Rüdiger Weiß

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Last Statements

Danke schön. – Herr Präsident! Herr Minister, vor ein paar Minuten hat der Kollege Dudas eine Frage zur Anschaffung von Schutzkitteln gestellt. Beantwortet haben Sie die Frage mit der Anschaffung von Schutzmasken. Kann man so machen; guter Versuch.
Deswegen will ich vorausschicken, dass sich meine Frage ausschließlich um die Anschaffung von Kitteln dreht. Ich komme noch einmal auf die Problematik van Laak und beispielsweise Seidensticker zurück.
Wir alle haben gehört, wie groß das Unternehmen Seidensticker ist. Es hat etwa viermal so viel Umsatz wie van Laak, ist also deutlich potenter als van Laak. Sie haben mehrmals ausgeführt, wenn ich das richtig mitbekommen habe, dass Sie Seidensticker nicht angerufen haben.
Interessant ist nicht, dass Sie sie nicht angerufen haben. Die viel interessantere Frage ist doch, warum Sie Seidensticker nicht angerufen haben,
denn fest steht: Van Laak hat auch kein Angebot abgegeben. Die sind von Ihnen im Grunde freihändig angerufen worden. Warum Seidensticker nicht? – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
„Bei allen Schwierigkeiten bleibt es unsere unerschütterliche Überzeugung, dass die Menschenrechte universelle Bedeutung haben und weltweit gelten müssen.“
Das sagte Johannes Rau vor 17 Jahren bei einem Besuch der Universität Nanjing in China.
Was der Bundespräsident und ehemalige Ministerpräsident damals in Bezug auf den schwierigen Spagat zwischen wirtschaftlichem Erfolg und ethischem Handeln in der aufstrebenden Volksrepublik sagte,
muss auch heute gelten, und zwar nicht nur in China, sondern immer und überall.
Eine wichtige Basis dafür stellt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen dar, auf deren Bedeutung auch im vorliegenden Antrag eingegangen wird. Diese Erklärung ist eine der zentralen Grundlagen für das Verspechen von Frieden und Wohlstand für alle.
Wir als Fraktion begrüßen es deshalb sehr, dass wir hier und heute Vorschläge diskutieren, wie wir als Parlamentarier einen stärkeren und vor allem einen direkteren Beitrag zum Schutz von Menschenrechten leisten können. Denn dass es weltweit um die universtelle Geltung von Menschenrechten bei Weitem nicht zum Besten bestellt ist, diese Erkenntnis gewinnen wir leider beinahe täglich. Staaten, die sich noch vor wenigen Jahren auf dem Weg zu einem demokratischen Rechtsstaat zu befinden schienen, agieren heute immer stärker wie autoritäre Unrechtsregime.
Laut UNHCR sind heute fast 80 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, doppelt so viele wie noch vor 30 Jahren. So gibt es politische Kräfte, die statt universellen Menschenrechten nur das Recht des Stärkeren propagieren.
Und noch schlimmer: Sie haben sich in vielen Gesellschaften festgesetzt, und sie hören nicht auf, zu diffamieren. Sie hören nicht auf, zu spalten. Sie hören auch nicht auf, zu hetzen. Bisweilen wirkt es, als würden die großen Lehren aus zwei katastrophalen Weltkriegen in Zweifel gezogen und immer weiter relativiert, als würde das „Nie wieder“, das sich die Weltgemeinschaft geschworen hat, Stück für Stück verblassen.
Gerade wir als NRW-Landtag, also als Landtag eines Bundeslandes, dessen Existenz aus diesem „Nie wieder“ hervorgegangen ist, sollten nie müde werden, nach Möglichkeiten zu suchen, wie wir einen Beitrag für die weltweite Geltung von Menschenrechten leisten können.
Ich möchte noch einmal ganz deutlich daran erinnern, dass der Schutz von Menschenrechten mitnichten ausschließlich eine externe Angelegenheit ist. Auch hier bei uns in Nordrhein-Westfalen müssen wir unseren steten Einsatz für Menschenrechte durchsetzen.
In der jetzigen Weihnachtszeit rücken wieder die Menschen in den Fokus, deren Menschenrechte nicht geachtet oder gar verletzt werden. Hier in diesem Hause gibt es – wie jetzt, kurz vor Weihnachten – die richtigen und wichtigen Bekenntnisse zum Schutz der Menschenrechte. Doch wahre Worte können und dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch bei uns in NRW vor allem Taten nötig sind, um Menschenrechte zu schützen.
Im Kleinen und ganz im Konkreten: Wer sich wirklich für den Schutz von Menschenrechten einsetzen will, der kommt nicht an starken Impulsen für nachhaltigen Konsum vorbei, der kommt nicht an einer verbindlichen Regelung für faire und nachhaltige Beschaffung vorbei, und der kommt auch nicht an einem ambitionierten Lieferkettengesetz vorbei,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir es ernst meinen mit unseren Bekenntnissen zur Allgemeingültigkeit von Grund- und Menschenrechten, dann müssen wir endlich damit aufhören, wirtschaftlichen Erfolg und ethisches Handeln als Gegensätze darzustellen. In der nordrhein-westfälischen Wirtschaft und Zivilgesellschaft haben das schon viele verstanden. Wir arbeiten darauf hin, dass auch in der nordrheinwestfälischen Politik wieder häufiger Mehrheiten für innovative und nachhaltige Impulse zustande kommen.
Die Idee der Grünen, das Patenprogramm des Bundestages für Parlamentarier in NRW einzuführen, kann aus unserer Sicht dazu einen Beitrag leisten. Wir freuen uns deshalb darauf, auch diese Idee im Ausschuss noch etwas zu konkretisieren. Einer Überweisung stimmen wir deshalb gerne zu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen allen den Umständen entsprechend ein friedvolles Weihnachtsfest. Kommen Sie gut ins neue Jahr. Vor allen Dingen: Bleiben Sie gesund! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich sage es gleich vorweg: Meine Fraktion kann dem Haushaltsvorschlag der Landesregierung auch im Bereich „Europa und Internationales“ nicht zustimmen.
Ihr Haushalt ist an vielen Stellen zu unambitioniert, obwohl gerade jetzt starke Impulse von der Landesebene ausgehen müssten. Das trifft besonders auf den Bereich „Entwicklungspolitik“ zu. An anderer Stelle ist er zu unkonkret und zu unverbindlich, vor allem was die Umschichtung von Mitteln für das Engagement im Ausland angeht. Das halten wir angesichts der enormen globalen Herausforderungen, denen Nordrhein-Westfalen sich zunehmend ausgesetzt sieht, nicht für angemessen.
Für den Bereich „Europa“ begrüßen wir natürlich, dass hier insgesamt ein Mittelaufwuchs im Vergleich zum Haushalt 2020 zu verzeichnen ist. Eine Grundkritik an Ihrem europapolitischen Engagement zielt auch in diesem Jahr auf Ihre konsequente Ignoranz gegenüber der sozialen Dimension des europäischen Einigungsprozesses ab. Schon in Ihren europapolitischen Schwerpunkten für 2020 taucht beispielsweise der Schutz von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern in keinem einzigen der zehn Schwerpunkte auf. Alles, was wir von Ihnen dazu bekommen, sind lediglich fade Lippenbekenntnisse. Dabei wäre genau jetzt die Zeit, endlich eine Strategie zur Umsetzung der Säule sozialer Rechte auf Landesebene zu erarbeiten und diese auch mit Mitteln zu untermauern.
