Bernd Althusmann

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Last Statements

Herr Vizepräsident!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit nunmehr sechs Jahren befindet sich die Niedersächsische Landesregierung in der Offensive, und zwar in der so genannten Multimedia-Offensive. Es weiß allerdings nicht jeder genau, wohin es in den letzten Jahren gehen sollte. Frau Goede, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn eine Landesregierung am 19. November 2002, kurz vor dem Ende einer Legislaturperiode, dazu kommt, festzustellen, eine Bestandsaufnahme machen zu müssen, ein par Projektgruppen einsetzen zu müssen, ein par neue Arbeitskreise einrichten zu müssen, einen CIO einrichten zu müssen usw., dann kann man sich ein wenig des Eindruckes nicht erwehren, als hätten Sie in der Vergangenheit Ihre Hausaufgaben zumindest nicht in allen Bereichen gemacht.
Wir müssen heute feststellen, dass der Einsatz von mehr als 200 Millionen Euro für die Neuausrichtung der IT-Struktur, für Hard- und Software und umfangreiche Beraterverträge in Wirklichkeit ohne eine Gesamtstrategie zu einer Menge Geld-, aber auch zu einer Menge Zeitverschwendung geführt hat.
- Verehrte, liebe Frau Leuschner, ich möchte das am Projekt P 53 noch einmal festmachen. Dieses Haushaltswirtschaftssystem auf Basis der Firma Baan zeigt nach wie vor nicht nur erhebliche Mängel. Das hat nicht nur zu abenteuerlichen Kapriolen dergestalt geführt, dass Abgeordnete oder wer auch immer plötzlich hohe Gehaltszahlungen auf ihren Konten hatten. Meine Damen und Herren, das Gesamtvergabeverfahren an die Firma Baan war in Deutschland beispiellos.
Es war geprägt vom Wahlkampf 1998. Es ging lediglich um das Heranholen der Deutschlandzentrale von Baan hier nach Niedersachsen. Es ging nicht um die Überprüfung, ob diese Software überhaupt für eine Verwaltung geeignet ist. Sie war nirgendwo im Echtzeitbetrieb eingesetzt, meine Damen und Herren. Das war die Realität.
Sie haben dafür Aufträge mit einem Volumen von mehr als 20 Millionen Euro vergeben. Es war eine rein politisch motivierte Entscheidung. Es sollte mit dieser Entscheidung Wahlkampf betrieben werden.
Wohin das geführt hat, sagen uns die Hochschulen. Die Hochschulen dürfen nämlich weiterhin mit SAP arbeiten. Die Hochschulen können überhaupt nicht verstehen, warum die Landesregierung auf der einen Seite Baan einsetzt und auf der anderen Seite die Hochschulen mit SAP arbeiten sollen. Das genau ist das Problem der Landesregierung. Wir werfen Ihnen vor, dass es Ihnen nicht gelungen ist, von verschiedenen Insellösungen in den verschiedenen Ressorts wegzukommen hin zu einem Gesamtkonzept und einer Gesamtlösung.
Ich verweise z. B. auf das Programm ELSTER im Bereich des Finanzministeriums. Meine Damen und Herren, wer sich mal ganz in aller Ruhe mit Mitarbeitern der Finanzverwaltung unterhält, der weiß, dass ELSTER zwar hehre Ziele hat und dass wir bald alle unsere Steuererklärung über das Internet erstellen können. Aber die Wahrheit ist doch eine andere. Sobald es irgendein kleineres Problem gibt, müssen Sie Ihre Unterlagen nach wie vor persönlich dem Finanzamt beibringen. Wir stecken dort nach wie vor noch in den Kinderschuhen.
Wenn ich schon mit Kritik beginne, dann lassen Sie mich noch Folgendes sagen: Es kann schon im Ansatz nicht richtig sein, dass wir bei der Einführung betriebswirtschaftlicher Standard-Software sechs verschiedene Beratungsfirmen im Millionenumfang beauftragen. Sechs verschiedene Beratungsunternehmen haben die Niedersächsische Landesregierung dabei beraten, wie sie z. B. in Niedersachsen eine Kosten- und Leistungsrechnung einführen soll. Ich glaube, dass Sie dabei zumindest am Anfang auf dem Holzweg gewesen sind.
Nachdem Sie sich nun entschlossen haben, den Entwurf einer IT-Organisationsrichtlinie in Auftrag zu geben und die Verantwortung für die verschiedenen Fachverfahren in die Ressorts geben wollen, kommen wir nun zu einem atemberaubenden Schritt: Wir wollen jetzt nämlich im IZN und in der gesamten Landesverwaltung Management
strukturen einführen. In Zukunft soll es - ich habe es vorhin angesprochen - einen so genannten CIO geben, also einen Chief Information Officer. Ihm untergeordnet sein soll ein RIO. Die Stelle wurde ausgeschrieben, besetzt ist sie aber noch nicht. Insofern werden wir es am Ende sein, die den Kern der IT-Strukturen regeln müssen. Außerdem soll es, wie schon gesagt, den RIO geben, den Ressort Information Officer. Ich sage ganz deutlich, meine Damen und Herren: Diese Übernahme von Managementbegriffen, diese Übertragung von Informationsverfahren und technologischen Verfahren aus der Wirtschaft nach dem Motto „Packen wir es einfach mal auf die Landesverwaltung drauf; es wird schon irgendwie funktionieren“ wird nicht klappen, und man kann es auch nicht durch irgendwelche Managementbegriffe ersetzen.
- Lieber Herr Plaue, Ihnen ist schon Intelligenteres eingefallen.
Meine Damen und Herren, dennoch: Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen befasst sich nicht mit den wirklichen Kernfragen, mit den wesentlichen Fragen im Bereich der Informationstechnologien. Sie wollen die IZN-Strukturen verändern. Sie sagen aber nicht genau, wohin es gehen soll. Sie müssen sich aber irgendwann einmal entscheiden. Die Landesregierung will auf der einen Seite die öffentlich-rechtliche Betriebsform beibehalten. Sie selbst wollen sich zur Privatisierung aber auch nicht durchringen. Sie streben eine Mischlösung an. Das wird so aber nicht funktionieren; denn das führt am Ende zur Rosinenpickerei. Das heißt, dass sich entweder die Ressorts oder andere Unternehmen hoch qualifizierte Leute herauspicken mit der Folge, dass die mit 115 Millionen Euro aufgebauten IZN-Strukturen letztendlich nicht vorangebracht werden können.
Nun zur Frage der Datensicherheit. Diese Frage ist meines Erachtens zumindest in Ansätzen gelöst. Deshalb sage ich noch einmal: Der Antrag der Grünen ist in dieser Richtung nicht richtungweisend. Inzwischen sind wir in Niedersachsen bezüglich der Authentisierung und Identifizierung von Rechnern durch insgesamt drei Fire Walls geschützt. Auch die Frage der so genannten Cookies, der Dateneinheiten, ist im Prinzip nicht von
wesentlicher Bedeutung. Wir müssen allerdings darauf bestehen, dass die Informationsangebote öffentlicher Stellen auf das Setzen von langzeitgespeicherten Cookies verzichten. Im Übrigen ist die Verwendung dieser Cookies gesetzlich geregelt.
In einem Punkt aber haben Sie Recht: Wir müssen das Nutzerverhalten schützen. Für die Speicherung von so genannten IP-Adressen müssen Richtlinien erlassen werden, sofern dies nicht schon geschehen ist. Sie wissen allerdings auch, dass für die Rechner der Nutzer in der Regel dynamische IP-Adressen vergeben werden. Feste Internet-Adressen haben nur Internetserver.
Auch der letzte Punkt, den Sie aufgreifen, ist für die IT-Struktur des Landes nicht von wesentlicher Bedeutung: Gütesiegel oder Prüfsiegel? - Ich darf Sie daran erinnern - von daher ist es fast ein bisschen bedauerlich, dass Ihr Antrag letztendlich in Gänze abgelehnt wird -, dass sich der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr schon im Jahr 2001 im Rahmen der Beratung eines Antrages mit Gütesiegeln und Prüfsiegeln im Bereich des E-Procurement auseinander gesetzt hat. Insofern ist es eigentlich bedauerlich. Mit einigen Punkten mögen Sie ja Recht haben. Bezüglich der generellen Ausrichtung der IT-Struktur in Niedersachsen hilft uns Ihr Antrag aber nicht weiter. Die wesentlichen Fragen hätten schon vor ein paar Jahren beantwortet werden müssen. Wir müssen uns zunächst fragen, was wir wollen. Erst dann sollten wir vorangehen. Diese Frage haben Sie in Niedersachsen aber leider nicht rechtzeitig beantwortet. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es handelt sich hierbei um einen Antrag der Fraktion der Grünen mit der Überschrift „Steuereinnahmen sicherstellen: Keine Kürzung des Beschäftigungsvolumens bei den Finanzämtern“. Wir werden diesen Antrag mittragen und die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen natürlich ablehnen.
Meine Damen und Herren, ich habe den Entwurf eines Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen in seinem aktuellsten Stand mitgebracht. Damit werden geändert: das Einkommensteuergesetz 2002, die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, das Körperschaftsteuergesetz, das Umwandlungsteuergesetz, das Gewerbesteuergesetz, die GewerbesteuerDurchführungsverordnung, das Umsatzsteuergesetz, die Umsatzsteuerdurchführungsverordnung, die Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung, die Abgabenordnung, das Einführungsgesetz zur Abgabenordnung, das Außensteuergesetz, das Finanzverwaltungsgesetz, das Eigenheimzulagengesetz, das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, das Auslandsinvestment-Gesetz und die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang mit insgesamt 41 Gesetzesänderungen, die hier zusammengegossen wurden.
Wer in diesem Zusammenhang glaubt, meine Damen und Herren, dass niedersächsische Finanzämter bei insgesamt 70 000 Steuervorschriften in Deutschland, bei 396 Gesetzen allein in der vergangenen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages mit weniger Personal auskommen werden und mit weniger Manpower vor Ort tatsächlich
eine vernünftige Veranlagung in den niedersächsischen Finanzämtern vornehmen können, der ist, glaube ich, ein wenig falsch gewickelt.
Sie mögen es „Festsetzung des geltenden Beschäftigungsvolumens auf das jahresdurchschnittliche Ist des Monats Juli 2002“ nennen - wahrlich sehr kompliziert ausgedrückt, meine Damen und Herren -, wir nennen es so: Die faktischen Personalkürzungen bei den niedersächsischen Finanzämtern sind ein finanzpolitischer, aber auch personalpolitischer Blindflug, der in Niedersachsen bisher seinesgleichen sucht.
- Lieber Herr Wegner, ich habe insbesondere nach Ihren intensiven Beratungen im Haushaltsausschuss den Eindruck, dass Sie überhaupt nicht wissen, was Sie tun.
Aber noch viel schlimmer ist: Sie tun noch nicht einmal das, was Sie wissen.
