Reinhardt Thomas

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Last Statements

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete!
Herr Professor Methling, Sie haben in der letzten Landtagssitzung anlässlich meines Antrages für ein Sicherheitsschiff Ostsee 13 Punkte zur Verbesserung der Schiffssicherheit als Erfolge der Landesregierung und des Parlamentes vorgestellt, darunter als Punkt 13 das heute vorliegende Gesetz zur Errichtung eines Havariekommandos. Den Anteil der Opposition haben Sie fairerweise mit hervorgehoben.
Aus Sicht der Regierung ist es verständlich, Fortschritte und Erfolge zu verkaufen. Und dass jeder Schritt nach vorn in Richtung Sicherheitskonzept Ostsee von uns als Opposition unterstützt wird, ist Ihnen, denke ich, auch klar. Insofern werden wir natürlich diesem Gesetz zustimmen, aber auch dieses Gesetz zum Anlass nehmen, auf
die Vorgeschichte hinzuweisen, und auf den problematischen Knackpunkt im Paragraphen 9 eingehen.
Dass dieses Gesetz erst vier Jahre nach der „Pallas“Havarie in Kraft treten wird, ist kein Ruhmesblatt angesichts der fortbestehenden und steigenden Gefährdungspotentiale vor unserer Küste.
Spätestens seit Ende August 1999 war klar, dass es beim Unfallbekämpfungsmanagement darum geht, optimale Befehlsstrukturen für den Notfall festzulegen. Bis dahin hatte nämlich das Seeamt Cuxhaven allein 18 Fehlerquellen ermittelt, die zum „Pallas“-Unfall führten. Dazu gehörte im Kern die katastrophale Fehleinschätzung der wirklichen Gefahrenlage durch deutsche Behörden. Das deutsche Sicherheitskonzept wies erhebliche Lücken auf. Kritisiert wurden vor allem das Katastrophenmanagement beim Zentralen Meldekopf und der Einsatzleitung von Bund und Ländern in Cuxhaven. Zu viel kostbare Zeit war verstrichen, ehe im Kompetenzwirrwarr zu vieler Behörden überhaupt Entscheidungen getroffen wurden, von richtigen Entscheidungen ganz zu schweigen. Der Kieler Katastrophenforscher Clausner stellte sogar 21 gravierende Schwachpunkte im deutschen Sicherheitskonzept fest. Vor drei Jahren war also schon klar, wo die Knackpunkte liegen, die zu verheerenden Katastrophen vor unserer Küste führen können, nämlich vor allem beim Krisenmanagement und bei der Notschleppkapazität. Wenn die Landesregierung also im August 1999 gehandelt hätte – a m besten gemeinsam mit Schleswig-Holstein und den anderen norddeutschen Küstenländern –, dann hätten sie sich auch zu Recht alle Erfolge auf ihre Fahnen schreiben können. Die Gefahr einer Ölkatastrophe vor unserer Küste mit katastrophalen Folgen für den Tourismus und die Umwelt hätte also spätestens nach den Ermittlungen des Seeamtes Cuxhaven im August 1999 erkannt und als, ich würde mal sagen, Chefsache Nordost vom MP aufgegriffen werden müssen.
Diese Initiative haben wir als Opposition übernommen. In unserem ersten 7-Punkte-Programm forderten wir unter Punkt 1 klare Kompetenzen durch militärische Führungsstrukturen und im Punkt 2 die Errichtung einer Kommandozentrale Ostsee als zentrale Behörde des Bundes, also eine neu zu organisierende Küstenwache, für die eine Grundgesetzänderung notwendig gewesen wäre. Der Kommandeur der Küstenwache sollte ähnlich dem französischen und britischen Modell über Schleppereinsätze und den Einsatz von Technik auf See und an Land verantwortlich zeichnen. Und wir forderten Rostock als Standort für die Küstenwache Ostsee, weil das der strategisch günstigste Punkt in der westlichen Ostsee ist. Das zur Erinnerung für diejenigen, die unsere damaligen Anträge vielleicht heute als etwas Neues aufgreifen wollen.
Herr Professor Methling, das war auch der Grund, dass es mir etwas schwer fiel, über die Ergebnisse der vielfältigen Initiativen von Landesregierung und Parlament zu berichten und diese mehr zu würdigen. Das war Ihr Part, weil Sie trotz Streit und Ablehnung unserer für die damalige Zeit richtungsweisenden Anträge praktisch und als Umweltminister mit im Boot saßen und handelten. Für den überaus größten Teil der Koalitionäre galt und gilt das nämlich bis heute leider nicht – zu wenig, zu spät, also erst handeln nach der Katastrophe. Dann folgten teure Gutachten über all das, was schon bekannt war, und vor allem
die Ankündigung von sehr viel Action auf internationaler Ebene, um den nationalen Tiefschlaf vergessen zu machen. Zitat 27.04.01 Staatskanzlei: „In Sachen Schiffssicherheit besteht Handlungsbedarf, vor allem auf Bundesebene.“ Das war über vier Wochen nach der Katastrophe.
