Stefan Fulst-Blei

Appearances

16/7 16/10 16/11 16/16 16/17 16/19 16/24 16/29 16/31 16/33 16/36 16/39 16/40 16/41 16/42 16/43 16/45 16/50 16/56 16/60 16/61 16/62 16/63 16/64 16/65 16/66 16/69 16/71 16/73 16/76 16/81 16/84 16/88 16/89 16/92 16/94 16/97 16/101 16/102 16/107 16/111 16/112 16/113 16/114 16/118 16/122 16/125 16/129 16/131 16/132 16/133 16/135 16/137

Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! Verkürzte Redezeit. Daher auch von unserer Seite: Zustimmung zu diesem Gesetz.
Die Finanzierung nach dem Modell „80 % von den Brutto kosten“ ist in der Tat eine Errungenschaft, die wir in der letz ten Legislaturperiode mit auf den Weg gebracht haben. Unser ausdrücklicher Dank gilt in der jetzigen besonderen Zeit den Lehrerinnen und Lehrern, den Schulleitungen der freien Schu len für ihre Arbeit.
Wir, die SPD, haben in der Debatte von Anfang an immer Wert darauf gelegt, dass Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf.
Daher, Frau Kultusministerin, bitten wir Sie, uns im Kontext der Beratung des Gesetzentwurfs in der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses hierzu eine Information zukommen zu lassen: Inwieweit funktioniert denn die Verhinderung des Son derungsverbots, die wir hier immer wieder als sehr wichtig diskutiert haben? Wie würden Sie deren Effektivität jetzt für das Ende 2020 beurteilen? Uns geht es insbesondere um Fa milien mit einem geringeren Einkommen, die aber Kinder in freien Schulen haben.
Weil dies in diesem Jahr die letzte bildungspolitische Debat te im Landtag und ein besonderer Tag für unsere Schulen ist, zum Abschluss ein Zitat:
Kultusministerin Eisenmann muss Lernkonzepte für digi talen und Wechselunterricht vorlegen.
Muhterem Aras, MdL, 13:07 Uhr – kurz bevor man eine Sit zung leitet. Was man alles auf Facebook findet!
Ich kann an dieser Stelle nur sagen: Grün-Schwarz, dann macht doch mal! Das fordert die SPD seit Juni. Dann hätten wir auch die eben vom Kollegen Kern angesprochenen Fern unterrichtsverbote nicht nötig.
Ich denke einmal, Sie haben über Weihnachten genug zu schaffen. Ab 11. Januar werden wir Sie an dieser Stelle auch immer wieder fragen, was Sie gemacht haben. Es muss mehr passieren in diesem Land, nicht nur für die freien Schulen.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! Also alles Friede, Freude, Ei erkuchen – dem kann ich mich leider nicht anschließen. Um es aufgrund der verkürzten Redezeit in aller Deutlichkeit zu sagen: Finger weg vom Bildungszeitgesetz!
Dieses Gesetz, dessen Qualität Frau Kollegin Lindlohr noch einmal ausdrücklich hervorgehoben hat, wurde im Jahr 2015 eingeführt. Ja, es war ein wichtiger Meilenstein unter einem SPD-geführten Wirtschaftsministerium zur Stärkung der Be schäftigtenrechte in unserem Bundesland. Darauf sind wir auch heute noch stolz.
Aber es musste und es muss weiterhin verteidigt werden. Nach einer verfrühten und methodisch umstrittenen Evaluation schien es zunächst so, als wollte Grün-Schwarz sogar größere Ein schnitte vornehmen. Nach erheblichem Druck hier im Parla ment von unserer Seite, aber insbesondere auch außerhalb des Parlaments – insbesondere vonseiten des Bündnisses für Bil dungszeit – waren die größeren Einschnitte vom Tisch. So dachten wir zumindest bislang.
Relativ überraschend plant nun Grün-Schwarz auf den letz ten Metern dieser Legislaturperiode aber doch noch Änderun gen. Da müssen schon die Alarmsirenen schrillen. Denn die angedachte Schiedsstelle könnte dazu führen, dass Verfahren in die Länge gezogen werden oder gar Kosten bei der Schieds stelle auflaufen, wobei nicht klar ist, wer diese Kosten dann trägt. Warum soll eine bereits nach § 9 des Bildungszeitgeset zes erfolgte Zertifizierung einer Bildungseinrichtung nicht für die Anerkennung von Maßnahmen ausreichen?
Sie erheben zwar den Anspruch, weniger Bürokratie zu schaf fen, aber Sie schaffen im Gegenteil sogar ein Mehr an Büro kratie.
Um unser Misstrauen klar auf den Punkt zu bringen: Das Gan ze riecht doch stark nach weiteren Hürden, um damit die Bil dungszeit unattraktiver zu machen. Ich habe manchmal den Verdacht, dass das Ihr eigentliches Ziel ist.
Frau Ministerin, wenn Sie hier die Bedeutung der Weiterbil dung in der heutigen Zeit zu Recht unterstreichen, warum ver schlechtern Sie dann ausgerechnet für Beschäftigte in Klein betrieben die Zugänge zur Bildungszeit? Das darf in der heu tigen Zeit doch nicht wahr sein.
Das gilt auch für Ihren „Nein über die Schulter“-Vorschlag. Das heißt, man braucht nicht einmal mehr etwas Schriftliches. Es genügt einfach ein Zuruf. Der Arbeitnehmer muss dann von sich aus, ohne dass er vorher schriftlich eine Darlegung bekommen hat, gegen die Ablehnung protestieren und die Be gründung anfordern. Nein, das dient eher der Einschüchterung von Beschäftigten statt der Förderung, was Weiterbildung an geht.
Und wenn Sie alle heute sagen würden: „Das ist gar nicht der Fall, ist ja alles in Ordnung, ist ja alles Weihnachten und al les schön“, warum, bitte schön, machen Sie dann nicht etwas, was wirklich konsequent der Stärkung des Bildungszeitgeset zes in unserer Gesellschaft dienen würde? Wo bleibt denn ei gentlich eine Werbekampagne, um dieses Instrument wirklich attraktiver zu machen, wenn wir uns doch alle hier im Haus einig sind, dass Weiterbildung im 21. Jahrhundert am Ende, in der Mitte dieser Pandemie – je nachdem – wichtiger ist als je zuvor?
Nein, ich muss Ihnen sagen: Dieses Gesetz ist nicht tragbar. Noch einmal in aller Deutlichkeit: Finger weg vom Bildungs zeitgesetz!
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, auch wir können den Gesetzentwurf der FDP/DVP nicht mittragen, aber er legt richtigerweise den Finger in die Wunde dieser Landesregie rung, in die digitale Wunde. Denn zu lange, viel zu lange
musste man Kultusministerin Eisenmann in den vergangenen Jahren regelrecht zum Jagen tragen, wenn es um Digitalisie rung ging.
Das fing gleich am Anfang an. 2016 war allen Fachleuten klar, dass die gerade erarbeiteten Multimedia-Empfehlungen auf grund des neuen Bildungsplans sehr schnell verabschiedet werden müssten. Es hat bis 2019 gedauert und ist dann noch abgespeckt unter dem Titel „Digitalisierungshinweise“ ge schehen. Aber das Thema IT-Administration etwa ist bis heu te nicht geregelt.
Vorher hatten Sie übrigens die Ausweitung des IT-Unterrichts für die meisten Schulen auch noch um ein Jahr nach hinten verschoben. Ausstattung von Lehrkräften: bis heute Fehlan zeige. Die digitale Fortbildung ist alles andere als ausreichend. Das alles sind Versäumnisse in der Zeit vor Corona, die die Schulen jetzt aber massiv eingeholt haben.
Dank des Bundes sind wir bei den Geräten für die Schülerin nen und Schüler mittlerweile vorangekommen, aber zahlrei che digitale Baustellen sind ungeklärt.
Frau Ministerin, Herr Kollege Becker, Ihnen müssten doch am Montag die Ohren regelrecht geklungen haben. Ich zitie re: „Digitale Transformation schlicht verschlafen“, „Gießkan nenprinzip“, „Stückwerk“, „Moodle oder Big Blue Button... für Primarstufe völlig ungeeignet“, „der Messengerdienst Threema... schließe Eltern und Schüler aus“, „hektische Be triebsamkeit“, „ohne Plan“.
