt, nicht einen strammeren Schritt gemacht? - Weil sie gesagt haben, man würde die unteren Tariflohngruppen in zu großem Maße - die Rede war von 30 Prozent insgesamt über alle verteilt - überholen. Ob das so stimmt, ist streitig, obwohl zwei Wissenschaftler drin sind. Der eine ist Lars Feld. Naja, als Gewerkschaftler habe ich ihn die Woche zum Kurzarbeitergeld gehört. Dass er aus dem Saarland stammt, hat er scheinbar vergessen. Es ist aber seine persönliche Auffassung. Die zweite Wissenschaftlerin ist eine Frau, ich weiß jetzt den Namen nicht. Es gibt also auch die entsprechende wissenschaftliche Begleitung. Und jetzt kommt es: Hubertus Heil als der zuständige Minister hat bereits gesagt, dass wir mit dieser Erhöhung bei ungefähr 46 Prozent des Medians sind. Man sagt, Armutslöhne beginnen bei unter 60 Prozent des Durchschnitts der Löhne. Das heißt, es ist immer noch ein Armutslohn. Deshalb hat er in Aussicht gestellt, dass man das gesamte Gesetz evaluiert und darüber nachdenken muss, ob man neue Zielmargen einstellt.
Das ist der Unterschied zum Antrag der LINKEN. Ihr sagt, es soll dem Deutschen Bundestag übertragen werden. Ich spitze das einmal zu: Ich möchte so eine Entscheidung nicht gern an Herrn Lindner übertragen. Das halte ich für gefährlich. Da weiß ich nicht, ob es bei 10,45 Euro bleibt. Wir können anfangen, darüber zu reden, wie gut seine Chancen sind. Er haut gewöhnlich ab, wenn es eng wird. Jetzt mal Spaß beiseite: Es ist auf jeden Fall eine Schwierigkeit, so etwas in dieses Lotteriespiel reinzugeben, je nachdem, wie die Mehrheiten gesetzt sind. Vielleicht hat man dann die Hoffnung, die Leute wählen DIE LINKE oder die SPD, weil sie wüssten, sie bekämen dann einen ordentlichen Mindestlohn. Ich glaube aber, so einfach ist das nicht. Es ist komplizierter. Die CDA brauche ich jetzt nicht zu nennen, der CDA-Landesvorsitzende kommt noch. Er wird seinen Bundesvorsitzenden selbst zitieren, weil sie dazu ganz klare Positionen haben.
Da passiert gerade etwas. Hubertus Heil denkt zum Beispiel an, dass man die Mindestlohnkommission beibehält, ihr aber als eines der Ziele in dem neuen Absatz 2 vorgibt, dass der Mindestlohn armutsfest sein muss. Dann wäre es definiert, dann wäre es politisch gemacht, ohne die Kommission abzuschaffen. Die Frage der Korrelation mit den unteren tariflichen Gruppen besteht noch. Dieser Konflikt ist nie ganz aufgehoben worden. Es gibt natürlich auch Personen im Arbeitgeberlager, die meinen, man brauche überhaupt nicht in eine Gewerkschaft einzutreten, das macht der Gesetzgeber, das kann man sich sparen. Das ist übrigens etwas, was wir häufig in Frankreich erleben. Diese Dinge passieren in Europa.
Unterm Strich stimmt die Zielrichtung dieser Initiative. Man kann nicht dagegen sein. Wir bitten aber darum, nicht ein Entweder-oder daraus zu machen: Entweder machen sie etwas für den Mindestlohn oder sie machen nichts. - Im Moment hat er sich relativ weit entwickelt, wenn man auf die letzten fünf Jahre schaut. Allerdings geht es mit der allgemeinen Entwicklung zu langsam voran. Da sind wir wieder beisammen. Deshalb sollte man am Design etwas machen. Man könnte vielleicht auch über bestimmte Mechanismen dafür sorgen, dass die Tarifbindung wieder gestärkt wird. Ich nenne nur einmal das Stichwort Tariftreuegesetz. Da wäre es nicht der Mindestlohn, sondern ein allgemeiner Ansatz. Mein geschätzter Kollegen Wegner macht da natürlich nicht blanko mit, nur weil ich hier argumentiere, aber es sind dieselben Argumente, die auf Bundesebene ausgetauscht werden.
Die Chancen stehen gut, dass beim Mindestlohn etwas passiert, was mich persönlich überrascht hat. Das sage ich hier ganz offen. Heute hat es eine ganz andere Qualität als noch vor wenigen Wochen, dass Olaf Scholz als Bundesfinanzminister beharrlich sagt, dass er von einem gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 12 Euro ausgeht. Wir haben also über die Mechanismen, die ich jetzt angerissen habe, die Möglichkeit, dort etwas zu tun. Wir sollten aber nicht die Arbeitgeber vor die Tür setzen. Das führt nur dazu, dass man erst die Arbeitgeber und dann die Gewerkschaften vor die Tür setzt. Ob es dann linke Mehrheiten im Deutschen Bundestag gibt, ist fraglich.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Zielrichtung stimmt. Den Mechanismus jetzt auszuhebeln, wäre falsch. Die Verbesserungen, die Heil angekündigt hat, kommen in diesem Herbst. Dass die SPD im Bund in die Koalition reingegangen ist, weil Herr Lindner vom Balkon geflüchtet war, hat uns fast zerrissen. Sie kann aber handeln, das hat sie vergangene Nacht gezeigt. Wer hätte gedacht, dass die Geschichte mit dem Kurzarbeitergeld bis 2021 durchgebracht wird? - Man kann den tragenden Parteien keine bösen Absichten unterstellen.
Noch eine letzte Anmerkung. Laumann hat Gewicht innerhalb der CDU. Er hat sehr deutlich gesagt, was er von diesen bisherigen Trippelschritten hält, und die Mindestlohnkommission attackiert. Niemand aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund, nicht einmal Verdi - ich habe genau nachgeguckt -, will die Kommission abschaffen. Das wäre in der Akzeptanz des Mindestlohns ein Rückschlag, der sich gewaschen hätte. Das wäre kontraproduktiv. In diesem Sinne können wir leider nicht zustimmen, es verhindert aber auch nichts. Wir könnten hier dafür oder dagegen stimmen, es wird bundesweit ohnehin am gesetzlichen Mindestlohn nichts ändern.
Ich habe mich noch mal zu Wort gemeldet, um zu versuchen, an einem Beispiel unsere Position zu erklären. Noch mal: Die Zielrichtung, dass der Mindestlohn armutsfest sein und zu gerechteren Renten führen muss, ist unstreitig. Die Frage ist, wie man dorthin kommt. In dieser Frage haben wir einen Dissens. Die SPD-Fraktion und auch ich sind davon überzeugt, das geht nur über Tarifverträge mit starken Gewerkschaften im Rücken. Das andere ist eine Auffanglösung dort, wo es zumindest vorübergehend nicht klappt.
Ich möchte es an einem Beispiel zeigen, und zwar dem Branchen-Mindestlohn in der Pflegebranche. Dieser Branchen-Mindestlohn ist in Westdeutschland am 01. Januar von 11,05 Euro auf 11,35 Euro gestiegen und in Ostdeutschland von 10,55 Euro auf 10,85 Euro. Das ist der Tarif-Branchen-Mindestlohn. Was wäre denn, wenn man einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro hätte? Würden dann diese Branchen-Mindestlöhne erhöht? Würde die Gewerkschaft massenhaft neue Mitglieder bekommen? Ich behaupte mal Nein.
Stellen wir uns mal die Frage, warum die Automobilwirtschaft, lieber Hans Peter, grosso modo diese Einkommensprobleme nicht hat. Ganz einfach, weil die Arbeiter dort sich schon lange gewerkschaftlich organisiert und dadurch andere Standards umgesetzt haben. Ich sage den Pflegekräften, die mehr verdienen als nur ein bisschen Applaus, immer wieder: Ihr müsst euch gewerkschaftlich organisieren, sonst wird das à la longue nichts werden! Und das Ganze in die Politik zu geben, in die Parlamente, mit wechselnden Mehrheiten, ist eine Hochrisiko-Veranstaltung. Ich habe eben einen Namen genannt, ich will ihn nicht noch berühmter machen, als er es eigentlich verdient hat. Vielleicht wird an solchen Beispielen deutlich, dass diejenigen, die nicht für die Abschaffung der Mindestlohn-Kommission sind, sich trotzdem nachhaltige Gedanken machen, wie man das Ganze erhöhen kann. - Vielen Dank.
Verehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte, die wir heute führen, flößt mir, ehrlich gesagt, etwas Ehrfurcht ein. Es ist keine normale Debatte mit einer normalen Tagesordnung, sondern es geht darum, dass wir mutig wirtschaften und aus der Krise heraus investieren. Das sind Entscheidungen mit Zahlen, da verschlägt es zumindest mir ein bisschen den Atem. Ich habe diese Erfahrung schon im Unternehmensmitbestimmungsbereich gemacht, wenn es um Investitionen ging und ich bei mancher Großinvestition, zum Beispiel im Stahlbereich, plötzlich darüber nachgedacht habe, was ich denn da gerade mache. Für was hebe ich da gerade die Hand? Und das hier ist in der Dimension noch größer.
Ich bin mittlerweile 16 Jahre Angehöriger dieses Parlaments und habe das so noch nicht erlebt, vor allen Dingen nicht in dieser Geschwindigkeit und in dieser Notwendigkeit. Deshalb darf ich noch einmal für mich, und ich denke auch für unsere Fraktion, sagen, dass der Dialog und die Entscheidungsstärke, die die Landesregierung hier gezeigt hat, auch in Absprache mit den Fraktionen, hervorragend funktioniert hat. Ich ziehe meinen Hut, den ich nicht aufhabe, denn ob das alle überall so hinbekommen, weiß ich nicht, aber das hat ein Lob verdient.
In dieses Lob möchte ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbeziehen, die uns das alles aufschrei
ben, auch mir jetzt. Ich habe wieder viel zu viel aufgeschrieben, das kann ich nicht alles bringen, das geht nicht. Aber sie tun es, sie sind bienenfleißig, ob das in der Regierung ist, im Parlament oder in den öffentlichen Verwaltungen. Wir hatten ja auch schon Debatten in der Gesellschaft, der öffentliche Dienst müsse ausgedünnt werden, privat vor Staat. Da fällt mir immer wieder der Satz ein: Öffentliche Dienste, wer nachdenkt, sagt ja! Das als Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen!
Nun, wenn ich mir diese Zahlen - zumindest ich stehe mit Zahlen schon seit meiner Gymnasialzeit auf Kriegsfuß, ein kleines Outing - alle so anschaue, dann überblicke ich die nicht in Gänze. Das bedeutet, dass man bei der Treffsicherheit, was damit erreicht werden soll, immer wieder nachjustieren muss. Das ist eingebaut, das ist eine Dynamik. Es geht darum, ob die Wirtschaft stimuliert wird. Das ist der entscheidende Punkt, das ist der Gradmesser.
Wenn wir merken sollten, wir haben es zwar gut vorgehabt, aber hier oder dort funktioniert es nicht so, dann müssen wir noch einmal draufschauen. Insofern ist die Debatte, die heute Morgen vom Fraktionsvorsitzenden der LINKEN losgetreten wurde, gut. Mir hat sie gefallen, das wird wohl nicht groß überraschen. Ich glaube aber auch, dass wir sie vom Saarland aus nicht wesentlich beeinflussen können. Die ist echt groß und wuchtig, sie muss geführt werden, aber der Landtag des Saarlandes wird diese Dinge nur ganz eingeschränkt, wenn überhaupt, irgendwo beeinflussen können.
Allerdings ist eines klar: Wenn wir jetzt zum Beispiel - und ich möchte noch ein paar Takte zum Arbeitsmarkt sagen - viel, viel Geld für die Unternehmen in die Hand nehmen - was ich richtig finde, kleine Unternehmen, mittlere Unternehmen, erstmals ein Beteiligungsfonds, das ist ein epochale Wende, das ist nicht nur so ein Haushaltstitel, das ist etwas, was es bisher nicht gab, das hattet ihr lange gefordert, das ist richtig, es wird jetzt aus der Not heraus gemacht -, dann gilt für uns natürlich eines in diesem Land, bei all den Schwierigkeiten, Stichwort Bevölkerungsentwicklung, die zu Recht genannt wurden: Wir haben den Maßstab: besser statt billig! Das sagt sich so leicht, das ist in der Praxis gar nicht so einfach. Wir haben in den Ausschüssen, liebe Sarah Gillen, im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr die Unternehmensseite angehört und die Beschäftigtenseite. Das war spannend, das hat stundenlang gedauert, aber es war interessant. Auf jeden Fall hat man gemerkt, die haben eine gemeinsame Situationseinschätzung: Man muss jetzt solidarisch sein und zusammenhalten. Wenn es um die Instrumente geht, vor allen Dingen in den sozialen Geschichten, waren die Positionen nicht beieinander, wenn man genau hingehört hat. Deshalb ist das ein Thema, das ich hier nennen will. Wir haben im
Moment immer noch eine steigende Arbeitslosigkeit. Es sind 40.100 Registrierte. Das ist kein Pappenstiel. Das sind 0,4 Prozentpunkte mehr als im vergangenen Monat. Es steigt auch weiter. Wir liegen mit 1,4 Prozentpunkten über dem Vorjahresniveau.
Na gut.
Abg. Hecker (AfD) mit einer Zwischenfrage:
Lieber Kollege Roth, du hast von einem Paradigmenwechsel gesprochen, was den Beteiligungsfonds betrifft. Ich kann diesen Paradigmenwechsel nicht erkennen, da es nach wie vor notwendig ist, um diese Beteiligungsfonds überhaupt in Anspruch zu nehmen, ein IDW-S6-Gutachten vorzulegen, das es der Landesregierung erst ermöglicht, in diese Unternehmen zu investieren. Ist dir das klar?
Ich will es kurz machen, denn es würde den Schwerpunkt meiner Rede verschieben. Natürlich ist das klar. Es ist auch gut so, denn wir können uns nicht hinstellen und sagen: Wie viel Geld wollt ihr, wir fragen auch nicht wofür. - Da muss man schon etwas genauer hinschauen und prüfen. Das ist eigentlich normal. Das Thema müssen wir gesondert aufrufen, das passt nicht in den Kontext. Ich will nämlich auf etwas anderes hinaus.
Ich habe gerade die Arbeitslosenzahlen genannt. Man muss sie korrespondierend zur Entwicklung der Kurzarbeit sehen. Das ist ein hervorragendes Instrument. Die Kurzarbeit ist bei uns für rund 11.000 Betriebe und 148.000 Beschäftigte angemeldet. Das bedeutet nicht, dass sie in Kurzarbeit sind, sondern sie ist angemeldet. Wie viele es sein werden, kann man erst rückblickend sehen. Das bedeutet aber, dass die Betriebe die Beschäftigten halten wollen. Man geht davon aus - das war mir in dem einen oder anderen Redebeitrag am Anfang etwas zu negativ -, dass es weitergeht, dass sie deshalb das Instrument überhaupt in Anspruch nehmen. Das bedeutet, dass wir dort, wo wir Stärken haben, diese Stärken auch weiter stärken wollen, zum Beispiel im industriellen Bereich. Wir bekennen uns dazu, dass das ein Zukunftsthema ist und nichts, das man in die Vergangenheit schieben kann. Das ist ein ganz wichtiger Denkansatz. Deshalb ist dieses Instrument der Kurzarbeit im Prinzip so gut.
Es ist auch kein Geheimnis, dass ich mir gewünscht hätte, dass es überall mehr angehoben wird. Wir reden ja nicht über hohe Summen. Wir hatten den Streit im Gastronomiegewerbe. Die Leute verdienen unter 1.000 Euro brutto. Das möchte ich betonen. Das ist nichts im Verhältnis zu unseren Einkommen. Da wäre eine Anhebung zwingend. Das ist jetzt gemacht worden, allerdings mit erheblichen bürokratischen Hürden. Man kann den Leuten schlecht verkaufen, dass wir in dieser Krise zusammenhalten müssen, dass es bei ihnen aber zu teuer ist. Warum macht man ausgerechnet dort einen Schnitt, wenn wir sonst atemberaubende Zahlen ausgeben? Das musste ich jetzt loswerden. Vielleicht wird da auch noch einmal nachjustiert.
Zum Thema Industriepolitik und dem Stärken der Stärken. Es wurde darüber gesprochen, was die Leitinvestition ist. Neben dem ganzen Wissenschaftlichen und dem Digitalen soll eine Leitinvestition das Thema Wasserstoff sein. Das ist beileibe noch nicht ganz klar. Das ist in einer Entwicklung, ich habe allerdings den Eindruck, dass wir im Saarland in unserer Industrie weiter sind als beispielsweise Thyssenkrupp. Thyssenkrupp rührt aber viel stärker die Werbetrommel. Darüber muss man auch noch einmal nachdenken, denn dumm sind die ja auch nicht. Vielleicht muss das bei uns auch stärker getan werden, mit kleinen Projekten oder dem, was wir uns in Fenne angeschaut haben. Dort soll eine Zwischenstation aufgebaut werden. Wir sollten das etwas mehr an die Öffentlichkeit bringen.