Zur Geschichte des vorliegenden Gesetzentwurfes gehört auch, dass wir in den Punkten 1 und 2 unseres Antrages vom 10. Mai 2000 die Straffung der vorhandenen Befehlsstruktur und die Errichtung eines/r Lagezentrums/ Seewache/Havariekommandos Ostsee in Rostock forderten, weil die Küstenwache mit Grundgesetzänderung mit Ihnen zur damaligen Zeit eben noch nicht zu machen war. Für den starken Standort Rostock war und ist aber die Landesregierung nun leider zu schwach. Wenn wir wirklich etwas Zukunftsfähiges im Hinblick auf eine europäische Küstenwache und ein optimales Unfallbekämpfungsmanagement schaffen wollen, dann müssen wir uns im Paragraphen 1 des Gesetzentwurfes für eine Küstenwache mit Änderung des Grundgesetzes entscheiden,
weil seit der Grobecker-Kommission klar ist, dass wir mehr auf die Integrationsfähigkeit des Chefs vom zukünftigen Havariekommando als auf das Gesetz bauen müssen beziehungsweise können. Wir benötigen einen Leiter des Havariekommandos, der erstens unabhängig und zweitens ohne Einschränkungen weisungsberechtigt gegenüber allen staatlichen Behörden und der Bundeswehr/Bundesmarine ist.
Paragraph 5 ist eben nur die derzeitige Bund-LänderZuständigkeit. Der Knackpunkt des Gesetzentwurfes liegt aus unserer Sicht aber im Paragraphen 9. Es genügt eben nicht, dem Leiter des Havariekommandos eine weitgehende – nicht einmal weitestgehende – fachliche Unabhängigkeit einzuräumen und ihm nur unter Ausschöpfung der verfassungsrechtlichen Probleme eine starke Position zuzusprechen, die er gerade wegen des verfassungsrechtlichen Rahmens noch nicht haben kann.
Hier sind die Schlupflöcher, die Experten vorausgesagt haben, weil dieses Gesetz eben nur ein Baustein in Richtung einer wirkungsvollen Küstenwache ist – aber ein vernünftiger.
Ein weiteres Problem ist die so genannte Organanleihe. Wenn der Chef des Havariekommandos den Landesbehörden Bekämpfungsziele vorgibt, liegt das in der Verantwortung des jeweiligen Küstenlandes. Das heißt, bei Fehlern haftet das Land. So geht es aus unserer Sicht nicht. Wer die Einsatzleitung innehat, hat auch die Verantwortung als Beamter des Bundes.
Bei dieser Anregung für den Gesetzentwurf möchte ich es erst mal belassen.
Den vorliegenden Gesetzentwurf zum Havariekommando nutzen nunmehr SPD und PDS noch für einen neuen Antrag, mit dem wir so unsere Probleme haben. Ich glaube, Sie wollen den Eindruck erwecken, Rot-Rot und RotGrün powern jetzt unheimlich für die maritime Sicherheit. Sie stellen etwas in Ihr politisches Schaufenster, was der Wähler entweder nicht von Ihnen erwerben kann oder was in sehr weiter Zukunft liegt. Da ist kaum etwas dabei, was praktisch und zeitnah die Sicherheitslage auf der Ostsee verbessert oder nicht schon angesprochen wäre. Der Herr Dr. Klostermann sagte das. Nur das aber wäre im Hinblick
auf die Wahlen aus unserer Sicht politisch seriös. Ihr Antrag ist wohl die Flucht in Zeit und Raum.
Die Bilanz von Professor Methling in der letzten Landtagssitzung, auf die ich später noch eingehe, ist dagegen akzeptabel, nüchtern und seriös. Sie müssen mit dem Antrag wirklich die Frage beantworten, welcher politische Handlungsdruck steht hinter Feststellungen und steht hinter Begrüßungen, von denen es im Antrag nur so wimmelt. Handlungsdruck wurde doch immer erst, vor allem bei der SPD und bei ihrem Bundesverkehrsminister, nach Havarien, nach Katastrophen und auf Druck der Öffentlichkeit erzeugt. Papier ist wirklich geduldig, wir als Opposition aber sind es eben nicht.
Man kann eigentlich nicht auf jeden Punkt des Antrages eingehen. Natürlich gibt es Fortschritte, und das ist auch gut so. Da waren aber Rot-Grün und Rot-Rot weder international noch national ein Vorreiter. AIS ist ein Fortschritt, aber die Weitbereichsradarüberwachung kann es eben nicht so ersetzen. Das Notschleppkonzept ist weder schlüssig noch mit neuen Charterverträgen langfristig untersetzt. Die Verträge laufen nämlich Ende Oktober dieses Jahres aus. Sie müssen auch niemandem erläutern, was prägend für die Verbesserung der Schiffssicherheit ist.
Dem Engagement vieler Fachleute, die seit Jahren – und hier bis zu 20 Jahren – ihre Vorschläge vorgelegt haben, folgten zähe Diskussionen, die nur von Havarien beschleunigt wurden. Im Übrigen tagt seit zwei Jahren die Projektgruppe „Maritime Notfallvorsorge“, nur ein Abschlussbericht fehlt.
Sie stellen fest, dass die deutsche Küstenwache nicht vorankam. Unsere Initiative damals haben Sie aber leider abgelehnt. Jeder Seerechtler wird Ihnen – und das sagen Sie ja heute auch – klar sagen, dass wir an einer deutschen und europäischen Küstenwache nicht vorbeikommen. Das Havariekommando ist eben nur der erste Schritt dazu.
Unter II. Ihres Antrages erwecken Sie den Eindruck, dass Sie unheimlich aktiv sein wollen, allerdings bei Forderungen, die nicht neu sind, nicht von Ihnen kommen und deren Verwirklichung noch in relativ weiter Ferne liegt. Wer die Kopenhagen-Deklaration unterstützt, muss doch wohl auch für die Umsetzung sein.
Wer die Durchsetzung sozialer Mindeststandards von 1996 unterstützt, muss doch die Ratifizierung voranbringen.
Die Frage ist doch wohl erlaubt: Was haben Sie da seit 1998 vorangebracht?
