Karlheinz Nolte

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns am 11. November letzten Jahres und am 12. Januar dieses Jahres bereits mit dem Thema Kinderschutz befasst. Der Schutz der Kinder ist allen Parteien des Hauses ein wichtiges Anliegen. Die öffentlich bekannt gewordenen Fälle von Verwahrlosung und Misshandlung haben uns noch einmal die Notwendigkeit des Handelns deutlich gemacht.
Der vorliegende Antrag der CDU „Dem Kinderschutz in Berlin Vorrang geben“ ist aber anders, als Herr Steuer es eben sagte, wieder so formuliert, dass Reihenuntersuchungen vorrangiges Element zur Realisierung des Kinderschutzes in Berlin sind. Es ist gut, Herr Steuer, wenn es von der CDU anders gemeint ist, als es in dem Antrag steht. Dann sollten Sie es aber auch anders formulieren.
Wir haben im Abgeordnetenhaus auf Initiative der Koalitionsparteien im November letzten Jahres den Senat aufgefordert, unverzüglich ein integriertes Konzept zur Prävention, Beratung, Früherkennung, Krisenintervention und rechtzeitigen Hilfegewährung zu erarbeiten. Das Konzept sollte den Kinderschutz stärken und der Gewaltanwendung gegen Kinder durch Vernachlässigung, Kindesmisshandlung und Missbrauch entgegenwirken. Dieses Konzept für ein Netzwerk Kinderschutz liegt dem Abgeordnetenhaus und damit allen am Thema Interessierten inzwischen als Mitteilung – zur Kenntnisnahme – vor.
Wir sind der gemeinsamen Arbeitsgruppe der beiden beteiligten Senatsverwaltungen dankbar, dass sie mit der Mitteilung eine Handlungsgrundlage für die Verbesserung des Kinderschutzes in Berlin geschaffen haben. Wir sind auch den Vertretern der Wohlfahrtsverbände, der Geburtskliniken, der Berufsverbände für ihre Mitwirkung bei der Erarbeitung dieses Konzepts dankbar. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe fließen heute auch bereits in die betreffenden Passagen des Gesundheitsdienstreformgesetzes ein.
Ziel dieses Netzwerks ist es, die bereits bestehenden Beratungs- und Hilfeangebote für Schwangere und junge Familien zu verzahnen, zu effektivieren und zur gegenseitigen Information zu verpflichten. Das sind die Angebote der Kinderärzte, der Hebammen, der Geburtskliniken, der
Abschließend halte ich fest: Senat und Koalition sind mit dem Netzwerk Kinderschutz auf dem richtigen Weg. Die Unterstützung der CDU für dieses Projekt ist erfreulich. Es bleibt politische Aufgabe für uns alle, ein gesell
schaftliches Klima zu schaffen, in dem Elternrecht und Kindeswohl nicht nur im Allgemeinen, sondern auch im Einzelfall kongruent sind. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren! Es wäre gut, wenn wir alle bei einem so wichtigen Thema wie dem des Kinderschutzes Augenmaß bewahren würden. Eine so reißerische Überschrift wie „Vernachlässigung von Kindern bis in den Tod“ eignet sich vielleicht als Schlagzeile für eine Boulevardzeitung, aber nicht für das Thema einer Aktuellen Stunde im Parlament.
Ihre Überschrift dient nicht der Sache, sie hilft nicht den Kindern, sondern sie ist reine Selbstdarstellung.
Auch die Forderung der CDU-Fraktion nach einem Sofortprogramm für ein Netzwerk „Kinderschutz und Prävention“ zeugt von panischer Hast, obwohl kühler Kopf und geduldige Kleinarbeit angesagt sind. Wie auch Ihnen bekannt sein dürfte, hat die Koalition den Senat bereits im November des letzten Jahres aufgefordert,
ein Konzept zur Prävention, Beratung, Früherkennung, Krisenintervention und rechtzeitigen Hilfsgewährung zu erarbeiten. Der Senat hat zugesagt, bis Ende Juni 2006 einen entsprechenden Bericht vorzulegen. Was also ist Ihr Antrag anderes als Selbstdarstellung?
Wir sind uns in der Beschreibung der Probleme beim Thema Kinderschutz weitgehend einig. Wir sind uns nicht ganz einig, ob die Fälle von Vernachlässigung, Verwahrlosung oder sogar Misshandlung von Kindern zugenommen haben oder nur stärker öffentlich wahrgenommen werden. Es fehlen uns systematische Erkenntnisse und statistische Daten. Warum das so ist, ist übrigens auch des Nachdenkens wert. Aber egal, ob es mehr Fälle geworden sind oder gleich viele geblieben sind, jeder einzelne Fall verpflichtet uns zum Handeln und zum Nachdenken über wirksame Gegenmaßnahmen und Hilfsangebote.
Dazu wird meine Kollegin Christa Müller später noch aus ihrer Erfahrung als Jugendstadträtin einiges sagen, nämlich dazu, was schon gemacht wird, was zu verbessern ist und wo möglicherweise etwas zu ergänzen ist.
Nun sehen einige – nicht nur in der CDU – verpflichtende Reihenuntersuchungen als Möglichkeit zur Bekämpfung von Vernachlässigung, Verwahrlosung oder sogar Misshandlung. Ich will mich gar nicht abschließend dazu äußern, ob es aus gesundheitspolitischer Sicht sinnvoll sein kann, die bisher freiwillig angebotenen, kostenlosen Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U10 verpflichtender zu gestalten. Der Generalsekretär der SPD hat sich heute in diesem Sinne geäußert. Unser Gesundheitsausschuss hat sich jedenfalls einstimmig dafür entschieden – und ich denke, das ist richtig –, dass alle für diese Untersuchung Verantwortlichen und Beteiligten darauf hinwirken, dass die Vorsorgeuntersuchungen stärker in Anspruch genommen werden.
Eines möchte ich aber festhalten: Verpflichtende Reihenuntersuchungen sind kein Lösungsansatz zur Bekämpfung von Vernachlässigung, Verwahrlosung und Misshandlung.
Die öffentlich in Rede stehenden Fälle waren den Ämtern allesamt bekannt. In allen Fällen bestand kein Erkennungsdefizit, sondern ein Eingriffs- und Handlungsdefizit, und zwar insbesondere bei den Jugendämtern.
Es ist deshalb gut und trifft auch auf allgemeine Zustimmung, dass der Bundesgesetzgeber im Oktober letzten Jahres das Sozialgesetzbuch geändert und die Eingriffs
Danke schön, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Herr Steuer, das war eine nette Rede.
Wir haben allerdings vieles von dem, was Sie gesagt haben, schon gehört.
Es waren Versatzstücke aus anderen Reden. Aber mit der Sache, um die es hier geht, hatte Ihre Rede gar nichts zu tun. Hier geht es um einen Antrag, der im zuständigen Fachausschuss abgelehnt wurde. Warum wurde er abgelehnt?
Es ist ein Antrag von Ihnen vom September 2003, mit dem Sie einen Bericht über den Stand und die Qualität der Zusammenarbeit zwischen der Schule, den Trägern der Jugendhilfe und anderen nichtschulischen Einrichtungen anfordern. Der Senat soll auch berichten, wie er sich diese Zusammenarbeit künftig vorstellt. Und Sie sagen, er soll dabei die Mitteilung vom Dezember 1998 über die notwendige Koordination nichtschulischer Einrichtungen im Schulbereich weiterentwickeln – also auf dieser Mitteilung vom Dezember 1998 aufbauen. Ich habe mir diese Mitteilung einmal herausgesucht. Sie ist schon etwas vergilbt und wirklich nicht mehr aktuell. Insofern ist es sehr richtig, dass der Fachausschuss diesen Antrag von Ihnen abgelehnt hat. Das werden wir heute im Plenum auch so tun.
Ihnen ist offenbar entgangen – Herr Steuer hat versucht, das nachzuarbeiten, weil es in Ihrem Antrag nicht vorkommt –, dass in der Zwischenzeit, im Januar 2004, für das Land Berlin ein neues Schulgesetz erlassen worden ist. Deshalb möchte ich noch einmal zitieren, was in § 5 dieses Schulgesetzes formuliert worden ist:
Die Schulen öffnen sich gegenüber ihrem Umfeld. Zu diesem Zweck arbeiten sie im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsauftrages mit den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe sowie mit außerschulischen Einrichtungen und Personen zusammen, deren Tätigkeit sich auf die Lebenssituation der Schülerinnen und Schüler auswirkt.
Das heißt, die Konsequenzen, die Sie in Ihrem Antrag vom September 2003 fordern, sind inzwischen bereits im Schulgesetz geregelt. Die anderen gesetzlichen Grundlagen, die wir dazu brauchen, gibt es auch längst im Kinder- und Jugendhilfegesetz und im Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz. Im Übrigen empfehle ich Ihnen das Leitbild für eine offene Ganztagsgrundschule vom Juli 2005 zur Lektüre. Tatsächlich ist in allen Mitteilungen des Senats und in den gesetzlichen Grundlagen das, was von Ihnen in Ihrem Antrag gefordert wird, längst enthalten, nämlich die Zusammenarbeit mit öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe, mit Musikschulen, mit Volkshochschulen, mit Sportvereinen, mit der Wirtschaft und den Sozialpartnern.
Nun sagen Sie, das sei alles Theorie und noch nicht in die Praxis umgesetzt worden. Auch da empfehle ich, sich schlau zu machen. Was die Zusammenarbeit von Schule und Unternehmensverbänden beispielsweise betrifft, gibt es seit langem eine Koordinierungsstelle „Partner: Schule und Wirtschaft“, um Schule und Wirtschaft zu verzahnen. Was die Betreuung problematischer oder schuldistanzierter Jugendlicher betrifft, so gibt es längst die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Erziehungs- und Familienberatungsstellen und zwischen Schulen und freien Trägern der Jugendhilfe. Was die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Volkshochschulen, Musikschulen betrifft, zum Beispiel bei Mütterkursen oder der musischen Bildung an Schulen, das gibt es alles. Was die Bekämpfung der Jugendgewalt betrifft, so arbeiten auch hier die Schulen längst mit dem Quartiersmanagement, mit der Polizei oder mit Sportvereinen zusammen.
Nun kann man sagen: Das alles reicht uns nicht. – Da treffen Sie auf meine Zustimmung. Insofern sind Sie aber heute von den Grünen überholt worden, und zwar mit deren Antrag Nr. 15/4390, der in der Aktuellen Stunde mit behandelt wurde: Kooperationen von Schulen mit außerschulischen Partnern weiterentwickeln! – Das ist der Weg, der uns verbindet – über den abgelehnten Antrag hinaus. Auch wir sagen: Auf der Grundlage der Zusammenarbeit von Schule, freien Trägern und anderen Einrichtungen oder Organisationen wollen wir die Umfeldöffnung der Schule weiterentwickeln. Selbstverständlich sind hierbei auch noch Verbesserungen möglich. Hinsichtlich dessen, was wir uns an Verzahnung zwischen Jugendhilfe und Schule vorstellen können, ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Insbesondere gilt für die Schule, dass die Prinzipien, die die Jugendhilfe in diesen Prozess einbringt – Subsidiarität, Pluralität, das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern –, noch stärker zu beachten sind.