Ansonsten gibt es, was die Beschäftigten betrifft, Ausbildungsschirme für die Azubis. Das kommt größtenteils über den Bund. Das ist sehr wichtig, weil unsere Zukunft ansonsten verloren geht. Die Sozialgarantie ist ausgesprochen worden. Die Beiträge zur Sozialversicherung werden stabilisiert und übernommen. Sie könnten nämlich explodieren. Das könnte ein schwerer Bumerang sein. Ich möchte auch unser Programm „Arbeit für das Saarland“ erwähnen in Ergänzung zu allen Bundesprogrammen. Dazu werden wir noch etwas im Doppelhaushalt hören. Wir müssen darüber sprechen, denn es wird stärkere Herausforderungen geben als jetzt.
Ich komme zum Ende meines kurzen Beitrages. Ich vergesse das nicht, weil ich nämlich gerne Karlsberg Urpils trinke. Es ist ein Zitat von Dr. Richard Weber: Mindestens 50 Prozent von Wirtschaft ist Psychologie. - Dann lasst uns nicht diejenigen, die schwarzsehen und sich Alu-Hüte aufsetzen, stärken, sondern diejenigen, die jetzt die Segel setzen und versuchen, aus dieser Nummer so gut wie möglich herauszukommen. Auf jeden Fall sind wir tatkräftig und schauen nach vorne. Wir werden nachjustieren müssen, aber das ist normal. Die Saarländerinnen und Saarländer wissen aber, auf diese Regierung und auf dieses Parlament können sie sich verlassen. Glück auf.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte, die durch diese Anträge - einer mit ganz heißer Nadel gestrickt, der andere in einer Form, bei der sich mir, wie so häufig, Ursache und Absicht nicht wirklich erschließen ausgelöst wird, verwundert mich etwas. Sie verwundert mich deshalb, da wir uns eigentlich in einer Phase befinden, in der es um den Zusammenhalt der Gesellschaft geht. Darüber haben wir den ganzen Morgen gesprochen, anlässlich eines Nachtragshaushalts und der Milliardeninvestitionen. Vorhin haben wir auch über die Ereignisse in Stuttgart diskutiert. Vor dem Hintergrund all dessen nun so etwas einfach auf den Tisch zu werfen, ohne jegliche Vorbereitung, das halte ich, gelinde gesagt, für völlig unangemessen.
Ich will zunächst einmal, mit Erlaubnis, Frau Präsidentin, aus einer Antwort, die auf eine Anfrage aus diesem Jahr von Dennis Lander ergangen ist, zitieren, weil die Materie zunächst einmal rein formaljuristisch schon kompliziert ist.
Ich zitiere: „Staatsleistungen sind von Artikel 138 Abs. 1 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 erfasst und (grundsätzlich unbefristet) garantiert worden. Gemäß Artikel 138 Abs. 1 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 werden ‚die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.‘ Die Bestimmungen der Artikel 136, 147, 138, 139 und 141 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind gemäß Artikel 140 Grundgesetz Bestandteil des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Ergänzend regelt Artikel 39 der Verfassung des Saarlandes, dass die auf Gesetz, Vertrag oder sonstigen Rechtstiteln beruhenden bisherigen Leistungen des Staates der politischen Gemeinden an die Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften sowie an ihre Anstalten, Stiftungen, Vermögensmassen und Vereinigungen erhalten bleiben.“
Ich mache einen kleinen Sprung und zitiere weiter: „Da der Bund die in Artikel 138 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 genannten Grundsätze nicht aufgestellt hat, ist ein Landesgesetz zur Ablösung der Staatsleistungen derzeit nicht möglich. Abgesehen von einem derzeit rechtlich nicht möglichen Landesgesetz zur Ablösung von Staatsleistungen können freiwillige Vereinbarungen mit den Kirchen getroffen werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass (…) hohe Kosten entstehen würden. In der Literatur werden hier Beträge zwischen dem 20und dem 40-fachen eines Jahresbetrages genannt.“
Das heißt im Klartext: Rein rechtlich gesehen hat dieses Parlament hier überhaupt keine Handhabe, um in dieser Richtung etwas zu unternehmen. Nun war die Idee mit einer Expertenkommission natürlich schon daran ausgestaltet, das zu umgehen, denn es gibt eigentlich keine Grundlage dafür, auf der man arbeiten kann.
Ich komme darauf zurück, was ich eingangs gesagt habe: Wir haben im Moment die Problematik, dass unserer Gesellschaft sich immer mehr in alle möglichen Gruppen, Richtungen und was weiß ich teilt. Genau an der Stelle braucht man natürlich auch von Kirchen in einem religiösen Pluralismus erzieherische und seelsorgerische Leistungen, weil das hilft, das eine oder andere im Rahmen zu halten oder im besten Sinne zu überwinden. Wenn man denjenigen - die gibt es überall, an jeder Ecke ‑, die schreien: „Beendet die Unterstützung der Kirchen, warum machen wir es nicht anders?“, zustimmt, leistet man einer Aufspaltung Vorschub. Das halten wir, erst recht so über‘s Knie gebrochen - das Warum ist gar nicht so nachvollziehbar -, für völlig verfehlt.
Wir haben hier im Landesparlament - es wurden eben Namen genannt - zu dem katholischen Büro, mit Frau Göbel, mit dem evangelischen Büro, zu dem geschätzten Kirchenrat Hofmann, auch zu anderen Religionsgemeinschaften sehr gute Drähte. Lasst uns doch mit denen darüber ein Gespräch beginnen, bevor wir anfangen, hier schon Beschlüsse zu fassen, die natürlich präjudizierend wären. Deshalb wird auch die SPD das ablehnen. Ich will persönlich noch etwas zum Schluss sagen, dazu habe ich mich eigentlich noch nie verhalten: Wenn bei uns im Plenarsaal ein Kreuz hängt, dann bin ich der Auffassung, das ist ein Kreuz der Nächstenliebe und nicht ein Kreuz, das andere ausschließen soll.
So verstehe ich dieses Kreuz. Ich kann nur meine Meinung dazu sagen, ich toleriere auch, wenn andere die vielleicht nicht haben. Aber jetzt etwas, was eine jahrzehntelange Tradition war, andersrum zu verändern, mit kruden Auslegungen, das wäre nach meiner persönlichen Lesart andersrum eine Diskri
minierung. Deshalb lasst uns diesen Weg so nicht weiter beschreiten. Wir haben mit unseren Glaubensrichtungen auch über die katholische und evangelische Kirche hinaus einen sehr guten Draht in alle Religionsgemeinschaften hinein. Wir haben schon gemeinsam demonstriert und, und, und. Das Ziel soll im Zeichen des Kreuzes die Nächstenliebe sein. - Vielen Dank!
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte nur ein paar wenige Anmerkungen aus meiner Sicht machen für unsere Fraktion oder auch für die Große Koalition. Ich bin der Auffassung, dass das, was im Land und auch im Bund gelaufen ist und auch noch laufen wird, eine Sternstunde der Politik ist. All die Verschwörungstheoretiker, die das, was gemacht wurde, kritisieren, blenden die Realität aus. Ich bin unserem Ministerpräsidenten Tobias Hans, seiner Stellvertreterin und dem ganzen Kabinett dankbar dafür, wie engagiert und wie demokratisch strukturiert in einer solchen Krise notwendige Maßnahmen getroffen werden. Das sucht seinesgleichen: Respekt, eine tiefe Verneigung!
Ich möchte zwei weitere Vorbemerkungen machen; in der Hauptsache komme ich später zum Thema Arbeitsmarkt. Erstens: Aus dieser politischen Bewertung heraus will ich einen alten Gewerkschaftsspruch zitieren, der gerade fröhliche Urständ` feiert: „Öffentliche Dienste - Wer nachdenkt, sagt Ja“. Wer noch nicht verstanden hat, dass es in dieser Krise ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Gemeinde-, Kreis-, Landes- oder Bundesebene zu einem Zusammenbruch gekommen wäre, der hat nicht verstanden, warum Deutschland Gott sei Dank besser aus der Krise kommt als andere Länder. Öffentliche Dienste - Wer nachdenkt, sagt Ja!
