Peter Hofelich

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Last Statements

Werte Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! „Vor dem Brexit: Europa muss zu sammenhalten“: Warum die heutige Aktuelle Debatte unter diesem Titel? Erstens: Die deutsche Ratspräsidentschaft ist auf der Zielgeraden. Zweitens: Mit dem 31. Dezember dieses Jahres gibt es in der Europäischen Union eine Zäsur. Erstmals wird ein Land aus der EU austreten, nämlich Großbritannien. Die Frage ist nicht ob, sondern wie.
Deswegen ist es notwendig, dass wir, der Landtag von BadenWürttemberg, der Landtag eines deutschen Bundeslands, ei nes Landes mitten in Europa, mit staatlicher Qualität unsere eigenen Ansprüche in dieser Situation markieren. Es ist – das sei dem einsamen Beifallklatscher an dieser Stelle gesagt – in unserem Interesse, dass wir als diejenigen, die sich mitten in Europa befinden, den Spaltern entgegentreten und für ein Eu ropa, das zusammenhält, eintreten.
Dafür gibt es kein Zurücklehnen, keine europäische – –
Gehen Sie mal wieder in Ihren Wahlkreis, nach Göppingen, oder geben Sie die Diäten, die Sie die letzten fünf Jahre erhal ten haben, Stiftungen im Wahlkreis Göppingen; das wäre viel leicht das Beste.
Unglaublich, dass Sie sich überhaupt noch zu Wort melden.
Wir brauchen Ansprüche an uns selbst. Diese Ansprüche will ich zu formulieren versuchen. Der erste Anspruch ist, offen auszusprechen, was ist. Zum offenen Aussprechen, was ist: Es ist ein trauriger Anlass, dass das Vereinigte Königreich aus der EU austritt.
Ich war 1970 als Oberschüler mit Kumpels auf der Isle of Wight, das Gegenüber zum Woodstock-Festival in den USA 1969. Ich bin vier Wochen durch Großbritannien getrampt, bevor wir auf das Festival gegangen sind. Es war eine Zeit des Optimismus. Großbritannien wollte sozusagen nach Europa kommen. Der konservative Premierminister Edward Heath hat das durchgesetzt; er, ein konservativer Politiker, hatte den Mumm, das zu machen. Andere haben geholfen, so auch die zweite große politische Kraft in Großbritannien, die LabourPartei. Heute unterhält sich Großbritannien darüber, ob aus dem Garten Englands, der Grafschaft Kent, wo nach dem Bre xit lange Schlangen von Lkws zu erwarten sind, ein großes WC wird, darüber, ob dort Container herumstehen.
Es ist nicht ohne Grund dazu gekommen. Denn in diesem Land ist verführt worden.
Deswegen sind nicht ohne Grund 98 % der Themen im Rah men des Brexits verhandelt, aber die 2 % der Themen, die noch übrig geblieben sind – die Themen Fischerei und „Markt zugang mit fairen Regeln“ –, bleiben nicht ohne Grund übrig.
Allen Populisten, die hier im Raum und draußen sind, möch te ich sagen:
Das Thema Fischereiindustrie ist noch übrig, weil man hier den Verführten eine Trophäe zeigen will, in diesem Fall den Fischern, deren Stimmen mit dazu geführt haben, dass eine Nein-Koalition zustande gekommen ist.
Deswegen ist das heute noch übrig. Die armselige Regierung will vorzeigen: „Wir haben etwas für euch, für all die Verführ ten, die kleinen Leute, die immer die Beute der Populisten sind, erreicht.“ Dagegen wehren wir uns, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Das Zweite ist: Der Marktzugang ist wichtig, weil die Idee von Johnson und allen anderen war, ein Niedriglohnparadies vor dem europäischen Kontinent zu haben, dass man sagt: „Ich führe mit anderen Regeln von dort aus meine Geschäfte und führe ein Großbritannien, das im Grunde genommen wie der eines zwischen oben und unten ist und das dafür sorgt, Eu ropa mit niedrigen Löhnen unter Druck zu setzen.“ Beides muss verhindert werden. Deshalb wird Michel Barnier hof fentlich auch eine klare Linie auf den letzten Metern haben, Kolleginnen und Kollegen.
Dennoch: Es ist ein trauriger Anlass.
Zweiter Anspruch: Die Folgen des Brexits müssen wir abfe dern, wir müssen sie auch aufarbeiten. Für Baden-Württem berg ist Großbritannien das sechstgrößte Exportland. Bei den Importen belegt Großbritannien Rang 14. 266 Unternehmen in Baden-Württemberg haben eine britische Beteiligung von mehr als 20 %.
Wir werden ein Großbritannien haben, das für uns ähnlich wie die Schweiz ist. Aber es wird so sein, dass wir für die Verbin dungen sorgen müssen. Ich fordere die Regierung auf – ich weiß, dass der Europaminister dafür ein guter Partner ist –, dass Baden-Württemberg in Zukunft umfassend – über das Wirtschaftliche hinaus – tätig wird: Wissenschaftskooperati onen sind notwendig, Schulpartnerschaften sind notwendig, kommunale Partnerschaften sind notwendig. Von der nächs ten Landesregierung erwarten wir, dass sie nicht die Bande kappt, sondern dass wir weiterhin die Bande aufrechterhalten, meine Damen und Herren.
Dritter Anspruch: den Zusammenhalt in Europa tatkräftig or ganisieren. Das geschieht nicht, wenn ein Bundesland im Stil einer tibetanischen Gebetsmühle dauernd Subsidiaritätsvor behalte geltend macht. Vielmehr braucht es unter den Ländern
ein gegenseitiges Verstehen. Dafür können wir selbst etwas tun.
Die Osteuropapolitik von Willy Brandt und Egon Bahr hatte viel damit zu tun, sich in den anderen hineinzuversetzen. Das heißt nicht immer akzeptieren; ich komme gleich dazu. Aber man kann schon verstehen – – Ich komme von Großbritanni en zur Lage insgesamt in Europa auf der Zielgeraden der deut schen Ratspräsidentschaft. Man kann etwas dafür tun, indem man sagt: Ich muss mich zuerst einmal in die Situation der jungen Nationalstaaten Europas hineinversetzen – nicht ihr Vorgehen akzeptieren –, die sich natürlich erst vor 20 oder 30 Jahren von der UdSSR emanzipiert haben. Wir werden nie mals akzeptieren, dass in Ungarn die Medien unterdrückt wer den, dass in Polen frauenfeindliche Gesetze gemacht werden,
und wir sind auch diejenigen, die es für einen Skandal halten, wofür Maria Kolesnikowa seit September – außerhalb der Grenzen, aber innerhalb unseres Kulturgebiets – in Weißruss land im Gefängnis einsitzt. Dagegen wehren wir uns, Kolle ginnen und Kollegen.
Natürlich ist es für die Bundeskanzlerin eine Gratwanderung gewesen,
den Mehrjährigen Finanzrahmen zu verhandeln. Ich muss aber sagen: Kompliment, sie hat es hinbekommen. Natürlich sind wir mit den Kompromissen zu Polen und Ungarn nicht zufrie den. Es ist einfach so, dass hierfür viel geopfert werden muss te – wahrscheinlich zu viel, wenn man an die kommenden Wahlen denkt, bei denen dann Herr Orban vorzeigen will: „Schaut her, ich habe meinen Kopf noch einmal aus der Schlinge ziehen können; ich weiß es.“ Aber trotzdem: Der Deal – wie es in der englischen Presse heißt: der Dealmaker – war da.
Ich muss sagen: Der Mehrjährige Finanzrahmen mit einem Volumen von 1,8 Billionen € sieht einen Anteil von 50 % Mo dernisierungsinvestitionen, einen großen Teil für den Ökodeal, mit Investitionen für den Klimaschutz – was uns freut –, eine Verdopplung der ERASMUS-Mittel, damit junge Menschen in Europa zusammenkommen, vor. Unter der deutschen Rats präsidentschaft ist etwas erreicht worden. Das muss man ganz klar sagen. Deswegen ein Kompliment auch an die Regierung in Berlin, meine Damen und Herren.
Baden-Württemberg wird diesen neuen Zusammenhalt oder diesen sich hoffentlich wieder aufbauenden Zusammenhalt le ben müssen. Ich fordere auch die neue Regierung auf, die Bündelung der Europakompetenzen in einem einzigen Haus vorzunehmen. Dass dies in den letzten fünf Jahren nicht so war, war eine Schwäche, die aber nicht der Minister zu ver antworten hat, meine Damen und Herren.
Vierter Anspruch: Demokratie, Sozialstaat, Rechtsstaat durch setzen. Ich habe bereits gesagt: Den Kompromiss empfinden wir als schmerzhaft. Es ist so, dass das Vetorecht von Ungarn und Polen zum Haushalt abgewendet wurde, aber es ist klar, dass die Sanktionen auf den Haushalt eingegrenzt sind und dass eine anderthalbjährige Verzögerung eintreten kann, wenn Klage beim EuGH erhoben wird. Deswegen ist in der Praxis jetzt klare Kante notwendig. Es muss aber auch weitergehen. Wir brauchen mehr Austausch in Europa, um solche Situati onen mit diesen Ländern einzudämmen und wieder aufzulö sen. Es war ja nicht immer so in der Welt, dass Ungarn ein Land war, das sich in Europa mehr oder weniger isoliert hat.