Warum winkt Herr Zackenfels dort hinten unentwegt?
Vielen Dank, Frau Präsidentin, für Ihre Erläuterung! – Stefan, es ist gut, dass du der Sache zustimmst. Jugendhilfe und Schule brauchen die Unterstützung aller Abgeordneten – auch deine.
Wenn also diese Prinzipien der Jugendhilfe in der Schule noch stärkeren Eingang fänden, wäre das gut. Daran sollten wir arbeiten. Im Übrigen – das sehen insbesondere die Jugendpolitiker in diesem Hause so – kann die Jugendhilfe die erzieherische Aufgabe in der Schule nur stärken. Die in Deutschland insgesamt, aber auch in Berlin stark unterrichtsbetonte Schule kann diese Stärkung
der erzieherischen Aufgabe durch die Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe gut gebrauchen, und daran sollten wir alle gemeinsam arbeiten.
Den Antrag der CDU lehnen wir trotzdem ab, denn den brauchen wir nicht mehr.
Herr Kollege Lindner! Ich glaube, es war ein Fehler, dass Sie letzten Donnerstag nicht am Roten Rathaus waren, wo die Beschäftigten von Samsung beim Regierenden Bürgermeister waren und für ihre Arbeitsplätze demonstriert haben. Es waren vier Parteien anwesend, die heute auch die Entschließung einbringen.
Eine Partei war nicht anwesend. Das war die FDP, für die Sie eben besonders auf den Busch geklopft haben. Wären Sie am letzten Donnerstag dagewesen, dann hätten Sie hören können, wie die Beschäftigten dort vorgetragen haben, was sie während der Zeit gemacht haben, in der sie beim Werk für Fernsehelektronik beschäftigt waren, wie sie dort gearbeitet haben, wie sie – jedenfalls für DDRVerhältnisse – ein modernes Werk hatten, was sie nach der Wende getan haben, als Samsung das Werk 1993 übernommen hat, um dieses rentabel zu machen. Und sie haben auch weltmarktfähige Produkte hergestellt. Dass dieses Werk geschlossen wird, heute der PDS als Partei vorzuwerfen oder den Beschäftigten vorzuwerfen, dass sie möglicherweise für das Unternehmen nicht genug ge
tan hätten, um das Werk am Leben zu halten, das halte ich für ziemlich daneben.
Der Kollege Krug hat mir nur drei Minuten gelassen, weswegen ich mich auf drei Aspekte beschränken werde. – Wir haben in der zweiten Rederunde – Senator Wolf hat sich das gewünscht – die Chance, darzustellen, was uns eint. Ich glaube nicht, dass die Mitarbeiter von Samsung, die befürchten müssen, in drei Monaten arbeitslos zu sein, hergekommen sind, um sich Parteiengezänk anzuhören.
Ich glaube, sie wollen von uns hören, was wir gemeinsam zu ihrer Unterstützung tun können, auch wenn es leider wenig ist.
Es ist gut, dass sich die vier Parteien SPD, Linkspartei, Grüne und CDU auf eine Entschließung verständigt haben, in der die Schließungsabsicht von Samsung scharf kritisiert und die Rücknahme der Entscheidung gefordert wird. Die vier Parteien unterstützen die Mitarbeiter, den Betriebsrat und die Gewerkschaften in ihrem Bemühen, dass Samsung den Traditionsstandort in Oberschöneweide erhält. Der Senat befindet sich diesbezüglich in einer Linie mit den Beschäftigten und dem Betriebsrat.
Ich hätte mir gewünscht, dass auch die FDP dieser Entschließung beigetreten wäre,
denn Samsung in Oberschöneweide ist das falsche Beispiel, um vom Senat eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik zu fordern und ihm eine verfehlte Wirtschaftspolitik in Berlin vorzuwerfen.
Der zweite Punkt, den wir beachten müssen, wenn wir über Schuldfragen diskutieren, ist, dass die Mitarbeiter alles getan haben, um den Betrieb in Oberschöneweide rentabel zu machen. Wenn man in der Zeitung liest, dass der Betrieb eine Rendite von 10 % hat, dann ist das rentabel. Dass die Mitarbeiter seit April 2005 auf 12 % ihres Lohns verzichtet haben, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten und den Betrieb rentabel zu halten, ist ein deutliches Zeichen für das Bemühen der Beschäftigen gemeinsam mit den Gewerkschaften.
Dem Senat kann man hier auch keinen Vorwurf machen, weder diesem noch den vergangenen Senaten. Wenn in ein Unternehmen 30 Millionen € Fördermittel fließen, um einen Betrieb zu erhalten, dann sind Vorwürfe fehl am Platz. Wenn man staatlicherseits über 100 Millionen € investiert, um die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft teilweise nach Oberschöneweide zu verlagern, um dort Investitionsbedingungen zu schaffen und Wirtschaft, Wissenschaft und Technik zu verzahnen, dann ist auch hier der Schuldige nicht zu suchen. Beschäftigte und staatliche Stellen haben alle Voraussetzungen für ein günstiges Investitionsklima geschaffen.
Wenn man jemanden kritisieren will und muss, dann das Unternehmen. Managementfehler sind das eine. Jeder, der durch einen Elektronikmarkt geht, sieht, wohin der Trend geht: von der Bildröhre hin zu den Flachbildschirmen. Deshalb bin ich der Auffassung, dass es eine Fehleinschätzung der Geschäftsleitung gewesen ist, zu sagen, dass an diesem Standort noch fünf bis sieben Jahre lang Bildröhren produziert werden könnten. Darauf haben sich die Mitarbeiter aber verlassen.
Man kann die Samsung-Konzernzentrale auch nicht ungeschoren davonkommen lassen. Der Verdacht liegt schon nahe, dass sie kein Interesse an dem Werk in Oberschöneweide hat, wenn sie genau zu dem Zeitpunkt – Herr Wolf hat bereits darauf hingewiesen –, an dem die Bindungsfrist für die Fördermittel ausläuft, das Werk schließen will. In den vergangenen Jahren hat man es versäumt, dort eine zukunftsfähige Produktionslinie zu errichten, obwohl die Beschäftigten und der Betriebsrat genau das gefordert haben. Ob es nur Zufall ist mit dem Aufbau des Bildröhrenwerks in Ungarn oder ob von Samsung nicht ein Verhalten an den Tag gelegt wird, das mit unseren Vorstellungen von sozialer Marktwirtschaft nicht vereinbar ist, das sei dahingestellt. Ich glaube jedenfalls, das Unternehmen hat den Standort Oberschöneweide nicht so gefördert, wie es notwendig gewesen wäre. Deshalb sage ich auch, das Unternehmen will diesen Standort gar nicht mehr.
Zur FDP möchte ich noch sagen: Herr Lindner! Ich glaube, Sie waren 1972 mit den Freiburger Thesen auch schon einmal weiter. Da hatten Sie den demokratischen und sozialen Liberalismus gefordert. Da
hätten Sie ein Unternehmen wie Samsung auch kritisiert. Wirtschaftsliberalismus ist ein Schritt rückwärts.
Lassen Sie mich mit einem dritten Punkt abschließen, Herr Präsident: Soziale Marktwirtschaft – bei der CDU heißt es oft „Rheinischer Kapitalismus“ – beruht darauf, dass Mitarbeiter, Unternehmen und staatliche Stellen trotz mancher Gegensätze im Interesse des Gemeinwohls kooperieren. Das ist ein Teil der Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Sozialstaat ist ein Erfolg der Arbeiterbewegung in Europa. Ich bin der Auffassung, dass man sich parteiübergreifend bemühen muss, dass in Deutschland und im gesamten Europa auch im Zeichen von Globalisierung, demographischem Wandel und Umbau der Industriegesellschaft Grundprinzipien von Sozialstaat und sozialer Marktwirtschaft erhalten bleiben müssen und nicht eines kurzfristigen politischen Effekts wegen über Bord geworfen werden dürfen.
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Wir werden heute vermutlich ziemlich gleichlautende Reden halten, nachdem wir bereits der Presse entnehmen konnten, dass der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Michael Müller, für die SPD und die Koalition erklärt hat, dass wir das letzte Kitajahr vor dem Schuleintritt beitragsfrei stellen wollen.
Dies entspricht nicht nur einem Beschluss des SPDLandesparteitags vom 9. April 2005, sondern es ist ein Vorhaben der Koalition, es ist nämlich Teil unseres bildungs-, familien- und integrationspolitischen Gesamtkonzepts. Spätestens seit den PISA-Untersuchungen wissen wir, wie wichtig frühkindliche Bildung und Erziehung für den weiteren Lebensweg eines jeden Menschen sind. Wir wissen auch, dass für unsere moderne Industriegesell
schaft das Humankapital eine der wichtigsten Grundlagen ist.
Kindertagesstättenplätze gewährleisten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und sie sind wesentlicher Baustein des Programms „Integration durch Bildung“ für Kinder mit Migrationshintergrund. Ich gehe davon aus, dass darüber in diesem Haus Einigkeit herrscht. Deshalb ist es erstrebenswert, dass jedes Kind mindestens im letzten Jahr vor dem Schuleintritt eine Kindertagesstätte besucht. In Berlin haben im letzten Jahr 96 % aller Kinder dieser Altersgruppe entweder die kostenpflichtigen Vorschulgruppen in den Kindertagesstätten oder die kostenfreien Vorklassen in den Schulen besucht. Mit dem Berliner Bildungsprogramm für Kindertagesstätten – Frau Jantzen hat darauf bereits hingewiesen – erhöht der Senat die Qualität von Bildung, Erziehung und Betreuung in den Kindertagesstätten in kommunaler und in freier Trägerschaft. Er stärkt damit ihren Charakter als Bildungseinrichtungen.
Die OECD hat Deutschland erst kürzlich bescheinigt, dass es im Bereich Bildung stark aufhole, aber das Tempo der Reformen noch beschleunigt werden müsse. Berlin ist im Hinblick auf die Reformen in der Spitzengruppe. In Berlin wird die neu geschaffene Schulanfangsphase – hier ist der Zusammenhang mit dem letzten beitragsfreien Kitajahr – um so erfolgreicher sein, je besser die Schüler bereits zu Schulbeginn die sprachlichen und verhaltensmäßigen Voraussetzungen erfüllen, um dem Unterricht folgen zu können.