Ein weiterer Punkt, den ich eingangs bereits angeschnitten habe, ist die Verbindlichkeit und die Nachprüfbarkeit erreichter Ziele innerhalb der einzelnen Posten. Noch mehr als im aktuellen Jahr setzen Sie für das nächste Jahr auf einen flexibleren Mitteleinsatz. Grundsätzlich gibt es daran nichts zu kritisieren, wenn – und hier setzt unsere Kritik an – Sie den Haushalt mit konkreten und nachprüfbaren Zielindikatoren begleiten würden. Das tun Sie aber weder in Ihren europapolitischen Leitlinien noch an anderer Stelle. Solange Sie das nicht nachholen, sehen wir darin in jedem Fall eine qualitative Verschlechterung des Haushalts.
Kurz eingehen möchte ich auch noch auf die zukünftig zu intensivierende Partnerschaft NRWs mit Italien. Sie fragen sich jetzt vielleicht, warum ich das während dieser Haushaltsdebatte anspreche, wo der Haushalt doch keine expliziten Mittel für eine solche Intensivierung hergibt. Damit geht es Ihnen wie uns. Der Ministerpräsident kündigte nach einem Besuch beim italienischen Premierminister medienwirksam an, den Austausch zwischen Italien und NRW zu intensivieren, nur um dann im Haushalt dafür nicht einen zusätzlichen Euro bereitzustellen. Wenn Herr Laschet im Anschluss an das Treffen groß ankündigt, die Beziehungen zwischen NRW und Italien zu intensivieren, dann erwarten wir, dass sich das im Haushalt widerspiegelt, und zwar nicht bloß als Quervermerk unter Posten zur allgemeinen Kontaktpflege. Ambitionierte Europapolitik sieht anders aus.
Für den Bereich „Internationales“ gilt das Gleiche wie für den Bereich Europa. Den allgemeinen Mittelaufwuchs begrüßen wir. Leider resultiert er beinah ausschließlich aus der Förderung der Nordrhein-Westfälischen Akademie für Internationale Politik und der potenziellen Ansiedlung des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage.
Natürlich unterstützen wir beide Projekte; gar keine Frage. Wir lehnen es aber ab, dass für ihre Finanzierung an anderer Stelle Kürzungen und Umschichtungen stattfinden. Das betrifft unter anderem die Mittel für die GIZ.
Die Landesregierung hat für das kommende Jahr ein besonderes Augenmerk auf den Westbalkan gelegt. In dieser Region leistet die GIZ hervorragende Arbeit.
Statt für die GIZ vorgesehene Mittel umzuschichten, beantragen wir ein Festhalten an der Förderhöhe im ursprünglichen Kapitel. Effektiv würde das Land so seinen Beitrag zur Arbeit der GIZ erhöhen. So sähe unserer Meinung nach ein ambitionierter Haushalt aus. Selbiges gilt im Übrigen für die Mittel für das Kontaktbüro in Israel.
Zu den inhaltlichen und strukturellen Schwachstellen der Entwicklungspolitik der Landesregierung habe ich mich an anderer Stelle schon deutlich geäußert.
Fest steht, dass Sie die wenigen starken Impulse, die Sie in Ihren Leitlinien ankündigen, nicht ausreichend im Haushalt verankern. Darüber hinaus verpasst es die Landesregierung, diesen Haushalt auch ganz praktisch als Hebel für die Verwirklichung der Agenda 2030 zu nutzen.
Auch wenn und gerade weil dieser Haushaltsbereich im Verhältnis zu anderen Fachbereichen recht klein ausfällt, würden wir uns von der Landesregierung einen ambitionierteren Haushalt wünschen, der über bloße Kontaktpflege hinausgeht und den Beitrag Nordrhein-Westfalens zur Bewältigung der Herausforderung einer sich immer schneller werdenden Welt mit einem Ausrufezeichen versieht. Wir bedauern, dass er das nicht tut. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Rechtsstaatlichkeit ist ein hohes Gut. Ohne eine unabhängige Justiz sind alle anderen Freiheiten wertlos. Die Sorge, mit der wir seit mittlerweile zehn Jahren den systematischen Abbau von Rechtsstaatlichkeit in einigen EU-Staaten beobachten, eint uns Demokratinnen und Demokraten hier im Haus.
Viktor Orbán in Ungarn oder die PiS-Partei in Polen treiben den Abbau einer unabhängigen Justiz immer weiter voran, um ihre eigene Macht zu zementieren. Der Rest der EU kommentiert diesen Prozess zwar, die prodemokratischen Kräfte mussten aber auch
erkennen, dass gutes Zureden, weiche Maßnahmen und die bloße Androhung von Konsequenzen wenig gegen den Machtwillen von Orbán, Kaczyński und Co. ausrichten können.
Es gibt mit dem sogenannten Art.-7-Verfahren in den Händen der EU theoretisch ein äußerst scharfes Schwert. So kann beispielsweise die Staatengemeinschaft mit entsprechenden Mehrheiten eine Suspendierung der EU-Mitgliedschaft über einzelne Staaten verhängen. In der Praxis gibt es bisher aber Möglichkeiten für die betroffenen Staaten, ein solches Rechtsstaatsverfahren zu blockieren oder zu verschieben und somit sein Drohpotenzial erheblich zu verringern.
Ein effektiver Hebel, um Druck auszuüben, wäre natürlich die Kürzung von EU-Subventionen. Ein Problem dabei ist, dass im Mehrjährigen Finanzrahmen bisher keine Rechtsstaatskonditionalität verankert ist. Außerdem würden aktuell auch Endbegünstigte von den Zahlungen abgeschnitten; also Landwirte, Studierende und NGOs, die teilweise einen großen Beitrag zur Wahrung der verbliebenen Freiheiten in den betroffenen Ländern leisten.
Aus diesem Grund begrüßen wir als SPD-Fraktion ausdrücklich, dass CDU und FDP heute diesen Antrag ins Plenum eingebracht haben. Die Kernentscheidungen zu diesem Thema werden zwar in den Trilogverhandlungen zwischen Rat, Kommission und EU-Parlament getroffen, der Schutz so grundlegender Werte wie Rechtsstaatlichkeit bedarf aber eines breiten Engagements auf allen Ebenen.
Wir als SPD-Fraktion sind deshalb davon überzeugt, dass auch Nordrhein-Westfalen einen Beitrag zur Sicherung eines freien und überall durch unabhängige Gerichte geschützten Europas leisten kann. Genau an dieser Stelle setzt auch unsere Kritik an Ihrem Antrag an, die wir aber ausdrücklich als konstruktiv verstanden wissen möchten.
Aus unserer Sicht hätte der Bezug zu NordrheinWestfalen in Ihrem Antrag deutlich stärker herausgearbeitet und mit einer konkreten Zielsetzung versehen werden können. Die Landesregierung beispielsweise mit einer Prüfung des deutschen Kapitels zur Lage der Rechtsstaatlichkeit zu beauftragen, ist uns etwas zu unkonkret, weil die Länderkapitel schon längst veröffentlicht und für jedermann und jedefrau einsehbar sind.
Im Bericht zur Bundesrepublik wird etwa der Kampf gegen Korruption als explizites Handlungsfeld der Bundesländer identifiziert. Für den Antrag hätte es eine inhaltliche Aufwertung bedeutet, wenn Sie als Fraktionen hier mit konkreten Initiativen aufgewartet hätten. In seiner aktuellen Form wird der Antrag für die nordrhein-westfälische Politik kaum Spuren hinterlassen.
