Protocol of the Session on December 16, 2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne unsere heutige Plenarsitzung und darf Sie dazu alle recht herzlich willkommen heißen. Im Einvernehmen mit dem Erweiterten Präsidium habe ich den Landtag zu seiner heutigen Sitzung um 09.00 Uhr in die Saarlandhalle einberufen. Es ist insgesamt die 47. Plenartagung der laufenden Legislaturperiode, gleichzeitig ist es eine Sondersitzung des saarländischen Landtags vor dem Hintergrund der Corona-Krise.

Die Entscheidung, die heutige Sitzung einzuberufen, erfolgte vor dem Hintergrund des Berichts, den Herr Ministerpräsident Tobias Hans in einer Sondersitzung des Erweiterten Präsidiums am vergangenen Sonntag abgegeben hat. Er hat das Präsidium des saarländischen Landtags unmittelbar im Vorfeld der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin über die aktuelle Lage informiert. Es wurde einvernehmlich von allen Fraktionen der Wunsch geäußert, dass wir zu einer Sondersitzung des saarländischen Landtags zusammentreten, um die aktuelle Lage der Krisenbekämpfung erörtern zu können, wenn die Verordnung der Landesregierung neu konzipiert ist.

Zwischenzeitlich hat Herr Ministerpräsident Tobias Hans mit Schreiben vom gestrigen Tag mitgeteilt, dass er beabsichtige, eine Regierungserklärung in der heutigen Sondersitzung des Landtags abzugeben. Es ist die Regierungserklärung mit dem Thema „Corona: Nur mit Konsequenz, Entschlossenheit und Zusammenhalt gewinnen wir den Kampf“.

Außerdem haben die Landtagsfraktionen DIE LINKE und die AfD Anträge für die heutige Sitzung eingebracht. Die Landtagsfraktion DIE LINKE hat einen Antrag zum Thema „Menschen in Alten- und Pflegeheimen besser schützen“ eingebracht, das ist Drucksache 16/1537. Die AfD-Landtagsfraktion hat einen Antrag zum Thema „Einrichtung einer Kommission zur Erarbeitung einer saarländischen Langzeitstrategie zur Bekämpfung von COVID-19“ eingereicht, Drucksache 16/1536. Ich schlage vor, dass wir beide Anträge in die Tagesordnung aufnehmen und im Rahmen der Aussprache zur Regierungserklärung mit beraten. Wer dafür ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass beide Anträge in die Tagesordnung aufgenommen sind.

Ich erteile nun Herrn Ministerpräsidenten Tobias Hans das Wort zur Abgabe der Regierungserklärung. Das Thema lautet:

„Corona: Nur mit Konsequenz, Entschlossenheit und Zusammenhalt gewinnen wir den Kampf“

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Die Entwicklung der Corona-Fallzahlen hat sich in einem Maße verschärft, wie wir es vor wenigen Wochen nicht erwartet hatten. Wir waren der festen Überzeugung, dass die zunehmende und zu beobachtende Achtsamkeit der breiten Bevölkerung in Verbindung mit unserem Teil-Lockdown das Infektionsgeschehen unter Kontrolle bringen wird. Bis vor zwei Wochen hatte es auch noch den Anschein, dass die Entwicklung zumindest stagniert. Die letzten Tage haben aber gezeigt, alle Anstrengungen haben nicht gereicht, die Lage hat sich leider deutlich verschärft.