Ein Weiteres hat der Kollege Thielen meiner Meinung nach gerade sehr gut angesprochen: Der digitale Zug rollt! Man muss kucken, dass man drin sitzt, sonst hat man ihn verpasst. Cisco Webex, GoToMeeting, Teams, Skype, Zoom - es gibt noch viele andere. Ich habe das bis vor Kurzem wenig genutzt, das muss ich zugeben, aber mittlerweile ist man ja Experte durch Learning by Doing. Wir müssen allerdings aufpassen, dass diese Entwicklung nicht zu einer digitalen Spaltung führt. Daran müssen alle teilnehmen können, von den Schulen war schon die Rede. Das beginnt mit der banalen Frage, wie die
Ausstattung ist, die Hardware. Ihr wisst, dass über mein Tablet oft gefrotzelt wird, das Ding ist nicht mehr so ganz up to date. Man merkt in diesen Videokonferenzen, wie man hinterherhinkt; wenn man etwas sagen will, kommt der Ton erst 10 Sekunden später an. Ich kann es mir leisten, mir ein neues Gerät zu kaufen, aber andere können das nicht. Man muss aufpassen, dass die Standards entsprechen gesetzt werden. Deswegen bin ich der Auffassung, dass 150 Euro Zuschuss lobenswert sind, aber dass sie hinten und vorne nicht reichen. Das alles wird noch etwas teurer werden.
Zum Stichwort Arbeitsmarkt. Der Arbeitsmarkt ist bereits jetzt stark betroffen. Wir hatten im Corona-Ausschuss, den ich ausdrücklich loben will - das Parlament war über diesen Ausschuss immer da, es war nie weg ‑, ich glaube am 08. April schon einmal ausführlich über das Thema Arbeitsmarkt gesprochen. Frau Schulz, die Chefin unserer Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit hat es bei der Präsentation der Arbeitsmarktzahlen gesagt, und wir werden morgen im Ausschuss noch einmal darüber reden: Wir haben bereits jetzt einen Anstieg der registrierten Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr um rund 20 Prozent! Gleichzeitig gibt es einen Rückgang der Ausbildungsverträge um über 13 Prozent! Es gibt Kurzarbeitsmeldungen bei über 10.000 Betrieben alleine im Saarland, davon betroffen sind 133.000 Beschäftigte, mit steigender Tendenz. Wir stellen im Weiteren auch fest, dass die Unterbeschäftigung, das sind diejenigen, die durch Maßnahmen der Arbeitsagentur nicht in die völlige Arbeitslosigkeit fallen, wieder auf über 51.000 angestiegen ist.
Das alles sind Warnsignale, jetzt muss man die richtigen Maßnahmen ergreifen. Teilweise sind sie schon getroffen worden, ich erwähne das Kurzarbeitergeld. Das ist etwas, worum uns andere Länder beneiden. Ich bin froh, dass das angehoben wird. Ihr wisst, ich und meine Fraktion hätten uns gewünscht, dass das straffer geht, dass man das nicht noch bürokratisch schwierig macht und aufdröselt, ob jemand 50 Prozent kurzarbeitet oder nicht, und dass es eine Steigerung erst nach vier Monaten gibt. Das brauche ich wohl im Saarland niemandem zu erzählen, das sind Debatten, die man im Bund und im Bundestag führen muss. Ich bin auch persönlich der Auffassung, dass das noch mal nachjustiert werden wird. Aber auf jeden Fall ist es gut, dass es dieses Instrument gibt.
Wir haben natürlich auch die ganzen Unterstützungsprogramme, die heute schon ausführlich genannt worden sind. Es ist schon gesagt worden, es wurden 29.000 Anträge bearbeitet. Das verschlägt einem den Atem; ich kannte die Dimension bis zur Rede meiner geschätzten Freundin Anke Rehlinger auch nicht. Da muss mancher, der vielleicht aus seiner subjektiven Sicht sagt: „Aber ich habe nicht in
nerhalb von einer Woche Bescheid gekriegt“ einmal nachdenken. Wie gesagt, auch da gilt: „Wer nachdenkt, sagt Ja.“
Wir sind in Vorleistung getreten für Dinge, die jetzt allerdings nach vorne entwickelt werden müssen, Stichwort Qualifizierungschancengesetz. Dann soll ja noch das Arbeit‑von‑morgen-Gesetz kommen. Ich erspare es uns, das um diese Uhrzeit noch aufzudröseln, aber das sind die richtigen Wege, die man beschreiten muss. Im Kern steht dort, dass sich der Arbeitsmarkt und die Bedingungen fortlaufend und immer rasanter verändern werden. Dann braucht man immer mehr Weiterbildung. Das wissen wir alle, aber es wird einen anderen Grad und eine andere Geschwindigkeit erreichen, und deshalb brauchen wir ein Recht auf Weiterbildung. Das geht nicht einfach so, das muss man organisieren, das muss man fördern. Daran müssen alle teilnehmen können, sonst sind sie raus aus diesem Arbeitsmarkt. Das ist die andere Konsequenz, wenn es nicht ordentlich gemacht wird.
Wir dürfen das Thema „gute Arbeit“ nicht vergessen. Ich nenne nur als Stichwort die Fleischereibranche. Wer überrascht ist von dem, was man jetzt in den Medien hört, der hat vorher nie aufgepasst. Das Gleiche gilt für die Erntehelfer. Es war schon erstaunlich, als es um den Spargel ging, wie da jemand aus Niedersachsen in den Tagesthemen vor laufender Kamera ein Geständnis abgelegt hat, dass die Erntehelfer wirklich ausgebeutet werden, man muss es so nennen. Allerdings ist das alles nichts völlig Neues, und es ist im Übrigen nur die Spitze des Eisbergs! Es ist nicht so, dass das die Ausnahme ist, nein, es ist die Regel. Man würde sich wünschen, es wäre umgekehrt.
Es ist auch das Thema Homeoffice genannt worden. Homeoffice braucht auch Regeln, sonst wird es falsch eingesetzt! Ich will gar nicht von Missbrauch reden, weil teilweise die, die es nutzen, sich selbst missbrauchen. Es ist oft nicht richtig organisiert, nicht richtig gemacht, die Arbeitszeit ist völlig vogelfrei und so weiter. An diesen Punkten müssen wir weiter arbeiten.
Unter dem Strich muss man sagen, wir brauchen eine neue Solidarität. Das muss noch mal justiert werden. Da geht es um Finanzierungsfragen, die hat heute insbesondere Oskar Lafontaine, wie ich finde, richtig angesprochen, ich will das deshalb nicht wiederholen. Das ist so, solange man eine solche schädliche Ungleichheit hat, werden soziale Unterschiede größer. Soziale Unterschiede müssen aber kleiner werden, denn sie machen krank! Das merkt man nie deutlicher als in einer solchen Pandemie, denn diejenigen, die keine Wohnung oder nicht ausreichend Wohnraum haben, werden kränker, die stecken sich an. Es gibt eigentlich kein dramatischeres Bild, um das zu verdeutlichen.
Was wir jetzt unbedingt machen müssen - das ist mir das größte Anliegen -, ist, die Ausbildung zu sichern. Ich habe eben erwähnt, bis jetzt gibt es schon einen Rückgang der Ausbildungsplatzangebote um 13 Prozent mit steigender Tendenz. Wenn hier nicht massiv gegengesteuert wird, auch staatlich - nicht nur, aber auch -, dann verspielen wir die Zukunft. Wir müssen jetzt aufpassen, denn die jungen Menschen brauchen jetzt ihre Perspektiven, sie können nicht warten, bis wir irgendwann Impfstoffe oder sonst was haben. So lange können sie nicht warten, dann ist ihre Zukunft weg.
Ich will noch ein Letztes ansprechen, ich mache es ein bisschen ironisch: Mit ist sicherer als ohne!
Das ist, denke ich, eine Binsenweisheit. Ich meine hierbei - ihr wisst, nur der Gedanke macht das Wort zur Schweinerei - Mitbestimmung und tarifvertraglich gesicherte Sozialpartnerschaft. Es gibt Untersuchungen, dass insbesondere in Krisenzeiten mitbestimmte und tarifvertraglich abgesicherte Betriebsstrukturen überlebensfähiger sind als diejenigen, die das nicht sind, sie sind am Ende sogar noch wirtschaftlich stärker. Wer das will, kann von mir die entsprechenden Quellen bekommen. Deshalb wäre es wichtig, diese Geschichte beim beschleunigten Aufbruch in das digitale Zeitalter nicht zu vergessen.
Eine letzte Anmerkung zum Thema des Kollegen Hecker, den ich in seiner akribischen Arbeitsweise durchaus schätze. Wir kommen aber immer zu diametral entgegengesetzten Ergebnissen. Der StahlAntrag geht meiner Meinung nach kurz und knapp zusammengefasst aus folgendem Grund nicht: Was Sie fordern, würde ein völliges Herausfallen aus der gesamten Zeit bedeuten. Wir würden aus dem ganzen New Green Deal aussteigen. Das wäre die Abkopplung von diesem Zug, der gerade fährt.
