Protocol of the Session on September 3, 2015

Guten Morgen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie zu unserer heutigen, der 91. Sitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Mein Willkommensgruß gilt unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich zehn Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden wir in das Protokoll aufnehmen.

Auch heute dürfen wir einem Kollegen zum Geburtstag gratulieren. Ganz herzlich gratulieren wir Herrn Kollegen Matthias Kerkhoff aus der CDUFraktion zu seinem 36. Geburtstag. Die Zahl darf man bei einem so herrlich jungen Alter nennen.

(Beifall von allen Fraktionen)

Alles Liebe, alles Gute!

Nachdem die Kolleginnen und Kollegen Herrn Kerkhoff auch persönlich gratuliert haben, treten wir ein in die Beratung der heutigen Tagesordnung.

Ich rufe auf:

1 Gesetz über die Feststellung des Haushalts

plans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/9300

erste Lesung

In Verbindung mit:

Finanzplanung 2015 bis 2019 mit Finanzbericht 2016 des Landes Nordrhein-Westfalen

Drucksache 16/9301

Und:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2016 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2016 – GFG 2016) und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/9302

erste Lesung

Sowie:

Gemeindefinanzierung reformieren – GFG 2016 demographiefest ausgestalten

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/9598

Zur Einbringung des Entwurfes des Haushaltsgesetzes 2016 sowie der Finanzplanung 2015 bis 2019 und des Finanzberichts 2016 erteile ich nunmehr für die Landesregierung Herrn Minister Dr. Walter-Borjans das Wort. Herr Minister, das Redepult ist für die nächsten Minuten Ihres.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zwischen dem 23. Juni 2015 – das war der Tag, an dem das Landeskabinett den Haushaltsentwurf 2016 beschlossen hat – und dem 3. September 2015, also dem heutigen Tag der Einbringung und der ersten Lesung im Landtag, haben sich unser Land, Deutschland und Europa verändert. Vom heutigen Tag bis zur geplanten Schlussabstimmung am 16. Dezember 2015 wird sich noch mehr in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland und in Europa verändern.

Das alles enthebt uns aber nicht der Verpflichtung, die finanzielle Grundlage für die Politik in unserem Land gewissenhaft zu planen und Veränderungen Schritt für Schritt aufzunehmen und im Haushalt abzubilden, ohne die Ziele aus dem Auge zu verlieren, die uns die Verfassung unseres Landes, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, aber auch die Verantwortung für die hier lebenden und für die hierher kommenden Menschen auferlegen. Deshalb steht diese Einbringung unter ungewöhnlichen Vorzeichen.

Wir wissen, dass dieser Haushalt vom Parlament sicher nicht so beschlossen werden wird, wie er heute eingebracht wird. Demjenigen, der behauptet, er hätte das bei der Kabinettsbefassung schon gewusst – wir haben gestern gehört, welche Zahlen beim Flüchtlingsgipfel prognostiziert worden sind –, würde ich raten, auf dem Jahrmarkt als Wahrsager aufzutreten. Da kann man eine Menge Geld verdienen und darf auch schon mal danebenliegen.

In der Haushaltsberatung 2016 wird Flexibilität gefordert sein. Nicht nur in Nordrhein-Westfalen, auch im Bund, in den anderen Ländern und in den Kommunen wird es enormen Anpassungsbedarf im Rahmen von Haushaltsaufstellung, Haushaltseinbringung und Haushaltsberatung geben.

Die Regeln für die parlamentarische Haushaltsberatung in diesem Landtag bieten dazu ausreichend Möglichkeiten. Ja – das kann ich jetzt schon sagen –, wir werden eine Ergänzungsvorlage brauchen, und es ist für 2015 ein weiterer Nachtrag erforderlich. Ich denke, es ist keine Prophetie, wenn ich sage: Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir auch

in 2016 einen Nachtrag zum Haushalt 2016 benötigen werden.

Der Haushaltsentwurf ist also ohne Frage eine fortschreibungsbedürftige Momentaufnahme, Stand

zunächst einmal: Juni 2015. Aber die Arbeiten an der notwendigen Ergänzung laufen auf Hochtouren. So stellen wir sicher, dass wir rechtzeitig vor dem Jahresende einen Haushalt auf dem dann aktuellen Stand verabschieden. Aber, wie gesagt, auch an dem Dezembertag wird der Stand nicht abschließend sein.

Warum lege ich nicht schon heute eine Ergänzung vor? – Weil die Dynamik im Augenblick besonders groß ist, weil jede Aktualisierung morgen obsolet wäre, vor allem aber, weil erst Ende September die Regierungschefs und -chefinnen mit der Kanzlerin über die angemessene Beteiligung des Bundes reden werden und weil erst Anfang November Klarheit über die zu erwartenden Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen bestehen wird.