Bei meiner letzten Regierungserklärung vor gut zwei Wochen lag die 7-Tage-Inzidenz im Saarland noch bei 120. Heute liegt sie bei über 190. In keinem der Landkreise lag sie über 150, in dreien sogar unter 100. Heute haben fünf Landkreise eine 7-Tage-Inzidenz von mehr als 150. Zwei haben sogar mehr als 200. Die Zahl der in Zusammenhang mit COVID-19 Verstorbenen hat sich von 288 am 01. Dezember auf 354 14 Tage später erhöht. Vorgestern hatten wir an einem Tag sogar 18 Tote zu verzeichnen. Wir haben heute die Zahlen bekommen: deutschlandweit 952 Menschen, die an COVID verstorben sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann und darf uns nicht kalt lassen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir sind kurz davor, dass die Zahl der täglichen Neuinfektionen wieder in eine exponentielle Kurve übergeht, also das Wachstum ganz massiv steigt, und dies trifft nicht nur auf das Saarland zu. Das ist die Entwicklung in ganz Deutschland. Das muss uns tief besorgt machen. Das muss uns alarmieren. Dies umso mehr, als nun auch unsere Krankenhäuser die Grenzen ihrer Belastbarkeit erreicht haben. Wir hören bereits von Einrichtungen, die keine Patienten mehr aufnehmen, von Intensivbetten, die für COVID-19-Patienten vorgehalten werden, von aufgeschobenen Operationen und von Ärztinnen und Ärzten, von Krankenschwestern und -pflegern, die schon heute weit über ihre Leistungs- und Belastungsgrenzen gehen. Dies ist die Stelle, wo wir an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen, nicht beim einzelnen Bett. Es ist nicht die Zahl der Intensivplätze, es ist das Personal, das diese Intensivplätze betreut. Hier gibt es bereits zum jetzigen Zeitpunkt erhebliche Engpässe.

Die Grenze des Zumutbaren, des Machbaren ist bei vielen Pflegekräften bereits überschritten. Ich danke an dieser Stelle allen Pflegerinnen und Pflegern ganz herzlich. Allein ihnen zuliebe müssen wir nun harte Maßnahmen zur Pandemieeindämmung vornehmen, meine Damen und Herren. Ich glaube, das

haben diejenigen, die an den Betten stehen und um das Leben der Menschen kämpfen, verdient.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Warum haben wir noch vor zwei Wochen nicht mit dieser Entwicklung gerechnet? Von Anfang bis Ende November hatten wir - nachdem sie im Oktober rasant in die Höhe geschossen sind - eindeutig sinkende Fallzahlen. Die 7-Tage-Inzidenz ist von 171,5 am 01. November auf 123,8 am 30. November gesunken. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der aktiv Infizierten von 2.251 auf 2.075 gesunken. Wir haben also gesehen, dass der November-Lockdown tatsächlich gewirkt hat. Es hat sich gezeigt, die Schließungen der Gastronomie und weiterer Freizeiteinrichtungen haben zur Verringerung der Infektionen beigetragen. All dies hat zur spürbaren Minimierung von Kontakten geführt - das war das Ziel. Damit wurde das Pandemiegeschehen im November erheblich gebremst, sogar reduziert. Nicht auszudenken, wo wir heute stünden, hätten wir diese Maßnahmen nicht ergriffen.

Bei der Suche nach den Ursachen für die neuerliche Wendung im Dezember gibt es selbst in der Wissenschaft verschiedene Meinungen. Einig ist sich der überwiegende Teil der Wissenschaftler*innen hingegen, dass jetzt dringender Handlungsbedarf besteht. Wenn wir verhindern wollen, dass zu viele Menschen sterben, wenn wir verhindern wollen, dass unsere Ärztinnen und Ärzte sowie unsere Pflegekräfte vor der Entscheidung stehen, wen sie noch behandeln können, müssen wir jetzt handeln, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen stelle ich Ihnen heute diese Verordnung vor.

Wir müssen die Regeln weiter verschärfen. Wir müssen jetzt auf die Bremse treten. Das sagen uns nicht nur die Daten und Fakten, die ich genannt habe, das sagt uns etwa auch ein Blick auf den COVID-19-Simulator, den Wissenschaftler der Saar-Uni entwickelt haben und der uns eine dramatische Entwicklung in den kommenden Tagen und Wochen prognostiziert. Dazu mahnt uns auch die Wissenschaft im Allgemeinen. Lesen Sie die Handlungsempfehlungen der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Ins gleiche Horn stößt unsere Expertenkommission, bestehend aus Wissenschaftler*innen aus dem Saarland, von der ich mich fast täglich auf den neuesten Stand bringen lasse. Unisono beschwört man uns: Reduziert die Kontakte! Reduziert sie um mindestens 75 Prozent! Nur so wird die Zahl der Neuinfektionen wieder absinken, absinken in nachverfolgbare Größenordnungen von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche. Auf diese nachvollziehbare Größe müssen wir kommen. Das ist das Ziel.