Ich will einmal einen sensiblen Punkt ansprechen. Wir alle waren diejenigen, die sich gewundert haben, warum der tür kische Präsident bei uns bei Wahlen von denjenigen, die in Deutschland abstimmen konnten, noch mehr Stimmen bekom men hat als von den Wählerinnen und Wählern in der Türkei. Vielleicht müssen wir uns einmal Gedanken darüber machen, wie wir mit diesen oft stillen und im Schatten stehenden Ar beitskräften, die aus Polen, aus Ungarn bei uns sind, einen Di alog führen.
Sie sind hier, um demente Frauen und Männer bei uns zu be treuen. Aber sind sie eigentlich hier für uns auch Gesprächs partner? Sind sie hier für einen Austausch über unsere Ideen von Aufklärung und Demokratie? Das ist vielleicht auch ein Thema in der kommenden Zeit, meine Damen und Herren.
Wir müssen unsere eigenen Anstrengungen für die Zusam menarbeit verstärken. Wir sind nicht nur Exporteure, wir le ben auch in einem Land auf einem Kontinent, von dem Auf klärung, Freiheit und soziales Gedankengut ausgehen.
Deswegen der fünfte und letzte Anspruch an uns selbst: Eu ropa muss sich in der Welt wieder Geltung verschaffen, ohne dass wir dominierend auftreten. Es ist jetzt ungefähr 20 Jah re her, dass Samuel Huntington das Buch „Clash of Civiliza tions“ geschrieben hat. Darin geht es um die Frage, ob Kultu ren in der Welt unversöhnlich aufeinandertreffen. Natürlich steht darin etwas Richtiges, aber – wie das immer so ist – auch etwas, was vielleicht weniger richtig ist. Aber Tatsache ist: Die Gefahr ist nicht geringer geworden, weil wir natürlich schon einen Wettbewerb zwischen dem, wie Gesellschaften ihr Leben organisieren, haben. Nicht alles, was aus Europa kommt, wird an anderen Stellen richtig sein.
Aber wichtig ist auch, dass wir mitsprechen wollen. Günther Oettinger hatte recht: Es ist nicht die Frage „G 7 oder G 20?“, es ist am Ende die Frage, ob es G 2 gibt. Deswegen ist es not wendig, dass sich Europa sammelt und es auch schafft, hinter seine eigene Stärke eine gemeinsame demokratische Grund haltung zu bringen.
Es ist in der jetzigen Coronasituation ein gewisses Risiko, dass wir Resilienz damit verwechseln, dass es wieder ein reines Reshoring gibt, dass man alles zu uns holt. Natürlich ist es so, dass wir nicht akzeptieren können, dass Pharmaprodukte zu 80 % in China produziert werden. Aber richtig ist auch, dass Baden-Württemberg ein Land ist, das von seinen Handelsbe
ziehungen mit anderen lebt. Richtig ist auch, dass es immer eine Situation geben wird, in der es eine internationale Ar beitsteilung geben wird. Es ist die politische Aufgabe des Landtags von Baden-Württemberg, dass der Bevölkerung in Baden-Württemberg auch vermittelt wird,
dass wir in der Lage sind, beides zu tun: stark zu sein, aber nicht abwehrend zu sein.
Diese große Aufgabe steht uns bevor. Es ist auch eine kom munikative Aufgabe. Dafür ist es notwendig, dass Deutsch land für eine globale Governance eintritt, dass wir in der La ge sind, Mindestlöhne, anständige Arbeitsbedingungen in die ser Welt zu haben. Das ist nicht die Aufgabe eines Landtags, eine Aufgabe, die wir allein schultern könnten, aber es ist ei ne Aufgabe, der wir nachgehen müssen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe meine gesamte Redezeit genutzt. Danke schön, Frau Präsidentin.
Ich sage: Aufklärung, Demokratie, Menschenrechte haben viel damit zu tun, dass wir stark sind. Deswegen sind sie für uns in Europa und in Baden-Württemberg ein Exportartikel, den wir unterstützen müssen.
Danke schön.
Werte Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen, Frau Ministerin, Frau Staatssekretä rin, sehr geehrter, lieber Herr Präsident Benz! Für die SPDFraktion ist zunächst einmal festzuhalten, dass wir uns sehr gefreut haben, mit welcher profunden Kenntnis und mit wel chem Engagement der Rechnungshof in der heute zur Debat te stehenden Periode wieder mit uns zusammengearbeitet hat. Wir bedanken uns an dieser Stelle sehr dafür. Das Vertrauens verhältnis zwischen Ausschuss und Rechnungshof ist gege ben.
Gerade für unsere Fraktion kann ich sagen, dass wir in unse rer Oppositionsarbeit natürlich auch viel durch die Zusam menarbeit mit Ihnen profitieren können. Natürlich ist der Rechnungshof überparteilich, und das ist auch ganz klar im mer erfahrbar und erkennbar. Aber ich darf an dieser Stelle auch sagen: Die Aussagen des Rechnungshofs während der letzten Jahre sind deutlicher geworden – nicht, weil es eine verschärfte Prüfung mit mehr Ressourcen gäbe, sondern ein fach deswegen, weil die Regierung vielleicht doch in dem ei nen oder anderen Fall auch Anlass dafür gibt, dass eine klare Aussage getroffen wird. Deswegen denke ich auch, dass wir in der Vergangenheit eine gute Arbeit im Ausschuss und für das Parlament geleistet haben.
Ich würde gern vorneweg noch sagen, dass wir schon Ihren Tenor im Vorwort, in dem Sie ja im Juli noch ein bisschen ak tueller werden konnten – – Der eigentliche Prüfungszeitraum für das Jahr 2018 endete ja im Frühjahr 2019. Sie hatten die Drucklegung, glaube ich, im Juni. Aber im Vorwort gehen Sie ja auch schwerpunktmäßig auf die informationstechnische In frastruktur des Landes Baden-Württemberg ein, die eben mehr ist als die reine Verkabelung und die reine Breitbandsituation.
Deswegen möchte ich schon noch mal darauf hinweisen, dass Sie wichtige Aussagen im Vorwort gemacht haben, was die Verlässlichkeit einer informations- und kommunikationstech nischen Verwaltungsinfrastruktur angeht, aber auch, was die Nützlichkeit angeht. Ich denke, dass sich künftige Parlamen tarier und der künftige Landtag darum wahrscheinlich auch noch mehr werden kümmern müssen als heutige Parlamenta rier. Man wird das nicht allein bei der BITBW – auf die wir Hoffnungen setzen – lassen können, sondern wird hier auch immer hinschauen müssen, wo wir wirklich auf der richtigen Seite sind.
In einer der baden-württembergischen Tageszeitungen stand heute auf Seite 1 in einer Art Glosse – aber es war schon sehr ernst –, dass bei Google um 3:45 Uhr Pacific Time ein Server mal für 50 Minuten ausgefallen ist und im Reich von Google dann gleich ziemlich viel schiefgegangen ist – von den Sit zungen, die nicht stattfinden konnten, bis hin zu Heizungen, die nicht funktioniert haben.
So gesehen ist es eine Situation, in der wir, das Parlament, ge rade auf der öffentlichen Seite bei den Anwendungen und den Verfahren auch in der Zukunft größte Aufmerksamkeit brau chen werden.
Nützlich ist – ich sage es an dieser Stelle – auch – – Es gibt Dinge, die uns nicht immer überzeugt haben. Ob unbedingt für die Grundsteuer bei der Baden-Württemberg-Lösung – die wir ja kritisiert haben – nun diese Einstellsituation bei ITFachleuten sein muss, ist schon eine Frage an sich, zumal Sie uns bis heute noch nicht sagen konnten, welche Einstellungen davon temporär und welche davon dauerhaft erfolgen. Es geht ja um eine höhere dreistellige Zahl.
Ich möchte gern drei Punkte exemplarisch herausgreifen – erstens Organisation, zweitens Vermögen, drittens Haushalt –, bei denen ich sehr dienlich fand, was Sie geschrieben haben. Und ich möchte auch im Hohen Haus hier einfach noch mal ein bisschen illustrieren, was man sich auch in dieser Zeit zu eigen machen kann.
Zur Organisation: Wir hatten die Schwierigkeit, dass wir schon die Organisation und die Wirtschaftlichkeit des LBV hinterfragen mussten. Ich bin sehr dankbar für das, was der Rechnungshof beigetragen hat, und natürlich auch dafür, wie die Ministerin dann gehandelt hat. Daher sind wir auch der Meinung, dass die Reorganisation des LBV sicher gut unter wegs ist. Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass man die Vor schläge, die Sie gemacht haben – z. B. dass im Kindergeldbe reich auch Aufgaben an die Bundesagentur für Arbeit über tragen werden können und Sie dafür 26 Stellen benannt ha ben –, umsetzen kann und gegebenenfalls weitere Aufgaben verlagerungen möglich sind; natürlich nicht zum Nachteil der Beschäftigten – aber das haben Sie ja auch nicht vor.