Meine Damen und Herren, wer der niedersächsischen Einnahmeverwaltung die gleichen Einsparauflagen auferlegt wie allen anderen, der darf sich nicht wundern, Herr Plaue, dass bis zum 30. September dieses Jahres insgesamt 985 Millionen Euro im niedersächsischen Landeshaushalt als echte Steuerrückstände aufgelaufen sind.
Sie, Herr Minister Aller, haben in der ersten Beratung am 25. Oktober behauptet, ich hätte Zahlen verbreitet, die falsch seien. Sie haben wörtlich gesagt: „Wann immer Sie auf die reale Situation zurückgegriffen haben, lagen Sie um hohe Prozentzahlen daneben.“ Das stimmt! Meine Damen und Herren, ich hatte auf der Basis der zurückliegenden Zahlen gesagt, unser Steueraufkommen in Niedersachsen liege von Januar bis Dezember 2002 voraussichtlich um 971 Millionen Euro niedriger. Richtig, das Defizit ist nach der NovemberSteuerschätzung auf 1,4 Milliarden Euro angestiegen. Ich habe weiter gesagt, die Steuerrückstände hätten am 30. September bei 970 Millionen Euro gelegen. Tatsächlich lagen sie aber bei 985 Millionen Euro.
Ich meine, Sie hätten sich eigentlich freuen müssen, dass ich bei meinen Schätzungen wahrscheinlich sogar etwas niedriger lag und so den Eindruck
erweckt habe, dass die dramatische Lage tatsächlich nicht so dramatisch ist. Aber leider haben Sie wiederum einfach nur behauptet, alles, was wir als Opposition hier sagen, sei falsch. Ich bin gespannt, ob Sie wieder behaupten, dass die Zahlen Ihres Hauses in diesem Fall auch falsch sind.
Die Gesamtrückstände inklusive Stundungen und Aussetzungen belaufen sich im Übrigen auf 1,838 Milliarden Euro.
Jetzt etwas zu der vorangegangenen Debatte oder überhaupt zu allen Fragen der Finanzierung, wenn es um die Schaffung von neuen Stellen geht. Meine Damen und Herren, allein mit den vollstreckbaren Rückständen von 527 Millionen Euro könnten theoretisch - theoretisch! - mehr als 13 000 Stellen geschaffen werden. Selbst wenn Sie nur ein Fünftel davon nehmen würden, hätten Sie bereits die Finanzierung von 2 500 Lehrern oder von 500 Finanzanwärtern oder wie auch immer geregelt. Ich erwähne nur zur Erinnerung, dass in den Jahren 2001 und 2000 die Steuerrückstände, wie im Haushaltsausschuss dargelegt, ebenfalls bei knapp 500 Millionen Euro gelegen haben.
Mit 50 Finanzanwärtern werden Sie die Qualität und die Quantität der Steuerveranlagung und die Bearbeitung mit Sicherheit nicht nennenswert steigern können. Im Ausschuss sagte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums, es sei zwingend notwendig, es sei sehr sinnvoll, Personalverstärkungen im Bereich der niedersächsischen Finanzämter vorzunehmen. Wir fragen Sie eigentlich nur: Warum hören Sie nicht auf den Rat Ihrer Mitarbeiter?
Ich sage sehr deutlich: Solange FISCUS als elektronische Steuererklärungsbearbeitung nicht läuft, solange Mitarbeiter in niedersächsischen Finanzämtern stundenlang vor Computern verharren müssen, die abgestürzt sind, solange sie nicht einmal über eine leistungsfähige Telefonanlage verfügen, solange Sie bei Behörden und Ämtern die versprochene Reformdividende einbehalten, solange Resignation statt Aufbruchstimmung in niedersächsischen Finanzämtern herrscht, so lange ist und bleibt die Reduzierung des Beschäftigungsvolumens kontraproduktiv, meine Damen und Herren. Das ist ein glatter Schuss in den Ofen.
Sie, Herr Finanzminister, erinnere ich an Ihre Worte vom 17. September 2001. Seinerzeit haben Sie bei der Einbringung des Haushaltes Folgendes gesagt:
„Aber die Herausnahme von 12 234 Stellen bei Zielvereinbarung und Aufgabenkritik macht auch deutlich, dass wir jetzt an der Grenze dessen angekommen sind, was in allgemeinen Verwaltungsbereichen leistbar ist. Das bestätigt auch der Präsident des Landesrechnungshofes. Wer mehr will, muss sich mit uns in die Diskussion einlassen, wie wir angesichts der Aufgaben, die wir damit verbinden, die großen Personalblöcke künftig strukturieren.“
Wenn das, was Sie vor etwa einem Jahr gesagt haben, tatsächlich stimmt, dann muss man sich schon ein wenig darüber wundern, dass der Ministerpräsident vor kurzem von den Beamten in Niedersachsen abzüglich der Inflationsrate quasi eine Nullrunde gefordert hat und ihnen, wenn sie nicht folgen, wenn sie nicht spuren, einen weiteren Stellenabbau von 3 250 Stellen androht.
Ich meine, Sie sollten zugeben, dass Sie inzwischen den Überblick verloren haben. Aber als Christenmenschen, die wir als Union nun einmal sind,
werden wir niemanden aufgeben.
- Lieber Herr Lanclée, wir werden Sie nicht aufgeben, weil wir gute Christenmenschen sind. Insofern waren wir aufgrund der großartigen Ankündigungen der SPD-Fraktion im Haushaltsausschuss, noch einen Änderungsantrag einbringen zu wollen, sehr gespannt.
Wo war dieser Änderungsantrag? - Fehlanzeige auf der ganzen Linie!
Meine Damen und Herren, wer die Altersstruktur der niedersächsischen Finanzverwaltung etwas näher betrachtet, der wird relativ leicht erkennen, dass hier in Wirklichkeit ein großer Handlungsbedarf besteht, aber dass Sie sich leider dieser Wirklichkeit verweigern. Denn in der kommenden Le
gislaturperiode werden 1 600 Angestellte und Beamte in der niedersächsischen Steuerverwaltung die gesetzliche Altersgrenze erreichen, die große Mehrheit davon im mittleren Dienst der Angestellten und bei den Beamten im gehobenen Dienst.
Ich komme zum Schluss. - Wir haben den Auftrag, Schaden vom Land abzuwenden. Ich glaube, Sie kommen diesem Auftrag nicht mehr nach. Sie alle kennen den Satz von Ernest Hemingway: „Als wir das Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten wir die Schlagzahl.“ Aber wenn der Kahn sinkt, meine Damen und Herren, nützt das auch nicht besonders viel. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Meinhold, ich möchte kurz auf Sie eingehen. Hintergrund der Befassung des Parlaments mit Roland-Berger-Gutachten ist mitnichten ein wahlkampftaktisches Manöver. Hintergrund ist letztendlich eine Landesregierung, die kurz vor Toresschluss, kurz vor der Wahl noch ein Gutachten bei Roland Berger in Auftrag gibt, um ein Haushaltskonsolidierungskonzept vorgelegt zu
bekommen, weil sie ihren Haushalt nicht mehr im Griff hat. Darum geht es doch, Herr Meinhold.
Herr Minister Aller, ich weiß nicht, ob Herr Professor Dr. h. c. Roland Berger sehr glücklich wäre, wenn er wüsste, dass wir heute - denn er feiert heute seinen 65. Geburtstag - über sein Unternehmen sprechen, das er, ich glaube, Anfang der 60er Jahre als Einmannunternehmen gegründet hat. Aber, Herr Minister Aller, Sie haben vorhin gesagt, wir müssten wirtschaftlich denken, wir müssten, wenn wir Gutachten in Auftrag geben, Aufwand und Ertrag betrachten. Wenn wir einmal Aufwand und Ertrag dieser Gutachten betrachten, dann beläuft sich der Aufwand auf 28 Millionen, und der Ertrag in Niedersachsen beträgt nahe null. So ist das mit Ihren Gutachten.
Lassen Sie mich eines zu den vertraulichen Akten sagen, die dort oben liegen und die wir eingesehen haben. Ich frage mich allen Ernstes, was daran noch vertraulich sein soll. Da werden Presseartikel für vertraulich erklärt. Es werden Angaben über die freiwilligen Ausgaben des Landes für vertraulich erklärt, die in jedem Haushaltsplan nachzulesen sind. Es werden die Berichte des Landesrechnungshofs für vertraulich erklärt. Da wundert man sich schon, was Sie mit dieser Strategie überhaupt bewirken wollen.
Meine Damen und Herren, manchmal ist guter Rat ja sehr teuer. Aber dass er dann so teuer ist, das ist der Skandal in Niedersachsen.
Hinzu kommt, dass Sie nicht den Mut haben, dann, wenn durch diese Gutachten tatsächlich einmal Ergebnisse vorliegen, diese Ergebnisse auch umzusetzen. Das ist doch die Krux in Niedersachsen. Das ist das, was die Mitarbeiter in Sachen Verwaltungsreform bei Ihnen beklagen. Sie machen viele tolle Arbeitskreise. Sie machen viele tolle Gutachten. Es kommt eine ganze Menge irgendwo zusammengeschrieben dabei herum. Aber Sie setzen es nicht um. Sie nutzen die Ergebnisse überhaupt nicht für Ihre Politik.
Nun einmal zu diesen Gutachten, ob sie nun von Roland Berger oder von anderen sind. Ich glaube,
es ist sehr treffend, was eine Mitarbeiterin - aus welchem Haus auch immer - einmal in einer E-Mail geschrieben hat. Sie hat zu bestimmten Gutachten bestimmter Firmen Folgendes gesagt: Mit Ausnahme von Thema 1 mit geschlossenen Augen lesen, da geheim. - Meine Damen und Herren, genau das ist es: Mit Ausnahme von irgendeinem Thema mit geschlossenen Augen lesen, da alles so riesig geheim und noch nie in irgendeiner Form durch Ihre Mitarbeiter erarbeitet worden ist.
Es liegt auf der Hand, dass Sie zum einen eine Klientelpolitik betrieben haben und zum anderen Ihr Regierungshandeln durch Gutachten in irgendeiner Form ersetzen wollten. Sie haben das, was Sie sich durch Gutachten haben ermitteln lassen, nicht kontrolliert.
Ich will Ihnen das einmal anhand Ihrer Liste aufzeigen: Sie haben allein für die Kosten- und Leistungsrechnung die Dresdner Management Consultants, die Baan GmbH, CSC Ploenzke, KPMG, arf Gesellschaft für Organisation, dann noch einmal Baan sowie das Institut für Gesundheits-, Umweltund Sozialplanung, IGUS, in Niedersachsen für die vier verschiedenen Bereiche eingesetzt. Was soll denn dabei herauskommen, wenn Sie fünf oder sechs verschiedene Unternehmen für ein und dasselbe Themenfeld einsetzen, wie Sie es in den vergangenen Jahren in Niedersachsen getan haben? Dabei kommt nun einmal überhaupt nichts heraus.