Im Übrigen gehört es zum Job einer jeden Landesregierung, die mit einem solchen Risiko vor ihrer Küste lebt, dauernd dem Bund auf die Füße zu treten, um das Sicherheitsniveau im Ostseeraum eben weiter zu verbessern.
Beim Vorziehen der AIS-Ausrüstungspflicht für Schiffe bis 50.000 Bruttoregistertonnen auf den 01.07.2004 haben Sie übrigens gegenüber Ihrem ersten Antrag einen
Rückzieher gemacht. Damit haben Sie auf die einzige zeitlich konkrete Forderung im Antrag verzichtet. Warum Sie Risikoanalysen, die seit 01.01.1998 durch ISM-Code vorgeschrieben sind, erwähnen, verstehe ich nicht ganz, liest sich aber gut und vor allem wichtig. Für Länder wie Deutschland sollten Schiffssicherheitspläne für Schiffe und Hafensicherheitspläne spätestens nach dem 11. September mehr eine Selbstverständlichkeit sein. Im Übrigen haben Sie Punkt 4 gegenüber Ihrem Antragsentwurf, ich sagte es schon, doch etwas zu sehr verwässert. Natürlich gibt es in den USA Pläne zum Schutz vor Terroristen in Häfen und im maritimen Bereich, wie unter Punkt 5 Ihres Antrages erwähnt. Ich wage aber zu bezweifeln, ob die SPD das mit diesem, ihrem Partner hier weiter voranbringen kann. Ich darf nur an die Diskussion zum Antiterrorpaket erinnern.
Bei Punkt 6 und 7 Ihres Antrages handelt es sich um die Umsetzung von EU-Recht. Also kümmern Sie sich doch als Landesregierung darum. Für uns ist es übrigens selbstverständlich, dass die Landesregierung die Landesinteressen in nationalen und internationalen Gremien vertritt, wie im Punkt 8 Ihres Antrages erwähnt. Mit Punkt 9 und 10, also der Verbesserung der Möglichkeiten des Fachbereiches Seefahrt der Hochschule Wismar für Weiterbildungsmöglichkeiten und Forschungsmaßnahmen im Bereich maritime Sicherheit, fordern Sie Dinge, um die sich jeder Kultus- und Forschungsminister eines Küstenlandes wie Mecklenburg-Vorpommern eigentlich von selbst kümmern müsste. Im Übrigen hat meine Kollegin Steffie Schnoor das dort in Warnemünde auf den Weg gebracht während ihrer Zeit. Der Standort Rostock ist, so meine ich, schon ein Kompetenzzentrum für nationales und internationales Seerecht. Wir benötigen allerdings noch mehr Unterstützung seitens des Landes.
Natürlich müssen Sie als Koalitionäre auch Ihre eigene Regierung auffordern, die bereits laufenden Sensitivitätskartierungen zu unterstützen. Danach wissen wir zwar, wo die wertvollsten, aber auch die gefährdetsten Gebiete sind. Falls Sie danach die Frage stellen, wie man diese Gebiete schützt, können Sie sich wahrscheinlich an unsere harten Auseinandersetzungen hier erinnern beziehungsweise bei Greenpeace nachfragen. Wir können nur alle hoffen, dass das nicht so lange dauert, bevor alle geplanten Offshoreanlagen stehen und bevor es zu einem Unfall gekommen ist.
In Punkt III wird die Arbeitsgruppe „Maritime Sicherheit“ der Ostseeparlamentarierkonferenz wieder ersucht, Empfehlungen aufzugreifen. Was uns, was mir fehlt, sind klare Ziele, Zeitvorgaben und Ergebniskontrollen. Wir wissen, dass sie schwierig sind, aber da hatten wir uns doch schon alle gemeinsam dafür ausgesprochen. Natürlich muss die internationale Zusammenarbeit beim Thema Schiffssicherheit weiter und mit Druck forciert werden. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir vor allem und zuerst unsere eigenen Hausaufgaben in der westlichen Ostsee und der Nordsee erledigen müssen.
Man kann natürlich so einen Antrag einbringen, um der eigenen Landesregierung Visionen und Aufträge für die Zukunft mit auf den Weg zu geben, die Frage ist nur, wie lange das diese Landesregierung noch kann. Dieser Antrag ist uns insgesamt viel zu allgemein, zu stark zukunftslastig, zu selbstbeweihräuchernd, um nicht zu sagen, vielleicht doch eine Wahlkampfnebelkerze. Wer in der Begründung ein solidarisches Sicherheitsbewusstsein in Politik und Gesellschaft der Ostseeanrainerstaaten wei
ter entwickeln will, der hat zwar Recht, besser gesagt, nicht Unrecht, der sucht aber auch nur die Flucht in die Zukunft, vielleicht auch, um eigene Versäumnisse und Unzulänglichkeiten in der Vergangenheit vergessen zu machen.
Wir können und wollen uns aber auch nicht mit Änderungsanträgen an für uns so allgemeinen, die Realität vor unserer Küste doch etwas verzerrenden Anträgen beteiligen. Aus diesem Grunde werden wir Ihren Antrag nicht ablehnen, aber für Enthaltung plädieren.
Wir bleiben lieber auf dem Boden und vergleichen die vom Umweltminister Professor Methling Ende vorigen Monats genannten Fortschritte mit unseren bisherigen konkreten Forderungen, um zu wissen, was eine neue Landes- und Bundesregierung nach dem 22. September noch zeitnah zu leisten hat.
Erstens. Neue Betonnung der Kadet-Rinne zur Erweiterung des Tiefwasserweges östlich von Gedser. Das steht unter anderem auch in der Warnemünder Erklärung von vor über einem Jahr unter Punkt 2: Fortsetzung des Tiefwasserweges Weg T durch die Kadet-Rinne sowie Verbesserung dieser Betonnung. Das ist positiv, meines Erachtens aber noch nicht ganz abgeschlossen.