Im Bereich des Vermögens ist es schon so: Die Vermögens rechnung existiert. Danke schön, Frau Staatssekretärin. Der Dank geht natürlich auch an Ihren Vorvorgänger im Amt – das muss man ihm bitte sagen –; Ingo Rust hat hier auch manches angestoßen. Aber hier merken wir eben auch, dass man hin terher sein muss. Der Rechnungshof hat nachgewiesen, dass der Ertragswert gelegentlich falsch berechnet wird, weil zu viele Flächen unterstellt worden sind, und, und, und. So ge sehen muss man auch schon genauer hinschauen, wo man auch richtig bewertet.
Beim Haushalt, Frau Ministerin, haben wir weiterhin den Är ger der hohen Ausgabereste. Ihr Umfang hat sich während der letzten zehn Jahre vervierfacht und ist allein schon im Über gang von 2018 zu 2019 – was hier zur Debatte steht – auf 5,6 Milliarden € gewachsen. Und Sie konnten keineswegs, wie Sie behauptet haben, nachweisen, dass alles im rechtlich ab gesicherten Bereich läuft. Die einschlägige Verwaltungsvor schrift verlangt hier mehr. Sie haben da leider nicht die rich tige Zuordnung vorgenommen bzw. können nicht erklären, warum die Ausgabereste so hoch sind.
Es gibt Aufgaben, die für die Zukunft wichtig sind. Ich nen ne natürlich die Bewältigung der coronabedingten Mehraus gaben. Hier bestehen Differenzen, und wir, die SPD-Fraktion, werden auch eine Nachprüfung vornehmen, insbesondere bei der Zuordnung in der Schuldenbremse.
Wichtig ist die IT-Infrastruktur. Wichtig ist künftig auch die Aufbau- und Ablauforganisation des Landes Baden-Württem berg insgesamt. Es gibt ja nach den teufelschen Dezentralisie rungen auch wieder deutliche Zentralisierungsforderungen; wir haben es heute gehört. Das alles sind Punkte, die den nächsten Landtag beschäftigen werden.
Uns bleibt, Ihnen noch einmal zu danken, und uns bleibt, zu sagen, dass wir bei allem, worüber es heute abzustimmen gilt – etwa über den Rechnungsabschluss –, nichts auszusetzen haben. Deswegen werden wir dem Werk insgesamt natürlich zustimmen.
Vielen Dank.
Werte Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Ich habe bei der ersten Lesung am Ende meines Wortbeitrags gesagt: Das, was Sie von den Koalitions fraktionen und vom Ministerium uns vorgelegt haben, über zeugt uns nicht. Ich will klar sagen, dass wir nach der Aus schusssitzung, bei der wir sehr intensiv debattiert haben und bei der wir, Herr Kollege Wald, natürlich mit Überzeugung und nicht, wie Sie annehmen, aus Taktik unsere Position ver treten haben, weiterhin viele offene Fragen haben und viele Punkte sehen, die uns bei Ihrem Modell überhaupt nicht über zeugen. Deswegen kann ich den Satz hier nur wiederholen: Das, was Sie uns heute vorlegen, überzeugt uns nicht. Ich kann Ihnen mit unserem Fraktionsvorsitzenden eigentlich nur zurufen: Ziehen Sie die Reißleine bei diesem Gesetz, das auf Dauer nicht Bestand haben wird. Das können wir Ihnen heu te schon so sagen.
Sie werden es auch nicht einfach lautlos über die Bühne brin gen können, um im Nachhinein zu sagen, es wurde erst 2025 entdeckt, was es alles an Folgen gibt. Wir werden nach die sem heutigen Tag sicherlich nicht Ruhe geben. Wir sagen: Das, was real in den Kommunen passiert, ist etwas anderes als die Welt, die Sie uns hier heute vormachen, meine Damen und Herren.
Sie haben von uns im Minimum einiges gehört. Ich will in fünf Punkten aufführen, um was es uns bei der Kritik, die wir am Entwurf haben, geht.
Erster Punkt: Sie haben eine gemeinsame bundesweite Dis kussion, die Sie selbst gefordert haben, verlassen und haben einen Vorschlag, den der Bundesfinanzminister auf Bitten der Länder gemacht hat, einfach nicht zur Kenntnis genommen. Sie haben sich an dieser Diskussion nicht beteiligt, weil die CDU ausgeschert ist, da sie unbedingt mit der Öffnungsklau sel das Gleiche haben wollte wie Bayern.
Tatsache ist, dass der vom Bundesfinanzminister vorgelegte Vorschlag mit den fünf Faktoren Bodenrichtwert, Immobili enart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Baujahr eine deut liche Vereinfachung gegenüber der alten Situation darstellt.
Dadurch wären wir selbstverständlich in der Lage gewesen, verfassungsfest zu agieren. Durch die fünf Faktoren hätten wir eine Dämpfung gehabt und keine großen Risiken von Aus schlägen, so, wie sie jetzt da sind.
Deswegen sage ich Ihnen: Es war ein Fehler, Frau Ministerin, dass Sie an der bundesweiten Diskussion nicht teilgenommen haben und nicht bei einem bundesweit gemeinsamen Vorge hen geblieben sind. Ein baden-württembergischer Sonderweg, wie Sie ihn beschreiten, war nicht notwendig.
Zweiter Punkt: Verfassungswidrigkeit. Die Gebäude bleiben bei Ihnen nun mal unberücksichtigt. Da können Sie mit Pau schalierungen kommen, wie Sie wollen: Die Gebäude bleiben unberücksichtigt. Tatsache ist aber auf jeden Fall: Der Wert eines Grundstücks ändert sich entscheidend mit der Bebau ung – das ist völlig klar –, denn man wohnt ja auch darauf. Deswegen verletzt es den Gleichheitsgrundsatz, was Sie ma chen. Das wird das Einfallstor für Klagen zur Verfassungsmä ßigkeit sein. Es ist völlig klar, dass die Experten – ich könnte genauso welche nennen – hier ansetzen werden, wenn es da rum geht.
Sie wollen uns bzw. dem Bundesmodell mit Pauschalierun gen etwas vorwerfen. Auf der anderen Seite ist jedoch die Ver letzung des Gleichheitsgrundsatzes bei Ihrem Modell wesent lich schwerwiegender. Stellen Sie sich deswegen der Frage der Verfassungswidrigkeit. Wir haben hier größte Sorge, mei ne Damen und Herren.
Dritter Punkt: Ihr Modell ist und bleibt ungerecht. Das ist nun wirklich oft genug vorgetragen worden. Für ein Grundstück, das mit einer Villa bebaut ist, wird man den gleichen Betrag zahlen müssen wie wenn es mit einem alten Wohnhaus bebaut wäre, obwohl die Werthaltigkeit sehr unterschiedlich ist. In bestimmten Wohngegenden kann die Mehrbelastung für ein Zweifamilienhaus nach unserer ersten Stichprobenumfrage bei Bürgermeistern bis zum Sechsfachen der bisherigen Höhe betragen. Es wird auch so sein, dass bei vielen Häusern im Altbestand, die vielleicht einen größeren Hof oder einen grö ßeren Garten haben, der eigentlich für die Kleinbiotope sinn voll ist, die Eigentümerfamilien am Ende spüren werden: Hoppla, bei uns geht die Steuerlast ganz schön nach oben.
Das sind Dinge, die am Ende ungerecht wirken werden und bei denen Sie – Hebesatzrecht hin oder her – nicht wirklich dagegenhalten können. Deswegen sind wir dagegen, meine Damen und Herren.
Vierter Punkt: Das Modell ist aufwendiger, als Sie sagen. Na türlich ist es mit zwei Faktoren auf dem Papier eine Verein fachung. Sie wissen aber ganz genau, dass Sie eine umfang reiche IT aufbauen müssen. Ich höre, das müsse in jedem Fall gemacht werden.
Uns interessiert aber sehr, ob Sie tatsächlich die 500 Positio nen, die Sie aufbauen, am Ende auch wieder abbauen, wenn Sie die Entwicklung hinter sich haben. Darauf haben wir kei ne befriedigende Antwort bekommen. Wir sehen auch ganz klar, dass Sie im Zusammenhang mit den Ausschreibungen, die Sie noch haben, weiteres Geld brauchen werden.
Fünfter und letzter Punkt: Sie holen sich die Kompetenz durch die Öffnungsklauseln, aber in Wirklichkeit wälzen Sie die Komplexität auf die Kommunen ab. Sie werden der Kommu ne nicht beistehen, wenn der erboste Grundstückseigentümer im Jahr 2025 fragt: Was habe ich denn hier für einen Zettel bekommen? Dann werden Sie nicht mehr hier sein und wer den der Kommune auf jeden Fall nicht zur Seite stehen. Sie werden auch den Gutachterausschüssen nicht zur Seite stehen – die Sie noch gar nicht gebildet haben –, die mit dieser Kom plexität umgehen müssen.