Es hätte Sie doch nachdenklich stimmen müssen, dass Roland Berger bereits in Bremen und in Berlin Haushaltskonsolidierungsuntersuchungen nach der so genannten Masterplanmethode durchgeführt hat. Angesichts der Haushaltslage von Berlin und Bremen hätten Sie doch einmal überlegen müssen, ob die Vorschläge, die dort in den vergangenen Jahren erarbeitet worden sind, für Niedersachsen in irgendeiner Form richtungsweisend hätten sein können.
Wissen Sie, es kann auch nichts dabei herauskommen, wenn Sie irgendeinem Unternehmen - welches auch immer - Anfang eines bestimmten Monats Aufträge erteilen, wenige Tage später Abschlagszahlungen erfolgen sollen, der Vertrag aber erst zwei Tage später unterschrieben wird. Der Grund für diese Hastigkeit, die Sie da an den Tag
gelegt haben, ist ein ganz anderer. Sie haben in Niedersachsen mehr Zeit damit verbracht, herauszufinden, wie Sie die Vergabebekanntmachung von bestimmten Gutachten vermeiden können. Sie haben sich Rechtsgutachten darüber anfertigen lassen, wie Sie vermeiden können, dass die Öffentlichkeit mitbekommt, dass Sie an bestimmte Unternehmen Gutachten zur Haushaltskonsolidierung oder zu welchen Themen auch immer vergeben wollen. Genau das ist der Vorwurf an Sie.
Bei diesen Gutachten konnte auch nicht besonders viel Neues herumkommen; denn die Basis dieser Gutachten war z. B., dass bei Präsentation einer bestimmten Firma - welche auch immer - im April in Hamburg einmal so locker und schlank gesagt wurde: Wir haben Personalausgabenquoten von 40 %. Wir haben 12 500 Mitarbeiter in Niedersachsen abgebaut. - Wenn das die Basisdaten waren, mit denen diese Consultants oder wer auch immer dort gearbeitet haben, dann sind sie mit völlig falschen Voraussetzungen von Ihnen in die Aufträge hineingeschickt worden. Das ist der Skandal. Es ist nicht Roland Berger,
Sie sind die Ursache dafür, dass hier Geld zum Fenster hinausgeworfen wurde. - Herzlichen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den mehr als 300 000 Betrieben der deutschen Bauwirtschaft arbeiten mehr als
3 Millionen Beschäftigte. Das Investitionsvolumen beträgt ca. 230 Milliarden Euro. Eines ist wahr: Solange es der deutschen Bauwirtschaft, ob nun in Niedersachsen oder aber in Deutschland insgesamt, schlecht geht, so lange werden wir mit Sicherheit die Probleme der Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht lösen können.
In Niedersachsen sind zurzeit etwa 380 000 Menschen arbeitslos. Mehr als 11 000 Arbeitsplätze sind allein in Niedersachsen im Bauhauptgewerbe weggefallen. In Deutschland sind das etwa eine Million Arbeitsplätze. Im September 2002 haben in Deutschland direkt am Bau noch ganze 895 000 Menschen gearbeitet. Das sind 11,2 % weniger als im Vorjahresmonat.
Lassen Sie mich an dieser Stelle eines ganz deutlich sagen: Wer wie Rot-Grün in Berlin in dieser für die Bauwirtschaft in Deutschland dramatischen Situation mit räuberischen Maßnahmen Hand anlegt an eine weitere Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen, ob nun durch massive Kürzungen der Eigenheimzulage oder durch Verschlechterung der Rahmenbedingungen, der Abschreibungsbedingungen für Hausbesitzer, der trägt auch die Verantwortung für den endgültigen Zusammenbruch des deutschen Bauhauptgewerbes, der trägt die Verantwortung dafür, dass erneut tausende von Bauarbeitern auch in Niedersachsen in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Diese Verantwortung tragen Sie, meine Damen und Herren!
Es gab oder es gibt immer noch einen Generalsekretär der Bundes-SPD, der von der Lufthoheit über den Kinderbetten sprach, die man erringen wolle. Meine Damen und Herren, abgesehen von der Geschmacklosigkeit dieser Formulierung muss ich feststellen: Hinter jedem einzelnen arbeitslosen Bauarbeiter in Niedersachsen, hinter jedem Handwerksbetrieb in Niedersachsen, der jetzt in Insolvenz geht, stehen Familien mit Kindern. Meine Damen und Herren, Sie nehmen gerade jungen Familien nicht nur die Eigenheimzulage weg und verkaufen dies womöglich noch als großartige familienpolitische Leistung, sondern Sie vernichten den Arbeitsplatz dieses Bauarbeiters gleich mit.
In Niedersachsen erwirtschaften nach dem Arbeitsortprinzip rund 3,3 Millionen Erwerbstätige ein Bruttoinlandsprodukt von 165 Milliarden Euro. Seit Jahren verzeichnet Niedersachsen ein unterdurchschnittliches Wachstum. Allein im Industrieund Handelskammerbezirk meiner Region Lüneburg-Wolfsburg beantragten im letzten Jahr 30 % mehr Betriebe Insolvenz als im Vorjahr. Das Bauhauptgewerbe ist davon am meisten betroffen. Mit 116 Insolvenzen im Baubereich auf 10 000 Unternehmen liegt Niedersachsen unter den westdeutschen Flächenländern an der Spitze. Die kleinen mittelständischen Baubetriebe verzeichneten im Wohnungsbau Einbußen von 13,4 % bei den geleisteten Arbeitsstunden, Einbußen von 9 % bei den Umsätzen. Allein bei 4 000 Mitgliedsfirmen im Bauhauptgewerbe ging in den ersten Monaten dieses Jahres die Beschäftigung um durchschnittlich etwa 7 % zurück.
Das, was Sie im Moment auf Bundesebene im Steuervergünstigungsabbaugesetz gerade in Bezug auf die Eigenheimzulage als zwei Maßnahmen von insgesamt 41 vorgelegt haben, wird in der Realität zu einem erneuten Beschäftigungsabbau in der Baubranche führen. Wahrscheinlich werden es 45 000 Arbeitsplätze sein, die dort wegfallen. Das niedersächsische Handwerk geht für unsere Region von etwa 10 000 bis 20 000 weiteren Arbeitslosen aus.
Eines mögen sich die Familienpolitiker in Ihrer Fraktion einmal vor Augen führen und uns dann einmal erklären: Weshalb eigentlich ist die Eigenheimzulage eine, wenn Sie so wollen, fast illegale Steuervergünstigung?
Gerhard Schröder hat gegenüber den Bausparkassen in Niedersachsen erklärt:
„Es ist meine Absicht, die breite Bürgerbewegung für Wohneigentum kraftvoll zu unterstützen.“
Man könnte ja meinen, er hätte auch da vor der Wahl vielleicht nicht so ganz die Wahrheit gesagt. Aber das kennen wir.
Meine Damen und Herren, bei der Eigenheimzulage geht es um Unternehmen, es geht um Arbeitsplätze, aber in erster Linie um die vielen tausend Familien, die nicht mehr in der Lage sein werden, sich eine Wohnung zu kaufen oder ein Haus zu bauen. Es geht um die Altersvorsorge dieser Men
schen, und es geht um Sicherheit im Rentenalter. Es geht um mietfreies Wohnen im Rentenalter.
Ich meine, dass durch die Einführung des einheitlichen Familiengrundbetrages von 1 000 Euro und einer Kinderzulage von 800 Euro je Kind nur noch für Familien mit Kindern oder aber für Alleinstehende mit Kindern Ihre familienpolitische Förderung massiv begrenzt worden ist. In der Realität bedeutet das für eine Familie mit zwei Kindern in Niedersachsen, dass im Gegensatz zum alten Recht gemessen an acht Förderjahren rund 13 000 Euro weniger an Förderung gezahlt werden. Das ist eine Kürzung von 38 %. Meine Damen und Herren, Sie stellen den familienpolitischen Kurs in Deutschland absolut auf Einbahnstraße.
Aber auch in dieser Sache bleiben Sie sich treu. Bereits zu Beginn des Jahres 2000 haben Sie nämlich die Einkommensgrenzen für die Eigenheimzulage herabgesetzt. Insofern kann es nicht verwundern, dass im Jahre 2001 in Deutschland nur noch 326 000 Wohnungen gebaut wurden. Im Jahre 1995 waren es über 603 000, also fast doppelt so viele Wohnungen. Die Eigenheimzulage ist ein wesentlicher Bestandteil oder ein Baustein der privaten Baufinanzierung. Gerade junge Familien mit einem geringen Einkommen können nur mit dieser Eigenheimzulage eine entsprechende Kapitaldecke bilden. Nur damit können sie zur Bank gehen und tatsächlich ihr Häuschen finanzieren.
- Herr Möhrmann, erklären Sie bitte den Siedlern in Niedersachsen - ich bin gespannt darauf -, dass die Eigenheimzulage der vergangenen Jahrzehnte quasi ein Steuerschlupfloch am Rande der Legalität war.
Der Präsident der Handwerkskammer LüneburgStade hat sich sehr zurückhaltend geäußert. Er hat ja auch dem Ministerpräsidenten den Ehrenmeisterbrief verliehen; den müsste er ihm eigentlich wieder aberkennen.
Er hat gesagt: Berlin bremst das Handwerk aus. Der Präsident des Deutschen Bauhauptgewerbes hat am 7. November schon deutlicher gesagt: Jetzt reicht’s! Wir lassen uns nicht kaputtsparen. Durch die faktische Abschaffung der Eigenheimzulage stehen 200 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. - Herr Endlein, Sie schütteln den Kopf. Gestern hat der Generalsekretär des Zentralverbandes des deutschen Handwerks erklärt, er gehe von einem Verlust von 300 000 Arbeitsplätzen aus. „Einen solchen Beschäftigungsabbau hat es in Deutschland noch nie gegeben“, hat er wörtlich gesagt. Das ist Ihre Verantwortung, das ist Ihre Bilanz, an der Sie sich werden messen lassen müssen.
Was uns aber umtreiben sollte, ist, meine ich, das undurchsichtige Spiel unseres Ministerpräsidenten. Am 10. November erklärte er gegenüber dem ZDF, bei der geplanten Absenkung der Eigenheimzulage von 9,5 Milliarden Euro auf etwa 6 Milliarden Euro bis 2010 müsse nachgebessert werden. Gabriel droht im Bundesrat mit Ablehnung. Meine Damen und Herren, diese Bestandteile dieses rotgrünen Pakets werden also zum Wohle der Familien, sowohl der Familien mit Kindern als auch der Familien ohne Kinder, durch Herrn Gabriel abgelehnt werden, wenn man ihm denn Glauben schenken darf.
Ehrlicherweise müssten Sie, um weiteren Schaden vom Land abzuwenden, das gesamte Gesetz ablehnen.