Wir müssen jetzt unser Gesundheitssystem massiv schützen, das nun zum ersten Mal während dieser

Pandemie ernsthaft kurz vor der Überlastung steht das muss man ganz offen sagen. Es geht jetzt um den Schutz der Menschen in unserem Land. Ich gehe davon aus, dass nun auch diejenigen verstehen, die die ganze Zeit unsere einseitige Fixierung auf die Zahl der Neuinfektion kritisierten, dass gehandelt werden muss. Sie haben gesagt, wir sollten uns an den Belegungszahlen in den Intensivstationen orientieren. Für uns war schon immer klar: Steigen die Fallzahlen, wird es irgendwann auch auf unseren Intensivstationen eng. Dann steigen mit zeitlicher Verzögerung auch die Todeszahlen. Man kann die Entwicklung bei den Infektionen, bei den intensiv Behandelten und bei den Sterbefällen nicht getrennt voneinander betrachten. Das eine folgt aus dem anderen. Deswegen muss es unser vorrangiges Ziel sein, die Zahl der Neuinfektionen wieder zu reduzieren. Wir müssen eine 7-Tage-Inzidenz von 50 und weniger anstreben. Erst dann können die Gesundheitsämter die Kontakte nachverfolgen. Erst dann haben wir die Pandemie unter Kontrolle. Erst dann sind wir einigermaßen auf der sicheren Seite, sodass wir die Einschränkungen auch wieder lockern können.

In den vergangenen Tagen mehren sich auch die Stimmen dazu, dass der harte Lockdown sehr viel früher hätte kommen müssen. Diesen Stimmen entgegne ich: So einfach ist es nun einmal zum Glück nicht in einem Rechtsstaat. Im Unterschied zu autoritären Staaten dürfen und wollen wir nicht präventiv Grundrechte einschränken. In einem demokratischen Rechtsstaat gilt: Solche Einschränkungen müssen zeitlich befristet sein. Sie müssen auf Basis der gegebenen und nicht der möglicherweise zu erwartenden Faktenlage erfolgen und sie müssen verhältnismäßig sein. Das heißt, es muss immer die mildeste Form des Eingriffs gewählt werden. Erweist es sich, dass die auf dieser Grundlage verfügten Einschränkungen erfolgreich sind, kann man sie nicht einfach verschärfen, wenn man glaubt, dass es irgendetwas bringt. Die Verschärfung ist erst dann geboten, wenn sie die erhoffte Wirkung nicht erzielen, wenn also eine Situation eintritt, wie wir sie nun im Dezember vorfinden, meine Damen und Herren. Auf Basis dieser Fakten verschärfen wir jetzt.

Weiterhin möchte ich etwas zu den Vorkehrungen für die Alten- und Pflegeheime anführen. Wir haben lange vor dem aktuellen Lockdown umfassende Vorkehrungen zum Schutz der Menschen in diesen Einrichtungen getroffen. Bereits im April dieses Jahres haben wir unseren „Protection-Plan“ vorgelegt mit Hygiene- und Kontaktbestimmungen, mit Testungen und Maßgaben zum Verhalten bei COVID-19-Infektionen oder entsprechenden Verdachtsfällen. Der besondere Schutz von Angehörigen der sogenannten vulnerablen Gruppen stand von Beginn an und steht immer noch im Zentrum unserer Bemühungen. Aus diesem Grund werden wir nun auch in den Alten- und Pflegeheimen zügig und prioritär die verfüg

baren Schnelltests einsetzen. Ab einer Inzidenzrate von 150 werden fortan zweimal wöchentlich umfassende Testungen vorgenommen, um die Betroffenen bestmöglich vor Infektionen zu schützen.