Das alles – Aufkommensneutralität, Hebesatzrecht usw. – wer den Sie an die Kommunen abdrücken. Das ist nicht in Ord nung, meine Damen und Herren.
Ich sage Ihnen: Der Föderalismus wird durch Insellösungen und durch einen Sonderweg nicht gestärkt. Sie haben da durch einen faulen Koalitionskompromiss einen Weg beschritten, der am Ende zu keinem guten Ergebnis führt.
Danke schön.
Wenn ich nach dem Kollegen Wald spreche, muss ich das Redepult immer 5 cm herunterfahren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Gelegenheit, in dieser Phase der Gesetzesberatung noch mit einigen Argumenten zur Diskussion beizutragen. Ich will das gern tun und hoffe, dass dies der Beginn einer Diskussi on ist.
Ich will aber zum Einstieg gleich sagen, weil auch Frau Wal ker darauf eingegangen ist: Selbstverständlich ist es für uns, die SPD, wichtig, dass wir sorgfältig mit Grund und Boden umgehen. Selbstverständlich ist es wichtig, dass wir innova tive Wohnformen möglich machen. Selbstverständlich ist es für uns wichtig, dass wir ungenutzte Brachflächen wieder nut zen können, z. B. auch mit einem Programm des Landes für ungenutzte Industriebrachflächen, das überfällig ist. Für uns ist es auch wichtig, dass wir den Wohnungsmangel in Städten bekämpfen.
Mit dem kürzlich verstorbenen Hans-Jochen Vogel gab es je manden, der in Deutschland dazu Geschichte geschrieben hat, der als Oberbürgermeister in München begonnen hat. Deswe gen sage ich Ihnen gleich: Für uns war das Urteil des Bundes verfassungsgerichts ein Aufruf zu mehr Gerechtigkeit bei der Wohnungswirtschaft in diesem Land.
Bitte?
Es war vielleicht in Richtung CDU nicht verständlich.
Für uns ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit der Hinwendung zum Verkehrswert ein Aufruf zu mehr Gerech tigkeit in der Wohnungswirtschaft und in der Bodenpolitik in diesem Land. Das ist klar. Die Frage ist, was Ihr Gesetzent wurf dazu bietet.
Ich will zum Einstieg doch noch mal etwas zur Historie der gesamten Geschichte sagen, weil diese durch die Frau Minis terin etwas verklärt wurde.
Das Bundesverfassungsgericht hat ein Urteil gesprochen, und es hat auch einen Termin gesetzt. Herr Schäuble hat es liegen lassen. Dann ist Herr Scholz ins Amt gekommen. Alle haben ihn gedrängt – auch Frau Ministerin Sitzmann – und gefragt, wann er denn endlich etwas mache. Die Frage ist offengeblie ben, was sie ihm denn rate und wie vielleicht das Häuslebau erland Baden-Württemberg einen maßgeblichen Beitrag in Berlin leistet. Es war vorhin noch nicht so richtig etwas zu hö ren, wenn man sie gefragt hat.
Man hat auch nicht so recht gewusst, ob sie eigentlich daran interessiert ist, beim Bundesvorschlag mit dabei zu sein. Es war doch eigentlich für alle, die das Ganze verfolgt haben, klar: Jawohl, Baden-Württemberg macht bei einem einiger maßen überzeugenden Vorschlag mit. Sie waren nicht so sehr an der historischen Rolle interessiert, dass Sie eine Einzellö sung treffen.
Dann kam irgendwann mal der Konsens zwischen den Län dern. Dann sagte einer – so wie Chruschtschow – „Njet“; das war Herr Söder. Dann war das Ding plötzlich gesprengt, und es war eben nicht mehr der Konsens da, es gab die Einzellö sung für die Länder.
Dann hat natürlich die CDU in Baden-Württemberg sofort ge sagt: „Das, was die Bayern haben, wollen wir auch.“ Dann war – übrigens mit einem Flächenmodell, Herr Wald; das er klärt Ihre Haltung auch etwas – die Lage auf jeden Fall plötz lich mal offen. Die Grünen haben sich noch zurückgehalten, und dann kam das raus, was Sie jetzt hier vorlegen: das Flä chenmodell. Also, ich meine das Bodenwertmodell.
Ich finde, der Ablauf hat schon wieder eine gewisse Komik. Daher: Machen Sie mal hier nicht so sehr auf Historie. Im Grunde genommen sind Sie eigentlich nur hinterhergesprun gen und haben jetzt, weil die CDU Druck gemacht hat, ein Modell vorgelegt, das sich in der Diskussion zwar sicher gut behauptet, das sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen muss, dass es Schwächen hat.
Über diese Schwächen müssen wir reden, weil sie unter dem Strich dazu führen werden, dass es vermutlich eben nicht das bevorzugte Modell sein wird, meine Damen und Herren.
Jetzt steigen wir mal in das Thema ein. Mit dem Bodenwert modell nehmen wir zunächst einmal von einer verbundenen Grundsteuer Abschied. Wir haben nur mehr den Boden als Grundlage für den Preis und nicht mehr die Nutzung. Das ist das, was passiert.
Beim Bundesmodell gibt es fünf Faktoren, auf die übrigens von ca. 20 Faktoren reduziert wurde. Dem lag eine Konsens leistung zugrunde, die sich sehen lassen konnte – ein einfa ches Modell, mit fünf Faktoren. Und Sie kicken jetzt das The ma Nutzung raus. Das hat Nachteile.
Der erste Nachteil ist, dass Sie auf diese Weise bei der Ermitt lung der Höhe der Grundsteuer weniger Gerechtigkeit haben.
Zweitens haben Sie durch die Ballung, die dann in diesen Ge bäuden nicht berücksichtigt wird, danach einen Zugriff auf öf fentliche Güter – das ist auch Wissenschaft –, die keinen Preis finden, weil praktisch alles, was die Gemeinde, die Kommu ne an Infrastruktur vorhält, da nicht berücksichtigt ist.
Deswegen: Durch diesen Verzicht auf das Thema Nutzung verzichten Sie auch auf mehr Gerechtigkeit, meine Damen und Herren.
Und wie ist es mit der Vereinfachung auf zwei Faktoren? Wird diese vielleicht nicht überschätzt? Ich habe noch mal nachge lesen: 32 Millionen Steuererklärungen müssten in jedem Fall für Grundstücke in diesem Land abgegeben werden. Das pas siert immer. Deswegen wird zunächst einmal auch in BadenWürttemberg die Komplexität nicht reduziert.
Zweitens: Die elektronische Übermittlung von den Gutach terausschüssen jeweils zu der Zentralstelle muss klappen.
Drittens: Wenn ich bei Ihnen mal zwischen den Zeilen lese, habe ich den Verdacht, dass Sie am Ende auch Komplexität auf die Gemeinden abdrücken. Das mit den 30 % haben Sie ja schon eingeführt.
Ich bin nicht so sicher, ob diese zwei Faktoren – das ist im Grunde genommen Ihr Argument: die Einfachheit – am Ende wirklich mit so viel Einfachheit durchschlagen, meine Damen und Herren.
Viertens: Differenzierung angesichts der Aufkommensneutra lität. Da kann man leicht sagen: „Wir müssen das jetzt erst mal testen“ usw. Ich sage Ihnen nur, was für Modellrechnun gen wir haben – nein, keine Modellrechnungen, sondern Stich proben, die wir genommen haben und für die wir Oberbürger meister, Bürgermeister gefragt haben: Wie sieht es bei euch aus?
Da kann ich Ihnen nur sagen, Frau Walker, Herr Wald, Frau Sitzmann und alle anderen: Das zeigt zunächst einmal – es sind Stichproben; das ist nicht repräsentativ –, dass wir bei mittleren Bodenrichtwerten Stand heute enorme Zuwächse haben; es sind Verdopplungen oder ist sogar ein Mehrfaches möglich.
Das werden Sie bei Ein- und Zweifamilienhäusern erst ein mal „verargumentieren“ müssen, meine Damen und Herren.
Auf der anderen Seite ist es so, dass die Zuwächse bei Ge schäftsgrundstücken und bei größerem Wohnungseigentum
tendenziell niedriger sind; das steht ja auch alles in der Lite ratur, und darüber kann man wahrscheinlich auch nicht viel debattieren. Und schon kommen – ich habe es gelesen – na türlich auch die Wirtschaftsverbände und sagen: Ja, wenn es dort einen Abschlag gibt, dann soll es bitte auch für uns einen Abschlag geben. Und wenn wir ein höherwertiges Gewerbe grundstück bei uns vorhalten, neben unserem Gewerbebetrieb – übrigens ein nachvollziehbarer Gedanke, wenn man auf Wachstumskurs ist –, dann möchten wir aber auch, dass wir einen Abschlag bekommen und nichts dafür zahlen müssen.
Wenn natürlich alle Abschläge bekommen, dann bleiben nur noch die unbebauten Wohngrundstücke übrig, die dann alle sozusagen zahlen müssen. Ich finde, das ist am Ende eine Milchmädchenrechnung, die Sie in dieser Richtung machen, meine Damen und Herren.