Vor allem aber ist Ihr Antrag schlicht und ergreifend nicht auf der Höhe der Zeit, weil er die Einigung bei den Trilogverhandlungen nicht miteinbezieht. Zwei Tage nach Ihrer Eingabe – am 3. November haben Sie den Antrag eingebracht –, am 5. November nämlich, konnten sich Rat, Kommission und das Europäische Parlament auf eine Implementierung der Rechtsstaatskonditionalität im mehrjährigen Finanzrahmen einigen.
Damit bedarf nicht nur Absatz 2 auf Seite 2 Ihres Antragstextes einer Aktualisierung, auch der vorletzte Punkt im Beschlussteil Ihres Antrags verliert angesichts der aktuellen Entwicklungen seine Wirkungskraft. Genau das ist auch der Grund für unseren Entschließungsantrag, der nicht zurückgenommen wurde, sondern nur aktualisiert wurde.
Unter anderem beinhaltet die Trilogeinigung eine Anpassung der Fristen des Artikel-7-Verfahrens. Ewige Verzögerungstaktiken funktionieren jetzt nicht mehr. Das stärkste Mittel der EU gegen Rechtsstaatsabbau hat jetzt deutlich an Effektivität gewonnen. Außerdem ist durch die Einrichtung einer Onlineplattform für Endbegünstigte sichergestellt, dass die Landwirte, Studierenden und NGOs in Zukunft nicht weitergeleitete EU-Fördermittel direkt bei der Kommission anmelden können.
Das Ergebnis der Trilogverhandlungen ist natürlich ein Kompromiss. Das sagten meine Vorredner bereits. Wir hätten uns durchaus noch schärfere Mechanismen vorstellen können, etwa die umgekehrte qualifizierte Mehrheit, auf die Sie in Ihrem Antrag ja auch eingehen. Nichtsdestotrotz begrüßen wir, dass der EU-Haushalt jetzt erstmals mit einer Rechtsstaatskonditionalität versehen werden soll.
Die Blockadeankündigung von Herrn Orbán zeigt, dass mit diesem Kompromiss ein empfindlicher Nerv getroffen wurde. Das muss allen Demokratinnen und Demokraten ein Zeichen sein, jetzt mit besonderer Vehemenz hinter dem Trilogvorschlag zu stehen. Für NRW bedeutet das aus unserer Sicht, dass auch wir einen Gang hochschalten sollten und unsere Bemühungen zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit effektiver und sichtbarer gestalten.
Am besten kann das gelingen, wenn Parlament und Regierung an einem Strang ziehen. In der SPDFraktion werden alle prodemokratischen Kräfte in Landtag und Landesregierung immer eine offene und gestaltungswillige Ansprechpartnerin finden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön. – Frau Ministerin, entspricht es den Tatsachen, dass das Gesundheitsamt vor Ort die Planungen in Solingen befürwortet, weil damit dem Infektionsschutz Genüge getan werden kann?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! In ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, lieber Kollege Rüße, nennen Sie die gemeinsame Agrarpolitik „das Kernstück der europäischen Einigung“.
Das ist sicher nicht ganz falsch; denn immerhin ist sie das älteste und finanziell am besten ausgestattete Politikfeld der Europäischen Union. Gleichzeitig ist sie aber auch eines der umstrittensten Politikfelder. Konkret ist es die erste Säule, also das Prinzip der Direktzahlungen nach bewirtschafteter Fläche, die von Wissenschaft und progressiven politischen Kräften kritisiert wird – und das völlig zu Recht.
Es kann und darf nicht sein, dass die Größe eines Agrarbetriebes das ausschlaggebende Kriterium für die Höhe der Fördermittel ist, die dieses Unternehmen bekommt.
Das Mannheimer Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hat ausgerechnet, dass in der vorigen Förderperiode 80 % der Höfe mit dem geringsten Einkommen nur 25 % der Direktzahlungen bekommen haben. Gleichzeitig haben 10 % der Höfe mit dem höchsten Einkommen 55 % der Direktzahlungen erhalten. So subventionieren wir mit Steuergeldern nicht die Agrarwirtschaft, sondern das Höfesterben.
Wir fordern deshalb: Öffentliche Gelder müssen auch in öffentliche Leistungen fließen. Um das gewaltige Budget für die gemeinsame Agrarwirtschaft nachhaltig und zukunftsorientiert zu nutzen, muss das Prinzip
der Direktzahlungen nach Hektar geändert werden.
Das sehen im Übrigen nicht nur die allermeisten Bürgerinnen und Bürger so; auch die Mehrzahl der europäischen Landwirte wünscht sich ein nachhaltigeres System.
Laut einer repräsentativen Umfrage, die 2019 durchgeführt und in „Science“ veröffentlicht wurde, halten 92 % der Bürgerinnen und Bürger und 64 % der Landwirte in der EU die GAP für zu wenig nachhaltig.
Genau deshalb ist es gut, dass die Eco-Schemes in der ersten Säule angesiedelt sind und nicht in der zweiten. Wir sehen – ebenso, wie Sie es in Ihrem Antrag tun, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen – also Potenzial in den Vorschlägen der Kommission zur GAP im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen.
Unsere Forderungen gehen teilweise sogar noch etwas weiter und sind vielleicht auch detaillierter als die in Ihrem Antrag. Aus unserer Sicht wäre etwa eine Kappung der Flächenzahlungen schon bei 60.000 Euro sinnvoll, um vielfältigere Agrarstrukturen zu fördern. Auf der anderen Seite halten wir einen Finanzierungsanteil der Eco-Schemes beginnend bei 20 % und eine anschließende Erhöhung auf 40 % für realistischer. Die Mittel sollen schließlich auch abgerufen werden.
Die Forderung, dass nicht genutzte Mittel aus der ersten Säule in die zweite Säule fließen sollten, findet ausdrücklich unsere Unterstützung. Wir setzen uns grundsätzlich dafür ein, dass Umschichtungen nur von der ersten in die zweite Säule möglich sind.
Während wir also viele Elemente aus dem Antrag ausdrücklich begrüßen, ist aus unserer Sicht an anderer Stelle noch Raum für Ergänzungen; aber dafür haben wir dann auch den Ausschuss.
Denn für uns, für die SPD, hat Agrarpolitik nicht nur eine landwirtschaftliche und umweltpolitische Dimension, sondern immer auch eine soziale und arbeitsrechtliche Dimension. Auch hier muss die GAP viel stärker als bisher als Hebel genutzt werden, um Missstände und Fehlentwicklungen zu bekämpfen oder zumindest nicht auch noch zu begünstigen.
So dürfen Betriebe, die soziale, ökologische und arbeitsrechtliche Standards nicht erfüllen, keine Subventionen bekommen. Auch das müsste bei der Ausgestaltung der GAP in den nächsten sieben Jahren sichergestellt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf eine lebendige Diskussion im Ausschuss. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal freue ich mich, dass wir die beiden Anträge innerhalb einer Debatte abhandeln. Zum einen macht das inhaltlich Sinn, zum anderen lässt sich sehr schön aufzeigen, wie sich unsere Politikansätze unterscheiden, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP.
Auf der einen Seite sehen wir einen Antrag von CDU und FDP, der handwerklich zwar ganz gut gemacht, aber inhaltlich eine Mischung aus purer Marktgläubigkeit und weitestgehend folgenloser PR ist.