Ich möchte aber auch eines betonen. Dazu habe ich mich sowohl mit den Fachleuten vom Gesundheitsministerium, dem Haus von Monika Bachmann, als auch mit meinem Expertenkreis ausgetauscht. Das Hochfahren der Tests ist eine Möglichkeit, sich einen besseren Überblick über das Infektionsgeschehen zu verschaffen und positive Personen als Infektionsquellen zu erkennen und abzusondern, sodass sich andere nicht infizieren. Es ist ein Navigationssystem, das einem erlaubt zu sehen, wie der Infektionsstand ist. Es ist daher richtig, dass wir Beschäftigte, Bewohnerinnen und Bewohner sowie die ehrenamtlich Tätigen in den Pflegeheimen nunmehr mindestens zweimal wöchentlich testen. Es ist auch richtig, dass wir die Besucher nunmehr zuvor testen. Das machen wir in diesem Konzept verpflichtend im Saarland. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass nur die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregelungen wie etwa das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen noch wirksamer ist. Testen verhindert in erster Linie nicht die Infektionen, es gibt nur einen besseren Überblick und hilft, das Infektionsgeschehen weiter einzudämmen. Wirksamer sind unsere Hygieneregeln. Deswegen ist es ganz wichtig, dass sie eingehalten werden.

Daher verstärkt das Gesundheitsministerium nochmals die Prüfung durch die Heimaufsicht und achtet ganz besonders darauf, dass mittels Hygiene das Virus aus den Pflegeheimen möglichst ausgesperrt wird. Der wirksamste Schutz ist und bleibt aber die Absenkung des Infektionsgeschehens in der gesamten Fläche, sodass sich das Virus gar nicht erst verbreiten kann. Wir können bei Inzidenzen von annähernd 200 Neuinfektionen pro Woche auf 100.000 Einwohner die Menschen in den Pflegeheimen nicht schützen. Deswegen bringt es alles nichts. Wir müssen alle unsere Kontakte reduzieren und dafür sorgen, dass die Hygieneregeln in der gesamten Gesellschaft eingehalten werden. Das ist der beste Schutz für die Menschen in den Pflegeheimen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zudem haben wir mit unserem gestuften Rettungsplan unsere Krankenhauslandschaft vor dem finanziellen Kollaps gerettet. Uns war schon früh klar, dass unsere Maßnahmen zur Bekämpfung der CoronaPandemie die Finanzlage unserer Krankenhäuser verschärfen würden. Finanzlage klingt relativ lapidar, aber davon ist eben auch abhängig, wie gut medizinische Behandlungen durchgeführt werden können und wie sicher Löhne und Gehälter der Beschäftigten in den Krankenhäusern sind. Deswegen ist es ein wichtiges Kriterium. Aus diesem Grund haben wir uns nicht nur beim Bund für einen finanziellen

(Ministerpräsident Hans)

Ausgleich stark gemacht, vielmehr sind wir dort, wo dies nicht ausreichte oder die Bundesmittel nicht rechtzeitig flossen, in die Bresche gesprungen. Mit über 114 Millionen Euro haben wir unsere Kliniken im Saarland unterstützt. Vor allem die schnelle und unbürokratische Auszahlung war bundesweit beispielhaft. Das haben wir ähnlich wie bei der Wirtschaft in eigener Regie als Land getan. Ich sage das nur mit Blick auf manche kritischen Stimmen im Bund, die den Länden zu wenig Engagement vorwerfen. Ich habe mich auch für einen erneuten Rettungsschirm des Bundes jetzt in der zweiten Phase der Pandemie stark gemacht, insbesondere für die Wiedereinführung der Freihaltepauschalen - sie haben geholfen. Der Bund hat diese Forderung bis heute nicht aufgegriffen, aber wir werden nicht müde, es weiter für unsere Krankenhäuser und die Beschäftigten einzufordern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir haben darüber hinaus ein 3-Stufen-Konzept, das gestern im saarländischen Ministerrat beschlossen worden ist, aufgelegt, um die Krankenhäuser bestmöglich für die Aufnahme weiterer COVID-19-Patient*innen zu rüsten. Damit schaffen wir zusätzliche Kapazitäten, indem - sofern es medizinisch vertretbar ist - Eingriffe und Behandlungen vorläufig ausgesetzt werden. In der ersten Stufe betrifft das die Krankenhäuser der erweiterten und umfassenden Notfallversorgung, in der zweiten Stufe diejenigen Krankenhäuser, bei denen derzeit noch die Abstimmung mit dem BMG läuft, in der dritten schließlich die Krankenhäuser der Basisnotfallversorgung. Wir wollen dafür sorgen, dass zu jedem Zeitpunkt die Versorgung von Patient*innen, die an COVID-19 erkrankt sind, sichergestellt wird. Das ist eine ganz wichtige Botschaft für die Menschen in unserem Land. Wir handeln, wir warten nicht auf die Hilfe anderer! Wir als Bundesland gehen in die Vorleistung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, ich betone all das nicht zuletzt deswegen, weil uns von manchen Seiten immer wieder vorgehalten wird: Ihr habt euch nicht hinreichend auf eine zweite Welle vorbereitet. - Ich kann nur sagen - und da schließe ich meine Kolleginnen und Kollegen aus dem saarländischen Landeskabinett und aus den anderen Bundesländern ausdrücklich ein -: Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben auf Hochtouren gearbeitet. Wir haben an zahlreichen Stellschrauben gedreht und Dinge in Bewegung gebracht. Ich kann an dieser Stelle nur all denen im Namen der Landesregierung ganz herzlich danken, die all das gemeinsam mit uns in den letzten Wochen und Monaten gestemmt haben. Da hat niemand auch nur ein ganz kleines bisschen Atem geholt und durchgeschnauft. Nein! Wir im Saarland haben wirklich alles gegeben, um uns auf diese Welle vorzubereiten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die akute Pandemie-Situation gebietet deutschlandweit weitere einschneidende Maßnahmen. Von daher war es nur folgerichtig, dass wir uns in der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin am Sonntag ohne große Diskussion und in großer Einigkeit auf einen härteren Lockdown verständigt haben. Diese Beschlüsse haben wir gestern im Ministerrat in eine neue Rechtsverordnung für das Saarland überführt. Diese gilt ab heute. Sie konnten das in der medialen Berichterstattung verfolgen. Lassen Sie mich die wichtigsten Punkte aufgreifen und erläutern.