Eine Formulierung des Handwerkskammerpräsidenten Schmidt muss uns aber schon nachdenklich machen. Der Handwerkskammerpräsident hat nach einem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten in einer Pressemitteilung erklärt, er habe mit dem Ministerpräsidenten vereinbart, dass der Ministerpräsident ihm Rückendeckung beim Kampf gegen die Abschaffung der Eigenheimzulage gebe. Meine Damen und Herren, wenn es mal nicht nach dem 2. Februar nur bei dieser Rückendeckung bleibt und Sie am Ende in der Deckung verschwinden! Das kennen wir nämlich bereits von Ihnen. Vor der Wahl ist nach der Wahl, meine Damen und Herren.
Weil es um Arbeitsplätze in Niedersachsen geht, weil es um die Familien, vor allem um junge Familien, geht, fordern wir Sie eindringlich auf, sich
im Bundesrat für die Erhaltung der Eigenheimzulage einzusetzen.
Um den Baubereich in Niedersachsen anzukurbeln, müssen mit Sicherheit auch heute schon für die Zukunft geplante Investitionen vorgezogen werden. Wir müssen mit privaten Investoren darüber reden, ob bestimmte Maßnahmen, ob nun Großprojekte wie Autobahnen oder aber kommunaler Straßenbau, in irgendeiner Form privat vorfinanziert werden können. Sie müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, damit eine solche private Vorfinanzierung attraktiv wird.
Meine Damen und Herren, Ihre Beschlüsse auf Bundesebene gefährden in Niedersachsen zehntausende von Arbeitsplätzen.
Schaffen Sie das Steuervergünstigungsabbaugesetz ab, und lehnen Sie die Abschaffung der Eigenheimzulage ab! Nur so können Sie in Niedersachsen wieder Arbeit schaffen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Plenarsaal doppelt so voll wäre, wenn wir zur sofortigen Abstimmung über die Empfehlungen der Enquete-Kommission kämen.
Die Ergebnisse dieser Enquete-Kommission - das möchte ich schon mit Blick auf meine Schlussworte sagen - können nur dann wirkliche Ergebnisse und für dieses Haus bindend sein, wenn wir sie ernst nehmen. Ich meine, das, was wir erarbeitet haben, ist durchaus dazu angetan, ernst genommen zu werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Niedersächsische Landtag kann gemäß § 18 a der Geschäftsordnung dieses Hauses zur Klärung umfangreicher Sachverhalte, die für Entscheidungen des Landtages wesentlich sind, Enquete-Kommissionen einsetzen. Im Juni 2000 haben wir das hier einstimmig mit einem sehr ehrgeizigen Ziel getan: Die künftige Arbeit des Niedersächsischen Landtages am Beginn des 21. Jahrhunderts sollte zusammen mit externen Wissenschaftlern und Praktikern neu definiert werden. Wir haben uns ohne Zweifel ein wahrlich hehres Ziel gesetzt. Ich meine, dass in den Beratungen der Enquete-Kommission sehr deutlich geworden ist, dass uns das praktische Ringen um den richtigen Weg bereits nach sehr kurzer Zeit auf den harten Boden der Realität zurückbrachte.
Insbesondere die Fragestellung 3 hat uns in der Erörterung der Kommission einige Probleme bereitet; das möchte ich gar nicht verschweigen: Wie kann man z. B. die Auswirkungen von Kamingesprächen in irgendeiner Form vermindern und die Kontrollrechte des Landtages steigern? - Bei dieser Fragestellung hätten wir uns vorweg noch mehr Gedanken machen können. Dennoch, gäbe es im praktischen Alltag und beim Ablauf dieses Parlaments keine Defizite, gäbe es eben nicht den schleichenden Entscheidungsverlust der Länder, gäbe es nicht den Bedeutungsverlust der Länder oder des in Artikel 79 in Verbindung mit Artikel 20 des Grundgesetzes festgeschriebenen föderativen Bundesstaates, dann hätten wir uns mit Sicherheit nicht über zwei Jahre hinweg in über 20 Sitzungen mit dem Leitbild zur Stärkung der Arbeit des niedersächsischen Landesparlamentes befasst.
Meine Damen und Herren, die künftige Arbeit dieses Haus wird entscheidend davon abhängen, ob es uns 157 Abgeordneten - mal mehr und mal weniger - gelingen kann, Kompetenzen für Niedersachsen und für die Länder zurückzugewinnen. Es ist Fakt, dass zwischen Bundesebene und der Ebene der Europäischen Union die föderative Grundordnung - das stärkende Kernelement unserer staatlichen Ordnung - inzwischen zu zerbröckeln droht und geschwächt wird, und zwar durch die nahezu vollständige Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebung durch den Bund, durch die Rahmengesetzgebung des Bundes und durch die vielfältigen Formen der Mischfinanzierung öffentlicher Aufgaben zwischen Bund und Ländern. Dadurch haben die Länder - auch das Land Niedersachsen - in einem erheblichen Ausmaß an Gestaltungs- und Handlungsspielraum eingebüßt. Dies widerspricht - das machen wir uns viel zu wenig deutlich - nicht nur dem Geist unserer Verfassung, sondern dies widerspricht unzweifelhaft auch der historischen Entwicklung des Föderalismus in Deutschland.
Viele haben offenbar vergessen, dass nach 1945 in Deutschland zunächst die Länder entstanden sind. Erst im Anschluss daran ist die Bundesrepublik Deutschland entstanden. Demnach ist auch erklärlich, dass dort der Ursprung für den Artikel 30 Grundgesetz liegt. Danach ist die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Gestützt durch Artikel 70 Abs. 1 spricht die Zuständigkeitsvermutung unseres Grundgesetzes – unse
rer Verfassung - zunächst einmal für die Länder und nicht für den Bund. Die Realität ist heute allerdings eine andere.
Schon 1853 hat übrigens der Verfassungshistoriker Georg Waitz diesen Zustand sehr treffend beschrieben, in dem wir uns heute auch in Niedersachsen befinden. Er hat gesagt:
„Der Einzelstaat dagegen, welcher regieren und administrieren soll nach Gesetzen, die ein anderer gibt, verkommt in kleinlichem Detail und versinkt in einem Zustand, wo er gar nicht mehr Staat heißen kann.“
Wenn also die niedersächsische EnqueteKommission „Parlamentsreform“ ein über die drei Einzelaufträge hinausgehendes übergeordnetes Ziel hatte, dann war es doch wohl dieses: Das niedersächsische Parlament muss die Achtung und Wertschätzung der Bürger unseres Landes wieder zurückgewinnen, aber auch die Achtung und Wertschätzung vor sich selbst. Es geht bei dieser Einsetzung um unser Selbstverständnis. Als Landesparlament - auch das, meine ich, sollten wir uns immer wieder bewusst machen - sind wir es nun einmal, die am Bürger näher dran sind. Wir können es zumindest sein, wenn wir es nur wollen. Die Länderparlamente könnten Kompetenz zurückholen, wenn sie es nur wollten, würden sie nur das umsetzen, was seit September 1991 auf den Tischen der Landtage liegt, einstimmig abgestimmt. Gleich welcher Couleur haben die Landtagspräsidenten das 1991 klar formuliert.
Kernpunkt - das ist auch Kernpunkt unseres Untersuchungsauftrages - ist die Sicherung des Subsidiaritätsprinzips. Gemeint sind nicht nur mehr Gesetzgebungskompetenzen auch für das Land Niedersachsen im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung, sondern gemeint sind auch eine Stärkung der Finanzautonomie durch ein Mehr an Steuergesetzgebungskompetenzen, eine zwingend notwendige Befreiung von den Zwangsfesseln der Mischfinanzierung zwischen Bund und Ländern, um nur wenige Beispiele zu nennen. Insofern wäre es ein kleiner, vielleicht auch ganz kleiner Schritt, aber es wäre ein Schritt, wenn es auf Initiative unserer Enquete-Kommission im Frühjahr des nächsten Jahres tatsächlich gelingen sollte, im Rahmen des Konvents der Landesparlamentarier auch die Frage der Einrichtung einer Kompetenzkammer zu prüfen, um das Subsidiaritätsprinzip zu überwachen und es auch tatsächlich zu sichern.
Wenn wir also die Entwicklung hin zu einem Entschließungsantrags- und Anfrageparlament aufhalten und umkehren wollen, dann müssen wir nicht nur die Erkenntnisse dieser einen EnqueteKommission in Niedersachsen, sondern auch die Ergebnisse von mindestens 40 weiteren Kommissionen, die sich mit dieser Thematik beschäftigt haben, umsetzen. Rückblickend auf die beiden vergangenen Jahre bedauere ich, dass sich die eine Seite dieses Hauses dem ersten Teil des Untersuchungsauftrages eigentlich nur bedingt stellen wollte. Ich hatte fast den Eindruck, man hätte vielleicht mit der Aufstellung der Saalmikrofone die Arbeit einstellen wollen.
Meine Damen und Herren, eine kleine Kritik ist erlaubt, auch wenn wir es am Ende einstimmig verabschiedet haben. Ich glaube, es konnte nicht unser Auftrag sein, dass wir uns nur Gedanken darüber machen, wie wir den Parlamentsablauf innenorganisatorisch neu ordnen. Ich glaube, erst dadurch, dass den Sachverständigen in der Enquete-Kommission Stimmrecht verliehen wurde, ist Bewegung in die Sache hineingekommen.
Dennoch wird es im Parlamentsablauf Veränderungen geben. Das sind weitreichende Veränderungen. Diese weitreichenden Veränderungen - dies sage ich auch einmal nach draußen in die Lobby - werden hoffentlich nach dem 2. Februar zu einem völlig neuen, aktiven Parlament, zu völlig neuen Ideen und einem völlig anderen Ablauf führen. Es wird nicht nur der dreiwöchige Tagungsrhythmus mit nur noch zwei Plenartagen sein. Wir werden dadurch häufiger tagen. Es werden auch Tagesordnungen nach Schwerpunkten gebildet werden können. Es wird keine Redezeitbeschränkungen mehr geben. Es wird keine Vorgabe mehr geben, wann welcher Redner zu welchem Zeitpunkt zu welchem Tagesordnungspunkt sprechen wird. Das wird unter Umständen eine disziplinierende Wirkung haben. Dass man nicht mehr weiß, wann man mit seiner Rede dran ist, kann unter Umständen dazu führen, dass das Parlament dann doch häufiger von uns Parlamentariern besucht wird. Dies sage ich wohl wissend, dass auch alle diejenigen, die gerade nicht da sind, wichtige Aufgaben zu erledigen haben.
Bei der Frage des Minderheitenrechts, Regierungsmitglieder in den Ausschuss zu zitieren, konnten wir als CDU-Fraktion uns leider nicht durchsetzen. Wir hätten es richtig gefunden, diesen Weg zu gehen.