Das ist nicht mein Fazit; das ist das Fazit von GEW, VBE, Grundschulverband, BLV und Gemeinschaftsschulverband. Die bestätigen nichts anderes als das, was wir hier von dieser Stelle aus schon lange gesagt haben: Diese Legislatur bedeu tet fünf verlorene Jahre für die digitale Qualitätsentwicklung an unseren Schulen.
Gerade gestern haben Sie das Thema Fernunterricht ganz oben auf die Agenda gesetzt – natürlich, Kollegin, mal wieder völ lig chaotisch verpackt. Man erinnere sich: Letzte Woche ver kündigt Herr Kretschmann aus Berlin heraus: „Ab 19. Dezem ber gibt es Winterferien.“ Gestern Morgen lese ich im Zug im Pressespiegel: „Kultusministerin gegen Weihnachtsferien“. Sie ist also dagegen, aber nicht sofort, sondern mit zeitlicher Verzögerung. Zwischenzeitlich haben die Schulen die Eltern schon darüber unterrichtet, dass die Ferien am 19. Dezember beginnen. Die Kultusministerin sagt: „Nein.“
Ich gehe sofort auf die StaMi-Webseite und lese dort – Screen shot 10:23 Uhr –:
Die Landesregierung plant die Weihnachtsferien für den 19. De zember. Um 12 Uhr erfahren dann fassungslose Schulleitun gen über die Medien: Bis Klasse 7 Präsenz, Eltern können ih re Kinder aber auch befreien, ab Klasse 8 Fernunterricht, oder man nimmt vor Ort bewegliche Ferientage. Also kurz: Ihr Kin derlein kommet oder gehet oder bleibet daheim oder doch nicht.
Was gestern noch galt, wird heute umgeschmissen. Die Vor abarbeit ist für die Tonne, und die Schulleitungen fühlen sich bescheiden. Was für ein Chaos! So geht das nicht.
Das Bittere ist übrigens: Wir, die SPD, haben bereits im Juni ein Papier dazu veröffentlicht, weil das längst absehbar war. Wir haben damals die Entwicklung flexibler Konzepte je nach Pandemielage gefordert – Präsenzunterricht ist uns natürlich am liebsten, aber je nach Pandemielage ist auch Wechsel- oder Hybridunterricht möglich. Von Ihnen kam dagegen nichts. Der Vorsitzende des Landeselternbeirats, Herr Becker, sagte übri gens gestern telefonisch zu mir: „Völlig konzeptionsloses Vor gehen.“
Darüber kann auch Ihre Jubelpresse vom Montag zum Mo dellversuch der neuen Bildungsplattform – jetzt der Versuch mit MS Office 365 – nicht hinwegtäuschen. Diese kommt üb rigens, nachdem Sie mit der ersten Bildungsplattform 10 Mil lionen € an die Wand gesetzt haben, nachdem Sie in der Tat viel zu lange für den Neustart gebraucht haben – aber nicht wegen mir, sondern weil Sie allein ein halbes Jahr für eine un zureichende Datenschutzfolgenerklärung gebraucht haben –
und nachdem 2020 noch nicht einmal eine einzige Lehrkraft in diesem Land über eine eigene Dienst-E-Mail-Adresse ver fügt. Dann stellen Sie sich mit solchen Sprüchen hier hin.
Stopp, Kolleginnen und Kollegen, nicht zu früh freuen. Auf meine Frage nämlich: „Wann können wir denn mit ersten Er gebnissen rechnen?“, hat die Kultusministerin am letzten Don nerstag erklärt – Herr Kollege Kern und ich haben uns ange guckt –: „Nicht vor Ende März nächsten Jahres.“ Na, so ein Zufall.
Dagegen liest sich Ihr Koalitionsvertrag von 2016 echt wie Hohn:
Die Schulen werden wir auf ihrem Sprung ins Digitalzeit alter fördern und eine sichere, landesweit verfügbare di gitale Bildungsplattform für alle Schulen im Land einfüh ren.
Nein, Frau Kultusministerin, Ihre Gesamtbilanz beim Thema „Digitale Schule“ ist ungenügend. Am 14. März ist dringend Abschulung angesagt.
Ich danke Ihnen.
Vielen herzlichen Dank. – Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Auch ich erlau be mir einen persönlichen Einstieg. Ich als Berufsschullehrer kann mir in der Tat nicht vorstellen, im Unterricht vor Schü lerinnen und Schülern zu stehen, deren Gesichter komplett verhüllt sind. Mir geht es dabei weniger um persönliche Be findlichkeiten als vielmehr um professionelle Arbeitsbedin gungen. Es geht mir konkret um die Wahrnehmung von Auf merksamkeit im Unterricht, auch was das Verständnis von ver mittelten Inhalten angeht.
Der Gesichtsausdruck ist für mich auch ein Medium der Rück meldung und – ich glaube, für jede Lehrkraft – Grundlage von pädagogischen Reaktionen. Die Augen z. B. geben Hinweise auf Aufmerksamkeit, Verständnis, Akzeptanz, offene Frage stellungen. Jeder, der schon einmal längere Zeit den Job einer Lehrkraft gemacht hat, weiß, wovon ich rede.
Kurzum: Keine Lehrkraft kann darauf verzichten.
Es ist auch richtig: Die aufklärerische Tradition unserer Ge sellschaft spricht gegen das Zulassen einer Verhüllung im Un terricht.
Rein inhaltlich kann man dem Anliegen also folgen. Ich er laube mir aber schon den Hinweis, dass das Anliegen glaub würdiger gewesen wäre, wenn es auch einen Vorstoß zur Stär kung der Mädchen- und Frauenarbeit gegeben hätte. Denn auch darum geht es an dieser Stelle.
Bei der Konzipierung dieser Rede habe ich mich schon ge fragt: Was ist denn der Handlungsbedarf? Die Frau Kultusmi nisterin hat die Frage, die ich im Redekonzept hatte, selbst be antwortet: Es gibt aktuell keinen Fall. Da habe ich mich schon fragen müssen, wie die Priorisierung in Ihrem Haus aussieht: Verordnungen für den Unterricht unter Pandemiebedingun gen werden Freitagabend für Montag herausgegeben, die di gitale Ausstattung ist noch lange nicht da, wo sie sein sollte. Datenschutzfragestellungen – z. B. unter welchen Vorausset zungen sich Schülerinnen und Schüler in Quarantäne live dem Unterricht zuschalten können – werden nicht gelöst.
Vor 15 Minuten hat mich per WhatsApp noch folgende Frage erreicht: „Herr Fulst-Blei, wissen Sie, ob es dienstliche Mail adressen und Endgeräte geben wird?“ Auch dazu haben wir keine Information. Das ist im Grunde das Alltagshandeln, bei dem wir von Ihnen eine Antwort erwarten.
Aber das Verhüllungsverbot wird in Gesetzesform gebracht. Es gibt zwar keinen Fall, aber es ist mit Blick auf die Stamm tische prima.
Entschuldigen Sie, Frau Ministerin, diesen leichten Sarkas mus.
Aber falls Sie sich über Ihre schlechten Umfragewerte zur Leistung als Schulministerin wundern: Diese liegen auch an dieser falsch priorisierten bevorzugten Befassung mit solchen Vorschlägen. Ich muss Ihnen sagen: Eigentlich hätten Sie noch viel Besseres zu tun.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Vizeprä sidentin, dass Sie mich noch einschieben. – Frau Ministerin, uns ist eine Sache noch unklar geblieben. Wie konkret sind Sie denn jetzt in Gesprächen mit Minister Altmaier? Da gab
es zwar ein, zwei Andeutungen, aber das, was wir immer wie der heraushören, ist, dass Teile der Regierung an den Novem berhilfen Kritik üben. Aber haben Sie aktiv Gespräche mit Mi nister Altmaier aufgenommen? Was würden Sie denn selbst noch an Impulsen zusätzlich setzen wollen?
Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Herr Kollege Lorek, Ihnen und auch Ih nen, Frau Kollegin Boser, muss bei dem, was wir jetzt gehört haben, doch das Herz bluten: Alles super, alles toll. Die El tern haben aber eine andere Wahrnehmung: „Corona-Note ,mangelhaft‘: Eltern gehen mit Schulen“ – und Kultusminis terium – „hart ins Gericht“. Googeln Sie das einmal. Das gibt dann einen Realitätscheck zu dem, was Sie heute hier vorge tragen haben.
