Norbert Killewald

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Last Statements

Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben gerade versucht, Bilanz zu ziehen. Sie haben vor drei Jahren der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einer Abschlussbilanz vorgeworfen, sie hätten zu wenig gegen Armut getan. Sie haben im Mai und September 2007 an dieser Stelle laut verkündet, es werde anders. Alle waren gespannt, welche radikalen Änderungen passieren sollten. Alle dachten: Jetzt geht’s los. – Der Enquetebericht 2008 – das ist auch schon etwas her – hat ganz deutlich im Namen des gesamten Parlaments Äußerungen manifestiert, die im Grunde genommen heute von Ihnen wiederholt wurden.
Meine Damen und Herren, ich möchte als Erstes der Landesregierung Lob und Anerkennung aussprechen.
Es gehört zur offenen politischen Diskussion, hier vorne Positives wie Negatives zu beurteilen.
Herr Minister, Sie haben gerade schon gesagt, dass Sie sich nicht zu schade waren und sich nicht haben abschrecken lassen, auch die Stimmen, die anderes sagen, in Ihren Bericht aufzunehmen.
Dieser Bericht liegt uns seit gestern Abend vor. Immerhin umfasst er 58 Seiten. Punkt 2 betrifft die Ergebnisse des Dialogs – das sind die Seiten 7 bis 21 –, der Anhang – ab Seite 37- enthält die erwähnten schriftlichen Stellungnahmen. In dem Bericht wird deutlich geschildert, was die Träger und die Beteiligten im Sozialprozess uns vorschreiben.
Ich stimme ausdrücklich mit Ihrer Aussage auf Seite 5 überein: „Wir müssen aber mehr tun und noch wirksamer handeln.“ Das unterstützen wir mit allem Nachdruck.
Dann wird das beschrieben, was Sie vorhin zugestanden haben. Es wird zum Beispiel deutlich gemacht, dass das Land es zulässt, dass in Nordrhein-Westfalen keine einheitlichen Lebensverhältnisse mehr herrschen.
Herr Dr. Hensel vom Caritas-Verband der Erzdiözese Köln sagt das viel deutlicher, indem er uns den Spiegel vorhält. Herr Dr. Hensel betont, dass es nicht um das utopische Ziel der Herstellung von gleichen Lebensverhältnissen gehen könne. – Meine Damen und Herren, ich möchte hier einschieben, dass wir nach der Verfassung verpflichtet sind, diese herzustellen. – Aber Ihnen wird der Spiegel vorgehalten: Das ist bei Weitem nicht mehr so. – Er sagt dann, es könne lediglich um die Angleichung von Verwirklichungschancen in den Kommunen gehen. – Wenn es so weit ist, meine Damen und Herren, dann müssen wir uns als Land natürlich fragen, ob wir hier nur einen Bericht oder ein Handlungskonzept vortragen.
Ich hatte gehofft, Herr Minister, hier wesentlich deutlichere Worte zu hören, wie Sie Ihre Maßnahmen und weiteren Schritte angehen wollen. Sie stellen analog zum Enquetebericht des Landtages zum weiteren Vorgehen auf Seite 34 fest:
Die Kinder und Jugendlichen aus diesen Quartieren sind vielfältigen Benachteiligungen ausgesetzt. Um einheitliche Lebensbedingungen zu schaffen, müssen vorrangig in diesen problematischen Lebensräumen Lösungen entwickelt werden. Diese Herangehensweise wird auch zu einer zielgenaueren Verwendung der begrenzten kommunalen Mittel beitragen.
Dies möchte ich am Essen, also nicht der Stadt Essen, sondern an den Mahlzeiten, in unseren Bildungseinrichtungen und den Kindertagesstätten deutlich machen. Auf Seite 170 des Berichts der Enquetekommission heißt es unter der Empfehlung 3.3 an das Land, an die Landesregierung:
Das Ziel muss sein, dass kein Kind aufgrund der finanziellen und sozialen Situation der Eltern von einem Mittagessen in Kindertageseinrichtungen und Schulen mit Ganztagsangeboten ausgeschlossen wird.
Die klare Forderung von vor anderthalb Jahren lautet: Landesregierung, handele! Anschließend wurde im Rahmen vieler Antragsberatungen im Plenum deutlich gemacht: Lasst uns die Mittel nicht mehr streuen, sondern zielgerichtet einsetzen! – Wie „zielgerichtet“ Sie diese Mittel einsetzen, haben Ihnen ja am runden Tisch die Teilnehmer offenbart. Oder: Es war ja gar nicht der runde Tisch. Sie haben vorhin den Eindruck erweckt, als wenn die Fachveranstaltungen zum runden Tisch der runde Tisch wären. Das haben Sie bis heute, wie ich finde, sehr stark verdeckt. Die Teilnehmer an den Fachveranstaltungen meinten nämlich, sie wären am runden Tisch.
Sie sollten einmal deutlich machen, was der runde Tisch seit 2007 getan hat. Er ist ein Jahr später, nach der Sozialberichterstattung, im Land anscheinend als interministerielle Arbeitsgruppe gegründet worden. Wiederum ein Jahr später, im Juli, hat er zu einer Fachveranstaltung – das war die Öffnung, die Sie vorhin beschrieben haben – und zur Beteiligung auf Augenhöhe der Verbände und aller Institutionen hier im Land eingeladen. In der zweiten Hälfte des Jahres 2009 hat er Regionalkonferenzen durchgeführt, wo Sie, wie ich vorhin sagte, zugegebenermaßen offen widerspiegeln, was die Beteiligten im Land fordern. Das ist anerkennungswürdig.
Aber dann müssen Sie auch den nächsten Schritt gehen. Im Bericht der Enquetekommission wird beim Thema „Mahlzeiten in den Kindertagesstätten und in den Schulen“ deutlich, dass niemand ausgeschlossen werden darf. Vor dem Hintergrund müsste die Landesregierung beim Programm „Kein Kind ohne Mahlzeit“ die Mittel eigentlich anders streuen. Sie dürfte die Mittel nicht in die Fläche streuen, sondern sie müsste die Mittel dort einsetzen, wo es notwendig ist.
Ich will dies beispielhaft machen: In der Fachkonferenz im Februar wurde deutlich gemacht, dass die Diakonie bei der Bezahlung von Mittagessen starke Einbrüche hat. Will sagen: Von großen Teilen der Eltern von benachteiligten Kindern, die die bedienen, bekommen sie kein Geld. Hier finden Sie keinen Handlungsansatz.
Die Handlungsstrategien, die Sie auf Seite 35 ff. empfehlen, finde ich richtig. Ich vermisse aber bei Ihnen seit zwei Jahren aktive Politik in diesem Bereich. Die Enquetekommission und auch viele Organisationen haben Ihnen deutlich gemacht: Handelt endlich!
Ich fand es sehr bedauerlich und schade, dass Sie, Herr Minister Laumann, immer auf die alte rot-grüne Landesregierung bis 2005 verweisen. Wenn Sie immer noch nicht weiter sind, als die Arbeit der alten Landesregierung zu beurteilen, dann sind das vertane fünf Jahre im Land Nordrhein-Westfalen, dann sind das vertane Jahre für Handlungsstrategien gegen Armut von Kindern in diesem Land. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD bringt zum heutigen Plenum den Antrag „Krisenopfern helfen – Schuldner- und Insolvenzberatung ausbauen“ Drucksache 14/10592 ein.
Werte Kolleginnen und Kollegen, die Rahmenbedingungen für die Menschen in Nordrhein-Westfalen und Deutschland haben sich in den letzten Monaten dramatisch verschlechtert: Die Arbeitslosenzahlen steigen, die Aufstockerzahlen steigen und auch die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften steigt. Damit ist klar, dass auch die Zahl der Menschen, die von Überschuldung bedroht ist, zunehmen wird und sogar schon zugenommen hat. Die wirtschaftliche Krise schlägt zu.
Die Frage stellt sich: Was tut die Landespolitik? Die Landesregierung hat es in den letzten fünf Jahren unterlassen, die Aufgaben im Rahmen der Verpflichtung zur Daseinsvorsorge deutlicher zu formulieren, deutlicher zu fördern und deutlicher zu fordern. Damit sind weiterhin weiße Flecken zum Beispiel auf der Karte der Beratungslandschaft der Verbraucherzentralen möglich.