Noch etwas wird dieses Parlament zukünftig nicht mehr haben, nämlich dass - wie gerade eben bei der Dringlichen Anfrage oder auch bei mündlichen Anfragen - immer wieder dieser nette Zwischenruf kommt: „Nun fragen Sie doch endlich!“, oder der Herr Präsident - oder wer auch immer - sagt: „Wo bleibt die Frage?“ - Das wird es, wenn wir das umsetzen, nicht mehr geben; denn dann wird sichergestellt sein, dass in Form einer dreiminütigen Gegenrede auf das, was der Minister oder die Ministerin gesagt hat, geantwortet werden kann.
Ich halte das für eine richtige Weichenstellung, weil wir als Opposition - oder Sie dann ab 2. Februar - gerade bei Dringlichen Anfragen der Regierung doch erheblich unterlegen sind.
- Herr Plaue, bleiben Sie doch ruhig. Wir setzen das doch gemeinsam um; Sie dann in der Opposition.
Meine Damen und Herren, die Reduzierung der Zahl der Ausschüsse von 18 auf 10 wäre nur dann konsequent, wenn Sie bereit gewesen wären, das Parlament in einem ersten Schritt zu verkleinern, auch wenn es sich nur um 20 Abgeordnete gehandelt hätte. Das wäre immerhin eine Einsparung von rund 2 Millionen Euro gewesen. Ich möchte einmal auf Folgendes hinweisen - es sind ja auch einige Bürgerinnen und Bürger dieses Landes hier, die der heutigen Plenarsitzung beiwohnen -: Derzeit kosten die aktiven 157 Abgeordneten rund 0,06 % des niedersächsischen Landeshaushalts. Jeder der 8 Millionen Einwohner in Niedersachsen zahlt derzeit für seinen Abgeordneten an aktiven Personalausgaben inklusive Aufwandsentschädigung usw. 1,75 Euro im Jahr. Das sind 15 Cent im Monat oder 0,5 Cent am Tag. Dennoch: Eine Reduzierung des Parlaments wäre ein klares Signal auch dieser Enquete-Kommission gewesen. Ich bedaure, dass Sie diesen Schritt nicht mitgehen wollten.
Ich will gar nicht weiter auf die sehr umfangreiche Stellungnahme zur Frage des Petitionsausschusses eingehen. Aber ich möchte ausdrücklich Frau Merk danken, die sich in ihrer Fraktion am Ende mit ihrer Meinung offenbar durchsetzen konnte, dass dieses Parlament - wie alle anderen Parlamente in Deutschland im Übrigen auch; Bayern
bereits seit nach 1945 - einen eigenen Petitionsausschuss einrichten wird. Ich weiß, dass es in allen Fraktionen viele Vorbehalte zu dieser Fragestellung geben wird bzw. geben kann; denn jeder ist davon überzeugt, dass der derzeitige Ablauf der richtige ist. Aber ich glaube, wir entlasten die Fachausschüsse, die sich damit auf ihre Kernarbeit konzentrieren können, wenn wir die Petitionen in einen eigenen Ausschuss geben.
Meine Damen und Herren, im letzten Teil der Untersuchung, insbesondere hinsichtlich der Einführung neuer Steuerungsinstrumente, haben wir die Ziele der jetzt einzuführenden leistungsorientierten Haushaltswirtschaft in Niedersachsen bis 2008 ein wenig unter die Lupe genommen. Wir haben sehr wohl auf die rechtliche Problematik der neuen Haushaltsinstrumente wie Zielvereinbarungen und Leistungsaufträge aufmerksam gemacht. Diese sind rechtlich äußerst umstritten. Auch wenn Sie es nicht glauben wollen: Die Frage, ob die Budgethoheit dieses Parlaments gesichert werden kann, hat bei den Erörterungen der Enquete-Kommission eine entscheidende Bedeutung gehabt. Das ist eine Kernfrage bei der Umstellung auf neue Steuerungsinstrumente. Ich kann nur eines sagen: Selbst wenn Zielvereinbarungen und Leistungsaufträge rechtlich immer noch umstritten sind, eines wird mit Sicherheit eintreten: Das heute schon nur bedingt real existierende Budgetrecht des Parlaments wird nicht wesentlich eingeschränkt werden. Aber die Kontrollfunktion des Parlaments, von uns allen - auch im Haushaltsausschuss, dem ich angehöre -, wird mit Sicherheit doppelt so schwierig werden, zumal sich bereits jetzt - das machen wir uns oftmals nicht sehr deutlich - 50 % der Haushaltsmittel in budgetierten Deckungskreisen und 7,1 % in den Landesbetrieben befinden.
Interessant waren die Warnungen vor Stiftungsmodellen. Der Landesrechnungshof hat hier eine sehr deutliche Sprache gesprochen. Ich kann nur daran erinnern, dass Niedersachsen mit seinen Hochschulen diesen Weg der Stiftungshochschulen gehen will. In der Enquete-Kommission haben wir uns sehr umfassend und ausführlich mit dieser Problematik befasst. Wir haben davor gewarnt, hier einen Sonderweg zu gehen. Professor von Campenhausen hat diese Stiftungshochschulen eine Schnapsidee genannt, weil die Stiftungskultur in Niedersachsen, Herr Minister Oppermann, oder - besser gesagt - in Deutschland wahrlich nicht so ausgeprägt ist wie in den USA oder anderswo. Ich will nicht sagen, dass das ein völlig falscher Weg ist. Aber zumindest sind die rechtlichen Probleme
der Stiftungshochschulen dort sehr deutlich aufgezeigt worden. Ich empfehle Ihnen, einmal einen Blick in den Abschlussbericht zu werfen, Herr Minister Oppermann.
Meine Damen und Herren, rund 76 Seiten mit Anspruch auf Umsetzung wurden niedergeschrieben. Dank an den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst und alle, die daran mitgewirkt haben. Diese 76 Seiten harren allerdings jetzt auch der Umsetzung. Es wäre mehr als bedauerlich, würden die Ergebnisse erneut dem Tagesopportunismus geopfert werden. - Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gebe zunächst in der gebotenen Kürze den Bericht bekannt.
Der Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht empfiehlt Ihnen mit den Stimmen der Fraktion der SPD und gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Anträge der Fraktion der CDU und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer geänderten Fassung anzunehmen. Den Rest des Berichts möchte ich aus gegebenem Anlass zu Protokoll geben.
Zu Beginn der Beratungen im federführenden Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht trug der Sprecher der Fraktion der CDU vor, dass der Fall eines ehemaligen Staatssekretärs und Ministers gezeigt habe, wie schnell es gelingen könne, sich Versorgungsbezüge zu sichern. Der ehemalige Minister habe seine Pensionsansprüche innerhalb von 20 Arbeitstagen nahezu verdoppeln können. Zur Vermeidung derartiger Fälle müsse daher zukünftig ein Rückkehrrecht in die Position eines politischen Beamten ausgeschlossen werden. Politische Beamte könnten im Gegensatz zu den sonstigen Beamten, die Abgeordnete seien, ohne Angabe von Gründen und bei voller Gewährung der Versorgungsansprüche in den Ruhestand verabschiedet werden. Genau an dieser Stelle setze die Doppelversorgung ein. Die Landesregierung solle deshalb einen Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Beamtengesetzes und des Ministergesetzes vorlegen.
Der Sprecher der Fraktion Bündnis90/Die Grünen erklärte, auch seine Fraktion sei der Meinung, man müsse zukünftig verhindern, dass jemand, der aufgrund seiner Abgeordnetentätigkeit nach Beendigung einer Abordnung ein Rückkehrrecht in eine bestimmte Funktion habe, auch dann weiterhin vom Steuerzahler alimentiert werde, wenn eine Weiterverwendung in dieser Funktion nicht möglich sei. Gleichwohl müsse aber eine Abwägung mit dem durch die Übernahme eines Mandates bzw. einer politischen Funktion bedingten Schutzes stattfinden. Beides müsste mittels eines vertretbaren Kompromisses in Einklang gebracht werden. Einen solchen Kompromiss solle der von seiner Fraktion eingebrachte Entschließungsantrag in der Drucksache 3572 darstellen.
Die Vertreterin der Fraktion der SPD erwiderte, ihre Fraktion sei bereit, das Anliegen zu unterstützen, Regelungslücken zu schließen, um so eine mögliche Überversorgung von ehemaligen Ministerinnen und Ministern und von ehemaligen Staatsekretärinnen und Staatssekretären zu verhindern. Allerdings seien das Niedersächsische Abgeordnetengesetz und das Ministergesetz geändert worden. Im Fall des in Rede stehenden ehemaligen Staatssekretärs und Ministers seien aber noch die alten Regelungen anzuwenden gewesen. Es solle daher zunächst geprüft werden, ob überhaupt noch Regelungslücken vorhanden seien, die geschlossen werden müssten.
Im Übrigen brachte sie ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass die Landesregierung aufgefordert werden solle, entsprechende Regelungen zu treffen. Dieses sei Aufgabe des Parlaments.
Sodann erläutere die Sprecherin der Fraktion der SPD den von ihrer Fraktion eingebrachten Änderungsvorschlag.
Aus folgenden Gründen stimmten diesem Änderungsvorschlag jedoch weder die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktion der CDU noch der Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu:
Konsensfähig sei lediglich der unter der Nr. 4 genannte Prüfauftrag an die Landesregierung. Dagegen würde mit den Nrn. 2 und 3 ein Dissens geradezu herausgefordert. So werde mit der Nr. 2 nur festgestellt, dass es nach der geltenden Rechtslage kein Sonderrecht für gewählte Staatssekretäre gebe. Mit der Nr. 3 des Änderungsvorschlages gehe die SPD-Fraktion zwar auf den den beiden Entschließungsanträgen zugrunde liegenden Versorgungsfall ein. Dieser sei nach Auffassung der Fraktion der CDU aber rechtlich und zumindest auch moralisch bedenklich gewesen.
Da die Vertreterinnen und Vertreter der SPDFraktion auf die in ihrem Änderungsantrag unter den Nrn. 2 und 3 genannten Aussagen nicht verzichten wollten, empfahl der federführende Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht dem Landtag mit dem eingangs geschilderten Abstimmungsergebnis, die Entschließungsanträge in den Drucksachen 3322 und 3572 in der Fassung des Änderungsvorschlages der Fraktion der SPD anzunehmen.
Die mitberatenden Ausschüsse für Rechts- und Verfassungsfragen, für innere Verwaltung und für
Haushalt und Finanzen schlossen sich dieser Beschlussempfehlung bei gleichem Abstimmungsverhalten an.