Zweitens war die Rede von der Schaffung der Voraussetzungen für Kontrollen der Schifffahrt durch AIS in der Revierzentrale Warnemünde. Das ist selbstverständlich positiv. AIS kommt aber später und kann nicht die von uns, ich sagte schon, seit über zwei Jahren geforderte landgestützte Verkehrs- und Revierüberwachung sowie Regelung durch die Revierzentrale Warnemünde ersetzen.
SPD und PDS selbst hatten unsere Bedenken zum Problem der Abschaltung von AIS in ihrem Antrag vom 31.05. aufgegriffen, aber wieder fallen gelassen.
Drittens. Die Vereinbarung zwischen der deutschen und polnischen Wasser- und Schifffahrtsverwaltung war aus unserer Sicht überfällig. Es ist gut, aber auch das haben wir seit langem gefordert.
Viertens. Die Indienststellung des Ölbekämpfungsschiffes „Strelasund“ ist positiv.
Fünftens. Neues Ölbekämpfungsschiff 2004 ist vermutlich das Mehrzweckschiff „Rügen“, das wohl aber erst 2006 in Dienst gestellt wird. Damit aber – und das kann ich nur wiederholen – wird im Kern auf ein Nachsorgekonzept gesetzt, das seit der „Pallas“-Havarie eben nicht mehr den neuesten Anforderungen entspricht. Wegen der Steigerung der Gefährdungspotentiale durch die Verdreifachung des Schiffsverkehrs in der Kadet-Rinne bis 2012 und wegen neuer unkalkulierbarer Risiken durch Offshoreanlagen genügt das von Bodewig vorgelegte Notschleppkonzept aus unserer Sicht weder den heutigen noch den zukünftigen Anforderungen.
Sechstens. Mit neuen Methoden zur Ölaufnahme durch so genannte Ölskimmer unterstützen Sie auch unsere Forderungen aus der Zeit vor der Katastrophe von Møn. Das ist positiv.
Siebtens. Lotsenpflicht durch die Kadet-Rinne ab elf Meter Tiefgang war eine unserer ersten Forderungen, die Sie, Herr Methling, sich Gott sei Dank schnell zu Eigen gemacht haben, obwohl das Parlament diese, unsere Anträge ablehnte. Letztlich haben wir das wohl den Dänen mit zu verdanken, die sich seit längerer Zeit für eine Erweiterung der Lotsenpflicht vom Großen Belt über Fehmarnbelt und Kadet-Rinne stark gemacht haben.
Achtens. Verbesserung der Hafenstaatkontrollen, auch das gehörte zu den Forderungen von Anfang 2000 unter unserem damaligen Begriff „Hafenküstenwacht“ in Anlehnung an die USA.
Neuntens. Untersuchungen zur Ausweisung der PSSAGebiete sind vermutlich dem Umweltminister zuzuschreiben. Dann muss er aber nicht mehr per Antrag darum ersucht werden.
Zehntens. Das Seesicherheitsuntersuchungsgesetz ist nun weiß Gott kein Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen, und da müssen wir heftigst widersprechen, Herr Professor Methling. Das war im Bundesrat auch nur ein Durchläufer wegen des Eklats beim Ausländerrecht, als die Union aus Protest den Saal verlassen hatte. Das war aus meiner Sicht die rot-grüne Rache für die Kritik am Unfallmanagement durch das Seeamt Cuxhaven und gleichzeitig die Zerschlagung bewährter und international anerkannter Strukturen. Die De-facto-Abschaffung der Seeämter ist ein schwerer Schlag für die Verbesserung der Schiffssicherheit. Und daran sollten Sie ab und zu mal denken!
Elftens. „Erika“-Paket , von der EU verabschiedet. Aus Schaden doch noch, aber leider etwas später, klug geworden.
Zwölftens. Die deutsch-dänische Ölbekämpfungsübung gönnen wir Ihnen, Herr Methling, wirklich, aber auch wir weisen in aller Bescheidenheit darauf hin, dass praktische Seekatastrophenübungen unter realistischen Bedingungen auf See und an Land zu unseren ersten sieben Forderungen von vor zweieinhalb Jahren gehörten.
Und dreizehntens. Dieses Gesetz zum Havariekommando liegt heute vor. Wie gesagt, mit unserer Zustimmung dazu können Sie rechnen. Aber ich denke, das hörte sich so an, wir halten jetzt gemeinsam die Forderung nach einer Grundgesetzänderung in Richtung Küstenwache für notwendig. Auch das ist positiv.
Unsere drei Kernforderungen für ein wirksames nationales Sicherheitskonzept Ostsee sind allerdings noch nicht erfüllt:
1. eine deutsche Küstenwache Ostsee nach US-Vorbild in Rostock-Warnemünde
2. ein zukunftsfähiges Notschleppkonzept, dessen Rückgrat das Sicherheitsschiff ist, und das ist die entscheidende präventive Maßnahme zur Verhinderung von Grundberührung, Kollisionen und Ölkatastrophen
3. Weitbereichsradarüberwachung der Kadet-Rinne und des Tiefwasserweges Weg T mit einem Verkehrs- und Revierüberwachungssystem sowie Regelung durch die Revierzentrale Warnemünde
Diese drei Punkte sollten in die Beschlussempfehlung mit Aufforderung an die Landesregierung aus unserer Sicht aufgenommen werden.