Besonders deutlich wird das am Beispiel der Leitmarktidee. Sie fordern, dass an die Stelle der acht Leitmärkte in Zukunft elf sogenannte Spezialisierungsfelder treten, entlang derer die Förderaufrufe abgewickelt werden sollen. Und in diesen einzelnen Feldern soll dann jeweils ein – ich zitiere – „Wettbewerb um den besten Weg“ stattfinden, am besten natürlich ohne, wie Sie es nennen, „vorherige
Festlegung auf bestimmte Lösungen“, die staatlicherseits erwünscht seien.
Natürlich müssen die Operationellen Programme für die nächsten sieben Jahre unbedingt überarbeitet werden. Ein flexiblerer Einsatz der Mittel, eine bessere Einbindung der Kommunen und regionalen Akteure und eine ausgewogene Verteilung der Fördermittel zwischen den einzelnen Regionen in NRW – dafür werben wir übrigens seit Jahren.
Aber nichts davon wird erreicht, indem EFRE-Mittel einfach mal so in den Markt gepumpt werden, nach dem Motto: Weg mit den Leitlinien! Platz für den freien Markt! Es wird schon was Brauchbares dabei herauskommen. – So sieht keine verantwortungsbewusste und nachhaltige Förderpolitik aus, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP.
Und überhaupt: Wie kommen Sie darauf, dass das Leitmarktprinzip innovative Lösungen bremse? Die LeitmarktAgentur.NRW hat durchaus eine positive Bilanz vorzuweisen. Mit über 800 eingereichten Projektskizzen und 225 Verbundvorhaben mit über 850 Partnern aus Forschung und Unternehmen allein in der ersten Hälfte der vergangenen Förderperiode kann von einem Bremsen innovativer Lösungen wohl nicht die Rede sein.
Sie wollen in Wirklichkeit aber etwas ganz anderes. Getreu Ihrer Ideologie wollen Sie jetzt auch die EUFördermittelvergabe entfesseln.
Umso befremdlicher wirkt Ihr Antrag dabei übrigens vor dem Hintergrund der 5G-Debatte, die wir hier vor wenigen Wochen geführt haben. Da waren Sie es, die gar nicht genug betonen konnten, wie sehr Sie NRW in diesem Bereich zu einem Leitmarkt machen möchten. Solange das gut klingt, sind Sie, was die Verteufelung und Beweihräucherung ein und desselben volkswirtschaftlichen Konzeptes angeht, offenbar nicht um allzu große Kohärenz bemüht.
Apropos „gut klingen“: Ihre Forderung, sich auf EUEbene für eine Beibehaltung des 50-%-Kofinanzierungsanteils einzusetzen, würden wir gerne unterstützen. Allerdings fällt es uns schwer, in dieser Forderung mehr als eine reine PR-Phrase zu sehen. Die Kernfrage ist an dieser Stelle: Was hat die Landesregierung in den vergangenen zwei Jahren eigentlich getan, um sich für eine Beibehaltung der 50-%-Kofinanzierung einzusetzen?
Spätestens seit März 2018 wusste die Landesregierung, dass eine Absenkung des Kofinanzierungsanteils droht. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt hat die Kommission in ihrem Vorschlag zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen die entsprechende Absenkung für weiter entwickelte Regionen – und dazu gehören wir hier in Nordrhein-Westfalen – zum
Gegenstand der Debatte gemacht. Während sich andere Regionen in ganz Europa etwa zur sogenannten Kohäsionsallianz zusammenschlossen, um für eine starke Kohäsionspolitik einzutreten, lehnten FDP und CDU einen entsprechenden SPD-Antrag dazu ab.
Und auch sonst kann die Landesregierung nicht die geringsten Bemühungen nachweisen, sich für dieses Ziel eingesetzt zu haben, als noch eine realistische Chance bestand, es zu erreichen.
Und jetzt ist 2020. Weder Rat noch EU-Parlament haben sich für eine Beibehaltung des Kofinanzierungsanteils starkgemacht, und da kommen Sie mit diesem Antrag um die Ecke. Vielleicht geschehen ja noch Zeichen und Wunder und der Ministerpräsident höchstselbst überredet sämtliche EU-Institutionen und alle EU-Mitgliedsstaaten, das mühsam verhandelte Haushaltspaket wieder aufzuschnüren und den Kofinanzierungsanteil für weiter entwickelte Regionen bei 50 % zu belassen.
Viel wahrscheinlicher ist aber doch, dass der Anteil der Kofinanzierung bei 40 % bleiben wird, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und das Schlimme ist: Das wissen Sie auch ganz genau.
So komme ich zu dem Antrag auf der anderen Seite, nämlich zu unserem. Anstatt viel zu spät etwas zu fordern, was kaum erreichbar ist, gehen wir auf die bevorstehenden Veränderungen ein. Statt Scheinpolitik zu betreiben, nehmen wir die Sorgen derjenigen wahr, die von den Kürzungen betroffen sein werden.
Damit Nordrhein-Westfalen auch in den nächsten sieben Jahren von regionalen Fördermitteln profitieren kann, muss Planungssicherheit herrschen. Das Land muss die Kofinanzierungslücke schließen, die sich aus dem aktuellen Vorschlag zum mehrjährigen Finanzrahmen ergibt. Wir haben gerade gehört, was der Kollege Middeldorf dazu gesagt hat. Ich bin schon gespannt, wann der Begriff „Makulatur“ hier das nächste Mal fallen wird.
Das ist das Zeichen, welches die Kommunen, die Unternehmen und die Zivilgesellschaft brauchen.
Wir sind natürlich froh, dass wir diesen Antrag im Ausschuss weiter behandeln können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen! Der UNGeneralsekretär Antonio Guterres nennt die Coronapandemie die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.
Es ist mittlerweile gut dokumentiert, dass die Pandemie überall dort umso zerstörerischer wirkt, wo die Probleme bereits vor der Pandemie zahlreich und erdrückend waren.
Corona legt gleichzeitig schonungslos offen, wie verheerend Nationaldümpelei und blinder Marktglaube die Risikoanfälligkeit von Gesellschaften gegenüber großen Krisen verstärkt. Daneben zeigt es, in welche Abgründe Egoismus und Rückwärtsgewandtheit führen.
Im Gegenzug erleben wir aber auch, wie sich Solidarität und sozialer Zusammenhalt als immer stärkeres Mittel gegen die Pandemie und ihre Auswirkungen erweisen. Besonders im Kleinen hat sich einmal mehr gezeigt, wie sehr alle Menschen in Europa vom europäischen Einigungsprozess profitieren.
Wenn die Coronakrise die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg ist, dürfen unserer Anstrengungen für ihre Bewältigung dem in nichts nachstehen. Das heißt für uns auch, dass wir unsere Anstrengungen darauf ausrichten müssen, ein besseres, krisenfesteres System zu errichten.
Das schaffen wir unserer Meinung nach nur, wenn wir auch als Bundesland unseren Beitrag für eine solidarische und europäische Lösung leisten. Vor
diesem Hintergrund soll unser gemeinsamer Antrag mit den Grünen verstanden werden.
Eine Durchsicht des Forderungsteils des Antrags mag dabei vielleicht Zweifel an der Aktualität des Antrags aufkommen lassen; der Kollege hat darauf hinweisen wollen, denn mit der „Cross-Border Task Force Corona“ hat die Landesregierung erste Schritte unternommen, um sich besser mit Belgien und den Niederlanden bei der Pandemiebekämpfung abzustimmen.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich mit dem europäischen Wiederaufbaufonds oder genauer gesagt mit dem Programm „Next Generation EU“ dazu durchgerungen, auf dem Finanzmarkt zusätzliche Anleihen zur Bewältigung der Corona-krise aufzunehmen.
