Jens Kamieth

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Last Statements

Vielen Dank. – Herr Minister, Sie hatten eben zugesagt, Antworten schriftlich nachzureichen. Wird das noch vor der Wahl geschehen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! 270 Häftlinge flohen nach einem Bericht der „Rheinischen Post“ vom 10. März 2016 in NordrheinWestfalen aus dem offenen Strafvollzug. In den übrigen Bundesländern lag diese Zahl 2016 insgesamt bei nur 93. Nordrhein-Westfalen zählt also dreimal so viele Entweichungen wie alle anderen Bundesländer zusammen – eine traurige Spitzenposition.
Diese alarmierende Situation
ordnet sich in eine ganze Reihe von Vorkommnissen, Alarmmeldungen und Skandalen im Justizvollzug von NRW ein. Juni 2016: Tod eines Häftlings nach einer Auseinandersetzung in der JVA Duisburg. Mai 2016: gewaltsamer Tod eines Jugendlichen in der JVA Wuppertal-Ronsdorf. April 2016: Verlust von 1.000 Schuss Munition in der JVA Wuppertal-Ronsdorf. April 2015: Flucht eines verurteilten Mörders aus der JVA Rheinbach. Mai 2014: spektakuläre Flucht aus der JVA Herford. März 2012: Ausbruchserie in der JVA Bochum.
Dazu kommen die strukturellen Probleme des Vollzuges: Die Warnung im Dezember 2016: Gewalt gegen JVA-Bedienstete nimmt zu; das ungelöste Problem mit Inhaftierten aus dem Maghreb; 180 offene Stellen im NRW-Strafvollzug – Planstellen müssen besetzt werden; das Schaffen neuer Stellen allein
bringt nichts –; fehlende Haftraumkapazitäten in den Justizvollzugsanstalten: Auslastungsquoten von
mehr als 105 % der Bruttobelegung, zum Beispiel in Gelsenkirchen, Dortmund, Hamm und Kleve; Hin und Her bei der JVA-Planung: drei geschlossene Anstalten, die teilweise seit der Räumung der JVA Münster wieder genutzt werden. Trotz Einschalten des Ministers konnte nach jahrelanger Suche noch kein Standort für die JVA in Münster gefunden werden.
Es gibt ein Justizmodernisierungsprogramm in Höhe von 750 Millionen €, doch in Luftschlössern kann man keine Gefangenen unterbringen. Mängel im Strafvollzugsgesetz: Der Vorrang des geschlossenen Vollzuges hätte, genauso wie ein konsequenter Prüfungsmaßstab für Vollzugslockerungen, normiert werden müssen, um die oben erläuterten Fälle zu verhindern. Suizide im Strafvollzug: Es gab 18 Suizide im Jahr 2016 im NRW-Strafvollzug; die Schutzpflicht des Staates wurde vernachlässigt.
Und nun: 126 Personen aus dem offenen und geschlossenen Vollzug sind flüchtig.
Hier werden eklatante Mängel und fehlende Konsequenz des Justizministers offenkundig. Sein Glück ist eigentlich nur, dass diese Verfehlungen unter dem Radar der Öffentlichkeit laufen, damit nicht neben seinem Ministerkollegen Jäger ein noch größerer Pannenminister auf der Regierungsbank sitzt. Die Versäumnisse in der Innenpolitik dürfen aber die Versäumnisse des Justizministers nicht verdecken.
Die Schwächen des Justizvollzuges, welche die Bediensteten ausbaden müssen, sind hausgemacht. Wir als CDU fragen uns, wie es zu dieser besorgniserregenden Entwicklung kommen konnte. Wie will der Justizminister bis Mai in Nordrhein-Westfalen den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor entflohenen Straftätern wieder sicherstellen?
Gegenüber der „Rheinischen Post“ teilte das Justizministerium nicht nur mit, dass es 270 Entweichungen von Inhaftierten des offenen Vollzuges im Jahr 2016 gab, sondern auch, dass sich derzeit 126 Insassen aus nordrhein-westfälischen Gefängnissen auf der Flucht befinden. Bei den Flüchtigen soll es sich um Häftlinge aus dem offenen Vollzug handeln, die abends nicht mehr in das Gefängnis zurückkehrten.
Es wird nicht bei jedem der 126 Fälle eine Gefahr für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger bestehen. In vielen Fällen wird es sich nur um Kleinkriminelle handeln. Ich möchte dennoch an die Flucht eines Häftlings aus dem offenen Vollzug aus der JVA Euskirchen im Jahr 2016 erinnern. Da floh ein zu lebenslanger Haftstrafe verurteilter Mörder aus dem offenen Vollzug. Wer will da bestreiten, dass es eine Gefährdungslage gab?
Schutz und Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger erreichen wir, indem wir Taten von vornherein verhindern. Das wird einerseits durch eine reaktionsfähige und gut ausgestattete Polizei sichergestellt, andererseits durch einen behandlungsorientierten und sicheren Strafvollzug. Doch dazu müsste der Strafvollzug organisatorisch, baulich und personell in der Lage sein. Aber die Realität sieht anders aus. Die Probleme im Vollzug häufen sich.
Die aktuellen Zahlen geben Anlass zur Sorge und zeigen: Der Justizminister hat den Strafvollzug nicht im Griff. Darüber können auch seine verbindlichen und netten Worte nicht hinwegtäuschen.
Zu viele Häftlinge, denen Lockerungen gewährt werden, begehen Straftaten und kehren nie wieder zurück. Es ist dringend eine konsequente Ahndung von Lockerungsverstößen notwendig.
Klarstellen möchte ich, dass es hier nicht um eine grundsätzliche Kritik an der Form des offenen Vollzugs geht. Resozialisierung dient der Vermeidung hoher Rückfallquoten. Qualifizierte Täterarbeit ist der beste Opferschutz.
Auch das Bundesverfassungsgericht betont, dass mit jeder Vollzugslockerung naturgemäß ein Risiko der Entweichung aus der Haft oder eines Missbrauchs verbunden ist. Entscheidend ist vielmehr, ob dieses Risiko unvertretbar erscheint; denn der gesetzliche Auftrag besteht eben nicht nur in der individuellen Resozialisierung, sondern auch in dem sicherzustellenden Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.
Der Vergleich mit anderen Bundesländern macht deutlich, dass es der politische Wille dieses Justizministers ist, dass in Nordrhein-Westfalen der Vollzug deutlich schneller gelockert wird. Sind denn in NRW mehr Gefangene für den offenen Vollzug geeignet? Klar ist jedenfalls: Es darf nicht dazu kommen, dass Gefangene in den offenen Vollzug gelangen, um Versäumnisse im geschlossenen Vollzug auszubügeln.
Unzureichende Haftraumkapazitäten in NordrheinWestfalens Strafvollzug dürfen niemals dazu führen, dass ungeeignete Personen in den offenen Vollzug kommen.
Wenn Personen ihre Strafe im offenen Vollzug absitzen, dann erwarten wir, dass dagegen vorgegangen wird, wenn sie die Regeln des Vollzugs nicht einhalten. Eine Strafe muss auch vollzogen werden. Warum klappt das in NRW nicht?
Der Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen muss nachhaltig gestärkt werden. Nur dann können Instrumente wie der offene Vollzug verantwortungsvoll eingesetzt
werden. Hoffen wir, dass die Versäumnisse der rotgrünen Landesregierung bis Mai nicht noch schlimme Folgen haben werden. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Über die Daseinsberechtigung von Kinderrechten müssen wir nicht diskutieren. Kinderrechte sind Menschenrechte. Was könnte uns mehr am Herzen liegen als der Schutz unserer Kinder und die Wahrung ihrer Rechte?