Über den Tag hinaus gedacht, müssen wir Überlegungen anstellen, wie wir Kinder mit sprachlichen, gesundheitlichen oder verhaltensmäßigen Defiziten besser und schneller in einer Kindertagesstätte betreuen können. Hier sollte man den Gedanken, den Kitabesuch verpflichtend zu machen, nicht aus dem Auge verlieren, auch wenn dies im Moment nicht zur Debatte steht. Die von der Koalition ab dem 1. Januar 2007 beabsichtigte Kostenfreiheit des Kitabesuchs im letzten Jahr vor der Einschulung könnte für solche Überlegungen und Prüfungen hilfreich sein.
Die Elternbeteiligung an den Kitakosten ist übrigens keine sozialdemokratische Erfindung. In Berlin ist die Elternbeteiligung erst in den 80er Jahren von einem CDUFDP-Senat eingeführt worden. Inzwischen haben sich jedoch alle an die damit verbundenen Einnahmen gewöhnt. Es bedarf noch einer großen Kraftanstrengung der Koalition – nach der Grundsatzentscheidung für das beitragsfreie letzte Kitajahr –, die damit verbundenen Mindereinnahmen auszugleichen. Denn obwohl in Berlin im letzten Kitajahr nur der Halbtagsbeitrag gezahlt werden muss, beträgt die Mindereinnahme ca. 10 Millionen € im Jahr.
Nun fragen einige, ob die Beitragsbefreiung im letzten Kitajahr mit der Klage Berlins vor dem Bundesverfassungsgericht auf finanzielle Hilfen des Bundes vereinbar ist. Aus meiner Sicht ist sie das. Nur wenn Berlin diese Klage verlöre, würden alle nichtgesetzlichen Leistungen
auf dem Prüfstand stehen. Koalition und Senat gehen von einem Erfolg der Klage aus. Wir werden die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor dem 1. Januar 2007 kennen, dem Zeitpunkt, zu dem die Beitragsfreiheit in Kraft tritt.
Im übrigen steht Berlin mit der Entscheidung für ein betragsfreies letztes Kitajahr glücklicherweise nicht allein da. Im Haushaltsnotlageland Saarland gibt es diese Beitragsfreiheit seit dem Jahr 2000, und das Land RheinlandPfalz plant sie ab 1. Januar 2006. Deshalb sind wir guter Hoffnung, dass wir sowohl die Klage auf Bundeshilfen gewinnen als auch an die Berliner Eltern das Signal geben können, den Besuch der Kindertagesstätten im letzten Jahr genauso selbstverständlich zu empfinden wie den späteren Schulbesuch selbst. Und wir kommen – auch darauf wies Frau Jantzen übereinstimmend hin – mit dieser Entscheidung einen weiteren Schritt näher an das Ziel heran, dass alle Kinder die Kindertagesstätte einmal als kostenlose Bildungseinrichtung besuchen können. Auch das bleibt ein Ziel unserer Koalition. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich möchte bei Ihnen dafür werben, dass das Thema „Kitazeit ist Bildungszeit – Berlin bleibt
Vorbild bei der Versorgung mit Kindertagesstättenplätzen“ heute Gegenstand der Aktuellen Stunde wird. Wir kommen damit als Koalition übrigens auch einem Wunsch der Oppositionsparteien nach, die nach der letzten Jugendausschusssitzung beklagt hatten, dass vor der Verabschiedung des Kitagesetzes nicht genug Zeit zum Diskutieren war. Wenn wir das heute in der Aktuellen Stunde nachholen, ist auch dem Willen des Parlaments Rechnung getragen.
Warum ist das Thema heute besonders aktuell? – Ich hatte es schon angesprochen, das Abgeordnetenhaus wird heute das „Gesetz zur Weiterentwicklung des bedarfgerechten Angebots und der Qualität von Tagesbetreuung“ beschließen. Die Koalition zieht damit für Berlin die Konsequenzen aus den Ergebnissen der PISA-Studie im vorschulischen Bereich der Drei- bis Sechsjährigen sowie im Grundschulbereich. Sicherlich sind die von den Oppositionsparteien vorgeschlagenen Themen auch wichtig. Kein Mitglied dieses Hauses wird aber ernsthaft bestreiten wollen, dass die Zukunft unserer Stadt vor allen Dingen in der Ausschöpfung des intellektuellen Potentials der hier lebenden Menschen liegt. Hier drängt die Zeit, wie wir alle wissen. Das neue Berliner Schulgesetz war ein erster Schritt für die Reform des Berliner Bildungswesens; das heute vorliegende Kitareformgesetz ist ein weiterer Schritt in diese und von allen als richtig anerkannte Richtung.
Präsident Momper eröffnet die Sitzung um 13.03 Uhr.
Herr Senator! Die Horte an den Schulen sind im Westteil der Stadt ein neues Angebot. Neben den Schwierigkeiten, die es offenbar im Einzelfall gibt, interessiert mich, wie die Eltern dieses Angebot im Westteil annehmen. Führen das Chaos und die Verwirrung, wie von der Opposition beschrieben, dazu, dass die Eltern von dem Angebot keinen Gebrauch machen?
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Die Überschrift des Antrages der CDU ist ja ganz in Ordnung: Keine neuen Risiken bei der Gründung kommunaler Eigenbetriebe „Kindertagesstätten“ im Land Berlin. – Aber, Herr Steuer, damit hat es sich auch. Der Rest des Antrages ist entbehrlich, denn Senat und Bezirke machen nichts anderes, als bei der Bildung der Kitaeigenbetriebe darauf zu achten, dass erkennbare Risiken ausgeschlossen oder vermieden werden. Der Senat bezieht dabei – nicht erst, weil Sie es im Antrag fordern – die dazu in Auftrag gegebenen Gutachten ein. Anderes zu unterstellen, ist absolut abwegig.
Worum geht es denn in der Sache? – Die Koalition hat am Beginn der Wahlperiode beschlossen, künftig zwei Drittel der Kindertagesstättenplätze in freier Trägerschaft und ein Drittel in kommunaler Trägerschaft anzubieten. Für die kommunalen Kitaträger sollen dabei die gleichen Bedingungen gelten wie für die freien Träger, Herr Steuer. Das ist ein Teil der Umsetzung des Vorhabens „Kitagutscheinsystem“. Die Eltern erhalten für den Betreuungsbedarf ihres Kindes einen Gutschein, und den können sie dann im Rahmen ihres Wunsch- und Wahlrechts in einer Kindertagesstätte ihrer Wahl einlösen, egal, ob sie in kommunaler oder freier Trägerschaft ist. Das ist der Wettbewerb der Kindertagesstätten in freier und kommunaler Trägerschaft, die Sie eben angesprochen haben, Herr Steuer. Für die künftige Organisation der bezirklichen Kitas gibt es eine umfangreiche Mitteilung des Senats vom 19. Oktober 2004 – Drucksache 15/3295 –. Herr Steuer hat sie schon angesprochen, allerdings nicht ausführlich zitiert. Diese Drucksache beantwortet bereits im Wesentlichen die Fragen, die die CDU in Ihrem vorliegenden Antrag stellt. Darüber hinaus hat der Jugendausschuss diese Mitteilung bereits am 2. Dezember 2004 behandelt und auch zur Kenntnis genommen. Wenn Sie den Prozess der Bildung der Eigenbetriebe weiter begleiten wollen, und das begrüße ich außerordentlich, dann ist der zuständige Ausschuss der richtige Ort, und da sollten Sie sich dann auch zu Wort melden.
sondern fünf Eigenbetriebe. Dazu haben Sie wider besseres Wissen die Bezirke aufgefordert. Sie haben uns in einer Mitteilung gesagt, dass Sie eine gGmbH-Lösung präferieren, weil – ich zitiere aus der Mitteilung des Senats – nur diese den freien Trägern vergleichbare Bedingungen verschafft. Nur diese eine gGmbH-Lösung und kein Eigenbetrieb! Sie nehmen also den Schaden billigend in Kauf, wenn Sie dieser Eigenbetriebslösung zustimmen. Weil niemand die innere Logik dieses Vorhabens versteht, kommt es auch nicht richtig in Gang. Es dümpelt irgendwo zwischen Senatsverwaltung und den Bezirken herum. Das Verfahren ist absolut intransparent und unstrukturiert. Im Abgeordnetenhaus vermuten wir nur, was sich auf der Bezirksebene und in der Senatsverwaltung abspielt. Wir kennen die nächsten Schritte der Gründung der Eigenbetriebe nicht.
Nun legen Sie ein Kita-Änderungsgesetz vor, in dem die Eigenbetriebe schon stehen, ohne dass es sie gibt. Deshalb fordern wir Sie auf, Herr Böger, kommen Sie Ihrer Verpflichtung nach und legen Sie einen detaillierten Plan vor, wie Sie die Eigenbetriebe gründen wollen und welche finanziellen, personellen und strukturellen Maßnahmen damit in den kommenden Monaten verbunden sind.
Berichten Sie dem Abgeordnetenhaus, Herr Böger, und erklären Sie uns anhand der Fakten den Sinn dieses Unternehmens.
Was uns nicht weiterhilft, sind verquaste und ideologische Begründungen. Das Neueste, was ich in dieser Beziehung gehört habe, ist, dass Sie mit den Eigenbetrieben mehr Wettbewerb schaffen wollen. Der Staat soll mit den freien Trägern in einen Wettbewerb eintreten. Sie müssen da etwas falsch verstanden haben. Das ist nicht die Aufgabe des Staates in diesem Bereich, sondern in der Kinderbetreuung ist Ihnen durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz das Prinzip der Subsidiarität vorgeschrieben und nicht das Prinzip, der Staat soll in einen Wettbewerb mit den freien Trägern eintreten. Subsidiarität heißt: Was die Menschen selber auf die Beine stellen können, das sollen sie auch auf die Beine stellen. – Deshalb fordern wir Sie auf, möglichst viele Kitas an wirkliche freie Träger zu überführen und von Ihrem Vorhaben abzulassen, diesen Eigenbetrieb zu gründen. – Weil wir Ihnen aber eine Chance geben wollen, den finanz- und personalpolitischen Sinn dieses Unternehmens zu erklären, fordern wir Sie mit unserem Antrag heute auf, ganz klar die Schritte aufzuzeigen, wie Sie in den kommenden Monaten die Einrichtung dieser Eigenbetriebe umsetzen wollen. Schaffen Sie Transparenz und sagen Sie ganz deutlich, dass Sie Risiken für den Landeshaushalt durch diese Eigenbetriebe verhindern.
Danke schön, Frau Präsidentin! – Ich habe eine Frage an Senator Böger. – Wie bewerten Sie das freiwillige, ehrenamtliche Engagement von Eltern an den Schulen ihrer Kinder, das an einem Steglitzer Gymnasium sogar dazu geführt hat, Unterrichtsausfall zu verhindern? Teilen Sie meine Ansicht, dass ein solches Engagement nicht die Verantwortung von Schulleitern und Schulaufsicht aufhebt, im Rahmen der 105-prozentigen Versorgung der Berliner Schulen für Vertretungsunterricht zu sorgen?