Deswegen: Lassen Sie uns darüber diskutieren. Dazu sind wir gern bereit. Aber zunächst einmal spricht angesichts der feh lenden Plausibilität einiges dafür, dass das alles nicht zu En de gedacht ist.
Ich will Ihnen auch noch mal sagen, was auf die Gemeinden zukommt. Ich bin Gemeinderat in einer 8 000-Einwohner-Ge meinde. Wenn wir bei uns ein Zonenmodell machen, dann weiß ich nicht so recht, wie Sie das alles austarieren wollen.
Aber wir werden ja im Ausschuss Gelegenheit haben, darü ber zu reden.
Der fünfte Punkt, den ich nennen will, ist die IT – Informati onstechnik; Ihre Spezialität.
Nach den Aufwänden für Informationstechnik haben wir schon im Rahmen der Haushaltsberatungen im Dezember 2019 ge fragt. Es gibt Einmalaufwände, zum Schreiben der Software, und es gibt laufende Aufwände für den Betrieb des Gesam ten. Sie müssen mir erst einmal erklären, warum, wenn 16 Bundesländer allein etwas machen, der Aufwand derselbe sein soll wie dann, wenn es einer für alle macht.
Daher ist bei der IT zunächst einmal Misstrauen angesagt. Ich glaube auch, dass bei allen, die auf Ausschreibungen warten – 16 Ausschreibungen werden es nicht sein –, schon jetzt ho he Erwartungen bestehen, dass auch wieder ein schönes Ser vicegeschäft abfällt. – Sei’s drum.
Tatsache ist auf jeden Fall: Sie werden uns tendenziell in der Informationstechnik sagen müssen, wie Sie angesichts des schon heute in einer dreistelligen Zahl vorgehaltenen Perso nals – ich glaube, es soll in Baden-Württemberg auf 500 zu laufen – rechtfertigen wollen, hier eine Einzellösung zu ma chen.
Im Übrigen sind natürlich auch hier sofort wieder die Bayern da und bieten anderen ihre Services an. Da läuten bei mir schon wieder sämtliche industriepolitischen Alarmglocken. – Aber das nur nebenbei gesagt.
Tatsache ist auf jeden Fall: Die Informationstechnik ist etwas, was in diesem gesamten Modell stark zu Buche schlagen wird. Auch darüber werden wir im Ausschuss diskutieren müssen.
Das Bundesministerium für Finanzen hat im Grunde genom men treuhänderisch für die Bundesländer ein Modell erarbei tet, mit dem Sie aus meiner Sicht stiefmütterlich umgegangen sind. Es geht auch nicht an, zu sagen: Die haben jetzt etwas gemacht, was verfassungsuntauglich ist.
Dieser Vorwurf wird, soweit ich es sehe, auch nicht mehr er hoben, Frau Walker – vielleicht gegen andere Modelle, aus Hessen beispielsweise, aber nicht in Bezug auf das Bundes modell.
Ihr Modell ist ja heute vom Bund der Steuerzahler als verfas sungsrechtlich bedenklich bezeichnet worden, meine Damen und Herren – Ihres!
Also, ein gerechteres und homogeneres Modell ist das, was die sozialdemokratische Fraktion anstrebt. Die kleineren Bun desländer, die sowieso nicht die Kraft für ein eigenes Modell haben – das zeigt sich ja jetzt auch schon: Das Saarland und andere, etwa Bremen, werden das gar nicht machen; das ist auch das, was ich bei den gemeinsamen Konferenzen sehe –, werden am Ende sagen: Das ist eigentlich nicht richtig gelau fen, dass die einen das machen und die anderen es nicht ma chen.
Ich glaube, der Föderalismus wird nicht gestärkt, wenn man versucht, alles an sich zu ziehen. Die Diskussion hatten wir heute Morgen ja auch. Daher: Überlegen Sie sich ganz genau, ob Sie dabei wirklich im großen Trend liegen, wenn Sie sa gen: Wir wollen jetzt unbedingt etwas Eigenes machen.
Unter dem Strich werden wir – das sage ich Ihnen – im Aus schuss kritisch diskutieren. Aber Sie haben von uns die klare Haltung: Das, was Sie vorgelegt haben, überzeugt uns nicht.
Danke schön.
Werte Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Dass der Kollege Wald gerade das Wort „Totalausfall“ in die Welt gesetzt hat, war etwas fahrläs sig. Ich komme gleich darauf zurück, Herr Wald.
Meine Damen und Herren, in der Krise steht ein Land zusam men. Das haben wir Mitte März im Landtag fraktionsüber greifend gezeigt – mit der SPD, am Landesinteresse ausge richtet.
Wir haben die Schuldenbremse in die Verfassung aufgenom men und dort mit der Konjunkturkomponente einen antizyk lischen Mechanismus des Staates etabliert und dazu mit den Begriffen „Naturkatastrophe“ und „Notsituation“ noch eine weitere, ultimative Möglichkeit der Kreditschöpfung in die Verfassung geschrieben – als Ausnahme.
Entsprechend wurden 5 Milliarden € mobilisiert, mit der Rücklage für Haushaltsrisiken von 1,7 Milliarden €, die auf gelaufen war – für die Sie, Frau Walker, natürlich ganz ande re Verwendungen vor der Landtagswahl im Kopf hatten als das, wofür sie tatsächlich benutzt werden musste –, und dazu noch den reichhaltigen Geldern des Bundes. In der Summe gilt es festzuhalten: Baden-Württemberg war an diesem Tag und in dieser Stunde handlungsfähig – meine Damen und Her
ren, was für ein Kontrast zu dem, was Sie heute mit diesem Nachtragshaushaltsentwurf vorlegen.
Wir gehen bei Uneinigkeit zwischen den Koalitionsfraktionen und unsortiert im Inhalt in den Herbst und Winter. Das ist mei ne vorläufige Bestandsaufnahme.
Doch zurück zu den Monaten vor der Sommerpause. Wir be grüßen, dass der Pakt mit den Kommunen geschlossen wur de. Wir wissen, dass Sie unter Druck standen, weil die Gewer besteuerzusage von Finanzminister Scholz schon früh gege ben wurde. Gott sei Dank haben Sie vor dem Sommer noch zu Ende verhandelt – nach unserem Dafürhalten hätte es frü her sein können. Es war ein Erfolg, der von uns begrüßt wur de. Ich sage Ihnen auch gleich zu diesem Haushalt – auch da rauf komme ich noch zurück –: Es ist nicht das Signal für das Ende der Unterstützung für die Kommunen, das von diesem Landtag ausgehen darf, meine Damen und Herren.
Seither ist bei der Regierung endgültig Sand im Getriebe. Der Ministerpräsident hat noch im Sommer Vorschläge bei den Ressorts gesammelt, was man tun könnte, und hat sie am En de wieder eingesammelt. Die CDU und die Grünen haben sich im Wesentlichen um Begriffe gestritten bezüglich dessen, was im Herbst geplant war, ohne groß an die Wirkung zu denken. Und die Finanzministerin hat zunächst betont, dass sie nichts sagen werde, bevor nicht das Ergebnis der außerordentlichen Steuerschätzung vorliegt.
In Wahrheit ist es so – das will ich Ihnen mal klipp und klar sagen –, dass Sie im Grunde genommen die gute Stimmung aus dem März wieder eingetrübt haben.
In Wirklichkeit haben Sie nichts gelernt.
Sie sind sich untereinander uneinig, und weil Sie untereinan der uneinig sind, sind Sie sich auch mit dem anderen Teil des Parlaments nicht einig – was eine Möglichkeit gewesen wäre –, und sind Sie sich nicht darin einig, was für das Land ge macht werden muss. Die Folge ist: Einmal mehr missachten Sie das Königsrecht des Parlaments. Es fehlen konkrete Zah len in diesem Haushalt. Sie bilden keine richtigen Schwer punkte. Die Transparenz leidet. Nachfragen der Opposition gehen ins Leere. Grün und Schwarz müssen sich in dieser Si tuation fragen lassen, ob sie wieder da sind, wo sie mit Ne benabreden diese Legislatur begonnen haben, nämlich bei Tar nen, Tricksen und Täuschen.
Wir kommen dennoch unserer Aufgabe als Oppositionsfrak tion nach. Wir analysieren, wir fragen, wir fordern. Erstens: Wie beurteilen wir die Struktur des Haushalts? Zweitens: Wie
beurteilen wir die Finanzierung des Nachtrags? Drittens: Wie beurteilen wir die Strategien des Nachtrags? Dazu einige Ge danken.
Zur Struktur: Der Erste Nachtrag war ein Vertrauensvorschuss, den uns die Pandemie diktiert hatte. Das Notwendige wurde getan, reichlich gespeist auch durch Gelder des Bundes; das war gut.
Der heute vorliegende Zweite Nachtrag ist – das sehen wir, wenn wir die Maßnahmen anschauen – eher ein Potpourri von Einzelmaßnahmen, ein Wunschkonzert zweier eifersüchteln der Koalitionäre. Konkret ist wenig. Es gibt globale Ansätze für die drei großen Ausgabenblöcke Gesundheit, Wirtschaft und Kommunalpakt, aber ansonsten eher Unverbindlichkei ten. Das hat damit zu tun, dass auch nach der Einbringung des Haushalts keine Einigkeit hergestellt werden konnte. Es gibt keine Veranschlagung bezüglich einzelner Haushaltspositio nen. Insbesondere mit Blick auf die 1,2 Milliarden € für das Programm „Zukunftsland Baden-Württemberg – Stärker aus der Krise“ sind Sie nicht in der Lage, Auskunft zu geben, was Sie vorhaben.