NRW hat auch Patientinnen und Patienten aus europäischen Nachbarstaaten zur medizinischen Behandlung aufgenommen.
Auch hat die Bundesrepublik ihre Beiträge zur WHO in diesem Jahr erhöht, um zu helfen, die Finanzierungslücke zu schließen, die durch den Zahlungsstopp der USA entsteht.
Zu guter Letzt können wir einige Städte und Gemeinden beobachten, die mit Partnerstädten und -gemeinden gemeinsame Wege für eine Pandemiebekämpfung zu finden versuchen.
Die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP mögen urteilen, dass unser Antrag demnach überflüssig sei; alle geforderten Punkte seien auf die eine oder andere Weise bereits erfüllt.
Aber lassen Sie mich an dieser Stelle klarstellen: Viele der eben beschriebenen Impulse hat es nicht wegen des Engagements der Landesregierung gegeben, denn welche konkreten Ergebnisse die „Cross-Border Task Force Corona“ liefert, ist heute gar nicht klar.
Ein echter und effektiver gemeinsamer Weg mit unseren Nachbarstaaten muss transparent sein und beispielsweise auch den Austausch zwischen den Parlamenten einschließen.
Die Einigung auf europäische Anleihen zur Krisenbewältigung ist zwar erfolgt, aber inwiefern die Regionen davon profitieren werden, ist längst noch nicht abzusehen.
NRW hat zwar ausländischen Patienten geholfen, aber es ist keinesfalls gesichert, dass diese Bereitschaft auch in Zukunft besteht.
Die Bundesrepublik beteiligt sich zwar mit höheren Beiträgen bei der WHO, aber ob das ausreicht, damit die Organisation ihre immens wichtige Arbeit auf dem Niveau fortsetzen kann, wie es sich angesichts der enormen Krise abzeichnet, ist zu bezweifeln.
Dass viele Städte und Gemeinden in NordrheinWestfalen unglaublich engagiert im internationalen Austausch sind, ist ausdrücklich ein Grund zur Freude. Aber diese Kommunen brauchen auch eine angemessene Unterstützung von der Landesebene, die über reine PR hinausgeht.
In all diesen Bereichen brauchen wir progressive politische Impulse und Entscheidungen, um diese Errungenschaften europäischer Solidarität für die Zukunft zu sichern. Das ist Ziel des Antrags.
Man kann natürlich so weitermachen wie bisher und jeden Vorschlag allein deshalb ablehnen, weil er nicht aus der eigenen Feder stammt –
oder aber der Landtag leistet heute einen gemeinsamen Beitrag für ein krisenfesteres, solidarischeres Europa, um die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg zu bewältigen.
Unsere Entscheidung, die Entscheidung der SPD, ist uns nicht schwergefallen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, tun Sie es uns nach. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union neu bewerten und gleichzeitig die Rolle der Regionen stärken – das fordern Sie in Ihrem Antrag. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, daran wird sich die SPD natürlich konstruktiv beteiligen.
In der Tat werden die Karten in Europa in vielerlei Hinsicht neu gemischt. Dass dabei die Coronakrise, die Einigung auf den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen und die deutsche Ratspräsidentschaft zusammenfallen, ist natürlich purer Zufall. Aber dieser Zufall kann vielleicht dabei helfen, genau die Impulse
zu setzen, die jetzt nötig sind, um Europa fit für die Zukunft zu machen.
Fit für die Zukunft wird Europa nur, wenn es näher an die Bürgerinnen und Bürger heranrückt, wenn es echte Teilhabemöglichkeiten für die regionale und die kommunale Ebene gibt und wenn infolgedessen die zentralen Entscheidungen über unser aller Zukunft auch von denjenigen mitentschieden werden können, die am Ende für den Großteil der Umsetzung dieser Entscheidungen verantwortlich sind: die Kommunen und Regionen Europas.
Als SPD-Fraktion begrüßen wir grundsätzlich jede Initiative, die einen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels liefert. In der Konferenz zur Zukunft Europas sehen wir die richtige Plattform, um diesen Prozess weiter anzustoßen.
Dass Ihr Antrag ausgerechnet jetzt ins Plenum kommt, liegt – so interpretiere ich es zumindest – an der Präsidiumssitzung des Ausschusses der Regionen in der vergangenen Woche, die ursprünglich in Düsseldorf stattfinden sollte. Die Sitzung hat dann digital stattgefunden, was angesichts der aktuellen Situation natürlich nachvollziehbar ist.
Ich gehe gleich noch näher auf die einzelnen Punkte des vorliegenden Antrags ein, möchte aber vorab noch etwas Grundsätzliches anmerken:
Es wäre schön gewesen, wenn die Landesregierung oder die Koalitionsfraktionen in der vergangenen Ausschusssitzung explizit auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht hätten. Ich habe volles Verständnis dafür, dass die Landesregierung die Teilnahme des Ministerpräsidenten an einer Sitzung des AdR-Präsidiums ohne Einbeziehung der Opposition plant. Vermutlich hat auch die Verlegung des Formats ins Internet dazu beigetragen, dass der Einladekreis deutlich kleiner ausgefallen ist, als das bei einer öffentlichen Sitzung in Düsseldorf der Fall gewesen wäre.
Dass das Parlament bei so grundlegenden Fragen wie der Zukunft Europas nach der COVID-19-Krise – so der Titel der Sitzung – völlig außen vor gelassen wird, kann ich nicht nachvollziehen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Unser Verständnis von einer Weiterentwicklung Europas und – das sei mir an dieser Stelle gestattet – von einer wirklichen Zusammenarbeit hier im Hause sieht dann doch ein bisschen anders aus.
Jetzt noch ein paar Worte zum Inhalt des Antrags: Wie eingangs gesagt, unterstützen wir grundsätzlich die Richtung des Antrags. Er bleibt an vielen Stellen oberflächlich und richtet sich an anderen Stellen nicht ganz an die richtigen Adressaten.
Besonders bedauerlich finden wir, dass Sie den Bericht der Taskforce für Subsidiarität zwar im Prosateil zitieren, aber viele Impulse aus dem Bericht gar nicht aufnehmen. Beispielsweise empfiehlt die Taskforce,
quer durch das Mehrebenensystem zusammenzuarbeiten, um eine bessere Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern zu etablieren. Hier könnte NRW mit innovativen Konzepten Impulsgeber sein.
Auch empfiehlt die Taskforce, dass regionale Parlamente in den Prozess der Kontrolle noch stärker einbezogen werden sollten. Es ist generell auffällig, dass regionale Parlamente aus ihrer Sicht keine zentrale Rolle im europäischen Mehrebenensystem spielen – oder vielleicht spielen sollten. Das finden wir falsch. Die Rolle der Regionen aufzuwerten, heißt für uns auch, die Rolle regionaler Parlamente aufzuwerten.
Sie sehen: Es gibt an dieser Stelle noch viel zu klären. Aus diesem Grund freuen wir uns auf jeden Fall auf die konstruktiven Diskussionen im Ausschuss. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen! Nordrhein-Westfalen ist Sportland Nummer eins. Im Breitensport, aber auch im Leistungssport kann kaum ein anderes Bundesland eine so hervorragende Sportinfrastruktur vorweisen; darauf können wir stolz sein.
Gleichzeitig ist uns das aber auch Ansporn. Wir wollen NRW als Sportland weiterentwickeln, damit bei uns auch in Zukunft Sport so hervorragend gefördert wird.