Herr Senator! Es gibt auch die Initiative des VBKI, also der Privatwirtschaft, die Lesefähigkeit von Schulkindern zu stärken. Diese Initiative wurde von Ihnen bereits begrüßt. Besteht die Gefahr, dass die Möglichkeiten ausgebildeter junger Lehrer, in die Schule zu kommen, geschmälert wird, oder sind das zusätzliche Maßnahmen?
Herr Lindner! Es ist schwierig, auf Sie sachlich zu antworten, aber ich will es trotzdem tun, weil es im Interesse der Stadt ist, einen Regierenden Bürgermeister, der sich um diese Stadt bemüht, nicht in dieser Art und Weise beleidigen zu lassen, wie Sie es – auch wenn Sie Journalisten vorschieben – tun.
Wenn Sie einen Journalisten zitieren, der über Klaus Wowereit schreibt, er sei der peinlichste Politiker der Stadt,
dann möchte ich Ihnen Gustav Heinemann in Erinnerung rufen, der gesagt hat: Wenn man mit dem Zeigefinger auf den anderen zeigt, zeigen drei Finger auf einen zurück.
Aber wir wollen diesen Wettbewerb hier nicht vorantreiben.
Sie sind auch ein bisschen feige, wenn Sie fordern, der Regierende Bürgermeister soll die Regierungserklärung Anfang 2005 abgeben. Wenn Sie nachschauen, welche Regierungserklärungen der Regierende Bürgermeister abgegeben hat, dann sehen Sie, jeweils zu Jahresbeginn eine, eine im Februar 2002, eine im Januar 2003, eine im April 2004. Nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung ist Anfang 2005 auch wieder eine dran.
Aber jetzt können Sie sagen, er hält sie nicht, weil er sie halten wollte, sondern weil die FDP sie gefordert hat. Geschickt, aber ich denke, die Wahrscheinlichkeitsrechnung wird eintreten, der Regierende Bürgermeister wird eine Regierungserklärung abgeben. Aber wir werden sie dann von ihm hören, wenn er oder der Senat meinen, eine Regierungserklärung abgeben zu wollen, nicht wenn die FDP meint, es sei eine nötig.
Was verlangen Sie in Ihrem Antrag? – Sie verlangen, dass der Regierende Bürgermeister in der Regierungserklärung die Perspektiven für eine zukunftsfähige und innovative Politik bis 2006 darlegt. Lesen Sie es einfach nach: Wir haben im Februar 2002 die Richtlinien der Regierungspolitik für die Legislaturperiode zur Kenntnis ge
zum Föderalismuskonzept, zur Fusion Berlin-Brandenburg, zum Flughafen Schönefeld, zur Arbeitsmarktreform. Dass der Regierende Bürgermeister da nun jeweils eine Regierungserklärung abgeben soll – – Dass ihm CDU und FDP dafür offenbar noch die beste Fernsehsendezeit zur Verfügung stellen wollen, dagegen wäre ja nichts einzuwenden. Trotzdem bleibt es sein Recht zu bestimmen, wann und in welcher Form er uns die Positionen, zu denen er sich bekennt, präsentieren will. Jedenfalls weicht er nicht aus, wie Herr Lindner es formuliert hat. Seinen Ruf als gesellschaftlicher Modernisierer unserer Stadt hat er sich verdient, und den wird er auch behalten. Da hat er Ihnen einiges voraus.
Wir sprechen uns dafür aus, dass die Fraktionen weiter mit den parlamentarischen Möglichkeiten arbeiten, die die Geschäftsordnung bietet. Das sind Anträge, Kleine Anfragen, Große Anfragen, Diskussion der Vorlagen und Berichte sowie Aktuelle Stunden.
Wir sprechen uns dagegen aus, den Regierenden Bürgermeister zur Abgabe von Regierungserklärungen zu verpflichten. Er kann das nach der Geschäftsordnung tun, wann er will. Er kann das auch in Pressekonferenzen machen, wie in seinen Bilanzkonferenzen nach einem Jahr, nach zwei Jahren. Wir werden diesen Antrag aus diesem Grund ablehnen.
nommen. Da hat der Regierende Bürgermeister erklärt, was er für die gesamte Wahlperiode mit dem Senat vorhat und was auch 2005 und 2006 passieren wird. Ich verlange nicht, dass jeder die Koalitionsvereinbarung hat und liest. Aber auch dort hat die Koalition, die den Senat trägt, aufgeschrieben, was an zukunftsfähiger und innovativer Politik gemacht werden wird. Ich überreiche Ihnen gerne ein Exemplar der Koalitionsvereinbarung. Sie können sie sich vom Regierenden Bürgermeister signieren lassen. Dann ist sie noch wertvoller.
Die Schwerpunkte der Politik sind unverändert klar, und hierzu besteht überwiegend auch Einvernehmen in diesem Haus. Schwerpunkt ist die Haushaltskonsolidierung, denn sie ist die Grundlage für eine zukunftsfähige Politik für die Stadt. Die weiteren Schwerpunkte – im Abgeordnetenhaus immer wieder benannt – sind die Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie eine aktive Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Zu der gehört auch das, wofür sich der Regierende Bürgermeister gerade jüngst verdient gemacht hat: die Stärkung des Tourismus, die Stabilisierung des Besucherrekords, den wir 2004 haben, mehr als 12 Millionen Übernachtungen 2004, wenn man das halten oder sogar steigern kann, ist das ein Gewinn für die Stadt. Wenn der Regierender Bürgermeister nach Berlin zurückkommt und die Leichtathletikweltmeisterschaft 2009 mitbringt, wäre das möglicherweise eine Sache, zu der er eine Regierungserklärung abgeben könnte. Für die Stadt ist das jedenfalls von außerordentlicher Wichtigkeit. Falls Sie tatsächlich – wie dieser Journalist – zu der Ansicht kommen sollten, dem Regierenden Bürgermeister vorzuwerfen, dass er gerne reist, gerne feiert, gerne tanzt, wenn Sie das tatsächlich machen wollen, dann sollten Sie sich klarmachen, dass der Regierende Bürgermeister in unserer Stadt mehrere Aufgaben hat.
Er ist der Oberbürgermeister dieser Stadt und der Ministerpräsident des Landes Berlin. Wir sind der Auffassung, er füllt beide Aufgaben aus.
Im Moment nicht, weil ich gerade Herrn Nerger von der Berlin Tourismus-Marketing GmbH zitieren will! – Herr Nerger hält den Regierender Bürgermeister für eine große Hilfe bei der Tourismuswerbung. Er sei weltgewandt und beliebt im Ausland.
Dies tut der Stadt sicherlich gut. Wenn Sie es tatsächlich nicht wahrgenommen haben sollten, dass sich der Regierende Bürgermeister in seiner Rolle als Ministerpräsident des Landes Berlin zu Fragen geäußert hat, dann tun Sie mir Leid. Ich kenne jedenfalls Äußerungen von ihm zur Haushaltskonsolidierung, zur Verwaltungsmodernisierung,
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
Zu Frage 2: Nach der am 12. Mai 2004 abgeschlossenen Hortverlagerungsübergangsvereinbarung ist Folgendes festgelegt:
Für das Bestreuungsjahr 2004/2005 gilt, dass alle Grundschulkinder der 1. bis 4. Klassen, die bereits in Tageseinrichtungen der Träger der freien Jugendhilfe betreut werden oder die im Betreuungsjahr 2004/2005 aufgenommen werden, für längstens vier Jahre durch diesen freien Träger auch weiterhin betreut werden können.
Die freien Träger können mit den Schulen Kooperationsverträge abschließen, die auch künftig eine Mitarbeit der freien Träger an den offenen Ganztagsgrundschulen sicherstellen.
Zurzeit beginnen die Verhandlungen mit der Liga der Wohlfahrtsverbände über eine Rahmenvereinbarung zur Finanzierung von Angeboten freier Träger im Rahmen des offenen Ganztagsbetriebes an unseren Schulen. Diese Rahmenvereinbarung bildet dann die Grundlage für die von den Schulen zu schließenden Kooperationsverträge. Natürlich bleibt es den freien Trägern unbenommen, möglicherweise selbst keine schulischen Angebote anzubieten, sich dafür aber stärker in der vorschulischen Erziehung zu
StS Härtel
Danke, Herr Präsident! – Herr Härtel! Der Versorgungsgrad mit Hortplätzen schwankt in den Bezirken erheblich, er liegt zwischen weniger als 30 % in einigen Westbezirken und bis zu 70 % in einigen Ostbezirken. Ist beim Ausbau der Ganztagsbetreuung an Schulen gewährleistet, dass die Schwerpunkte – Einrichtung von Nachmittagsbetreuung in sozialen Brennpunkten und in bisher unterversorgten Gebieten, das sind vor allem die bürgerlichen Bezirke im Westteil der Stadt – berücksichtigt werden?
Sie haben geschildert, dass mit den freien Trägern eine Übergangsvereinbarung abgeschlossen worden ist, die für vier Jahre gilt, und dass eine Rahmenvereinbarung erarbeitet wird, damit sich freie Träger auch künftig am offenen Ganztagsbetrieb der Schulen beteiligen können. Können Sie uns sagen, wann mit dem Abschluss dieser Rahmenvereinbarung zu rechnen ist und was Schulen und freie Träger der Jugendhilfe jetzt schon machen können, um diese Kooperation vorzubereiten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum dritten Mal, nach 1998 und 2000, hat die Senatsverwaltung für Soziales in diesem Jahr einen Sozialstrukturatlas für Berlin vorgelegt. Der Sozialstrukturatlas enthält auf 357 Seiten die wesentlichen Daten über Einkommensverhältnisse, Lebenserwartungen, Bildungs
In diesen Fragen sagen wir auch der nachher zur Wahl stehenden neuen Stadtentwicklungssenatorin Frau JungeReyer ausdrücklich unsere Unterstützung zu. Wir freuen uns über die Zusage ihrer Gesprächsbereitschaft, auch was eventuell notwendige Korrekturen der bisherigen Stadtentwicklungspolitik betrifft. Natürlich muss in den Gesprächen mit der Senatorin auch das relativ junge Projekt – 5 Jahre ist noch nicht allzu lang – Quartiersmanagement kritisch ausgewertet und mit allen Beteiligten weiterentwickelt werden.