Es darf nicht sein, dass Sie auf Kabinettsvorlagen verweisen. Damit wird das Parlament umgangen. Sein Königsrecht wird eingeschränkt. Dieser Nachtrag mit dem, was Sie hier hinter legt haben, meine Damen und Herren, ist eigentlich gar nicht abstimmungsfähig.
Zur Finanzierung: 13 Milliarden € neue Kredite in zwei Jah ren, das ist schon was. Wir stellen die Kredite nicht grundsätz lich infrage. Da haben Sie das Parlament auf eine falsche Spur geführt. Aber wir wollen Anstrengungen von Ihnen sehen, wie Sie im Doppelhaushalt 2020/2021 aus dem Haushalt heraus Mittel mobilisieren. Das tun Sie nicht.
Warum gehen Sie die sich dynamisch entwickelnden Reste aus den laufenden Haushalten nicht an? Auf 6 Milliarden € beläuft sich der Übertrag von 2019 auf 2020. Davon ist nur ein kleiner Teil rechtlich gebunden. Warum schauen Sie nicht, welche Mittel Sie nicht ausgeben müssen? Sie tun es nicht, weil die Ressorts Begehrlichkeiten haben und diese verteidi gen.
Warum gehen Sie nicht an die Stellenmehrungen der letzten vier, fünf Jahre im Leitungsbereich der Ministerien heran? Die Stellen haben sich aufgebaut. Sie haben keine k.w.-Vermerke in den Haushalt geschrieben. Wenn Sie diese in den Haushalt hineinschreiben würden, würde das die künftigen Haushalte von diesen Personalkosten entlasten. Sie sollten das endlich tun.
Werden Sie in Ihrem eigenen Aufgabenbereich aktiv! Dann können wir die Kredite, die wir aufnehmen müssen, aufneh men, aber dann könnten wir auch Entlastungen schaffen. Aber das tun Sie nicht. Sie legen die Hände in den Schoß.
Der Ministerpräsident äußert die Alltagsweisheit: „Man kann nicht gegen die Krise ansparen.“ Das ist richtig. Das ist auch unser Gedankengut. Richtig ist aber auch, dass es keine Recht fertigung dafür ist, im eigenen Haus die Hände in den Schoß
zu legen. Das haben Sie bei diesem Haushalt leider gemacht, meine Damen und Herren.
Noch einmal zur Finanzierung – Herr Kollege Reinhart ist lei der nicht da; ich hätte es ihm gern persönlich gesagt – und zum Verweis auf die Notsituation bzw. die Naturkatastrophe, wie es in der Schuldenbremse steht: Tatsache ist, dass sich an der Bedrohungslage natürlich nichts verändert hat. Das habe ich auch verstanden, Frau Walker. Das können wir jeden Tag nachlesen. Aber es ist völlig klar, dass sich der Schwerpunkt der Ausgaben von Gesundheitsausgaben, die noch immer pro minent sind, hin zu Ausgaben für die Wirtschaft verändert hat. 1,2 Milliarden € werden für das Programm „Zukunftsland Ba den-Württemberg“ und anderes aufgewandt.
Das heißt, dass die Gesundheitssituation, die Naturkatastro phe nicht mehr im Vordergrund steht. Man will einer mittel baren Gefahr entgegenwirken, für Arbeitsplätze und für die Wirtschaftskraft eintreten. Das ist aber mit dem Begriff „All gemeine Notsituation“ gemeint gewesen.
Sie haben gewusst, dass es darauf hinausläuft. Nur weil Sie sich nicht einig sind, haben Sie die Begrifflichkeit nicht mehr richtig angewandt. Ich behaupte – auch wenn der Rechnungs hof das nicht zum Thema gemacht hat –, dass Sie mit dieser Sache – das kann man prüfen – den Geist der Verfassung, von dem unsere Änderung damals getragen war, nicht getroffen haben. Sie haben das so gewählt, weil Sie das entsprechend entscheiden wollten. Zunächst hatten Sie geplant, dass hier im Landtag gar keine Abstimmung darüber stattfindet. Sie sag ten: „Das gilt einfach fort.“ Jetzt haben Sie mit einem Antrag nachgezogen.
Das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren. Ich sage Ihnen: Wir lassen uns das von Ihnen nicht gefallen.
Wir sind natürlich froh, dass Sie den Kommunen finanziell zur Seite stehen. Aber ich will auch ganz klar sagen: Frau Mi nisterin, vielleicht nehmen Sie die Gelegenheit wahr, uns ei ne Aussage der Regierung dazu zu geben, ob sie – ich fände das schön – auch im Jahr 2021 und den Folgejahren den Kom munen bei den Gewerbesteuerausfällen zur Seite steht. Das ist in diesem Haushalt nicht verankert. Es ist aber notwendig, weil der Bund nicht ein weiteres Mal die Verfassung ändern und dies möglich machen wird.
Das Land versteht sich laut Ministerpräsident Kretschmann als Partner der Kommunen – auch wenn er das nicht lebt. Jetzt ist das Land wirklich gefordert. Wie sieht es mit der Gewer besteuer in den kommenden Jahren aus? Ich bin der Meinung: Auch hier muss das Land Baden-Württemberg Flagge zeigen, meine Damen und Herren.
Es ist nicht erkennbar, ob der Nachtragshaushalt wegen der Coronakrise oder zur Transformation eingebracht wurde. Sie
soufflieren das ein bisschen, weil Sie merken, dass die Maß nahmen nicht alle auf die Coronakrise passen.
Tatsache ist: Der Rechnungshof hat Ihnen attestiert, dass vie le Punkte nicht in diesen Haushalt gehören. Im Einzelnen kön nen Sie da erklären, was Sie wollen.
Auch müssen Sie sich fragen lassen, ob die Maßnahmen, die Sie jetzt für den Herbst und den Winter ergreifen, vom Timing her wirklich richtig sind. Denn viele der Maßnahmen, die et wa im Wirtschaftsteil angelegt sind, wirken gar nicht unmit telbar. Sie wirken nicht jetzt, sondern vielleicht in zwei Jah ren. Das ist Saatgut, das sicher sinnvollerweise ausgestreut werden kann – auch in einem normalen Haushalt; es müsste nicht in diesem Nachtrag sein –, aber man muss sich schon einmal fragen, ob es in den kommenden Monaten tatsächlich die erhoffte Wirkung erzielt.
An dieser Stelle sei auch an den etwas tragikomischen Auf tritt des Ministerpräsidenten im Rahmen der Ersten Beratung erinnert. Er musste der Opposition unbedingt vorhalten, sie füttere mit ihrer Kritik Mäuse, während er natürlich der Mann sei, der die Tiger und die Elefanten füttert. Zunächst einmal muss man sagen: Für die ehemalige Graswurzelpartei ist das eine tolle Rhetorik.
Was würde Baldur Springmann sagen? Aber es ist schon all mählich auch eine Hybris, die hier eintritt. Wir wissen ganz genau, dass wir das Ganze ohnehin nur zu einem geringeren Teil in der Hand haben, sodass wir auch nicht in der Lage sind, hier zu sagen: „Das ist etwas für die Elefanten, das ist etwas für die Mäuse“, solange die Regierung überhaupt keine Zah len hinterlegt. Der Mann hat sich hier hingestellt, ohne das, was er für Elefanten- oder für Tigerfütterung hält, mit Zahlen belegen zu können.
Man fragt sich, ob ihm seine Umgebung schon so viel dazu souffliert hat, wie groß doch seine wirtschaftspolitischen Auf tritte sind, dass er sich ungesichert auf solche Sachen einlässt. Ich fand es in höchstem Maß peinlich, wie da jemand so alt testamentarisch zornig fragt: „Was habt ihr denn für eine Ah nung, was für große Räder ich hier wirtschaftspolitisch bewe ge?“ Ich finde, das war unangemessen, meine Damen und Her ren.
Ich will zum Ende sagen – Frau Präsidentin, ich sehe das ro te Licht aufleuchten –: Wir, die SPD, werden die Anträge hier einbringen, die wir für richtig halten, weil sie wirken, wenn sie umgesetzt werden. Die kommunale Seite muss gestärkt werden. Wir brauchen Weiterbildung in diesem Land. Deswe gen wollen wir einen Weiterbildungsfonds.
Wir wollen für „Zukunft Schule“ etwas tun – deswegen Nach hilfe und Lehrereinstellung –, und wir wollen, dass wir auch eine Unterstützungstransfergesellschaft im Land haben. Das wären Maßnahmen, die wirken würden, und das wären Maß nahmen, die nahe an den Menschen sind. Deswegen haben wir diese Vorschläge eingebracht. Ich glaube auch, dass wir
damit die Menschen im Land überzeugen, weil sie merken, dass dann im Landtag in einer Zeit der Unsicherheit über die unmittelbare Zukunft nachgedacht wird und nicht über Maß nahmen, die die Regierungsfraktionen zum eigenen Profil un bedingt noch durchbringen wollen.