Ich kann mich bei den Kolleginnen und Kollegen der FDP nur bedanken. Ich kann mich jetzt nicht allem anschließen, aber ihr legt mit dem Gesetzentwurf den Finger auf die „richtige“ Wunde. Denn die grün-schwarzen Vorschläge sind teilweise eher von Aktionismus als von nachhaltigem und planvollem Vorgehen geprägt.
Wir brauchen in der Tat eine verbindlichere Regelung, was die Mammutaufgabe Digitalisierung an unseren Schulen an geht. Die Frage der Konnexität muss geklärt werden. Wir brauchen eine größere Verbindlichkeit der Digitalisierungs hinweise für Schulen in öffentlicher Trägerschaft, also der frü heren Multimediaempfehlungen.
Kollege Kern hat zu Recht ausgeführt: Die Schulen könnten oder müssten schon viel weiter sein. Dahinter steckt natürlich das Versagen der Kultusministerin mit Blick auf die Bildungs plattform „ella“, aber eben auch die fahrlässige langjährige Blockadehaltung des Ministerpräsidenten Kretschmann im Zusammenhang mit Bundesmitteln zur Digitalisierung. Bei des hat unsere Schulen auf dem Weg zur weiteren Digitalisie rung behindert.
Der Gesetzentwurf nimmt zu Recht die Fragestellung des Da tenschutzes auf. Das Thema Datenschutz führt immer wieder zu einer großen Verunsicherung an den Schulen. Diese fühlen sich an dieser Stelle allzu häufig von ihrer Kultusministerin im Stich gelassen – das gehört zur Wahrheit dazu. Es ist da her wichtig, dass das Kultusministerium für den Datenschutz Verantwortung tragen muss und dieser Verantwortung auch gerecht wird.
Die GEW hat beispielsweise angeregt, Auftragsverarbeitungs verträge in Zukunft zwischen Unternehmen und dem Minis terium abzuschließen. Sie regt in diesem Kontext eine White List mit Apps an, die die Schulen verwenden können. Diesen Vorschlag unterstützen wir.
Wir müssen im Weiteren aber auch diskutieren, ob Richtlini en, wie sie von der FDP/DVP in ihrem Gesetzentwurf gefor dert werden, nicht zu wenig sind. Denn dann droht möglicher weise wieder, dass die Verantwortung auf Schulleitungen ab gewälzt wird.
Das Kultusministerium hat an dieser Stelle meines Erachtens nicht nur eine Aufsichts-, sondern auch eine Klärungsfunkti on – man könnte vielleicht auch sagen: eine Servicefunktion – gegenüber den Schulen. Nehmen Sie beispielsweise das Thema „Teilnahme am Unterricht per Videoschalte für Kin der in Quarantäne“. Nach meinem Kenntnisstand schuldet die Kultusministerin bis heute den Schulen hier eine klare Ant wort.
Ich sage es heute, glaube ich, zum dritten Mal: Frau Kultus ministerin, machen Sie bitte hier an dieser Stelle endlich Ihre Hausaufgaben.
Nein.
Meine Zeit ist bereits zu knapp.
Was den Vorschlag der FDP/DVP betrifft, jede Lehrkraft müs se verbindlich einmal im Jahr eine Fortbildung zu digitaler Bildung besuchen, muss man meines Erachtens aufpassen und schauen, ob dies nicht ein wenig an der Realität vorbeigeht. Mir ist dieser Begriff im Kontext eines Gesetzes, ehrlich ge sagt, auch zu unpräzise. Meines Erachtens hätten hier im Rah men von Personalentwicklungsgesprächen auf der Grundlage von Mitarbeitergesprächen Zielvereinbarungen eine deutlich größere Effektivität. Die gewählte Formulierung im Gesetz entwurf zeugt unseres Erachtens – bei allem Respekt – eher von Aktionismus, ohne dass dies jedoch einen absehbaren Ef fekt auf die Unterrichtssituation hätte. Abgesehen davon um fasst § 50 des Landesbeamtengesetzes bereits eine Fortbil dungspflicht.
Aktuell übrigens verpufft diese genauso, da es die Kultusmi nisterin leider auch erfolgreich geschafft hat, durch ihre Re formvorhaben – Stichwort ZSL – die Lehrerfortbildung ziem lich an die Wand zu fahren.
Da gibt es noch immer viel zu wenig Kurse, um die Nachfra ge zu decken.
Kollege Kern, den Vorschlag eines schuleigenen Fortbildungs budgets unterstützen wir dagegen ausdrücklich. Frau Minis terin, klären Sie mich gern auf – aber das war in Ihrer gestri gen Pressemitteilung nicht berücksichtigt.
Kolleginnen und Kollegen, zuletzt noch zu dem zentralen Punkt in diesem Gesetzentwurf, zur verbindlichen Regelung der Kostenaufteilung. Die Frage ist in der Tat, ob dieser Vor schlag dazu geeignet ist, den Streit bezüglich der Kostenüber nahme zwischen Land und Kommunen zu schlichten und die se wirklich sinnvoll zu regeln. Würde es Sinn machen, Pro zentanteile in Höhe von 50 % festzulegen, oder würde damit eher der Streit darüber gefördert werden, was für wie viel Geld angeschafft wird und wer administriert? Wer würde letzten Endes über Ausstattung und Anschaffung entscheiden? Auch hier könnte eine dezentrale Budgetlösung für Schulen mögli cherweise durchaus ein Ansatz sein. Klar ist für uns in jedem Fall: Es wird ohne deutliche Mittel von Bund und Land nicht gehen.
Summa summarum beinhaltet der Gesetzentwurf, auch wenn es einige wesentliche Hinweise gibt, zu viele offene Fragen, als dass man ihn pauschal annehmen könnte. Es ist aber das Verdienst der FDP/DVP, mit ihren Vorschlägen die Diskussi on fortzuführen – ein Anliegen, das von der jetzigen Landes regierung unseres Erachtens nur sehr unzureichend verfolgt wird.
Ich freue mich auf die weitere Diskussion im Fachausschuss.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! In der Tat: An den Argumen ten aus der ersten Lesung hat sich im Wesentlichen nichts ge ändert. Für die SPD-Landtagsfraktion steht an zentraler Stel le der Schutz der personenbezogenen Daten, und zwar auch mit Blick auf die Schulen. Wir werden keine Maßnahmen un terstützen, an deren Ende potenziell eine Stigmatisierung von Schulen stehen könnte, eine Relativierung von Schulabschlüs sen oder gar eine populistische Diskussion über die soziode mografischen Daten hinsichtlich der Zusammensetzung von Schülerschaften.
Dies würde unseres Erachtens aber drohen, wenn wir Ihrer pauschalen Forderung nach einer Abschaffung der Schutzklau sel für Schulen in § 4 Absatz 1 Nummer 11 des Landesinfor mationsfreiheitsgesetzes folgen würden, lieber Herr Kern.
Unsere Bedenken konnten im Bildungsausschuss auch durch die vorgelegten Argumente der FDP/DVP nicht beseitigt wer den. Wir stehen mit unserer Einschätzung weiterhin klar an der Seite der Kommunen, deren Urteil wiederum eindeutig ist: Die Kommunen betonen die besondere Sensibilität von Daten bezüglich Schulen und weisen auf die große Gefahr von Fehlinterpretationen hin.
Als Bildungspolitiker muss ich Ihnen allerdings auch die ganz ehrliche Frage stellen: Haben wir zurzeit nicht eigentlich an
dere Probleme? Haben nicht insbesondere die Schulen derzeit andere Probleme? Der Gesetzentwurf der FDP/DVP macht hier ein Fass auf, das viele Risiken beinhaltet, aber kaum Chancen entdecken lässt. Auf gut Deutsch: Seine Umsetzung würde uns gerade auch in der aktuellen Lage überhaupt nicht weiterhelfen, sondern im Gegenteil eine weitere große Unsi cherheit an Schulen schaffen. Das wurde mir übrigens auch in Gesprächen mit Schulleiterinnen und Schulleitern bestätigt. Im übelsten Fall würden Sie die Verunsicherung, die aufgrund einer chaotischen Politik der Kultusministerin bereits jetzt in unseren Schulen weit um sich gegriffen hat, noch verstärken.