Namens des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht bitte ich Sie daher, der vorliegenden Beschlussempfehlung in der Drucksache 3833 zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, ich hätte es Ihnen gerne erspart, an einem Tag gleich über zwei Justizminister im Lande Niedersachsen sprechen zu müssen, nämlich zum einen über den Amtierenden und zum anderen über den Ehemaligen. Lassen Sie mich mit der guten Nachricht beginnen. Wir wollen der Änderung des Ministergesetzes und des Gesetzes für den Niedersächsischen Landesrechnungshof nach den im Rechtsausschuss vorgenommenen Änderungen zustimmen. Umso bedauerlicher ist es, nun mit den schlechten Nachrichten fortzufahren und festzustellen, dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, nicht die Kraft und offenbar auch nicht den Mut hatten, mit uns eine Änderung des Niedersächsischen Beamtengesetzes und des Ministergesetzes dahin gehend vorzunehmen, dass künftig eine ungerechtfertigte Überversorgung in Niedersachsen ausgeschlossen werden kann.
Nun mag der Fall Weber bald zehn Monate her sein. Bekanntlich setzen manche in Ihren Reihen zu gern auf die Vergesslichkeit der Bürger. Was zunächst als großartige Geste daherkam, nämlich die Aussage, man wolle mit uns gemeinsam nach einer Lösung zur Änderung des Beamtengesetzes und des Ministergesetzes suchen, erwies sich - mit Verlaub gesagt - im Laufe der Beratungen im Ausschuss dann doch als reine Luftblase. Von Ernsthaftigkeit war in dieser Frage keine Spur mehr.
Ich möchte Sie doch einmal herzlich bitten, dem Stahlarbeiter in Goslar, der Näherin bei Lucia in Lüneburg, dem Gärtner im Gartenbaubetrieb in Wiesmoor, dem Werftarbeiter in Weser-Ems zu erklären, dass gerade Sie, meine Damen und Herren von der SPD, die sie wie ein Monstranz Ihr „S“ in Ihrem Namen vor sich hertragen und das Ganze für sozial halten, nicht willens und fähig waren, Luxuspensionen für Ihre eigenen Genossen hier in Niedersachsen zu verhindern.
Innerhalb von nur 20 Tagen konnte der ehemalige Minister, Staatssekretär und Fraktionsvorsitzende seine Pensionsansprüche nahezu verdoppeln. Ich möchte Ihnen einmal vorhalten, dass die durchschnittliche Rente eines Arbeiters nach 45 Versicherungsjahren gerade einmal etwas mehr als 1 000 Euro beträgt. Hätte dieser 45 Jahre mit dem Höchstbeitrag in die Versicherung eingezahlt, käme er auf rund 2 000 Euro. Niemand bestreitet, dass Herr Weber hier rechtmäßig als Abgeordneter und Minister die Ansprüche für seine Pension erworben hat. Aber sein Rückkehrrecht in das Amt eines politischen Beamten gemäß § 107 des Niedersächsischen Beamtengesetzes hätte tatsächlich eingeschränkt werden müssen. Dem haben Sie sich leider verweigert.
Es ist niemandem im Hause mehr zu erklären, dass die SPD-Fraktion in Niedersachsen den derzeitigen Zustand in ihrem Änderungsantrag, den wir nach einigen Monaten beraten haben, dann auch noch gutheißen will. Herr Weber wurde nach Rückkehr in den Landesdienst doch nur deshalb in die Besoldungsgruppe B 9 eingruppiert, um ihn als politischen Beamten ohne Angabe von Gründen nach zwei Wochen mal eben in den Ruhestand schicken zu können. Das war der einzige Grund, warum er in diese Position zurückberufen werden sollte. Das ist - mit Verlaub gesagt - eine Riesenabzockerei, die Sie für die Zukunft hätten ausschließen müssen.
Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt noch in die richtige Richtung, nämlich die Verwendungsmöglichkeiten auszuweisen. Wenn Mandatsträger oder Minister in den Landesdienst zurückkehren, dann muss es eben nicht das Amt des politischen Beamten nach B 9 sein - für Sie im Übrigen ab dem 2. Februar mit Sicherheit ein aktuelles Thema. Aber der Antrag der Fraktion der SPD ist eine Verhöhnung der Menschen, eine Verhöhnung auch des Landes und des Parlaments; denn Sie wollen sich hier in keinster Weise bewegen. Der Landtag soll laut Punkt 3 - ich zitiere einmal aus Ihrem Antrag - bedauern, dass das rechtmäßige Vorgehen der Landesregierung in dieser Angelegenheit zum Anlass für eine Campagne missbraucht worden ist, um dem Ansehen von Dr. Wolf Weber Schaden zuzufügen.
- Sehr verehrte, liebe Frau Leuschner, mitnichten! Den größten Schaden haben Sie angerichtet, weil Sie eine derartige Doppelversorgung in Niedersachsen künftig nicht ausschließen wollen. Das ist der Schaden, liebe Frau Leuschner, den Ihre Fraktion in diesem Fall angerichtet hat.
Herr Weber hat rechtmäßig Versorgungsansprüche in Höhe von 3 000 Euro. Das ist nicht wenig. Ich frage Sie allen Ernstes: Warum sollten Sie es nicht ändern, dass für drei Monate die B 9-Besoldung - das sind immerhin rund 8 800 Euro - und zusätzlich bis zum 31. Dezember dieses Jahres Übergangsgelder in Höhe von 5 600 Euro gezahlt werden? Seit dem 1. Juli dieses Jahres sind es dann auch noch 6 100 Euro monatlich als Pension. Wie wollen Sie das angesichts dessen, was im Moment auf Bundesebene stattfindet, draußen erklären? Es werden die Rentenbeiträge erhöht, es werden die Beitragsbemessungsgrenzen angehoben, und Sie haben bei den Witwenrenten gekürzt. Aber hier werden die Versorgungsansprüche entsprechend zugeschustert, sobald es um jemanden aus Ihrem parteiischen Lager geht.
Meine Damen und Herren, Sie sind bei der Sozialministerin zurückgerudert. Der Fall Minnier ist allen noch relativ gut in Erinnerung. Aber Sie haben es offenbar immer noch nicht gelernt. Der Wähler wird Sie am 2. Februar mit Sicherheit an Ihre Versäumnisse, an Ihr fehlendes Augenmaß in dieser Frage erinnern. Ich kann mir schon vorstellen, dass mancher Sozialdemokrat auf öffentlichen Veranstaltungen in Niedersachsen nur mit großen Bauchschmerzen die Frage wird beantworten können, warum Sie in dieser Frage nicht gehandelt haben. Da sind wir uns sehr sicher. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Sehr verehrter Kollege Wenzel, hin und wieder erleben wir Sie als durchaus vernünftigen Mann, der hier und da auch einmal unsere verkehrspolitischen Positionen mit trägt. In diesem Fall mag es aber so sein, dass Sie versuchen, die Probleme im Amt Neuhaus aus Ihrer Göttinger Sicht zu beurteilen.
Ich möchte Ihnen dazu Folgendes sagen: Das Amt Neuhaus mit immerhin 5 500 Menschen wurde 1993 nach Niedersachsen zurückgegliedert, worüber damals alle Menschen froh gewesen sind. Ich darf Ihnen darüber hinaus sagen, dass die Menschen im Amt Neuhaus glücklich darüber wären, wenn es gelingen würde, endlich die deutsche Einheit auch an dieser Stelle durch eine Brücke über die Elbe zu vollziehen.
Man konnte den Menschen in den letzten Jahren überhaupt nicht erklären, warum sie bei Hochwasser, wie wir es gerade hatten, aber auch im Winter, wenn auf der Elbe Eisgang herrscht und die Fähren nicht mehr fahren können, immer Umwege von weit mehr als 75 km - nämlich über Lauenburg - in Kauf nehmen mussten. Von daher ist eine Brücke bei Neu Darchau das richtige und geeignete Mittel zur Herstellung der Einheit.
Im Übrigen, Herr Wenzel, ich gebe nicht so gerne zu, dass wir im Kreistag von Lüneburg sogar eine Koalition mit den Grünen haben. Die Grünen im Kreistag von Lüneburg waren so vernünftig, diesen Koalitionsvertrag zu unterschreiben, womit sie für eine Brücke bei Neu Darchau gestimmt haben. Insofern vermag ich Ihre Argumente überhaupt nicht nachzuvollziehen.
Eines aber ist deutlich: Es ist ein Herzensanliegen der Mehrheit der Menschen in dieser Region. Hier und da mag es bei Fahrten durch die Orte Neu Darchau und Katemin Schwierigkeiten geben. Aber dennoch bleiben wir bei diesem Projekt; denn es ist wichtig für unser Land und insbesondere für den Nordosten Niedersachsens. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie alle kennen das Flugblatt, das nahezu alle von Ihnen zugeschickt bekommen haben. Ich lese es vorsichtshalber noch einmal vor. Darin steht:
„Liebe Abgeordnete, Sie machen sich doch Sorgen um unseren Landeshaushalt und erfinden für uns Beamte immer neue Gehaltskürzungen. Wir werden Ihnen helfen, indem wir Ihre Steuererklärung besonders gut bearbeiten. Vielleicht sind ja noch ein paar Euro herauszuholen.“
- Lieber Herr Plaue, unser Vorsitzender des Haushaltsausschusses hat dazu an die Fachgewerkschaft geschrieben,
und zwar berechtigterweise, weil man in dieser Frage über Stil und Formen mit Sicherheit streiten kann.
Das wäre ja so, als würde sich die GEW zukünftig, weil Sie eine so schlechte Bildungspolitik machen, weigern, Ihre Kinder zu erziehen.
Ich will damit nur sagen, dass es natürlich seine Hintergründe hat, wenn ein solches Flugblatt versendet wird. Herr Plaue, der Adressat des Flug
blattes ist falsch. Dort müsste stehen: „Lieber Axel Plaue.“ Da müsste die SPD-Landesregierung angesprochen werden, niemand anderes hier im Hause.
Sehr verehrter Herr Plaue, unser originäres Steueraufkommen in Niedersachsen liegt von Januar bis Dezember 2002 exakt um 971 Millionen Euro niedriger als im letzten Jahr. Die Summe der Steuerrückstände, die ausstehenden Forderungen - der Kollege Golibrzuch hat auf sie hingewiesen - beträgt ebenfalls 970 Millionen Euro. Ich darf hier einmal deutlich sagen: Das liegt mit Sicherheit nicht an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesverwaltung, sondern das liegt an einer Landesregierung, die die Finanzämter in Niedersachsen hat ausbluten lassen, die sie technisch nicht entsprechend ausgestattet hat, und natürlich auch an einer Steuergesetzgebung auf Bundesebene, bei der In-Kraft-Treten und Änderungsgesetz inzwischen nahezu auf einen einzigen Tag fallen.