Im Kreis Kleve zum Beispiel. Also, wer so eine dumme Frage stellt, …
Es ist weiterhin möglich, dass unseriöse Berater die Situation wirtschaftlich ausnutzen, wenn andere in Not sind.
Somit, meine Damen und Herren, stellt sich auch die Sinnhaftigkeit der drei Forderungen und die Aktualität dar, mit der wir die Landesregierung beauftragen möchten:
Erstens müssen Verbraucher besser vor unseriösen Beratern geschützt werden.
Zweitens muss ein ressortübergreifendes Konzept zur Koordination und Vernetzung der Schuldner- und Insolvenzberatung entwickelt werden.
Drittens, werte Kolleginnen und Kollegen, muss ein ressortübergreifendes Beratungsprogramm zur Schuldner- und Insolvenzberatung entwickelt werden.
Man kann das sehr gut an den Anforderungen deutlich machen, die die Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen uns, der Landespolitik, für 2015 anstelle irgendwelcher Wahlprüfsteine aufzeigen. In ihrem Papier, das vor Kurzem veröffentlicht wurde, beschreiben sie einfach die Dinge, die sie für die Menschen in Nordrhein-Westfalen für nötig halten. Sie sagen:
In 2015 sollten die Finanzkompetenz und eine zweite Chance für überschuldete Menschen gewährt sein. 2015 können insbesondere – das ist der Traum der Verbraucherzentralen und damit der Vertreter der Menschen, die täglich dort Beratung finden – Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene auf präventive Maßnahmen zur Stärkung der Finanzkompetenz zählen. Das Netzwerk Finanzkompetenz des Landes NRW vernetzt hierbei dann Akteure aus Wissenschaft und Schule, Verbraucherschutz und Schuldnerberatung sowie Eltern, koordiniert Aktivitäten und strukturiert Austausch und Diskussion.
Eine weitere Formulierung der Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen:... erhalten 2015 überschuldete Haushalte ohne unzumutbar lange Wartezeiten und für die Betroffenen kostenlos eine qualifizierte Schuldner- und Insolvenzberatung. Diese Angebote sind ausreichend finanziert. Dazu hat die Landesregierung nicht nur wie bisher die Sparkassen, sondern auch die anderen Banken an der Finanzierung beteiligt. Unseriöse gewerbliche Schuldenregulierer werden nicht mehr anerkannt.
Dies beschreibt die Aktualität eines Auftrags an die Landesregierung, und dies zeigt auch Folgendes deutlich, Herr Kollege Ellerbrock: Wenn Sie die weißen Flecken nicht sehen wollen, dann sollten Sie die Landesregierung damit beauftragen, diese zu ermitteln. Sie sind allseits bekannt und müssten auch Ihnen ins Auge fallen. – Danke.
Herr Minister, handelt es sich bei der vorliegenden Landesförderung ganz oder teilweise um Wirtschaftsförderung oder ausschließlich um Sportförderung?
Herr Minister, Sie haben vorhin gesagt, dass das zumindest in Ihrer Zuständigkeit liegt. Sie antworten uns ja auch heute hier. Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr Ministerium, Ihr Zuständigkeitsbereich das Gutachten angefordert und den Auftrag vergeben hat und dass Sie das somit eher in Ihrem Bereich angesiedelt sehen?
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat uns einen Antrag in Sachen
Behindertenpolitik vorgelegt. Wir haben im letzten halben Jahr schon einige Anträge zu diesem Thema gehabt und uns in der Obleuterunde vor einigen Wochen darauf geeinigt, dass wir im Februar eine Anhörung dazu machen wollen. Dabei wollen wir nicht nur die einzelnen Anträge bearbeiten, sondern wir wollen diese Anhörung zum Anlass nehmen, dass der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags NordrheinWestfalen auch zur UN-Konvention Fragen stellt und Antworten erhält. Wir waren der Meinung, dass es endlich an der Zeit ist, von den Experten deren Meinung zu hören und anschließend die nächsten Schritte im Ausschuss zu bereden.
Insofern, meine Damen und Herren, ist es durchaus legitim, wenn eine Fraktion dieses Hauses ihre Meinung konkreter und differenzierter, als bisher geschehen, fasst. Neben diesem Antrag und den weiteren Anträgen können wir Dreierlei feststellen, was auch Grundlage der Anhörung sein wird:
1. die schon sehr alte Forderung der Teilhabeorientierung aus dem SGB IX,
2. die bereits im Dezember 2008 – Sie haben es gesagt, Frau Monheim – schon feststehenden Äußerungen der UN-Konvention sowie
3. die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie, die in Brüssel am 02.04.2009 diskutiert worden ist.
Seitdem haben wir klare Vorgaben und könnten eigentlich losschreiten. Als Sie vorhin sagten, die Landesregierung stehe zu diesen Forderungen, habe ich bei mir gedacht: Na ja, stehen alleine reicht nicht. „Stehen“ bedeutet nämlich auch: Ich stehe, aber ich schreite nicht voran.
Ich will die Vorwürfe der letzten Monate gar nicht so vehement wiederholen, wie es von dieser Stelle aus und auch schon im Ausschuss geschehen ist, will aber deutlich sagen: Eigentlich haben wir schon 13 Monate vertan.
Es ist schade, Herr Minister, werte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, dass Sie als Landesregierung und regierungstragende Fraktionen nicht schon selber Stellungnahmen veröffentlicht haben, dass Sie nicht das, was Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt haben, für sich auch schon manifestiert haben, hätte es doch gezeigt, dass richtig ist, was Minister Laumann in den letzten Jahren immer wieder unermüdlich wiederholt, dass für ihn nämlich die Behindertenpolitik die Königin der Sozialpolitik ist.
Herr Minister, wir werden uns am 24. Februar anhören, was die Fachwelt denn von dieser Königsdisziplin hält, wo sie Mankos sieht und Fortschritte in der Behindertenpolitik einfordert. Leider hat es diese Landesregierung versäumt, vorher schon
Position zu beziehen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Antrag „Unentgeltliche Beförderung für Menschen mit Behinderung im öffentlichen Personennahverkehr sicherstellen“ möchten wir auf einen Missstand hinweisen und ihn verhindern. Gegenstand ist – ganz einfach gesagt – der öffentliche Personennahverkehr und der Landeszuschuss im Land BadenWürttemberg für die kostenfreie Beförderung für Menschen mit Behinderung.
Das übergeordnete Ziel dieser Förderung ist, dass Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben teilhaben und Erleichterungen erfahren sollen. Dieses übergeordnete Ziel ist im SGB IX verankert.
Im Lande Baden-Württemberg hat die Kommission „Haushaltsstruktur“ vor wenigen Wochen den Landestopf, den Zuschuss des Landes an die Verkehrsbetriebe für die Beförderung behinderter Menschen in Höhe von 30 Millionen € als Sparpotenzial für den Landeshaushalt in Baden-Württemberg entdeckt und die Ministerin für Soziales aufgefordert, mit einer Bundesratsinitiative tätig zu werden, um in Zukunft zu verhindern, dass an der Stelle für das Land Baden-Württemberg Kosten entstehen.
Es folgte kein Widerruf von der Ministerin, keine Widerwehr von der Landesregierung oder den Fraktionen, die diese Landesregierung tragen.
Anders ist das in anderen Ländern. Zum Beispiel in Niedersachsen hat die CDU-Kollegin von Minister Laumann gesagt: Das wird es in Niedersachsen nicht geben. – Leider ist es bis heute so, dass Herr Laumann – der auch noch durch Abwesenheit glänzt; ich kann ihn zumindest nicht sehen – dies nicht getan hat.
Werte Kolleginnen und Kollegen, auch in NRW gibt es Widerwehr. Die LAG Selbsthilfe, der Hiller Kreis, die Vertreter der Behindertenverbände schreien auf „So nicht!“ und fordern ein Signal von der Landesregierung.