Am Sonntag gab es in der Mediathek im Europa-Magazin einen interessanten Beitrag dazu. Dieses Magazin kommt sonntagmittags und ich verfolge es immer als einer der wenigen Zuschauer, die man quasi persönlich begrüßen könnte. Dort wurde das Thema H2O und Stahl behandelt. Leider war es verbunden mit Thyssenkrupp. Ich will aber, dass es mit Saarstahl und Dillinger verbunden wird und nicht nur mit Thyssenkrupp. Im Übrigen sind wir inhaltlich auch weiter als Thyssenkrupp. Jetzt zu sagen, wir müssten dort aussteigen, der Kohleausstieg sei rückwärts abzuwickeln, ist nicht von dieser Welt und hilft deshalb auch nicht unseren Industriearbeiterinnen und Industriearbeitern.
Wie heißt der schöne Satz? - Wenn Krisenzeiten sind, bauen die einen Wände und die anderen setzen die Segel. - Lasst uns die Segel setzen! - Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich etwas ausführen muss, weil sich Ihr Antrag, Herr Hecker, meiner Auffassung nach von manch anderen Anträgen Ihrer Fraktion wohltuend abhebt, auch wenn ich am Ende nicht zu Ihrem Ergebnis komme. Das wird Sie wahrscheinlich nicht wundern. Es ist aber zumindest etwas angesprochen, was der Erörterung wert ist.
Zunächst einmal ein herzliches Dankeschön im Nachhinein an alle Kolleginnen und Kollegen, die den „Walk of Steel“ unterstützt haben. Das war eine
Mordsanstrengung, um das Thema auch in Brüssel am Kochen zu halten. Dafür sind gute Stahlkocher, viele gute Frauen und Männer mitgegangen. Ich war von der Unterstützung des Ministerpräsidenten und von allen in diesem Hohen Hause begeistert. Vielen Dank für die klaren Worte, die dazu gesagt worden sind. Herzlichen Dank.
Zur Sache. Der Kollege Hecker wirft ein Problem auf, das tatsächlich eins ist. Wir haben das Problem der Transformation der Stahlindustrie, das Fragen aufwirft, die nicht so einfach zu beantworten sind. Zunächst einmal würde ich sagen, dass die Fragen, die Sie im Antrag aufgeworfen haben, von der Systematik her nicht passen. Stellen Sie eine parlamentarische Anfrage, dann bekommen Sie eine Antwort von der Landesregierung. Das kann man nicht in einer Diskussion machen. Das ist eine andere Form. Das soll jetzt aber nicht schulmeisterlich klingen.
Es geht darum, dass von Ihnen gesagt wird, dass wir einen Eingriff in den Industrieproduktionskreislauf politisch verordnen sollen und dass wir - ich übersetze es mal frei - ein ergebnisfreies Moratorium machen, Stopp sagen und dann überlegen sollen, was überhaupt richtig oder falsch ist, insbesondere wegen des enormen Energiebedarfs, der bei einem CO2-freien Produktionsprozess von Stahl entstehen würde. Habe ich das so richtig verstanden? - Herr Hecker, Sie nicken zustimmend.
Dann will ich dazu Folgendes sagen: Ich glaube, dass das derzeit nicht mehr geht. Ich fange zunächst einmal mit den Wettbewerbern hier in Deutschland und im Saarland an. Ich habe eine Presseerklärung von Voestalpine vom 07. November 2019 herausgesucht. Das Unternehmen will drei der fünf Hochöfen in Österreich ersetzen. Die CO2Emissionen können dadurch bis 2030 um ein Drittel gesenkt werden. - Ich zitiere mit Erlaubnis aus der Presseerklärung: „Die zwei kleineren Hochöfen in Linz und einen der beiden in Donawitz durch Elektroöfen zu ersetzen, sei dabei nur ein Zwischenschritt, denn die langfristige Vision heißt nicht Strom, sondern Wasserstoff.“ - Dann kommt noch ein Hinweis auf eine kleine Pilotanlage von Voestalpine. Das sind die Österreicher, die dort bereits gehandelt haben.
Selbstverständlich.
Abg. Hecker (AfD) mit einer Zwischenfrage:
Herr Kollege Roth, Sie haben Voestalpine angesprochen, die die Hochöfen stilllegen werden. Ist Ihnen bekannt, dass Voestalpine ein nagelneues Werk in den Vereinigten Staaten gebaut hat, wo Eisenschwamm mittels Erdgas produziert wird? Ist Ihnen außerdem bekannt, dass der Großteil der Roheisenproduktion bei Voestalpine künftig nicht mehr aus Österreich stammen wird, sondern aus den Vereinigten Staaten? - Das ist genau das Szenario, das ich Ihnen für das Saarland vorhergesagt habe.
Das ist mir bekannt, das ändert aber nichts an der Aussage, dass Voestalpine die CO2-Frage im Moment an drei Standorten in Österreich sehr ernst nimmt. Ich komme gleich noch zur Standortpolitik.
Ich will eine weitere Geschichte erwähnen, die sich in der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes am 19. November ereignet hat. Es waren einige von uns da. Die Kollegin Sarah Gillen hat zum Beispiel aktiv an der Podiumsdiskussion teilgenommen. Ich zitiere den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer, Herr Hanno Dornseifer, der in seiner Pressemitteilung vom 19. November Folgendes gesagt hat: „Wenn Deutschland die drohenden EUStrafzahlungen für eine Verfehlung der CO2-Reduktionsziele in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Teilen der Industrie, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft vermeiden will, muss jetzt gehandelt werden - und zwar zügig und sachgerecht. Die Wirtschaft sieht in einem CO2-Emissionshandel für fossile Kraft- und Brennstoffe die beste Lösung.“ - Er hat also nicht gesagt, dass wir es beenden müssen, sondern dass wir es richtig machen müssen. Damals ist darüber gestritten worden, was konkret richtig oder falsch ist. Auch anwesend war Prof. Dr. Joachim Weimann von der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg, der sogar in einem guten Emissionshandel die Lösung der Probleme sah.
Ich möchte eine dritte Geschichte zitieren, die ich für maßgeblich halte, und danach komme ich dazu, was uns das sagen soll. Ich zitiere aus einem Schreiben über Informationen zum Stand des Strategieprozesses von Dillinger, SHS und Saarstahl von dieser Woche: „Das Team CO2-Strategie“ - es gibt also ein Team CO2-Strategie - „arbeitet verschiedene Pfade für unsere Transformation in eine CO2-freie Zukunft weiter aus. Gleichzeitig diskutieren wir mit der Politik
unsere Ideen und die für die Umsetzung notwendigen Rahmenbedingungen. Wir haben in Berlin und Brüssel den Handlungsbedarf konkret benannt. Jetzt müssen Taten folgen. Dabei weisen wir überall daraufhin, dass sich an der Stahlindustrie die Glaubwürdigkeit des europäischen Green Deal entscheidet. Wir werden in Deutschland und Europa entweder Modellregion oder Klimaversager.“ - Das heißt im Klartext - und das wird den Kollegen Wegner freuen -, Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt. Sie sind längst auf dem Weg, die Technologieführerschaft zu halten. Wir haben die Technologieführerschaft und wollen sie halten.
Sie sagen zu Recht, dass dies in der Zeitschiene mehr als ambitioniert ist. Würde man die Stahlindustrie nicht bei den Plänen unterstützen, die sie mit unserer Mitbestimmung und unseren Kolleginnen und Kollegen entworfen haben, würden wir in kurzer Zeit gegen die Wand fahren. Sie fordern ein Moratorium. Sie fordern, dass man innehalten und alles politisch verordnen soll, während die Welt sich weiterdreht. Das wäre der sichere Tod der Stahlindustrie im Saarland, in Deutschland und in Europa.
Aber es kann auch Gewinn aus dieser Entwicklung gezogen werden. Ich weise darauf hin, dass die Entwicklung bei der Offshore-Windenergiegewinnung uns, der saarländischen Wirtschaft, ganz unmittelbar in die Karten spielt. Was viele nicht wissen: An der Wesermündung in Nordenham haben wir ein ganzes Werk errichtet, es heißt Steelwind Nordenham. Wenn die Offshore-Windnutzung ausgebaut wird, und danach sieht es derzeit aus, wird uns das nutzen. Bei allen technischen Problemen - ich weiß, da kennen Sie sich besser aus als ich, Herr Hecker - ist das doch ein Ansatz, mit dem wir letztlich eine Winwin-Situation erzeugen können. In Nordenham merkt man gerade, dass sich die Auftragsbücher zwar langsam, aber sicher zu füllen beginnen. Wir sagen: Das geschieht zu langsam, wir hätten es gerne schneller. Das ist aber nun einmal kein Wunschkonzert. Diese Investition scheint sich aber zu rechnen, das sage ich hier mit aller Vorsicht.