Nein, unsere Schulen brauchen nicht Verunsicherung; sie brauchen gerade in dieser Zeit Unterstützung und Rückende ckung.
Die Kultusministerin wird dem in keinem Maß gerecht. Die miserablen Umfragewerte von letzter Woche sind nicht nur eine schallende Ohrfeige für die CDU-Spitzenkandidatin, sie sind ein Hilferuf der Eltern. Diese erwarten zu Recht Unter stützung. Daher fordert die SPD einen Rettungsschirm für Schülerinnen und Schüler mit einem landesweiten Nachhilfe programm, mit der Neueinstellung von 1 000 Lehrkräften, mit Tempo bei der Digitalisierung, mit einer Offensive zur Ein stellung von Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbei tern, mit Mitteln für Luftfilter, für Versuche in Klassenzim mern. Das alles haben Sie heute Morgen abgelehnt. Das sind die aktuellen Herausforderungen.
Aber es braucht eben keine Verschlimmbesserungen – in die sem Fall durch den von der FDP/DVP vorgelegten Gesetzent wurf zur Änderung des Landesinformationsfreiheitsgesetzes. Entschuldigung, Kolleginnen und Kollegen von der FDP/ DVP: Chaos und Verunsicherung schafft die Kultusministe rin allein schon viel zu viel. Es braucht nicht auch noch die sen Gesetzentwurf. Dessen Umsetzung wäre nicht hilfreich, sondern würde Verunsicherung schaffen. Den Gesetzentwurf kann man nur ablehnen.
Ich danke Ihnen.
Vielen Dank. – Frau Präsi dentin! Kollege Kern, Sie greifen in Ihrer Argumentation mei nes Erachtens zu kurz. Das LIFG betont nicht ohne Grund ins besondere die Wahrung des Schutzes personenbezogener Da ten und sonstiger berechtigter Interessen. Dies ist auch im Kontext von Schulen von besonderer Bedeutung.
Natürlich kann man prinzipiell zweierlei Daten unterschei den: unmittelbar personenbezogene Daten, z. B. Leistungen oder Verhalten – darum kann es in keinem Fall gehen; da sind wir uns einig –, aber auch übergeordnete Schuldaten wie Sit zenbleiberquote, Abbrecherquote, Zusammensetzung der Schü lerschaft, Anmeldezahlen. Es ist klar, dass eine Diskussion, wenn überhaupt, nur die zweite Kategorie betreffen kann.
Ihre Beispiele klingen ganz nett, Kollege Kern, aber wir dür fen nicht blind – das ist das Stichwort, das auch Kollegin Eri kli gerade genannt hat – an die Sache herangehen. Denn wo zu kann die Veröffentlichung solcher Daten noch führen? Wel che Gefahr kann hieraus für die Schülerinnen und Schüler so wie die Schulen folgen?
Ich kann hier an die Ausführungen des CDU-Kollegen an knüpfen. Eine ganze Reihe von Fragen stehen im Raum, die Sie nicht beantwortet haben. Droht eine Stigmatisierung von bestimmten Schulen oder gar die Relativierung ganzer Schul abschlüsse? Führt die Diskussion über Abbrecherquoten bei spielsweise jetzt hin zu einer Diskussion über pädagogische Ansätze, oder geht es am Ende um eine Aufweichung von Standards?
Ein Beispiel aus dem Kontext: Ist die Anzahl von Sitzenblei bern Ausdruck von Leistungsorientierung, von einem geschei terten pädagogischen Konzept oder vielleicht auch von einer besonderen Situation, was die Herkunftsquartiere der Schüle rinnen und Schüler angeht? Wie wird beispielsweise dann der Migrantenanteil an einer Schule interpretiert? Als Warnsignal
missbräuchlich interpretiert? Ist der Anteil von Gruppen mit z. B. Grundschulempfehlung G wirklich zu veröffentlichen, oder würde dies zu einer Absetzbewegung führen? Ist bei klei nen Schulen die Gefahr von individuellen Rückschlüssen – so sieht es die GEW – nicht viel größer als bei großen?
Für uns ist klar, dass hinter diesen weiter gefassten leistungs bezogenen Daten einzelner Schulen auch Personen – auch mögliche Rückschlüsse – stehen, die geschützt werden müs sen. Wir sehen uns da auch einig mit den Kommunen, die zu Recht die besondere Sensibilität der Daten sehen und auf die Gefahr von Fehlinterpretationen hinweisen.
Übrigens, über den Tellerrand geblickt: In England, wo eine solche Kultur sehr extrem ausgeprägt ist, ist die Tendenz zu beobachten, dass sich Schulen in ihrem Bewertungsverhalten von Schülerleistungen an gesellschaftlich gewollten statisti schen Werten anpassen. Das hat dann weder mit guter Päda gogik noch mit gerechter Leistungsbewertung zu tun. Da geht es oft nur ums Image und am Ende – so weit ist man dort ge gangen – sogar um die Finanzierung der Schulen. Im Endef fekt war das eine marktliberale Pervertierung des schulischen Auftrags.
Das ist dort passiert.
Eine weitere Frage: Umfasst Ihre Streichung beispielsweise, was dann mit den Evaluierungen von Schulen passiert? Wie gering das Problembewusstsein in Ihrer Partei, aber auch hier im Haus war, hat der Streit um die Veröffentlichung von Schul evaluationen aus dem Jahr 2015 gezeigt. Wer ehrliche Evalu ationsergebnisse haben will, muss gewährleisten, dass die Da ten vertrauensvoll behandelt werden. 2015 haben FDP und CDU ihre strategischen Interessen über diese Schutzanforde rung gestellt. Aber: Nach dieser Erfahrung droht auch, dass keine Schule mehr Defizite ehrlich evaluiert. Und die offene Frage, die sich jetzt hier im Raum stellt, ist: Würde eine sol che Fehlentwicklung durch die pauschale Abschaffung des § 4 Absatz 1 Nummer 11 des Landesinformationsfreiheitsgeset zes, wie von Ihnen vorgeschlagen, gefördert werden?
Nein, der FDP/DVP-Gesetzentwurf schüttet meines Erach tens das Kind mit dem Bade aus. Weil eine Regelung nicht genau definiert ist, soll sie komplett gestrichen werden. Die FDP/DVP macht es sich sehr einfach – ja, zu einfach –, wenn sie nun vorschlägt, die Regelung wegen Unbestimmtheit zu streichen. Damit sorgen Sie dafür, dass leistungsbezogene Da ten überhaupt nicht mehr geschützt werden. Damit verkennen Sie die Gefahren der Veröffentlichung solcher Daten in Gän ze und machen erst gar nicht den Versuch, diese auch nur im Ansatz zu schützen.
Denn ansonsten hätte Sie in Ihrem Gesetzentwurf den Versuch unternommen, die Regelungen bestimmter zu fassen, statt die Verletzung von Persönlichkeitsrechten pauschal zuzulassen.
Wir treten gern in die Diskussionen ein, wie das genau ausse hen könnte – auch gern, Frau Erikli, wenn Ihr „Wir prüfen die Evaluation“ die Opposition in die Diskussion einschließt.
Darüber hinaus stehen wir auch für eine Diskussion bereit über die Ausstattung von Schulen vor dem Hintergrund der Anforderungen infolge von Inklusion, Ganztagsschulen, der Verfügbarkeit der Lehrkräfte oder der Arbeitsbedingungen.
Was wir aber entschieden ablehnen, ist eine Auseinanderset zung zwischen Schulen über die Bande. Ein Schulranking in irgendeiner Form wird es mit uns nicht geben. Daher können wir Ihren Gesetzentwurf in dieser Form auch nur ablehnen.
Gleichwohl, Herr Staatssekretär, bitten wir das Kultusminis terium in der Ausschussberatung insbesondere um Stellung nahme zur Möglichkeit der Einrichtung eines Informations registers nach § 11 LIFG, wie der Landesdatenschutzbeauf tragte es vorgeschlagen hat. Denn die Fragen, die hier in die sem Kontext aufgeworfen sind, sind, denke ich, wirklich sehr sensibel. Wir müssen sie sehr sensibel und fachlich genau dis kutieren. Dann kommen wir vielleicht perspektivisch auch noch zu neueren Ansätzen.
Zum jetzigen Zeitpunkt oder auf der Grundlage des FDP/ DVP-Gesetzentwurf ist das allerdings nicht gegeben, wenn Schutzvorschriften aufgehoben würden und damit die Ent
wicklung von Schulen möglicherweise sogar nachhaltig ge schädigt würde.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Eisenmann, zurzeit läuft etwas gehörig schief an Baden-Württembergs Schulen. Seit Beginn der Covid-19-Krise treibt uns bildungs politisch eine große Sorge um: Kinder und Jugendliche, die den Anschluss verlieren. Geldbeutel und Bildungshintergrund der Eltern schlagen voll durch. Digitale Ausstattung, Räum lichkeiten, Fähigkeit zur Unterstützung durch die Eltern – ja, der Bund hat dank der SPD-Initiative reagiert und Mittel für Endgeräte bereitgestellt. Erst dann hat auch das Land nachge zogen. Noch ist aber unklar, ob dies bis September auch für einen Fernunterricht reicht, ob die notwendigen Geräte, aber auch ausreichende Datenleitungen bereitgestellt werden kön nen.
Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Problemlagen, denen oft eines gemeinsam ist: Die Kultusministerin kommu niziert schlecht, schiebt die Verantwortung an die Schulleitun gen ab und lässt wirkliche Unterstützung für die Schulen, für die Schülerinnen und Schüler vermissen. Kolleginnen und Kollegen, das kann so nicht weitergehen.
Ihr Nachhilfeprogramm unter dem Namen „Lernbrücke“ droht mehr und mehr zur „Lernkrücke“ zu werden. Wie oft haben wir dies hier nicht schon kritisch reflektiert!
Seitdem sind die Stimmen aber noch viel lauter geworden. Nicht nur der VBE mahnte – am 16. Juli – eine bessere Kom munikation an. Auch inhaltlich krankt Ihr Konzept. Sie wol len ernsthaft die Defizite von vier Monaten in zwei Wochen freiwilligen Unterrichts am Ende der Sommerferien auffan gen? Noch immer wissen Sie übrigens nicht, ob Sie dies or ganisatorisch in der Breite auch gewährleisten können. Und selbst wenn: Es wird nicht reichen.
Die Schulschließungen haben zu äußerst unterschiedlichen Entwicklungsständen bei den Schülerinnen und Schülern ge führt, und das muss auch nach der Einschätzung von den Fachkräften, von Gewerkschaften und Verbänden einen stark individualisierten Unterricht nach sich ziehen. Vom Regelbe trieb sind wir da weit entfernt. Aber die Lernbrücken sind zu kurz; sie werden das Problem nicht lösen: zu wenig Zeit, vor allem aber auch zu wenig Verbindlichkeit. Es ist zweifelhaft, ob sie gerade diejenigen Schülerinnen und Schüler mit Nach holbedarf erreichen und ob diese die Motivation aufbringen, zwei Ferienwochen lang Deutsch und Mathematik zu pauken.
Ist die Lernbrücke aber zu kurz, fällt das Kind ins Wasser. Das dürfen wir nicht zulassen.
Ich sage Ihnen daher im Namen der SPD-Fraktion heute er neut: Viel sinnvoller wäre es, den Schulen ein Budget zur Ver fügung zu stellen, sodass sie auch während des Schuljahrs Nachhilfe anbieten können. Ein wesentlicher Baustein könn te die Einbindung externer Partner sein, zertifizierter Dozen tinnen und Dozenten von Volkshochschulen oder auch von Nachhilfeinstituten. Viele Schulleitungen unterstützen diesen Vorschlag – erst heute Morgen kamen wieder zwei Mails da zu – und fordern ausdrücklich, dass sie diese Nachhilfe auch verbindlich anordnen können.
Ferner brauchen wir mehr pädagogische Assistenzkräfte oder auch Studierende, die die Lehrkräfte in dieser besonderen Zeit unterstützen. Das können Sie alles nachlesen in unserem Kon zept „Das krisenfeste Klassenzimmer“.
Ihr Lernbrückenprogramm hingegen greift zu kurz, und Sie wissen das. Doch zusammen mit Ihrer unsäglichen Debatte innerhalb der Regierung um die Schulpflicht wird daraus ei ne regelrecht toxische Mischung. Ein Anruf genügt, und die Schulpflicht ist passé. Soll das über Monate so laufen?
Wie wollen Sie verhindern, dass ausgerechnet diejenigen Kin der und Jugendlichen zu Hause bleiben, die Förderung beson ders nötig hätten? Welche Antwort geben Sie hier?
Können Sie auch aufsuchende Arbeit gewährleisten? Gibt es z. B. auch klare Verabredungen mit den Kommunen, Stich wort „Aufsuchende Schulsozialarbeit“?
Und wenn die Kinder daheim bleiben müssen: Wie wollen Sie diese einbinden? Haben Sie geklärt, dass diese per Videoschal te am Unterricht teilnehmen können? Ist das datenschutzrecht lich geklärt, Frau Ministerin? Denn das ist Ihre Aufgabe und nicht die der Schulleitungen.
Bitte hierzu heute an dieser Stelle einmal eine konkrete Ant wort!
Gestern hat mich übrigens noch eine telefonische Anfrage ei ner geschiedenen Mutter erreicht: Was passiert eigentlich, wenn die Eltern sich nicht einig sind? Nein, das ist alles nicht durchdacht.
Für die SPD ist die Schulpflicht, ist das Recht auf Bildung der Kinder ein sehr hohes Gut.
Bevor dieses per Anruf ausgesetzt wird, ist unseres Erachtens ein Attest über potenziell erschwerte Covid-19-Verläufe und darüber eine Freistellung von der Schulpflicht notwendig. Ih re Politik dagegen droht die Bildungsschere weiter zu öffnen. Das ist unverantwortlich.
Dann fliegt noch – alle Jahre wieder – die Lehrkraft raus. Man könnte meinen, es ist halt business as usual: Der Sommer kommt, und die fertigen Referendare und befristet angestell ten Lehrkräfte werden entlassen.
Aber nein – Herr Röhm –, 2020 ist kein normales Jahr. Die ses Jahr müsste die Landesregierung diesen sozialpolitischen Missstand endlich abstellen, statt Beschäftigte, die sie ja nach der Sommerpause sowieso wieder einstellt, sechseinhalb Wo chen in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Dieses Fachpersonal wird nämlich heute mehr denn je gebraucht.
Niemals zuvor in der Geschichte unseres Bundeslands war es unklarer, wie viele Lehrkräfte uns nach den Sommerferien zur Verfügung stehen. Noch nie gab es so viel Unsicherheit dar über, wie der Unterricht überhaupt stattfinden soll: Regelun terricht, Fernunterricht, Präsenzunterricht oder die Hybridmi schung? Entsprechend groß ist damit aber auch der Vorberei tungsaufwand für Lehrkräfte – gerade dann, wenn sie neu in den Beruf einsteigen.
Bei diesem Missstand gipfelt es in Zynismus, wenn jetzt Ih rerseits in Aussicht gestellt wird, die Kolleginnen und Kolle gen könnten ja 14 Tage früher anfangen und am Lernbrücken programm teilnehmen. Was ist dann mit der Vorbereitungs zeit?
Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, dass dies für die Betroffenen richtig übel ist. Viele kämpfen dafür, dass dieser Missstand aufgehoben wird.
Meine Partei, die SPD, hat den Turnaround an dieser Stelle bereits im Wahlprogramm 2016 beschlossen. Grüne und CDU blockieren dagegen auch noch 2020. Aber wer Lehrkräfte, die er händeringend braucht, bis zu sechseinhalb Wochen für sich arbeiten lässt, ohne sie dafür angemessen zu bezahlen, ist ei nes: ein schlechter Arbeitgeber.
Spätestens in diesem Jahr, spätestens in dieser Krise hätten Sie den Missstand beseitigen müssen. Es geht um 9 000 Be schäftigte. Ausnutzen statt bezahlen, das ist Ihre Politik. Das muss ein Ende haben. Stellen Sie die betroffenen Lehrkräfte über den gesamten Sommer ein!
Die Thematik „Beerdigung der musischen Fächer und der mu sischen Arbeit an den Schulen“ spare ich mir. Da haben Sie ja bereits einen großen Fehler eingestanden, Frau Ministerin. Aber trotzdem Respekt: Es mit einer unausgegorenen Politik gleich zu zwei Aktuellen Debatten an einem Plenartag zu brin gen, das muss man auch erst einmal schaffen.
Fazit: verschlechterte Bildungschancen, verunsicherte Schul leitungen, uneinsichtige Parlamentarier, schlechtes Arbeitge berverhalten. Ich empfehle Ihnen weniger Wahlkampf, mehr Kultusministerium. Machen Sie endlich Ihren Job anständig! Denn „ella“ – „Eisenmann liefert leider Ausschuss“ – ist mitt lerweile nicht nur eine Bezeichnung für eine gescheiterte Bil dungsplattform mit Millionenschaden, sondern auch für Ihre Ministerbriefe. Die GEW spricht von Gängelung statt Unter stützung sowie von unrealistischen Vorgaben. Nein, wenn es an unseren Schulen läuft, dann wegen der bewundernswerten Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer,
dann nicht wegen, sondern trotz der Kultusministerin. So kann es nicht weitergehen.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Eine bemerkenswerte Debatte! Ich muss te mich zurückerinnern: Haben wir schon einmal eine so deut liche Kritik der Grünen an der Kultuspolitik eines CDU-ge führten Kultusministeriums gehört? Das ist ja eigentlich Kri
tik an der eigenen Regierung. An so etwas kann ich mich, ehr lich gesagt, nicht erinnern.
Ich habe es selten erlebt. Vielen Dank, Kollegin Boser,
für diese Unterstützung!
Gerade noch einmal zur Erinnerung, Frau Razavi: Zur Attest pflicht heißt es von der einen Seite: „Ja, wir sind dabei; die muss kommen“, und von der anderen Seite: „Nein, brauchen wir nicht.“
Auch im Bereich Lernbrücken, Nachhilfe während eines lau fenden Schuljahrs – SPD-Forderung –: Grüne: „Ja, absolut“, von der CDU keine Antwort. Das habe ich in diesem Ausmaß – die interessierte Öffentlichkeit bitte ich, das zur Kenntnis zu nehmen – noch nicht erlebt. Ein Ergebnis dieser Debatte: Kla rer Widerspruch zwischen Grünen und CDU.
Und vielen Dank, wie gesagt, für das „SPD hat recht“ vonsei ten der Grünen.
Kollege Haser, wenn Sie sagen – wir alle lieben diesen Spruch; er ist uralt und trotzdem richtig –, ein ganzes Dorf brauche man, um ein Kind zu erziehen, dann sagen Sie doch bitte gleich dazu, dass Ihre Politik dazu führt, dass das Kind in Zu kunft gar nicht mehr in die Dorfschule hinein soll. Wie soll denn da die Erziehung sichergestellt werden?
Frau Ministerin, wir brauchen hier keine feinjuristischen Er läuterungen einer Differenz zwischen Präsenz- und Schul pflicht. Doro Moritz hat mir das in einem Telefonat übrigens bestätigt; sie hat gesagt, dann ist es ehrlicher, wenn man sagt: Faktisch haben Sie mit Ihren Maßnahmen die Schulpflicht ab geschafft. Da können Sie so viel juristisch arbeiten, wie Sie wollen. Ein Anruf genügt – Schulpflicht ist außen vor.
Das kann nicht die Politik sein, die dieses Land braucht.
Es hilft auch nicht, die Prüfungen zu verschieben. Denn da von profitieren nur die Abschlussklassen. Es hilft auch nicht, zu sagen: „Konzentrieren Sie sich auf das Kerncurriculum.“ Wenn mir Schulen aus Brennpunktbereichen zurückmelden, dass schon jetzt die Lehrkräfte fehlen, um auch nur dieses Kerncurriculum umzusetzen, dann ist da keine Zeit mehr für individuelle Förderung. Machen Sie sich doch bitte selbst nichts vor.
Zum Schluss: Vor allem ist doch wieder das bezeichnend, was die Kultusministerin heute nicht gesagt hat. Wo sind denn jetzt die Aussagen? Gibt es eine datenschutzrechtlich sichere Re gelung, dass Kinder, die eben nicht am Unterricht teilnehmen können, von zu Hause aus den Unterricht per Liveschalte ver folgen können? Es ist Ihr Job, das zu klären. Da sagen mir vie
le Schulleitungen: „Das ist zentral, das brauchen wir. Aber das können wir doch nicht als Schulleitung klären.“ Das müssen Sie, muss das Kultusministerium klären.
Und zum Thema „Aufsuchende Arbeit“ – Gespräche mit Kom munen, Schulsozialarbeit vor Ort, vor Ort klingeln, nachfra gen: „Wo bleibt das Kind?“ –: Das ist auch keine Erklärung. Klären Sie das mit den Kommunen. Frau Ministerin Eisen mann, machen Sie Ihren Job!
Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Ich muss sagen, beruhigter komme ich aus dieser Debatte nicht heraus. Das liegt nicht an der rechten Sei te hier, es liegt daran, dass das, was ich bislang von dem Ver treter und der Vertreterin der Regierungskoalition gehört ha be, nicht besonders konkret ist. Das Konkreteste, was Sie, Herr Kollege Röhm, ausgeführt haben, war die Aussage, die CDU fordere Samstagsunterricht für Schülerinnen und Schü ler.
Als Vater von zwei G-8-geschädigten Kindern muss ich Sie ganz eindeutig fragen: Wie wollen Sie das denn noch unter bringen? Meine Jungs haben damals, zu G-8-Zeiten, hart ar beiten müssen. Sie haben vor allem am Samstag und am Sonn tag das nacharbeiten müssen, was an schulischem Druck auf gebaut wurde. Wir haben jetzt eine Situation, in der der schu lische Druck in Zukunft noch zunehmen wird. Da wollen Sie als einzige konkrete Maßnahme auch noch den Samstag strei chen?
Herr Röhm, das ist keine Entlastung. Das ist im Zweifels fall weiteres fahrlässiges Verhalten. In meinem Fall haben wir es als Verheizen von Schülerinnen und Schülern erlebt.
Ich bitte Sie, nehmen Sie das mit, und denken Sie darüber noch einmal nach. Lassen Sie davon die Finger weg. Wir brau chen jetzt vor allem eine Situation, in der Schülerinnen und Schüler sauber nacharbeiten können. Die Schulsituation wird nicht leichter werden. Verschlimmern Sie es nicht noch mit solchen Vorschlägen.
Wie wird es weitergehen? Kommt eine zweite Coronawelle, oder kommt sie nicht? Kann die beschlossene Schulöffnung durchgehalten werden oder nicht? Gibt es zeitnah erneut Streit zwischen Ministerpräsident und Kultusministerin oder nicht?
Zwei Antworten hätten Sie heute geben müssen. Ich hoffe, die Frau Kultusministerin gibt sie noch:
Erstens: Wie wollen Sie im Falle von Präsenzunterricht die Gesundheit der Schulgemeinschaft sicherstellen, und wie wol len Sie vor allem nachhaltig und effektiv die aufgebauten Bil dungsdefizite abbauen? Ich habe heute hier eine Menge Brain storming gehört. In fünf Wochen haben wir Sommerferien. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie in spätestens ein bis zwei Wo chen konkrete Vorschläge machen, über die wir dann im Bil dungsausschuss noch diskutieren können.
Zweitens: Wie wollen Sie sicherstellen, dass Lernen auf Dis tanz besser läuft? Entweder haben wir die Situation einer zweiten Pandemiewelle – das ist nach Gütersloh bei Weitem nicht mehr auszuschließen; es war schon vorher nicht auszu schließen –, oder wir werden möglicherweise weiterhin Lehr kräfte oder Schülerinnen und Schüler haben, für die aufgrund einer besonderen persönlichen Risikolage ein Schulbesuch nicht vertretbar ist.
Die SPD-Landtagsfraktion hat am 8. Juni einige konkrete Vor schläge formuliert, von denen ich Ihnen heute einige vorstel len möchte. Wir brauchen schon jetzt, zeitnah, ein Konzept für das nächste Schuljahr. Bis September müssen wesentliche Schritte gegangen sein, und sie müssen rechtzeitig kommuni ziert werden. Frau Ministerin Eisenmann, die rechtzeitige Kommunikation soll nicht nach Ihrer Definition erfolgen, son dern so, dass sich die Schulen gut vorbereiten können. Ihre bisherige Performance reicht bei Weitem nicht aus.
Die gegenwärtige Krise wird zu gravierenden Folgen beim Bildungsfortschritt und in der sozialen Entwicklung von Kin dern und Jugendlichen führen. Wir müssen Schülerinnen und Schüler wieder auf einen gemeinsamen Lernstand bringen. Das muss durch eine deutliche Ausweitung der Schulsozial arbeit flankiert werden. Allen muss aber auch bewusst sein, dass die Lehrkräfte das in Anbetracht der vielen Lehrkräfte, die derzeit nicht zur Verfügung stehen – wir hatten schon vor her keine besonders guten Verhältnisse in der Versorgung der Schulen mit Lehrern –, nicht leisten können.
Auch deshalb haben wir, die SPD-Landtagsfraktion, Ihnen be reits im April vorgeschlagen, ein mit mindestens 10 Millio nen € ausgestattetes Landesnachhilfeprogramm aufzulegen. Geben wir den Schulen ein flexibles Budget, mit dem sie Nachhilfeleistungen im eigenen Haus einkaufen können. Das funktioniert seit über zehn Jahren sehr gut. Es ist angelehnt an MAUS, das Mannheimer Unterstützungssystem Schule, das auch mehrfach universitär evaluiert wurde. Dabei wurden nicht nur gute Effekte in Richtung Motivation belegt, sondern es wurde aufgezeigt, dass effektive Nachhilfe gerade in den Kernfächern möglich ist.
Wir haben dazu auch die Kapazitäten von Weiterbildungsträ gern wie Volkshochschulen oder von zertifizierten Nachhilfe instituten. Übrigens hatten auch zertifizierte Dozentinnen und Dozenten in der Coronakrise Einkommenseinbußen. Wir könnten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, indem wir diesen Dozentinnen und Dozenten die Möglichkeit geben, in den Sommerferien, aber vor allem auch im nachfolgenden Schuljahr laufend Nachhilfe und Unterstützung an den Schu len zu geben. Wir halten diesen Ansatz für eine bessere Qua litätssicherung, als es der Vorschlag der Grünen ist.
Darüber hinaus müssen Wege gefunden werden, Frau Minis terin, weitere Partner für die Schulen in die Schulen zu holen. Reden wir über Kulturschaffende oder Sportvereine, verges sen wir aber auch die Studien- und Berufsorientierungsbera tung nicht. Dazu müssen wir Wege finden, wie pandemiege recht sichergestellt werden kann, dass diese Unterstützungs angebote – und zwar nicht nur für die Ganztagsschulen – in die Schulen gebracht werden können. Das würde den Schu len helfen; das würde Schülerinnen und Schüler gezielt för dern.
Ein krisenfestes Klassenzimmer braucht aber auch eine Of fensive im Bereich der Digitalisierung. Dank der SPD-Initia tive auf Bundesebene wurden 500 Millionen € bereitgestellt, um möglichst allen Schülerinnen und Schülern Zugang zu di gitalen Endgeräten zu ermöglichen. Sie haben – auch auf Druck der Opposition – diese Mittel für Baden-Württemberg verdoppelt, und das ist gut so.
Wir müssen aber auch die Datenleitungen und Datenvolumi na sowie die WLAN-Verbindungen im Auge haben. Das gilt nicht nur für die Schulen, sondern insbesondere auch für die Haushalte der Eltern der Schülerinnen und Schüler.
Bislang wurde in dieser Legislaturperiode vor allem wertvol le Zeit verloren. Allein das eisenmannsche Scheitern bei „el la“ hat uns vier Jahre zurückgeworfen. Wir müssen jetzt in Baden-Württemberg umso mehr Fahrt aufnehmen.
Wir fordern, dass jede Schule im Land bis Ende 2022 mit ei ner 1-GB-Leitung und ausreichender WLAN-Ausleuchtung ausgestattet wird. Dazu sollen sie zusammen mit den Kom munen bis Ende dieses Jahres einen abgestimmten Ausbau plan vorlegen. Im Rahmen von Überlegungen zu Konjunktur paketen – auch weiteren des Landes – steht für uns übrigens die Sanierung von Schulen nach dem Abflauen der Pandemie absolut an der Spitze.
Des Weiteren müssen unverzüglich schulartspezifische Stan dards für eine digitale Grundausstattung definiert werden. Die Realisierung dieser Basics sollte dann auch unabhängig von weiterzuentwickelnden Medienentwicklungsplänen erfolgen, damit wir endlich die Mittel des Digitalpakts ohne Verzöge rung zugänglich machen. Die Mittel müssen schneller fließen. Sie sind auch hier zu langsam, Frau Ministerin.
Zur Wahrheit gehört leider auch, dass wir ohne die meines Er achtens völlig unnötige Grundsatzdebatte, die Ministerpräsi dent Kretschmann aufgemacht hat, in diesem Land wie auch in ganz Deutschland schon viel weiter wären. Das allein hat uns beim Ausbau der Digitalisierung um ein weiteres Jahr zu rückgeworfen.
Nein, grün-schwarze Digitalisierungspolitik erinnert hier in diesem Land in Sachen Bildung eher an ISDN als an Glasfa ser. Nehmen Sie endlich Fahrt auf!
Mir läuft ein bisschen die Zeit weg. Vielleicht am Ende.
Die Schulen brauchen bis September eine weitere deutliche Kapazitätserhöhung von Servern, z. B. bei Moodle – BigBlue Button übrigens, Herr Kollege Röhm. Die datenschutzkonfor me Nutzungsmöglichkeit von Microsoft Teams und anderen Anwendungen, aber auch von Messengerdiensten gilt nicht nur für Lehrer, sondern auch für Schülerinnen und Schüler so wie Eltern, damit der Kontakt eben nicht nur im Kollegium datenschutzkonform laufen kann.
Wir brauchen eine Fortbildungsoffensive bei Lehrkräften in Sachen „Lernen auf Distanz mit digitalen Hilfsmitteln“. Ich habe von Ihnen übrigens noch gar nichts dazu gehört: Warum nicht gerade jetzt die Lehrkräfte, die zur Risikogruppe gehö ren, ganz gezielt schulen, die Zeit jetzt nutzen, um Qualifika tionen in diesem Bereich aufzubauen?
Wir brauchen ferner endlich Laptops und gegebenenfalls – im weiteren Pandemiefall – auch Diensthandys für alle Lehrkräf te. Keiner von Ihnen hier in diesem Raum nutzt für seine Ar beit als Landtagsabgeordneter private Geräte oder eine priva te Telefonnummer.
Warum verlangen Sie das von Lehrkräften?
Ihr macht das. Okay. Also, wir stellen für das Protokoll fest:
Kollege Reinhart hat das vom Landtag zur Verfügung gestell te Digitalisierungsbudget nicht ausgeschöpft. – Ich werde Sie beim Wort nehmen.
Aber wenn das nicht der Fall ist – und ich glaube Ihnen das nicht, Kollege Reinhart, bei aller Wertschätzung –, warum ver langen Sie das von Lehrkräften? Verabschieden wir uns end lich von der Alltagslüge, Lehrkräfte könnten ja in der Schule den PC benutzen. Nein, sie brauchen Geräte, die sie im Pan demiefall auch zu Hause nutzen können, um dort die Kom munikation mit den Schülern deutlich zu verbessern. Statten Sie die Kollegen endlich anständig aus!
Zum Schluss dann doch noch zur AfD: Sie bleiben sich treu. Immerhin: Man kann nicht enttäuscht werden. Ich hatte nicht erwartet und auch gar nicht damit gerechnet, von Ihnen heu te Vorschläge zu hören, wie wir das vorhandene Dilemma lö sen wollen. Dass es kein Selbstläufer wird, zeigt auch die nun in Teningen gerade angewiesene Quarantäne einer Schulklas se. Antworten von Populisten wie Ihnen sehen wir in den USA, in Brasilien und in England.
Ihr Politikansatz hat ganze Gesellschaften gesundheitlich an die Wand gefahren.
Ich bin froh, dass dieses Land über viele verantwortungsvol le Menschen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik verfügt, die einen guten Job machen. Ihr Politikmodell hingegen er klärt gerade global den Bankrott. Wir brauchen keinen Popu lismus, wir brauchen keine „Trump-Speech“ von Herrn Bal zer;
wir brauchen verantwortungsvolle und kreative Ideen sowie eine Kommunikation, die Menschen nicht spaltet, sondern sie verbindet und mitnimmt.
Ich danke Ihnen.
Frau Kollegin Boser, vielen herzlichen Dank. – Einerseits ist es sehr gut, dass unser Im puls mit aufgegriffen wurde, über die Sommerferien ein kos tenloses Nachhilfeprogramm anzubieten. Ich mache mir aber Gedanken, ob das ausreicht. Unser Ansatz sieht ausdrücklich vor, nicht nur auf Referendare sowie Studentinnen und Stu denten zurückzugreifen. Denn diese stehen nur für einen be schränkten Zeitraum zur Verfügung. Unser Ansatz ist aus drücklich, beispielsweise mit Dozentinnen und Dozenten der
Volkshochschulen ein parallel zum nächsten Schuljahr laufen des Programm aufzulegen. Wir haben in Mannheim dabei sehr gute Erfahrungen gemacht.
Hielten Sie es nicht für sinnvoll, dass die Landesregierung an dieser Stelle noch einmal in sich geht und darüber berät, nicht nur für die Sommerferien, sondern auch darüber hinaus ein das gesamte nächste Schuljahr umfassendes kostenloses Nach hilfeprogramm für die Schülerinnen und Schüler im Land auf zulegen?
Kollege Haser, vielen herz lichen Dank. – Das Thema „ella“ wurde vorhin auch in der Debatte schon angesprochen. Würden Sie mir zustimmen, dass im Rechnungshofbericht – ich weiß, dass Sie den Rech nungshofbericht gelesen haben; darüber haben wir intensiv gesprochen – ausdrücklich steht, dass die Verantwortung des Projekts „ella“ mit dem Jahr 2017 beginnt, das voll in Ihrer Regierungszeit liegt,
und dass dort klar definiert wurde, dass es nicht in Vorgänger zeiten begründet ist, dass „ella“ an die Wand gefahren wurde, sondern dass dies auf der Grundlage eines völlig unzureichen den Projektmanagements geschah?
Die Umsetzung – das hat der Rechnungshof Ihnen auf 87 Sei ten belegbar dargelegt – war völlig dilettantisch. Das können Sie hier heute nicht wegreden. Würden Sie mir da zustimmen?
Herr Staatssekretär, ich wür de gern die Gelegenheit nutzen, eine Nachfrage zu stellen, weil ich genau auf diesen Punkt angesprochen worden bin – Stichwort Netzwerkadministration. Das, was Sie beschreiben, ist die reine Lehre. Faktisch ist es aber so, dass Lehrkräfte im mer wieder gebeten werden, bei auftretenden Problemen ein zuspringen: „Du kennst dich ja aus; könntest du dir das bitte mal anschauen?“
Darauf will ich mit meiner Nachfrage aber gar nicht hinaus. Vielmehr habe ich mich gefragt, ob es bundesweit oder auch innerhalb Baden-Württembergs Diskussionen darüber gibt, eine Erweiterung von Ausbildungsberufen vorzunehmen – et wa „Verwaltungsfachangestellte mit der Fachrichtung IT-Ad ministration“. Ist an so etwas schon mal gedacht worden? Denn es wäre tatsächlich gut – das wäre der Idealfall –, wenn wir in der Schulverwaltung Fachkräfte hätten, die auch in die sem Beritt eine Zusatzausbildung haben.
Daher meine Frage – falls Sie es nicht gleich beantworten kön nen, gern auch schriftlich –, ob in diese Richtung etwas ange dacht wird und wie dies gegebenenfalls aussehen könnte.
Vielen Dank. – Sehr geehr te Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wer mich kennt, weiß, dass ich ein großer Befürworter von G 9 bin. Die
SPD fordert die Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 – das war übrigens bereits 2011 ein zentrales Moment unseres Wahl kampfprogramms.
Diesen Gesetzentwurf muss man aber ablehnen, auch, weil er handwerklich völlig unzureichend ist. Zwei weitere Beispie le zu dem, was bereits ausgeführt worden ist:
Wer Klasse 11 überspringen will, müsste sich nach dem Wil len der AfD bereits in Klasse 8 dazu entscheiden, um Extraför derung zu erhalten; zusätzliche Förderstunden sollen aber wie derum den Stoff aus Klasse 11 umfassen. Schüler sollen vor lernen – ohne das nötige Grundlagenwissen. Wie soll das ei gentlich funktionieren? Für das Überspringen einer Klasse – es geht beim G 9 dann um eine Verkürzungsmöglichkeit auf G 8 – soll ein Notendurchschnitt von 3,0 ausreichen. Ich glau be kaum, dass das eine pädagogisch angemessene Vorausset zung für eine so maßgebliche Schulzeitverkürzung ist.
Ich verweise des Weiteren auf meine Ausführungen vom 16. Mai letzten Jahres.
Dass die AfD keine normale Partei ist, zeigt sich auch in die sem Gesetzentwurf. Ich habe es bereits in der ersten Lesung ausgeführt: Dieser Gesetzentwurf ist ideologisch hoch aufge laden.
Den geplanten Boden dafür bereitet eine Erhöhung der Stun denzahl im Fach Geschichte. Für das Fach soll nicht nur die Stundenzahl erhöht werden, es soll auch qualitativ eingegrif fen werden. Ich zitiere:
Anzustreben ist eine gleiche Gewichtung aller Zeitepo chen.
Klingt harmlos, ist es aber nicht. Googeln Sie doch einfach mal die Begriffe „Verharmlosung“ und „Nationalsozialismus“. Bei der Bundeszentrale für politische Bildung finden Sie dann z. B. eine Definition von Revisionismus vom Politikwissen schaftler Richard Stöss. Ich zitiere:
Revisionismus bedeutet im Ergebnis also Verdrängung der historischen Realität, Verharmlosung und Relativie rung der Vergangenheit, Ablenkung von eigener Schuld und eigenem Versagen durch Aufrechnung von vermeint lichem oder tatsächlichem Unrecht der anderen und da mit nicht zuletzt auch die Rehabilitierung rechtsextremis tischer... Bestrebungen.
Was das mit dem AfD-Gesetzentwurf zu tun hat? Ich zitiere:
Anzustreben ist eine gleiche Gewichtung aller Zeitepo chen.
Das verlangt die AfD. Der Nationalsozialismus also genauso gewichtet wie die Biedermeierzeit? Die Schoah genauso ge wichtet wie das Rokoko? Wer das will, will die Schwere des historischen Bruchs der NS-Zeit relativieren und verharmlo sen. Auch hier gilt, dass wir einen Blick auf andere Anträge dieser rechtsextremen Partei vornehmen sollten.
Hier einige weitere Belege, wie die AfD versucht, die NS-Ver gangenheit und die daraus resultierende Verantwortung bei seitezuwischen.
Werfen wir einen Blick auf den Antrag 04/40 – ich nenne die Ziffern, damit Sie es nachlesen können – in dem Bericht zur Beschlussempfehlung Drucksache 16/1304: Ersetzen der Be zeichnung der Haushaltsposition „Gedenkstätten nationalso zialistischen Unrechts“ im Kultusetat. Die AfD fordert, diese umzubenennen in „bedeutsame Stätten der deutschen Ge schichte“.
Hier geht es um Verharmlosung und Relativierung.
Nehmen wir den Antrag Drucksache 16/3304-31. Hier geht es um die Fördertatbestände für Schülerfahrten – übrigens Ti telposition 684 72. Ausgerechnet bei der Ziffer 7 soll ein Buchstabe c eingefügt werden: Förderung für „Studienfahr ten zu bedeutsamen Stätten der deutschen Geschichte“. Nicht bei 1, nicht bei 5, sondern bei 7 c. Warum? 7 a: „Studienfahr ten zu Stätten nationalsozialistischen Unrechts“, 7 b: Förde rung für Fahrten nach Auschwitz, und 7 c. Auch hier ein Ver such der Verharmlosung, der Nivellierung.