Werte Kollegen, Sie werden gleich versuchen, hier darzustellen, in Baden-Württemberg werde das nicht so ernst gemeint. Wie anders ist aber ein Schreiben des Staatssekretärs aus dem Sozialmi
nisterium vom 2. Dezember 2009 zu verstehen, in dem es heißt: Die Haushaltsstrukturkommission hat dem Ministerium für Arbeit und Soziales den Auftrag erteilt, die derzeitige einkommensunabhängige Förderung der Mobilität von Menschen mit Behinderung im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs zu überprüfen. – Der Staatssekretär hat zudem deutlich gemacht: Insbesondere in Zeiten schwieriger Finanzsituation ist es geboten, alle Möglichkeiten zu überprüfen.
Hierzu sagen wir Sozialdemokraten – und das muss genauso wie die niedersächsische Sozialministerin und andere auch das Land Nordrhein-Westfalen sagen –: Nein! Mit uns nicht!
Herr Laumann, wir fordern die Landesregierung im Sinne unseres Antrags auf, „eine mögliche Bundesratsinitiative des Landes Baden-Württemberg zur Abschaffung der unentgeltlichen Beförderung von Menschen mit Behinderung im öffentlichen Personennahverkehr abzulehnen und jeden Vorstoß in diese Richtung politisch ablehnend zu begleiten.“
Herr Laumann, Sie haben einmal die Behindertenpolitik als Königin der Sozialpolitik betitelt. Es ist an der Zeit, dass Sie endlich hier vor diesem Haus entweder nachher mit Ihrer Stimme für diesen Antrag oder aber vorher durch entsprechende Worte Farbe bekennen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Kollegin, herzlichen Dank. Ist Ihnen das Schreiben des Staatssekretärs, Herr Dieter Hillebrand, vom 2. Dezember, also von vor wenigen Tagen, bekannt, in dem er das, was ich vorhin zitiert habe, nicht widerrufen hat und den Eindruck, den die Ministerin erweckt hat, dass sie dieses Vorhaben nicht widerruft, sogar in dem Schreiben noch verstärkt?
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Laumann, vor fünf Jahren, zum Jahrgangswechsel 2004/2005, wurden Sie uns, der Politik, dem Land und der Welt als der soziale Heilsbringer der CDU in NordrheinWestfalen vorgestellt.
Warten Sie einmal ab. – Da sollte dem farblosen und inhaltslosen Rüttgers der CDA-Vorsitzende, der
bunte Hund und der häufig eher unkonventionelle Politiker Laumann den nötigen Pep geben und den sozialen Anstrich verpassen. Wir wissen: ein Schachzug, der durchaus aufgegangen ist.
Herr Laumann, vielleicht damals. Inzwischen hat uns aber die Realität in Ihrem Wirken eingeholt. Insofern ist das eine zweischneidige Sache, auch wenn Sie hier klatschen wollen.
Ich freue mich, dass Sie jetzt wach geworden sind. Gerade war das ja eher eine ruhige Nummer. Das ist man von Ihnen gar nicht gewohnt.
Wir sind jetzt fünf Jahre später, fünf Sozialhaushalte später, und können eine Beurteilung und eine Rückschau vornehmen. Herr Laumann, Ihr Pakt mit Jürgen Rüttgers, bewusst oder unbewusst geschlossen oder gehalten, und Ihre Annahme, er kann mich gebrauchen, und ich kann ihn beim Vorwärtskommen gebrauchen, sind gescheitert.
Ich fasse dies als Sackgasse für Ihre politische Laufbahn und als Sackgasse für die Sozialpolitik dieses Landes auf. Sie sind nämlich auf dem Weg gescheitert, etwas Gutes für die Menschen in Nordrhein-Westfalen erreichen zu wollen. Jürgen Rüttgers hat längst sein wahres soziales Gesicht – ich sage einmal: fast eine Fratze – offenbart.
Ja, Kollegen. Äußerungen über Inder, über Kinder, über Rumänen und über viele andere haben Spuren hinterlassen. Ich weiß, dass Sie die natürlich ärgern.
Ich weiß natürlich, dass das einer Partei wehtut, die vor fünf Jahren den Schachzug unternommen hat, hier jemanden hinzustellen, der einen sozialen Anstrich und einen Ruf hat. Dieser Ruf reicht aber bis heute nicht mehr weiter.
Ich rede gar nicht mit Ihnen, sondern mit Herrn Laumann.
Herr Laumann, ich bin der Überzeugung, dass Sie eigentlich anders sind. Ich glaube immer noch, dass Ihnen die Sozialpolitik am Herzen liegt. Die Frage ist
aber, ob Sie sich weiter als Steigbügelhalter für Jürgen Rüttgers zum Machterhalt verdingen wollen.
Herr Kollege, ich finde es zumindest positiv, dass Sie inzwischen wach geworden sind; denn vorhin bei den Äußerungen der CDU-Kollegen und des Ministers über die Arbeitsmarktpolitik herrschte ja Ruhe im Saal. Lediglich bei Frau Steffens Äußerungen war hier Lebendigkeit zu spüren.
Herr Laumann, die Welt kann inzwischen klar feststellen: Wenn der Laumann will, darf er nicht, und wenn er kann, dann will er meist nicht. – Sie lassen die Sozialpolitik in Nordrhein-Westfalen verkümmern. Nach fünf Jahren ist der Lack ab. Nun begreift auch der Letzte, dass die Mächtigen da oben in Berlin Sie nicht wollen oder angeblich das, was Sie einmal verkörpert haben, nicht wollen. Gefragt sind dort oben eher hübsche, junge, zumindest scheinbar erfolgreiche, gelackte Gesichter. Sie dürfen derjenige sein, der die Menschen versteht. Veränderungen, wirkliche soziale Verbesserungen, behalten Sie nach dem Sinnen der da oben und Ihres Ministerpräsidenten und dieser Regierung aber gefälligst für sich oder äußern sie nur in den Hinterzimmern, Herr Laumann. Alles das wird seit fünf Jahren deutlich – und mit jedem Haushalt noch mehr.
Lassen wir einfach einmal Beispiele sprechen. Ich beginne mit dem Beispiel Armut.
2007 waren Sie und dieser Minister es, die hier oben die Anklage geführt haben, dass dort nichts passiert sei und dass nichts vorangehe. Man musste meinen, dass nun endlich etwas kommt, dass sich nun etwas bewegt. Was hat sich denn seitdem bewegt? – Sie haben einen runden Tisch. Gut; sehr gut.
Sie haben es aber zugelassen, dass die Obdachlosenhilfe – ein prestigeträchtiges sozialpolitisches Feld – ohne Gegenwehr zum Kollegen Laschet gegangen ist. Ein Jahr später wurde auch klar, wieso. Sie wollten sie nämlich einstampfen. Selbst als Herr Laschet für die Landesregierung erklärt hat, die Modellprojekte würden nicht mehr gefördert, kam von Ihnen kein Widerspruch.
Ein anderes Beispiel beim Thema Armutsbekämpfung ist die Einrichtung des Landesfonds „Kein Kind ohne Mahlzeit“. Das ist ganz ausdrücklich eine gute Idee. Hier wird aber einmal mehr deutlich, wie Rüttgers tickt. Bitte pressewirksame Dinge; denn er will der großzügige Onkel sein. Selbst der Städte- und Gemeindebund und der Landkreistag stellen Ihnen in der Stellungnahme zum Haushalt das Zeugnis
aus, dass das Geld hinten und vorne nicht reicht; es müsste wesentlich mehr sein.
Das Schlimme ist, dass Sie das Programm auch noch bis zum 31. Dezember 2011 begrenzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Hunger dann nicht zu Ende ist; denn Ihnen fehlt in der Armutsbekämpfung ein Programm. Ihnen fehlt ein Konzept. Was Sie im Jahr 2007 hier großkotzig angekündigt haben, ist bis heute nicht gekommen.