Deswegen: Dieser Haushalt, meine Damen und Herren, ist keiner, dem man wirklich seine Zustimmung geben kann – weder vom Verfahren noch vom Inhalt her.
Herr Kollege Wald, Sie haben von „Totalausfall“ gesprochen. Überlegen Sie sich lieber, ob Sie vielleicht, um noch etwas zu retten, auf die Vorschläge der Opposition eingehen. Dann könnte es vielleicht eher sein, dass dieser Haushalt ein Ge sicht erhält und kein Totalausfall wird.
Danke schön.
Verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Von meiner Seite aus der sozial demokratischen Fraktion hier im Landtag heraus auch gern ein Blick auf die aktuellen Geschehnisse. Das steht heute, glaube ich, im Mittelpunkt dessen, was uns beschäftigt.
Es ist ja wie ein Brennglas gewesen, wie uns die Debatten und die notwendigen Weichenstellungen für Europa in den ver gangenen Tagen und Wochen vor Augen geführt haben, was wir eigentlich an Europa haben. Deswegen, denke ich, darf man heute sagen, das Resümee dieser Tage und Wochen ist – bei allen Holprigkeiten und bei allem, wo man sich mehr oder etwas anderes gewünscht hätte –: Europa existiert und agiert als politische und gesellschaftliche Gemeinschaft. Der Kom promiss ist natürlich ein ständiger Begleiter Europas, vermut lich seit Jahrhunderten. Aber dieser Kompromiss festigt den
Grund, auf dem wir stehen, und eröffnet Perspektiven für den Horizont, den unser Kontinent braucht.
Wir befinden uns in einer extrem kritischen Situation, und da hat sich Europa behauptet. Ich finde, Europa hat sich nicht nur als Wirtschafts- und Währungsunion, sondern auch als Sozi al- und Werteunion behauptet.
Ich sage an dieser Stelle: Wir sind froh, dass wir für diese Ei nigung nicht auf die Randkräfte des europäischen Parteienspek trums angewiesen waren; mit denen wäre das nämlich nie und nimmer gelungen. Das, was zustande gebracht worden ist, ist etwas, was sich auch im normalen politischen Spektrum Mitte links oder Mitte rechts verortet. Ich bin stolz darauf, dass die se Leistung gelungen ist, meine Damen und Herren.
Am Ende kommt es auf die an, die – auch wenn es schwierig ist – in der Lage sind, zu integrieren, und nicht auf diejenigen, die polarisieren. Das, was hier geschehen ist, ist eine Integra tionsleistung mit Abstrichen, über die wir heute vermutlich noch öfter reden dürfen. Aber ich sage an dieser Stelle auch mal – leider vor der leeren Pressetribüne –: Es ist vielleicht etwas uncool, wenn man sich mühevoll aufs Integrieren kon zentriert, aber es ist das, was sich am Ende lohnt, das, was die Leute von einem erwarten.
Ich würde gern drei Punkte ansprechen, die für uns, die SPDFraktion, eine besondere Rolle spielen. Das Erste ist das ba den-württembergische Interesse. Das Zweite ist die Frage: Welche Veränderungen durch das Europäische Parlament sind zu erwarten? Und das Dritte ist die Frage: Was sind die eige nen Herausforderungen, die wir für uns im Land noch sehen, an denen wir, Herr Minister, noch arbeiten bzw. weiterarbei ten sollten?
Zunächst einmal zum baden-württembergischen Interesse. Na türlich kann man sagen, wir Deutschen zahlen jetzt noch mehr Geld. Aufgenommen wird es natürlich zu extrem niedrigen Zinssätzen; vielleicht bekommen wir sogar noch etwas raus. Am Ende ist natürlich ein Mehr an deutscher Belastung her ausgekommen; das wissen wir. Aber ich vertrete mal aus ba den-württembergischer Sicht die These – das ist auch das, was für die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg zu gel ten hat –: Wir haben es in Deutschland geschafft – von allen attestiert, zuletzt in der „New York Times“ –, dass wir eine funktionierende Regierung, eine funktionierende Verwaltung und einen funktionierenden Sozialstaat haben und deswegen – toi, toi, toi – bisher gut durch diese Krise gekommen sind.
Es ist in unserem ureigensten Interesse, dass wir weiterhin ei nen handlungsfähigen, aktiven Staat in Deutschland haben, dass wir aber auch dafür sorgen – schon aus baden-württem bergischem Interesse –, dass die anderen um uns herum wie der besser auf die Füße kommen. Was will denn Baden-Würt temberg als verflochtenes Land schaffen, wenn wir um uns herum ein Umfeld haben, das nicht leistungsfähig ist? Des wegen ist es im ureigensten Interesse Baden-Württembergs, dass wir diesen Kraftakt auch für die anderen zuwege gebracht haben, meine Damen und Herren.
Nein, das mache ich nicht, weil ich sie schon ahne.
Wir können, denke ich, auch feststellen, dass wir auch mit dem Instrumentarium vorangekommen sind. Das mag nicht immer alle hier einen. Aber ich finde, dass gemeinsame An leihen und echte Investitionszuschüsse, die jetzt ins Spiel kommen, etwas sind, was uns in Europa gefehlt hat. Ich möch te auch dem Bundesfinanzminister dafür danken, dass er zu sammen mit seinem französischen Kollegen Le Maire schon im Mai mit dem ersten Rettungsprogramm im Umfang von 540 Millionen € den Grund dafür gelegt hat, auf dem der jet zige Schritt erst richtig in Fahrt kommen konnte.
Zweiter Punkt: Was können die Parlamente noch verändern? Ich will schon sagen: Es ist schade, dass der Kompromiss da rauf aufgebaut hat, dass sich zum einen die Haushaltsstruktur in Europa nicht wesentlich verändert hat und dass zum Zwei ten Kürzungen bei Programmen erfolgt sind, die wir für be dauerlich halten. Horizon Europe ist gekürzt worden. Auch der Fonds für einen gerechten Übergang ist gekürzt worden – im Umweltbereich, auch für die Kohlereviere. Das ist auch nicht gut.
Wir hätten bei ERASMUS gern eine kräftigere Steigerung ge habt, als sie jetzt erfolgt ist. Aber es ist immerhin eine Steige rung. Das muss man eben auch sagen.
Und wir sollten uns bei den Hausaufgaben für die Zukunft auch noch Gedanken machen: Wie sind eigentlich die Eigen einnahmen der Europäischen Union? Sie wissen: CO2, Plas tik und Internet müssen bei den Eigeneinnahmen für das Eu ropäische Parlament ein Thema sein.
Dritter und letzter Punkt: unsere eigenen Hausaufgaben. Herr Minister, ich rede nicht über die Frankreich-Konzeption, die ja in der Verantwortung des Staatsministeriums liegt, das sich in diese Geschichten eigentlich einbringen sollte. Am Anfang fand ich die Ankündigung nett, aber am Ende wusste ich beim Durchlesen nicht so recht, was ich darin wirklich an Neuem finde.
Ich finde auch, dass wir selbst zu den „Vier Motoren“ wieder mehr beitragen dürfen. Auch sollten wir in der Lage sein, die deutsche Präsidentschaft dazu zu nutzen, dass wir sagen, was wir priorisieren. Anderes wiederum muss nicht unbedingt sein, z. B. dass wir im Katastrophenschutz alles noch europäisch machen. Aber es gibt Dinge, die wir einfach angehen sollten.
Letzter Punkt an dieser Stelle: Ja, die deutsche Präsidentschaft muss sich mit Rechtsstaatlichkeit auseinandersetzen. Das ist die Basis, auf der vieles andere eben nur gedeihen kann.
Aber ich will an dieser Stelle auch mal eines sagen.
Sie sind die Chefin hier im Ring. Ich will deswegen nur einen letzten Satz zur Rechtsstaatlich keit sagen: Am Ende entscheidet sich bei der Bevölkerung in Ungarn, in Polen, wie wir dort werben können. Ich finde, dass Polen ein gar nicht so schlechtes Beispiel war. Es kommt nicht
darauf an, nur zu sagen: „Ich zeige mit dem Finger auf dich.“ Vielmehr kommt es auch auf das an, was in den Ländern pas siert.
Danke schön.
Frau Ministerin, vielen Dank für die Ausführungen, deren Inhalte Sie an anderer Stelle dan kenswerterweise auch schon so skizziert haben.
Zwei Fragen drängen sich noch auf. Es ist klar, dass es bei den Ausgaberesten gebundene Positionen gibt. Darauf haben Sie hingewiesen. Klare Frage an Sie: Haben Sie sich bei dem, was an Spielräumen vorhanden ist, eigentlich ein politisches Ziel gesetzt, wie viel Sie von diesen doch exorbitant hohen Aus gaberesten politisch in die Finanzierung einbringen wollen? Gibt es von Ihnen dazu ein Ziel? Sie beschreiben gerade nur den Prozess. Das wäre interessant zu wissen. Da das auch die vorletzte Sitzung vor der Sommerpause ist, wäre es auch ein Signal, wenn Sie das jetzt sagen würden.