Wir müssen aber auch überlegen, ob wir über die Methangasproduktion als Zwischenschritt vorankommen können. Wir haben ja das Kraftwerk Fenne besucht, wo man das versucht. Das wird mittlerweile auch gefördert. Wir müssen prüfen, ob wir diese Entwicklung noch etwas unterfüttern können, damit wir die Zeit, bis die Wasserstofflösungen zur Verfügung stehen - das wird voraussichtlich länger dauern, das wird nicht kurzfristig in wenigen Jahren zu
machen sein -, überbrücken können. Wir können ja die Gase im Prozess umwandeln, rückgewinnen, was in höchstem Maße umweltfreundlich ist.
Für diese Lösungen sind unsere Leute bereits heute ständig unterwegs, beim Bund und in Brüssel, weil wir dafür Hilfen brauchen. Denn die Dimensionen dieses Technologiefortschritts weisen ja auch weit über das Saarland hinaus. Bekommen das unsere Mädels und Jungs in Dillingen, in Neunkirchen und in Völklingen hin, haben wir damit weltweit den Benchmark für die Stahlindustrie gesetzt. Ich will deshalb nicht verzagen, vielmehr sollten wir sie unterstützen. Wir sollten eben nicht sagen, macht mal langsam. Die marschieren jetzt nach Brüssel, die marschieren auch in der Forschung voran. Ich bitte Sie alle um Unterstützung für diese Anstrengungen, denn sie sind ganz sicher den Schweiß der Edlen wert. - Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Herr Müller! Es ist immer nicht so ganz einfach, auf Ihre Redebeiträge zu antworten.
Ich habe gerade mit meiner Kollegin Eder-Hippler darüber gesprochen, an was mich Ihre Rede erinnert. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, sie erinnert mich an Gespräche, die ich bisweilen in Gaststätten an der Theke höre. Wir sind allerdings hier im saarländischen Landtag. Da muss man nach meiner Auffassung zu dem Thema Industrie eigentlich anders sprechen und etwas mehr zur Sache gehen, als Sie
das getan haben. Das war schon beim letzten Mal so; da ging es mehr um Ausländer, das war ja hier nur ansatzweise zu hören. Hier ging es wieder um „links-grün“, ein anderes Adjektiv haben Sie vermieden.
Gehen Sie davon aus, dass bei dem ganzen Klimawandel, beim Wandel in der Industrie, die Meinungen in der Tat noch nicht auf einem links-grünen, schwarzen oder wie-auch-immer Nenner sind, sondern dass da gerade Mosaike zusammengefügt werden. Das ist noch längst nicht vollbracht.
Wir haben heute Morgen bei dem Tagesordnungspunkt „100 Jahre Saarland“ schon lange über unsere Industrie geredet, deswegen will ich nicht viel von dem wiederholen, sondern nur ein paar Gedanken einfließen lassen. Ich bin ein bekannter Handballer, weniger wegen meiner Fähigkeiten, sondern wegen meiner Funktionen; gestatten Sie mir, dass ich Ihr Bild des Fußballs nicht übernehme. Beim Handball wirft man normalerweise nie auf das eigene Tor. Das hat bei uns aber auch niemand getan. Ich sehe das ganz anders.
Wir haben Bestrebungen und Aktivitäten in unserer Regierungsspitze, wie sie andere Bundesländer nicht haben, gerade wenn es um das Thema Industrie geht. Ich war diese Woche auf dem Neujahrsempfang der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, dort hat unser Ministerpräsidenten gesprochen. Er hat eine glasklare Rede gehalten. Und so arbeitet der dann auch. Der redet ja da nicht nur in aller Öffentlichkeit, sondern er arbeitet dann auch so, gerade was den Automotive-Bereich betrifft. Die Rede hat mir, ehrlich gesagt, sehr gut gefallen. Und ich weiß, dass da noch etwas an Handlungen kommen wird. Den Kollegen hat es auch gefallen. Der Betriebsratsvorsitzende von Ford, Markus Thal, war da, der hat das in aller Öffentlichkeit ja bestätigt.
Wenn ich jetzt hier anfange, Anke Rehlinger zu loben, liebe Anke, dann hat das keinerlei Neuigkeitswert. Ich will nur auf einen Punkt hinweisen; das sei mir gestattet, ich spreche ja parteipolitisch hier auch für die SPD-Fraktion. Bei dem Thema Industrie ist sich die Große Koalition sehr, sehr einig. Das Thema ist eigentlich ein Kitt dieser Koalition, wir sind hier intensiv unterwegs. Wir haben das beispielsweise auf dem Bundesparteitag unserer Partei eingebracht, und zwar mit aller Verve. Was mich am meisten überrascht hat, war, dass diese Verve auch nötig war. Beim Thema finanzieller Ausgleich für den Steinkohleausstieg war es schwierig, uns wieder ins Spiel zu bringen, weil, um in Ihrem Bild zu bleiben, das Spiel schon fast abgepfiffen war. Aber bekanntlich werden ja die Tore - in dem Fall auf das richtige
Tor - oft in den allerletzten Minuten der Nachspielzeit geschossen. Es ist dank deines Einsatzes, liebe Anke, im Übrigen auch gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsminister, gelungen, dass wir noch mal ins Spiel gekommen sind. Das sind Dinge, die erwähne ich hier so kurz, da geht es aber um Beträge mit vielen Nullen, die wir ins Land holen.
Mir ist das Bild, das Sie zeichnen, zu schwarz, das ist pessimistisch. Man muss bei unserer Arbeiterschaft, die ich ja gut kenne, aufpassen, dass man denen nicht den Untergang predigt, weil man meint, man hätte einen Vorteil davon. Ich halte es für wichtiger, zu sagen, wie die Perspektiven sind. Wir haben dieses Thema in Berlin gesetzt, aber auch in Brüssel und in Straßburg, dort geht es ja weiter. Herr Müller, Sie haben die Demonstrationen der Industriegewerkschaft Metall sinngemäß als Folklore bezeichnet, das hat mich gestört. Die IG Metall wird demnächst den „Walk of Steel“ nach Brüssel machen, das wird bundesweit bekannt werden. Ich kann nur alle, die da helfen wollen, zum wiederholten Male darum bitten, das zu unterstützen. Aber zu sagen: „Ihr müsst endlich tätig werden, damit überhaupt etwas passiert“, ist eine völlige Verzerrung der Realität!
Ich möchte ein paar Beispiele nennen für Dinge, die konkret gelungen sind. Diese Liste ist nicht abschließend, ich habe eben nur kurz aufgeschrieben, was mir eingefallen ist. Da ist die Firma CQLT SaarGummi, die wird häufig schon wieder vergessen, in Wadern-Büschfeld. Sie ist von Chinesen übernommen worden. Ich kann Ihnen sagen, ich hatte als Gewerkschafter anfangs auch Bedenken, wie das werden wird, wenn „die Chinesen kommen“, aber sie haben sich vorbildlich dort eingebracht. Bis hin zur Mitbestimmung werden alle Vorschriften beachtet, und sogar besser als bei so mancher nordeuropäischen oder amerikanischen Unternehmensleitung. Es ist interessant, wie die Kultur dort ist. Es ist noch nicht das Ende aller Tage, aber bisher kann sich dort niemand beschweren.
Es gibt die Beckinger Schraubenfabrik Nedschroef, da läuft der Betrieb weiter. Wir haben die kleine, aber feine Firma in Ensdorf, Stahlbau Brück.
Ensheim, Entschuldigung, danke. - Noch im Fluss ist das schwierige Thema Gusswerke Saarbrücken, darüber haben wir ja häufig schon sehr kritisch diskutiert. Aber ich kann Ihnen versichern, nach meiner und unserer Überzeugung ist es so, wenn dort die Regierung und allen voran die Regierungsspitze nicht so engagiert zu Werke gehen würde, mit allen Schwierigkeiten, die es dort gibt - wir haben es hier
mit den OEMs zu tun und mit General Motors, da stimmen die normalen Weltbilder vielleicht nicht mehr, oder doch, je nachdem, wie man den Kapitalismus sieht, lieber Jochen Flackus -, wäre diese Firma inzwischen vielleicht schon Geschichte.