Ich will noch andere Beispiele anführen. Im Bereich Pflege – seien es die Pflegestützpunkte, sei es der Bereich Pflegefachkraft, sei es das Wohn- und Teilhabegesetz – machen Sie immer wieder deutlich, dass Sie es mit einer nachhaltigen Politik nicht ernst meinen. Zugegeben: Das Wohn- und Teilhabegesetz war im Gesetzgebungsverfahren und ist von den Inhalten her ein gutes Gesetz. Jetzt, wo es auf die Umsetzung ankommt, streiken Sie aber und machen deutlich: Da dürfen Sie zwar, aber da möchten Sie nicht; da könnten Sie zwar, aber da wollen Sie nicht.
Ein anderes Beispiel, bei dem Sie die kommunale Familie alleinlassen, ist die Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung. Dort macht die kommunale Familie deutlich, dass das, was wir angekündigt haben, in der Tat eintritt. Sie wollen die Kommunalisierung nämlich dazu nutzen, diesen Posten auf Dauer zu kürzen. Sie machen da dieses Jahr schon ernst. Damit ist das, was wir Ihnen damals vorgeworfen und was Sie vehement bestritten haben, tatsächlich Wahrheit geworden. Genau so lassen Sie auch bei anderen Punkten die kommunale Familie bei ihrer Daseinsvorsorge allein.
Herr Laumann, Sie sind am Scheideweg. Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie eine soziale Fratze weiter stützen, oder wollen Sie das, was Sie vermutlich wollen, nämlich den Inhalt füllen, dass Nordrhein-Westfalen das soziale Gewissen der Republik bleibt? Ich glaube, dass Sie weiterhin danach streben wollen. Aber Sie sind derzeit in einer Sackgasse. Sie müssen sich entscheiden, ob Sie endlich wirkliche Fortschritte in der Sozialpolitik für Nordrhein-Westfalen wollen. Es kommt auf Sie an und nicht auf irgendwelche hohlen Sprüche. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Monheim, ich schätze Sie sehr, weil ich glaube, Sie sind eine sozial engagierte Frau. Was Sie vorhin gesagt haben, nehme ich durchaus ernst. Aber nach fünf Jahren kommt irgendwann der Zeitpunkt, zu dem man sich als Sozialpolitiker fragt, ob man das weiter dulden kann. Inzwischen muss man fast auf den Tisch kotzen.
Ich nenne Ihnen auch ein Beispiel dafür.
Diese Broschüre macht den Stellenwert der Sozialpolitik in der Regierung Rüttgers deutlich.
Da es eine offizielle Broschüre der Landesregierung ist, gehe ich davon aus, dass sie abgestimmt ist. Ich gehe einmal davon aus, dass sie zwischen den Ressorts abgestimmt ist. Ich gehe davon aus, dass sie zwischen den Presseleuten der Regierungsfraktionen oder zumindest des stellvertretenden Ministerpräsidenten und des Ministerpräsidenten abgestimmt ist.
Meine Damen und Herren, es ist schon bezeichnend für dieses Land, dass trotz dieser großen Worte des Ministers Folgendes passiert.
Warten Sie erst einmal. – Dass die Sozialpolitik klar hinter dem Ministerpräsidenten kommt, ist klar.
Dort ist sie aber nicht zu finden. Vielleicht kommt dann auch erst der stellvertretende Ministerpräsident. Das ist auch klar.
Aber dass Sie in einem abgestimmten Produkt zur Darstellung Ihres Regierungshandelns zuerst die moderne Architektur im Innenhafen Duisburgs nennen, dass Sie zuerst die Präzision bei der Untersuchung eines Stahlträgers nennen, dass Sie zuerst die Standortmarketingkampagne „We love the new“ nennen, dass Sie zuerst den Suchhund in der Türkei erwähnen und dann erst „Bei uns bleibt niemand zurück“ sagen, macht es notwendig zu fragen, ob dieser Minister mit seinen Ansprüchen und Versprechungen von damals wirklich gehalten hat, was er versprochen hat. Wir finden, das hat er nicht. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Vor genau drei Wochen haben wir im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine Anhörung zum Thema „Pflegenotstand verhindern“ durchgeführt. Hierbei haben wir die einhellige Meinung vernommen, dass wir ein anständiges Pflegefachkräfte-Monitoring brauchen.
Klare und deutliche Worte gab es auch zu dem von uns hinterfragten Pflegenotstand, nämlich ob es diesen gibt oder nicht. Fast einhellige Meinung war: Ja, er ist bereits da. Wichtig: Alle Anwesenden haben dem Landtag mit auf den Weg gegeben, dass schnelles Handeln erforderlich ist. Noch vor drei Wochen, Herr Minister, gab es von Ihrem Hause und auch von der CDU-Fraktion und der FDPFraktion erbitterte Gegenwehr gegen die Anerkennung des Pflegenotstandes.
Ich zitiere das Institut, das Sie beauftragt haben, nämlich die Forschungsgesellschaft für Gerontologie, die vor drei Wochen ausgeführt hat:
Dass bis 2015 ein Pflegenotstand eintritt, erscheint nicht realistisch, wenn man den bisherigen Ausbildungsertrag weiter ausbildet. Sinkende Ausbildungszahlen führen nicht zwangsläufig zu einem geringeren Ausbildungsertrag.
Sie haben ja gerade eingeworfen, Herr Minister, dass wir keinen Pflegenotstand haben. Dann verwundert mich aber, dass Sie am Montag bei „10 Jahre Pflegerat NRW“ gesagt haben, dass wir in den nächsten Jahren mittelfristig nicht mehr ohne osteuropäische Arbeiterinnen und Arbeit im Pflegebereich auskommen. Vielleicht haben ja alle Sie missverstanden.
Es ging jedoch durch die gesamte Presse, dass Sie dieses gesagt haben.
Auch die Anwesenden sagen dies deutlich. Ich zitiere, was Sie angeblich gesagt haben und was Sie hier jetzt bestreiten:
Das Pflegesystem für ältere Menschen in NRW kann nach Überzeugung von Landessozialminister Karl-Josef Laumann mittelfristig nicht ohne den Einsatz von osteuropäischem Pflegepersonal bewältigt werden. Gastarbeiter in der Pflege seien hier unerlässlich.
So weit die Worte, die die Leute verstanden haben.
Herr Minister, Sie haben ja gleich die Möglichkeit, das in Ihrem Redebeitrag richtigzustellen. Klar ist aber: Nach unseren Forderungen nach einem anständigen Pflegefachkräfte-Monitoring zieht die CDU nach und erkennt scheinbar heute, drei Stunden vor Behandlung im Plenum, dass wir jetzt doch handeln müssen.
Wer damals und heute immer noch sagt, dass die Fachleute und wir Unrecht hatten, als wir 2006 und 2007 dieses forderten und die Ausrufung des Pflegenotstandes als notwendige Maßnahme wollten, um kurzfristig mehr Leute in die Pflegefachkraftausbildung zu bekommen, dem kann ich nur sagen: Das Verhalten der CDU- und FDP-Fraktion von heute straft dem Lügen.
Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich sehr gespannt auf Ihre Einlassungen, wie Sie das begründen wollen, und warte mit dem Rest meiner Redezeit einmal ab. – Danke schön.
Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, dass Sie sehr viel Wert darauf legen, dass in Nordrhein-Westfalen in der Mehrzahl der Einrichtungen tarifgebundene Löhne gezahlt werden. Wie muss ich es dann verstehen, dass Sie jedes Jahr, wenn die Pflegekosten in NordrheinWestfalen mit denen der anderen Bundesländer verglichen werden, meckern und sagen, sie seien zu hoch, obwohl der wesentliche Grund, weshalb sie höher sind als woanders, genau die Tarifgebundenheit in den nordrhein-westfälischen Pflegeheimen ist?
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Sozialgesetzbuch IX wurde die Selbstbestimmtheit und Teilhabe von Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt auch der politischen Arbeit gesetzt.
Mit der genannten Gesetzesgrundlage, der Unterzeichnung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, der sogenann
ten UN-Behindertenrechtskonvention und der Antidiskriminierungsrichtlinie der EU, haben wir nun drei rechtliche Aussagen, die uns dazu verpflichten, das Leben der Menschen mit Behinderung mehr als bisher im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Alltags zu ermöglichen.