Das 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Übereinkommen über die Rechte des Kindes wurde mit Ausnahme der USA von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert. Deutschland gibt somit die Garantie von Schutz-, Förderungs- und Beteiligungsrechten von Kindern und Jugendlichen. Auch in Nordrhein-Westfalen arbeiten verschiedenste Stellen an der Umsetzung und Einhaltung der Konvention.
Die Fraktion der Piraten beklagt heute in ihrem hier vorliegenden Antrag, es gebe ein Informationsdefizit bezüglich der Kinderrechte. Sie fordert Maßnahmen, um die Menschen in Nordrhein-Westfalen unter Bereitstellung der hierfür erforderlichen finanziellen Mittel über die Kinderrechte zu informieren. Doch wie konkret diese Information aussehen soll, verraten Sie uns nicht.
Weiter fordern die Piraten, sicherzustellen, dass die Qualifikation derjenigen Fachkräfte verbessert
werde, deren Handeln Kinder betrifft. Konkret geht es um die Rechte von Kindern und Jugendlichen und um Hilfsangebote für in ihren Rechten verletzte Minderjährige. Dies ist zum Glück bereits gelebte Praxis. Insofern sehen wir hier keinen Handlungsbedarf.
Bei der Bereitstellung von Informationen für Kinder und Jugendliche über ihre Rechte sowie Hilfsangebote und Beteiligungsmöglichkeiten passiert bereits ebenfalls viel, auch wenn hier sicherlich noch Luft nach oben ist.
Zuletzt fordert die Fraktion der Piraten, Kinder und Jugendliche besser am Prozess zu beteiligen, wenn es um die Wahrung ihrer Rechte geht. Wir als CDUFraktion sehen hier keine Regelungslücke. Das Sozialgesetzbuch VIII regelt umfassend die bereichsspezifische Pflicht zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. In Nordrhein-Westfalen sind die Kinderrechte im von uns sehr gut auf den Weg gebrachten KiBiZ verankert.
Ich zitiere daraus mit Erlaubnis des Präsidenten den § 13 Abs. 6:
„Die Bildungs- und Erziehungsarbeit wirkt darauf hin, Kinder zur gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe zu befähigen. Daher sollen Kinder ihrem Alter, ihrem Entwicklungsstand und ihren Bedürfnissen entsprechend bei der Gestaltung des Alltags in der Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege mitwirken.“
„Sie sind vom pädagogischen Personal bei allen sie betreffenden Angelegenheiten alters- und entwicklungsgerecht zu beteiligen. Zum Wohl der Kinder und zur Sicherung ihrer Rechte sind in Tageseinrichtungen geeignete Verfahren der Beteiligung und die Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten vorzusehen und zu praktizieren.“
Damit ist das Wesentliche gesagt.
Kinderrechte wirklich umzusetzen, heißt aber natürlich auch, Ungleichheiten zwischen Kindern unterschiedlicher sozialer Herkunft auszugleichen und sicherzustellen, dass auch die Rechte von Kindern aus eher bildungsferneren Milieus im Alltag gewahrt werden.
Ja, gerne.
Dr. Dennis Maelzer (SPD: Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben eben sehr begeistert eine Passage aus dem KiBiZ zitiert, die aufgrund einer entsprechenden Änderung der rot-grünen Landesregierung so im KiBiZ aufgenommen worden ist.
Könnten Sie uns mitteilen, wie die CDU-Fraktion bei dieser Änderung votiert hat?
Vielen Dank für die Frage, die mir noch einmal die Gelegenheit gibt, deutlich zu machen, dass das KiBiZ deswegen in einen schlechten Ruf geraten ist, weil Sie es nicht mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausstatten.
Die Kritik, die man bei jeglichen Besuchen in Kindertageseinrichtungen mitbekommt – das werden auch Sie sicherlich regelmäßig hören – richtet sich immer gegen die unzureichende Ausstattung, gegen Überlastung des Personals, gegen Berichtspflichten und, und, und. So gesehen kann ich einiges dazu berichten.
Kommen wir wieder zurück zu den eigentlichen Kinderrechten.
Möchte noch jemand eine Zwischenfrage stellen?
Ich hatte so den Eindruck.
Kinderrechte wirklich umzusetzen, heißt aber auch, ein Leben ohne Armut sicherzustellen. Laut dem aktuellen Sozialbericht der Landesregierung und dem 10. Kinder- und Jugendbericht, den das Ministerium Anfang dieses Jahres vorgestellt hat, sind sowohl Minderjährige als auch junge Erwachsene in Nordrhein-Westfalen unverhältnismäßig oft von relativer Einkommensarmut betroffen. Das ist so nicht hinnehmbar!
Abschließend möchte ich trotzdem festhalten: Mir als Vater von drei Kindern ist die Garantie und Wahrung der Kinderrechte elementar wichtig. Ich habe diesbezüglich großes Vertrauen in die Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe, in die Jugendämter, in die Kindertagesstätten, in Schulen und in Vereine die in Nordrhein-Westfalen mit diesen Aufgaben betraut sind. Erzieher, Lehrer, sonstige Pädagogen und unzählige Ehrenamtliche verrichten in dieser Hinsicht bereits eine sehr gute Arbeit. Deshalb empfehle ich unserer Fraktion, sich zu enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Im Vergleich zum Haushaltsjahr 2016 weist der Einzelplan 04 erneut Mehrausgaben aus, diesmal in Höhe von 117,2 Millionen €. Gegenüber dem ersten Haushalt der rot-grünen Landesregierung im Jahr 2011 werden sogar rund 700 Millionen € mehr ausgegeben.
Die Regierungsfraktionen werden dies bejubeln.
Das macht deutlich, dass Sie immer noch nicht rechnen können und insbesondere immer noch nicht zu einer vernünftigen Haushaltspolitik gefunden haben.
Das Geld auszugeben ist kein Wert an sich, erst recht nicht, wenn es sich dabei um das sauer verdiente Geld unserer Bürgerinnen und Bürger handelt.
Mehrausgaben können immer nur dann gerechtfertigt werden, wenn sich durch die Ausgabe tatsächlich die Situation verbessert. Davon kann im Justizbereich leider keine Rede sein. Aber schauen wir uns die rot-grüne Schlussbilanz einmal genauer an:
Allein im Betreuungsrecht ist erneut ein massiver Kostenanstieg um 21,3 Millionen € auf nunmehr 240,3 Millionen € zu verzeichnen, ohne dass die Landesregierung auch nur ansatzweise erkennen ließe, wie sich dieser große Ausgabenblock langfristig eindämmen lassen soll.
Auch die Kosten für die Versorgung und Betreuung von Gefangenen haben mit 35,2 Millionen € einen neuen Höchststand erreicht und liegen allein um über 4 Millionen € höher als im Jahr 2011.
Dass sich die Situation im Strafvollzug dadurch verbessert hätte, wird niemand behaupten, der regelmäßig die Anstalten besucht und dort mit den Bediensteten und Gefangenen spricht. Die Verdoppelung der Suizidrate im NRW-Strafvollzug in diesem Jahr ist nur eines der vielen Negativbeispiele, die man in dem Zusammenhang nennen könnte.
Meine Damen und Herren, der Strafvollzug ist und bleibt im wahrsten Sinne des Wortes die Großbaustelle des Justizministers. Er hat es tatsächlich geschafft, den Behandlungsvollzug in den nordrheinwestfälischen Haftanstalten komplett zum Erliegen zu bringen. Sie haben zwar viele wohlklingende Behandlungs- und Therapiemaßnahmen für Gefangene ins Gesetz geschrieben, in der Praxis können diese allerdings nicht umgesetzt werden, weil sie schlichtweg zu teuer sind und an allen Ecken und Enden das Personal dafür fehlt.