Dazu hat der Senat übrigens in einer Klausurtagung bereits vor Ostern beschlossen, alle sozialpolitisch relevanten Projekte, die bisher in den einzelnen Senatsverwaltungen getrennt bearbeitet und umgesetzt wurden, künftig zu koordinieren, zu bündeln und nach Möglichkeit zu verzahnen. Die Projekte zur sozialen Stadtentwicklung werden künftig unter dem Dach einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Staatssekretären der beteiligten Senatsverwaltungen realisiert. Ich denke, das ist ein guter Ansatz.
stand, Arbeitslosenquote, Sozialhilfeempfänger und Ausländeranteil der Berliner Bevölkerung.
Ich begrüße den Mut zur Wahrheit der Sozialverwaltung, denn vor jeder Veränderung steht die Kenntnisnahme dessen, was ist. Um es gleich vorwegzunehmen: Auch die Ergebnisse des neuen Sozialstrukturatlasses zeigen den Handlungsdruck auf, der unverändert auf Politik, Wirtschaft und Bürgergesellschaft lastet. Die bisherigen Maßnahmen konnten es nicht verhindern, dass sich die Problemgebiete, in Neukölln, Wedding oder Kreuzberg, weiter verfestigten, die Schere zwischen wohlhabenden und einkommensschwachen Bezirken weiter auseinander ging und neue Problemkieze, beispielweise in Marzahn, entstanden sind. Zehlendorf liegt weiter an der Spitze der Rangliste, Kreuzberg an ihrem Ende.
In manchen Stellungnahmen ist der Schuldige schnell gefunden: das Quartiersmanagement der Stadtentwicklungsverwaltung. Selbst der Bürgermeister von Mitte und CDU-Landesvorsitzende, Herr Zeller, verstieg sich zu dieser Aussage. Aber auch die CDU muss zur Kenntnis nehmen, dass es in einigen Problemgebieten der Stadt – leider nur in einigen und nicht in allen – gelungen ist, mit Hilfe des Quartiersmanagements die soziale Lage der Bewohner zu verbessern oder zu stabilisieren.
Auch der Leiter des Instituts für Prävention und Gesundheitsforschung an der Freien Universität, Professor Kleiber, hat kürzlich das Quartiersmanagement als einen Versuch bezeichnet, der die Bezirke vor dem schlimmsten sozialen Abrutschen bewahrt hat.
Das dümmste, was ich an Schuldzuweisungen gelesen habe, sind die Äußerungen des sozialpolitischen Sprechers der CDU, Herrn Hoffmann.
In den Bezirken, in denen die PDS mit absoluter Mehrheit in der Verantwortung steht – sagt Herr Hoffmann –, hätte sich die Situation deutlich verschlechtert und würden die Familien scharenweise den Kiez verlassen. Herr Hoffmann, Fritz Felgentreu von meiner Fraktion lädt Sie gern zu seinem nächsten Kiezspaziergang durch das Rollbergviertel ein. Denn trotz langjähriger CDU-Mehrheit im Bezirk Neukölln und sogar bei zeitweiser absoluter Mehrheit der CDU in Neukölln ist es leider nicht gelungen, diesen Bezirk vor dem sozialen Abrutschen zu bewahren. Eine solch einfache Schlussfolgerung sollten Sie erst treffen, wenn Sie sich zuvor mit Ihrer Vorgängerin, der ehemaligen sozialpolitischen Sprecherin Frau Herrmann aus Neukölln, unterhalten haben. Ich sage jedenfalls, das war das dümmste, was ich an Schuldzuweisungen gelesen habe.
Vordergründige parteipolitische Polemik ist bei diesen Feststellungen, die der Sozialstrukturatlas aufliefert, völlig unangebracht. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe – unabhängig von der parteipolitischen Couleur –, die Probleme anzupacken und nach Lösungen zu suchen, um eine
soziale Stadtentwicklung zu realisieren und das Abrutschen weiterer Stadtquartiere zu verhindern.
Verslummungstendenzen, Verwahrlosung des öffentlichen Raumes und unsoziales Verhalten in Wohngebieten wollen alle Parteien in diesem Haus verhindern, und deshalb ist eine Zusammenarbeit unbedingt erforderlich.
Neben dem Quartiersmanagement der Stadtentwicklungsverwaltung gehören dazu beispielsweise der Stadtteilzentrenvertrag der Sozialverwaltung oder das Ganztagsschulprogramm der Bildungsverwaltung. Alle Projekte sind auf ihre Wirksamkeit und Zielgenauigkeit hin zu überprüfen, dann aber auch mit finanzieller und personeller Planungssicherheit auszustatten.
Die mit dem Sozialstrukturatlas benannten Entwicklungen sind kein berlinspezifisches Phänomen. Sie spiegeln einen allgemeinen Trend wieder, den wir auch in vielen anderen deutschen Großstädten finden. Sie sind zum Teil Ergebnis langjähriger und in der Wirkung oft unterschätzter Prozesse. In bestimmten Gebieten der Großstädte haben sich „gesellschaftliche Verlierer“ –gekennzeichnet durch Arbeitslosigkeit, Kinderreichtum oder Migrationshintergrund – konzentriert. Die Umkehrung dieser Entwicklung ist nicht von heute auf morgen möglich. Aber sofern es noch nicht geschehen ist, muss die Umkehr sofort beginnen. Das erfordert von allen Beteiligten – auch vom Parlament – kreative Ideen, Kraft, Engagement und die Bereitstellung von Geld.
Deshalb ist die wichtigste Maßnahme in Berlin bereits in Angriff genommen worden, nämlich die Sanierung des Landeshaushalts. Seit Mitte der 90er Jahre, aber insbesondere seit der rot-roten Koalition mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, wird der Ausstieg aus der Zinsfalle vorgenommen, in der immer mehr frisches Geld für die Zinsen alter und neuer Schulden gezahlt werden
Gerade in Problemkiezen beginnt die Bildung schon im Kindergarten. Ich persönlich bin der Meinung, dass es nicht nur ein Angebot zum Kindergartenbesuch vor dem Schuleintritt geben darf, sondern dass es für Kinder mit Entwicklungsstörungen oder Förderbedarf auch eine Kindergartenpflicht geben müsste. Die in Berlin neu geschaffene Schuleingangsphase wird erfolgreicher sein, wenn alle Schüler bereits zum Schulbeginn dem Unterricht folgen können und entsprechende Voraussetzungen erfüllen. In Problemkiezen sind meist bildungsferne Elternhäuser
konzentriert, die aus verschiedenen – auch kulturellen – Gründen die Notwendigkeit einer guten Ausbildung für ihre Kinder nicht erkennen. Hier werden die Zukunftschancen junger Menschen von den eigenen Eltern verspielt. Die Abwanderung einkommensstärkerer, gebildeterer junger Familien – auch von Migrantenfamilien – haben diese Situation zusätzlich verschärft.
Die Antwort darauf kann nur die flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen in Problemkiezen sein, Nachmittags- und Ferienangebote an den anderen Schulen in Verzahnung mit den Angeboten der Jugendhilfe und des Sports. Dieses Programm ist bereits angelaufen und wird vom Senat und den Bezirken kontinuierlich umgesetzt. Bis 2006 werden 30 neue Ganztagsschulen eingerichtet.
Lokale Beschäftigungsbündnisse können in den Problemgebieten helfen, zusätzliche Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Integration von Sozialhilfeempfängern über gemeinnützige Arbeit, die Einführung von Kombilöhnen, bei denen ein eigenes niedriges Einkommen durch Sozialhilfe ergänzt wird, die Förderung ehrenamtlicher Arbeit und bürgerschaftlichen Engagements und anderes mehr sind Möglichkeiten, abgerutschten Kiezen wieder auf die Beine zu helfen.
Auch die Ansiedlung staatlicher Einrichtungen dient im Einzelfall diesem Zweck. Ich erinnere an die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft im Problemgebiet Oberschöneweide. Hier zeigt sich beispielhaft eine weitere Stärke guten Quartiersmanagements, nämlich die Beteiligung der betroffenen Bürger, die ihr Stadtquartier nicht aufgeben wollen. Im Fall Oberschöneweide ist es die inzwischen vielen von uns bekannte Initiative „Organizing Oberschöneweide“ mit Professor Penta.
muss. Die Gewinnung von freien Mitteln für zielgerichtete staatliche Investitionen – vorrangig im Sinne einer sozialen Stadtgestaltung –
und die Entlastung künftiger Generationen von Zinslasten hat weiter höchste Priorität in der Koalition.
Neben der Reduzierung der Ausgaben gehört dazu natürlich auch die Gewinnung zusätzlicher Einnahmen durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Darin sind wir uns mit Herrn Zeller von der CDU und Herrn Lindner von der FDP einig. Die Ansiedlung weiterer Konzernzentralen in Berlin zeigt, dass der Senat – anders als vorhin behauptet – jedem Investor den roten Teppich ausrollt, Investitionshemmnisse beseitigt und die neu geschaffene OneStop-Agency, die jetzt Zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle heißt – ich weiß nicht, ob dieser Name besser ist –, in Fahrt kommt. Auf jeden Fall fängt sie an zu arbeiten, und das ist gut so.
Hier treffen sich Wirtschafts- und Sozialpolitik, denn neue Arbeitsplätze führen nicht nur zu höheren Steuereinnahmen, sondern sie senken gleichzeitig die Sozialausgaben des Landes und geben den von Arbeitslosigkeit Betroffenen und ihren Familien neue Lebensperspektiven. Langzeitarbeitslosigkeit birgt immer die Gefahr von Armut, und Einkommensschwäche birgt immer die Gefahr von sozialer Schwäche. In diesem Zusammenhang bieten die von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen Reformen des Arbeitsmarktes und die Modernisierung der sozialen Sicherungssysteme auch für Berlin neue Chancen. Wir fordern den Senat auf, die notwendigen landespolitischen Maßnahmen dazu unverzüglich zu reffen. t
Die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen setzt neben veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen das Vorhandensein gut ausgebildeter und motivierter Menschen voraus. Bildungs- und Betreuungsangebote für die Kinder sind die Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier treffen sich Bildungs- und Sozialpolitik. Eine gute Ausbildung erhöht gleichzeitig die Chancen auf Beschäftigung und fördert die soziale Integration.
Ich bin sofort fertig. – Ein solches bürgerschaftliches Engagement sollte Schule machen.
Der Sozialstrukturatlas gibt uns nicht das Recht, in Jammerei zu verfallen. Auch die Globalisierung und die demographische Entwicklung können wir nicht aufhalten. Unsere Aufgabe als Politiker ist es aber, die Chancen, die in jeder Krise stecken zu nutzen. Wir müssen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen so mitgestalten, dass die Menschen – insbesondere die jungen Menschen – eine begründete Hoffnung auf eine gute Zukunft in dieser Stadt haben. Berlin muss mit dem Gendarmenmarkt, dem Potsdamer Platz, dem Kurfürstendamm und mit der Straße Unter den Linden wuchern. Zur sozialen Stadt, die wir als Sozialdemokraten wollen, gehört es aber auch, den Menschen, denen es verschuldet oder unverschuldet nicht so gut geht, zu helfen. Auch sie müssen sich in ihrer Heimatstadt wohl fühlen. – Vielen Dank!