Herr Minister, kurz nach Ihrem Amtsantritt in Nordrhein-Westfalen haben Sie deutlich gemacht, dass Sie die Politik für Menschen mit Behinderung als Königin der Sozialpolitik ansehen. Damit haben Sie bei uns, bei der Öffentlichkeit und bei den behinderten Menschen in Nordrhein-Westfalen sowie ihren Angehörigen große Erwartungen geweckt.
Vier Jahre nach diesen großen Worten sind nun vergangen. Vier Jahre wartet Nordrhein-Westfalen jetzt darauf, welcher große Wurf denn nun kommt. Ihre Zusammenführung der bisherigen politischen Stränge aus verschiedenen Ministerien in das Programm „Teilhabe für alle“ hielten wir vom Ansatz her für ein geeignetes Zeichen und ein Signal in die Landschaft. Die Hoffnung, dass jetzt etwas anderes, etwas Großes kommt, ist aber nicht erfüllt worden.
Herr Minister, Sie werden nachher darauf verweisen, dass mit dem Wohn- und Teilhabegesetz die Rechte und der Schutz der Menschen mit Behinderung verbessert worden seien. Ja, sie wurden verbessert. Ich darf aber daran erinnern, dass wir die Möglichkeit gehabt hätten, den § 1 auch näher an der UN-Behindertenrechtskonvention auszuformulieren. Mit der CDU und Ihnen war das leider nicht möglich. Damit wurde eine Chance vertan. Das hat uns stutzig gemacht.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ein weiteres Beispiel ist die Ignoranz gegenüber den Anregungen vonseiten der Behindertenverbände bezüglich der Verlagerung der Aufgaben der Versorgungsämter. Auch hier haben Sie zu verantworten, dass es nun zu unterschiedlichen Graden der Umsetzung von gesetzlichen Aufgaben kommt.
Ich habe Sie nicht verstanden.
Warten Sie einmal ab. – Herr Minister, meine Damen und Herren, vor vielen Monaten haben wir zusammen mit den Betroffenenvertretern der von Contergan geschädigten Menschen in NordrheinWestfalen über deren Lage diskutiert. Forderungen nach einer besseren Gesundheitsversorgung wurden mehrfach in den Raum gestellt. Auch Vertreter des Ministeriums waren anwesend. In unseren Augen ist bis heute keine Verbesserung für diese Gruppe von Menschen mit Behinderung eingetreten.
All dies macht für uns eines klar: Wir brauchen auf diese Landesregierung in Sachen Behindertenpolitik
nicht mehr zu warten. Jeder Monat ist ein vertaner Monat.
Deshalb haben wir auch unseren Antrag „Diskriminierungsfreie medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung fördern und weiterentwickeln“ gestellt.
Werte Kolleginnen und Kollegen, in vielen Gesprächen in den letzten Monaten haben wir festgestellt, dass unter anderem in diesem Bereich der Behindertenpolitik Aufarbeitungsdruck besteht und wir hier handeln können. Daher fordern wir mit unserem Antrag die Landesregierung und Sie auf:
Lassen Sie uns Studien in Auftrag geben, die diese Lage näher durchleuchten, und entsprechende Forschungsvorhaben auf den Weg bringen. Wir brauchen ein Landesforschungsprogramm, das dieses Manko und diese Lücken aufdeckt, sodass wir später auf dieser Grundlage agieren können.
Wir sind der festen Überzeugung, dass wir Lehrstühle mit entsprechenden Forschungsschwerpunkten über Medizin für Menschen mit Behinderung benötigen. Anderswo, zum Beispiel in den benachbarten Niederlanden, ist dies schon alltäglich. Wieso nicht hier in Nordrhein-Westfalen?
Lassen Sie uns aber auch die fachliche Qualifikation der Menschen fördern, die in Praxen und im sonstigen Gesundheitsdienst alltäglich mit Menschen mit Behinderung zusammenarbeiten. Das wollen wir auf Landesebene mit Projekten anstoßen.
Meine Damen und Herren, in einer breit angelegten Gesundheitskampagne könnten wir dies schaffen. So könnten wir die Lage der Menschen mit Behinderung und ihrer Angehörigen – egal ob es sich um Körperbehinderte, seelisch Behinderte, geistig Behinderte oder Menschen mit alterspsychiatrischen Veränderungen handelt – hier im Lande verbessern. Das wollen wir. Wir verschließen auch auf der Bundesebene nicht den Blick vor unserer Verantwortung. Wir sind in unserer Partei bereit, für Verbesserungen in diesem Bereich zu kämpfen. Wir fordern die Landesregierung gleichzeitig auf, auf Bundesratsebene tätig zu werden, zum Beispiel bei der Erarbeitung von Leitlinien für eine qualitätsgesicherte medizinische Behandlung und der Bildung neuer Schwerpunkte in der Medizinerausbildung. Wir werden auch nicht umhinkommen, die Lücke bei der Behandlung von Menschen mit Behinderung dann, wenn es um die Bezahlung für die Ärzte geht, zu schließen, weil sie heute mehr Zeit aufwenden müssen, als ihnen bezahlt wird. Herr Minister, wir sind bereit, mit Ihnen zusammen auf Bundesebene zu kämpfen.
Im Beratungsverfahren, werte Kolleginnen und Kollegen – lassen Sie mich das zum Schluss sagen –, sind wir bereit, auch die große, ständig wachsende Gruppe der Menschen mit seelischer Behinderung und ihre angemessene gesundheitliche Versorgung in unsere Überlegungen aufzunehmen.
Meine Damen und Herren, für uns ist die Zeit des Wartens vorbei. Wir werden weiterschreiten. Wir hoffen, dass Sie an unserer Seite mitgehen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind auf dem Weg der Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen und Menschen ohne Behinderungen vorangekommen, sind aber noch nicht am Ziel.
Wichtige Schritte auf diesem Weg waren in der Vergangenheit die Einführung des Schwerbehindertenrechts 1974, die Grundgesetzänderung 1994, mit der der Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ in das Grundgesetz aufgenommen wurde, sowie 2002 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
Jetzt sind wir an einer Stelle, wo zwei weitere Veränderungen im Recht Möglichkeiten schaffen und Notwendigkeiten nach sich ziehen. Zum einen geht es um die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, im Hinblick auf die uns letzte Woche von Vertretern der Lebenshilfe im Ausschuss deutlich gemacht wurde, dass wir die Sozialgesetzbücher entsprechend angleichen müssen.
Zum anderen geht es um eine neue EU-Richtlinie zur Antidiskriminierung, die vor gut einem Monat im EUParlament diskutiert und über die am 2. April 2009 beschlossen wurde. Diese bietet den 1,65 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen, die einen Behinderungsgrad von über 50 % haben, eine verbesserte Chance zur Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben. Ich zitiere aus der Beschlussvorlage des Europäischen Parlaments zur EU-Antidiskriminierungsrichtlinie:
Die Richtlinie verbietet Diskriminierung aufgrund einer Behinderung beim Zugang zu Sozialschutz, sozialen Vergünstigungen, Gesundheitsdiensten und Bildung sowie den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen.
Auch „Telekommunikation und elektronische Kommunikation, Finanzdienstleistungen, Kultur und
Freizeit, Verkehrsmittel sowie sonstige öffentliche Räume“ sollen darunter fallen. Das ist eine erhebliche Erweiterung der bisherigen Vorgaben. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns frühzeitig, nämlich schon einen Monat nach dem Beschluss des EUParlaments, auch hier in Nordrhein-Westfalen damit beschäftigen. Es ist wichtig, dass wir früh versuchen, diese Normen für Nordrhein-Westfalen umzusetzen, weil die 1,65 Millionen Menschen, die in Nordrhein-Westfalen davon betroffen sind, das von uns erwarten können.
Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, haben wir diesen Antrag gestellt. Wir freuen uns auf die Diskussion auch im Zusammenhang mit dem im Dezember von den Grünen gestellten Antrag in Sachen UN-Konvention. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mit dem heutigen Tag den Antrag „ Pflegenotstand verhindern – Altenpflegeausbildung für mehr Fachkräfte!“ zur Behandlung eingebracht.
