Meine sehr verehrten Damen und Herren, guten Morgen! Ich teile Ihnen mit, dass wir heute Morgen ab sofort auch diese Sitzung über Internet übertragen. Sie wissen jetzt, dass Sie entsprechend aufmerksam von unseren Zuschauern und Zuhörern betrachtet werden.
Meine Damen und Herren, ich darf heute Morgen einen Gast begrüßen, den ich gerade wahrgenommen habe. Der Kultusminister des Freistaates Sachsen, Herr Dr. Rössler, sitzt dort hinten in der Loge. Herzlich willkommen.
Ich kenne ihn seit vielen Jahren, auch aus der Kultusministerkonferenz. Wir haben manche anregende Gesprächsrunde hinter uns.
Zur Tagesordnung. Wir beginnen die heutige Sitzung mit Punkt 17 - Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Zu Punkt 27 „EGovernment: Verwaltung in Niedersachsen durch elektronische Bürgerdienste bürgernah modernisieren“ - Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 2210 -, der für heute auf der Tagesordnung steht, sowie zu den für morgen vorgesehenen Punkten 35 „Audit ‚Beruf und Familie‘ - Familienpolitik und Wirtschaftsförderung in Niedersachsen verknüpfen" - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 2215 - und 42 „Regionalmanagement sichert die Zukunftsfähigkeit der staatlichen Mittelinstanz“ - Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 2228 - haben die antragstellenden Fraktionen ihre Anträge auf Durchführung der ersten Beratung im Plenum zurückgezogen. Tagesordnungspunkt 32 soll nach einer Übereinkunft der Fraktionen nicht mehr
An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.
Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung der Finanzminister, Herr Aller, die Kultusministerin, Frau Jürgens-Pieper, für den Nachmittag, der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten in der Staatskanzlei, Herr Senff; von der CDU-Fraktion Herr Gansäuer ab 17 Uhr, Herr Ehlen und Herr Meier.
Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor: a) Ein Schritt zurück zur „Aufbewahrungsschule“? – Stundenkürzungen für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Sonderschulen für Geistigbehinderte und Körperbehinderte – Antrag der Fraktion der CDU – Drs. 14/2239 – und b) Niedersachsen als Drehscheibe für illegale Tierarzneimittel – Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/2240.
Bei Zusatzfragen gelten die verabredeten Regeln. Jeder Abgeordnete darf bis zu zwei Zusatzfragen stellen. Die Zusatzfragen müssen knapp und sachlich sein, denn sie sollen zur Sache gehören. Sie dürfen nicht verlesen werden.
a) Ein Schritt zurück zur „Aufbewahrungsschule“? - Stundenkürzungen für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Sonderschulen für Geistigbehinderte und Körperbehinderte - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2239
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Laut vorliegendem Erlassentwurf plant die Landesregierung offensichtlich, die Stunden der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Sonderschulen für Geistigbehinderte und Körperbehinderte in Halbtagsschulen von einer Dreiviertelstelle auf eine halbe Stelle abzusenken, in Ganztagsschulen von einer ganzen Stelle auf nur noch eine Dreiviertelstelle.
Dies hat massivste Proteste insbesondere von betroffenen Eltern ausgelöst, die mit der Umsetzung dieses Erlasses die Aufrechterhaltung eines geregelten Unterrichtsablaufes nicht mehr gewährleistet sehen. Die bisherigen pädagogischen Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten nicht mehr erbracht werden. Diese könnten nur noch im Unterricht eingebunden werden. Die Landesregierung mache einen Schritt hin zurück zur Aufbewahrungsschule, obwohl gerade die an Sonderschulen für Geistigbehinderte und Körperbehinderte beschulten Schülerinnen und Schüler besonderer Förderung bedürften.
Der Landeselternrat hat in einem Brief vom 3. Januar 2001 an die verantwortliche Kultusministerin Jürgens-Pieper die Kritik wie folgt zusammengefasst: „Die Umsetzung des Entwurfes würde pädagogische Arbeit in der derzeitigen Form unmöglich machen.“ - Eine Antwort hat er bis heute nicht erhalten.
1. Wann ist dieser Erlassentwurf in die Anhörung gegangen, bzw. wann geht er in die Anhörung? Wann ist mit seiner Umsetzung zu rechnen?
2. Warum setzt sich die Landesregierung mit den Stundenreduzierungen für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Sonderschulen für geistigbehinderte und körperbehinderte Kinder dem Vorwurf aus, einen Schritt zurück zur Aufbe
wahrungsschule zu machen und insbesondere förderbedürftige Schülerinnen und Schüler zu vernachlässigen?
3. Warum werden die massiven Einwände und Vorbehalte nicht nur der betroffenen Schulen und Lehrkräfte, sondern gerade auch der um ihre Kinder besorgten Eltern nicht gewürdigt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete hat richtigerweise gesagt, dass wir noch von einem Referentenentwurf sprechen. Das Instrumentalisieren von Referentenentwürfen macht natürlich der Opposition Freude.
Aber es lässt mir nicht die Zeit, im Hause die Dinge so zu besprechen, dass dann auch eine Anhörung stattfinden kann, Herr Klare. Danach haben Sie ja auch richtigerweise gefragt. Ich will aber gern Ausführungen dazu machen,
(Möllring [CDU]: Warum lassen Sie die denn erst in die falsche Richtung arbeiten? Das ist doch alles Steuer- geld!)
Seit der Einrichtung der ersten Schulen für Geistigbehinderte und der Schulen für Körperbehinderte in Niedersachsen vor mehr als 25 Jahren werden in diesen Schulen die Kinder nicht nur von Sonderschullehrkräften unterrichtet, Herr Klare,
sondern zusätzlich von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und zwar sowohl in der unterrichtsbegleitenden als auch in einer therapeutischen Funktion. Daneben gibt es noch andere Betreuungskräfte in den Schulen.
Die Einstellung dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgte bisher im Rahmen eines Einzelfallverfahrens auf der Basis der Beantragung einer Stelle und der Einzelzuweisung an die jeweiligen Bezirksregierungen.
Ich glaube, ich habe schon die Pflicht auch gegenüber dem Landtag, eine Regelung zu treffen, bei der ich sagen kann, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter es nun eigentlich an den einzelnen Sonderschulen gibt. Wir stellen bei den Bezirksregierungen fest, Herr Klare, weil wir uns um die Situation an diesen Schulen kümmern, auch aufgrund Ihrer Anfragen kümmern, aber nicht nur deshalb: Die Bezirksregierungen können uns keine konkrete Auskunft darüber geben, wie viele Personen als pädagogische Mitarbeiter mit welchen Arbeitsverträgen an den Schulen arbeiten. Deshalb bedarf es meines Erachtens einer Regelung. Wir müssen die Zuweisungen ja auch sorgfältig vornehmen, denn es geht schließlich um Ressourcen des Landes.
Bisher gibt es keine Regelung, bislang gibt es nur ein Einzelzuweisungsverfahren. Das führt zu Ungerechtigkeiten in der Versorgung der Schulen und zu zuwenig Transparenz. Die ist im Augenblick nicht gegeben, wie wir festgestellt haben, als wir bei einigen Schulen nachgefragt haben. Dieses Einzelzuweisungsverfahren ist umso aufwändiger, je mehr Schulen und je mehr Klassen es gibt.
Deshalb ist es notwendig, dieses Verfahren zum Einsatz pädagogischer Mitarbeiter zu überwinden, und zwar zugunsten einer Versorgung analog der Zuweisung von Lehrerstunden. Dazu sind Regelungen erarbeitet worden, die aber, wie gesagt, im Hause noch nicht abgestimmt sind. Darin wird Folgendes vorgeschlagen:
Für Schulen für Körperbehinderte in der Halbtagsform ist in der Überlegung, pro Klasse einen BAT-Vertrag für pädagogische Mitarbeiter in unterrichtsbegleitender Funktion im Umfang von 22 Stunden zuzüglich fünf Stunden therapeutische Funktion abzuschließen.
Für Schulen für Geistigbehinderte in der Halbtagsform wird überlegt, pro Klasse einen BAT-Vertrag für pädagogische Mitarbeiter in unterrichtsbegleitender Funktion im Umfang von 27 Stunden abzuschließen.
Für Schulen mit ganztägigem Unterricht - das gilt für beide Sonderschulformen - wird pro Klasse ein Einsatz eines pädagogischen Mitarbeiters von 33 Stunden in unterrichtsbegleitender Funktion für nötig gehalten; hinzu kommen für jede Klasse zehn Stunden pro Woche für therapeutische Arbeit.
Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, wie Sie wissen - das ist jetzt für Herrn Möllring interessant -, keinen Anspruch auf Ferientage, also auf die Tage, die ihren tariflichen Urlaub - im Normalfall 30 bzw. etwas mehr überschreiten. Diese überschießenden Ferientage werden in den Verträgen der Arbeitszeit zugerechnet, sodass ein Vollzeitarbeitsvertrag 44 Stunden pro Woche bei 40 Unterrichtswochen umfasst. Die Kinder sind bei Berücksichtigung aller Unterrichtsund Pausenzeiten in Schulen mit ganztägigem Unterricht maximal 33 Zeitstunden anwesend. Also: 44 Stunden laut Arbeitsvertrag, 33 Zeitstunden Anwesenheit der Kinder.