Ich darf zuletzt Automotive und Stahl erwähnen. Über Stahl, das ist eigentlich mein Leib- und Magen‑Thema, will ich nur sagen: Wir sind auf Basis gemeinsamer Konzeptionen in die Zukunft unterwegs. Wir brauchen die entsprechende Unterstützung, das läuft gerade. Das läuft auch auf Bundesebene, auch über unsere Regierungsspitze, auch über die Parteien. Ich höre, dass sogar die Opposition von links mit dabei ist, dass die im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch Gespräche führt. Wir im Saarland wissen halt, wie so eine Industrie geht, und deshalb erzählen wir das unseren Leuten. Machen Sie das, wenn Sie können, auf Ihrer Schiene auch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die bei der AfD im Bund völlig anders ticken als alle anderen aus dem Bundesgebiet, die wir kennen.
Das Thema Automotive hat bei Ihnen einen breiten Raum eingenommen. Ich könnte jetzt eigentlich das wiederholen, was der Ministerpräsident am Montag bei der CDA gesagt hat. Wir waren auf diesem Gebiet noch nie einäugig unterwegs, wir haben noch nie gesagt, das Heil liegt allein in der Elektromobilität! Auf der anderen Seite kann man sich allerdings auch nicht völlig gegen die Elektromobilität stellen, das geht nicht. Es wird eine Kooperation, ein Miteinander geben. Das beste Beispiel war die Zuliefererkonferenz des Wirtschaftsministeriums im vergangenen Oktober. Dort hat ein leitender Angestellter, der relativ hoch in der Bosch-Hierarchie steht, erklärt, dass die Diesel-Kraftstoffe zusammen mit - wie heißt es noch mal? -
mit AdBlue die umweltfreundlichsten Kraftstoffe sind, die es gibt. Dann kam der Verband der Automobilwirtschaft VDA, dessen Vertreter hat dort einen Eiertanz gemacht, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Er hat sich nicht so deutlich in die Aussage, die vorher gemacht worden war, eingeklinkt. Wir haben im Saarland ZF Getriebe, die bauen ein sehr gutes Hybridgetriebe und entwickeln das immer weiter. Natürlich sind das alles Technologien der Zukunft, die wir auch politisch unterstützen. Die Firmen müssen es machen, aber wir unterstützen es natürlich politisch. Ich zeige diese Beispiele nur auf, weil es hier so dargestellt wird, als müssten wir erst mal in die Puschen kommen. Das ist mitnichten der Fall!
Es gibt einige Ansiedlungen. Es gibt Arbeitsplatzverluste und Neuansiedlungen, das ist immer ein Ge
ben und Nehmen, das war nie anders und wird nie anders sein. Nobilia ist schon oft genannt worden, ich nenne CISPA Helmholtz und die Außenstelle des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, ich nenne weitere Ausgründungen aus der Universität des Saarlandes. Das sind oft kleinere Startups, über die vieles geht. Und ich nenne die permanenten Gründungs- und Ansiedlungsaktivitäten, über die wir, liebe Sarah Gillen, im Wirtschaftsausschuss schon häufiger diskutiert haben, um dort Anstöße zu geben und zu zeigen: Unser Parlament schaut hin!
Die Energiewende ist eine Perspektive. Sie ist begonnen. Man kann hier aber keine Echternacher Springprozession machen, drei Schritte vor und zwei zurück. Das geht nicht! Wenn man damit anfängt, muss man das durchziehen. Das verlangt aber auch eine sehr große Offenheit im globalen Handel. Da kann man nicht irgendwelche Grenzen einziehen wollen, das geht überhaupt nicht. Nehmen wir das Thema Stahlproduktion mit Wasserstoff und Gas als Übergangslösung; das sind ja so ungefähr die Schritte, die geplant sind. Bei dieser Geschichte werden wir wahrscheinlich mit Nordeuropa stark kooperieren müssen, vielleicht auch mit Russland, Stichwort Nord Stream 2. Das ist politisch heikel, aber es wird wahrscheinlich in diese Richtung gehen. Wir müssen für die Schwerindustrie das entwickeln, wovon letztlich das ganze Bundesgebiet profitieren wird. Unsere Stahlfirmen hier an der Saar sind dazu bereit und in der Lage. Man kann aber nicht sagen: „Das müsst ihr ganz alleine machen“; es wäre utopisch, dass wir hier vom Saarland aus die Welt retten. Auf jeden Fall sind die schon unterwegs, die haben schon begonnen. Da braucht man nicht zu sagen, sie sollen endlich anfangen; die haben schon begonnen, der Film läuft.
Ich möchte noch etwas ansprechen, lieber Bernd Wegner, nämlich das Thema Handwerk. Das Handwerk wird an Strukturgewicht gewinnen. Dort haben wir ein anderes Problem, nämlich die Fachkräftesicherung. Dafür gibt es Ideen. Hier sitzt der Präsident der Handwerkskammer. Ich will mich hier nicht als Experte darstellen, aber durch unsere vielen Gespräche weiß ich ein bisschen was. Auch da gibt es viele Ideen und da müssen wir im kleinen Saarland weitermachen. Wenn die neue Akademie kommt, ist das wieder Aufwind für eine Zukunftsbranche der Wirtschaft. Das Handwerk wird auf der einen Seite digitaler werden und auf der anderen Seite handwerklicher. Wir sind dafür schon gut aufgestellt, wir fangen nicht erst an.
Wichtig sind am Ende das Image und die Standortqualität. Darüber ist heute Morgen schon mehrfach diskutiert worden, es geht um die Verkehrsinfrastruk
tur. Eben ist diese Differenz aufgetaucht, Frau Schramm, was an Verkehrsentwicklungsplan vorgestellt worden ist und was nicht. Jeder hatte natürlich recht. Es sind die Grundstrukturen des Verkehrsentwicklungsplans vorgestellt worden, aber noch nicht der fertige Plan. Was aber das Spannende dabei ist, ist, dass es dabei um eine Summe von 340 Millionen Euro geht, liebe Anke Rehlinger. Man muss sich einmal vorstellen, was das für die Haushaltsberatungen in diesem Hause hieße, wenn man das in der Kalkulation optimal machen würde. Aber dass es keine Pläne gebe, ist falsch.
Herr Müller, wir müssen bei aller Kritik an der Regierung, die dazugehört, die normal ist, aufpassen, dass wir den Standort nicht schlechtreden. Das dürfen wir gerade in dieser Umbruchssituation jetzt auf keinen Fall. Wir brauchen Sicherheit für ausländische Fachkräfte! Ausländische Spitzenkräfte kommen nicht hierher, wenn sie Angst haben müssen, dass sie, wenn sie abends aus dem Büro zu ihrem Auto gehen, zusammengeschlagen werden. Deswegen müssen wir aufpassen, wie wir über dieses Thema reden!
Wir brauchen auch Lösungen für die Kommunen, eine Altschuldenregelung, das ist hier auch schon mehrfach gesagt worden. Dieser Film läuft gerade. Ich hoffe, dass die Große Koalition, die von CDU und SPD getragen wird, das in dieser Periode noch hinkriegt. Ich sehe es genauso wie Ulrich Commerçon: Wenn wir es in dieser Legislaturperiode nicht hinkriegen, klappt es nicht mehr. - Wir müssen auch Schulen und Universitäten stärken. Das ist ein Allgemeinplatz, aber das stimmt. Wir müssen insbesondere die unternehmensnahe Forschung fördern. Da ist noch etwas Luft nach oben, zum Beispiel im Stahlbereich, Jochen Flackus. Unsere alte Idee, ein „Forschungsinstitut Stahl“ zu gründen, ist nicht schlecht. Es gibt noch weitere Ideen.
Am Ende des Tages, Herr Müller, sage ich zu unseren Aktivitäten, die hier im Saarland entwickelt wurden und auch weiter entwickelt werden: Wir haben viel erreicht und noch viel vor. Wir werden das weitermachen. Wir werden keine Eigentore schießen, sondern wir sind dabei, das Land zukunftsfähig zu machen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir konnten uns vor offiziellem Beginn schon einmal informell austauschen. Der Antrag zielt, Herr Lafontaine, lieber Oskar, in die richtige Richtung. Wir sind allerdings der Auffassung, dass es das falsche Instrument ist. Ich möchte zunächst mal sagen, warum er nach unserer Auffassung in die richtige Richtung zielt. Wir sind in der Situation, in der leider das, was das Betriebsverfassungsgesetz regelt, häufig behindert wird. Das nimmt dieser Antrag auf. Wir hatten vor Kurzem eine erste Mitbestimmungsmesse und dort hat sich ein aktueller Fall gemeldet. Er ist öffentlich und deswegen kann ich darüber berichten: Helvetia Packaging. Der Betriebsrat ist von uns mit einem Preis ausgezeichnet worden, weil die dortige Handhabung nicht akzeptabel ist. Der Fall erscheint mir - ich muss jetzt vorsichtig sein, ich bin kein Jurist - relativ klar. Es wird dort allerdings auch zu einer juristischen Klärung kommen. Wir haben auch in anderen Bereichen die Situation gehabt, dass Betriebsräte massiv behindert worden sind. Eine Schwierigkeit hat schon immer darin bestanden, lieber Hans Peter, zu definieren, wann es formal eine
Behinderung und wann es normales Geschäft im Widerstreit von Unternehmensleitungen und gewählten Betriebsräten ist. Das ist nicht so ganz einfach. Das ist selbst in Betrieben, in denen die Montanmitbestimmung gilt, nicht immer ganz einfach - um mal den härtesten Grad der Mitbestimmung der Welt heranzuziehen. Es geht dort in die Unternehmensmitbestimmung rein. Da ist Alpha und Omega nicht ganz einfach zu definieren, was ein Problem darstellt, das sich letztendlich auch wieder in Ihrem Entwurf niederschlägt.