Die politisch Verantwortlichen müssten sich infolgedessen eigentlich tiefgründige Gedanken über die Zukunft der Stadt machen. Sie müssten Maßnahmen treffen, die Wirkung zeigen. Doch diese Chancen haben Sie bisher nicht genutzt. Sinkende Lebensqualität, steigende Kosten und geringeren Zukunftschancen sind das Ergebnis rotroter Politik in der Halbzeit. Vor allem vor dem Hinter
grund der Sozialhilfedichte und des um sich greifenden Armutsrisikos in Berlin setzt der beschlossene Doppelhaushalt 2004/2005 unter Rot-Rot die falschen Akzente, denn er spart weiterhin in erster Linie auf dem Rücken von Familien, Kindern und Jugendlichen. Mit Streichungen in Höhe von 89 Millionen € stehen die Hilfen zur Erziehung an der Spitze der Kürzungen. Nach Einsparungen von über 52 Millionen € im Jahr 2003 summieren sich die absehbaren Kürzungen auf 141 Millionen €. Diese Politik auf dem Rücken der Berliner ist umso unverständlicher, weil bei der Vergabe von Gutachten sowie bei der Vergabe von Bürgschaften und durch Misswirtschaft beim Management der Landesbeteiligungen und des Landesvermögens die Millionen mit vollen Händen ausgegeben und mögliche Einsparungen verspielt wurden.
Geradezu unerträglich ist in diesem Zusammenhang auch die Unverhältnismäßigkeit der Gehälter in den Vorstandsetagen landeseigener Betriebe und Einrichtungen, wenn man bedenkt
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt bei diesem Thema im Grunde keine großen Unterschiede zwischen den Fraktionen. Es ist ein Thema, das man in offenen Gesellschaften diskutieren muss, in Diktaturen braucht man das nicht, aber in offenen Gesellschaften muss man es. In einer Gesellschaft, wie wir sie haben, wollen wir zweierlei miteinander verbinden: Einerseits wollen wir den ungehinderten Zugang zu allen Informationen haben, andererseits wollen wir verhindern, dass pornographische, Gewalt verherrlichende, Menschen verachtende Informationen angeboten werden können. Das gilt nicht nur für das Internet, sondern auch für Druckerzeugnisse, Musik-CDs etc. Deshalb ist es richtig, Herr Steuer, und darin sind wir uns einig, dass das Thema ein Thema des Jugendschutzes ist, weil viele Anbieter gerade auf die sich entwickelnden Kinder und Jugendlichen setzen und ihre Angebote dort wirksam werden lassen. Sie haben schon erwähnt, dass zu diesem Zweck der Jugendmedienstaatsvertrag vereinbart worden und zum 1. April 2003 in Kraft getreten ist. Es ist auch gut, dass es eine länderübergreifende Kommission für den Medienschutz gibt, denn das, was Sie für das Land Berlin fordern, ist keine isoliert auf Länderebene zu verwirklichende Angelegenheit, sondern es funktioniert nur, wenn man es mindestens in allen Bundesländern und besser noch darüber hinaus realisiert.
Wir haben in Berlin nicht nur bei Jugendnetz-Berlin.de, das Sie erwähnt haben, sondern auch im Rahmen des Programms CidS, also Computer in die Schulen, Internetportale für jugendfreie Materialien für die schulische und außerschulische Jugendarbeit und Jugendbildung. Diese Programme bleiben selbstverständlich ein Schwerpunkt des Senats und der Fraktionen und werden nicht eingestellt, auch wenn man über die Finanzierung noch einmal reden muss.
Lassen Sie mich abschließend feststellen: Die CDU hat ein wichtiges Thema angesprochen, es aber nicht erfunden. Der Senat ist sich vielmehr der Probleme bewusst und hat auch bereits viel getan. Dennoch ist es richtig, das Thema in den Ausschüssen noch einmal fundiert zu besprechen. Insbesondere die Fragen der stärkeren Zusammenarbeit von Schule und Jugendarbeit sind noch einmal zu klären, weil dies zum Teil noch nebeneinanderher läuft. Es ist auch der Frage nachzugehen, wie man die bisherigen Programme – das sind CidS, Jugendnetz-Berlin.de, aber auch die seit 6 Jahren stattfindenden Net-days – verzahnen, noch stärker nutzbar machen sowie in ihrer Wirksamkeit erhöhen kann. Auch das neue Schulgesetz gibt Einstiege in die Diskussion und in die Weiterentwicklung der präventiven Arbeit. Wir werden uns in den Ausschüssen noch einmal ausgiebig darüber unterhalten.
Es gibt seit dem 1. April 2003 ein neues Jugendschutzgesetz. Sie wiesen darauf hin, Herr Steuer! Es gibt
dazu weitere Verordnungen. Ich habe einige mitgebracht: Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien oder das Rundschreiben der Senatsverwaltung über die Regelung für die rechtssichere Nutzung des Internets in Schulen. – Diese Verordnungen könnten ausreichen, um den Jugendschutz in Berliner Schulen zu befördern und zu garantieren.
Es bereitet mir ein wenig Sorge, mit welchem Drang die CDU-Fraktion versucht, Regulierungen und Reglementierungen in Schulen und Jugendeinrichtungen vorzunehmen. Gerade mit dem neuen Schulgesetz in Berlin ist die Forderung nach größerer Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Schulen verbunden. Dieses schließt auch Eigenverantwortlichkeit der Lehrer für ihren Unterricht und für den Umgang mit Medien in ihrem Unterricht mit ein. Es gibt ausreichend viele Unterrichtsfächer, in denen man das üben kann. Dass es da Mängel gibt - abhängig davon, wie kompetent Lehrer sind –, darin sind wir uns sicherlich einig. Aber dieses regelt man auch nicht mit einem solchen Antrag, wie ihn die CDUFraktion vorbringt.
Warum sollten auf einem Gebiet, das sowieso schwer kontrollierbar ist, durch weitere unnütze Verordnungen Einschränkungen vorgenommen werden, die nachher sowieso nicht kontrolliert werden? Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass technische Maßnahmen und technische Barrieren wie Passwörter sich bisher als ungeeignet für die Nutzung in Schulen und Jugendeinrichtungen erwiesen haben und deshalb sicherlich auch im Land Berlin nicht in dem Maße eingesetzt werden können, wie Sie es wünschen.
Das habe ich sehr wohl zur Kenntnis genommen, Herr Matz, auch wenn ich es nicht von jedem einzelnen Bundesland so wusste, wie Sie es jetzt dargestellt haben. Aber dass der Umgang mit den Lottomitteln in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird, haben Sie in Ihrem Antrag selbst geschrieben. Ich habe Ihnen die Beispiele genannt, wo es nach unserer Methode geht, und habe das positiv gewertet.
werden muss, um hier nicht einfach so weiter zu machen. Nicht nur mit der Bankgesellschaft, nein, auch mit der Lottostiftungsrat muss es mal ein Ende haben, und trotzdem kann man Gutes weiter fördern. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Matz! Ich schätze Sie ja, aber ich muss Ihnen sagen: Wenn Sie hier den Stiftungsrat der Lottostiftung mit Berliner Filz gleichsetzen und von Lottofilz sprechen, fehlt Ihnen an dieser Stelle Augenmaß und das nötige Verantwortungsbewusstsein.
Ich möchte ein paar Dinge klarstellen. Berlin besitzt die Lottostiftung seit 1975, das sind fast 30 Jahre. Der Stiftungsrat entscheidet über die Verwendung und Verteilung der Zweckabgabe und des Bilanzgewinns der Klassenlotterie. Der Stiftungsrat ist zur Hälfte vom Senat bestellt und zur anderen Hälfte vom Abgeordnetenhaus gewählt. Im Stiftungsrat sind der Regierende Bürgermeister, drei Fraktionsvorsitzende und die Opposition beteiligt. Bevor man den Vorwurf von Filz erhebt, muss man sich auch einmal vergegenwärtigen, dass die ein hohes Maß an Repräsentativität und demokratischer Legitimation bedeutet, im Gegensatz zu den Behauptungen in Ihrem Antrag.
Im Übrigen ist die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin kein Einzelfall in der Bundesrepublik Deutschland. Im Jahr 1993 hat die Landesregierung von Niedersachsen unter dem Ministerpräsidenten Gerhard Schröder in einer Rot-Grün-Koalition die niedersächsische Lottostiftung mit einer ähnlichen Struktur wie die Berliner Stiftung gegründet. Das war 20 Jahre nach unserer Gründung in Berlin. Wenn es stimmen würde, was die FDP in ihrem Antrag behauptet, dass die Berliner Lottostiftung andauernd in öffentlicher Kritik steht, dann wäre es sicherlich 20 Jahre später in Niedersachsen nicht so geschehen.
Die Stiftung Deutsche Klassenlotterie verfolgt gemäß Gesetz und Satzung gemeinnützige Zwecke. Sie fördert soziale, karitative, dem Umweltschutz dienliche, kulturelle, staatsbürgerliche und sportliche Vorhaben. Je ein Viertel – darauf wies Herr Matz schon hin – der Zweckabgabe ist seit dem Jahr 2000 für Zwecke der Jugendarbeit und für sportliche Zwecke gebunden. Ich habe damals auch in Haushaltsreden gesagt, ich halte es für gut, dass in Berlin die Entscheidung getroffen worden ist, in schwieriger Haushaltssituation auch die Mittel der Lottostiftung für Jugendarbeit und sportliche Zwecke zur Verfügung zu stellen und eine Zweckbindung über Jahre im Voraus vorzunehmen. Dies soll auch so bleiben, es hat sich bewährt.
Ja, bitte!
Im Übrigen sage ich noch einmal, Herr Matz, und werde darauf auch noch einmal zurückkommen: Ich halte die Festlegung des Viertels für Jugendarbeit und für sportliche Zwecke für ausgesprochen sinnvoll. Und der von Ihnen vorgeschlagene Weg birgt die Gefahr, dass die Mittel der Stiftung Lotto längerfristig im Haushaltsloch des Landes Berlin versinken.
Über die Verteilung der Mittel der Stiftung erhält das Abgeordnetenhaus vierteljährlich einen Bericht. Deshalb halte ich auch Ihre Behauptung für falsch, dass die Arbeit der Stiftung Lotto der parlamentarischen Kontrolle entzogen sei. Das ist nicht der Fall.
Die FDP schlägt nun etwas Neues vor: Die Lottostiftung und der Stiftungsrat sollen abgeschafft werden, und die Lottomittel sollen künftig durch den Hauptausschuss verteilt werden. Ich halte das für abwegig.