Sinnbild dieses Dilemmas ist die JVA Münster. Dort hat es die Landesregierung in sechs Jahren nicht geschafft, endlich einen Bauplatz für eine Justizvollzugsanstalt zu finden. Stattdessen hat man die denkmalgeschützte Anstalt schlichtweg verfallen lassen. Die Folge war, dass im letzten Sommer an einem Tag praktisch 500 Gefangene aus Münster evakuiert und hastig auf andere Anstalten im Land verteilt werden mussten. Dieser Vorgang ist deutschlandweit einmalig und schon allein deshalb hochnotpeinlich.
Durch die schlagartige Umverteilung der Häftlinge aus Münster auf andere Anstalten ist auch in diesen Anstalten, die ebenfalls größtenteils fast vor dem Überlaufen standen und zum Teil auf eine andere Klientel ausgerichtet waren, der Behandlungsansatz komplett zusammengebrochen und konnte nicht mehr aufrechterhalten werden.
Hinzu kommt, dass im geschlossenen Erwachsenenstrafvollzug ohnehin nicht genügend Einzelhafträume vorhanden sind, um den von Rot-Grün eingeführten Rechtsanspruch auf einen Einzelhaftraum erfüllen zu können. Ich verweise dazu auf die Vorlage 16/4263 des Justizministeriums, aus der sich eindeutig ergibt, dass zum Stichtag 31.08.2016 im geschlossenen Erwachsenenvollzug 11.012 Häftlinge, aber nur 8.498 Einzelhafträume vorhanden waren. Das entspricht einem Fehlbestand von fast 2.500 Einzelhafträumen im geschlossenen Erwachsenenvollzug. Mit anderen Worten: Wenn alle Strafgefangenen ihren Rechtsanspruch kennen und durchsetzen würden, den Sie im vergangenen Jahr eingeführt haben, dann würde mit einem Schlag der Strafvollzug von heute auf morgen den Kollaps erleiden.
Auf die weiteren Missstände im Bereich der Rechtspolitik in Nordrhein-Westfalen kann ich leider nicht mehr zu sprechen kommen; dafür reichen fünf Minuten nicht aus. Es gäbe noch einiges zu sagen, zu der nach wie vor kritischen Personalbelastung von Richtern, Staatsanwälten, Rechtspflegerinnen und
Rechtspflegern, Gerichtsvollziehern und dann natürlich zum Projekt Justizzentrum Bochum. Das ist ja praktisch der Berliner Flughafen dieser rot-grünen Landesregierung: Ständig steigen die Kosten. Der Fertigstellungszeitpunkt wird nach hinten geschoben. Im Großen und Ganzen ist dieser Haushaltsplan ein einziges Flickwerk, das von einem unseriösen Haushaltsumgang zeugt.
Aus Sicht der CDU-Fraktion ist daher der Einzelplan 04 nicht zustimmungsfähig. Dem Haushalt für den Verfassungsgerichtshof werden wir selbstverständlich zustimmen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider muss ich feststellen, dass mit den heute von den anderen Fraktionen eingebrachten Gesetzentwürfen die Arbeit der Verfassungskommission konterkariert wird. Drei Jahre lang haben wir uns mit Änderungsbedarf, möglichen Änderungen unserer Landesverfassung beschäftigt. Wir haben viele Sachverständige gehört. Wir haben um Kompromisse gerungen – auch in der Frage der Einführung der Individualverfassungsbeschwerde.
Schön, dass Sie bei dem Thema „Verfassung“ lachen. –
Doch anscheinend wird von einigen in diesem Hause genau das nicht akzeptiert und respektiert, was den eigenen Wünschen nicht entspricht.
Die heutige Einbringung dieser Gesetzentwürfe dokumentiert, dass die Arbeit der Verfassungskommission nicht ernst genommen wird und die Abstimmungsergebnisse in der Kommission nicht respektiert werden.
Für die Zukunft haben wir genau damit erreicht, dass es weniger Akzeptanz für Gremien wie die Verfassungskommission geben wird. Dies bedauere ich sehr.
Schauen wir uns das Konstrukt der Individualverfassungsbeschwerde einmal genauer an. Eine Verfassungsbeschwerde ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der spezifische Rechtsbehelf des Bürgers gegen den Staat. Die Richtung „gegen den Staat“ soll sicherstellen, dass alle Akte
der gesetzgebenden, vollziehenden und richterlichen Gewalt auf ihre Grundrechtsmäßigkeit nachprüfbar sein sollen. Die Möglichkeit einer Popularklage, mit der eine vermeintlich erfolgte Grundrechtsverletzung allgemein und ohne eigene Verletzung gerügt wird,
ist dem einzelnen Staatsbürger durch die Verfassungsbeschwerde nicht gegeben.
Eine Individualverfassungsbeschwerde ist beim Bundesverfassungsgericht und in elf Bundesländern möglich. Im Rahmen der Verfassungshoheit können die Länder Grundrechte normieren und eigene Verfassungsgerichte errichten. Die Länder können somit selbstständig über die Zuständigkeiten der errichteten Landesverfassungsgerichte entscheiden.
Hinsichtlich der Einführung einer Individualverfassungsbeschwerde ist somit Nordrhein-Westfalen nicht an die Handhabung der anderen Bundesländer gebunden. Neben Nordrhein-Westfalen verzichten derzeit auch Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein auf die Möglichkeit der Individualverfassungsbeschwerde.
Tatsächlich besteht auch kein Bedarf. Ihre Einführung auf Landesebene ist nicht zwingend erforderlich, um den Einwohnern von Nordrhein-Westfalen einen angemessenen Rechtsschutz zu gewähren, da Gegenstand der Verfassungsbeschwerde beim Bund nicht nur Bundes-, sondern auch Landesrecht sein kann.
Man kann zwar argumentieren, dass die Aufwertung der Bedeutung des Verfassungsgerichtshofs eine Stärkung der Landesverfassung an sich und eine Rechtsschutzmöglichkeit im Lande bei Grundrechtsverletzungen positive Folgen der Öffnung dieses Rechtswegs wären.
Wenn uns allerdings daran gelegen ist, die Landesverfassung zu stärken, ist fraglich, ob eine so essenzielle Ausweitung der Rechte der Bürger und eine essenzielle und grundlegende Erweiterung des Aufgabenbereichs des Verfassungsgerichtshofs durch ein einfaches Gesetz vorgenommen werden darf oder ob nicht die Verfassungsänderung in diesem Fall ein Muss ist.
Außerdem ist fraglich, ob die vorgeschlagenen künftigen zulässigen Prüfungsgegenstände ausreichend klar formuliert sind oder ob nicht eine stärkere Subsidiarität der Landesindividualverfassungsbeschwerde notwendig ist.
All dies sind Fragen, die wir im Grunde schon erörtert haben. Wir werden sie aber selbstverständlich in den Ausschüssen nochmals intensiv erörtern. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen zu dem zweiten Gesetzentwurf, der die Arbeit der Verfassungskommission aufgreift und damit infrage stellt. Auch das Thema der Absenkung des Wahlalters hat uns während der drei Jahre intensiv beschäftigt. Doch auch hier wird wieder versucht, die Empfehlungen der Verfassungskommission zu umgehen. Auch hier kann ich nur noch einmal mein Bedauern ausdrücken.
Wenn von Rot-Grün natürlich versucht wird, darzustellen, warum das jetzt legitim ist, hier die ganzen Punkte noch einmal aufs Tapet zu bringen, dann ist das sehr, sehr durchsichtig, geht es Ihnen doch im Wesentlichen um diesen Punkt des Wahlrechts der 16- und 17-Jährigen.
Wir als CDU bleiben in Bezug auf das Wahlalter bei unserer Haltung: Wahlrecht erst mit 16 Jahren.
Entschuldigung. Wir bleiben dabei: Wahlrecht erst mit 18 Jahren. Entschuldigen Sie den Versprecher!