Die Frage, die sich für uns gestellt hat, ist: Ist das Vergaberecht für so etwas überhaupt das taugliche Instrument? - Wir meinen, dass es das nicht ist. Ich sage deshalb ganz deutlich, dass wir die Botschaft, die DIE LINKE hier sendet, richtig finden. Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Ob man aber damit der Lösung einen Schritt näher kommt, bezweifeln wir. Deswegen haben wir damit inhaltlich ein Problem.
Um das Thema der Behinderung der Betriebsräte noch einmal abzurunden, möchte ich das Folgende sagen: Das gibt es nicht nur im Handel oder in anderen prekären Branchen, das gibt es auch sehr häufig in sogenannten innovativen zukunftsorientierten Branchen. Allerdings ist die Beweisführung meistens sehr schwierig, das ist eine weitere Krux. Ich kenne Fälle, in denen Leute mir gesagt haben, dass sie, weil sie einen Betriebsrat gründen wollten, am Ende des Tages entlassen wurden. Ich sage das so anonymisiert, ich nenne keine Namen, weil ich es nicht beweisen kann. Aber bei solchen Vorgängen fällt einem wirklich „der Kopf in Scheiben ab“! Das sind Unternehmer, die sich an anderer Stelle als Innovator feiern lassen. Dabei will ich es einmal belassen, wenn gewünscht beim Bier mehr; ich feiere ja heute ein Lebensjubiläum. Ein entscheidender Punkt ist also, wie so etwas bewiesen werden kann. Wie macht man das?
Es gibt bereits Lösungen im Betriebsverfassungsgesetz, auch das ein Punkt, weshalb wir mit dem von Ihnen beschrittenen Weg so unsere Schwierigkeiten haben. Im Betriebsverfassungsgesetz gibt es massive Schutzbestimmungen. Sie sind wesentlich massiver als das, was hier nun heute von Ihnen vorgeschlagen wird. Ich darf einmal § 119 BetrVG zitieren: Überschrift „Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder“. Es folgt: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer (…) eine Wahl des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats oder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder 5 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder
Versprechen von Vorteilen beeinflusst (…).“ Ich könnte das weiter zitieren, das wäre aber zu umfangreich. Ein Problem ergibt sich allerdings aus Absatz 2: „Die Tat wird nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, einer der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt.“ Die Hinweise auf den Seebetriebsrat und Anderes zeigen, dass es sich um ein Bundesgesetz handelt. Darin liegt die nächste Schwierigkeit.
Wir haben also zwei Schwierigkeiten: Die Straforgane sind auf solche innerbetrieblichen Auseinandersetzungen nicht eingestellt. Deswegen gibt es kaum Verfahren auf dieser Basis. Wir haben also zwar eigentlich eine sehr starke gesetzliche Regelung, sie findet aber in der Lebenspraxis so keine Anwendung. Man mag sich fragen, warum das so ist. Auch der Fall Helvetia Packaging wird sich noch in diesem Monat vor einem Arbeitsgericht abspielen. Das ist natürlich eine ganz andere Herangehensweise, eine ganz andere Materie, die da verhandelt wird. Man geht aber nicht mit dem Strafrecht ran. Die Kollegen haben sich, warum auch immer, nicht getraut, mit dem schärfsten Schwert, das es bereits gibt, anzutreten. Das will ich gar nicht als Vorwurf verstanden wissen, denn so etwas hat meistens durchaus Gründe in innerbetrieblichen Zusammenhängen.
Unterm Strich heißt das: Würden wir Ihrem Antrag zustimmen, ergäbe sich zum einen absehbar das Problem einer Überschneidung mit der Rechtsmaterie des Betriebsverfassungsgesetzes, eines Bundesgesetzes. Darin liegt auch - und damit komme ich zum Vergaberecht - ein Problem: Vergaberecht ist Landesrecht. Es ist schon jetzt relativ kompliziert. Klar, ans Vergaberecht kommen wir, wie wir hier sitzen, ran - und darin liegt wohl auch die Intention der LINKEN.
Wir müssen aber auch sehen, wie die verschiedenen Dinge aus Sicht der Unternehmen handhabbar sind. Diese Seite sehe ich sehr wohl. Diesbezüglich liefert das Betriebsverfassungsrecht nicht die primäre Fragestellung, denn dieses Gesetz gilt als Bundesgesetz für sie. Aber nun im Landesgesetz dazu noch eine konkurrierende Säule aufzubauen, das wäre zumindest kritisch. Ich halte das sogar für rechtswidrig und würde vermuten, dass sofort jemand diese konkurrierende Säule zusammenklagen würde, unter anderem unter Verweis auf das Betriebsverfassungsgesetz.
Noch ein anderer Gesichtspunkt: Wenn man so etwas macht - „wenn“ meine ich hypothetisch -, würde
das zunächst einmal nur den Bereich in einer Firma treffen, der mit öffentlichen Aufträgen befasst ist, nicht aber die ganze Firma. Nun gibt es in Firmen Leute, die an öffentlichen Aufträgen arbeiten, und es gibt Leute, die nicht an öffentlichen Aufträgen arbeiten. Aber auch der Bereich, der nicht an öffentlichen Aufträgen arbeitet, würde automatisch mitsanktioniert. Das liegt in der Natur der Sache.
Und es gibt noch einen Punkt, der das Vorhaben schwierig macht. Es tut mir leid, dass ich das jetzt so ein bisschen sezieren muss, weil die Stoßrichtung durchaus richtig ist; wir glauben aber nicht an das Instrument. Der weitere Punkt: Unser Ministerium ist ja kein Ersatzgericht. Würde so etwas realisiert, bräuchten wir entsprechendes Behördenpersonal, das das umsetzt. Das sei erwähnt, einmal abgesehen von der Frage, ob so etwas nicht doch eher in den Bereich der Justiz gehört und nicht zum Wirtschaftsministerium. Zudem wäre die Frage zu stellen, wie diese Leute zu schulen sind, und so weiter. Wir würden damit ein ganz neues Fass aufmachen, weshalb das im Betriebsverfassungsgesetz ja auch anders geregelt wurde.
Zum nächsten Aspekt: Wo ist Beginn und wo ist Ende der Geschichte? Wir haben heute Morgen sehr emotional über die Gusswerke diskutiert. Natürlich sind bei den Gusswerken auch Betriebsräte behindert worden. Hätte das nun aber zur Folge gehabt, dass die Gusswerke keine öffentliche Förderung hätten bekommen können - herzlichen Glückwunsch! Damit hätten wir das Problem vergrößert, statt es zu verringern. Wenn man in diese Materie also vertieft einsteigt, ist sie alles andere als profan.
Es gab ja auch den Hinweis: „Ja, Sie haben doch angekündigt, etwas machen zu wollen.“ Das sollte über die Schiene des - das hat ja heute als Arbeitstitel immer etwas modische Namen, festgelegt ist noch nichts, aber es ist etwas in Arbeit, ich schaue dabei auch auf den Kollegen Wegner - Fairer-LohnGesetzes laufen. Die Kollegin Wirtschaftsministerin hat das hier seinerzeit in der Debatte ja angesprochen. Dieses Gesetz wird aber einen ganz anderen Ansatz haben. Wir orientieren uns dabei am Koalitionsvertrag. Im Koalitionsvertrag haben wir - übrigens nach einer heftigen Debatte, weil auch das nicht simpel ist, und da habe ich auch viel Verständnis für das Hin und Her - vereinbart, dass wir uns künftig bei der Vergabe öffentlicher Aufträge an repräsentativen Tarifverträgen orientieren wollen. Das ist schon rein juristisch betrachtet anspruchsvoll, daher hat das länger gedauert. Hinzugekommen sind noch individuelle Probleme, die ich hier nun nicht ausbreiten möchte. Tatsächlich hat das nun etwas