Ilka Keller
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass wir jetzt zu einer etwas ruhigeren Debatte finden. Das, was die Bürgerinnen und Bürger in der Aktuellen Stunde gerade eben hörten, ist eigentlich etwas, was sie nämlich nicht wollen. Sie wollen Aufklärung, aber nicht diese Schlachten!
Innerhalb des Wahlkampfes ist das aber natürlich sehr en vogue.
Zum Thema: Zwölf Jahre nach Kriegsende hat mit Konrad Adenauer ein Nordrhein-Westfale auf dem
Kapitol in Rom für die Bundesrepublik die Römischen Verträge gezeichnet. Sie sind die Geburtsurkunde unserer Gemeinschaft auf dem Fundament von Frieden, Vielfalt und Marktwirtschaft. Sie setzen die Grundsteine für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Reise- und Niederlassungsfreiheit, die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs und die Freiheit des Kapitalverkehrs.
Uns in der CDU ist es ausgesprochen wichtig, hier noch einmal unsere Position in Nordrhein-Westfalen deutlich zu artikulieren. Am 25. März 1957 schafften die Römischen Verträge für den noch jungen Frieden der Nachkriegsjahre eine dauerhafte Grundlage. Dieser Friede hält nun über 70 Jahre. In der heutigen Zeit, in der wir leben, sehen wir, wie Ordnungen weltweit zerbrechen und wie um uns herum immer mehr Konflikte entstehen, die jedes Jahr weit über 170.000 Menschen das Leben kosten.
Vor diesem Hintergrund haben die Worte Konrad Adenauers kein Jota an Aktualität verloren. Ich zitiere:
„Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“
Welchen Platz hat Nordrhein-Westfalen in der europäischen Familie? Mit den Römischen Verträgen waren neben Italien unsere direkten Nachbarn Belgien und die Niederlande sowie in unserer unmittelbaren Nähe Frankreich und Luxemburg die ersten Partner der Bundesrepublik. Diese Länder waren im Zweiten Weltkrieg von Deutschland besetzt.
Nach den beiden Kriegen, nach Rheinlandbesetzung und Ruhrfrage, war der Gründungsakt von Rom für Nordrhein-Westfalen vor allem Aussöhnung und Nachbarschaftsprojekt. Von daher hat sich die europäische Idee für den Alltag in Nordrhein-Westfalen besonders konkretisiert – als großes Glück bis heute mit 100.000 Grenzpendlern, die jeden Tag bei uns arbeiten, 1,6 Billionen € Bruttoinlandsprodukt mit dem Beneluxraum, 20 % des Außenhandels allein mit den Nachbarn sowie vertiefter Partnerschaft in unseren vier Euregios.
In seiner Amtszeit als Bundespräsident hat Joachim Gauck daran erinnert, dass wir Europäer für unsere Gemeinschaft und ihre Identität keinen Gründungsmythos haben, keine Entscheidungsschlacht, keine gemeinsame Revolution. Die Würdigung der Römischen Verträge macht uns aber bewusst, dass es auch ohne einen solchen Mythos in der Kriegsfolge kaum ein Gründungsdokument geben dürfte, das mehr Errungenschaften mit sich brachte.
Nach 1954 hat das französische Parlament die Europäische Verteidigungsgemeinschaft abgelehnt. Die Verhandlungen auf der Grundlage des Spaak-Berichtes waren hochkompliziert. Es gab den Argwohn,
dass das französische Atomprogramm für uns auf deutscher Seite gefährlich sei. Frankreich hatte Angst vor dem Ausverkauf seiner Wirtschaft. Für EWG und EURATOM gab es bestimmt keine europäische Euphorie. Hätte man damals ein Referendum durchgeführt, hätte sich die Nachkriegszeit ganz anders entwickeln können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten heute vier Anträge. Ich denke, dass die Intentionen nicht so weit auseinanderliegen. Der Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen nimmt Bezug auf die gegenwärtige große Krise, die unsere Gemeinschaft erlebt. Sie ist auf den Brexit und die Flüchtlingsströme innerhalb der EU zurückzuführen. Das ist eine große Herausforderung. Europa muss – das ist richtig – auf die geopolitische Situation genau umgekehrt reagieren.
Die Fluchtbewegungen auf der Welt, die Situation bei unseren Freunden in den USA, die unerträgliche Provokation der türkischen Regierung, die dauerhaft gefährliche Lage in der Ukraine, die russischen Ambitionen mit dem Bruch der Helsinki-Akte: Das alles unterstreicht Europas existenzielle Wichtigkeit. Der Schlusssatz von Berlin vor zehn Jahren hat nicht an Gültigkeit verloren: „Wir sind zu unserem Glück vereint“. – Das hätte der jetzige Jubiläumsgipfel in Rom nach meiner Überzeugung auch noch deutlicher machen müssen.
Vor diesem Hintergrund haben wir unseren Antrag auf das Glück und die Wohlfahrt konzentriert, für die die Römischen Verträge das Auslösungszentrum dafür sind, dass wir entschlossen auch hier in Nordrhein-Westfalen dafür sorgen wollen, dass es weitergeht, dass wir uns über die vielen Tausend jungen Menschen bzw. Bürgerinnen und Bürger freuen, die jetzt – ob in Düsseldorf, Frankfurt, Warschau, Rom oder London, wo es sogar 25.000 waren – auf die Straße gehen, für Europa kämpfen und sagen, wie wichtig es ist, dass wir hier unseren Frieden und unsere Einheit behalten. Die jungen Menschen zeigen Begeisterung für unsere Gemeinschaft und für die Grundsätze der Humanität, auf denen auch ihre Zukunft beruht.
An diesen Stolz und diese Zuversicht möchten wir anknüpfen – in Erinnerung an den Mut vor allem von Robert Schuman und Konrad Adenauer, von Charles de Gaulle, von Altiero Spinelli, Jean Monnet und auch von De Gasperi.
Auf dem Tisch liegt jetzt das EU-Weißbuch von JeanClaude Juncker mit den fünf Szenarien. Das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit wird künftig sicher eine stärkere Rolle spielen. Natürlich müssen wir in Deutschland intensiv daran mitwirken.
Auf der anderen Seite können Deklarationen Europa nicht retten. Europa lebt vom Mitmachen, Kennenlernen, Austausch, Verstehen und Entgrenzung. Hier war Nordrhein-Westfalen – und das muss unser Bundesland im Herzen der Gemeinschaft auch bleiben –
immer ein Beispiel für das enge, gute Miteinander über unsere Landesgrenzen hinweg – nach Benelux, im Regionalen Weimarer Dreieck –, und zwar an der Seite der jungen Europäerinnen und Europäer.
Diese lebendige Gemeinsamkeit ist Voraussetzung, damit die EU ihre beiden großen Versprechen weiter halten kann – Frieden und Wohlstand –, und sie ist die Voraussetzung für die wichtige neue Legitimation im globalen Zeitalter, nämlich die Interessen und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu verteidigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für den neuen Landtag werde ich nach 27 Jahren nicht mehr kandidieren. Deshalb möchte ich diese letzte Rede auch zum Anlass nehmen, um mich, auch wenn es manchmal deftige und heftige Auseinandersetzungen gab, für die immer gute Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg zu bedanken.
Die Überzeugungen, die den Landtag in Sachen Bonn/Berlin und für Europa verbinden, waren mir immer besonders wichtig. Ich denke, dass die vier vorliegenden Anträge in eine gute, richtige Richtung gehen. Bei all den Unterschieden in Nordrhein-Westfalen haben wir, wenn es zum Schwur kam, immer gemeinsam für Europa votiert. – Vielen Dank für Ihr Zuhören.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen bereitet uns Europa große Sorgen. Bei Großbritannien ist es der Brexit, bei Italien und Spanien sind es die Staatsschulden. Griechenland lasse ich außen vor; das ist ein besonderes Thema. Ich erwähne aber auch die mangelnde Solidarität in der Flüchtlingskrise und die Bedrohung unserer Sicherheit durch den Terrorismus, ebenso den grassierenden Populismus. Es gibt Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich; ich erwähne die Front National und die Fünf-Sterne-Bewegung. Bei uns in Deutschland ist es die AfD.
Das alles macht uns doch sehr nachdenklich. Um den Fliehkräften Paroli zu bieten, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss die Politik glaubwürdig um neue Identifikation und Loyalität werben. Gerade junge Menschen nehmen dieses Europa mit der seit über 70 Jahren bestehenden Friedensordnung, den offenen Grenzen und den Erfolg in unserer Gemeinschaft als selbstverständlich wahr. Das alles kann sich aber sehr schnell ändern. Ohne Europa sind unsere europäische Art, zu leben, und unsere Werte nicht von Bestand.
Das fordert uns in Nordrhein-Westfalen besonders heraus. Wir müssen mehr tun. Mit dem Schwungrad der Montanunion hat der Einigungsprozess bei uns wesentliche Ausgangspunkte. Mit den Partnerschaften nach Benelux und im „Regionalen Weimarer Dreieck“ ist Nordrhein-Westfalen in einer europäischen Kernregion, die bis heute Motor der Integration ist. Aber auch dieser Motor stottert.
Am 5. November 2015 haben Sie, SPD und Bündnis 90/Die Grünen, den Antrag „Erfolgreiche grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen NRW
und Benelux-Staaten fortsetzen“ eingebracht. Das war gut gemeint, aber auch viel heiße Luft zwei Wochen vor dem Besuch von Dr. van Laarhoven, dem Generalsekretär der Benelux-Union, im Ausschuss. Im letzten Sommer gab es dazu ein Sachverständigengespräch. Dort hat uns Herr Dr. Scheffer, der Minister der Provinz Gelderland gesagt – ich zitiere –:
„Bei den drei niederländischen Provinzen ist man sich darüber im Klaren, dass das Wesentliche der Zusammenarbeit nicht in der Papierwirklichkeit liegt. … Lassen Sie uns die verfügbaren Energien vor allem zur Umsetzung unserer Zusammenarbeit einsetzen.“
Darum geht es in unserem heutigen Antrag. Wir haben die Analysen, und wir wissen seit Jahren, dass die Grenzregionen die trennenden Regelungen nicht selbst ausräumen können. Das muss die Landesebene tun, die Landesregierung auch vertikal gegenüber dem Bund, wenn dort die Regelungskompetenz liegen sollte.
Der Geschäftsführer der Euregio Rhein-Waal, Herr Kamps, hat die Situation in dem Sachverständigengespräch so beschrieben: Im täglichen Austausch über Grenzen wird die Bürokratie zunehmend zur Belastung.
Vieles in der Gesetzgebung ist eher auseinandergewachsen: in der Sozialgesetzgebung, bei der Anerkennung von Berufen und Berufsabschlüssen, beim Katastrophenschutz oder beim Rettungswesen, weil die Vorschriften für die Besetzung der Notfallteams zum Beispiel auch nicht harmonisieren. Unsere Partner erwarten, dass unsere Landesregierung diese Aufgaben jetzt selbst zur Chefsache macht, Herr Minister.
Auf der anderen Seite der Grenze ist das längst der Fall. Die drei Provinzen Overijssel, Gelderland und Limburg sind in Düsseldorf präsent. Sie stehen in konsequenter Abstimmung mit der niederländischen Regierung. Es gibt dort die Deutschland-Strategie, das Aktionsteam Wirtschaft, Ökonomie und Arbeitsmarkt. Das niederländische Ministerium für Inneres und Angelegenheiten des Königreichs forciert die Crosslisten.
Um dieses alles noch einmal zusammenzufassen: Gerade was die Notfallhilfe anbetrifft, die gegenseitigen Abschlüsse auch im Schulbereich – all das haben wir in unserem Antrag noch einmal aufgegriffen und hoffen auf Sie, Herr Minister Lersch-Mense, dass Sie sich dieser unserer Bitten noch verstärkt annehmen werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister Lersch-Mense, wenn ich das richtig rekapituliere, ist der Haushalt insgesamt um 2,7 Milliarden € erhöht worden. Davon haben wir jetzt für internationale Zusammenarbeit und Eine-Welt-Politik 3,9 Millionen € und für Europa 540.000 € im Haushalt stehen. Von dem Mehr im Haushalt könnten wir also unseren Haushaltsansatz für Europa auf das 5.000-Fache erhöhen.
Ich bin enttäuscht darüber, dass man nicht mehr in diesen Ansatz für internationale Zusammenarbeit und die Arbeit innerhalb Europas hineingegeben hat. Sie haben selbst in Ihrer Einführungsrede zu den europäischen und internationalen Kapiteln mit offenen Karten gespielt. Als wir nämlich in Bonn unsere Sitzung hatten, haben Sie gesagt:
Wesentliche Unterschiede zum laufenden Haushalt gibt es nicht. Im Wesentlichen soll die Europaarbeit mit den Europaschulen – das begrüßen wir; daran haben wir gar keine Kritik – und den Kommunen fortgesetzt werden. Im Wesentlichen soll die BeneluxStrategie aus dem Jahr 2013 in der Folie bleiben. Im Wesentlichen wird das Regionale Weimarer Dreieck weiter eine Rolle spielen. Sie wollen sich auch ein bisschen Ghana widmen. Die GIZ-Förder- und Austauschprogramme sowie Konferenzen haben Sie erwähnt.
Alles zusammen ist aber nichts Neues im Westen; das muss ich Ihnen sagen. Man könnte wirklich mehr machen. Die Landesregierung köchelt lediglich ein bisschen im europäischen und internationalen Haushalt herum.
Zurzeit erleben wir die größte europäische Krise seit den Römischen Verträgen. Wir meinen, NordrheinWestfalen müsste mit seinen fast 18 Millionen Bürgerinnen und Bürgern – wenn wir ein eigenständiges Land wären, stünden wir an fünfter Stelle innerhalb Europas – noch mehr tun, Herr Minister.
Gerade die junge Generation hat mit Themen wie „Binnenmarkt“ und „Friedenssicherung“ nicht viel zu tun. Die jungen Menschen interessieren sich für andere Themen. Schließlich sind zurzeit 65 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Wir erleben es: Viele Menschen strömen zu uns. Wir müssen uns der Armutsbekämpfung widmen, und wir müssen etwas an unseren Grenzen tun.
Angesichts dieser Herausforderungen sind die Nachhaltigkeitsziele aus unserer Sicht nicht so definiert, wie man sie eigentlich für die Zukunft gestalten müsste.
Auch die Ministerpräsidentin hat am 30. Juli 2016 im „SPIEGEL“ ihre Bereitschaft zur Korrektur signalisiert.
Könnten Sie einmal ein bisschen ruhiger sein? Das wäre angenehm.
Die Ministerpräsidentin hat gesagt:
„Entscheidend ist, dass wir jetzt darangehen, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Und wir täten gut daran, Entwicklungspolitik einen anderen Stellenwert beizumessen.“
Sie, Herr Minister Lersch-Mense, haben am 30. September 2016 im Ausschuss aufgegriffen, dass die Landesregierung die Bedeutung der Entwicklungspolitik in den letzten Jahren unterschätzt hat. Das gilt auch für die dauerhafte Begrenzung von Migrationsbewegungen und die selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern des globalen Südens. Sie haben zugesagt, dass Sie nun mehr tun wollen.
Das ist auch unser Wunsch, den wir heute an Sie herantragen möchten.
Lassen Sie uns in Zukunft mehr tun und uns in der Entwicklungspolitik, in der Eine-Welt-Politik und auch in Europa noch stärker engagieren. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hendricks hat es gesagt: Wir sind sehr froh, dass wir einen gemeinsamen Antrag hinbekommen haben. Dennoch bin ich betroffen, dass wir schon wieder hier über das Berlin/Bonn-Gesetz diskutieren müssen. Wir haben es im letzten Jahr am 5. November zum letzten Mal gemacht. Ich erinnere auch noch an unseren Antrag, den wir gestellt haben: „20 Jahre UN-Stadt Bonn“.
Ich denke, es ist eine existenzielle Frage für den Großraum Bonn, für den Rhein-Sieg-Kreis und für das Nachbarland Rheinland-Pfalz, aber ebenso für die Bundesrepublik Deutschland. Es muss uns gelingen, den Substanzverlust jetzt zu stoppen; denn sonst steuern wir in eine andere Staatlichkeit. Auch unsere guten NRW-Kontakte nach Brüssel würden zum Schaden für Deutschland aufs Spiel gesetzt.
Gerade in den letzten Monaten feiern wir historische Jahrestage: 20 Jahre UN-Stadt Bonn. Der Beschluss des Deutschen Bundestages zur Vollendung der Einheit Deutschlands jährt sich zum 25. Mal. NordrheinWestfalen hat im August Geburtstag gehabt und ist 70 Jahre alt geworden.
Zu jedem dieser Jubiläen stellen wir fest, wie wertvoll die darin verwurzelten historischen Prozesse für Nordrhein-Westfalen sind. Sie wirken in einem erfolgreichen Föderalismus, um den uns unsere Nachbarn doch beneiden. Sie lassen auch jene Zeiten vergessen, als es in Berlin noch Obrigkeitsverhältnisse gab, in der preußischen Rheinprovinz oder in der preußischen Provinz Westfalen.
Die ewigen Bonn-Berlin-Debatten laufen konträr zu den jüngeren Erfolgsgeschichten, die wir haben. Die Menschen in meiner Heimat, dem Rhein-Sieg-Kreis, und auch in der Bundesstadt Bonn, sind es, ehrlich gesagt, leid. Die stichhaltigen Argumente, die unser gemeinsamer Antrag jetzt wieder bündelt, liegen glasklar auf dem Tisch – und nicht erst seit heute.
Aber die Sorgen sind nochmals größer geworden. Frau Hendricks hat eben betont, dass ja schon immer ein schleichender Prozess stattgefunden hat, Positionen abzubauen. Jetzt hat die Bundesbauministerin – bedauerlicherweise kommt sie aus Nordrhein-Westfalen – eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um hier weiter zu verschlanken. Das zwingt dazu, wie Goethe einmal gesagt hat: Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns herum immer wieder gepredigt wird.
Deshalb war es uns als CDU-Fraktion wichtig, in den Standpunkten nicht vage zu bleiben. Ich denke, der heutige Antrag ist ein gutes Ergebnis. Vor allen Dingen ist er für die gesamte Region parteiübergreifend. Das ist auch nicht immer so einfach, Kolleginnen und Kollegen, das hinzubekommen. Aber bis nach Mainz ist man sich einig, dass es ganz entscheidend für die Zukunft bei uns in der Region und in ganz NordrheinWestfalen ist, hier zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, die auf Dauer Bestand hat.
Wir sind entschlossen, zum Berlin/Bonn-Gesetz deutlich Flagge zu zeigen und bei einer dauerhaften und fairen Arbeitsteilung das kraftvolle zweite bundespolitische Zentrum zu bleiben. Die Grammatik dazu ist, dass beide Verabredungen gelten. Denn die Regierungsfunktionen sind für den erfolgreichen Ausgleich lebensnotwendig.
Das zeigt sich auch in dem von der Region erarbeiteten Positionspapier. Als Standort für Entwicklungspolitik, nationale, internationale und supranationale Einrichtungen wird Bonn auch weiterhin nur in dem Maße funktionieren können, wie die ministeriellen Ansprechpartner für diese zukunftsweisenden Themen und Fragestellungen auch physisch in Bonn vorhanden und vertreten sind.
Die dauerhafte und faire Arbeitsteilung ist leistungsstark und politisch richtig: für die Region, für unser Bundesland und für die Republik.
Ich denke, wir sollten hier ein starkes Zeichen setzen. Alle hier im Parlament sollten zustimmen und die Landesregierung auffordern, in diesem Sinne für uns in Berlin zu votieren. – Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Kern, ich kann mir vorstellen, dass Sie als Scheich eine gute Figur abgeben würden. Allerdings fehlt Ihnen das Öl. Sie haben nur die Glasperlen. Das ist das Problem in dieser Diskussion.
Wir diskutieren heute über Ihren Antrag. Wer könnte einem Schutzschild für den Datenaustausch mit den USA nicht zustimmen? Auch dass die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger noch stärker gesichert wird, stimmen wir alle zu. Ich bin sicher, dass sich die Landesregierung ganz entschieden dafür einsetzen wird. Aber damit hört bezüglich des vorliegenden Antrags die Gemeinsamkeit leider auch schon auf.
Ich wundere mich, dass Sie mit Ihren Anträgen immer den Untergang des Abendlandes verkünden.
Das ist etwas übertrieben. Zur Antragsfrist hat die Artikel-29-Gruppe überhaupt noch kein Votum abgegeben, das Komitee der nationalen Experten auch noch nicht.
Die eigentliche Substanz des Angemessenheitsbeschlusses ignorieren Sie offenbar absichtlich. Die Kommission hat die Aspekte des EuGH abgearbeitet. Dazu gibt es ein ganz erhebliches Entgegenkommen auch vonseiten der USA. Jetzt kann man sich trefflich darüber streiten, ob das eingehalten wird oder nicht, aber es ist nun einmal so.
Sie haben nun diesen Antrag „kalt“ geschrieben. Bevor überhaupt die Fakten auf dem Tisch liegen, vermuten Sie schon, dass die Grundwerte verraten werden, dass man vor der Wirtschaftslobby einen Bückling macht. Das sind Unterstellungen. Die können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht akzeptieren.
Sicherlich ist richtig, dass der Datenschutz zukünftig ganz stark ausgearbeitet werden muss und dass wir hier in Europa aufgrund unserer Erfahrungen über Jahrhunderte hinweg eine Datenschutzkultur entwickelt haben. Das ist uns bewusst. Die ist ganz anders als in den Vereinigten Staaten.
Die Rechtsunsicherheit muss zukünftig aufhören. Wichtig ist, dass wir belastbare Instrumente haben, um das mit unseren amerikanischen Partnern zu vereinbaren; ein Instrument, das den Kriterien des EuGH entspricht und zur stabilen Brücke für unsere hohen europäischen Ansprüche wird. Ein solcher Austausch gewährleistet die Freiheit, die sich im digitalen Zeitalter entfalten muss mit der Chance, weltweit zu kommunizieren. Wir sind nun einmal heute soweit, dass wir weltweit kommunizieren wollen, zum Beispiel im Chatroom, ob das politisch ist, ob das interkulturelle Kontakte sind usw. Hier muss tatsächlich eine Sicherheit geschaffen werden. Sonst ist das ganze System infrage zu stellen.
Substanz für diese freie Gesellschaft ist unsere Individualität. Privatsphäre und Substanz für souveräne Menschen – das muss gewährleistet werden.
Es ist doch selbstverständlich, dass der neue Shield nur funktioniert, wenn man das, was man vereinbart hat, auch einhält. Deshalb kommt es jetzt darauf an, dass die Partner die richtigen Prämissen stellen und dass wir uns auf Bundesebene – wir auf Landesebene haben wenig damit zu tun – und auf europäischer Ebene ganz stark dafür einsetzen. Wenn das nicht gesichert ist, dann kann es auch kein Abkommen geben. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über den Haushalt für den Teilbereich „Europa und Eine Welt“. Ich muss feststellen – Herr Minister LerschMense, Sie sind ja neu in diesem Amt –, dass er Jahr für Jahr überrollt wird. Es ist nichts wesentlich Neues zu erkennen.
Herr Staatssekretär Dr. Eumann hat uns zwar in der Sitzung des Europaausschusses mitgeteilt, dass sich Europa in einer Ausnahmesituation befindet und vor einer Zerreißprobe und riesigen Aufgaben steht. Aber ich kann nicht erkennen, dass sich das irgendwo im Haushalt widerspiegelt. Es ist eher der Haushalt eines Biedermanns. Nun muss das ja nicht schlecht sein. Aber wir sind das bevölkerungsreichste Land innerhalb Europas. Insofern haben wir auch eine besondere Verpflichtung, auf dieses Europa einzuwirken und zuzugehen.
Was sich im Haushalt bewährt hat, wollen wir natürlich nicht infrage stellen, ob das die Europaschulen sind oder das Weimarer Dreieck ist. Aber mir fehlt etwas Neues, was für die Bewältigung der Zukunftsaufgaben wichtig wäre.
Mir fehlen Impulse, welche emotionalen Themen wir auch innerhalb der EUREGIO aufgreifen sollten. Hier könnte man neue Schwerpunkte setzen.
Was die Eine-Welt-Politik angeht, so finden wir das Promotorenmodell sehr wichtig. Es geht darum, dass wir die vielen Ehrenamtlichen bündeln. Das ist für unser großes Land Nordrhein-Westfalen auch für die Zukunft in der Tat eine wichtige emotionale Aufgabe.
In der Eine-Welt-Politik hat es aber auch gestockt. In Bezug auf Mpumalanga oder Ghana sind wir in der Entwicklung nicht weitergekommen.
Momentan stehen wir in Europa vor riesigen Flüchtlingsproblematiken. Hier könnte man neue Perspektiven liefern. Beispielsweise könnte man sich die Frage stellen: Wie kann das Land NordrheinWestfalen dazu beitragen, dass es weniger Fluchtursachen gibt? Ich denke, dass wir da generell einer Meinung sind. Wir sollten uns aber fragen, wie wir als Land Nordrhein-Westfalen noch stärker dazu beitragen können.
Nächstes Jahr feiern wir 25 Jahre der guten nachbarschaftlichen Beziehungen zu Polen. Wir haben ein großes Jugendprogramm mit Polen, das auch für 2016 positive Zeichen setzen wird, denke ich. Ich bin allerdings der Meinung – diese Aufgabe möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben –, dass Sie in der Staatskanzlei selbst darüber nachdenken, welche neuen Perspektiven Sie für Europa und die Eine Welt liefern könnten. Wir würden Sie gerne dabei unterstützen; denn das ist ein wichtiges Ziel. Wir sind uns einig, dass es sich nicht lohnt, darüber über Parteigrenzen hinweg zu streiten. Vielmehr wollen wir uns kreativ mit einbringen.
Zum Abschluss möchte ich noch Folgendes betonen: Es ist wichtig – Sie haben es dankenswerterweise angesprochen –, klare Zielvorstellungen für die Zukunft von Bonn/Berlin zu haben. Wir freuen uns, dass wir Sie auf unserer Seite haben; denn es ist für den UN-Standort Bonn und seine Internationalität sehr wichtig, weiterhin Ministerien in Bonn zu behalten. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Bonn und die Region sind über die ständige Diskussion, ob die Bundesstadt Bonn mit ihren Ministerien weiter Bestand hat, sehr beunruhigt. Wir sind, ehrlich gesagt, empört, dass es immer wieder zu dieser Diskussion kommt.
Ich denke, wir stehen gesellschaftlich und politisch im Augenblick vor ganz anderen Herausforderungen, als immer weiter diese Diskussion zu führen.
Wir haben eine Aufgabenteilung, die sich bewährt hat. In diesem Jahr feiern wir 20 Jahre Bonn als UN-Stadt. Das sind die Konsequenz und der Erfolg dieser Aufgabenteilung und eine Entwicklung, auf die wir wirklich stolz sein können. Der damalige UNGeneralsekretär Kofi Annan hat Bonn als lohnenswertesten und attraktivsten UN-Standort weltweit bezeichnet.
Trotzdem hat die Diskussion um einen möglichen Komplettumzug der Ministerien von Bonn nach Ber
lin durch Äußerungen der Bundesministerin Hendricks jetzt wieder Fahrt aufgenommen. Dass sie aus Nordrhein-Westfalen kommt, ist in diesem Zusammenhang besonders ärgerlich. Aber auch unser Minister de Maizière ist hier nicht wirklich eine rühmliche Größe, die man hervorheben müsste.
Dabei wird besonders die Bindungswirkung der Bundesministerien außer Acht gelassen. Der Abzug aller Ministerien nach Berlin hätte gerade auch unter diesem Aspekt fatale Folgen für die Region. Als Beispiel möchte ich hier zwei Ministerien benennen:
1. das Bundesministerium für Bildung und For
schung, das für die Ansiedlung der Wissenschaftsorganisationen eine zentrale Größe ist – Frau Ministerin, das wissen Sie –, angefangen mit der Alexander-von-Humboldt-Stiftung bis hin zur Hochschulrektorenkonferenz
2. das Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit zusammen mit 150 Nichtregierungsorganisationen – NGOs – und anderen internationalen Einrichtungen, die umweltorientiert agieren. Sie wollen möglichst im ständigen Austausch mit den Ministerien zusammenarbeiten und richten ihre Standortpolitik danach aus.
Was bedeutet das nun? Das bedeutet: Würde der Bonner Standort der Ministerien aufgegeben, wären davon nicht nur die Mitarbeiter vor Ort betroffen, sondern dann käme es zu einem Dominoeffekt. Das würde nämlich auch den Ausbau des UN-Standortes erheblich erschweren. Es wäre dann wohl nicht einmal mehr möglich, die bisherige Infrastruktur überhaupt aufrechtzuerhalten.
Eine solche Entwicklung richtet sich eindeutig gegen die Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir heute darüber diskutieren. Den Charakter Bonns als bundespolitisches und internationales Zentrum zu sichern bzw. weiterzuentwickeln – diese Aufgabe muss Bestand haben.
Ohne Not käme sonst ein gesamtes Umfeld ins Rutschen.
Unter dem Strich würde ein Umzug 27.000 Arbeitsplätze bei uns vernichten; denn bei der Standortfrage geht es nicht alleine um die Ministerien, sondern auch um die Effekte auf die Interessenvertretungen und die assoziierten Verbände.
In Bonn würden rund 470.000 m² Fläche brachliegen. Das ist mehr als das Fünffache der Gewerbeflächen, die jährlich überhaupt zur Vermietung anstehen können. Das bedeutet drastische Wertverluste und Leerstände.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bisher war klar, dass wir uns über die Parteigrenzen hinweg dafür eingesetzt haben, dass die gegebene Zusage für
die bewährte Aufgabenteilung eingehalten wird. Was macht es für einen Sinn, jetzt diesen Umzug zu forcieren, der wahrscheinlich mindestens 5 Milliarden € kosten soll? Wo soll das ganze Geld überhaupt herkommen, das ständig nur verpulvert wird?
Niemand kann ernsthaft glauben, dass die UN-Stadt Bonn auch nur annähernd den bisherigen Erfolg fortsetzt, wenn die Bundesstadt Bonn unterminiert wird. Wir erwarten deshalb, dass sich die Landesregierung hier in Nordrhein-Westfalen weiterhin klar zum Berlin/Bonn-Gesetz bekennt. Das ist ganz wichtig. Darum bitten wir Sie an dieser Stelle.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Vorrednern, dass sie unseren Vizepräsidenten für die gute Arbeit gelobt haben, die er leistet. Ich werde ihm das gern vermitteln.
In der Tat ist das kein Thema, bei dem man sich parteiübergreifend zanken sollte. Wichtig ist, dass man bei der Benelux-Zusammenarbeit parteiübergreifend Flagge zeigt und zu guten Ergebnissen kommt.
Allerdings muss ich auch sagen, dass wir bereits am 19. März beantragt haben, dass der Generalsekretär der Benelux-Union und seine beiden Stellvertreter in den Europaausschuss eingeladen werden sollen, um uns über die Cross-Border-Initiative zu berichten.
Auf Wunsch der Landesregierung haben wir uns darauf eingelassen, diese Tagesordnungspunkte erst in der zweiten Jahreshälfte im Ausschuss zu behandeln. Am 20. November ist es jetzt so weit. Ich war etwas erstaunt, dass jetzt noch der Antrag kam. Eigentlich hätte es des Antrages nicht bedurft. Aber weil es nun einmal so ist, möchte ich die Gelegenheit nutzen und darauf hinweisen, dass wir mit Blick auf die Benelux-Zusammenarbeit im Jahr 2009 zwischen Belgien, den Niederlanden und Luxemburg auf eine verbindliche und belastbare zwischenstaatliche Grundlage gedrungen haben. Damals hat sich Herr Rüttgers sehr dafür eingesetzt.
Jetzt haben wir zwei Säulen der Zusammenarbeit mit diesen Ländern: die grenzüberschreitende Arbeit in den Euregios und die bilateralen Kontakte, die wir pflegen. Mit der Unterzeichnung der sogenannten politischen Erklärung kam jetzt eine dritte Säule hinzu.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit hat viele Pluspunkte. Uns verbindet nicht nur der wirtschaftliche Bereich, sondern wenn man über die Grenze fährt – das ist nicht weit; man ist sehr schnell in Maastricht oder in Brüssel –, sieht man, dass die vielen Gespräche zu sehr viel Verbindendem führen können und dass auf der anderen Seite sehr viel Positives passiert, von dem wir hinzulernen können. Auch das ist eine wichtige Erfahrung. Wenn wir zusammenarbeiten, können wir auch in Brüssel unsere Ideen und Vorstellungen besser umsetzen.
Ich kann befürworten – das ist auch wichtig –, dass man die Landesregierung bei der Notfallversorgung stärker in den Fokus nimmt, damit sie sich stärker dafür einsetzt. Denn wichtig ist doch, dass alle Landesteile die gleiche Versorgung bekommen.
Ich halte für die Zukunft für wichtig, dass man die Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität
verstärkt. Wir sollten einen Besuch vor Ort machen. Es gibt diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Polizei, die wir uns anschauen sollten. Zumindest wir haben das in jedem Fall vor.
Ich kann jetzt schon ankündigen, dass wir eine Anhörung zu dieser grenzüberschreitenden Zusammenarbeit insbesondere zum Polizei- und Ret
tungswesen machen wollen. Denken Sie daran, dass viele nordrhein-westfälische Studenten in Maastricht, in Limburg oder generell in den Beneluxländern studieren und dass sie von dieser guten Zusammenarbeit profitieren.
Es sollte in unser aller Interesse sein, uns weiterhin zusammenzuraufen und vor allen Dingen Gespräche zu führen, um uns auf diese Weise auch menschlich besser kennenzulernen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass sich unser vorliegender Antrag „Deutsch als europäische Sprache stärken“ in wichtigen Teilen selbst erklärt. Die Defizite, die es bei der Anwendung der deutschen Sprache auf europäischer Ebene aus unserer Sicht gibt, sind bekannt. Andere Parlamente und Kammern haben das ebenfalls schon diskutiert. Auch wir in Nordrhein-Westfalen befassen uns nicht das erste Mal mit der Thematik und den praktischen Problemen einer unzureichenden Übersetzung.
Konfuzius hat einmal gesagt: „Wenn die Sprache nicht stimmt, dann ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist.“ Das war auch eben bei dem Kollegen ganz deutlich festzustellen.
Diese Worte – deshalb spreche ich von einem doppelt berufenen Mund – hat unsere heutige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in der Podiumsdebatte am 8. Dezember 2000 zitiert, also vor fast 15 Jahren. Damals hatte die CDU-Fraktion den Antrag „Die deutsche Sprache in der Europäischen Union aufwerten“ eingebracht.
Wenn bedeutsame und komplexe Dokumente europäischer Gesetzgebung erst sehr verzögert in deutscher Sprache vorliegen, dann hat das zur Konsequenz, dass vorentscheidende Bewertungen oft auf einer englischsprachigen Version basieren – zulasten von Vertiefung und Genauigkeit.
Der Preis ist auch, dass Kapazitäten für die eigene Übersetzung gebunden werden. Das Wirtschaftsministerium rechnet auf seiner Internetseite vor, dass Nordrhein-Westfalen das Land des Mittelstands ist. Rund 765.000 kleine und mittlere Unternehmen bilden das wirtschaftliche Rückgrat der Region. Allein die Relation dieser Zahl zu unserer Gesamtbevölkerung weist darauf hin, welche Ressourcen kleinere Unternehmen haben, um umfassende Übersetzungsarbeit zu leisten, nämlich oft keine.
Aber nicht nur die Wirtschaft ist von Sprachbarrieren betroffen. Herbert Reul hat in einer Parlamentarischen Anfrage im Juni seine Verärgerung darüber ausgedrückt, dass die Faktenblätter der Kommission zu TTIP nur auf Englisch abzurufen waren. Bei dem, was auf dem Spiel steht, ist eine unfertige Darstellung auch in der Zivilgesellschaft Gift.
Sie trägt zu gefährlichen Vorurteilen und besonders zu dem Gefühl bei, dass hier Intransparenz herrscht.
In der Zeitung „DIE WELT“ hat der Sprachforscher Ulrich Ammon im Januar deutlich gemacht, wie wichtig der Zusammenhang von internationalen Beziehungen und einer tiefergehenden Sprachkenntnis ist. In dem Interview wurde die Praxis auf der europäischen Ebene explizit genannt:
Wo das Kommissionsenglisch das Kerngeschäft exklusiv vereinnahmt, wird das der wirtschaftlichen Feinmechanik nicht gerecht – im Blick auf Teilhabe, präzise Rückkopplung oder Standortentscheidungen.
Eine solche sprachliche Einschränkung ist auch soziokulturell nicht richtig; denn die Vielsprachigkeit ist und bleibt die Voraussetzung dafür, dass man sich über Grenzen hinweg wirklich kennenlernt, dass Strukturen der Partnerschaft und Freundschaft lebendig werden können. Das ist der Grund, weshalb wir auch die Pläne der französischen Regierung gegen das Deutschlernen für sehr bedenklich halten.
Die Fähigkeit, die deutsche und die französische Sprache anzuwenden, ist ein wichtiger Transmissionsriemen der europäischen Einigung; das haben wir in unserem Antrag auch noch einmal ausgedrückt. Nur ein Europa, das für seine Bürgerinnen und Bürger als Zuhause erfahrbar wird, nicht als riesengroße Administration, wird in der Lage sein, nationalistische und auch extremistische, ausweichende Tendenzen zu beherrschen.
Das möchte ich noch einmal zu bedenken geben und daher auch für unseren Antrag werben. Das sollten Sie auch in Brüssel deutlich machen, Frau Ministerin, und vielleicht initiativ werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es tut mir leid, dass der Entschließungsantrag erst so spät bei Ihnen eingegangen ist. Woran es liegt, kann ich jetzt nicht sagen. Er lag bei uns schon sehr frühzeitig vor.
Warum haben wir den Antrag gestellt? – Weil der Antrag der Regierungsfraktionen zwar wichtige Zielsetzungen nennt, Ziele die unbestritten und existenziell sind, der Antrag versäumt aber aus unserer Sicht, in der Diskussion die richtigen Schlüsse für Nordrhein-Westfalen zu ziehen. Aber genau darauf kommt es doch an, dass wir hier auch konkret aus unserer Sicht tätig werden und etwas tun. Das fehlt mir.
Frau Hendricks hat mit vielen schönen Worten das alles dargestellt. Frau Asch, Sie haben auf die Bundesregierung gezielt und aufgezählt, was von ihr alles zu tun sei. Aber richtig ist doch, dass nachhaltige Politik zwar eine existenzielle Aufgabe ist, um Zukunft und Wohlfahrt für uns zu sichern, dass es aber auch wichtig ist, dass wir genau sagen, was wir hier in Nordrhein-Westfalen dazu beitragen.
Es darf hier kein Etikettenschwindel stattfinden, denn hier haben Sie ja das Sagen, Sie haben die Verantwortung von den Bürgerinnen und Bürgern übertragen bekommen.
Es ist wichtig, dass Sie dieser Verantwortung gerecht werden und danach den Kompass ausrichten. Aus unserer Sicht sehe ich insofern unter dem Strich nicht viel. Wenn man sich die Partnerschaften mit Ghana und Mpumalanga anschaut, stellt man fest, dass da gar nichts mehr passiert.
Diesbezüglich könnten wir aber doch auch Zielsetzungen angeben. Wir haben uns in einer Anhörung mit dem besseren Ausbau des Gesundheitswesens in Ghana beschäftigt. Alle Experten haben uns deutlich gesagt: Bei diesem für Ghana wichtigen Punkt kann vieles geschehen. Auch in Energiefragen, einem sehr wichtigen Thema in der Entwicklungspolitik, können wir unseren Beitrag leisten.
Aber dann müssen Sie es auch tun, Frau Ministerin. Wir sehen nicht, dass in den letzten Monaten etwas
wirklich Entscheidendes passiert ist. Das ist aus unserer Sicht einfach zu wenig.
Die Bewältigung der globalen wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Umwälzungen erfordert nicht nur von den Nationalstaaten und internationalen Institutionen verstärkte Anstrengungen, sondern auch von uns als Land. Wir haben gehört, dass beim G7-Gipfel Beschlüsse gefasst wurden, und hoffen, dass sie tatsächlich umgesetzt werden. Denn zwischen dem, was man sagt, und dem, was man tut, klafft in letzter Zeit sehr häufig eine Lücke.
Sie verlassen sich hier in Nordrhein-Westfalen sehr viel auf die Bürgerinnen und Bürger, die in diesen Themenfeldern sehr engagiert sind. Aber das reicht nicht aus. Denn Sie müssen nicht nur die Bürgerinnen und Bürger bei ihrem Tun unterstützen, sondern auch für dieses Land Zeichen setzen. Ich bitte Sie, zügig mit Ghana und Mpumalanga klarzustellen, was in Zukunft passiert und wo Sie in diesem Sinne konkrete Zeichen für die Zukunft setzen. Wenn das passiert, haben Sie uns absolut an Ihrer Seite. – Ich danke Ihnen.
Frau Ministerin, es ist ganz toll, mit welchen Worten Sie deutlich machen, wie wichtig dieser Antrag ist, auch im Hinblick auf die Konferenz in New York. Sagen Sie mir doch einmal: Was tut das Land denn konkret?
Ach so, Entschuldigung. Das wäre ja wichtig.
Lieber Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne! Datenschutz und Informationsfreiheit sind wichtigste Themen unserer Zeit. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Daten sind der Rohstoff im 21. Jahrhundert. Der Schutz personenbezogener Daten ist für uns ein Grundrecht.
Wie gläsern dürfen wir in Zukunft sein? Welche Weichenstellungen sind im digitalen Zeitalter zu leisten? Welchem globalen Wettbewerb sind wir ausgesetzt, und was müssen wir gerade auch auf europäischer Ebene beachten, um überhaupt unsere Werte für die Zukunft zu sichern?
Das sind Themen, die in Europa momentan heftig diskutiert werden. Die nationale Ebene reicht dazu nicht mehr aus. Bedingungen für Wohlfahrt und Konkurrenzfähigkeit auch in Zukunft sind gleiche Auslegung, einheitliche Aufsicht, Sanktionsmaßnahmen, die in der Gemeinschaft gleichermaßen gelten müssen, Herr Kern. Das ist, so denke ich, nicht nur bezogen auf unser Land und nicht nur auf unsere Bundesrepublik Deutschland zu sehen.
Die schwierigen Verhandlungen im Ministerrat, der Kapitel für Kapitel abarbeitet, zeigen, wie kompliziert es ist, die alte Datenschutzverordnung von 1995 durch moderne Bestimmungen zu ersetzen. Wir würden uns alle sicher eine schnellere Fahrt wünschen, aber es geht um 28 unterschiedliche Rechtsordnungen und Kulturen in Europa, die zusammengeführt werden müssen, um eine zukunftsfeste Grundlage für 500 Millionen Europäerinnen und Europäer, für deren individuelle Datenschutzrechte, für Selbstbestimmung, für deren Perspektiven und Teilhabe im globalen Wettbewerb zu schaffen.
Der Text der Datenschutzgrundverordnung, den das Europäische Parlament am 12. März 2014 in Straßburg mit rund 95 % angenommen hat, ist für die Verhandlungen im Ministerrat und für den Trilog eine gute Grundlage. Unsere Messlatte ist und bleibt, dass das jetzige Datenschutzniveau, das wir schon erkämpft haben, nicht unterlaufen wird.
Im Ministerrat sind, wie manche Zwischenstände deutlich machen, mit Blick auf die Verhandlungslinie der Bundesrepublik einige Dinge bisher noch nicht optimal gelöst. Hier möchte ich die Stichworte „Datensparsamkeit“ oder „Zweckbindung“ nennen.
Die Datensicherung ist ein Thema, über das man heute wirklich den ganzen Nachmittag diskutieren könnte, weil es so wichtig für unser aller Zukunft ist, damit wir nicht gläsern werden. Wie weit können wir uns das überhaupt leisten?
Der Antrag der Piraten, lieber Herr Kern, gründet ja auf unsere Anhörung des Landesdatenschutzbeauftragten in der letzten Europaausschusssitzung. Es war sehr wichtig, dass wir einmal seine Befürchtungen gehört haben, gehört haben, dass er sich in manchen Dingen nicht schnell genug informiert fühlt und dass das alles besser funktionieren könnte.
Der Bundesrat hat Ende letzten Jahres in der Sitzung am 28. November zu der Datenschutzgrundverordnung Stellung genommen. Verkürzt zitiere ich:
„Der Bundesrat weist darauf hin, dass Besetzungs- und Entscheidungsverfahren des europäischen Datenschutzausschusses … so ausgebildet werden müssen, dass sie mit der innerstaatlichen Kompetenzverteilung in Einklang gebracht werden können.“
Der Justizminister des Bundes hat beim 16. Datenschutzkongress am 6. Mai dieses Jahres dazu Stellung genommen:
Mit der einheitlichen Anlaufstelle soll die Zuständigkeit für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort bleiben.
Das ist ganz entscheidend. Der Datenschutzbeauftragte in Nordrhein-Westfalen bleibt auch in Zukunft Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger. Lokal denken und global handeln! Wir fordern, dass
der Landesdatenschutzbeauftragte dazu die notwendigen Informationen bekommt.
Dies müssen wir zukünftig in unserem Blickfeld behalten. Jeder von uns sollte mit seinen Daten vorsichtig umgehen und überlegen, was er von sich preisgibt. Aber auch das Land, der Bund und auch Europa haben eine Verpflichtung, darauf zu achten. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Johannes Rau hat einmal gesagt – ich zitiere –:
„Nach meinem Eindruck gibt es zu wenig Aufmerksamkeit für die Entwicklungspolitik und zu wenig Aufmerksamkeit für die Länder, denen wir durch gezielte Unterstützung helfen wollen, damit sie sich selber helfen können.“
Hilfe zur Selbsthilfe ist auch das Thema von Rupert Neudeck, der bereits sein ganzes Leben lang auf diesem Gebiet aktiv ist. Besser kann man die Haltung gegenüber der Eine-Welt-Politik nicht beschreiben.
Das „Europäische Jahr der Entwicklung 2015“ ist gestartet. Das Motto lautet „Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“. Wie wollen wir die Zukunft unserer Welt gestalten?
Ich denke, diese Ziele für eine weltweite Entwicklung müssen auch für uns ein Thema sein. 67 % der
Bevölkerung fordern, dass wir stärker in die Entwicklungspolitik investieren.
In Westafrika grassiert seit Monaten eine EbolaEpidemie. Mehr als 8.000 Menschen sind dem Virus zum Opfer gefallen, und mindestens 20.000 Menschen haben sich mit dem Virus infiziert. Die Dunkelziffer kennen wir nicht.
Der UN-Sicherheitsrat spricht von einer Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit. Besonders von der Epidemie betroffen sind die Staaten Guinea, Sierra Leone, Nigeria und Liberia. Wir wissen auch: Unser Partnerland Ghana ist als Nachbarland der betroffenen Staaten verschont geblieben. In diesem Zusammenhang stelle ich die Frage: Ist Ghana noch unser Partnerland? Was hat die Landesregierung in dieser Situation getan? – Die Antwort lautet: einfach nichts.
So hat die Landesregierung in der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage dazu, welche Hilfeleistung passiert ist, erklärt, sie habe bislang keine Hilfeleistung angeboten. Klare Ansage.
Angesichts dieser Untätigkeit frage ich mich: Wie wirkt diese Haltung auf all jene, die sich ehrenamtlich in der Eine-Welt-Arbeit engagieren? Es sind Tausende, die sich fragen müssen: Wie ernst meint es die Landesregierung, wenn sie sagt, dass ihr die Eine-Welt-Politik so am Herzen liegt?
Solche Unterlassungen führen dazu, dass politische Abkommen sang- und klanglos auslaufen, wie im Falle von Ghana und der südafrikanischen Provinz Mpumalanga.
Frau Ministerin hat uns bereits im Ausschuss vorgetragen, wo die Ursachen dafür liegen, nämlich in den Wahlen in Südafrika und Vakanzen in der ghanaischen Botschaft. Dass es nicht läuft, liegt also immer an der anderen Seite.
Die Wahrheit ist: Es liegt zu einem erheblichen Teil auch an der Landesregierung. Was soll eine Partnerschaft wert sein, wenn man als Ministerin in einer Krise wie der Ebolaepidemie nicht einmal zum Telefonhörer greift und seinen Partner fragt: Braucht ihr Hilfe? Was können wir für euch tun?
Man hätte auch die Gelegenheit des Staatsbesuches des ghanaischen Präsidenten ergreifen können, um seine Solidarität zu erklären. Auch diese Gelegenheit ist verpasst worden.
Jetzt werden manche einwenden: Ebola? Das hat sich längst erledigt. – Richtig ist: Es gibt positive Entwicklungen, aber die Epidemie ist längst noch nicht ausgestanden.
Hinzu kommt das, was der ghanaische Staatspräsident bei seinem Besuch im Januar dieses Jahres in Deutschland gesagt hat. Jetzt gelte es, in Ghana und in Afrika das Gesundheitssystem zu ertüchti
gen, damit sich Epidemien wie diese künftig besser überstehen ließen.
Ein zweiter Einwand mag jetzt vielleicht lauten, diese Art von Hilfe stehe dem Bund und nicht dem Land an. Wer so argumentiert, der kann eine EineWelt-Politik des Landes auch gleich sein lassen. Ich denke, wenn das Ihre Auffassung ist, dann hätten Sie längst eine erhebliche Anzahl von Stellen in der Staatskanzlei streichen können. Schließlich passiert im Moment nichts.
Wir sind die Nummer 19 im weltweiten Ranking, was das Bruttoinlandsprodukt angeht. Darüber hinaus sind wir das Gesundheitsland Nummer eins. Man muss sich einmal vor Augen führen, dass wir die Kapazitäten haben, in diesem Land zu helfen, ein besseres Gesundheitssystem aufzubauen.
Ich denke, wir können es nicht einfach so hinnehmen, dass in Ghana oder auch in unserem Partnerland Mpumalanga in Südafrika nichts mehr passiert. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie nun endlich handelt und uns schnell neue Vorschläge unterbreitet. – Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, dass wir in diesen Tagen so engagiert über den Kurs in der Energiepolitik diskutieren und auch streiten. Es ist gut, dass diese Auseinandersetzungen wirklich intensiv und offensiv geführt werden. Denn überall sind bessere Ergebnisse dringend notwendig.
Heute in einem Jahr, vom 30. November bis zum 11. Dezember 2015, läuft in Paris der UN-Klimagipfel. Dann geht es um das Nachfolgeabkommen zu Kyoto, das in Lima gerade neu vorbereitet wird. Die Klimaziele sind eine existenzielle Pflicht für die 195 Staaten in der UN-Klimarahmenkonvention und nicht zuletzt auch für die großen Emittenten. Das Ausrufezeichen dahinter setzen die Prognosen des Weltklimarats, der vor einem Temperaturanstieg um mehr als vier Grad bis zum Jahr 2100 warnt. Wir alle lesen das auch oft in der Zeitung.
Wenn es keine wirksamen und gemeinsamen Gegenmaßnahmen gibt, wird es für uns alle erschreckend sein, was da auf uns zukommt. Es ist eine Herkulesaufgabe, die wir erfolgreich lösen müssen. Dazu sind vor allem ökologische und ökonomische Parameter notwendig. Das heißt, die wirtschaftliche Wohlfahrt muss entkoppelt werden, und wir müssen darauf hinwirken, dass es zu keiner weiteren Zunahme der Treibhausgase kommt. Dazu ist der Umstieg notwendig. Wie auch immer: Mit einem einfachen Ausstieg ist das natürlich nicht zu machen.
Momentan gibt es dazu eine breit angelegte Diskussion, ob die Ausfuhr von moderner Kraftwerkstechnologie über die Kreditvergabe einzustellen ist. Das wäre für uns aus momentaner Sicht kontrapro
duktiv. Warum ist das so? Ökologisch würde die Umsetzung bedeuten, dass effiziente Anlagen, wie wir sie derzeit hier mit guten Wirkungsgraden von deutlich über 40 % haben, aus dem Markt gedrängt werden. Der Schaden entspräche dann dem CO2Saldo zwischen moderner und konventioneller Kraftwerkstechnologie mit Margen von rund 20 %.
Sozioökonomisch sind die Pläne ebenso falsch. Denn betroffen wären auch bei uns viele Arbeitsplätze, die hinter dem fortschrittlichen Know-how stehen. Es ist substanziell, den CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren. Der Bundeswirtschaftsminister hat die grundsätzlichen Zusammenhänge – unser Antrag weist darauf hin – ebenso betont.
Mir ist bewusst, dass es dazu auch andere Einschätzungen gibt. Die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit ist aber eine grundlegende Voraussetzung, um Armut zu bekämpfen. Sie ist die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg schlechthin. Ein methodischer Imperativ verfehlt die Lebenswirklichkeit in der globalen Welt, die über die einzelnen Regionen hinweg sehr unterschiedlich ist. Stichworte sind: Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und die Tatsache, dass die Energieträger zunächst einmal gar nicht zur Diskussion stehen.
Ich gebe zu bedenken, dass fast ein Sechstel der Weltbevölkerung, vor allem im ländlichen Raum, unter Energiearmut leidet. 2,5 Milliarden Menschen sind auf feste Energieträger angewiesen. Viele Länder sind wesentlich vom Kohlestrom abhängig, zum Beispiel die Mongolei, Südafrika oder Indien. Diesen Ländern sind wir partnerschaftlich verbunden.
In Indien – Sie werden das mitverfolgen – gibt es eine Versorgungslücke für über 400 Millionen Menschen, die nicht nur unterhalb der Armutsgrenze leben, sondern die auch über keinen Strom verfügen. Da gehen sogar selbst in großen Zentren manchmal die Lichter aus.
Der Energieminister hat seine Position unmissverständlich ausgedrückt – ich zitiere –:
„Indiens Zwang zur Entwicklung kann nicht auf dem Altar eines eventuellen Klimawandels in ferner Zukunft geopfert werden.“
Man mag diesen engen Blickwinkel beklagen, aber das gehört zu den Richtwerten für eine erfolgreiche Umkehr in der Energiepolitik. 1,25 Milliarden Menschen in Indien werden sich die Energiewende nicht vorschreiben lassen. Sie wollen, dass Indiens Wirtschaft wächst, und sie wird auch wachsen. Aufgrund der Verfügbarkeit wird sich der Energiesprung an vielen Orten durch fossile Energieträger vollziehen.
Wir werden alle dazu beitragen müssen, dass auch in diesen Ländern zukünftig die Energieerzeugung an vielen Orten überhaupt erst möglich wird und viele Bevölkerungsgruppen Zugang zur Energie haben. Dafür verfügen wir über die passende Techno
logie. Wir müssen sie nutzen, um diesen Menschen langfristig zu helfen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Haushaltsrede auch über Europa und die Eine-Welt-Politik gesprochen. Die Haushaltsansätze sind sozusagen bei null. Ich kann überhaupt keine neuen Ansätze erkennen. Aus diesem Grund ist es aus unserer Sicht tieftraurig, was dazu geliefert wurde.
Wenn ich mir überlege, dass Sie 1,42 Millionen €, die für die Eine-Welt-Arbeit vorgesehen waren, in den Wissenschaftsbereich überführen, dann frage ich mich, welchen sachlichen Grund es dafür gibt. Bisher habe ich keinen erkennen können. Das ist eine Schwächung des internationalen Engagements der Landesregierung, und das kritisieren wir.
Unsere Zuarbeit in Mpumalanga – Mpumalanga ist eine südafrikanische Provinz und Partnerregion von Nordrhein-Westfalen – ist faktisch zum Erliegen gekommen. Wir haben vor Kurzem eine Besuchergruppe von Ehrenamtlichen empfangen – der deutsche Botschafter befindet sich derzeit wohl auch in Gesprächen –, um Kontakte wieder aufzufrischen. Ich bitte Sie herzlich: Nutzen Sie diese Kontakte. Lassen Sie sie nicht einschlafen.
Das Gleiche gilt für unser Partnerland Ghana. Vor Kurzem hatten wir hier einen Partner der Steyler Mission zu Besuch. Ich bin einmal gespannt, ob Sie diese positiven Entwicklungen, die dort zu verzeichnen sind – das könnte man für das Land vertiefen –, aufgreifen.
Gleichzeitig haben Sie die Förderung von Projekten im Ausland von 220.000 € auf 50.000 € gekürzt und dafür das Promotorenmodell gestärkt. In diesem Promotorenmodell sind Leute angestellt, um ehrenamtliches Engagement – das Gott sei Dank bei vielen Menschen in NRW vorhanden ist – zu stärken.
Grundsätzlich sagen wir Ja zu diesem Promotorenmodell. Wir haben bisher aber noch keine Evaluierung des Programms erhalten. Was die Promotoren insgesamt leisten, muss regelmäßig auf den Prüfstand. Man kann nicht immer nur weiter Geld geben, sondern man muss dem Ausschuss auch einmal im Jahr vorlegen, was in diesem Promotorenmodell überhaupt passiert. Das haben wir eingefordert, da ist aber bisher nichts gekommen.
Die Arbeit für Europa und Eine Welt ist faktisch eingefroren. Das ist, denke ich, keine gute Zukunft. Sie haben es eben erwähnt: Im nächsten Jahr – und das ist ja schon bald – gibt es das Europäische Jahr der Entwicklung. In diesem Zusammenhang haben sich alle Bundesländer verabredet, – ich zitiere – „an den Durchführungen eines umfassenden Europäischen Jahres mitzuwirken und mit eigenen Überlegungen und Initiativen zu dem von der Kommission vorgeschlagenen nationalen Arbeitsprogramm
beizutragen“. Da warten wir doch mal auf Ihre Ansätze. Bisher haben wir noch nichts gehört.
Liebe Frau Ministerin Schwall-Düren, die Landesregierung bleibt auf ganzer Linie weit hinter unseren Erwartungen zurück. Der Haushaltsansatz 030 und 040 ist sozusagen ohne jede Kreativität; Verständnis und Impulse können wir nicht finden. Ich bin der Meinung, dass man auch mit knappen Mitteln vieles bewirken kann, wenn man sich für neue Ideen einsetzt. Das haben wir jedoch nicht feststellen können. Darüber sind wir sehr traurig und nehmen es zur Kenntnis.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich persönlich halte Edward Snowden für eine ganz außergewöhnliche Persönlichkeit, für einen Mann, der als Spion seinem Land dienen wollte. In eine solche Position kommt man mit 30 Jahren nur, wenn man über eine besondere Intelligenz und Schläue verfügt.
Der Tragweite seines Handelns war er sich sicherlich bewusst. Sein Spezialwissen über die unbegrenzte Durchdringung des Alltags der Bürger durch Bewegungsprofile von Mobiltelefonnutzern, die über Jahre gespeichert wurden, durch den NSAÜberwachungsapparat hat ihn bestimmt letztlich dazu bewogen, vor einem Jahr die Welt zu informieren.
So sind wir uns bestimmt über Parteigrenzen hinweg einig – das wurde eben schon deutlich –, dass wir Herrn Snowden dankbar sein müssen, dass er uns diesen Dienst erwiesen hat, dankbar für unsere Erkenntnis, dass Orson Welles auch jetzt schon überall ist und wir großen Respekt vor einer offenkundigen Entscheidung aus Gewissensgründen haben, mit der er alle persönlichen Nachteile in Kauf nimmt.
Leider befinden wir uns in dem grundsätzlichen Dilemma, mein lieber Kollege von den Piraten, dass wir im Landtag dieses Problem nicht lösen können, weil wir nicht zuständig sind.
Den Bruch mit dem positiven Recht in einer rechtsstaatlichen demokratischen Ordnung gegen das Motiv, der Öffentlichkeit einen höheren Dienst zu erweisen.
Was an Erkenntnissen unterm Strich bleiben wird und wie das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit neu justiert werden kann und darüber, ob durch die Sicherheitsinteressen unseres Partners massiver Schaden entstanden ist, wissen wir im Moment hier zu wenig.
Und uns fehlt leider faktisch die Zuständigkeit ebenso für diplomatische Interventionen wie für rechtspolitische Spekulationen. Das wurde im Ausschuss schon mehrfach diskutiert. Ich denke, wir haben uns damit schon intensiv auseinandergesetzt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, es ist nun schon mehrfach gesagt worden, dass wir die Themen, die im Bundestag zu diskutieren sind, nicht auf Landesebene herunterbrechen können. Dies kann man auch an diesem Antrag festmachen. Wir sehen keine Möglichkeit, vom nordrhein-westfälischen Landtag aus einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Wenn wir das könnten, wäre ich sicherlich dabei.
Wir können hier jedoch – und das tun wir – noch einmal Problembewusstsein dokumentieren und aus den vorliegenden und den weiteren Erkenntnissen aus der NSA-Affäre die richtigen Schlüsse für uns selbst ziehen sowie mit unseren Partnern in den zuständigen handelnden Gremien in einer konstruktiven, wachsamen und intensiven Verbindung bleiben, und zwar im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestages, im Europäischen Parlament oder in der Kommission.
Angesichts dieser komplexen Sachlage gibt es im Moment keine schlüssige Alternative. Ich setze darauf, dass der Untersuchungsausschuss in Kooperation mit der Bundesregierung in Abwägung der Rechtsgüter unter Berücksichtigung der übergeordneten Belange sorgfältig prüfen wird.
Die Bundesregierung hat dem Ausschuss aktuell eine neue Stellungnahme zugeleitet. Offenbar stehen noch weitere Prüfungen an. Ich bin sicher, wenn es eine Möglichkeit gibt, Herrn Snowden wirklich Sicherheit in Deutschland zu gewähren, dann wird man diese Möglichkeit bestimmt nutzen.
Leider müssen Ihren Antrag aber aus den genannten Gründen heute ablehnen.