Natürlich gibt es Fortschritte – es ist auch gut, dass wir darauf hinweisen –, aber doch erst auf Druck der Opposition und der Öffentlichkeit nach der „Pallas“-Havarie und nach der Katastrophe von Møn. Die Sicherstellung der Notschleppkapazität ist vor dem Hintergrund der Entwicklung der Gefährdungspotentiale für unsere Küste ganz entscheidend und unverzichtbar. Sie setzen für die Ostsee auf ein aus unserer Sicht untaugliches Nachsorgekonzept mit Mehrzweckschiffen des Bundes. Das sind doch hochgezüchtete Tonnenleger, die bei der „Pallas“Havarie versagten.
Bergungsprofis, Herr Professor Methling, wurden zwar gehört, aber im Kern von der Verwaltung des Bundes nicht erhört. Und dann verwiesen Sie, Herr Professor Methling, auf die Untersuchung des ISSS Hamburg zum Pfahlzug in der Kadet-Rinne. Für die Nordsee wurde übrigens in einem Gutachten nach der „Pallas“-Havarie festgestellt, dass im Ernstfall mindestens zwei Notschlepper von je 110 Tonnen Pfahlzug benötigt werden, besser jedoch ein Sicherheitsschlepper mit mindestens 190 Tonnen Pfahlzug. Da die Mehrzweckschiffe diesen Anforderungen eben nicht genügten, wurde die „Oceanic“, 30 Jahre alt, als Sicherheitsschiff gechartert und vor Helgoland stationiert. Für die Verwaltung des Bundes war das offenbar aber nicht akzeptabel, weil es nicht zu ihrem Nachsorgekonzept passte. In der Nordsee drückten sie den Pfahlzug auf etwa 160 Tonnen. Das entspricht zwar den schon länger vorhandenen vier Sicherheitsschleppern der Briten und den zwei Sicherheitsschleppern der Franzosen in Brest und Cherbourg, nicht aber den zukünftigen Anforderungen an ein Sicherheitskonzept Nordsee nach dem Bau der Tiefwasserhäfen an der deutschen Nordseeküste.
In der Ostsee wurde der Pfahlzug auf 70 bis 100 Tonnen gedrückt. Das war im Übrigen ganz einfach und simpel. Die Teilprojektgruppe Notschleppkapazität legte falsche Voraussetzungen fest, nämlich dass der Havarist schon 30 Grad im Wind liegt, also zu drei Vierteln. Ein manövrierunfähiger Havarist liegt aber zu 90 Grad im Wind und nicht zu 30 Grad. Er muss also erst vom Schlepper in den Wind gedreht werden. Und dazu benötigt er den höheren Pfahlzug und dazu benötigen wir aus unserer Sicht auch ein Sicherheitsschiff in der Ostsee. Nach solchen Vorgaben vom Bund kommt natürlich das ISSS Hamburg für die Kadet-Rinne und für die Ostsee auf 70 bis 100 Tonnen Pfahlzug und danach kann der Bund sein Mehrzweckschiff, sprich teuren Tonnenleger, auch wie gewünscht bauen. Die gefährliche Notschleppkapazitätslücke wird aus unserer Sicht in Kauf genommen.
Diese Politik wider besseres Wissen kann unter Umständen ursächlich für eine Katastrophe vor unserer Küste sein. Wir hoffen es nicht. Aber ich hoffe, wir reden nicht nach der nächsten Katastrophe darüber.
Um größere Schiffe bei Sturm auf den Haken zu nehmen und bei Sturm zu drehen, werden mindestens zwei Schlepper der angegebenen Größe benötigt. Die brauchen aber die doppelte Zeit zum Festmachen und stehen an den festgelegten Stationierungsorten eben nicht mit entsprechendem Aktionsradius und Pfahlzug zur Verfügung. Deswegen bleibt unsere Forderung nach einem, besser nach zwei Sicherheitsschiffen für die Ostsee bestehen und das ist vor allem vor dem Hintergrund der Gefahren durch die Offshoreanlagen gerechtfertigt. Herr
Professor Methling, Ihr damaliger Vorschlag, vielleicht die Betreiber der Offshoreanlagen dazu zu verpflichten, denke ich, ist eine sehr gute Geschichte. Vielleicht kann man das gemeinsam auf den Weg bringen.
Erst damit hätten wir die erforderliche Notschleppkapazität auch bei Sturm und Orkan mit ausreichendem Aktionsradius und die Sicherstellung der so genannten Feuerlöschleistung, genannt FiFi 1 bis 3, sowie Gasschutz zur Verfügung. Die Schleppleistung wird bei schwerem Wetter durch Veränderung des Tiefganges garantiert. Von seiner Bereitschaftsposition in der Nähe der Kadet-Rinne aus erreicht das Sicherheitsschiff in einer Stunde mit einer Geschwindigkeit von circa 12 bis 14 Seemeilen den Bereich Kühlungsborn, Gedser und Darßer Ort, in zwei Stunden Rerik, die Nähe von Møn und Barhöft und in drei Stunden Dranske, Kriegers Flak und Fehmarn. Die Dimensionierung dieses Sicherheitsschiffes ist also nicht übertrieben. Es hat auch keinen eingeschränkten Eingriffsbereich. Ich darf daran erinnern, dass es mit dieser Geschwindigkeit auch bei schwerster See in sechs Stunden vor Swinemünde sein kann. Das deckt neben der Notschleppkapazität auch die von uns zur Bekämpfung von Großschadensereignissen immer geforderte Feuerlöschkapazität auch unter Gasschutz ab.
Abschließend eine kurze Bilanz aus unserer Sicht.
Es ist etwas auf den Weg gebracht worden, das ist positiv. Für die Regierenden ist es eben sehr viel, für uns zu wenig, weil es nach wie vor aus unserer Sicht drei Sicherheitslücken gibt, die unter Umständen zur Katastrophe führen können, weil das die Hauptursachen vergangener Katastrophen waren. Und Offshoreanlagen dürfte es gar keine geben, bevor nicht ein wirksames lückenloses Sicherheitskonzept für die Ostsee existiert.
Bei allen Fortschritten, die erst nach der Katastrophe auf den Weg gebracht wurden, bleibt ein bitterer Beigeschmack, dass die drei entscheidenden präventiven Maßnahmen für ein wirksames Sicherheitskonzept westliche Ostsee noch fehlen. Damit steht fest, dass wie nach der Strandung des Tankers „Clement“ am 6. März 2002 in den ersten Stunden wohl mehr Behördenfahrzeuge, aber nur ein unzureichender Schlepper zukünftig am Havarieort sein werden. Wir bleiben also Realisten und auf dem Boden. Und deswegen haben wir einige Probleme mit Ihrem vorliegenden Antrag, weil er eben nur den gegenwärtigen Stand widerspiegelt, wie Sie richtigerweise sagten, Herr Dr. Klostermann. – Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Einige werden sagen, das ist eine Neuauflage einer alten Forderung. Das ist im Grundsatz nicht falsch, aber nur ein Teil der Wahrheit. Rückblickend, 14 Monate nach der Ölkatastrophe vor der Insel Møn, herrscht in Sachen Sicherheitskonzept Ostsee aus meiner Sicht nur eine trügerische Ruhe, nicht aber die Gewissheit, dass alles Erdenkliche in die Wege geleitet wurde, um Ölunfälle, Katastrophen und Großschadensereignisse in dem sensiblen Bereich der westlichen Ostsee zu verhindern. Obwohl die Sicherstellung der staatlichen Notschleppkapazität eine herausragende Bedeutung hat, genügt das vom Bundesverkehrsminister Ende November vorigen Jahres vorgelegte Konzept weder den heutigen noch den zukünftigen Anforderungen in der westlichen Ostsee.
Die Sicherstellung von Notschlepp- und Feuerlöschkapazität hatte seitens der CDU seit Ende 1999 im Rahmen unserer Anträge immer eine herausragende Bedeutung, weil sich ein funktionierendes Sicherheitskonzept westliche Ostsee vor allem auf die Verhinderung von Grundberührungen, Seeunfällen, Katastrophen und Großschadensereignissen konzentrieren muss. Aus heutiger Sicht – und ich kann das nur wiederholen – hätte es mehr Gemeinsamkeiten im Vorfeld der sich abzeichnenden Katastrophe vor der Insel Møn gegeben, wenn der Innenund Tourismusausschuss mehr Gewicht gehabt hätten. Aber ich denke, auch das gehört zur Parlamentsgeschichte. Leider musste es erst zur Katastrophe kommen, um einige zum Umdenken zu bewegen. Das kostete uns nochmals runde 100.000 DM, um all das zum Thema Schiffssicherheit nochmals zusammenzutragen, was wir als Innen-, Finanz- und Tourismuspolitiker längst gemeinsam mit Experten als Forderungskatalog festgeschrieben hatten.
In diesem Zusammenhang darf ich Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete, daran erinnern, dass die Bereitstellung von – Zitat – „Schlepperkapazität zunächst als Sicherheitsschlepper, später als Sicherheitsschiff“ auch eine der Kernforderungen der öffentlichen Anhörung vom
25. April 2001 hier in Schwerin war. Leider ist diese wichtige Forderung neben anderen auch auf dem Altar von vermeintlichen Gemeinsamkeiten in einem Umweltantrag zur Ostseeparlamentarierkonferenz untergegangen.
Internationale Zusammenarbeit ist wichtig und unverzichtbar beim Thema Schiffssicherheit. Entscheidenden Einfluss auf entsprechende Vereinbarungen zum Schutz vor Ölkatastrophen können wir aber nur nehmen, wenn wir unsere eigenen nationalen Hausaufgaben so erledigen, dass wir unsere internationalen Partner damit überzeugen können, und das heißt praktisch die Umsetzung der Konzepte Nord- und Ostsee, die seit Jahren von allen Experten gefordert und im April vorigen Jahres zum wiederholten Male bestätigt wurden. Dazu gehört vor allem eben der Sicherheitsschlepper, das Sicherheitsschiff für die Nord- und für die Ostsee.
Mit drei unserer Kernforderungen, die seit 1999 auf dem Tisch lagen und denen Sie sich ja dann auch in vielen Bereichen Gott sei Dank angeschlossen hatten, hätte die Katastrophe vor Møn vielleicht verhindert werden können. Das waren erstens Weitbereichsradar, zu der AIS bis heute eben nur eine Ergänzung sein kann, und Meldepflicht, zweitens Lotsenpflicht in stark befahrenen und nautisch schwierigen Revieren wie der Kadet-Rinne, und drittens ein Sicherheitsschlepper, ein Sicherheitsschiff, das die manövrierunfähige „Baltic Carrier“ schnell auf den Haken nehmen und aus der Gefahrenzone hätte vielleicht schleppen können.
Was aber ist praktisch im Bereich der staatlichen Notschleppkapazität nach der Katastrophe vor der Insel Møn passiert? Das Bodewig-Konzept blieb schon bei seiner Ankündigung im Sommer vorigen Jahres und bei seiner Bestätigung im November weit hinter den Forderungen von Experten und engagierten Politikern aus den fünf norddeutschen Küstenländern zurück. Weder die Erfahrung nach der „Pallas“-Havarie noch die nach der Ölkatastrophe vor der Insel Møn wurden angemessen berücksichtigt, ganz zu schweigen von zukünftigen Gefährdungspotentialen, die sich aus der dynamischen Entwicklung des Seeverkehrs in der westlichen Ostsee ergeben, und ganz zu schweigen von weiteren zukünftigen unkalkulierbaren Gefährdungspotentialen durch Offshorewindanlagen für die Schiffssicherheit in der westlichen Ostsee.
Bundesverkehrsminister Bodewig kündigte ein Notschleppkonzept an, womit er sich – und das muss man wohl so interpretieren – offensichtlich wohl nur über die Wahl retten will. Der in Warnemünde stationierte Schlepper „Fair Play 26“ hat 65 Tonnen Pfahlzug, aber nur einen Chartervertrag bis Ende Oktober diesen Jahres. Das ist natürlich besser als gar nichts, das muss man anerkennen. Bodewig setzt aber im Kern mit seiner Konzeption auf ein Nachsorgekonzept, das den Erfordernissen der 80er, Anfang der 90er Jahre entspricht. Rückgrat seiner Flotte bleibt das für 2006 geplante Mehrzweckschiff „Rügen“, obwohl sich das Mehrzweckschiffsnachsorgekonzept nicht bewährt hat und die „Pallas“-Havarie eindeutig begünstigte. Der Holzfrachter „Pallas“ ist gestrandet, weil zwei hochgelobte Mehrzweckschiffe den 10.000Tonnen-Havaristen eben nicht bei Sturm auf den Haken nehmen und nach Helgoland schleppen konnten. Deswegen wurde nach der „Pallas“-Havarie die „Oceanic“ als Sicherheitsschiff vor Helgoland stationiert.
Rückgrat bei der Verbesserung der maritimen Notfallvorsorge, das heißt der Notschleppkapazität im Bereich
der Kadet-Rinne und bis Rügen, kann nur ein Sicherheitsschiff mit circa 150 Tonnen Pfahlzug sein, nicht aber ein schon heute technisch und konzeptionell veraltetes Mehrzweckschiff. Hinzu kommt, dass das Mehrzweckschiff „Rügen“ erst dann in Saßnitz stationiert werden soll, wenn mit Offshorewindanlagen weitere für die Schiffssicherheit nicht ganz ungefährliche Fakten in unserem sensiblen Küstengewässer geschaffen worden sind.
Mit circa 60.000 Schiffsbewegungen ist die Kadet-Rinne bis heute ein gefährliches Nadelöhr, in circa 10 Jahren werden es nach Expertenschätzungen bis 180.000 Schiffsbewegungen sein, darunter auch Aframaxtanker mit 130.000 TDW. Hinzu kommt der steigende Passagier- und Fährverkehr in der westlichen Ostsee mit Schwerpunkt Mecklenburger Bucht, Kadet-Rinne, Rügen sowie Pommersche Bucht. Das damit verbundene und steigende Risiko einer Ölkatastrophe oder eines Großschadensereignisses wird beim jetzigen Bodewig-Konzept völlig ausgeblendet und das ist die Situation ohne Offshorewindparks. Mit Offshorewindparks erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Katastrophe mit nachfolgender Meeresverschmutzung dramatisch. Genau wie bei der Katastrophe vor der Insel Møn steuern wir, und dessen müssen wir uns klar sein, wahrscheinlich auf die nächste Katastrophe zu. Und ich meine, es ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, durch politische Entscheidungen die Schiffe zur Verfügung zu stellen, mit denen Katastrophen verhindert und Großschadensereignisse in der Ostsee optimal bekämpft werden können.
Aus diesem Grund benötigen wir in der westlichen Ostsee mindestens ein Sicherheitsschiff, das vor Warnemünde beziehungsweise nahe der Kadet-Rinne einsatzbereit auf Warte- und Überwachungsposition liegt. Mit hoher Schleppleistung, wie gesagt 150 Tonnen werden benötigt, hoher Schwerwettergeschwindigkeit, hoher Manövrierfähigkeit und variablem Tiefgang kann mit diesem Schiff die erforderliche Notschleppkapazität auch bei schwersten Wetterlagen vor unserer Küste sichergestellt werden.
Wir waren mit dieser Forderung einmal Vorreiter in Deutschland, der schleswig-holsteinische Landtag hat uns mit seinem parteiübergreifenden Antrag vom Januar 2002 überholt. Und die Diskussion um Offshoreanlagen hier im Parlament hat aus meiner Sicht gezeigt, dass die Politik mehrheitlich dabei ist, die Gefahren kleiner zu reden, als sie sind, zu ignorieren oder gar zu belächeln. Diese Einstellung ist es, die direkt in die Katastrophe führt, wenn nicht gegengesteuert wird. Wenn du denkst, Sicherheit ist teuer, dann lass es zum Unfall kommen. Auch mit einem falschen und der Entwicklung des Seeverkehrs eben nicht angemessenen Notschleppkonzept kann man es zum Unfall kommen lassen. Denken Sie bei Ihrem Votum bitte an die Zukunft unseres Landes, vor allen Dingen an die Zukunft des Tourismus. Mit der nächsten Ölkatastrophe wird diese Zukunft aufs Spiel gesetzt.
Aus diesem Grunde bitte ich um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es ist beruhigend, neun Minuten länger reden zu dürfen, aber ich werde es nicht ausschöpfen.
Herr Professor Methling, Sie haben natürlich Recht, das Positive dazu in diesem Parlament auch zu sagen, aber, ich glaube, es war richtig, wenn ich das aufgrund Ihres Engagements Ihnen überlassen habe.