Meine Damen und Herren, es existiert ein Steuerdschungel mit etwa 70 000 Steuervorschriften. Wir muten vielen Finanzbeamten eine ganze Menge zu. Die Landesregierung mag es „Festsetzung des geltenden Beschäftigungsvolumens auf das jahresdurchschnittliche Ist des Monats Juli 2002“ nennen - ich habe das bewusst einmal zitiert; es ist kompliziert ausgedrückt -, und Sie verweisen ja auch darauf, dass die Anwärter ausgenommen werden; aber hinter dieser komplizierten Formulierung steht letztendlich nichts anderes, als dass rund 2 000 Vollzeiteinheiten über den gesamten Haushalt hinweg bis auf weiteres gesperrt werden. Gerne wird vergessen, dass diese Maßnahme im Vorjahr schon einmal ergriffen wurde. Sie haben bereits im letzten Jahr 1 600 Vollzeiteinzeiten generell für die Bewirtschaftung gesperrt, anstatt als Landesregierung zu überlegen, in welchem Bereich der Einnahmeverwaltung des Landes Niedersachsen es richtig wäre, Personal abzubauen, und in welchem Bereich es kontraproduktiv ist. Kontraproduktiv ist es dort, wo wir Steuereinnahmen haben.
Meine Damen und Herren, das ist wahrlich eine personalwirtschaftliche Notbremse. Für sie mag
man hier und da auch Verständnis haben. Denn von 1998 bis 2006 steigen die aktiven Personalausgaben des Landes Niedersachsen um 43 %. Die Versorgungsausgaben des Landes Niedersachsen haben sich seit 1998 verfünffacht. Daran - ich darf es noch einmal betonen - sind nicht die niedersächsischen Finanzbeamten schuld, sondern daran ist eine Personalausgabenpolitik schuld, allerdings auch in Ihrer Verantwortung, Herr Golibrzuch, nämlich in den Jahren der rot-grünen Regierung, als im Lande Niedersachsen 10 000 Stellen zu viel geschaffen wurden. Dieses Erbe treten Sie heute mit entsprechend scharfen Maßnahmen an.
Gemäß § 50 Abs. 7 Haushaltsgrundsätzegesetz muss eine Regierung rechtzeitig geeignete Maßnahmen ergreifen, um eine geordnete Haushaltsentwicklung zu sichern. Dieses Ziel können Sie in diesem Jahr bei einer Deckungslücke von etwa 1,3 Milliarden Euro mit Sicherheit nicht erreichen. Im nächsten Jahr wird diese Deckungslücke durch die Abdeckung des zusätzlichen Defizits von 2001 voraussichtlich auf 2 Milliarden Euro ansteigen.
Als wir erstmalig im März und anschließend im Mai bei der zweiten Beratung das von der Landesregierung und von der SPD-Fraktion getragene, ja geradezu hochgelobte, „begrüßenswerte“ - so wurde es in Ihren Entschließungsanträgen immer wieder bezeichnet - Projekt „Finanzamt 2003“ besprochen haben, das wir sehr unterschiedlich beurteilt haben, ist deutlich geworden, dass es Ihnen gar nicht um die Mitarbeiter oder die Finanzämter geht. Sie kürzen in Kapitel 04 06 bei den niedersächsischen Finanzämtern bis 2004 insgesamt rund 430 Stellen. Dann erklärt meine werte, sehr geschätzte, liebe Frau Kollegin Leuschner
am 13. März wörtlich:
„Die Verbesserung der schwierigen Arbeits- und Personallage in den Finanzämtern, das ist besonders wichtig, weil wir da lange Ausbildungszeiten haben. Schließlich geht es ja auch um die Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit und der Motivation der rund 14 000 Beschäftigten in unseren Finanzämtern.“
Liebe Frau Leuschner, waren das nicht ein paar Krokodilstränen, die Sie da vergossen haben?
Im Blickpunkt der Steuergewerkschaft setzt der Finanzminister das dann fort. Im Juli 2002 spricht Finanzminister Aller von der wunderbaren Zukunft der niedersächsischen Finanzämter. Mit Verbesserungen und Erleichterungen, was die Stellen angeht, würden die Leistungen der Steuerverwaltung anerkannt. Jetzt will ich Ihnen einmal sagen, was ein Mitarbeiter in der niedersächsischen Finanzverwaltung dazu sagt. Er bewertet den Personalabbau in den niedersächsischen Finanzämtern wortwörtlich wie folgt:
„Das ist der kontrollierte Absturz der Steuerverwaltung in Niedersachsen.“
Ihre Verantwortung!
Im Jahre 2001 haben 68 niedersächsische Finanzämter ca. 22,5 Milliarden Euro eingenommen, von denen rund 11,5 Milliarden Euro beim Land Niedersachsen verblieben sind. Im Jahre 2002 haben die 12 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Steuerverwaltung bis zum letzten Monat insgesamt rund 2,8 Millionen Steuerveranlagungen durchgeführt. Mehr als 3 Millionen Kfz-Steuerfälle wurden bearbeitet. Insgesamt wurden 16,5 Milliarden Euro eingenommen. Davon bleiben 8,2 Milliarden Euro bei uns. Diese Beträge hätten mindestens um 1 Milliarde Euro höher sein können, wenn Sie diese Verwaltung zumindest so lange von den Zielvereinbarungen, die Sie hier beschlossen haben, ausgenommen hätten, solange Sie es nicht geschafft haben, die Finanzämter in Niedersachsen personell und insbesondere technisch besser auszustatten. Eines ist auch wahr: FISCUS, LoHN, ELSTER und wie es alles heißt, alles funktioniert nicht, alles stürzt ab. Die Realität bei den Finanzämtern in Niedersachsen ist tagtäglich so: Die Computer stürzen kontinuierlich ab.
Fakt ist auch, dass mit 10 932 Vollzeiteinheiten, die auf 10 720 reduziert werden sollen, bei höchs
ten Fallzahlen die Forderung nach größtmöglicher Bürgerorientierung wahrlich nicht erfüllt werden kann. Das ist nicht miteinander in Einklang zu bringen.
Ich habe Ihnen bereits im Mai entgegengehalten, dass die Fallzahlen für die Bearbeitung im Bereich der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer oder anderer Feststellungen seit 1990 in den niedersächsischen Finanzämtern um durchschnittlich mehr als 30 % angestiegen sind. Die Zahl der Fälle, die ein Mitarbeiter zu erledigen hat, ist um mehr als 24 % gestiegen.
Ganz nebenbei wurden in der vergangenen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages etwa 32 Steueränderungsgesetze beschlossen. Dies hätte - auch unter Hinweis auf Ergebnisse des Landesrechnungshofs in Baden-Württemberg - letztendlich dazu führen müssen, dass mindestens 600 Stellen in der Finanzverwaltung für diesen speziellen Bereich der Steuerveranlagung mehr geschaffen worden wären, anstatt 430 Stellen in diesem Bereich abzubauen.
Von Wirtschaftlichkeit kann bei diesem Abbau auch keine Rede sein; denn bei der Abschmelzung des Beschäftigungsvolumens ist es tatsächlich so, dass jeder Beschäftigte im Veranlagungsbereich der niedersächsischen Steuerverwaltung insgesamt das Doppelte dessen erbringt, was das Land Niedersachsen an Personalkosten für ihn aufwenden muss.
Es ist schon ein wenig abenteuerlich: Da haben wir einen Ministerpräsidenten, der den Menschen kurz nach der Wahl die Wahrheit erklärt, die er vorher verschwiegen hat, der plötzlich Änderungen bei der Vermögensteuer und was nicht noch alles für Steueränderungen einführen will.
Da haben wir einen Ministerpräsidenten, der durch die Vermögensteuer zukünftig 300 Millionen Euro bei den Menschen in Niedersachsen abkassieren will. Sie fordern auf Bundesebene die Erhebung von Steuern auf Aktiengewinne und jetzt wohl auch auf Lebensversicherungen sowie bei Immobilienspekulationen. Sie schaffen quasi das Bankgeheimnis ab. Sie wollen Kontrollmitteilungen einführen.
Im Übrigen ist dagegen nicht viel zu sagen, Herr Kollege; denn das Instrument der Kontrollmitteilungen kann man sehr wohl vernünftig einsetzen. Ich halte das für ein geeignetes Mittel, um die entsprechenden Kapitalerträge zu verifizieren. Aber, lieber Kollege Möhrmann, Sie belasten die Unternehmen, indem Sie die Zeiträume bei den Verlustvorträgen entsprechend verkürzen wollen.
Bei all den Maßnahmen, die Sie auf Bundesebene durchführen wollen, bedenken Sie aber überhaupt nicht, welche Auswirkungen das für Niedersachsen haben kann. Sie bedenken überhaupt nicht, welch große Zahl von Mitarbeitern und welche technischen Änderungen notwendig wären, um alles das, was Sie auf Bundesebene tagtäglich an tollen, atemberaubenden neuen Ideen haben, hier vor Ort in der Praxis zu bewältigen und zu bearbeiten.
Wenn das Finanzamt Göttingen beim zweiten Landeswettbewerb „Innovative Behörde“ für die Entwicklung seines Servicecenterkonzeptes „Finanzamt 2003“ geehrt wird und einen Preis erhält, dann muss es den Niedersächsischen Finanzminister Aller eigentlich umtreiben, wenn ihm eine Mitarbeiterin aus diesem Finanzamt resignierend schreibt, man habe zwar die Wartezeit in diesem Finanzamt dadurch versüßt, dass man jetzt Gummibärchen hinstelle, aber für die Anschaffung einer schlichten Telefonanlage reiche es in diesem Finanzamt nicht. Das ist die Realität in Niedersachsen! Deshalb ist diese Maßnahme eindeutig falsch und kontraproduktiv.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Aller, um einmal unsere Aufgabenteilung festzulegen: Sie sind mit dem heutigen Tage noch exakt 100 Tage im Amt. Bis dahin, Herr Minister, werden wir Sie dann vor uns hertreiben, wenn diese Landesregierung falsche Weichenstellungen vornimmt.
Danach können wir das dann selber machen. Aber die richtigen Weichenstellungen, Herr Mühe, bevor Sie auf falschen Gedanken kommen.
Wir werden Sie darauf hinweisen, wenn Sie Fehler machen. Wir werden Sie darauf hinweisen, wo es kontraproduktiv ist, wenn Sie in dem Bereich Personal einsparen.
Sie haben nicht zugehört, Herr Minister. Sie haben gesagt: Die CDU will eigentlich nur mehr Personal. Ich habe aber sehr deutlich gesagt: Diese Zielvereinbarung, der Haushaltsführungserlasses vom 27. August 2002, ist so lange nicht gerechtfertigt, solange es dieser Landesregierung nicht gelungen ist, in den niedersächsischen Finanzämtern die entsprechende technische und organisatorische Struktur so herzustellen, dass auch tatsächlich das an Steuern eingetrieben und vom Innendienst entsprechend bearbeitet werden kann, was der Außendienst feststellt.
Erst dann ist Ihre Maßnahme in irgendeiner Form gerechtfertigt.
Sie stellen sich als Minister hier vorne hin und behaupten einfach, dass jede Zahl, die die Opposition nennt, falsch ist.
- Oder ich, meinetwegen, einverstanden. - Sie konnten aber nicht eine einzige Zahl widerlegen. Sie konnten nicht eine einzige Zahl nennen, die falsch ist.