Es ist zu begrüßen, wenn auch die FDP in ihrem Antrag schreibt, dass Zweckabgabe und Bilanzgewinn der Klassenlotterie nicht im Haushaltsloch verschwinden sollen, wobei ich Ihnen noch einmal sage: Wenn man den Weg, den Sie vorschlagen, erst einmal geht, ist die Gefahr des Verschwindens der Mittel sofort gegeben. Der bisher von der Lottostiftung verfolgte Zweck soll erhalten bleiben. An der Stelle sind wir uns einig.
Den Antrag der FDP, den Hauptausschuss an die Stelle des Stiftungsrats zu setzen, halte ich im Ergebnis allerdings nicht für zielführend. Ich will einmal daran erin
Ich will einmal mit dem eher formalen ordnungspolitischen Aspekt beginnen. Öffentliche Aufgaben sind im Wesentlichen aus den Steuereinnahmen zu finanzieren. Die Finanzierung ist in den Haushalten des Bundes, der Länder und der Gemeinden nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften transparent darzustellen. Die Kontrolle der Finanzplanung und Mittelverwendung obliegt dem Parlament. Die Regierung oder, um konkreter zu werden, der Senat von Berlin, hat die Aufgabe, die öffentlichen Finanzen so zu ordnen und zu planen, dass die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben aus den ordentlichen Einnahmen gesichert ist und langfristig möglich bleibt. Voraussetzung dafür ist die Setzung von politischen Prioritäten und genügend Augenmaß, um für alle gesellschaftlichen Gruppen eine Infrastruktur zu schaffen, die für die Stabilität und den Fortbestand unseres Gemeinwesens erforderlich ist. Dass dies derzeit nicht gelingt, ist eine bekannte Tatsache, die auch Gegenstand kontroverser politischer Auseinandersetzungen ist. Diese sind jedoch nicht an diesem Punkt auszutragen, sondern dort, wo sie hingehören, nämlich in den Haushaltsberatungen. Was aber nicht sein kann, ist, dass der Staat die Finanzierung öffentlicher Aufgaben nicht ordnungsgemäß bearbeitet und stattdessen zumindest zu einem Teil den Haushalt aus Glücksspiel finanzieren will, nach dem Motto: Ich habe mich mit meinen Einnahmen verplant, machen wir doch mal eine Lotterie, damit es nicht auffällt. – Das kann doch niemand wollen. Natürlich sollen die Erlöse aus Glücksspielen auch der Allgemeinheit zugute kommen. Aber bei diesen Erlösen handelt es sich nun einmal um außerordentliche Einnahmen, und die eignen sich eben nicht zur Finanzierung staatlicher Aufgaben, vielleicht noch verbunden mit der Vorstellung, den Haushalt möglicherweise über das Glücksspiel sanieren zu wollen.
nern, dass wir etwas Ähnliches auf Bezirksebene haben, wo die Sondermittel von der Bezirksverordnetenversammlung verteilt werden. Das ist regelmäßig von Verteilungskämpfen um diese Mittel begleitet. Ihr Vorschlag würde bedeuten, dass wir ein ähnliches Verfahren auf Landesebene einführen. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses nicht zu einer Verbesserung und zu einer Zielgenauigkeit des Mitteleinsatzes führen würde, auch nicht zu einer höheren Transparenz. Die Gefahr, die Ihr Verfahren birgt, ist, dass Konflikte, die bisher im Stiftungsrat vertraulich behandelt werden können, hier offen im Hauptausschuss ausgetragen werden würden. Dass dieses den Antragstellern und den Trägern, die Mittel beantragen, wirklich hilft, wage ich sehr zu bezweifeln. Deshalb sprechen wir uns für die Beibehaltung des über fast 30 Jahre bewährten Verfahrens der Lottostiftung aus.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Danke schön! Ich konnte leider die Rede von Herrn Matz nicht hören, aber ich kann mir vorstellen, was er gesagt hat. Das steht ja auch in dem Antrag.
Ich fand den Titel Ihres Antrags, Herr Matz, etwas kühn: „Erster Träger- und Projekte-Atlas für Berlin“. Da fragte ich mich, ob jetzt die neue Zeitrechnung, seit die Lindner-FDP wieder im Parlament ist, beginnt. Da geht es dann von vorne wieder los.
Frau Schulze hat bereits darauf hingewiesen, dass im Jahre 1996 von der damaligen Oppositionspartei PDS ein Antrag „Konzept zur größeren Transparenz der Projektelandschaft in Berlin“ eingebracht worden ist. Dieser ist dann auch in mehreren Lesungen in den Ausschüssen behandelt worden. Im März 1996 ist der Antrag beschlossen worden, und im Dezember 1996 hat der Senat einen sehr umfangreichen Bericht – 83 Seiten lang – dazu vorgelegt. Deshalb geht es hier nicht von vorne los.
Damals wurden in dem Konzept für eine größere Transparenz der Projektelandschaft in Berlin drei Dinge angeregt: Die regionale Verteilung der Projekte sollte geprüft werden, die Mehrfachangebote bzw. die Mehrfachfinanzierung sollte dargestellt und so aufbereitet werden, dass man Einsparungen vornehmen kann, und die Evaluierung der Projekte sollte vorgenommen werden. Dies hat in dem schon genannten Bericht zu einer umfangreichen Bestandsaufnahme geführt. 5 600 Projekte der sozialen Infrastruktur sind damals geprüftworden. Es ist auch berichtet worden, wie die Projektelandschaft künftig gestaltet werden kann. Dies ist eine solide Diskussionsgrundlage.
Ich halte dennoch Ihr Anliegen für richtig, hinsichtlich der Träger- und Projektelandschaft in Berlin eine noch höhere Transparenz zu erhalten. Bei dieser Forderung muss man jedoch drei Dinge beachten: Das eine ist der damit verbundene Verwaltungsaufwand. Dieser muss in einem vernünftigen Verhältnis zu dem Interesse insbesondere des Parlaments stehen, das diesen Bericht fordert, aber auch derjenigen, die den Bericht sonst nutzen wollen.
Das kann allerdings nicht ein Träger- und Projektatlas leisten. Vielmehr sind das politische Entscheidungen, die uns keiner abnimmt. Ob ein Atlas, wie Sie ihn fordern, in dieser Hinsicht hilfreich ist, ist für mich momentan noch fraglich. Von einer Diskussion darüber im Hauptausschuss erhoffe ich mir Klärung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsparteien haben als Thema der letzten Aktuellen Stunde vor der Sommerpause vorgeschlagen, sich damit zu befassen, wie der Verwahrlosung in unserer Stadt entgegengewirkt und die verantwortungsbewusste Nutzung der öffentlichen Plätze und Grünanlagen gesichert werden kann. Das Thema hat eine ganze Reihe von Facetten, und es ist wert, in einer Aktuellen Stunde behandelt zu werden. Die Nutzung öffentlicher Einrichtungen und Plätze spielt gerade in der warmen Jahreszeit eine
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Es muss aber unsere Aufgabe sein, auch ordnungsrechtlich sicherzustellen, dass diejenigen Bürger in ihre Schranken gewiesen werden, die sich egoistisch über jede Regelung hinwegsetzen. Dazu gehört nicht nur das Grillen an jedem Ort und zu jeder Zeit, am besten von ganzen Tieren und unter Bäumen, und das Zurücklassen von Müllbergen, dazu gehört auch das Beschmieren von Gebäuden und Verkehrsmitteln, das Zerstören von Spielplätzen, das Wegschmeißen des Restmülls von Fastfoodkost und das leidige Thema des Hundekots. Hier gibt es ge
setzliche Regelungen. Aber es gibt doch zahlreiche Hundefreunde, die unentwegt diese gesetzliche Regelung missachten. Dieses alles und Weiteres mehr gehört zum Thema Verwahrlosung. Es ist unsere Aufgabe, der Verwahrlosung entgegenzuwirken. Ich denke, die geplanten bezirklichen Ordnungsämter könnten hier außerordentlich hilfreich sein. Dies wird uns im Verlauf des Tages noch beschäftigen.
Sie sehen, dass das Thema aktuell ist und einer Besprechung im Parlament im Rahmen einer Aktuellen Stunde bedarf. Es wird uns allerdings auch weiterhin begleiten. Deshalb werden wir heute der Aktuellen Stunde der FDP zur Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zustimmen. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
2. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, bei strafunmündigen Kindern mit erkennbarer Tendenz zum Serienstraftäter frühzeitig zu intervenieren?
Herr Staatssekretär! Können Sie uns mitteilen, wie viele strafmündige Intensivtäter nach dieser neuen Richtlinie künftig stärker in das Visier von Polizei und Justiz geraten werden?
(D
Ich habe noch eine Zusatzfrage zu den strafunmündigen Intensivtätern. Trifft es zu, Herr Staatssekretär, dass auf Polizeiabschnitten Listen über diese Intensivtäter geführt werden mit der Angabe, wann diese 14 Jahre alt werden, damit strafmündig sind und entsprechend der Richtlinie behandelt werden können? Ist es nicht sinnvoll, in diesen Fällen vorher stärker die in Ihrer Antwort erwähnten Angebote in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel die Unterbringung in Heimen mit verbindlicher Betreuung, wenn sich die Eltern als unfähig oder unwillig erweisen, auf ihre Kinder erzieherisch einzuwirken?
Herr Senator! Sie haben ja schon darauf hingewiesen, dass der Hauptausschuss gestern noch einmal die Mittel für „respectABel“ aufgestockt hat. Können Sie zusagen, dass für den Bereich Jugend für Toleranz und Demokratie die bewährten Projekte auch in diesem Jahr mit diesen Mitteln fortgesetzt werden können?
Danke schön, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an Herrn Senator Böger! Man konnte heute einer Tageszeitung entnehmen, dass der Vorsitzende des Landeselternausschusses für Kindertagesstätten befürchtet, dass viele Eltern nicht wissen, dass die Anmeldefrist für einen Kitaplatz im nächsten Kitajahr am 28. Februar abläuft. Halten Sie diese Sorge für begründet?
Herr Senator! Können Sie demnach den Eltern sagen, dass entsprechend dem Kitagesetz die Eltern bei familiärem Bedarf und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie bisher, auch einen Kitaplatz bekommen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Fraktionsvorsitzender, Michael Müller, hat bereits die Notwendigkeit der Fortsetzung der Solidargespräche für die Zukunft unserer Stadt betont. Mich interessiert, wo der Fraktionsvorsitzende der CDU steht. Herr Steffel scheint in dieser Frage wieder wegzutauchen.