Vor allem im Leistungssport gehören dazu die vielen exzellenten Trainerinnen und Trainer, die Vereine und natürlich auch die Ausbildungs- und Fördermöglichkeiten in den Schulen. Wichtig ist dabei, dass eine
optimale leistungssportliche Entwicklung nicht auf Kosten einer optimalen schulischen Bildung geht; natürlich gilt das auch umgekehrt.
Um diese beiden Elemente bestmöglich miteinander zu verbinden, hat das Land NRW vor 16 Jahren die ersten Sportschulen eingerichtet. Hier sollen junge Leistungssportlerinnen und Leistungssportler bestmögliche Rahmenbedingungen vorfinden, um neben einer guten Schulbildung auch ein anspruchsvolles Trainingsprogramm absolvieren zu können.
Seit ihrer Einrichtung wurden Sportschulen immer weiter verbessert. Vor allem zwischen 2010 und 2017 hat das Land gemeinsam mit dem Landessportbund, den Olympiastützpunkten und der Sportstiftung die Förderung von Leistungssport in NRW auf ein neues Niveau gehoben.
In der rot-grünen Regierungszeit wurden damals unter anderem der Beirat NRW-Sportschulen eingerichtet, die Leitlinien zur Verbesserung des Sportunterrichts geschärft, das Verbundsystem Schule und Leistungssport verbessert und die systematische wissenschaftliche Programmevaluation der NRWSportschulen durch die Sporthochschule Köln in Auftrag gegeben.
Die beiden daraus hervorgegangenen Evaluationsberichte zu den 18 Sportschulen, auf denen sich der hier vorliegende Antrag gründet, zeigen, dass es zwar an der einen oder anderen Stelle noch Bedarf an Feinjustierungen gibt, die Sportschulen in NRW insgesamt aber eine echte Erfolgsgeschichte geworden sind. Darauf können wir stolz sein.
Ich freue mich deshalb, dass CDU und FDP sich nun bemühen, mithilfe der beiden Evaluationsberichte der Sporthochschule Köln die empfohlene Feinjustierung vorzunehmen, um Sportschulen noch fester zu verankern. Einmal mehr sehen wir, dass das Rad, wenn die Vorgängerregierung hervorragende Arbeit geleistet hat, im Anschluss nicht neu erfunden werden muss.
Inhaltlich will ich bezüglich der Weiterentwicklung der Sportschulen auf zwei Punkte eingehen, die unserer Meinung nach das besondere Potenzial verdeutlichen, das in Sportschulen steckt.
Zum einen sind das die Chancen und Potenziale der Digitalisierung. Moderner Leistungssport ist längst im digitalen Zeitalter angekommen. Dort werden schon seit Jahren Analyseverfahren, Coaching oder einfach nur die Terminplanung mithilfe digitaler Lösungen optimiert. Für die Sportlerinnen und Sportler bedeutet das mehr Effizienz, mehr Transparenz und vor allem mehr Sicherheit.
Gerade für unsere Schulen würde ich mir das auch wünschen, denn das nordrhein-westfälische Schulwesen hat
in dieser Hinsicht ohne Zweifel – nennen wir es mal – Anlaufschwierigkeiten.
Wenn Sportschulen hier vorangehen und auf ganz praktische Weise zeigen, wie effektiv und gleichzeitig einfach digitale Lösungen sein können, entsteht nicht nur ein Mehrwert für Sportschulen, sondern vielleicht auch für andere Schulformen.
Zum anderen möchte ich einen weiteren Punkt besonders hervorheben: Natürlich sind Sportschulen nicht nur Orte, an denen klassische Schulbildung vermittelt wird, sondern auch Orte, an denen gelernt werden soll, wie man mit besonderem Leistungsdruck umgehen kann, denn Leistungssportlerinnen und Leistungssportler sind teilweise schon in sehr jungen Jahren extremem Wettbewerbsdruck ausgesetzt.
Viele erleben ihre Jugend anders als andere Jugendliche. Sie tun das natürlich freiwillig, aber das ändert nichts an der speziellen Situation, in der sie sich befinden.
Große Disziplin und eine gewisse Bereitschaft, in vielen Bereichen außerhalb des Sports Opfer zu bringen, sind oft Grundvoraussetzung für eine Karriere im Leistungssport.
Wie Jugendliche mit diesem Druck umgehen, hängt natürlich von ihrer Persönlichkeit und ihrem familiären Rückhalt ab. Häufig spielt aber auch das soziale und schulische Umfeld eine Rolle.
Sportschulen sind Orte, an denen dieser Druck innerhalb eines pädagogischen Rahmens reflektiert und aufgefangen werden kann. Hier sehen wir Potenziale, die für das gesamte Verbundsystem Schule und Leistungssport in NRW relevant sein können.
In Ihrem Antrag gehen Sie auf diese beiden Felder leider nur ganz am Rande ein; da hätten wir uns deutlich stärkere Impulse gewünscht. Aus diesem Grund werden wir uns zu diesem Antrag enthalten.
Nichtsdestotrotz unterstützen wir natürlich die Weiterentwicklung der Sportschulen und freuen uns darauf, auch in Zukunft an der Weiterentwicklung des Sportlandes NRW mitzuwirken. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön. – Herr Minister, warum durften Medienvertreter auf der Veranstaltung weder filmen noch fotografieren?
Offiziell waren die Medien ja nicht eingeladen. Es kursieren trotzdem Fotos beispielsweise auf Twitter, auf denen man erkennen kann, dass mindestens ein Tisch zu klein war, beziehungsweise zu viele Personen an diesem Tisch gesessen haben, der Mindestabstand also nicht eingehalten werden konnte. Frage: Wie konnte das passieren? Warum ist darauf nicht geachtet worden?
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir feiern in diesen Tagen das siebzigjährige Jubiläum unserer Landesverfassung. Als unsere Vorgängerinnen und Vorgänger am 18. Juni 1950 die Verfassung im Landtag annahmen und diese dann am 11. Juli in Kraft trat, lag eine Menge Arbeit bester demokratischer Art hinter ihnen.
Diese Arbeit hat sich ohne jeden Zweifel gelohnt. Wir haben eine Verfassung, die stabil und solide ist, und weil das so ist, ändert man die Verfassung auch nicht nach Belieben, und erst recht ändert man sie nicht leichtfertig.
Aber was für eine großartige Geschichte der europäische Einigungsprozess werden würde, konnten die Väter und Mütter sowohl des Grundgesetzes als auch unserer Landesverfassung vermutlich nicht einmal in ihren kühnsten Träumen erahnen. Wenn dann aber Träume wahr werden oder – prosaischer gesagt – die Realität eine andere geworden ist, dann muss man auch den Mut und das Selbstbewusstsein haben, etwas wirklich Gutes noch besser zu machen.
60 % der Exporte unserer Unternehmen und Betriebe fließen in die EU-Staaten. Das macht deutlich, wie viele nordrhein-westfälische Existenzen an einem vereinten Europa hängen. Viele, vor allem kleine landwirtschaftliche Betriebe in NRW, könnten ohne die gemeinsame Agrarpolitik überhaupt nicht überleben. Menschen an der niederländischen oder der belgischen Grenze erfahren im Zuge der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit eine enorme Aufwertung ihrer Lebensumstände.
Was ein geeintes Europa für die nordrhein-westfälischen Kommunen, die nordrhein-westfälische Zivilgesellschaft mit ihren Tausenden kleinen und mittleren Unternehmen bedeutet, das muss ich an dieser Stelle wohl niemandem erklären, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Allein in den letzten sieben Jahren hat NRW – und mit ihm seine Kommunen, seine Zivilgesellschaft und viele Betriebe – insgesamt etwa 2,4 Milliarden Euro EU-Strukturfördermittel erhalten. Das ist etwa 1 Million Euro pro Tag. Seit ich angefangen habe zu reden, hat Nordrhein-Westfalen also fast 3.500 Euro Strukturfördermittel erhalten – für den kommunalen Umweltschutz, für soziale Streetwork-Initiativen oder für ein digitales Start-up.