Klar ist, dass die humanitäre und integrative Verantwortung vor Ort liegt: bei den Ländern und Kommunen. Klar ist aber auch, dass die finanzielle Verantwortung für den Zerfall Syriens oder Libyens nicht auf der Ebene der Länder oder der Kommunen abzubilden ist. Sollen wir womöglich jetzt schon Vorsorge für weitere, noch gar nicht existierende Konfliktherde in der Welt einplanen? Für welche in welcher Höhe? Und sollen wir dafür schon mal vorsorglich Infrastruktur und Bildung herunterfahren? Das wäre wohl eine etwas seltsame Debattengrundlage.

Der heute eingebrachte Entwurf gibt mir aber auch in dieser Fassung die Gelegenheit, zu zeigen, dass der Haushalt auch 2016 die anderen großen Aufgaben für das Land nicht außer Acht lässt. Sie behalten auch Bestand, wenn wir das Zahlenwerk um die große Aufgabe der Aufnahme, der Betreuung und der Integration von Menschen auf der Flucht ergänzen werden.

Meine Damen und Herren, auch im Haushalt 2016 werden wir die Schwerpunkte der letzten Jahre fortsetzen und unsere politische Zielrichtung deutlich machen. Wir werden auch in Zukunft viel Geld für die Bildung ausgeben. Familien werden in Nordrhein-Westfalen spürbar entlastet. Der Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr, zusätzliche Mittel für schulische Inklusion und das Studieren ohne Studiengebühren bleiben eine wichtige Grundlage einer sozial gerechten Politik, die allen Kindern und jungen Erwachsenen gleiche Bildungschancen bietet.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Nordrhein-Westfalen bleibt ein Bildungsland.

Für die frühkindliche Bildung werden im Haushalt 2016 insgesamt rund 2,43 Milliarden € zur Verfü

gung gestellt. Das sind 4,5 % mehr als im Vorjahr. Zusätzlich erhalten wir für den Zeitraum 2016 bis 2018 noch 118 Millionen € Investitionsmittel aus dem Bundesprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“. Dementsprechend planen wir bis zum Kindergartenjahr 2016/17 im U3-Bereich rund 10.000 neue Kitaplätze. Das bedeutet weitere rund 7.300 U3-Plätze in den Kindertageseinrichtungen und zusätzliche 2.700 Plätze in der Kindertagespflege. Das ist eine konsequente Fortsetzung der erfolgreichen Politik der letzten Jahre.

Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass die beim Bund freigewordenen Mittel zum verfassungswidrigen Betreuungsgeld den Ländern für den Kitaausbau zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Damit landet das Geld endlich dort, wo es hingehört. Wir brauchen mehr Förderung von Kindern und keine Prämien für das Fernhalten von Kindern aus den Kitas.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der CDU)

Wir werden auch hohe Investitionen im Schulbereich vornehmen. Um den Umbau der Schullandschaft auf der Basis des Schulkonsenses im Haushaltsjahr 2016 fortführen zu können, bleiben die Demografiegewinne im System und steigern so die Personalausgaben rechnerisch um 773 Millionen €. Das kommt eins zu eins den Schülern zugute.

Besonders zu erwähnen wäre hierbei noch der weitere Ausbau des offenen Ganztags. Am Ende des Schuljahrs 2016/17 werden wir insgesamt 292.600 Plätze im offenen Ganztag im Primarbereich fördern. Das sind 10.000 zusätzliche Plätze, die der Bildung der Kinder dienen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich unterstützen werden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Es ist gut, dass sich immer mehr Menschen mit Hochschulreife oder einer beruflichen Qualifikation für ein Studium in Nordrhein-Westfalen entscheiden. Derzeit schreiben sich so viele Studierende an den nordrhein-westfälischen Hochschulen ein wie noch nie. Erstmals seit Bestehen des Landes gibt es hier mehr als 700.000 Studierende. Das ist bei den Flächenstaaten der größte Anteil im Verhältnis zur Bevölkerung. Zehn Jahre vorher waren es nicht einmal 500.000 Studierende in unserem Land.

Den Studierenden kommt zugute, dass NordrheinWestfalen nicht nur die dichteste Wissenschafts- und Forschungslandschaft in Europa, sondern auch eine besonders vielfältige Hochschullandschaft hat. Das lassen wir uns auch etwas kosten. Allein in die Hochschulen investieren wir knapp 5,1 Milliarden € und 1,2 Milliarden € aus dem Hochschulpakt, den sich das Land und der Bund hälftig teilen. Insgesamt investieren wir damit im Jahr 2016 rund

27,7 Milliarden € in die Bildung, in die Köpfe unseres Landes.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Neue Projekte, die wir auf den Weg gebracht haben, werden die digitale Basis unseres Landes stärken. In ihrer Regierungserklärung im Januar hat die Ministerpräsidentin schon den digitalen Wandel als Schwerpunkt der Landesregierung in dieser Legislaturperiode deutlich herausgestellt.

(Zurufe von der CDU)