Ich möchte die Ausführungen meine Kollegen Müller folgendermaßen ergänzen: Bereits das Aussetzen der Solidarpaktgespräche durch die Gewerkschaften gefährdet die großen Zukunftsprojekte unserer Stadt in den Schwerpunktbereichen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur und die damit zusammenhängenden Investitionen. Die Koalition hat für den Bildungsbereich - also für die Zukunft der jungen Menschen in unserer Stadt - Reformen geplant. Einerseits soll die Qualität der Bildungseinrichtungen nach dem PISA-Schock gesteigert werden, andererseits soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angesichts der sich verändernden Arbeitswelt erhöht werden. In diesem Zusammenhang steht die Einrichtung von 30 zusätzlichen Ganztagsschulen, die Qualifizierung der vorschulischen Bildung, die Modernisierung der Lehrpläne und ihre stundenmäßige Erweiterung in den Fächern Deutsch, Mathematik/ Naturwissenschaften und in der ersten Fremdsprache und die Absicherung einer beruflichen Erstausbildung für alle Schulabgänger.
Zur Realisierung von Reformen hat die Koalition einen Einstellungskorridor von 7 000 Stellen im öffentlichen Dienst beschlossen. Davon sind allein 4 000 Stellen für den Schulbereich reserviert. Die infolge der zurückgehenden Schülerzahlen frei werdenden Stellen sollen für pädagogische Verbesserungen genutzt werden. Junge Lehrer sollen nach ihrer Ausbildung auch in Berlin eine Chance zum Einstieg in ihren Beruf erhalten.
Der Generationswechsel in der Berliner Lehrerschaft soll auch im Interesse der Schüler vorbereitet werden, und Bildungsreformen sollen durch den frischen pädagogischen Elan junger Lehrer befördert werden.
Diese Reformen sind gefährdet, wenn es nicht im Rahmen der Solidarpaktgespräche gelingt, einen
Einstellungskorridor für junge Lehrer zu realisieren.
Die FDP fordert Bedarfskündigungen im öffentlichen Dienst. Das bedeutet die Entlassung von mehreren Zehntausend öffentlichen Bediensteten. Die Koalition will das nicht. Wir unterstützen den Senat in seinen Bemühungen, angesichts von jeweils mehr als 250 000 Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängen in Berlin Bedarfskündigungen zu vermeiden und den sozial verträglichen Stellenabbau in der von Herrn Körting beschriebenen Weise fortzusetzen. Bedarfskündigungen von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst würden zudem den Ostteil der Stadt stärker treffen. Das wäre nicht gerecht.
Anders als der Senat der großen Koalition versucht Klaus Wowereit das, was sich die Herren Diepgen, Werthebach und insbesondere Herr Landowsky nicht trauten: Der Verzicht auf Bedarfskündigungen soll mit der Haushaltskonsolidierung, einer Beschäftigungsgarantie für die jetzigen Mitarbeiter und einem Einstellungskorridor für neue, junge Mitarbeiter verbunden werden. Wir unterstützen Klaus Wowereit hierbei und fordern die Gewerkschaften auf, sich diesem Projekt anzuschließen. Es ist ein soziales Projekt, Herr Zimmer,
auch wenn es nicht alle Besitzstände sichert, wenn es Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich oder den Wechsel der Dienststelle mit sich bringt.
Nichtstun sichert erst recht keine Besitzstände. Was ist der Preis für diese falsch verstandene Besitzstandswahrung oder für Einkommenssteigerungen im öffentlichen Dienst? - Neben Arbeitsverdichtungen - die Erhöhung der Arbeitszeit für Beamte und die Pflichtstundenzahlerhöhung für Lehrer - bedeutet es den Verzicht auf die Neueinstellung junger Mitarbeiter, die wir langfristig dringend benötigen. Letztlich bedeutet es jetzt schon Kündigungen im großen Stil bei allen Zuwendungsempfängern. Darauf hat auch Herr Körting hingewiesen. Freie Träger im Jugend- und Sozialbereich mussten auf Grund geringerer Zuwendungen bereits mit Kündigungen beginnen - unabhängig von der Frage, ob ihre Arbeit gesellschaftlich notwendiger ist als die öffentliche Verwaltung in manchen Bereichen.
Es ist doch bemerkenswert, dass sich die Liga der freien Wohlfahrtsverbände nachdrücklich für den Solidarpakt ausgesprochen und einen entsprechenden Appell an die Gewerkschaften gerichtet hat. Wir halten das für mutig und für richtig. Von
der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft - Verdi - erwarten auch wir, dass sie sich gegenüber dem Senat so verhält wie in vergleichbaren Fällen gegenüber Geschäftsführungen in der Privatwirtschaft. Ich denke dabei an die AOK und an die Bankgesellschaft.
Das heißt praktisch: Handeln und Verhandeln im Interesse der Arbeitnehmer und mit dem Blick über den Tag hinaus und mit dem Blick auf das Ganze! - Das Ganze ist die Handlungsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit Berlins. - Schönen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 13. Juni d. J. haben wir in diesem Haus zum Thema „Vorschulische Ausbildung verbessern – gleiche Startchancen sichern“ debattiert. Die Aktualität ergab sich damals aus der von der OECD vorgelegten PISA-Studie, die schwere Mängel in der vorschulischen Bildung in Deutschland aufzeigte.
Warum halten wir nach nur etwas mehr als drei Monaten erneut ein bildungspolitisches Thema für aktuell? – Ich will Ihnen zwei Gründe nennen: Erstens, weil am vergangenen Sonntag die rot-grüne Bundesregierung im Amt bestätigt worden ist.
Da können sich eigentlich noch mehr Berliner freuen als nur die beteiligten Fraktionen. – Das ist eine Regierung, die die Bildungspolitik zu einer nationalen Aufgabe erklärt hat und die
Chancengleichheit in der Gesellschaft auch mit Hilfe der Bildungspolitik erreichen will.
Der zweite Grund ist: Wir in Berlin wollen uns an den jetzt zur Umsetzung anstehenden Projekten der Bundesregierung – trotz unserer knappen Kassen – aktiv beteiligen.
Im Wahlkampf wurden der rot-roten Koalition andersartige Vorwürfe gemacht, aber diese sind abwegig.
Ich denke, es waren – auch was die Bildungspolitik betrifft – im Wahlkampf rationale, vernünftige Argumente, die den Wählern vorgetragen wurden und die die Wähler auch überzeugt haben. Für eine Industrienation wie Deutschland ist es nicht ausreichend, lediglich bayerische Verhältnisse mit ständiger Auslese und konsequent geringer Abiturientenquote auf ganz Deutschland zu übertragen.
Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Bulmahn, hat folgende Schwerpunkte des nationalen Programms benannt, an denen sich Berlin – wie gesagt – beteiligen will:
1. Der Aufbau von mindestens 10 000 neuen Ganztagsschulen bundesweit.
2. Die Schaffung nationaler Bildungs- und Leistungsstandards.
3. Nationale Auswertung und Berichterstattung über die erreichten Bildungs- und Erziehungsziele.
4. Ein gemeinsames Bund-Länder- Programm zur Behebung der gravierendsten Lese-, Schreib- und Rechenschwächen unserer Schüler durch individuelle und frühzeitige Förderung der Kinder. Berlin will sich an dieser nationalen Aufgabe aber nicht nur beteiligen,
sondern Berlin will gemeinsam mit den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern und Bremen eine ganz aktive Rolle bei der Modernisierung und Qualifizierung unseres Bildungswesens spielen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Steffel! Sie brauchen sich nicht so viel Sorgen um Berlin zu machen, Sie sollten sich mehr Sorgen um den Zustand der größten Oppositionspartei in diesem Parlament machen! Dazu will ich nachher noch etwas sagen.
Es ist gut so, dass Ihre Partei bei der Wahl auch nur ein Prozent mehr bekommen hat als der kleinere Partner in dieser Regierung. Und das, glaube ich, bewahrt uns davor, uns Sorgen um die Stadt machen zu müssen.
Ich möchte Ihnen gleich vorweg sagen: Die SPD-Fraktion hält Ihre Missbilligung des Regierenden Bürgermeisters im Stil für anmaßend und in der Sache für unbegründet. Wir werden Ihren Antrag, der in der Begründung auch noch mit persönlichen Verunglimpfungen gespickt ist, deshalb ablehnen.
Herr Steffel, eine Sache möchte ich noch persönlich hinzufügen: Sie haben doch im Wahlkampf selbst erfahren, wie schlecht es für die demokratische Kultur ist, wenn man verunglimpft wird und wenn Dinge aus der persönlichen Vergangenheit herausgekramt werden. Aber Sie sind, glaube ich, wirklich ein Mensch, der nicht hinzulernt. Ansonsten müssten Sie sich eigentlich an die Spitze derjenigen stellen, die gegen die persönliche Verunglimpfung von Politikern auftreten. Aber Sie machen das Gegenteil.
Ich habe mich natürlich gefragt, welche Gründe Sie haben, dem Regierenden Bürgermeister, bevor er überhaupt seine Regierungserklärung abgegeben hat, das Misstrauen auszusprechen. Was veranlasst Sie, gegen solche guten parlamentarischen Bräuche zu verstoßen?
Ich sehe drei mögliche Gründe: Erstens – und das halte ich in Ihrem eigenen Interesse für den Hauptgrund – meinen Sie die Missbilligung selbst nicht ernst. Einen Hinweis darauf gibt das Datum Ihres Antrags: Es war der 8. Februar, der Freitag vor Rosenmontag. – Sie, Herr Steffel – das wissen wir aus dem Wahlkampf –, sind ja bayerisch-österreichischen Traditionen ohnehin stärker verbunden als protestantisch-preußischen.
Deshalb vermute ich, dass Sie mit Ihrem Antrag eher der Verbreitung der Faschingsidee in Berlin einen Schub geben wollten denn der sachlichen politischen Auseinandersetzung. Herr Steffel als Vorsitzender eines Elferrates der Gegenregierung im Fasching in Berlin – das hätte allerdings auch einen gewissen Charme.
Zweitens – und hier wird die Sache schon ernster, Herr Steffel: Sie werfen dem Regierenden Bürgermeister in Bezug auf seine Wahlaussagen Betrug und Täuschung vor. Ich bin deshalb diese Wahlaussagen noch einmal Punkt für Punkt durchgegangen – sie sind im Wahlkampf verteilt worden, und darauf können Sie sich ja auch nur beziehen –, und tatsächlich wird man fündig, aber in einem völlig anderen Sinn, als Sie in Ihrem Antrag behaupten. Die Wahlaussagen beginnen mit:
Geordnete Finanzen entscheiden über die Zukunftsfähigkeit Berlins.
Das habe ich auch schon von der CDU gehört. Ich denke, hier gibt es allgemeine Zustimmung. – Dann geht es weiter:
Durch die Bankenkrise hat sich die finanzielle Situation des Landes Berlin dramatisch verschärft.
Mal unabhängig von Schuldfragen sind wir da wohl auch noch einig. – Und nun kommt es, und da beginnt möglicherweise Ihre Kritik: