Regina Poersch
Appearances
17/3
17/5
17/7
17/9
17/10
17/12
17/13
17/14
17/18
17/21
17/24
17/28
17/31
17/36
17/39
17/43
17/44
17/49
17/51
17/63
17/64
17/67
17/69
17/70
17/72
17/74
17/77
Last Statements
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die feste Fehmarnbelt-Querung kann der Landtag offenbar nicht oft genug sprechen. Nun hat die Fraktion Die LINKE in beachtlicher Fleißarbeit einige ihrer zahlreichen Kleinen Anfragen auf Bundesebene für uns zusammengefasst und entwickelt daraus einen Antragskatalog, der Brüsseler Bürokratinnen und Bürokraten vor Neid erblassen lassen müsste.
Die SPD-Landtagsfraktion hat ihre Meinung zur festen Fehmarnbelt-Querung schon oft hier im Landtag vertreten. Wir haben die Entscheidung über diese Querung nicht in der Hand. Sie wird vom Königreich Dänemark gebaut und unterhalten. Darüber wurde ein Staatsvertrag zwischen dem Königreich Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland geschlossen, und den gilt es einzuhalten.
Statt immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Querung und möglicherweise auch die Hinterlandanbindung teurer werden, je länger sich die Fertigstellung hinauszögert, sollten wir schleunigst
unseren Anteil dazu beitragen, die Chancen dieser Baumaßnahme herauszuarbeiten. Chancen gibt es tatsächlich eine ganze Menge für unsere Region.
Wenn Unternehmen aus Schleswig-Holstein in der Bauphase und bei der späteren Unterhaltung eine wichtige Rolle spielen wollen, müssen sie vor allem zwei Dinge tun: Sich mit anderen zusammenschließen und dafür Sorge tragen, dass sie gutes und qualifiziertes Personal haben, mit dem sie diese Leistungen erbringen können. Bisherige Großprojekte in Dänemark haben gezeigt, dass die Firmen und Fachleute, auch aus kleinen Sub-Auftragsunternehmen, im Anschluss international hoch anerkannt und gefragt waren. Bei einem Projekt, mit dem in vielerlei Hinsicht technisches Neuland betreten wird, wie es bei dem Fehmarnbelt-Tunnel der Fall sein wird, sind diese Chancen umso größer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird sich etwas tun. Die feste Fehmarnbelt-Querung wird unsere Welt verändern. Wenn unsere Wirtschaft in Lübeck und in Ostholstein mitzieht, kann sie profitieren. Von allein wird das aber nicht geschehen.
Als ich das letzte Mal gemeinsam mit meinem Fraktionsvorsitzenden mit dem Unternehmen Femern A/S gesprochen habe, das die feste Fehmarnbelt-Querung bauen wird, hatten wir ein Top-Thema, nämlich die Qualität der Arbeit und die Bezahlung der Beschäftigten. Ich kann Ihnen versichern, dass gerade bei Letzterem großes Interesse daran besteht, gute Löhne zu zahlen, auch an die Beschäftigten von Unternehmen und Subunternehmen aus anderen Staaten. Die dänischen Gewerkschaften würden im Übrigen gar nichts anderes zulassen. Wer das nicht glaubt, kann sich gern von ihnen über wochenlange Blockaden von Baustellen, Boykottmaßnahmen und anderes informieren lassen. Auch soziale Verantwortung gehört zu den Grundbedingungen bei der Vergabe.
In diesem Gespräch hat mein Fraktionsvorsitzender Dr. Stegner nochmals das hohe Interesse der deutschen Sozialdemokratie an funktionierenden sozialen und tariflichen Arbeitsbedingungen beim Bau der festen Fehmarnbelt-Querung betont. Dies - sagte er - werde mithelfen, die notwendige Überzeugungsarbeit zu leisten und auch Perspektiven für junge Menschen in den strukturschwachen Regionen zu eröffnen.
Genauso ist es. Wir sollten schleunigst damit beginnen, an die Zukunft derjenigen Menschen zu denken, die durch die feste Fehmarnbelt-Querung Ausbildung und Arbeit bekommen. Von allein nützen Infrastrukturverbindungen nur den Metropolen. Die dazwischenliegenden Regionen können profitieren, wenn sie sich engagieren und etwas dafür tun.
In Sachen Bürgerbeteiligung braucht die Sozialdemokratie nun wirklich keine Nachhilfe. Bürgerbeteiligung hat bei uns gute Tradition. Zu unseren Sofortmaßnahmen nach der Wahl wird zählen: Wir werden die Bürgerbeteiligung beim Bau der festen Fehmarnbelt-Querung und der Hinterlandanbindung ernst nehmen und dem Dialogforum Fehmarnbelt eine echte Mitsprache ermöglichen.
Deshalb appelliere ich an Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu, und stehen Sie mit uns dafür ein, Schleswig-Holsteins Chancen zu entwickeln und umzusetzen, wenn die feste Fehmarnbeltquerung kommt!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt viele gute Gründe für die Photovoltaik in Deutschland und in unserem Land. Der erste Grund: Sie ist ein unverzichtbarer Teil der Energiewende. Ohne Sonne, ohne Photovoltaik, wird der Ausstieg aus der gefährlichen, der unverantwortlichen und furchtbar teuren Atomenergie nicht funktionieren.
Die Photovoltaik bietet Arbeit für Menschen in Deutschland, in unserem Land. Wir ziehen Steuereinnahmen in unserem Land aus der PhotovoltaikTechnologie. Die Investitionen im Jahr 2010 beliefen sich laut „s:hz“ auf rund 900 Millionen €. Ein weiterer wunderbarer Grund ist: Die Photovoltaik bietet alle Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, sich wirtschaftlich zu beteiligen. Das ist doch eine echte Chance, die wir nicht verpuffen lassen dürfen.
Letztendlich ist dezentrale Energieerzeugung ein Mittel, das Wertschöpfung in der Region, in unserem Land hält.
Wir entlasten damit auch die Netze. Ich gebe meinen Vorrednern ja recht, dass uns die Netzbetreiber ein Stück weit auf der Nase herumtanzen. Dezentrale Energieerzeugung kann da ein bisschen Dampf aus dem Kessel nehmen. Das wäre richtig.
Es lief alles gut. Die Solarbranche boomt, die Anlagen werden billiger. Demzufolge war eine Degression in der Förderung möglich, ohne den Ausbau erneuerbarer Energien insgesamt zu gefährden. Wir als SPD-Fraktion haben uns auch nie einer Diskussion über eine angemessene Anpassung der Vergütungssätze nach unten verschlossen. Was wir aber brauchen, sind Kontinuität am Markt und ein gesundes Wachstum in der Branche. Wir brauchen verlässliche und stabile Rahmenbedingungen für Investoren, Hersteller und Handwerker.
Dieser Ausbau wird jetzt abgewürgt, im besten Fall gebremst. Das passiert zum einen durch die drastische Kürzung, die viele Anlagenpläne nicht mehr rentabel macht, zum anderen - der Kollege Matthiessen hat darauf hingewiesen - durch die plötzli
che und vorgezogene Entscheidung, die für Verunsicherung sorgt. Das ist eine schlechte Grundlage für Investitionen, so sieht keine erfolgreiche Wirtschaftspolitik aus.
Was wir brauchen, sind mindestens angemessene Übergangsfristen, keine Vollbremsung. Wenn ich mir die Diskussion im Bund angucke, ist immerhin die Verordnungsermächtigung im Zuge der Solarförderungskürzung offenbar vom Tisch. Es soll auch in Zukunft wieder das Parlament über die Ausgestaltung des EEG entscheiden und niemand sonst. Eine Förderung nach Ministerlaune lehnen wir ab.
Insgesamt ist das ein guter Antrag der Kollegen der Grünen, dem wir zustimmen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein weiteres Mal müssen wir heute die elementare Bedeutung des Nord-Ostsee-Kanals für die weltweite, die europäische, die deutsche und am Ende eben auch die schleswig-holsteinische Wirtschaft betonen. Wir müssen wieder einmal betonen, dass nur ein verkehrstüchtig ausgebauter Nord-OstseeKanal wettbewerbsfähig ist, dass nur auf einem verkehrstüchtig ausgebauten Nord-Ostsee-Kanal der Güterumschlag in den Häfen Hamburg, Brunsbüttel, aber auch in unseren weiteren Häfen möglich ist. Angesichts der aktuellen Meldungen, dass es auf absehbare Zeit kein Geld für den Ausbau des Kanals geben wird, muss einem angst und bange werden.
Es geht uns heute darum, der weltweit meist befahrenen künstlichen Wasserstraße, eben dem NordOstsee-Kanal, die Bedeutung zu verschaffen, die sie verdient. Das ist viel mehr als eine zusätzliche Schleuse in Brunsbüttel. Und selbst die bekommt von der Bundesregierung nicht die Unterstützung, das Tempo und den Hochdruck, den sie verdient hätte.
Der Bundesverkehrsminister Ramsauer lässt nur gerade mal ein Drittel der vom Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossenen 120 Millionen € nach Brunsbüttel fließen. Das ist nichts als markige „Vor-Ort-Beteuerung“.
Ja.
- Ich beantworte einen Teil Ihrer Frage. Dagegen gestimmt haben CDU und FDP.
Dass es nur ein Drittel der beschlossenen Mittel vom Haushaltsausschuss gibt, ist eben nicht das Startsignal, von dem in Ihrem Antrag die Rede ist.
Ja.
- Herr Kollege Callsen, wir reden über ein Paket von Infrastrukturmaßnahmen, die wir hier gemeinsam im Landtag - auch mit Ihrer Zustimmung - befürwortet und unterstützt haben. Ihr Kollege hat gerade eben noch einmal herausgestellt, wie fundamental erfolgreich Sie mit den 300 Millionen € für die Schleuse insgesamt waren. Sie ist planfestgestellt. Jetzt soll das losgehen. Der Haushaltsausschuss gibt die ersten Mittel frei. Der Bundesverkehrsminister geht gerade einmal mit einem Drittel los. Das ist nicht das, was vereinbart worden ist auch mit Ihnen.
Ja.
- Nein, da haben Sie mich falsch verstanden.
Ich frage mich, wenn der Kollege Arp hier die Erfolge feiern möchte, wie Sie sich am Ende von der Bundesregierung so abspeisen lassen können.
Es mag für Sie wirklich ärgerlich sein: Nicht einmal ein anständiges Wahlgeschenk gönnt man Ihnen. Ich mag auch nicht mehr Ihre leeren Beteuerungen hören, Sie würden nichts tun oder im Bund keine Zustimmung für Dinge geben, die unserem Land schaden. Sie stimmen Steuergesetzen zu, die unser Land jährlich 130 Millionen € kosten, Sie reden über notwendige Verkehrsinfrastruktur, und die Gelder aus dem Bund wandern in den Süden der Republik.
Und beim Nord-Ostsee-Kanal tritt nun das ein, was wir von Anfang an befürchtet haben: Die fünfte Schleuse in Brunsbüttel ist eine Beruhigungspille und mehr nicht. Die neue Schleuse ergibt nur dann Sinn, wenn verlässlich und verbindlich auch die weiteren Maßnahmen folgen: die Sanierung der vorhandenen Schleusen, der Ausbau des Kanals einschließlich der Begradigung bei Königsförde. Die Brücken spielen eine Rolle.
An dieser Stelle muss ich aus SPD-Sicht Herrn Kollegen Dr. Tietze ein wenig widersprechen: Für uns als Sozialdemokraten gehört in diesen Kontext auch die Elbvertiefung. Das haben wir immer gesagt und hier auch Anträge dazu gestellt.
Bisher herrschte hier im Haus Einigkeit darüber, dass der Kanal mindestens 1,2 Milliarden € benötigen würden. In der Presse, aber auch eben gerade erklärt der Kollege Arp für die CDU-Fraktion die herausragende Bedeutung des Kanals für die Wirtschaft in Europa und in Deutschland, aber es kommt nichts dabei heraus.
Dabei regieren Sie hier und in Berlin.
Vielleicht noch eine Bemerkung, bevor ich zu einem anderen Thema komme.
Ja.
- Wir haben diskutiert, dass wir die fünfte Schleuse brauchen
- ich möchte es der Reihe nach erklären -, damit wir Ausweichmöglichkeiten haben, wenn die alten Schleusen saniert werden. Es müssen der Ausbau und die Begradigung bei Königsförde kommen.
Ja.
- Das ist mir bekannt, aber es kann doch nicht sein, dass wir einfach warten.
Dann mache ich mir jetzt eine schöne Tasse Tee, Herr Kollege Arp, und warte ab. - Das ist nicht mein Verständnis von Wirtschafts- und Verkehrspolitik für dieses Land.
Ja.
- Das würde er ganz sicher verstehen,
denn wir werden hier ja auch nicht müde zu betonen, dass wir verlässliche Rahmenbedingungen brauchen. Wir brauchen Planungssicherheit für die Betriebe, für die Verkehre und für die Infrastruktur in unserem Land. Genau diese Planungssicherheit schaffen Sie gar nicht erst. Ich sage auch noch einmal: Wenn Sie in Berlin beim Nord-Ostsee-Kanal genauso verhandeln wie zum Beispiel bei der festen Fehmarnbelt-Querung und der Hinterlandanbindung, wird mir angst und bange.
Dann muss sich keiner wundern, wenn Menschen wichtige Verkehrsinfrastrukturprojekte ablehnen und ihre Erfolge in Zweifel ziehen. So kann man doch nicht arbeiten, so geht das doch nicht. Wir brauchen eine Landesregierung, die mit Nachdruck, Hartnäckigkeit und Überzeugungskraft in Berlin agiert. Es ist allerhöchste Zeit, dass dieses Land eine Landesregierung bekommt, die in Berlin auch gehört wird.
Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer hat sich im vergangenen Jahr in diesem Land nicht über die streikbedingten Zugausfälle auf den NOB-Strecken an die Westküste, nach Eckernförde, von Husum nach St. Peter-Ording oder von Hamburg nach Westerland geärgert? Züge fielen aus, Züge, die fuhren, waren hoffnungslos überfüllt. Es gab manchen Ärger über fehlende Information, über unregelmäßige Fahrten. Ich glaube, davon hat sich jeder ein Bild machen können. Das Bild, das Schleswig-Holstein abgegeben hat, ist nicht das Bild, das ich abgeben möchte.
Günstig waren die Zugausfälle nur für das Land: Fast 1 Million € hat das Land wegen der nicht bezahlten Zugkilometer gespart.
Vielleicht ist es für eine Sozialdemokratin wie mich unnötig zu betonen, aber an dieser Stelle muss es sein: Streik ist ein verbrieftes Grundrecht. Das ist hart erkämpft und erstritten worden. Das muss natürlich so bleiben.
Aber als Besteller von Leistungen, als Landespolitikerinnen und Landespolitiker können wir unseren Beitrag dazu leisten, dass Lokführer und Zugpersonal ordentlich und fair bezahlt werden.
Während die Deutsche Bahn ihren Lokführerinnen und Lokführern zwischen 33.000 und 42.000 € brutto jährlich zahlt, zahlen einige ihrer Wettbewerber bis zu 30 % weniger.
Nun gilt: Wer die Musik bestellt und bezahlt, bestimmt, was gespielt wird.
Noch einmal vorweg ein bisschen vor die Klammer gezogen: Wir sind uns, denke ich, alle hier im Hause einig, dass das Ausschreiben von Zugverkehren in Schleswig-Holstein seit mehr als 15 Jahren eine echte Erfolgsstory geworden ist.
Das soll auch so bleiben. Vieles hat sich zum Besseren verändert: mehr Züge, besserer Komfort bei gesunkenem Landeszuschuss pro Zugkilometer. Das Prinzip stellen wir nicht infrage, und wir wollen daran festhalten. Aber auf gar keinen Fall darf ein sinkender Landeszuschuss zulasten der Löhne gehen!
Hier besteht Nachbesserungsbedarf. Das haben wir immer gesagt und Vorschläge dazu gemacht. Sehr geehrter Herr Kollege Callsen, schauen Sie sich den Gesetzentwurf an, den wir heute einbringen. Dort steht das, was in unserem SPD-Gesetzentwurf zum Vergabe- und Tariftreuegesetz stand. Wir haben hier eher von uns selbst abgeschrieben.
Ich denke, inzwischen muss jedem klar sein, dass Tariftreue im Bereich von Bus und Bahn sehr wohl europarechtskonform gestaltbar ist und geregelt werden kann. Mit der Verordnung Nummer 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rats über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße wird den Mitgliedstaaten explizit die Möglichkeit eingeräumt, dass sie - ich zitiere aus der Verordnung
„ … zur Gewährleistung transparenter und vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen zwischen den Betreibern und um das Risiko des Sozialdumpings zu verhindern, (…) besondere soziale Normen und Dienstleistungsqualitätsnormen vorschreiben können.“
In Schleswig-Holstein stehen in diesem Jahr die nächsten Bahnnetze zur Ausschreibung an. Für zukünftige Ausschreibungen wird Bilanz gezogen. Gemachte Erfahrungen können und müssen in die nächsten Verfahren einfließen. Der Kollege Harms hat es gesagt: Dafür ist es höchste Zeit. Ich sage, es ist höchste Eisenbahn für eine landesgesetzliche Tariftreueregelung, damit in den Ausschreibungen nicht mehr steht, irgendein Tariflohn sei zu zahlen, sondern damit wir als Besteller der Leistung faire Löhne einfordern. Nebenbei bemerkt würde dies auch Fragen rund um den Betriebsübergang nach einer verlorenen Ausschreibung erleichtern. Wir könnten diese Fragen ganz anders beantworten.
Als SPD-Fraktion haben wir dazu im vergangenen Jahr ein Tariftreuegesetz zur Diskussion gestellt. Wie die Kolleginnen und Kollegen des SSW finden
wir immer noch, dass im Mittelstandsförderungsgesetz vom Juli letzten Jahres auch etliches anderes grundlegend geändert werden müsste. Auf die Bahn haben wir aber einen direkten Einfluss. Für Bus und Bahn ist jetzt Eile geboten. Deshalb lautet unser gemeinsamer Vorschlag, ganz konkret und umgehend den § 14 zu ändern, damit für die betroffenen Beschäftigten schon bei den anstehenden Ausschreibungen faire Arbeitsbedingungen gesichert werden.
Lassen Sie uns den § 14 ändern - für fairen Wettbewerb auf der Schiene und für einen Wettbewerb um die beste Leistung, nicht um den niedrigsten Lohn! Das ist unser Vorschlag. Wer ihm nicht folgt, der wird in Zukunft einiges zu erklären haben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vorhin genau wie der Kollege Harms beschrieben, warum ein einzelner Paragraf aus unserer Sicht jetzt ganz schnell geändert werden sollte. Wir haben unsere Kritik am Mittelstandsförderungsgesetz, das nun einmal gilt, deutlich gemacht nicht nur heute. Ich denke, es ist nicht erforderlich, dass Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer wieder betonen, dass sie für den Mindestlohn sind. Wir sind dafür, wir schreiben es in unser Regierungsprogramm und in unsere Anträge. Wir haben allein im vergangenen Jahr zwei Anträge dazu gestellt, die hier keine Mehrheit gefunden haben. Das ist okay, aber ich habe beschrieben, worum es uns ganz konkret und aktuell mit diesem § 14 geht.
- Herr Kollege Tietze, Sie stellen sich schon freundlich zu einer Zwischenfrage hin. Wollen wir die erst zulassen?
Die Gelegenheit gebe ich ihm.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich darf mich für die SPD-Fraktion zunächst bei der Landesregierung für den Bericht bedanken.
Wenn wir über das Thema Elbvertiefung sprechen, sprechen wir - ganz simpel ausgedrückt - über die Zuwegung zu Schleswig-Holsteins größtem Arbeitgeber. Der Hamburger Hafen - das ist hier schon mehrfach gesagt worden - gibt so vielen Menschen
in Schleswig-Holstein Arbeit wie keines unserer großen Einzelunternehmen hier im Land. Er bietet direkt und indirekt rund 20.000 Menschen aus Schleswig-Holstein Arbeit. Zigtausende Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein hängen vom Hafen Hamburg ab. Das ist eine stattliche Zahl, und damit ist der Hafen Hamburg für unsere schleswig-holsteinische Wirtschaft, aber dann eben auch für unsere öffentlichen Haushalte ein echter Aktivposten.
Jeder dritte Container, der im Hamburger Hafen umgeschlagen wird, passiert den Nord-Ostsee-Kanal, für den wir uns alle hier im Haus gemeinsam und das ist gut so - sehr engagieren; denn auch davon und von den rund 3.500 Jobs rund um den Nord-Ostsee-Kanal profitiert unser Land. Die Menschen, die dort Arbeit haben, zahlen hier ihre Steuern genauso wie die Firmen, die sich entlang des Kanals ansiedeln.
Also: Arbeit, Steuereinnahmen, wirtschaftliche Entwicklung, das muss unser aller Ziel sein, wenn wir nicht den Anschluss verlieren wollen, wenn wir nicht zulassen wollen, dass sich wirtschaftliche Entwicklung in Rotterdam oder anderswo in der Welt abspielt.
Natürlich ist eine Kooperation unter Häfen gut. Aber es gibt bereits gute regionale Beispiele für Kooperationen, und auch ich will auf die Unterelbe verweisen oder eben auch auf die Offshore-Häfen. Ich bin überzeugt, dass keine noch so gute Kooperation ersetzen kann, was an Hafeninfrastruktur einschließlich der verkehrlichen Anbindung ans Hinterland im Hafen Hamburg und um ihn herum in den letzten Jahrzehnten und eigentlich auch schon in den Jahrhunderten zuvor entstanden ist. Hier müssen wir nicht das Rad oder - in diesem Fall - den Kai neu erfinden; wir haben bereits einen norddeutschen Hafen, und der ist in Hamburg.
Nun ist Hamburgs Stärke nicht seine Tiefe. Die Stärke des Hamburger Hafens liegt in einer, wie ich finde, ordentlichen Tiefe, die für die modernen Schiffe ausreicht. Und dann kommt eben die absolute Stärke in der guten Erreichbarkeit, kombiniert mit einer herausragenden Logistik. Hamburg bietet die Infrastruktur und das Angebot an Arbeitskräften, die notwendig sind, um die Güter auch umschlagen zu können. Diese Kompetenz sollten wir stärken, statt sie leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Wir dürfen dem Hafen Hamburg nicht das Wasser abgraben.
Das hat meine Fraktion übrigens bereits im vergangenen August im Zusammenhang mit der Diskussion um den Nord-Ostsee-Kanal beantragt. Wir haben seinerzeit im Zusammenhang mit der Debatte um den Nord-Ostsee-Kanal beantragt, der Schleswig-Holsteinische Landtag möge die Notwendigkeit einer Fahrrinnenanpassung der Elbe bekräftigen, um den Hafen Hamburg auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu halten.
Die Haltung der Sozialdemokratie ist insoweit ganz klar, und wir möchten an dieser Stelle ganz herzlich an die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion appellieren, doch einmal mit ihrem Wirtschaftsstaatsekretär aus Cuxhaven zu klären, ob er denn nun für oder gegen die Elbvertiefung ist. Denn es macht natürlich Sinn, ganz klar, und einig und gemeinsam und beherzt, in Berlin für eine vernünftige und gute Verkehrspolitik in unserem Land und auch in Norddeutschland einzustehen. Denn ohne all das gibt es gerade mal eine zusätzliche Kanalschleuse in Brunsbüttel, aber eben weder eine Fahrrinnenanpassung noch ein vernünftiges Ausgleichsmanagement oder gar den Kanalausbau.
Die Dinge hängen also miteinander zusammen, wenn Norddeutschland - das ist hier bereits erwähnt worden, und ich will es auch noch einmal für meine Fraktion betonen - und die gesamte Republik nicht den wirtschaftlichen Anschluss verlieren wollen. Ich bin auch der Meinung, die schleswig-holsteinische Landesregierung könnte sich an dieser Stelle ein wenig mehr ins Zeug legen. Das machen wir dann, das ist dann auch in Ordnung, und das machen wir gern.
Abschließend noch eine Anmerkung zur Elbvertiefung. Diese ist natürlich unter ökologischen Gesichtspunkten nicht einfach, das macht dann der zweite Teil unseres Antrags deutlich. Das können Sie nachlesen: Ökologische Erfordernisse sind zu gewährleisten, die vereinbarten Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in Natura-2000-Gebiete sind umzusetzen.
An dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und gerade auch Frau Kollegin Fritzen, an dieser Stelle würde eine norddeutsche Kooperation dann in der Tat Sinn machen.
Ja.
Ansonsten würde ich dafür plädieren, unserem Antrag zuzustimmen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Jasper, diesen weihnachtlichen Gruß gebe ich gern zurück. Das Thema, mit dem wir uns jetzt befassen, hat auch etwas von weihnachtlicher Milde: Streit vermeiden. Es geht darum, beim Ausbau der erneuerbaren Energien so weit es geht Streit zu vermeiden.
Im Bericht der Regierung ist von verschiedenen Arten der Bürgerbeteiligung zu lesen, die es schon gibt und die zum Teil gesetzlich vorgeschrieben sind. Natürlich ist auch der Hinweis der Landesregierung im Fazit des Berichts richtig, dass Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden ist. Herr Minister, danke für diese Zusammenstellung.
Es ist ein schöner Bericht zum Sachstand. Eigentlich gibt er aber keine Antwort, und er enthält auch keine neuen Ideen dahin gehend, wie wir die Bürgerbeteiligung wirklich verbessern können. Ich glaube, wir sind uns hier im Haus darin einig, dass wir zu einem ganz schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien in unserem Land kommen und deshalb die Bürgerbeteiligung verbessern müssen. Ich vermisse Aussagen darüber, was über die reine In
formation von Bürgerinnen und Bürgern hinausgeht. Wo macht die Regierung mehr, als sie muss? Welche Chancen und Möglichkeiten ergeben sich daraus für die Bürgerinnen und Bürger? - Wir erleben jetzt überall, was mit der Energiewende ganz konkret gemeint ist. Was auf unser Land und auf die Menschen zukommt, wird so manchem erst allmählich klar.
Dass sich nach Fukushima etwas ändern muss, ist ganz abstrakt - irgendwie allen klar. Es braucht eine dezentrale Energieversorgung, losgelöst von großen Konzernen, und vielleicht auch sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen für Kommunen. All das klingt zunächst verlockend einfach. Es ist aber so, dass die Windenergieeignungsflächen und die Photovoltaikanlagen sowie die Stromtrassen das Gesicht unseres Landes verändern werden. Das ist die eigentliche Herausforderung der nächsten Jahre für unser Land. Manch einen Gegner einer Windkraftanlage möchte ich fragen, ob ihm oder ihr ein Atomkraftwerk in der Nähe lieber wäre.
Unser Angebot lautet: Wir bündeln die Windenergieeignungsflächen an geeigneter Stelle und schließen diese Art der Energieerzeugung an nicht geeigneten Stellen aus. Damit fahren wir seit Mitte der 90er-Jahre gut. Dieses Prinzip erleben wir gerade wieder bei der Teilfortschreibung der Regionalpläne. Dennoch müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass unsere Vorstellung über diese Art der Energieerzeugung nicht überall gleichermaßen gut ankommt. Wenn Menschen Widerstand leisten, dann müssen wir uns natürlich fragen, woher dieser Widerstand rührt. Jeder von uns hier ist gefragt, Überzeugungsarbeit zu leisten. Das ist jedoch mehr als schnöde Information.
Unsere Antwort lautet, Betroffene zu Beteiligten zu machen. Unsere Idee ist, in jeder Gemeinde in Schleswig-Holstein einen Prozess zu starten, bei dem die Erfordernisse der Energiewende und die Chancen für Bürgerinnen und Bürger sondiert und vor Ort entschieden werden sollen. Wir setzen aber auch auf die Idee, Bürgerinnen und Bürger wirtschaftlich durch Energiegenossenschaften und Bürger- und Bürgerinnenwindparks zu beteiligen. Das ist eine echte Bürgerbeteiligung und nicht nur eine Beteiligung rein vom Verfahren her.
Unsere Forderung an die Landesregierung lautet also, dieses Wirtschaften auch zuzulassen.
Ich komme nun zu einem anderen Gesetzesbereich, nämlich zum Gemeindewirtschaftsrecht. Auch hier können wir bestehenden und neuen Stadtwerken gute Rahmenbedingungen geben. Auch dies ist für mich ein Teil der Bürgerbeteiligung.
Für uns bleiben drei Eckwerte bei der Bürgerbeteiligung elementar: Zum einen müssen wir das Primat der politischen und von der Bevölkerung gewählten Interessenvertreter erhalten. Wir müssen eigene Ideen haben. Wir dürfen nicht vor der Verantwortung fliehen, und wir dürfen Entscheidungen nicht auf eine zufällige Interessengruppe verschieben. Wir brauchen eine dauerhafte Informations- und Kommunikationsplattform im Internet. Ich denke daran, das so ähnlich zu machen wie beim Breitbandkompetenzzentrum SchleswigHolstein. Ich glaube, dies ist ein gutes Vorbild für das Zusammenspiel von Land und Kommunen. Der letzte Eckpunkt ist für mich ganz wichtig. Das ist die wirtschaftliche Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern. Damit überzeugen wir sie am Ende alle. Ich würde mich freuen, wenn wir den Bericht des Ministers im Wirtschaftsausschuss vertiefen könnten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
„Wir streben eine tiefgreifende Reform der Verwaltungsstrukturen in Schleswig-Holstein an, um finanzielle Mittel nicht unnötig durch bürokratische Verfahren zu verschwenden, sondern um daraus sinnvolle Maßnahmen, wie zum Beispiel die Verbesserung der Kinderbetreuung, zu finanzieren. Wir streben eine konsequente Verwaltungsstrukturreform an, bei der die größtmöglichen Einsparpotenziale realisiert werden sollen...
Um die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung zu erhöhen und um Doppelarbeit zu vermeiden, streben wir eine weitgehende Übertragung von Landesaufgaben auf die kommunale Ebene - bei vollem Kostenersatz - an. Auf diesem Weg kann die Verwaltung noch bürgernäher werden.“
Das ist SPD-Programmatik.
Nun auf dem Tisch und dementsprechend aus unserer Sicht daran zu messen: der Gesetzentwurf zur Änderung landesplanungsrechtlicher Vorschriften.
Die Frage für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist: Ist die Landesplanung ein geeignetes Beispiel für die Reform von Verwaltungsstrukturen in Schleswig-Holstein? Erhöhen wir die Leistungsfähigkeit von Landesplanung, indem wir ihre Aufgabe auf die Kommunen übertragen?
Zum Stichwort Bürgerfreundlichkeit: Eignet sich die Landesplanung als Beispiel für verbesserte Bürgerfreundlichkeit durch eine Aufgabenverlagerung auf die kommunale Ebene?
Ich meine nein. Denn der Bürgerin und dem Bürger ist es schlicht egal, wer den Job der Landesplanung macht. Da gibt es wirklich geeignetere Bereiche der Verwaltung zum Thema Bürgerfreundlichkeit.
Und letztendlich werden mit der Übertragung der Landesplanung auf die kommunale Ebene keine Doppelstrukturen abgebaut. Im Gegenteil, die bisher von uns allen hoch geschätzte Arbeit der Fachleute in der Abteilung Landesplanung wird mal eben mit fünf multipliziert. Es entsteht der fünffache Aufwand, und die durch die Konnexität entstehenden erheblichen Mehrkosten werden einfach durchgewinkt. Es ist schon wirklich erstaunlich für eine Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, die alle sinnvollen Maßnahmen - ohne Mehrkosten für den Haushalt - wie zum Beispiel eine eigenständige Landesnetzagentur zum Wohle der Stadtwerke blind und unter Verweis auf die Kosten ablehnen.
Neben der angestrebten Kommunalisierung der Regionalplanung beinhaltet der Gesetzentwurf eine Anpassung an die neuen Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern. In der Folge werden einige Inhalte des bisherigen Landesentwicklungsgrundsätzegesetzes übernommen, das dann im Übrigen entfallen soll. Ich bin der Meinung, auch darüber müssen wir im Ausschuss noch einmal gründlich reden.
Ich gebe zu - muss ich auch; Frau Kollegin Nicolaisen hat darauf hingewiesen -, auch wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben in der Vergangenheit immer wieder unter verschiedenen Blickwinkeln darüber diskutiert, ob diese Art der Aufgabenübertragung ein sinnvoller Weg ist. Nur so, wie die Regierung ihn jetzt plant, ist das mit uns nicht zu machen. Es ist schon ganz erstaunlich, Herr Minister, wie Sie mit einem drögen Gesetzentwurf wie dem Entwurf eines Gesetzes zur Ände
rung landesplanungsrechtlicher Vorschriften so ziemlich alle in der kommunalen Familie - mit Ausnahme des Landkreistages, was bei dieser Gesetzesausgestaltung niemanden überraschen kann - gegen sich aufbringen.
Mahnende Worte und warnende Stimmen prallen an Ihnen ab.
Ihr Gesetzentwurf hat nur einen einzigen Effekt: Er spielt Kreise und Städte gegeneinander aus.
Er spielt diejenigen gegeneinander aus, die eigentlich dringend zusammenarbeiten müssten, um unser Land in Kreisen und Städten nachhaltig zu entwickeln. Ich prophezeie Ihnen: Bald schon werden sich Kreise, kreisangehörige Kommunen und kreisfreie Städte gegenseitig nicht mehr über den Weg trauen. Der kreisangehörige Bereich wird Entwicklungspotenziale, die es geben mag, unter sich ausmachen und die Städte verhungern lassen. Das wiederum führt zu einem unerträglichen Ungleichgewicht, nämlich zwischen denen, bei denen sich die einkommensteuerstarken Menschen niederlassen, und denen, die eine für die Menschen ihrer Stadt und eben auch das Umland teure Infrastruktur vorhalten dürfen.
Konflikte, die es heute bereits gibt, sollten wir nicht noch per Gesetz verschärfen. Nicht unproblematisch ist aus Sicht meiner Fraktion in diesem Zusammenhang die zukünftige Genehmigung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen durch die Kreise oder die neue Planungsebene. Ich bin auch der Meinung, wenn wir in die Ausschussberatung gehen, dass die heute bestehenden fünf Planungsräume nicht in Stein gemeißelt bleiben sollten.
Ich will der Ausschussberatung und einer wirklich intensiven Anhörung, die wir machen müssen, nicht vorgreifen. Aber nach unseren bisherigen Gesprächen in dieser Sache mit den Städten und Kommunen erscheint es uns sinnvoll, die Landesplanung in der ausgleichenden Hand des Landes zu belassen.
Das hat mit sozialistischer Planwirtschaft nichts zu tun. Herr Minister, Kollegin Nicolaisen, wir haben
da deutlich mehr Zutrauen in die Landesplanungsbehörden.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die meisten von uns im SchleswigHolsteinischen Landtag hätten sich gewünscht, dass sich der Flughafen Lübeck-Blankensee erfolgreicher im Wettbewerb behaupten kann. Ich sage das auch deshalb, weil die Frage von Beihilfen neben der haushaltsrechtlichen auch politische und gesellschaftliche Dimensionen hat. Subventionen und Fördermaßnahmen sind nie nur Selbstzweck. Sie haben die Aufgabe und Funktion, sich zu rechnen, also wirtschaftliche Gewinne zu erbringen - Gewinne an Arbeitsplätzen, Gewinne für die Zulieferbetriebe in der Region, Gewinne an Attraktivität des Standorts, Gewinne für die öffentlichen Finanzen. Es ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ganz selbstverständlich, dass, falls Beihilfen zu Unrecht gezahlt wurden, diese zurückerstattet werden müssen.
Beim Lübecker Flughafen diskutieren wir diese Frage in einem Kontext, der inzwischen weniger optimistisch ist, als wir es bei der politischen Entscheidung, den Flughafen zu fördern, erwartet ha
ben. Wir erwarten nach wie vor, dass ein Investor gefunden wird. Wir erwarten, dass Ryanair sich zur Base Lübeck bekennt. Wir erwarten, dass die Passagierzahlen steigen. Wir erwarten, daß mehr Fluggäste in Lübeck ein- und aussteigen und den Tourismus dort weiter voranbringen. Schließlich erwarten wir, dass die Zusammenarbeit mit dem Flughafen Hamburg Gestalt annimmt.
Darüber gab und gibt es unterschiedliche Auffassungen über Parteigrenzen hinweg. Wenn man entschlossen ist, ein Projekt zu fördern, setzt man immer auf die Zukunft und legt Annahmen zugrunde. Die Förderung des Flughafens durch das Land Schleswig-Holstein fußte auf eben solchen Annahmen.
Wir als SPD-Fraktion haben uns damals deutlich für den Flughafen ausgesprochen - unter klar definierten Voraussetzungen.
Vor etwa einem Jahr habe ich hier im Landtag darauf hingewiesen, dass wir erwarten, dass sich die Landesregierung im zugesicherten Rahmen an den notwendigen Investitionsmaßnahmen zur Zukunftsfähigkeit des Flughafens beteiligt. Unsere Forderungen umfassten auch die sorgfältige Prüfung durch die Landesregierung, ob langfristig Fluggesellschaften von und nach Lübeck fliegen wollen. Nach dem Bürgerentscheid in Lübeck hat der Flughafen - ob nun profitabel oder nicht - bis Ende des nächsten Jahres Zeit, auf die Füße zu kommen.
Dass der Flughafen auf die Füße kommt, wird sicher nicht zum Nulltarif zu haben sein. Selbstverständlich dürfen keine Förderinstrumente zum Einsatz kommen, die beihilferechtlich unzulässig sind.
Was uns jedoch nicht hilft, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ist eine Vorverurteilung. Ausgerechnet von Ihrer Fraktion hätte ich das nicht erwartet.
Ihnen sage ich: Ja, es muss aufgeklärt werden, ob Beihilfen EU-rechtswidrig gewährt wurden. Und nein, genau das wissen wir noch nicht. Das wird nämlich zurzeit - das ist gesagt worden - und zum
Teil seit Jahren von der EU-Kommission geprüft. Wir möchten allerdings von unserer Landesregierung über den Stand der Untersuchungen transparent und zeitnah informiert werden, nicht erst über Endergebnisse.
An dieser Stelle unterscheidet sich unser Antrag vom Antrag der CDU- und FDP-Fraktion.
Selbstverständlich wird und muss das Land Schleswig-Holstein aus den Brüsseler Erkenntnissen Konsequenzen für die Förderpraxis ziehen. Ich gehe davon aus, dass die Hansestadt Lübeck genauso verfahren wird. Im nächsten Jahr kommt es darauf an, ob es gelingt, dem Flughafen eine Perspektive zu geben. Da ist der Betreiber gefragt. Wir wünschen uns natürlich, dass der Flughafen zu einem Wirtschaftsimpuls für die Region wird. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung die von uns gewünschten Informationen ausführlich in den Ausschüssen geben kann. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Fragen des Schleswig-Holstein-Tourismus hat lange Zeit unter uns Landtagsfraktionen in aller Regel eine breite Einigkeit geherrscht. Damit war es im Mai 2010 zunächst vorbei: Die sogenannte Haushaltsstrukturkommission verkündete die Einstellung der Landesförderung für die Tourismusagentur Schleswig-Holstein - TASH - bis Ende 2014. Dass Tourismusförderung auf diese Weise auf gar keinen Fall funktionieren kann, sah irgendwann im Laufe des letzten Jahres auch der letzte Koalitionär ein. Es wurde eine Arbeitsgruppe gebildet. Ihr Ziel: die Aufgaben der TASH durchforsten, vielleicht auf die eine oder andere Aufgabe verzichten beziehungsweise sie neu beschreiben, vielleicht nach den Jahren der Neuausrichtung des Tourismus 2006 bis 2009 auch wieder zur alten personellen Größe zurückfinden. Das waren die Ziele. Immer mit am Tisch: das Wirtschaftsministerium.
Erstes Ergebnis: ,,TASH optimiert“. Zweites Ergebnis: Unter 1 Million € Landeszuschuss ist das nicht zu machen. Noch einmal: Das Wirtschaftsministerium saß mit am Tisch. Und was verkündet der Wirtschaftsminister im Juli dieses Jahres? - Es gibt eine halbe Million €.
Das verstehe, wer will. Ich verstehe es nicht, und die Touristiker im Lande verstehen es auch nicht. Die Tourismus-Akteure haben im Rahmen dieser Arbeitsgruppe im Verlauf des gesamten letzten Jahres geliefert, wie es heute so schön heißt. Jetzt brauchen sie mehr als leere Sonntagsreden. Denn was soll die TASH bitte schön mit einem Landeszuschuss von gerade einmal 500.000 € anfangen? Das ist - aus meiner Sicht - zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig.
Die Regierung bleibt die Antwort schuldig, welche Aufgaben in welcher Struktur wie erledigt werden sollen und welches Budget dafür notwendig ist. Nun kann man sagen: Lasst das doch die Wirtschaft machen. - Schön und gut, sie tut es aber bereits: IHK und DEHOGA sind Gesellschafter der TASH und zeichnen sogar für Leitprojekte aus der Tourismus-Strategie verantwortlich, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Mit unserem Antrag wollen wir die politische Debatte anstoßen: Was ist uns das landesweite Tou
rismusmarketing wert? - Es wäre schön, wenn wir so eine Debatte im Wirtschaftsausschuss führen könnten. Ich habe dazu heute über den Tag anderslautende Signale bekommen. Das finde ich schade, aber ich bin an der Stelle natürlich auch Demokratin.
Meine Damen und Herren, wir predigen in der Wirtschaftspolitik „Infrastruktur vor Einzelbetrieb“. Aufgabe der Politik ist es, gute Rahmenbedingungen für erfolgreiches Wirtschaften zu schaffen. Das war sogar Konsens der letztjährigen Haushaltsberatung. Und nun zerstört die Landesregierung geradezu mutwillig funktionierende Strukturen? - Das ist nicht unsere Auffassung von Wirtschaftspolitik.
Wir brauchen heute und in Zukunft eine gut und professionell aufgestellte TASH, um SchleswigHolstein eben nicht nur bekannt, sondern auch begehrt zu machen, denn das ist das Ziel professionellen Marketings.
Die Konkurrenz schläft nicht, vor allem nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Wir brauchen gezielte Werbung, aktive Verkaufsförderung. Marktforschung ist essenziell, um auch in Zukunft zielgruppengerecht Angebote entwickeln zu können. So verstanden ist die TASH Dienstleisterin unserer Tourismusregionen.
Eine Kürzung der Landesmittel ist ein fatales Zeichen an die Tourismuswirtschaft im eigenen Land und an die Konkurrenz-Destinationen. Es sind ja nicht nur die 170.000 Arbeitsplätze, die in unserem Land direkt oder indirekt vom Tourismus abhängen - Arbeitsplätze übrigens, die nicht anderswohin ausgelagert werden können. Ich rede auch nicht nur von den 7,5 Milliarden € Umsatz, die der Tourismus Jahr für Jahr in Schleswig-Holstein mit 24 Millionen Übernachtungen macht. Hinzu kommen 137 Millionen Tagesgäste aus dem Inland und der ganze Bereich der privaten Beherbergung. Ich rede zum Beispiel auch von den steuerlichen Effekten,
die unserem Land über Einkommen- und Mehrwertsteuer wieder zukommen. Im Jahr 2010 waren das stolze 263 Millionen €. Ohne das Steuerprivileg für Hoteliers wäre es noch mehr.
Dafür muss man etwas tun. Ein auskömmlicher Landeszuschuss für die TASH - solide, planbar und zuverlässig und nicht nur von Projekt zu Projekt ist gut angelegtes Geld.
Die Stärkung des Tourismuslandes Schleswig-Holstein ist vordringlich Aufgabe der Landesregierung. Jeder Euro bringt Wertschöpfung, sagt die IHK. Ich sage: Wir bekommen auch etwas zurück. Unsere Forderung lautet deshalb: keine Tourismusförderung nach Kassenlage!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin schon ein bisschen überrascht, dass die bloße Erwähnung der Haushaltsstrukturkommission unter Wahlkampf abgelegt wird. Das ist sehr bedauerlich. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass wir sie hatten und dass sie Vorschläge vorgelegt hat, die dann auch in Ihre Beschlüsse eingeflossen sind. Ich finde es überhaupt nicht schlimm, das zu erwähnen.
Ich komme gleich zu dem, was ich zu unserem Abstimmungsverhalten zu sagen habe. Zunächst möchte ich aber bei dem Vorwurf ansetzen, unser Antrag sei zu ungenau, zu wenig konkret.
Ich schaue mir den Änderungsantrag von CDU und FDP an, die unter der Nummer 2 des Antrags den Begriff „Sockelbetrag“ erwähnen. Sockelbetrag
ist zunächst einmal auch relativ unkonkret. Herr Kollege Kumbartzky, ich habe aber genau zugehört, was Sie gesagt haben. Sie haben gesagt: Lassen Sie uns die Papiere der TASH zur Grundlage machen. - Ich sage Ihnen: Ja, machen wir das. Sie haben gesagt: Lassen Sie uns eine angemessene jährliche Grundfinanzierung für die TASH machen. - Ich sage Ihnen: Ja, machen wir das. Und Sie haben gesagt: Lassen Sie uns die Finanzierung der TASH auf das heutige Niveau bringen. Ich habe das mitgeschrieben, das haben Sie so gesagt. - Dazu sage ich Ihnen: Ja, da sind wir doch mit dabei. Wenn in den Papieren dieser Betrag von 1 Million € genannt wird, der einfach notwendig ist, um die Kernaufgaben zu erfüllen, die das Ministerium durch die TASH auch erledigt haben will, dann lassen Sie uns das doch so machen.
Dann mache ich jetzt einmal einen Vorschlag, denn im Antrag der Fraktionen von CDU und FDP steht ja gar nicht so viel Falsches drin. Schreiben Sie einfach: „Sockelbetrag in Höhe von 1 Million €“, und wir sind mit dabei.
Das ist kein Problem. Ansonsten müssen wir uns bei der Abstimmung über Ihren Antrag leider enthalten. Die Enthaltung gilt dann auch für den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wenn in der Sache abgestimmt wird, wird es keine Überraschung sein, dass wir unserem Antrag zustimmen werden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir aus der Anhörung zu den beiden Gesetzentwürfen, die wir jetzt beraten, eines lernen können, dann das: Mit einer funktionierenden Tariftreueregelung macht die öffentliche Hand klar, wofür sie steht: für gute Arbeit, für faire Wettbewerbsbedingungen, für Verantwortung für die Bedingungen, zu denen Land und Kommunen Leistungen einkaufen. Damit wird Tariftreue zu einem zentralen Thema der Wirtschaftspolitik.
Wir sind eine ganze Weile davon ausgegangen, dass wir CDU und FDP für unseren Vorschlag für ein Vergabe- und Tariftreuegesetz - das funktionierende Mittelstandförderungsgesetz wollten wir gar nicht anfassen, Kollege Callsen - gewinnen können. Das ist uns nicht gelungen. Der Gesetzentwurf der Regierung bleibt deutlich hinter unseren Vorstel
lungen zurück. In einem Punkt geht er jedoch zu weit: Der Vorrang von Privatisierung hat mit Mittelstandsförderung rein gar nichts zu tun,
schon gar nicht in der Pauschalität, in der es die Regierung in ihren Gesetzentwurf beschrieben hat. Deshalb gehört er gestrichen.
Privat erbrachte Leistungen sind nicht per se besser, kostengünstiger, bürgerfreundlicher, transparenter oder volkswirtschaftlich sinnvoller. Bei vorangegangenen Privatisierungen haben wir alle unsere leidvollen Erfahrungen gemacht. Denken Sie nur an die vielen privatisierten Stadtwerke!
Ein großes Anliegen sind uns in der Tat die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO. Sie gehören nach unserer Auffassung ins Gesetz und nicht bloß in einen Erlass oder eine Verordnung. Hier bleibt der Regierungsentwurf nicht nur hinter unseren Vorstellungen zurück, sondern auch hinter seinem Vorbild, dem hamburgischen Vergabegesetz.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP und von der Landesregierung, wenn Sie argumentieren, dass die Kernarbeitsnormen der ILO vergabefremd sein sollten, dann ist es die Bekämpfung der Schwarzarbeit auch und die Tariftreue erst recht. Dabei geht es im Kern um nichts anderes als um die Verantwortung für die Bestellung von Leistungen und Lieferungen im Bereich der öffentlichen Verwaltung.
Nicht mehr und nicht weniger, als dass Steuerzahlerinnen und Steuerzahler davon ausgehen können müssen, dass hinter bestellter Ware oder verbautem Material keine Kinderarbeit und keine Zwangsarbeit steckt, dass Männer und Frauen für gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten.
Hier trägt jede und jeder Verantwortung, die oder der Aufträge aus Steuermitteln vergibt und bezahlt. Es darf nicht sein, dass in Deutschland - in Schleswig-Holstein - zum Beispiel Straßen mit Steinen gebaut werden, die in fernen Ländern von Kindern unter unzumutbaren Bedingungen gehauen wurden. Es darf nicht sein, dass hierzulande möglicherweise Behörden weniger Geld für Waren bezahlen, die anderswo durch Zwangsarbeit hergestellt wurden. Wenn wir hier in Deutschland und in Schleswig-Holstein für Geschlechtergerechtigkeit eintre
ten, dürfen wir nicht wirtschaftlich davon profitieren, dass anderswo Frauen mit Niedrigstlöhnen abgespeist werden.
Der frühere hamburgische CDU-Senat und die frühere hamburgische CDU-Mehrheit in der Hamburgischen Bürgerschaft haben das erkannt und ein entsprechendes Gesetz geschrieben. Tun Sie es doch bitte auch!
Der gesetzliche Mindestlohn ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ein großes Thema. Andere Bundesländer ziehen eine Mindestlohnregelung im Rahmen ihrer jeweiligen Tariftreuegesetze vor. Wir haben von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, dass wir einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn für richtig halten, einen gesetzlichen Mindestlohn, der auch dort greift, wo tarifliche Regelungen versagen, einen Mindestlohn, der jeder und jedem zusteht und der es ermöglicht, von Vollzeitarbeit menschenwürdig leben zu können. 1,4 Millionen Erwerbstätige beziehen Arbeitslosengeld II. Das ist fast ein Drittel der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Der Grund dafür sind Niedriglöhne, bei denen selbst mit Vollzeitarbeit das Existenzminimum nicht abgedeckt wird. Niedrige, nicht-existenzsichernde Löhne werden aus Steuermitteln subventioniert. Dieser Missstand gehört abgeschafft.
Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass wir das bundesgesetzlich regeln sollten. Deswegen haben wir noch einmal einen Antrag eingebracht. Die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat sind inzwischen so, dass eine Initiative Schleswig-Holsteins für einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn gute Chancen hätte, gehört zu werden - anders als das noch vor ein paar Monaten der Fall war.
Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion hatte mich gewarnt, dass ich allein fünf Minuten Redezeit brauchen würde, um zu erläutern, warum meine Fraktion im Wirtschaftsausschuss zu einzelnen Punkten auf eine bestimmte Weise abgestimmt hat und es auch jetzt tun wird. Sie werden es gleich sehen. Einen Punkt muss ich aber doch erläutern. Er richtet sich an den Kollegen Dr. Tietze.
Die Überschrift lautet im Grunde: die Entdeckung der ILO-Kernarbeitsnorm. Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass wir uns im Wirtschaftsausschuss bei der Abstimmung über Ihren Änderungsantrag zum Gesetzentwurf enthalten haben. Das hatte den Grund, dass wir den Gesetzentwurf der Regierung so schlecht fanden, dass wir ihn nicht dadurch adeln wollten, dass wir daran herummachen. Wenn Sie dies nachlesen wollen: In unserem Gesetzentwurf ist in § 17 sehr wohl die ILO-Kernarbeitsnorm enthalten. Unser Gesetzentwurf lag um einiges früher auf dem Tisch als der Gesetzentwurf der Regierung.
Es ist mir einfach wichtig, dass wir nicht gerade heute entdecken, dass es hier Übereinkünfte anzuerkennen gibt, die sich gegen Zwangsarbeit, gegen Kinderarbeit und gegen andere schlimme Dinge richten. All dies hat die SPD schon ganz früh in ihrem Gesetzentwurf gehabt. Alles andere, was die Abstimmungen angeht, werden Sie gleich sehen. Diesen Punkt nehmen Sie aber bitte zur Kenntnis.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu viel Strom für zu wenig Netz - das war der Tenor unserer Debatte im Februar 2011, als wir den Bericht der Landesregierung ,,Entwicklung der Stromnetze in Schleswig-Holstein“ auf den Tisch liegen hatten. Wir alle waren uns einig: Man müsste mal was machen.
Die Stromübertragungsnetze sind regelrecht verstopft. Auf der Höchstspannungsebene wurde 2005 ein Ausbaubedarf von 845 km festgestellt, davon wurden bis 2010 gerade einmal 90 km realisiert.
Vom Bundesverband der Windenergie wissen wir, dass 99 % der Abschaltungen von Windkraftanlagen auf der Verteilernetzebene stattfinden, also auf der 110-kV-Ebene. Hier besteht der größte Ausbaubedarf. Und noch etwas: Wenn bei uns im Land abgeschaltet wird, dann im Norden Schleswig-Holsteins.
Weder in der Landtagsdebatte im Februar noch bei Beantwortung in einer Kleinen Anfrage der Grünen konnte die Landesregierung die Frage nach den Abschaltungen schlüssig beantworten. Hier hätte ein Anruf beim Bundesverband der Windenergie genügt. - Damit aber auch genug zum Rückblick auf die Februar-Debatte.
Ich möchte ansetzen bei dem „man müsste mal was machen“. Das ist leicht gesagt, aber schwer getan. Zusammen mit unseren Kolleginnen und Kollegen des SSW haben wir in unserem Antrag Vorschläge dazu unterbreitet. Ich will gern einräumen, dass uns dort ein Schreibfehler unterlaufen ist. Bevor jemand darüber stolpert, möchte ich klarstellen: Es muss natürlich „SmartGrids“ und nicht „SmallGrids“ heißen. Den Fehler möchte ich hier gleich ausräumen. Das ist uns durchgerutscht.
Der umfangreiche Antrag der Grünen macht ebenfalls gute Vorschläge, aber zu diskutieren ist noch das Thema transparente Bürgerbeteiligung. Dazu hat mein Kollege Lars Harms eben alles Wichtige gesagt.
Wir haben jetzt auch einen Antrag der Regierungsfraktionen vorliegen. Der ist in Sachen Erdkabellösung leider wieder etwas bangbüxig - will ich einmal sagen.
Immerhin kam in Ihrer Rede, Herr Kollege Magnussen, vorhin das Wort „volkswirtschaftlich“ vor. Vielleicht sind Sie da auf Ihrer Seite inzwischen einen kleinen Schritt weiter.
Wir brauchen eine klare und verbindliche Verabredung mit den Netzbetreibern und die Unterstützung in der Gesellschaft bei der Umsetzung. In Ostholstein ist E.ON seit 10 Jahren in der Pflicht, eine 110-kV-Leitung zu bauen, ein Scoping-Termin musste aber nach drei Jahren wiederholt werden, weil die Ergebnisse schlicht veraltet waren. E.ON hatte rein gar nichts getan. Das kann einfach nicht hingenommen werden. Es kann auch nicht hingenommen werden, dass die Netzbetreiber allein über den Netzausbaubedarf entscheiden.
Was wir brauchen, sind nicht nur Metall für die Masten, sondern Investitionen in intelligente Netze. Dazu müssen Anreize geschaffen werden, um Erzeugung und Nachfrage von erneuerbaren Energien in Einklang zu bringen. Was wir weiter brauchen, sind zügige und transparente Planverfahren. Auch sollten neue Verfahren so ausgelegt sein, dass bereits belastete Trassen genutzt werden können; damit wir auch auf diese Weise die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen.
Was wir außerdem brauchen - das ist meiner Fraktion sehr, sehr wichtig -, sind gut aufgestellte Stadtwerke. Sie sind für uns die Motoren bei der Energiewende.
Eine dezentrale Energieerzeugung und weitgehend dezentrale Energienutzung spart im Übrigen auch Übertragungsnetze.
Die Netzstruktur wird sich durch den Atomausstieg, den weitgehenden Verzicht auf die endlichen fossilen Brennstoffe und auch den damit verbundenen Ausbau der erneuerbaren Energien überall in Deutschland verändern. Große Kraftwerke brauchen ein ganz anderes Stromnetz als dezentrale erneuerbare Energieerzeugung. Aber nur dieser Weg ist mutig, richtig und zukunftweisend.
Was wir nicht nur beim Ausbau des Stromnetzes, sondern überall brauchen, ist eine echte, eine ernst gemeinte Bürgerbeteiligung. Das ist so viel mehr als die von CDU und FDP geforderte ,,Information“.
Wir brauchen vor allem Transparenz. Eines ist auch ganz wichtig, das sollten wir uns immer wieder vornehmen: Wir sollten Betroffene zu Beteiligten machen. Unter anderem daher rührt übrigens
auch unsere Forderung nach einer Erdkabellösung. Ich bin mir sicher, jede und jeder wird dann gern ihren und seinen Beitrag dazu leisten, dass wir die erneuerbaren Energien ausbauen und den so produzierten Strom auch abführen können. SchleswigHolstein ist „das“ Windland. Wenn wir über den Ausbau der Stromnetze reden, Herr Kollege Magnussen, dann ist das nicht nur irgendein Teilaspekt, sondern das ist die Grundlage dafür, dass wir Schleswig-Holstein zukunftsfähig machen können. Das sollte unser aller Interesse sein.
Gegen die vorgeschlagene Ausschussüberweisung aller Anträge spricht aus meiner Sicht nichts.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon 2008 haben wir hier über einen Vorschlag zur Änderung des LEGG gesprochen. Seinerzeit war es ein Gesetzentwurf der Fraktion der Grünen. Es ging um neue Leitlinien in der Energieversorgung. Damals habe ich gesagt, dass der Antrag durchaus Charme hatte, wir aber der Meinung waren, dass man das Landesentwicklungsgrundsätzegesetz grundsätzlich und in Gänze diskutieren sollte, auch losgelöst von der Tagespolitik. Wie es dann manchmal aber so mit Gesetzentwürfen geht: Der Entwurf ist über die erste Lesung nicht hinausgekommen. Er wurde zwar in die Ausschüsse überwiesen, fiel aber durch die Neuwahl im Jahr 2009 der Diskontinuität anheim. Das sollte an dieser Stelle wenigstens einmal erwähnt werden.
Nun geht es darum, ganz grundsätzlich und mit Gesetzeskraft zu beschreiben, wo unser Land hingehen soll, was die Idee für die Entwicklung unseres Landes ist. Frau Kollegin Nicolaisen, da ist mir der Landesentwicklungsplan eine wichtige Hilfe, und wir haben rund um den LEP sehr konkret diskutiert. Er hat aber eben keine Gesetzeskraft. Er unterscheidet auch Grundsätze und Ziele der Landesentwicklung. Wenn wir es aber „nur“ mit einem Grundsatz zu tun haben, geht es nicht weit genug.
Eine Anregung - insbesondere aus den Kommunen - rund um den LEP war: Schreibt doch bitte auch den Grundsatz der Innenverdichtung als eigenen Grundsatz der Landesentwicklung in das Gesetz. Schreibt hinein „die Nachverdichtung von bestehenden Siedlungsteilen“ anstelle von „neuen Flächenversiegelungen am Ortsrand“.
Das steht im Landesentwicklungsplan, das steht im Baugesetzbuch. Wirklich weit hat uns das bisher aber nicht gebracht. Denn noch immer gehen wir
mit unserem Boden viel zu sorglos um. Noch immer geben wir der zusätzlichen Versiegelung von Flächen den Vorrang vor einer Nachnutzung bereits versiegelter Flächen, wenn - das spüren vor allem die Kommunen - ein Investor mit Arbeitsplätzen winkt oder womöglich droht, sie abzuziehen, wenn er nicht genau an dem von ihm vorgeschlagenen Standort die notwendigen Genehmigungen erhält. Nach dem Baugesetzbuch den Grundsatz der Nachverdichtung nun auch als eigenen Entwicklungsgrundsatz des Landes zu formulieren, das ist eines der Ziele unseres heutigen Vorschlags zur Änderung des LEGG.
Es geht nicht um die Vergrämung von Investoren, sondern es geht um die Hilfestellung für selbstbewusste kommunale Stadt- und Ortsentwicklung. Kein Geringerer als der Umweltreferent des Deutschen Bauernverbandes schreibt uns ins Stammbuch, dass das Ziel aus der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, den Flächenverbrauch auf täglich 30 ha zu reduzieren, in weite Ferne gerückt ist. Im Gegenteil sind es täglich circa 94 ha, das ist mehr als das Dreifache, die unwiederbringlich verloren gehen.
In den Jahren von 1992 bis 2009 gingen mehr als 780.000 ha Fläche durch Versiegelung unwiederbringlich verloren. Verloren sind sie nicht nur für Natur und Landschaft, sondern zum Beispiel auch für den Ackerbau und damit für unsere Ernährungssicherung. Innerorts liegen aber bereits versiegelte Flächen brach. Da stimmt doch etwas nicht.
Die Reduzierung der Flächenversiegelung soll also kein Lippenbekenntnis bleiben. Wir meinen es ernst und legen Ihnen deshalb heute unseren gemeinsamen Vorschlag zur Änderung des LEGG vor. Frau Kollegin Nicolaisen, weitere Vorschläge sind ausdrücklich willkommen. Deswegen wollen wir anhand des Gesetzentwurfs in den Ausschüssen diskutieren und auch erfahren, was Ihre Vorstellungen sind.
Vorstellungen haben wir natürlich auch zur Energieversorgung in unserem Land. Der Kollege Matthiessen hat es beschrieben. Die Debatte heute Vormittag hat ganz deutlich gezeigt, dass wir dies in Stichworten kurz mit einem Weg von der Atomenergie, einem Weg von fossilen Energieträgern, einem Weg von der CO2-Belastung und mit einem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien und natürlich auch der Stromnetze beschreiben können. Über den direkten Zusammenhang zwischen dem Ausbau der erneuerbaren Energien
und ihrer Einspeisung und Ableitung über ein leistungsfähiges Stromnetz ist heute Vormittag viel gesagt worden, und dabei war auch vieles richtig. Der Ministerpräsident hat heute Vormittag in seiner Regierungserklärung ein Maßnahmenvorranggesetz für den Netzausbau gefordert. Ich möchte dies um die Forderung nach einem Vorrang für Erdkabel ergänzen.
Damit kämen wir sogar noch schneller ans Ziel, und mit einer größtmöglichen Akzeptanz in der Bevölkerung würden wir uns auch so manches Klageverfahren ersparen.
Das waren in Kürze unsere Vorschläge für ein LEGG. Lassen Sie uns im Ausschuss intensiv und ganz grundsätzlich über die Entwicklung unseres Landes diskutieren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Netzausbau in Deutschland hält mit der Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren Energien nicht Schritt.
Bereits der erste Satz des Berichts beschreibt die Kernaussage und das Kernproblem. Oder, um es mit der Überschrift der ,,Norddeutschen Rundschau“ von vor zwei Tagen auszudrücken: ,,Zu viel Strom für zu wenig Netz!“ - Wie wahr.
Der Bericht des Wirtschaftsministeriums, für den ich mich bei den Verfasserinnen und Verfassern im Namen meiner Fraktion bedanken möchte, hält es schriftlich fest: Es wird zwar weiter viel Strom aus Windenergie erzeugt, dieser versickert jedoch we
gen fehlender Netzkapazitäten ungenutzt. Biomasseanlagen laufen gerade im Norden unseres Landes im Leerlauf.
Viel ist zu lesen über die prognostizierten Strommengen im Allgemeinen und aus erneuerbaren Energien im Besonderen. Der Bericht enthält die zentrale Prognose, dass bis 2015 8.700 MW bis 10.300 MW zusätzlich aus erneuerbaren Energien produziert und damit vom Netz aufgenommen werden wollen. Daraus abgeleitetes Handeln sucht man in dem Bericht jedoch vergeblich.
Nach der Lektüre des Berichts bin ich weniger denn je der Auffassung, dass sich diese Landesregierung wirklich auf die zunehmende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und auf die Stromerzeugung auf See und in Küstennähe vorbereitet. Die Regierung geht davon aus, dass die Ableitungskapazität erhöht werden muss, dass vorhandene Leitungstrassen ertüchtigt werden müssen und dass neue Trassen aller Spannungsebenen notwendig werden. Was aber folgt daraus? - In welcher Weise wird die Regierung aktiv und handelt, damit die Ableitungskapazität erhöht wird, damit vorhandene Leitungstrassen ertüchtigt werden und damit neue Trassen aller Spannungsebenen gebaut werden? Wir lesen, sie werde die Gespräche intensivieren. Mehr nicht. Wir lesen, sie werde die Netzbetreiber auffordern, unverzüglich den notwendigen Netzausbau voranzutreiben. Mehr nicht. Wir lesen, sie werde die bundespolitische Diskussion um die Anerkennung von höheren Kosten von Erdkabeln gegenüber Freileitungen begleiten. Mehr nicht. Das ist entschieden zu wenig.
Mein Eindruck ist: Die Landesregierung will lediglich den Anschein erwecken, den erneuerbaren Energien nicht abgeneigt zu sein. Sie verkennt dabei, dass diese längst auf dem Vormarsch sind und dass wir inzwischen Strommengen erreichen, die wir nicht einfach vergeuden dürfen. Das ist volkswirtschaftlicher Irrsinn.
Der Bericht erkennt zutreffend, dass vielerorts Menschen einerseits für erneuerbare Energien seien, aber gegen Stromleitungen. Wenn das so ist, wenn Studien uns sagen, auf welche Menge die Stromerzeugung in den nächsten Jahren ansteigen
wird, dann ist informieren, wie es der Bericht empfiehlt, viel zu wenig.
Kommen Sie endlich den Wünschen der Bevölkerung entgegen, und setzen Sie sich aktiv und mit Engagement für die Verlegung von Stromleitungen unter der Erde ein. Das, Herr Minister, löst die in Ihrem Bericht beschriebene Dichotomie auf und sorgt für echte Akzeptanz für neue Stromleitungen. Kollege Magnussen, auf der Ebene der Hochspannung bei 110 kV wären wir schon deutlich weiter, wenn Sie das wenigstens mal akzeptieren könnten.
Wenn Sie wirklich wollen, dass Leitungen schnell und ohne lange Klage- und Enteignungsverfahren gebaut werden, dann sollten Sie darauf hören, was die Menschen im Lande wollen, was Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker aller Couleur und auch Tourismus-, Bauern- und Naturschutzverbände wollen. Die letzteren sind sich ja ausnahmsweise mal einig. Das hat ja auch etwas zu bedeuten.
Nebenbei: Auch die im Bericht wie zufällig einstreute Behauptung, die Kosten für die Verlegung von Erdkabeln seien gegenüber Freileitungen deutlich höher, zeigt, welch Geistes Kind der Bericht ist: Er soll den Stromkonzernen gefallen und nicht den Menschen!
Nun mag man sagen, die öffentliche Hand, das Land, habe nur geringen oder gar keinen Einfluss auf den Netzausbau durch die Netzbetreiber. Wenn das so ist, dann müssen wir den Einfluss eben steigern. Die SPD-Fraktion ist seit jeher der grundsätzlichen Auffassung, dass Netz und Betrieb voneinander getrennt werden sollten. Die Stromkonzerne dürfen eben nicht mehr allein für den Ausbau und Betrieb der Netze zuständig sein. Auch darf die Verpflichtung der Netzbetriebe, ein leistungsfähiges und sicheres Netz vorzuhalten, nicht unter den Vorbehalt der wirtschaftlichen Zumutbarkeit gestellt werden.
Nur dadurch wird das, was die Landesregierung in ihrem Bericht mit freundlichen, aber, wie ich finde, schwachen Appellen versucht, auch mit politischem Nachdruck erreichbar sein: ein leistungsfähiges Stromnetz unter der Erde, das den Anforderungen unseres Landes auch über 2015 hinaus gewachsen sein wird, ein Stromnetz, das den Menschen dient und nicht den Stromkonzernen.