Wir setzen nach wie vor auf die Mund-Nasen-Bedeckung als eine der mildesten und gleichsam effektivsten Maßnahmen gegen das Virus. Deswegen ist die Mund-Nasen-Bedeckung nun im gesamten öffentlichen Raum zu tragen, wenn der Mindestabstand zu anderen Personen, die nicht dem eigenen Haushalt angehören, nicht eingehalten werden kann. Das ist relativ logisch zu erklären. Wenn man keinen Abstand hat, muss man eine Maske tragen. Wenn man miteinander redet, wenn man alleine oder nur mit der Familie unterwegs ist, muss man dies nicht. Es wird hier niemand bei einem Waldspaziergang gegängelt. Das gilt also überall dort, wo sich Menschen aus welchem Grund auch immer begegnen, insbesondere im Freien. Manche sagen, dass es im Freien keine Gefahr gibt. Das ist nicht so! Im Sommer ist sie deutlich niedriger, aber im Winter bei den jetzigen Temperaturen wissen wir, dass das Virus ansteckender ist. Deswegen muss auch im Freien ab sofort eine Maske getragen werden, wenn man zusammenkommt, in einer Schlange steht oder miteinander redet.

Zudem empfehlen wir - alles andere wäre inkonsequent -, dass die Menschen auch im privaten Raum bei Besuchen von Personen aus anderen Haushalten eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, um ihre Lieben zu schützen. Es ist völlig klar, dass man mit einer Maske nicht so gut eine Tasse Kaffee trinken kann. Dafür kann man sie absetzen. Es geht wirklich darum, an die Menschen zu appellieren. Selbstverständlich ist das Virus auch gefährlich, wenn man sich in den eigenen vier Wänden befindet.

Uns ist bewusst, dass die weitgehende Schließung des Einzelhandels erneut ein gravierender Eingriff ist. Hier gibt es ähnlich wie im Lockdown des Frühjahrs zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und mit Gütern des täglichen Bedarfs Ausnahmen. Es ist völlig klar, niemand muss Sorge haben, dass er sich nicht mit diesen notwendigen Dingen eindecken kann. Auch werden Abhol- und Lieferdienste sowie der Onlinehandel nicht eingeschränkt. Beim Onlinehandel sei mir der Hinweis gestattet, dass dies nicht nur eine große Plattform ist, sondern viele mittelständische Betriebe im Saarland auch Onlinehandel betreiben. Da sollte

(Ministerpräsident Hans)

man sich umschauen, da kann man ganz viele tolle Dinge kaufen - auch in unserem Land, vor der Haustür, mit Wertschöpfung und bei den Menschen vor Ort.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Manch einer wird bei den Ausnahmen sicher die Baumärkte vermissen. Aber im Gegensatz zum Lockdown im Frühjahr haben wir diesmal die Baumärkte nicht ausgenommen. Wir konnten damals und gerade in den letzten Tagen wieder einen wahren Run auf die Baumärkte erleben. Es sind Bilder herumgeschickt worden, auf denen man das gesehen hat. Nun sind mir Menschen, die gerne zu Hause etwas selber machen, ausgesprochen sympathisch. Das ist sozusagen ein Markenzeichen der Saarländerinnen und Saarländer. Nur müssen wir einsehen, eine lange Warteschlange vor dem Eingang ist im Winter etwas anderes als im Sommer. Hier ist in dieser Jahreszeit die Infektionsgefahr weitaus höher. Deswegen konnten wir uns diesmal nicht dazu durchringen, die Baumärkte offenzulassen. Ich denke aber, mit der geltenden Bestell-Liefer-Regelung werden auch die Heimwerker*innen diese Zeit einigermaßen überbrücken können. Es muss sich niemand sorgen, dass kein Brennstoff mehr gekauft werden kann. Das kann man über Anruf, Abholung oder Lieferung kontaktlos hinbekommen. Deswegen haben wir uns dazu entschieden, diesen Schritt zu gehen und den Einzelhandel konsequent zu schließen.

Geschlossen sind auch wieder Betriebe für körpernahe Dienstleistungen wie Friseure, Kosmetiker, Fußpfleger, Nagelstudios und Massagestudios. Ausnahmen bilden wie auch schon im Frühjahr medizinisch notwendige Dienstleistungen wie Physiotherapie oder Podologie.

Zur Entzerrung des notwendigen Einkaufsgeschehens - das gibt es nun mal einfach - schaffen wir die Möglichkeit, bei Bedarf die Ladenöffnungszeiten anzupassen. Es ist nicht sinnvoll, wenn zu lange Schlangen gerade vor den Festtagen entstehen oder wenn es zu eng wird, weil der Ansturm so groß ist. Deswegen wird es erweiterte Ladenöffnungszeiten geben, zumindest die Möglichkeit dazu. An Werktagen wird es dem noch zulässigen Einzelhandel bis zum 02. Januar 2021 - wir machen es bewusst bis dahin, weil wir davon ausgehen, dass der Ansturm vor den Festtagen und zwischen den Festtagen groß ist und sich danach wieder normalisiert ermöglicht, in der Zeit von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr zu öffnen.

Ich möchte noch das Folgende dazu sagen: Ich blicke Eugen Roth in die Augen. Uns geht es dabei auch darum, dass wir die Beschäftigten, die im Einzelhandel tätig sind, nicht über Gebühr belasten. Ich möchte jeden bitten zu überlegen, was diese Menschen in der Versorgung mit Lebensmitteln und den

notwendigen Gütern leisten. Wenn wir ihnen diese zusätzlichen Stunden zumuten, erwarte ich, dass die Arbeitgeber*innen, die für sie Verantwortung tragen, das honorieren. Schließlich werden mehr Umsätze gemacht. Längere Öffnungszeiten heißen nicht, dass man das auf dem Rücken des Personals austragen muss. Das ist uns hier im Saarland immer ein Anliegen gewesen. Deswegen waren wir nicht für längere Öffnungszeiten, wir waren immer für das Sonntagsverkaufsverbot. Bei dieser Haltung bleiben wir. Hier geht es einzig und allein um die Entzerrung des Einkaufsgeschehens, um Infektionen zu vermeiden. Hier leisten die Beschäftigten einen großen Anteil, deswegen erwarte ich, dass dies nicht ohne ihre Honorierung geht.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum - das wird viel diskutiert und nachgefragt, auch die Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag werden viele Anfragen in ihren virtuellen Bürgersprechstunden dazu bekommen - gestalten sich wie folgt: Zu einem bestehenden Haushalt dürfen nur Angehörige eines weiteren Haushalts hinzukommen. Insgesamt darf die Zahl von 5 Personen nicht überschritten werden. Kinder im Alter bis 14 Jahre müssen nicht mitgerechnet werden. Ein Beispiel: Eine Familie mit 2 Kindern von 7 und 9 Jahren darf eine Dreier-WG zu sich einladen, nicht jedoch eine Vierer- oder Fünfer-WG, oder die alleinstehende Schwester darf ihren Bruder mit seiner Frau und seinen 5 Kindern im Alter von 2 bis 13 Jahren einladen. Also: Immer nur ein weiterer Haushalt und insgesamt nicht mehr als 5 Personen über 14 Jahren. Es ist nicht ganz so schwer, wenn man sich darüber Gedanken macht. Die Beispiele sollen zeigen, dass es praxisgerecht ist und ein bisschen Kommunikation möglich macht.

Die ursprünglich für die Weihnachtsfeiertage vorgesehenen Lockerungen können zwar nicht in der Form kommen, wie wir es vor zwei Wochen ins Auge gefasst haben, aber wir haben eine Möglichkeit gefunden, um Weihnachten im engsten Kreis feiern zu können. Deshalb gilt für die Weihnachtsfeiertage vom 24. bis zum 26. Dezember: Es dürfen zum eigenen Hausstand 4 weitere Personen hinzukommen, allerdings in der Regel nur aus dem familiären Bezugskreis. Auch hier werden Kinder im Alter bis zu 14 Jahren nicht mitgezählt - diese Regelung bleibt gleich. Um aber auch Alleinstehenden die Möglichkeit zu geben, mit einer anderen Familie zusammen zu sein, darf statt eines Familienmitgliedes auch eine andere Person mitfeiern. Das kann man zum Beispiel durch einen Nachbarn ersetzen, der alleinstehend ist und den man gerne an den Tisch nehmen würde. Wir wollen Vereinsamung an den Festtagen vorbeugen. Vereinsamung ist eine große gesundheitliche Gefahr, meine Damen und Herren. Insgesamt gilt für Weihnachten die Regel, dass maximal

(Ministerpräsident Hans)

weitere 4 Personen zusätzlich zum Hausstand dazu kommen können.

Auch hier ein Beispiel: Eine Lebensgemeinschaft kann ihren Sohn mit Partnerin und den gemeinsamen Kindern, 6 und 8 Jahre alt, seine Tochter und den alleinstehenden Nachbarn von gegenüber einladen. Das heißt, es ist schon eine Weihnachtsfeier, die durchaus würdig ist. So kann man Weihnachten verbringen, ohne zu vereinsamen. Natürlich kann man auch zwei Großelternpaare einladen. Das geht immer. Ich möchte aber auch deutlich sagen, dass man das nicht ausschöpfen muss. Es gibt viele Familien, die an Weihnachten unter sich bleiben und Kontakte auf ein Minimum reduzieren wollen. Natürlich ist es für niemanden schön, wenn man jetzt vor Weihnachten erst mal rechnen und überlegen muss, wen man einlädt und wer nicht kommen darf, aber leider wäre alles andere nicht verantwortbar. Wir wissen, dass das Virus vor Weihnachten, Festen, Wünschen und Bedürfnissen nicht haltmacht. Ich glaube, wir haben eine Lösung gefunden, mit der Menschen zusammenkommen können, aber Weihnachten nicht zum Infektionsbeschleuniger wird. Ich glaube, das ist uns damit gelungen.

Für Silvester gilt das Verbot von Feuerwerkskörpern auf öffentlichen Plätzen, die von den Kommunen im Einzelnen festgelegt werden. Auch der Verkauf von Silvesterfeuerwerk wird seitens der Bundesregierung verboten. Hier geht es uns einzig und allein darum, dass die Krankenhäuser nicht zusätzlich mit Verletzten durch Pyrotechnik belastet werden. Ich will das erläutern, denn viele ziehen das ins Lächerliche. Natürlich kann man nicht alle Gefahren ausschließen, aber an keinem anderen Tag im Jahr verletzen sich so viele Menschen wie an Silvester! Das sind Fakten. Größere Krankenhäuser verzeichnen 50 bis 60 Notaufnahmen allein wegen Verletzungen mit Pyrotechnik. Und ich habe eben die Situation in den Krankenhäusern dargestellt, das können wir uns in diesem Jahr nicht leisten, deswegen wird Feuerwerk in diesem Jahr untersagt. Das ist der einzige Grund.