Dieser Antrag, meine Damen und Herren, ist an unseren Antrag vom Januar 2007 angelehnt; das ist unverkennbar. Schon damals haben Sie, Herr Minister, und Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, allein gestanden mit Ihren Zahlen und Argumenten. Denn der Einzige, der für Sie sprach, war das Forschungsinstitut für Gerontologie in Dortmund, welches Sie mit Arbeit beauftragt hatten und haben.
Das IAT, die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, die freie Wohlfahrtspflege und andere haben schon damals die Annahme gestützt, dass wir von 2005 bis 2015 zwischen 44.000 und 100.000 neue Fachkräfte in der Altenpflege benötigen.
Von diesen Summen wurden 15.000 Fachkräfte abgezogen, die aus dem Bereich der stationären Gesundheitspflege in die Altenpflege wechseln könnten. Das macht also mindestens 29.000 und höchstens 85.000 zusätzliche Fachkräfte.
Sie, Herr Minister, haben hier an diesem Pult damals im Januar vor gut zwei Jahren gesagt: Das stimmt alles nicht. Wir brauchen lediglich 18.000 neue Fachkräfte. – Sie haben auch gesagt, dass das genannte Forschungsinstitut aus Dortmund dieses berechnet habe. Und Sie haben auch gesagt, dass Sie dafür jährlich 3.300 neue Fachkräfte benötigten.
Herr Minister, bereits in der Anhörung wurde diese Zahl auseinandergenommen. Da hieß es, dass das selbige Forschungsinstitut nachwies, dass 19.223 Fachkräfte benötigt würden, und zwar lediglich auf der Basis der Berechnungen für 2008 bis 2015. Wenn man auch die Jahre 2006 und 2007 hinzugenommen hätte, hätte der Bedarf bei weit über 20.000 neuen Fachkräften gelegen. Das heißt, die Zahl von 3.300 pro Jahr hätte auch nach oben hin korrigiert werden müssen.
Wenn wir also nicht von unseren Zahlen ausgehen, sondern von Ihren, Herr Minister, dann muss man schon heute feststellen, dass diese Absolventenzahl seit 2006 und gegebenenfalls schon früher nicht erreicht wird. Sie wird auch heute nicht erreicht und liegt bei unter 3.000. Das heißt, mit den Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009 – das sind ja die vier Jahre, die bereits sozusagen gelaufen sind – und
mit den Jahren 2010 und 2011 – zumindest diese muss man bei einer dreijährigen Ausbildung berücksichtigen – haben Sie sechs Jahrgänge mit jährlich mindestens 300 nicht ausgebildeten Fachkräften. Also: Allein Ihre Rechnung weist heute schon aus, dass 2012 1.800 Fachkräfte fehlen werden. Dabei nehme ich nicht Bezug auf die Zahl 29.000, die wir damals genannt haben.
Herr Minister, im Haushalt für 2009 heißt es auf Seite 105 der Erläuterungen, dass Sie in diesem Jahr, also 2009, 8.587 Plätze maximal fördern. Das ist noch einmal eine Unterschreitung. Meine Damen und Herren, wer jetzt immer noch sagt, wir könnten trotz dieser Zahlen ruhig schlafen, der irrt nicht nur, sondern begeht eine sträfliche Unterlassung.
Werte Kollegen von der CDU – Sie, Herr Henke, spreche ich insbesondere an –, ich möchte Sie daran erinnern: In den Jahren 2002 bis 2004 haben Sie immer wieder Pflegekampagnen gestartet. Es gab viele Anfragen, viele Anträge, viele große Veranstaltungen auch im Landtag, und eine Ihrer zentralen Forderungen war, den Abbau von Ausbildungsplätzen, der damals drohte, zu verhindern. Das haben Sie damals vor dem Hintergrund einer Ausbildungsabsolventenzahl von 4.777 in 2003 gesagt. Die Zahl von heute ist also ein Riesenschritt nach hinten. Ich möchte wärmstens dafür werben, Herr Henke und meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie sich daran erinnern, wie Sie damals argumentiert haben. Hier steht Ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.
Meine Damen und Herren, ich brauche hier gar nicht die Schwierigkeit bei den Arbeitsverträgen zu erwähnen, die unter anderem verhindert, dass mehr Ausbildungsplätze angenommen werden. Ich brauche hier gar nicht aufs Tablett zu bringen, dass eine Steigerung der Anzahl der Helferinnen, die Sie, Herr Minister, angeregt und vorwärtsgebracht haben, helfen könnte. Fakt ist, dass diese Helferinnen heute in der Regel keinen Fachkraftplatz und keinen Fachkraftvertrag bekommen. Sie werden weiterhin als Billigstkraft eingesetzt und haben meistens keinen langfristigen Arbeitsvertrag. Insofern können wir nicht darauf bauen, dass die von Ihnen favorisierten Helferinnen in diesem Bereich Entlastung bringen.
Ich stelle daher fest: Wir brauchen schnell eine Veränderung. Wir brauchen nicht auf die integrative oder generalisierte Ausbildung zu warten. Denn es wird noch einige Jahre in Anspruch nehmen, bis sie implementiert ist und bis sie Entlastung bringt. Das heißt, wir werden erst 2012 oder 2013 die ersten Ausbildungsgänge begrüßen dürfen, und wir dürfen die Zeit bis dahin nicht sinnlos verstreichen lassen.
Um die Umlagefinanzierung werden wir spätestens dann nicht herumkommen, wenn wir die Berufe, das heißt die Ausbildungsberufe von Kinderkrankenpflege-, Krankenpflege- und Altenpflegefachkraft, zusammenlegen. Wir wissen, dass wir dann spätestens die Umlagefinanzierung durchdrücken müssen.
Insofern ist es nicht nur aufgrund der Zahlen heute sinnvoll zu sagen: Wir wollen die Umlagefinanzierung. – Ich danke Ihnen.
Frau Ministerin, da ich als ehemaliger Hauptschüler eher bei kurzer und prägnanter Vermittlung Lernerfolge erziele, muss ich Sie noch mal fragen – ich habe das vielleicht vorhin nicht mitbekommen –: Wer ist der Vorsitzende oder der Präsident dieses unabhängigen Beirats?
Frau Ministerin, können Sie mir sagen, welche Mitglieder dieses Hohen Hauses in dem unabhängigen Beirat sitzen?
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Um welchen Sachverhalt geht es heute Abend bei diesem Tagesordnungspunkt? Es geht um einen Fördertopf im Landeshaushalt in Höhe von jährlich 1,2 Millionen € bis zum Jahr 2008, den die Landesregierung auslaufen zu lassen plant.
Letzte Woche wurde bei der Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales unter Beteiligung des Ausschusses für Generationen, Familie und Integration folgender Sachverhalt deutlich: Ein Gutachten aus dem Jahre 2007 mit dem Titel „Hilfen für Wohnungslose“ wurde nicht veröffentlicht. In dessen Rahmen wurden besondere Zielgruppen der Wohnungsnotfallhilfe – Kinder und Jugendliche, Familien, ältere Menschen sowie Menschen mit Zuwanderungsgeschichte – untersucht. Das Ergebnis wurde dem Ministerium vorgelegt. Dieses hat den Bericht nicht veröffentlicht.
Das ist deshalb bemerkenswert, weil in der Anhörung – neben den Problemfeldern ländlicher Raum und Frauen – genau diese vier Bereiche für zukünftige Modellprojekte in der Wohnungslosenhilfe vorgeschlagen wurden. Dort könne in den nächsten Jahren modellhaft erforscht werden, was die Landschaft braucht.
Herr Minister, die Nichtveröffentlichung im Jahr 2007 wirft Fragen auf.
Erste Frage: In den letzten Tagen haben Sie gegenüber der Presse sinngemäß deutlich gemacht, darin stände nichts Neues.
Wenn es wirklich so ist, muss man sich fragen, ob Sie vielleicht unnötig Geld herausgeschmissen haben.
Zweite Frage: Haben Sie 2007 etwas zu verheimlichen gehabt? Man muss daran erinnern, dass in den ersten vier Monaten des Jahres 2008 – also in den Folgemonaten, nachdem diese Studie fertig auf Ihrem Tisch oder in Ihrem Hause lag – der Haushalt 2009 in Ihrem Haus vorbereitet wurde. Wollten Sie möglicherweise bewusst eine Ausdifferenzierung der zukünftigen Problembereiche bzw. der Modellprojekte verhindern und dem Landtag das Wissen darüber vorenthalten, um die von Ihnen für den Haushalt des Jahres 2009 erhobene Forderung, die Modellprojekte zurückzufahren und auslaufen zu lassen, leichter durchsetzen zu können?
Meine Damen und Herren, wenn Sie heute, am 29. Januar 2009, auf der Internetseite des MGFFI NRW nachschauen, welchen Sinn das Ministerium in den Modellprojekten zur Wohnungslosenhilfe sieht, können Sie drei Klicks von der Hauptseite entfernt lesen:
Die nordrhein-westfälische Landesregierung engagiert sich dafür, Wohnungslosigkeit zu vermeiden bzw. zu bewältigen und die Rückkehr in ein normales Leben zu ermöglichen.
Weiter lässt Minister Laschet schreiben:
Bundesweit einmalig ist das Landesprogramm „Wohnungslosigkeit vermeiden – dauerhaftes Wohnen sichern“.
Herr Minister, Sie haben recht, wenn Sie dieses Programm loben und es als bundesweit einmalig bezeichnen.
Noch besser wird es, wenn man den nächsten Link in dem Text anklickt. Dann bekommt man Folgendes zu lesen:
Die Landesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, gemeinsam mit den Gemeinden, den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege und anderen Akteuren nach Wegen zu suchen, die bestehenden Möglichkeiten der Prävention offensiv zu nutzen, um Wohnungsnotfälle zu vermeiden.
Herr Minister, es ist bezeichnend für Sie, dass Sie auf der einen Seite im Ausschuss erklären, die Modellphase sei vorbei, während auf Ihrer Internetseite eine ganz andere Information zu finden ist und die Sinnhaftigkeit dieser Modellversuche ganz anders dargestellt wird.
Deshalb fordern wir: Wenn Sie nichts zu verheimlichen und zu verbergen haben und wenn Sie uns nicht bewusst dumm halten wollen, stellen Sie zu
mindest den Fachausschüssen das Gutachten zur Verfügung. Folgen Sie dem, was Sie auf Ihrer Internetseite heute noch schreiben, und sorgen Sie dafür, dass die 1,2 Millionen € weiterhin sinnvoll im Landesprogramm angelegt werden.
Herr Minister, alle anderen Wege führen dazu – das sage ich ganz deutlich –, dass wir vonseiten der Opposition dem Ministerpräsidenten ernsthaft ans Herz legen werden, Sie wegen sozialer Unzulänglichkeit von diesem Aufgabenbereich zu entbinden.
Ich danke Ihnen.
Frau Steffens, können Sie sich vorstellen, dass mein sozialpolitisches Herz in Verwirrung gerät, wenn man uns weismachen will, dass uns 21.000 wohnungslose Menschen in Nordrhein-Westfalen von Erfolg sprechen lassen?
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ihr Antrag, meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, greift einen wichtigen und inhaltlich weitestgehend richtigen Sachverhalt auf, der behandelt werden muss. Aber nach den Worten der Kollegin Veldhues müssen wir auch ein paar kritische Anmerkungen an Sie richten.
Erstens. Wir müssen uns die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, einem vor allem bundespolitischen Geschehen hier so großes Gewicht beizulegen. Ich verweise darauf, dass Sie auf Bundesebene nicht allein stehen. In allen Fraktionen gibt es kritische Stimmen zu den Übersetzungen. Auch die FDP hat auf Bundesebene sehr deutliche Worte gesprochen. Aber auch die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen sagte an dem Tag, an dem der Kabinettbeschluss gefasst wurde: Unter anderem in den Bereichen „Inklusion und Bildung“, „Arbeitsmarkt“ und „Ausbau ambulanter Unterstützungsstrukturen“ gibt die Konvention uns noch eine Reihe von Hausarbeiten auf.
Insofern glaube ich, dass in der Bundesregierung und wohl auch in allen Fraktionen, die die Bundesregierung tragen, durchaus der Eindruck besteht, dass noch etwas nachgearbeitet werden muss.
Frau Monheim, Kollegin Steffens fragte vorhin ganz gezielt nach den Einwendungen von Frau Prof. Theresia Degener aus Bochum. Wer diese Dame, die Contergan-geschädigt ist, einmal erlebt hat und weiß, dass sie zur deutschen Delegation gehörte, die diese UN-Konvention erarbeitet hat, muss folgende Überlegung anstellen: Wenn diese Dame sagt und inhaltlich begründet, dort und dort haben Fehlinterpretationen, Fehlübersetzungen stattgefunden, muss sich dann nicht auch eine Bundesregierung aus CDU und SPD fragen, ob sie daran nicht weiterarbeiten und eine Überarbeitung vornehmen muss?
Ich gebe dem Minister recht: Man sollte nicht das Inkrafttreten oder die Umsetzungsphase 1. Januar 2009 gefährden – auf keinen Fall. Ich habe den grünen Antrag nicht so verstanden, dieses Szenario außer Kraft setzen und verzögern zu wollen. Vielmehr wollen die Grünen ein Verfahren nach Inkrafttreten oder nach Scharfschaltung anstoßen, parallel zu Umsetzungsschritten zu überlegen, wo defizitär übersetzt worden ist. Deswegen kann die SPD diesem Antrag auch zustimmen, weil wir uns nicht davor scheuen, uns zu fragen, was vielleicht fehlerhaft übersetzt worden ist. Wir kritisieren aber, ob es sinnvoll ist, hierzu mit einem Landtagsantrag zu kommen.
Zweitens. Folgende Kritik kann ich Ihnen nicht ersparen: Ist es sinnvoll, die Bemühungen zum Beispiel der Enquetekommission „Chancen für Kinder“ im Bereich „Inklusion und Bildung“ zu ignorieren. Dort kann man, wenn man es gut meint, im Forderungskatalog 11 nachlesen, dass Ansätze zur Inklusion auf eine breitere Basis als bisher gestellt wurden. Da muss man sich fragen, ob man sich einen Gefallen tut, hier eine Entscheidung herbeizuführen.
Drittens. Ich greife den Inhalt des Wohn- und Teihabegesetzes auf. Diese Kritik kann ich Ihnen nicht ersparen. Vor acht Wochen ging die heiße Phase der Verhandlungen zwischen den Fraktionen hier im Landtag um das Wohn- und Teilhabegesetz in die Endphase. Die CDU hat netterweise durch die Referentin der Fraktion allen anderen Fraktionen – auch den beiden Fraktionen der Opposition – die Inhalte zur Verfügung gestellt. Es lag also an ihnen, sich auch einzuschalten.
Wir haben uns eingeschaltet und dort die Diskussion um § 1 geführt, der dazu geeignet gewesen wäre, für den Zweck des Gesetzes die UN-Konvention oder Inhalte daraus aufzunehmen. Das Gesetz, das WTG, ist vor dem Kabinettbeschluss beschlossen worden. Aber uns allen ist klar, dass die Übersetzung schon lange im Voraus bekannt war. Insofern hätten wir erwartet, dass Sie sich wegen der Glaubwürdigkeit einschalten. Wir haben das getan.
Wir werden dem Antrag trotzdem zustimmen, weil wir glauben, dass ein weiterer Diskussionsprozess auf Bundesebene stattfinden muss. – Ich danke Ihnen.
Selbstverständlich.
Frau Steffens, um darauf zu antworten, der erste Sachverhalt war folgender: Die CDU war es, die es den anderen Fraktionen ermöglicht hat, durch die Veröffentlichung ihrer Position innerhalb der Fraktionen einzugreifen. Wir haben daraufhin der CDU unseren Katalog zugeschickt. Die Ursprungsmail kam von der CDU.