Das Zweite ist: Sie haben davon gesprochen, dass Sie selbst verständlich immer prüfen, dass nicht verausgabte Mittel zur Gegenfinanzierung coronabedingter Maßnahmen eingesetzt werden. Es ist klar, dass man das vonseiten des Finanzminis teriums tut.
Die wirkliche Frage ist aber, ob in diesem für die Jahre 2020/2021 beschlossenen Doppelhaushalt Vorhaben eingesetzt wurden, über die im Kabinett jetzt politisch zu diskutieren ist. Es geht nicht darum, ob ein Ressort etwas nicht verausgabt hat, son dern es geht darum, ob ein Ressort etwas nicht durchführt. Werden solche Themen bei Ihnen im Kabinett diskutiert, und, wenn ja, können Sie uns dazu bereits Nachrichten überbrin gen?
Denn eines ist klar: Es gibt Aufgaben, die jetzt, weil andere Aufgaben vorn gestanden sind, schlichtweg von der Kapazi tät her nicht erfüllt werden können. Schon daher müssten ei gentlich Ressorts sagen: Das ist nicht zu schaffen, was wir uns im Haushalt vorgenommen haben. Das geht nur mit einer po litischen Diskussion, die im Übrigen auch vom Ministerprä sidenten angeführt werden muss.
Werte Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Wenn ich das taktische Kalkül der AfD einmal weglasse, reden wir natürlich über ein ernstes Thema: Wie weit kann unser Landeshaushalt die vielfältigen Corona-Abwehrlasten tragen? Müssen wir uns im Haushalt Raum für unsere Hilfen an Wirtschaft und Gesellschaft schaf fen, und wie tun wir das, durch Umschichtungen oder eben durch weitere Kreditaufnahmen? Das wird uns in der nächs ten Zeit natürlich beschäftigen.
Ich denke auch, dass es richtig ist, dass in den Städten und Ge meinden auch drastische Maßnahmen in diesen aufgrund der schwankenden Gewerbesteuereinnahmen volatilen Haushal ten ergriffen werden. Das ist völlig klar.
Tatsache ist aber auch, dass die Liquidität unseres Landes haushalts, von der wir uns in diesem Parlament überzeugen, bei der wir Bescheid wissen, derzeit ausreicht, dass wir die sem AfD-Antrag nicht zuzustimmen brauchen. Wir werden ihm auch nicht zustimmen, weil wir in einer Situation sind, in der wir als Haushaltsgesetzgeber und als Parlament hier den Überblick haben. Wir werden uns diesen Überblick auch er kämpfen, meine Damen und Herren.
Ob die AfD mit dem Thema ernsthaft umgeht, daran haben wir sowieso erhebliche Zweifel. Der Justizvollzug braucht mehr Personal, die Finanzverwaltung braucht bessere Kont rolle, um Einnahmen erzielen zu können.
Das Handwerk braucht mehr Meister. Und es ist auch so, dass wir, wenn wir über die Bildung reden, noch viel weiter gehen können. Haushaltssperren, meine Damen und Herren, dürfen nicht dem Handlungsfähigen die Handlung abschneiden. Das ist der Punkt.
Das steht ja hinter Ihrem Antrag.
Im Übrigen will ich Ihnen nur einmal eines sagen: Wenn Sie schon Ihr Gedankengebäude hier aufrichten, dann sage ich Ih nen: Wenn Sie bei diesem Thema sagen, der Polizeivollzugs dienst solle ausgenommen werden, dann würde ich mich freuen, wenn Sie dann konsequenterweise auch gesagt hätten: Lasst uns, das Land, in dieser besonderen Situation unserer Famili en zurückkehren zu einer offenen und realistischen Finanzie rung wie der Drittelfinanzierung der Schulsozialarbeit. Denn das ist in diesen Zeiten notwendig, meine Damen und Herren.
Nein, bitte nicht, Frau Präsiden tin. Es sind nur fünf Minuten Redezeit.
Ich habe einfach den Eindruck: Sie kommen nicht mehr aus Ihrer Groll- und Schmollecke heraus. Deswegen sagen Sie: Damals hatten wir eine gute Idee, und jetzt sind wir sauer, dass Regierung und Oppositionsfraktionen die richtigen Dinge ma chen.
Ich möchte mich von der AfD abwenden und zur Haushalts lage kommen. Wir haben eine außergewöhnliche Situation: Niemand hätte bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts vor Weihnachten gedacht, dass wir schon wenige Monate spä ter eine 5-Milliarden-€-Kreditlinie haben würden. Möglich wurde sie übrigens durch die Regelung der Schuldenbremse bei Naturkatastrophen und Notsituationen. 1 Milliarde € ha ben wir bisher aufgenommen. Niemand hat daran gedacht, dass aus den gut gefüllten Quellen des Bundeshaushalts, de rer wir uns bedienen dürfen, zwischenzeitlich sicherlich un gefähr 1,4 Milliarden € – Stand letzter Donnerstag – auf die Landeskonten überwiesen wurden – übrigens ohne Subsidia ritätsbedenken des Landes, aber mit Olaf Scholz.
Kaum jemand hat daran gedacht, dass sich die Haushaltsrück lage für Unvorhergesehenes mit den Zuzahlungen dieses Jah res auf ca. 1,5 Milliarden € aufsummiert und nicht zur grünschwarzen Kür vor der Landtagswahl, sondern zur parteiüber greifenden und fraktionsübergreifenden Pflicht in der Coro nakrise wird, meine Damen und Herren.
Auch nicht viele denken daran, dass von dem für 2019 der zeit festgestellten kassenmäßigen Überschuss von 3,7 Milli arden € nach Verrechnung der Reste wohl sehr ansehnliche rund 1,8 Milliarden € Jahresüberschuss übrig bleiben werden und diese auch dringend für Coronamaßnahmen und Investi tionen gebraucht werden, meine Damen und Herren.
Wir danken dem Finanzministerium und der Finanzministe rin für die wöchentliche Information des Finanzausschusses zu den Zu- und Abflüssen, die wir in dieser Situation haben. Klar ist aber auch – das will ich hier sagen –, dass wir, der Fi nanzausschuss und das Parlament insgesamt, auch wenn die Liquidität gegeben ist, ab jetzt genauer auf die Programme und auf die Schirme werden schauen müssen. Es ist die Pflicht des Parlaments, dass wir hier jetzt wieder eine funktionsfähi ge Kontrolle haben, die wir, der Finanzausschuss, ausüben wollen, meine Damen und Herren.
Ich möchte in dieser Zeit schon noch einmal sagen, für wen wir hier treuhänderisch stehen: Es sind nicht die Philosophen, sondern die Steuerzahler, Selbstständigen und Arbeitnehmer, die in den Jahren 2016 bis 2019 mit dem Überschuss im Lan deshaushalt die Regierung Kretschmann bislang über die Hür den gebracht haben, meine Damen und Herren.
Das Fazit: Die Parlamente und Regierungen in Berlin und Stuttgart haben bislang vieles richtig gemacht. Austerität war nicht nötig, Mitgefühl und Solidarität schon. Ökonomisch war es im Kern keynesianisches Gegenhalten – die Pferde zum Saufen bringen. Wir erwarten jetzt aber, meine Damen und Herren, eine Strategie. Das ist der wichtige Punkt, der vor uns steht: Keine Haushaltssperre, aber eine Haushaltsstrategie. Beenden Sie die Aufblähung im Personalbereich der Leitungs ebenen der Ministerien. Wir haben Sie harsch kritisiert, und Sie haben einfach weitergemacht. Frau Finanzministerin und
Herr Ministerpräsident, stoppen Sie endlich die grün-schwar ze Vermehrung der Messdiener in diesem Land.
Wir können uns das nicht mehr leisten. Sorgen Sie dafür, dass es in den Ministerien zu Umschichtungen kommt. Das ist in einem Landratsamt ganz normal beim Personal – ich komme zum Ende, Frau Präsidentin –, menschlich nicht leicht, aber sachlich leistbar. Die Differenz heißt eben Verwaltungsfüh rung. Vielleicht kann die Regierung Kretschmann beweisen, ob sie es tatsächlich kann, meine Damen und Herren.
Was das Geld angeht – letzter Satz –: Jetzt kommt es darauf an. Dort, wo es wirklich notwendig ist, brauchen wir tatsäch lich auch Handlungen. Das gilt vor allem für die Städte und Gemeinden. Ihre Funktionsfähigkeit muss unter allen Umstän den gewahrt werden. Die kommunale Ebene ist für uns wich tig. Deswegen kommt es darauf an, dass dort, wo der Kittel brennt, jetzt auch etwas getan wird. Nach den beiden Ab schlagszahlungen muss jetzt der kommunale Rettungsschirm kommen. Machen Sie das ohne Taktik, Frau Finanzministe rin und Herr Ministerpräsident, und machen Sie es in Solida rität mit den Kommunen.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.