Herr Engstfeld, ich bin sehr gespannt darauf zu diskutieren, welche Umfragen Sie gelesen haben. Es gibt sehr viele Umfragen, die gerade bestätigen, dass Jugendliche nicht mit 16 oder 17 schon an Bundestags-, Landtagswahlen teilnehmen wollen.
Gerade bei den Grünen: Die Grünen in Ostalb sind Ihnen sicherlich sehr bekannt, die das intern in einer eigenen Umfrage herausgefunden haben.
Insgesamt herrscht in der Bevölkerung eine starke Ablehnung bei der Absenkung des Wahlalters. Über eine höhere Beteiligung bei den Wahlen werden wir in diesem Zusammenhang auch nicht reden können. Tatsächlich ist es so, dass sich die Wahlbeteiligung dadurch insgesamt nicht erhöhen wird.
Wir hatten intensiv darüber diskutiert, was wir mit dem Wahlalter machen: Wie werden wir in einem Korb eine vernünftige Lösung erzielen? Wir hatten dabei vorgeschlagen, die Frage des Wahlalters aus dem Streit in der Verfassungskommission herauszunehmen. SPD und Grüne haben es aber zum entscheidenden Knackpunkt bei dem Vorankommen in der Kommission gemacht und damit für das eigentliche Ziel der Verfassungskommission, nämlich die Verfassung an aktuelle Gegebenheiten anzupassen, rein gar nichts erreicht.
Wir hätten der Streichung des Wahlalters aus der Verfassung zugestimmt und damit dem nächsten Landtag die Gelegenheit gegeben, dann über diese Frage zu entscheiden. Rot-Grün hat diese große Lösung blockiert. Nun handelt Rot-Grün gemeinsam mit den Piraten gegen die Empfehlung der Verfassungskommission, indem sie diesen Gesetzentwurf vorlegen.
Aber worum geht es denn wirklich? Wir sind uns doch einig, dass wir die Beteiligung und die Rechte der Jugendlichen stärken wollen. Geholfen wäre unserer Jugend vor allem dann, wenn die Landesregierung wirklich nachhaltige Politik gerade für die Jugend machen würde.
Die Installation der Schuldenbremse und die Schaffung finanzieller Freiräume würde echte Freiheit schaffen. Die höchste Neuverschuldung im Bund ist vor allem für unsere Kinder und unsere Jugend ein großer Ballast, den wir ihnen nicht aufbürden sollten.
Hierüber und über andere jugendspezifische Fragen sollten wir mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen. Wir sollten ihnen ein Forum geben, in dem diese Fragen intensiv erörtert werden können. Deswegen arbeitet die CDU-Landtagsfraktion ganz aktiv
daran, eine echte Beteiligung der Jugendlichen durch Stärkung der Jugendparlamente zu erreichen.
Dazu gehört natürlich auch der Punkt der politischen Bildung. Mit Jugendparlamenten und Partizipation auf dieser Ebene ist den Jugendlichen wirklich geholfen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir von vielen Baustellen im Ressort Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr zu einer weiteren großen Baustelle, dem Haushalt des Justizministeriums.
Nach wie vor schafft es die Landesregierung nicht, die Einnahme- und Ausgabensituation in diesem Bereich in ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen. Alleine im Justizbereich wollen Sie im nächsten Jahr über 150 Millionen € mehr ausgeben als Sie einnehmen. Die Großbaustellen, die in der Justiz nach wie vor zu bearbeiten wären, rühren Sie dabei aber nicht einmal ansatzweise an. Das ist leider mehr als enttäuschend.
Die seit Jahren überfällige Dienstrechtsreform steht mit großer Verspätung erst im Dezember auf der Tagesordnung des Plenums. Bei den Beschäftigten herrschen aber bereits seit langer Zeit große Sorge und Unzufriedenheit. Die Folge: Qualifizierter Nachwuchs fehlt ebenso wie echte Verbesserungen im nordrhein-westfälischen Besoldungsdienst und Versorgungsrecht. Dabei ließe sich gerade in diesen Bereichen die Attraktivität der Justiz als Arbeitgeber erhöhen.
Die Untätigkeit der rot-grünen Landesregierung auf diesem Gebiet hat allerdings dazu geführt, dass qualifizierter Nachwuchs sich zunehmend für eine Tätigkeit in der Privatwirtschaft entscheidet. Diesen Weggang können und dürfen wir uns nicht leisten, wenn wir die Qualität der nordrhein-westfälischen Justiz langfristig erhalten wollen.
Dass die rot-grüne Landesregierung im kommenden Haushaltsjahr tatsächlich noch beabsichtigt, die Mittel für die Nachwuchswerbung für Gerichte und Justizbehörden ersatzlos zu streichen, ist vor diesem Hintergrund ein wirklich fatales Signal. Sie sparen einmal mehr am völlig falschen Ende.
Besonders deutlich wird diese verfehlte Schwerpunktsetzung auch daran, dass die rot-grüne Landesregierung in den kommenden Jahren im großen Stil Haftplätze abbauen möchte. Davor warnt der Bund der Strafvollzugbediensteten ausdrücklich. Die nordrhein-westfälische Justiz macht sich unglaubwürdig, wenn sie Kapazitäten reduzieren will, obwohl Forscher sagen, dass sich die Entwicklung der Zahl der Gefangenen kaum prognostizieren lässt, weil sie von sehr vielen Faktoren beeinflusst wird. In einem Bundesland mit ständig wachsender Bevölkerungszahl ist es geradezu fahrlässig, Haftplätze zu streichen.
Dass die Kriminalitätsbelastung in NordrheinWestfalen seit Jahrzehnten deutlich zunimmt, ist ein Fakt, den die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage 4 der CDU-Fraktion zur Situation der Polizei und Kriminalitätsbekämpfung einräumen musste. Daraus geht hervor, dass die Zahl der Straftaten in Nordrhein-Westfalen von 1980 bis heu
te um etwa eine halbe Million gestiegen ist. Dass SPD und Grüne vor diesem Hintergrund Haftplätze abbauen wollen, ist aus der Sicht meiner Fraktion völlig unverantwortlich.
Haftkapazitäten, die heute mit viel Geld ab- und zurückgebaut werden müssen, müssen morgen und übermorgen mit noch mehr Geld wieder aufgebaut werden. In der Zwischenzeit werden Mehrfach- und Überbelegungen die Folge sein. Damit wird die innere Sicherheit in den Gefängnissen gefährdet und der gesetzliche Resozialisierungsauftrag beeinträchtigt.
Unter dem rot-grünen Kahlschlag bei den Haftplätzen werden letztlich alle Beteiligten zu leiden haben: die Gefangenen, die JVA-Bediensteten und nicht zuletzt die rechtstreuen Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.
Herr Minister Kutschaty, bauen Sie lieber Schulden ab, statt Haftplätze!
Zu Einsparungen hätte auch dieser Haushalt Möglichkeiten geboten. Wir hatten bereits in den Ausschussberatungen darauf hingewiesen, dass der Ansatz von knapp 700.000 € für den Strafvollzug in freien Formen 2016 gestrichen werden kann, nachdem der Minister dieses Programm 2014 gestoppt hat. Ich bin sehr froh, dass wir vor wenigen Stunden erste Vorschläge dazu gehört haben, wie es weitergehen kann. Aber für das Jahr 2016 wird dieses Geld sicherlich noch nicht benötigt werden und könnte dementsprechend eingespart werden.
Meine Damen und Herren, deutlich wird, dass dieser Einzelplan 04 aus vielen Gründen nicht zustimmungsfähig ist. Die CDU-Fraktion wird ihn deshalb ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Landesrichtergesetz stammt aus dem Jahr 1966 und wurde bislang nur vereinzelt geändert. Der darin normierte Stand der Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte der Richtervertretungen bleibt zum Teil weit hinter den Rechten von Personalvertretungen in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes zurück. Dass die Betroffenen vor diesem Hintergrund seit Langem
eine Anpassung der richterlichen Beteiligungsrechte fordern, ist nachvollziehbar.
Aus diesem Grund hat die rot-grüne Landesregierung den Entwurf eines Landesrichter- und Staatsanwältegesetzes vorgelegt, über den wir heute in zweiter Lesung zu befinden haben.
Die Beratungen im Rechtsausschuss haben gezeigt, dass der Gesetzentwurf – das räume ich ein – durchaus in die richtige Richtung weist.
Gerade die Sachverständigenanhörung vom
20. Oktober 2015 hat jedoch sehr deutlich gemacht, dass der Gesetzentwurf im Detail durchaus ernstzunehmende Mängel und Lücken aufweist. Diese Mängel werden nach unserer Ansicht auch durch den Änderungsantrag von Rot-Grün nicht in ausreichendem Maße beseitigt.
Problematisch ist aus der Sicht der CDU-Fraktion nach wie vor, dass die Einstellung der Richter durch § 41 des Gesetzentwurfs aus dem Bereich der Selbstverwaltung herausgenommen und künftig zu einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit deklariert wird. Der Sachverständige Prof. Dr. Grigoleit hat dazu im Rahmen der Anhörung sehr kritische Worte gefunden. Ich darf dazu aus dem Ausschussprotokoll wie folgt zitieren:
„Soweit ich es sehe, haben bisher alle Bundesländer die wesentlichen Fragen der Personalpolitik, insbesondere auch der Einstellung, dieser Selbstverwaltung in den Präsidialräten überlassen oder sie jedenfalls dort angesiedelt. Der Gesetzentwurf sieht jetzt vor, dass auch die Einstellung des Personals nicht mehr eine Selbstverwaltungs-, sondern eine Mitbestimmungsangelegenheit ist und in den Richterräten mitverhandelt wird. Das ist eine Anpassung an das Personalvertretungsrecht, also an die allgemeine Verwaltung. In Bezug darauf, ob das zulässig ist oder nicht, gehen die Meinungen ein bisschen auseinander.“
Das war ein Zitat, Herr Kollege. Das sollten Sie sich auch zu Gemüte führen.
Weiterhin kritisch zu bewerten ist, dass der Gesetzentwurf nach wie vor ein Letztentscheidungsrecht der Landesregierung in Personalangelegenheiten vorsieht. Der Bund der Richter und Staatsanwälte hat in seiner Stellungnahme zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Regelung im Hinblick auf die Gewaltenteilung bedenklich ist. Nach dem Willen von Rot-Grün entscheidet danach die Zweite Gewalt in Gestalt der Landesregierung über die Ernennung und Beförderung der Angehörigen der Dritten Gewalt, von der sie letztlich kontrolliert werden soll. Deswegen, Herr Kollege Wolf: Die Stärkung der Dritten Gewalt hätte durchaus noch weiter gehen können.
Die Mehrzahl der Bundesländer geht hier einen aus Sicht der CDU-Fraktion klügeren Weg und hat Richterwahlausschüsse installiert, wodurch ein Letztentscheidungsrecht der Exekutive
in dieser Frage beseitigt wurde.
Die Richterin am Bundesgerichtshof Frau Prof. Dr. Johanna Schmidt-Räntsch hat zudem darauf hingewiesen, dass die in § 13 des Gesetzentwurfs normierte Fortbildungspflicht für Richter in der Praxis erhebliche Probleme mit sich bringen wird, weil sie letztlich mit der richterlichen Dienstpflicht kollidiert, einen Justizgewährungsanspruch durchsetzen zu müssen. Frau Schmidt-Räntsch hat in diesem Zusammenhang betont, dass zum Beispiel ein Amtsrichter, der bis zu tausend Sachen auf dem Tisch liegen hat, oftmals einfach nicht die Zeit haben wird, sich eine Woche lang einer Fortbildungsveranstaltung hinzugeben, die er auch gar nicht dann antreten kann, wenn er vielleicht Zeit hätte.
Die haben auch keinen Rechtsgewährungsanspruch zu erfüllen, Herr Kollege Wolf.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf der rot-grünen Landesregierung ist damit ein klassischer Fall von „gut gemeint ist nicht wirklich gut gemacht“. Aus Sicht der CDU-Fraktion ist er in der vorliegenden Qualität daher nicht zustimmungswürdig. Meine Fraktion wird sich daher bei der heutigen Schlussabstimmung der Stimme enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Schönen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besondere Form der Zeugenbegleitung. Sie richtet sich an besonders schutzwürdige Verletzte und deren Angehörige in einem Strafverfahren. Das gilt zum Beispiel für Kinder und Jugendliche, behinderte Menschen sowie Opfer von Sexualstraftaten, Gewaltdelikten und Menschenhandel. Ziel der psychosozialen Prozessbegleitung ist es, diese beson
ders schutzwürdigen Verbrechensopfer vor, während und nach der Hauptverhandlung durch psychosoziale Fachkräfte zu unterstützen.
Warum ist das wichtig? – Wir wollen den Opfern den Gang in den Zeugenstand erleichtern, damit der Täter seine gerechte Strafe erhält. Durch die Vermittlung von Bewältigungsstrategien sollen die Belastungen und Ängste im Zusammenhang mit dem anstehenden Strafverfahren reduziert werden. Insbesondere soll vermieden werden, dass sie sich aufgrund der besonders belastenden Situation im Strafprozess ein zweites Mal als Opfer fühlen.
Bisherige Erfahrungen zeigen, dass diese intensive Form der Zeugenbegleitung die Aussagebereitschaft von Zeuginnen und Zeugen in den Hauptverhandlungen ganz wesentlich verbessert. Seit dem Jahr 2009 wird die psychosoziale Prozessbegleitung in der Strafprozessordnung als eine besondere Form der Zeugenunterstützung erwähnt. Sie wurde bislang jedoch weder in der Strafprozessordnung noch anderswo gesetzlich definiert, geschweige denn konzeptionell unterfüttert.
Ich bin deshalb überaus froh, dass die CDUgeführte Bundesregierung die Bedeutung des Themas erkannt hat. Sie hat nämlich den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren vorgelegt. Im Rahmen dieses Gesetzentwurfes soll die psychosoziale Prozessbegleitung künftig auch im deutschen Verfahrensrecht verankert werden. Die geplanten Vorschriften hierzu knüpfen an die Regelungen zum Verletztenbeistand an. Nach derzeitigem Stand ist davon auszugehen, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 1. Januar 2017 in Kraft treten wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die psychosoziale Prozessbegleitung nunmehr auf Bundesebene gesetzlich geregelt werden soll, bedeutet natürlich nicht, dass sich die Bundesländer bei diesem Thema ab sofort zum Nichtstun zurückziehen sollen. Im Gegenteil: Das Land Baden-Württemberg wird die Zeit bis zum Inkrafttreten der Regelung beispielsweise dazu nutzen, ein zweijähriges Modellprojekt zur psychosozialen Prozessbegleitung
durchzuführen.
Das ist aus Sicht meiner Fraktion sinnvoll, weil ein solches Modellprojekt nicht nur wesentliche Hinweise auf die spätere flächendeckende Bereitstellung des Angebotes einer psychosozialen Prozessbegleitung, sondern insbesondere auch wertvolle Impulse für die weitere konzeptionelle Feinjustierung liefern wird, die nach Inkrafttreten der bundesgesetzlichen Regelung Anfang 2017 ohnehin auf uns zukommen wird.
Und was tut sich bei uns in Nordrhein-Westfalen? – Herr Justizminister Kutschaty hat sich in der „NRZ“, Ausgabe von gestern, mit dem abgedroschenen Vorschlag zu Wort gemeldet, dass endlich spezielle
Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden müssten.
Davon abgesehen, dass Grundgesetzänderungen nicht in den Zuständigkeitsbereich der nordrheinwestfälischen Landespolitik fallen,
hat der Minister offenbar übersehen, dass Kinder genauso wie dicke, dünne und alte Menschen ohnehin Träger von Grundrechten sind; sie sind somit in Deutschland gerade nicht rechtlos. Zudem ist fraglich, ob die symbolische Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz verhindern wird, dass Kinder Opfer von Straftaten werden. Anstatt über bundespolitische Themen zu sinnieren, sollte Minister Kutschaty sich lieber konkret auf das konzentrieren, was man hier in Nordrhein-Westfalen tun kann, um Kinder und besonders schutzwürdige Verbrechensopfer besser zu schützen.
Die Etablierung eines Modellprojektes zur psychosozialen Prozessbegleitung im Sinne des vorliegenden CDU-Antrages bietet dazu eine gute Gelegenheit. Ich appelliere daher an die rot-grüne Landesregierung und die übrigen Fraktionen in diesem Hohen Hause, den CDU-Antrag zu unterstützen, dieses wichtige Thema sorgfältig aufzuarbeiten und letztendlich zunächst einmal der Überweisung in den Fachausschuss zuzustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Zuge der Haushaltsaufstellung und -beratung 2016 wird der Justizvollzug zur weiteren landesweiten Umsetzung von EPOS.NRW als Modellhaushalt dienen. Es bestand bei den Beratungen Einigkeit mit dem Ziel, bessere Steuerungsmöglichkeiten für das Parlament und mehr Transparenz für die Bürger zu erreichen. Diesem Ziel trägt die Landesregierung bisher leider nicht Rechnung.
Im Januar dieses Jahres ist das von Rot-Grün beschlossene Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen in Kraft getreten. Dadurch haben erstmals Gefangene im geschlossenen Erwachsenenvollzug unseres Landes einen Rechtsanspruch auf Unterbringung in einem Einzelhaftraum. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens hat der Bund der Strafvollzugsbediensteten darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Anspruch faktisch nicht erfüllt werden kann, weil es an der dafür notwendigen Haftraumkapazität fehle.
Die rot-grüne Landesregierung weigert sich bislang, dieses Problem überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Auf Nachfrage der CDU-Fraktion hat das nordrheinwestfälische Justizministerium dem Rechtsaus
schuss zu dieser Frage eine geschönte Bilanz präsentiert. In der Vorlage 16/2762 an den Rechtsausschuss äußert sich Minister Kutschaty mit keiner Silbe zu den vorhandenen Hafträumen, sondern stellt lediglich die Anzahl der Haftplätze dar.
Die dadurch zustande gekommenen Zahlen sind aber völlig unbrauchbar. Bei dieser Darstellung wird nämlich verschleiert, ob es sich um Einzel- oder um Gemeinschaftshaftplätze handelt. Den gesetzlichen Anspruch auf Einzelunterbringung – das ist eine Binsenweisheit – in einem Einzelhaftraum erfüllen aber ausschließlich Einzelhafträume.
Hinzu kommt, dass Minister Kutschaty in seiner Auflistung der Haftplätze auch noch Bereiche des offenen Vollzuges, des Jugendstrafvollzuges, der Sozialtherapie etc. hinzuaddiert. Diese Vollzugsarten haben mit dem Anspruch auf Einzelunterbringung im geschlossenen Erwachsenenstrafvollzug rein gar nichts zu tun. Sie dienen lediglich dazu, eine möglichst hohe Summe an Haftplätzen präsentieren zu können und damit den Eindruck einer Überkapazität zu suggerieren.
Fakt ist: Ausweislich des Managementinformationssystems der Justiz NRW ergibt sich zum Stand 23. März 2015 eine Unterdeckung von 715 Hafträumen im geschlossenen Erwachsenenstrafvollzug.
Hätten die Gefangenen Kenntnis von ihrem Anspruch auf Einzelunterbringung und würden sie diesen notfalls gerichtlich durchsetzen – der Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen stünde schon morgen vor dem Kollaps.
Dass die Landesregierung vor diesem Hintergrund auch noch angekündigt hat, in den kommenden Jahren die JVA-Zweiganstalten in Coesfeld, Krefeld, Mönchengladbach und Dinslaken sowie die JVA Duisburg-Hamborn schließen zu wollen, ist unverantwortlich.
Wenn diese Pläne umgesetzt werden, würden etwa 150 weitere Hafträume wegfallen. Die bereits heute bestehende Unterdeckung würde sich folglich auf 865 Hafträume weiter erhöhen.
Meine Damen und Herren, insgesamt drängt sich der Verdacht auf, dass der NRW-Justizminister durch die Schließung schlichtweg Gelder einsparen will – Gelder, die zur Finanzierung personeller Mehrbedarfe benötigt werden, die das rot-grüne Strafvollzugsgesetz an anderen Stellen ausgelöst hat. Dies betrifft etwa die überaus personalintensive Neuregelung der Behandlungsuntersuchung, die Ausweitung der Vollzugsplanerstellung, die Pflicht zur Erstellung von Abschlussberichten für jeden Gefangenen oder die nachgehende Betreuung und natürlich die Aufnahme von Ex-Häftlingen auf freiwilliger Grundlage.
Der Bund der Strafvollzugsbediensteten hatte bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens darauf hingewiesen, dass es sich bei diesen Vorschriften um „politisch bemühte“ Neuerungen handle, die an der Vollzugswirklichkeit völlig vorbeigingen und sich in der Praxis nicht realisieren lassen, weil der personelle und zeitliche Aufwand nicht leistbar ist. Ich verweise auf die Stellungnahme 16/1886, Seite 9.
Diese Warnungen aus der Praxis müssen endlich ernst genommen werden. Ich meine, dass wir uns im Rechtsausschuss dafür die notwendige Zeit nehmen sollten, und bitte daher um Zustimmung zur Überweisungsempfehlung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Schönen Dank, Herr Kollege Wolf. – Würden Sie mit mir darin übereinstimmen, dass es nicht nur auf die Anzahl der Verurteilungen, sondern auch auf die Haftdauer ankommt?
Schönen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, Sie reden von einer Durchschnittsbelegung und sagen, diese liege auf jeden Fall unter der Zahl der zur Verfügung stehenden Hafträume. Wir sind uns doch alle über Folgendes einig: Wenn man mit den Füßen im Eisschrank und mit dem Kopf im Feuer liegt, hat man zwar eine normale durchschnittliche Körpertemperatur, wäre aber in der Realität vermutlich nicht mehr am Leben.
Müssen wir also nicht viel mehr auf die Belegungsspitzen achten? Da fehlt mir im Moment Ihr Konzept.
Auf die Durchschnittsbelegung haben Sie über die Weihnachtsamnestie natürlich auch persönlich Einflussmöglichkeiten. Wenn Sie die Amnestie ein paar Tage früher gewähren, drückt das die Durchschnittsbelegung automatisch nach unten.
Wenn Sie von besseren Haftplätzen sprechen, bin ich gerne bei Ihnen. Da fordere ich aber das auch von EPOS.NRW verlangte Konzept ein.
Wir wollen wissen: Wo werden wie viele Haftplätze und Hafträume – ich hätte es gerne nach beiden Kategorien aufgeschlüsselt – geschaffen? Und welche können dann wegfallen und führen damit indirekt auch zu einer Entlastung der Justizvollzugsbediensteten? Da haben wir sicherlich das gleiche Ziel.
Letzter Punkt: Vorhersehbarkeit. Nach der Studie der Kriminologischen Zentralstelle e. V. aus Wiesbaden lassen sich Gefangenenzahlen nicht sicher vorhersagen. Das hängt von einem dynamischen Einflussmix ab, der sich aus Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaftsentwicklung, Migrationsbewegung und Lage am Arbeitsmarkt zusammensetzt.
Ich kann die Zeit hier nicht sehen; Entschuldigung. – Wie können Sie vor diesem Hintergrund die Gefangenenzahlen für die Zukunft sicher prognostizieren?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der hier vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung weist im Hinblick auf die Themenbereiche „Opferschutz“ und „Übergangsmanagement“ Parallelen zu dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion auf.
Nicht zuletzt aus diesem Grunde möchte ich noch einmal betonen, dass unser Gesetzentwurf bereits sehr viel länger vorliegt.
Herr Kollege Wolf, deshalb bin ich nicht sicher, ob die anderen Bundesländer wirklich so gespannt auf Nordrhein-Westfalen schauen. Es gibt einige Bundesländer, die ihre Vollzugsgesetze schon lange erlassen haben.
In den meisten anderen Punkten unterscheiden sich die beiden Gesetzentwürfe deutlich voneinander. Lassen Sie mich an einigen Beispielen erläutern, warum allein der Entwurf der CDU Ihre Zustimmung verdient.
Bereits die Länge des Änderungsantrages der FDPFraktion vom heutigen Tage macht deutlich, wie schlecht der Gesetzentwurf der Regierung ist.
Auch die Fraktion der Piraten hatte in der letzten Sitzung des Rechtsausschusses ja noch Zeit für Gespräche erbeten. Diese Zeit wurde ausdrücklich zugesprochen. Es eile ja nicht, das könne man auch im nächsten Jahr noch beschließen. Plötzlich ist es doch auf der Tagesordnung mit einem jetzt noch kurzfristig hereingereichten Änderungsantrag der Piraten. Wäre die Landesregierung von ihrem Werk überzeugt gewesen, hätte sie es nicht so eilig gehabt und würde die Gespräche nicht fürchten.
Im Hinblick auf Sicherheit und Ordnung in den Anstalten gehen die Vorstellungen der beiden Gesetzentwürfe erheblich auseinander. Zum einen werden die technisch verfügbaren Hilfsmittel im Strafvollzug nicht in dem Maße nutzbar gemacht, wie es möglich wäre, beispielsweise die optische Überwachung und der Fußfesseleinsatz. Zum anderen werden die Disziplinarmöglichkeiten gegenüber renitenten Gefangenen sogar geschwächt, indem die zulässige Höchstdauer von drei Monaten auf vier Wochen verkürzt wird, beispielsweise bei der Beschränkung des Fernsehempfangs, bei der Beschränkung des Einkaufs, dem Entzug von Gegenständen usw.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung den Belangen der Gefangenen deutlich höheres Gewicht beimisst als den Belangen der Allgemeinheit.
Für die CDU-Fraktion ergibt sich das Bestmögliche an Sicherheit für die Gesellschaft dadurch, dass ein stringenter Strafvollzug auf der einen Seite und eine optimale Resozialisierung auf der anderen Seite quasi als zwei Seiten einer Medaille anzusehen sind.
In der Anhörung im Juni ist deutlich geworden, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung vor allem bei den Vollzugsbediensteten auf Vorbehalte stößt. Damit fehlt dem Gesetzentwurf bereits die Akzeptanz derjenigen, die ihn später anwenden sollen.
Wörtlich hat der Bund der Strafvollzugsbediensteten in seiner Stellungnahme etwa den Verzicht auf eine durchgehende Videoüberwachung bei entsprechender Indikationslage als „weltfremd“ oder die Grundsätze der künftigen Vollzugsgestaltung als „maßlos überfrachtet“ kritisiert.
Deutlich wurde außerdem, dass dem Gesetzentwurf der Landesregierung insgesamt ein zwar durchaus anspruchsvolles Vollzugskonzept zugrunde liegt, das mit den Ressourcen aber nicht umsetzbar ist. Ich zitiere dazu den Leiter der JVA Bielefeld-Senne Herrn Uwe Nelle-Cornelsen:
„Dieses Gesetz ist personalintensiv und bedarf an vielen Stellen räumlicher und finanzieller Ressourcen …“.
Wie wir alle wissen und heute Morgen erörtert haben, sind die Ressourcen vor allem in diesem Land allerdings sehr, sehr knapp. Die Landesregierung bürdet den Vollzugsbeamten damit Aufgaben auf, die sie faktisch gar nicht leisten können. So bleiben die Sicherheit und die Beamtinnen und Beamten selber auf der Strecke.
Wir fordern, dass der Schutz der Allgemeinheit mindestens die Bedeutung hat wie das Wohl der Straftäter. Dazu zählt, dass der Opferschutz groß geschrieben wird, der geschlossene Vollzug der Regelvollzug ist und Gefangene besser überwacht werden, um die Sicherheit in den Vollzugsanstalten zu gewährleisten, nicht zuletzt zum Schutz der Bediensteten.
Bei den mangelnden Personal- und Finanzressourcen müssen wir die Arbeit der Bediensteten effektiv unterstützen und da, wo es möglich ist, erleichtern.
Ich empfehle daher meiner Fraktion, den Gesetzentwurf der Landesregierung und auch die Änderungsanträge von FDP und Piraten – allerdings nur weil sie auf dem falschen Entwurf basieren – abzulehnen und unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von dem finanzpolitischen Trauerspiel, das uns die Landesregierung darbietet, haben wir eigentlich schon genug gehört.
Lassen Sie mich erklären, warum auch der Einzelplan des Justizministeriums keine Ausnahme macht. Leider hat die Landesregierung, anstatt auf Strukturveränderungen zu setzen, allein auf Einsparungen aus der verfassungswidrigen Beamtenbesoldung gehofft. Auch die große Dienstrechtsreform scheint vom Tisch zu sein. Warum? – Aufgrund der katastrophalen Finanzlage hat die Landesregierung kein Geld mehr für die Umsetzung der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizei- und Feuerwehrzulage. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Beamten. Die Chance, das Dienstrecht zu modernisieren, einfach ungenutzt verstreichen zu lassen, gehört sich nicht.
Sie weigern sich trotz der Finanzlage beharrlich, der Realität ins Auge zu schauen und tragfähige Konzepte für die zentralen Herausforderungen unseres Landes vorzulegen. Die CDU-Landtagsfraktion hat eine ungeschminkte Bestandsaufnahme vorgelegt. Rot-Grün setzt auf den Staat, weil Sie davon ausgehen, dass er alles am besten regeln kann. Die CDU-Landtagsfraktion vertraut dem Bürger. RotGrün versucht, mit mehr Regulierung zu verteilen, was vorhanden ist. Die CDU-Landtagsfraktion setzt sich für Freiräume ein, um Wachstum zu ermöglichen.
Um den Bürgern solche Freiräume zu schaffen, hat die CDU-Fraktion in den vergangenen Monaten einige Vorschläge gemacht: die Forderung, die aufgrund der demographischen Entwicklung explodierenden Betreuungskosten in den Griff zu bekommen; der Wegfall der Verzinsungspflicht von hinterlegtem Geld, mit dem Einsparungen erzielt werden können; die Änderung der Tilgungsverordnung, durch die Haftkosten erspart werden können.
Ich will auf die einzelnen Punkte näher eingehen. Von 1988 bis 2009 hat sich die Zahl der Betreuer für Menschen mit einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung deutschlandweit von 250.000 auf knapp 1,3 Millionen erhöht. Allein in Nordrhein-Westfalen sind es 300.000.
Angesichts der abzusehenden demographischen Entwicklung steht bereits fest, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren noch verstärken wird. Der zunehmende Bedarf an Betreuungen geht uns alle an. Er stellt uns vor riesige Herausforderungen. Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2015 sind dementsprechend 250 Millionen € für Aufwandsentschädigungen vorgesehen. Die Berufsbetreuer bekommen davon allein 200 Millionen € – und das, obwohl seit 2005 ihre Vergütung nicht mehr erhöht worden ist.
Vor diesem Hintergrund muss das System der Betreuung neu organisiert werden. Wir wollen insbesondere die ehrenamtlichen Betreuungen stärken. Um hierfür Anreize zu setzen, wurde bereits die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer bis zu einem Betrag von 2.400 € steuerfrei gestellt.
Dem öffentlichen Dienst kommt hierbei eine ganz besondere Bedeutung zu. Die überfällige Dienstrechtsreform bietet Gelegenheit, Beamte stärker an Betreuungen heranzuführen. Unserem Vorschlag sind Sie insofern gefolgt, als in Ostwestfalen 14 Stellen im Bereich des Landesamtes für Finanzen geschaffen wurden, um es Beamten, die nur noch teildienstfähig oder die in der Verwendung eingeschränkt sind, zu ermöglichen, Betreuungen wahrzunehmen. Hier muss aber noch wesentlich mehr gemacht werden.
Mit dem Gesetzentwurf zum Hinterlegungsgesetz hat die CDU-Fraktion eine Änderung von § 12 Hinterlegungsgesetz Nordrhein-Westfalen bewirkt.
Hierdurch ist die Pflicht zur Verzinsung von hinterlegtem Geld weggefallen. Das ist am 19. Februar 2014 in diesem Hohen Haus einstimmig beschlossen worden. Ich bedanke mich für die Einsicht der regierungstragenden Fraktionen. Das entlastet den Landeshaushalt um jährlich 660.000 €.
Im Hinblick auf die Tilgungsverordnung – mit der es ermöglicht wird, dass Menschen, die eigentlich eine Haft antreten müssten, weil sie beispielsweise schwarzgefahren sind, anstelle der Haft die Tagessätze abarbeiten können – haben wir, um auch
um dieses wichtige Instrument populärer zu machen, beantragt, dass man nicht mehr sechs Stunden leisten muss, sondern nur noch fünf. Das ist von Ihnen leider abgelehnt worden.
Dabei ist dieses Instrument eigentlich eine eierlegende Wollmilchsau, wenn ich das mal so sagen darf, denn das Land spart die Haftkosten, der Verurteilte erfährt nicht das Stigma der Haft, und die Allgemeinheit hat einen Nutzen dadurch, dass gemeinnützige Arbeit geleistet wird. Ich kann nicht verstehen, warum Sie das abgelehnt haben.
Apropos Tilgung: Während elf Bundesländer mittlerweile Schulden tilgen, ist Rot-Grün bei uns im Land immer noch Spitzenreiter beim Schuldenmachen. Deswegen werden wir den Haushalt ablehnen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns alle darüber einig, dass die Aufnahme von Flüchtlingen, von Menschen, die politisch verfolgt sind, unsere oberste Pflicht ist.
Kollege Körfges hat es sehr richtig gesagt, er hat die Gemeinsamkeiten betont. Frau Düker, wenn Sie ausführen, wir hätten den Weg verlassen, Sie könnten uns nicht mehr sehen, ist für mich die einzige Erklärung dafür, dass Sie auf dem Weg dahin so weit zurückgefallen sind.
Wir sind seit Wochen unterwegs. Die Vorfälle in Burbach sind über fünf Wochen her, heute debattie
ren wir darüber hier im Landtag. Das kann ich nicht ganz nachvollziehen.
Wir haben das, was diese Menschen brauchen: Wir haben ein Dach über dem Kopf, wir haben Verpflegung.
Diese Menschen brauchen Ruhe, wenn sie nach einer langen Flucht, wenn sie nach Vertreibung hier bei uns ankommen. Und diese Ruhe müssen wir ihnen geben. Wir müssen ihnen eine angemessene Unterkunft bieten, eine gute Verpflegung. Das hat bisher nicht funktioniert.
Herr Minister Jäger, ich möchte Ihnen den Rat geben, die Menschen in den Mittelpunkt Ihres Handelns zu stellen. Ich meine damit tatsächlich, Sie sollen andere Menschen in den Mittelpunkt rücken und nicht sich selbst, wie Sie das in vielen Tagesordnungspunkten auch heute Morgen gemacht haben.
Versetzen Sie sich doch einmal in die Lage eines jungen Familienvaters, der nach Flucht und Vertreibung aus Kriegszuständen dankbar ist, hier sein zu dürfen, der froh ist, seine Familie in Sicherheit zu wissen, der fürsorgend auch hier seine Vaterrolle – oder, als Pendant, in die Lage einer Mutter, die ihre Mutterrolle – übernehmen will. Sie wollen wissen, wie es weitergeht.
So früh? – Gerne.
Liebe Frau Beer, wir haben doch eben schon gehört, wie das tatsächlich aussieht, was Sie hier an Gemeinsamkeit für sich beanspruchen. Sonntagmittag, wenn ich es richtig mitbekommen habe, kommt eine E-Mail mit dem Inhalt: Das und das ist unser Antrag. – Und wir sollen bis zum nächsten Tag zustimmen.
Das ist nicht die Art von Politik, die hier vereinbart ist. Und auf das Niveau wollen wir uns nicht herablassen.
Ich komme zurück zu dem Familienvater, den ich in Burbach selbst gesehen habe, der natürlich Verantwortung für seine Kinder, für seine Frau hat und deren Fragen gerne beantworten möchte. Wie geht es weiter? Warum sind wir hier? Wie lange? Kann ich die Sprache irgendwann sprechen? Wie werde ich versorgt? – Bisher ist es immer noch so, Herr Minister Jäger, dass die Kommunikation, die Meldewege verbessert werden müssen.
Gestern Abend hat in Burbach der Gemeinderat eine Resolution verabschiedet, die insbesondere diesen Punkt brandmarkt. Es findet keine ausreichende Kommunikation statt. Die Kommunalvertreter, die Verwaltung vor Ort wissen nicht, was los ist. Hinter dem Rücken der Gemeinde Burbach wird im Moment darüber verhandelt, welchen Charakter, welchen Status diese Einrichtung in der Zukunft haben wird. Es tut sich nichts.
Ich kann Ihnen sagen – vielleicht wissen Sie es noch gar nicht –, dass nächste Woche Freitag ein Gespräch mit den Kommunen stattfinden soll. Es ist das erste Gespräch, das mit den betroffenen Kommunen aus dem ländlichen Raum hierüber im Detail geführt wird. Das ist viel zu spät. Sie müssen handeln, damit vor Ort die Informationen ankommen, damit auch der Familienvater seiner Familie sagen kann, wie es weitergeht.
Versetzen Sie sich in die Rolle der Kinder und Jugendlichen, die in eine völlig fremde Welt mit anderen Gebäuden, einem anderen optischen Eindruck, einer anderen Sprache kommen. Diese Kinder brauchen Spielräume. Sie brauchen Räume, in die sie sich zurückziehen können. Das alles gibt es nicht, weil die Einrichtungen hoffnungslos überbelegt sind.
Herr Minister, Sie werden die Begriffe kennen. Man sprach vorher von einer Regelbelegung. Es gab auch eine Maximalbelegung. Mittlerweile redet die Bezirksregierung Arnsberg nur noch von einer Regelmaximalbelegung. Durch eine neue Wortfindung wird offensichtlich versucht, einen Zustand zu kaschieren, den wir nicht länger hinnehmen dürfen.
Die Grünen mögen mich heute. – Bitte sehr.
Ich habe drei Fragen gezählt.