Aber natürlich geht es hier im Kern nicht nur um finanzielle Vorteile. Das Projekt Europa ist immer schon bedeutender und größer gewesen als Rechenspiele. Es geht heute darum, die untrennbare Verknüpfung zwischen einem erfolgreichen, einem zukunftsorientierten und einem sozial gerechten Nordrhein-Westfalen und dem europäischen Integrationsprozess in unserer Landesverfassung zu verankern.
Dieser Antrag heute ist ein wichtiger Baustein auf diesem Weg. Ein Europabekenntnis in unserer Landesverfassung hilft dabei, den europäischen Einigungsprozess positiv zu begleiten. Die demokratischen Kräfte in diesem Haus unterstreichen mit diesem Gesetzentwurf hier und heute: NRW bleibt bunt, NRW bleibt offen, und NRW bleibt frei.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich den engagierten Bürgerinnen und Bürgern Nordrhein-Westfalens für ihre Mitwirkung an einem Europabekenntnis in der Landesverfassung danken. Allen voran haben die Jungen Europäischen Föderalisten und die Europa-Union mit ihren guten Kampagnen einen wertvollen Beitrag zum Zustandekommen dieses Gesetzentwurfes geleistet.
Die vorgeschlagene Verfassungsänderung ist nicht nur ein starkes Zeichen für Europa, sie ist auch ein starkes Zeichen an die nordrhein-westfälische Zivilgesellschaft: Ihr Engagement ist wichtig für unser Land. Seien Sie weiter mutig, und stehen Sie weiter
so beharrlich für ein offenes und zukunftsorientiertes Nordrhein-Westfalen ein. Ihr Engagement trägt heute hier Früchte.
Abschließend möchte ich mich noch bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die gute und harmonische Zusammenarbeit bei der Arbeit an diesem Antrag ausdrücklich bedanken. Ich freue mich, dass die Zusammenarbeit trotz aller parteipolitischen Unterschiede so gut gelungen ist. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Klimaschutz ist Zukunftsschutz. Das ist glücklicherweise bei den allermeisten vernunftbegabten Menschen in
Europa angekommen. Mehr noch als bei der Bewältigung anderer Probleme hängen Erfolg oder Misserfolg klimapolitischer Maßnahmen vom weltweiten Beteiligungsgrad ab.
Wir könnten in Nordrhein-Westfalen das beste Klimaschutzprogramm der Welt haben – es wäre langfristig kaum etwas gewonnen, wenn die internationale Staatengemeinschaft nicht mitzöge.
Der vorliegende Antrag der Grünen greift genau diesen Punkt auf. Der neue klimapolitische Schwung, der auf EU-Ebene zu beobachten ist – Stichwort: Green New Deal – muss sich auch in der Außenpolitik der EU widerspiegeln, sonst wären alle Bemühungen um eine erfolgreiche Klimapolitik mangelhaft.
Die Europäische Union wird oft als sogenannte Softpower beschrieben, also als eine Akteurin, die nicht über militärische Abschreckung und andere klassische harte Instrumente verfügt, sondern über weichere Mechanismen ihren Einfluss ausübt. Dazu gehört vor allem auch das Instrument der Diplomatie. Allein als stärkster Wirtschaftsraum der Erde hat die Europäische Union einen großen Hebel, um andere Akteure mitzunehmen.
Genau das ist in dieser Zeit auch bitter nötig. Die Entwicklungen in den Vereinigten Staaten oder in Brasilien sowie das kühle Machtgebaren in China und Russland haben das Pariser Klimaabkommen und mit ihm unsere vielleicht letzte Chance, die ganz große Klimakatastrophe noch abzuwenden, in ernsthafte Existenznöte gebracht. Es kommt deshalb jetzt auf uns in Europa an, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Natürlich sind die Einflussmöglichkeiten unseres Bundeslandes auf die EU-Klimadiplomatie begrenzt. Wie der Antrag aber aufzeigt, geht es im Wesentlichen darum, dieses Thema überall dort auf die Agenda zu setzen, wo wir als Land Mitgestaltungsmöglichkeiten haben.
Diese Mitgestaltungsmöglichkeiten haben wir – nicht nur im Bundesrat und in der Europaministerkonferenz. Auf der Arbeitsebene beispielsweise entsendet das Land Mitarbeiter nach Berlin für die Vorbereitung und Durchführung der EU-Ratspräsidentschaft. Über den Ausschuss der Regionen können sie direkt auf EU-Ebene Einfluss auf die dortige Agenda nehmen.
Die entscheidende Frage ist also nicht, ob das Land einen Beitrag zu einer europäischen Klimapolitik leisten kann, sondern, ob die handelnden Akteure es wollen. Die Beziehungen zwischen NRW und den Beneluxstaaten sind im Übrigen geradezu prädestiniert, hier auch im Kleinen Großes zu bewirken.
Im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gibt es schon eine Vielzahl von Projekten und Initiativen für einen gemeinsamen Klimaschutz. Ich
würde mir wünschen, dass hierzu von der Landesregierung mehr eigene Impulse ausgehen.
In Ihrem Koalitionsvertrag schreiben Sie, dass Sie mit unseren Nachbarn in den Bereichen „Sicherheit“, „Katastrophenschutz“, „Arbeitsmarkt“, „Energie“, „Bildung“, „Kita-Betreuung“, „Digitalisierung“ und „Hochschulkooperationen“ eng zusammenarbeiten möchten. Für die Zusammenarbeit im Bereich „Klimapolitik“ sind offenbar keine eigenen Impulse angedacht.
Das gilt im Übrigen auch für die entwicklungspolitischen Schwerpunkte der Landesregierung aus dem Dezember letzten Jahres. Diesbezüglich soll lediglich geprüft werden, wie die Erfahrung NRWs und der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen für die Partnerregionen nutzbar gemacht werden können. Arten- und Naturschutz tauchen aber überhaupt nicht auf.
Eine ehrgeizige Klimapolitik vor dem Hintergrund der Agenda 2030 und den Existenznöten des Pariser Klimaabkommens sieht anders aus, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der vorliegende Antrag zeigt unserer Meinung nach Möglichkeiten auf. Deshalb werden wir ihm zustimmen. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst die Gelegenheit nutzen, um mich bei all denen zu bedanken, die momentan alles geben, um unser System in der aktuellen Krise am Laufen zu halten.
Dazu gehören viele, um deren Berufsausbildung es im vorliegenden Antrag auch geht. Von der Einzelhandelskauffrau bis zum Krankenpfleger zeigen derzeit nämlich vor allem die Ausbildungsberufe, wie man in einer solch beispiellosen Krise die Nerven behält. So sehen echte Vorbilder aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zu Ihrem Antrag. Ich freue mich, dass wir endlich darüber reden, wie auch Auszubildende mehr am europäischen Einigungsprozess teilhaben können. In gewisser Weise freue ich mich außerdem darüber, dass ich mit meiner Kleinen Anfrage vom 8. August letzten Jahres
offenbar einen größeren Anstoß für das Thema geleistet habe, als ich es damals erwarten durfte.
Es ist völlig richtig, dass Auszubildende deutlich weniger stark von grenzüberschreitenden Ausbildungsformaten profitieren als etwa Studierende. Auslandserfahrungen während der Ausbildung sollten für jeden möglich und kein Privileg von Akademikerinnen und Akademikern sein.
Ich stimme Ihrem Antrag auch dahin gehend zu, dass grenzüberschreitende Austauschformate für Auszubildende und deren Betriebe bisher eine eher untergeordnete Rolle in der Ausbildung spielen.
Das können wir ändern, und das sollten wir dringend ändern – nicht nur, um, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, die grenzüberschreitende Rekrutierung von Fachkräften zu verbessern.
Ich habe es sehr begrüßt, als die Landesregierung 2018 erklärt hat, sich dem Vorhaben der Bundesregierung anzuschließen und den Anteil von Auszubildenden mit Auslandserfahrung innerhalb der Ausbildung auf mindestens 10 % zu steigern. Das ist schön und gut, aber offenbar kann die Landesregierung das Erreichen dieses selbst gesteckten Ziels überhaupt nicht überprüfen. Auf meine Frage, wie viele nordrhein-westfälische Auszubildende 2018 und im ersten Halbjahr 2019 einen Lernaufenthalt im Ausland absolviert hätten, antwortet die Landesregierung, es gebe keine validen Daten dazu.
Ich frage Sie: Wieso steckt die Landesregierung sich ein Ziel, dessen Erreichung sie überhaupt nicht überprüfen kann? Das sieht dann doch sehr nach Schönwetterpolitik aus. Das Blaue vom Himmel zu versprechen, ist einfach, wenn sich im Nachgang nichts davon überprüfen lässt.
Über Zertifikate für Betriebe, wie sie die Landesregierung vergibt, und kleine Infokampagnen, wie sie hier gefordert werden, kann man nichtsdestotrotz natürlich einen – wenn auch noch so kleinen – Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten.
Wenn wir aber den Azubis in NRW in der Breite mehr Auslandserfahrung innerhalb ihrer Ausbildung ermöglichen wollen, dann müssen wir uns mehr trauen – deutlich mehr; mit einem starken Zeichen.
Landesseitige Zuschüsse für Azubis und Betriebe wären zum Beispiel ein solches Zeichen. Eine groß angelegte landesweite Kampagne mit prominenten Köpfen zum Thema Auslandserfahrung in der Ausbildung wäre ebenfalls ein solch starkes Zeichen.
Was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist dagegen nur ein Zuruf an die Landesregierung: Alles prima, was ihr macht, mehr brauchen wir nicht!
Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren aus dem Antrag und dem Beschlussteil. Da lautet es:
„Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
1. bestehende Initiativen für einen grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt zu stärken, … 2. die von den Kammern bereitgestellten Zusatzqualifikationen … bekanntzumachen … 3. Auslandspraktika … stärker zu bewerben.“
Ich glaube, dass das ganz dünnes Eis ist, dass das sehr, sehr wenig ist, und ich glaube, dass wir viel, viel mehr brauchen. Ich möchte deshalb diesem Antrag an dieser Stelle widersprechen – und zwar auch deshalb, weil Sie etwas gar nicht in den Fokus genommen haben: die berufliche Ausbildung nach der Covid-19-Pandemie.
Im Schul- und Ausbildungsbereich geht es gerade in ganz Europa drunter und drüber. Einige Länder halten keine Abschlussprüfungen ab, andere verschieben sie, und wieder andere suchen noch nach einer Lösung.
Da wäre doch jetzt ein guter Zeitpunkt zu beginnen, uns Gedanken zu machen, wie wir in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit damit umgehen. Denn wie genau sie nach der Krise aussehen wird, dass weiß heute noch niemand. Eines ist jedoch sicher: Es wird sich vieles verändert haben, wenn Auszubildende ihre Ausbildung wieder aufnehmen.
Selbst wenn wir Ihre Forderungen in Ihrem Antrag für zu unambitioniert und unkonkret halten, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre für uns eine Zustimmung möglich gewesen, wenn gerade diese drängendsten Fragen in Ihrem Antrag behandelt worden wären. Aber leider ist er nicht nur unkonkret und unambitioniert, sondern er geht am Zeitgeschehen komplett vorbei. Uns bleibt deshalb auch nichts anderes übrig, als ihn abzulehnen.
Ich möchte an dieser Stelle aber trotzdem eine Einladung an alle demokratischen Fraktionen und die Landesregierung aussprechen. Lassen Sie uns gemeinsam neue wirkungsvolle Initiativen auf den Weg bringen, um Auslandserfahrung nach der Krise viel stärker als bisher in der beruflichen Ausbildung in NRW zu verankern. Wir alle sollten mit den Vorschlägen dazu nicht zurückhaltend sein, wir sollten sie forcieren, wir sollten uns zusammen Gedanken machen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der letzten Woche hat sich Bundeskanzlerin Merkel zu den bedenklichen Ereignissen in Thüringen zu Wort gemeldet. Sie hat ihre klaren Worte nicht in Berlin gesprochen, sondern während eines Besuches in Südafrika. Während dieses Besuches stellte die Kanzlerin klar, dass Südafrika schon lange eine wichtige Bedeutung als wirtschaftliches Ankerland in Afrika hat.
Das hat – und das schreiben Sie ja in Ihrem Entschließungsantrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP – auch die nordrhein-westfälische Zivilgesellschaft längst erkannt.
Weil Südafrika als Ankerland so wichtig ist, fordern wir eine enge, eine engere Partnerschaft mit Südafrika, gerne nach dem Vorbild der Partnerschaft zwischen Ghana und NRW. Sämtliche Sachverständige, die wir bei der Anhörung zu dem Thema im Ausschuss gehört haben, stimmen dem im Übrigen zu.
Das Engagement Nordrhein-Westfalens in Südafrika muss ausgeweitet werden. Es darf nicht stagnieren oder gar zurückgefahren werden.
CDU und FDP haben leider immer wieder abgewinkt und argumentiert, für eine enge Partnerschaft sei Südafrika, angeblich im Gegensatz zu Ghana, zu divers und mit zu vielen internen Problemen konfrontiert.
Dabei ähneln sich Ghana und Südafrika in vielerlei Hinsicht. Beide Länder setzen sich aus heterogenen, unterschiedlichen Ethnien zusammen, die verschiedene Sprachen und Kulturen haben. Beide Länder sind nicht frei von Herausforderungen. Auch der unterschiedliche Entwicklungsstand zwischen einzelnen Regionen ist in Ghana wie in Südafrika extrem. Zum Zeitpunkt der Verlängerung des Partnerschaftsabkommens mit uns hier in NRW etwa steckte Ghana tief in einer Energiekrise.
Sie sprechen in Ihrem Antrag von Korruption und Vetternwirtschaft in Südafrika. Da bewegen Sie sich argumentativ auf sehr dünnem Eis, meine Damen und Herren. Transparency International hat mit seinem Korruptionswahrnehmungsindex ausgerechnet, dass beide Länder, Ghana und Südafrika, miserabel abschneiden – und dabei liegt Ghana noch hinter Südafrika, negativ gesehen.
Seit Cyril Ramaphosa die Regierungsgeschäfte von Jacob Zuma übernommen hat, hat sich die politische Lage zumindest ein Stück weit verbessert. Sicher, die ganz großen und tief greifenden Missstände aus neun Jahren Kleptokratie sind immer noch deutlich zu spüren. Aber in welche Richtung sich Südafrika
jetzt entwickelt, hängt auch davon ab, wer zu seinen engsten Partnern gehört und gehören will und das dann auch so spielt.