Frau Steffens – ich kann es Ihnen nicht ersparen –, bei Ihrer Person anzunehmen, dass Sie eine Kin
derfrau brauchen, die SPD oder Norbert Killewald heißt, damit man etwas gemeinsam machen kann, halte ich für abwegig. Wir haben unseren Teil gemacht und der CDU unsere Verhandlungsposition zur Verfügung gestellt und dann die Diskussion geführt. Ich kann Ihnen eines sagen: Wir hatten Änderungsvorschläge zu § 1, die genau in Richtung UN-Konvention gingen. Wir haben keine Mehrheit gefunden – das ist nicht schlimm –, aber wir haben es zumindest versucht.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Kollege Tenhumberg, ich weiß nicht, ob es an Euch/Ihnen vorübergegangen ist: Gestern Abend hat tatsächlich ein Gremium getagt. Es hat tatsächlich das abgelehnt, was der Bundesrat – wie von Dir eben beschrieben – gefordert hat, nämlich dieses Paket auf die Oberstufe auszuweiten. Das ist Tatsache. Insofern ist der Antrag hier und heute eigentlich gerade passend, weil die Landesregierung dieses Thema in den kommenden Tagen noch einmal im Bundesrat aufs Tapet bringen kann.
Werte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen und von der Landesregierung, deshalb werbe ich für den gemeinsamen Versuch, es auf den Weg zu bringen, dass auch Oberstufenschüler oder Schüler oberhalb der 10. Klasse in diesen Genuss kommen können.
Bis gestern haben wir gehofft. Tatsache ist: Wir Sozialdemokraten wollen das Schulbedarfspaket für bedürftige Kinder und Jugendliche von der ersten Klasse bis zum Abitur. Dieser Ansatz ist auch in der Anhörung des Deutschen Bundestages einhellig von allen Sachverständigen begrüßt worden.
Wir setzen auf Chancengleichheit in der Bildung und auf wirksame Beiträge im Kampf gegen Kinder
armut. Ich habe den Kollegen Tenhumberg so verstanden, als ob wir in dieser Hinsicht auf einer Linie wären.
Leider ist das Vorhaben gestern gescheitert, wie ich schon berichtet habe. Die Vertreter der Union hätten der Verlängerung des Schulbedarfspakets bis zum Abitur nur dann zugestimmt, wenn im Gegenzug steuerliche Privilegien für Arbeitgeber und Selbstständige ausgeweitet worden wären.
Das stimmt wohl. – Ich habe aus entsprechenden Unterlagen vorgelesen, die gestern Abend vorlagen. Ich kann noch mehr vorlesen, Herr Minister. Darin heißt es, die von Ihren Kolleginnen und Kollegen geforderte Änderung des Einkommensteuergesetzes hätte dazu geführt, dass Selbstständige in Zukunft die Kosten für Internatsaufenthalte und teure Privatschulen für Kinder bis zum 14. Lebensjahr in unbegrenzter Höhe steuerlich hätten absetzen können.
Herr Minister Laumann, ich glaube nicht, dass das Ihrem Denken und Handeln entspricht. Deshalb möchte ich dafür werben, dass Sie sich in der kommenden Sitzung des Bundesrates für eine Nachverhandlung einsetzen, Herr Minister.
Ich habe den Kollegen Tenhumberg so verstanden, als ob wir inhaltlich nicht auseinanderliegen. Deshalb wäre es im Sinne der betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Familien, dass wir in den nächsten Tagen – uns werden nur Tage bleiben, um dies noch zu verändern – das Schulbedarfspaket auf die Klassen jenseits der 10. Klasse ausweiten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank für das Gestatten der Zwischenfrage. Wenn sich der Bundesgesetzgeber morgen nicht für die Ausweitung, wie es der Bundesrat gewünscht hat, aussprechen und anders entscheiden sollte, ist es dann zu erwarten, dass die Landesregierung bzw. Sie die Diskussion anschließend noch einmal derart gestalten, dass das später doch noch realisiert werden kann?
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Sehr geehrter, leider abwesender Herr Schirmherr Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers!
Danke schön für das Kompliment.
Im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie im Ausschuss für Generationen, Familie und Integration haben wir diesen Punkt im Rahmen der Haushaltsberatungen schon behandelt. Das Verhalten von Minister Laschet, der vermitteln wollte, alles sei gut und das Aufgabengebiet – so wiederholte er nach einem Jahr – sei in besten Händen bei ihm, lassen den Schluss zu, Frau Kollegin Steffens, dass es sehr richtig war, diesen Antrag zu stellen, um im Plenum das Thema noch einmal aufs Parkett zu heben.
Die Regierungsfraktionen und die Landesregierung werden gleich wahrscheinlich – wir haben es schon vom Kollegen Walter Kern gehört – noch einmal den Beruhigungsversuch starten. Werter Kollege Walter Kern, wirklich: Ein Best-Practice-Buch als Beruhigungsversuch der Landschaft zu sehen, ist der Hohn in Tüten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du selber daran glaubst.
Die Streichung des Landesprogramms hätte die Einstellung von neun laufenden Modellprojekten und damit den Wegfall von neun Personalstellen sowie 2,5 Wissenschaftlerinnenstellen in der Geschäftsstelle des Landesprogramms zur Folge. Das schreiben die Beschäftigten. Das schreiben die betroffenen Stellen.
Werter Kollege Kern, wer sagt, die Modellprojekte laufen aus, ohne zu verkennen, dass die gesamte Vernetzung der letzten Jahrzehnte, insbesondere der letzten zwölf Jahre, über diese Geschäftsstelle und damit über diese zweieinhalb wissenschaftlichen Stellen gelaufen ist, der kann nicht sagen, es würde sich nichts verändern, und eigentlich hätten die Kommunen die Aufgabe. Sie tun so, als würde alles gut bleiben. Diese Argumentation verstehe ich wirklich nicht mehr. Ich finde das blauäugig, und ich finde es verantwortungslos.
Man kann in den Antworten auf die Fragen 61 bis 63 zur Haushaltsanhörung des Haushalts- und Finanzausschusses deutlich nachlesen, was die Fachwelt sagt. Sie spricht eine ganz andere Sprache als die Beruhigungsversuche der Regierungsfraktionen und des Ministers Laschet im Ausschuss, ganz anders.
Ich möchte hier nochmals betonen, was auch Frau Steffens gesagt hat: Ich finde es beschämend, wenn jemand Schirmherr spielt und es nicht wirklich erfüllt.
Ich will einmal sagen, was bei Wikipedia unter dem Begriff Schirmherr steht, denn daran wird das Bloßstellen des Ministerpräsidenten deutlich. Dort heißt es: „Als Schirmherr … wird eine (meist prominente)“ – das ist der Ministerpräsident – „Persönlichkeit oder eine Organisation bezeichnet, die mit ihrem Namen eine
Veranstaltung oder eine gemeinnützige Organisation unterstützt.“ – Das stimmt wohl so weit alles und trifft auf die Zusammenarbeit des Vereins und des Ministerpräsidenten zu.
„Der Nutzen besteht gegebenenfalls in einem Image-Gewinn für beide Seiten.“ – Wir Sozialdemokraten sind uns durchaus bewusst, dass dieser Ministerpräsident seit Jahren versucht – nicht erst seit Amtsantritt –, sein Image im sozialen Bereich zu verbessern. Aber hier und am nächsten Satz der Wikipedia-Umschreibung wird es dann deutlich:
„Manche Schirmherren unterstützen aber auch mit aktiver Werbung und setzen ihre guten Kontakte dafür ein, weitere Unterstützer zu gewinnen.“ – Spätestens an dieser Stelle wird der Ministerpräsident und werden die Regierungsfraktionen im Gefolge des Ministerpräsidenten dieser Beschreibung nicht mehr gerecht.
Dem braucht man nur noch eines hinzuzufügen: Sehr geehrter Herr Schirmherr Dr. Rüttgers – das schreibe ich dann für das Protokoll oder für das Weitersagen –, Sie sollten Ihre hoffentlich guten Kontakte zum zuständigen Minister Laschet nutzen, um diesen von der Aufgabe zu befreien, und Ihrem Sozialminister eine entsprechende Haushaltsstelle einrichten und wieder die Mittel zur Verfügung zu stellen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Werter Herr Minister Laumann! Ein langer Prozess geht zu Ende. Eines ist schon mal gut und beruhigt mich insbesondere: Wir haben den Kollegen Henke glücklich gemacht.