Herr Minister Aller, ich möchte Ihnen gerne vorhalten, was Sie am 17. September 2001 bei der Haushaltseinbringung im Niedersächsischen Landtag gesagt haben. Sie echauffieren sich ja immer ein wenig über unseren Begriff „Masterplan“. Ich zitiere den Finanzminister Aller:
„Dieser Haushalt ist wieder ein Sparhaushalt. Aber er ist auch mehr als das. Er ist der Masterplan unserer Politik für die nächsten acht bis zehn Jahre.“
- Streiten Sie sich ruhig um die Urheberrechte. Hier von ehrlicher Politik und von einem ehrlichen Haushalt zu sprechen, das ist schon ein wenig abstrus.
Sie werden nur dann motivierte Mitarbeiter in den niedersächsischen Finanzämtern bekommen, wenn Sie ihnen das, was Sie ihnen versprochen haben - abgesehen von Leistungsprämien -, geben. Dass Sie den Mitarbeitern die Reformdividenden, die sie sich durch kluge Maßnahmen in den Finanzämtern oder irgendwo anders in der niedersächsischen Landesverwaltung erarbeitet haben, wieder wegnehmen und gleichzeitig ein Höchstmaß an Motivation und Bürgerorientierung fordern, passt nicht zusammen. Das ist falsche Politik. - Danke schön.
Herr Minister, wie die Seriosität eines RolandBerger-Gutachtens, das mit einer globalen Minderausgabe von 1,365 Milliarden Euro arbeitet, und wie vor allem die Seriosität der Arbeit einer Landesregierung, die Prüfaufträge bis in die Zeit nach der Wahl, nämlich bis zum 15. März 2003, erteilt, zu bewerten sind, mag die Öffentlichkeit beurteilen. Ihr Minister Pfeiffer hat letzte Woche - -
Ich frage: Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass Herr Minister Pfeiffer in der letzten Woche, am 19. September, erklärt hat, dass die Vorschläge des Finanzministers stark angreifbar seien, auf Sand gebaut seien, dass sie im Prinzip nicht umgesetzt werden könnten und dass mit massivem Widerstand zu rechnen sei? Erklären Sie uns aber vor allem einmal ganz deutlich, wie Sie die geplante Einsparung in Höhe von 630 Millionen Euro im Personalbereich in den Jahren 2004 bis 2006 umsetzen wollen. Das wären immerhin 2 100 Stellen. In diesem Zusammenhang könnten Sie uns auch erklären, was Sie mit „Outplacement“ meinen. Wird das eine Pensionierungswelle im Land Niedersachsen sein? Das ist Punkt 3.11 in Ihrem Konsolidierungskonzept.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche zu den Eingaben, die die Änderung des Beihilferechts betreffen. Ich hatte Ihnen ja schon beim letzten Mal versprochen, dass wir es uns nicht nehmen lassen werden,
Sie in jeder Plenarsitzung kontinuierlich an Ihre Versäumnisse und an Ihre schlechte Behandlung der niedersächsischen Beamten im Lande Niedersachsen zu erinnern.
Meine Damen und Herren, die Glaubwürdigkeit der Niedersächsischen Landesregierung gegenüber den Landesbeamten hat inzwischen einen absoluten Tiefpunkt erreicht. Der heutige Ministerpräsident hat im August 2000 zwar gesagt, man habe viel für die Beamten des Landes Niedersachsen erreicht, aber das Gegenteil ist der Fall. Die Beamten des Landes Niedersachsen mussten erkennen, dass die angebliche Notwendigkeit, sich ins eigene Fleisch zu schneiden, die von dem damaligen Abgeordneten Oppermann und dem damaligen Abgeordneten Gabriel herausgestellt wurde, sich nicht auf sie selbst bezog, sondern letztendlich immer nur auf andere.
Meine Damen und Herren, die Streichung der Beihilfeleistungen für Beamte hat eine Welle von Widersprüchen ausgelöst. Sie wissen, dass bei der Einführung der Kostendämpfungspauschale bereits weit mehr als 35 000 Widersprüche aus der Landesverwaltung von den Landesbeamten zu verzeichnen waren. Wir gehen davon aus, dass sich diese Zahl von Widersprüchen gegen die Kürzung im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes unter Umständen sogar verdoppeln könnte. Der Deutsche Beamtenbund hat dazu ausgeführt, dass die Grenze der Belastbarkeit der niedersächsischen Beamten inzwischen nicht nur erreicht, sondern weit überschritten sei. Der Landesrechnungshof hat in diesem Zusammenhang auf das Prozessrisiko hingewiesen. Aber Sie haben das alles vom Tisch gewischt.
Die Kernfrage ist doch, ob die Loyalität, die Sie von dem Feuerwehrbeamten, von dem Polizeibeamten, von dem Justizvollzugsbeamten oder von dem Finanzbeamten hier im Lande Niedersachsen immer wieder einfordern und immer wieder einklagen, eigentlich eine Einbahnstraße sein darf oder ob sich der Arbeitgeber Landesregierung nicht irgendwo seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten des Landes Niedersachsen bewusst sein müsste.
Sie betreiben in Sachen Beamte im Lande Niedersachsen eine stammtischmotivierte Politik. Sie spielen auf ein relativ niedriges Niveau an nach dem Motto: Mit unseren Landesbeamten können wir das ja machen, aber bei allen anderen ist uns das egal.
Meine Damen und Herren, es geht Ihnen nicht um die Streichung irgendeines Privilegs - Sie argu
mentieren ja gerne, bei den Wahlleistungen handele es sich um ein Privileg für Beamte -, sondern es geht Ihnen lediglich um die Einsparung von etwa 20 Millionen Euro bei den Leuten, von denen Sie bei immer weniger Personal immer mehr Leistung abfordern.
Warum können wir uns nicht darüber unterhalten, die mit dem Haushaltsbegleitgesetz vorgenommene Änderung des § 87 c NBG wieder außer Kraft zu setzen und dann einen anderen Weg zu wählen, die Einsparsumme zu erzielen, nämlich indem wir den Druck auf die Abrechnungspraxis der Ärzteschaft entsprechend erhöhen? Wir wollen weg davon, dass im Lande Niedersachsen diese stammtischmotivierte Diskussion geführt wird.
Lassen Sie mich zu guter Letzt darauf hinweisen, dass der Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht kürzlich in Berlin war und dort einmal gefragt hat, ob denn auch die Bundesbeamten, also quasi die Beamten des Bundeskanzlers, der als ehemaliger Ministerpräsident ja dann geflüchtet ist,
auch auf dieses angebliche Privileg, Herr Mientus, verzichten müssen. - Das ist nicht der Fall. Der Bund hat diese Verschlechterung des Beihilferechts nicht vorgenommen. Insofern ist es absolut verwunderlich, dass Sie in dieser Frage stur bleiben und sich mit Ihrer absoluten sozialen Eiseskälte überhaupt nicht bewegen wollen.
Werte Frau Leuschner, es geht wahrlich nicht um die Beamten der höheren Besoldungsstufen. Es geht um die kleinen und mittleren Beamten im Lande Niedersachsen, denen Sie es zumuten, reale Einkommenseinbußen von 100 bis 300 DM monatlich hinzunehmen. Das wiederum werden wir nicht hinnehmen. - Herzlichen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Wer den Föderalismus ändern will, der muss ihn lieben und darf nicht heimlich dem zentralistischen Goldesel huldigen“ - so kürzlich ein Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf die diesmal vom Bundesverband der Deutschen Industrie angestoßene Föderalismusdebatte.
Kernfrage aller Forderungen der Reform unserer föderativen Ordnung ist letztlich, ob starke Bundesländer in einem zusammenwachsenden Europa eine Stärke oder eher eine Schwäche unseres demokratischen Systems sind.
Ein Blick zurück: Nach 1945 sind im Übrigen zuerst die Länder entstanden und ist erst danach der Bund entstanden.
Artikel 30 des Grundgesetzes spiegelt diese historische Entwicklung wider; denn danach sind die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Hinzu kommt die Kompetenz- und Zuständigkeitsvermutung durch Artikel 70 Abs. 1 eindeutig zugunsten der Länder.
Die klare Zuordnung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings eindeutig hin zum Bund oder gar zur Europäischen Union entwickelt - und, wenn man es noch ergänzen kann, eindeutig zu den Länderregierungen und weg von den Landtagen, den eigentlichen Landesparlamenten. Die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung der Länder sind in der Verfassungswirklichkeit zwischen der Kompetenzwahrnehmung des Bundes und einer kontinuierlichen Zuständigkeitserweiterung der Europäischen Union inzwischen massivst eingeengt worden. Verfassungsexperten sprechen inzwischen davon, dass der im Grundgesetz ursprünglich angelegte Gestaltungsföderalismus mittlerweile zu einem Beteiligungsföderalismus degeneriert sei.
Wenn wir es auch in Niedersachsen mit der Bedeutung dieses Parlaments wirklich ernst meinen, dann müssen wir dieser schleichenden Entwicklung Einhalt gebieten.
Der Landtag dieses Bundeslandes sollte sich sehr selbstbewusst an die Spitze aller Landtage, aller Länder setzen, um für ein Land mit 8 Millionen Einwohnern - immerhin größer als so manches Mitgliedsland der Europäischen Union - Gesetzgebungskompetenzen, die Budgethoheit in einem solidarischen föderativen Wettbewerb zwischen den Ländern, aber auch zwischen Bund und Ländern sowie der Europäischen Union zurückzugewinnen.
Ich meine, der Zuständigkeitsverlust, fehlende Transparenz, eine voranschreitende Missachtung des vielfach von uns allen in vielen Sonntagsreden so hoch gelobten Subsidiaritätsprinzips im Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltung, auch die Frage des Konnexitätsprinzips, also im Prinzip unklare Kompetenz- und Finanzierungsabgrenzungen, sind die eigentlichen Ursachen für eine ziemlich gefährliche Entwicklung hin zu einem Entschließungs- und Anfrageparlament.
Eine wirklich landeseigene Gestaltung der Budgethoheit ist nicht nur angesichts der dramatischen Verschuldung des Landes Niedersachsen kaum noch vorstellbar, sondern ebenso fesseln uns gesetzliche Bindungen des Bundes oder der EU weit über das verträgliche, dem Föderalismus in Deutschland zuträgliche Maß hinaus in die eigene Landeszuständigkeit hinein.
Alles das, was wir unter Gemeinschaftsaufgabemitteln oft auch gegenfinanzieren müssen - ob auf kommunaler Ebene oder auf Landesebene -, schränkt die landesspezifische Haushaltsgestaltung inzwischen derart massiv ein, dass die Fragen der Möglichkeiten der Gestaltung eines Landeshaushaltes tatsächlich deutlich zurückgegangen sind. Nicht erst, aber im Kern liegen die weitergehenden Forderungen der Föderalismusreform seit 1991 durch die Präsidenten der Landtage vor.