Das Gesamtkonzept, und das muss ich noch mal sehr deutlich sagen, Herr Dr. Klostermann, ist von uns vorgelegt worden, da waren Sie noch im Tiefschlaf.
Und Sie haben heute natürlich das Konzept, das wir vorgelegt haben, und das Engagement von Professor Methling für sich verkauft. Sie müssen selbst damit leben, wie seriös das war. Aber das ist auch schon etwas und ich denke, damit will ich es dabei belassen. Man muss sich da nicht noch mehr streiten, als unbedingt notwendig ist, aber das nur noch mal zur Klarstellung.
Der Schleswig-Holsteinische Landtag, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat, wie ich schon sagte, Anfang des Jahres den Antrag „Verbesserung der maritimen Notfallvorsorge – Notschleppkapazitäten in der Deutschen Bucht“ beschlossen. Und was in der Deutschen Bucht gilt, das gilt auch für die Ostsee, denn das
Gefahrenpotential bei uns ist schlicht und einfach größer. Die Fraktionen von SPD, CDU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und der Abgeordnete des SSW haben sich mit diesem Antrag für die Stationierung eines Sicherheitsschiffes ausgesprochen. Ich glaube, dafür gab es gute Gründe, und ich finde es ganz toll, dass es dieses Parlament geschafft hat, sich in diesem Falle wirklich einig zu sein, denn die Notschleppkapazitätslücke ist einer der Schwerpunkte, der übrig geblieben ist und der noch nicht durchgesetzt werden muss.
Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir auf diese Lücken aufmerksam machen, denn vor unserer Küste haben wir mehr Gefahrenpotentiale als mittlerweile in der Deutschen Bucht.
Bis zur Indienststellung – und das haben die Schleswig-Holsteiner gefordert – eines „für die Sicherheitsaufgaben in der Deutschen Bucht optimal geeignete(n) Spezialschiff(es)“ soll „eine Vertragsverlängerung des Hochseeschleppers ,Oceanic‘“ erfolgen. Und das ist im Übrigen auch das, was von den meisten Experten gefordert worden ist, die sich bei Bodewig jedoch leider nicht durchsetzen konnten. Und ich wiederhole, es ist hier auch im April vorigen Jahres gefordert worden. Lesen Sie das bitte durch! In der Begründung der Schleswig-Holsteiner heißt es: „Entscheidend ist, den potentiellen Havaristen weit vor den ausgewiesenen 10 m-Tiefenlinien in den deutschen Hoheitsgewässern und der AWZ so schnell und effektiv wie möglich zu sichern.“ Und genau das ist das Entscheidende bei der Verbesserung der maritimen Notfallvorsorge, die Bereitstellung der staatlichen Notschleppkapazität – denn die private ist ja leider auch abgelehnt worden –, um es gar nicht zum Unfall kommen zu lassen. Und wir haben schlicht und einfach in diesem speziellen Bereich der Prävention, bei allem, was erreicht ist und worauf wir auch gemeinsam trotz allen Streites stolz sein können, noch Nachholbedarf. Prävention ist das Entscheidende.
Und genau das haben wir immer gefordert und genau das, und das ist meine Überzeugung, will der Bund den norddeutschen Küsten dann eben noch nicht zubilligen. Statt eines präventiven und an der dynamischen Entwicklung im Seeverkehr orientierten Konzeptes zu diesem Spezialbereich der maritimen Notfallvorsorge setzt Kurt Bodewig weiter auf ein Nachsorgekonzept, dessen Rückgrat aus Mehrzweckschiffen bestehen soll. Ich habe mich nie gegen das Mehrzweckschiff „Rügen“ ausgesprochen,
aber ich denke doch, dass es legitim ist zu sagen: Was ist für Rügen besser? Ein Sicherheitsschiff oder das Mehrzweckschiff? Und wenn das Mehrzweckschiff kommt, ist es besser als gar nichts, da muss man dem auch zustimmen. Aber es ist doch wohl legitim zu sagen, was langfristig und strategisch für unseren Bereich besser ist.
Für die Ostsee sieht das Bodewig-Konzept, und Sie hatten es angedeutet, wie folgt aus:
Erstens. In Warnemünde sollte ein 80-Tonnen-Schlepper stationiert werden, den es aber weltweit nicht gab. Das wussten alle Experten. Deswegen liegt jetzt dort der 65-Tonnen-Schlepper und das ist erst mal gut so.
Zweitens. Für Kiel ist ein 40-Tonnen-Schlepper vorgesehen. In der Hohwachter Bucht zwischen Kiel und Warnemünde soll die „Scharhörn“ nach ihrem Umbau zum Mehrzweckschiff stationiert werden. Pfahlzug 40 Tonnen. In Karlshagen auf Usedom soll es einen 40-TonnenSchlepper geben und, Sie sagten es, 2006 kommt das Mehrzweckschiff „Rügen“ nach Saßnitz.
Dieses Konzept kostet circa 10 Millionen Euro jährlich und im Kern setzt der Bund weiter auf Mehrzweckschiffe, also auf ein Nachsorgekonzept,
das spätestens nach der „Pallas“-Havarie niemand mehr mit gutem Gewissen angesichts der Risiken vertreten kann. Deswegen war doch die erste Handlung, die „Oceanic“ als Sicherheitsschiff vor Helgoland zu stationieren, weil diese Mehrzweckschiffe eben immer versagt haben. Und im Übrigen, in der Warnemünder Erklärung, und da waren nun wirklich ein Haufen Experten dabei, da steht dieses Sicherheitsschiff drin. Und das war vor der Katastrophe vor der Insel Møn, ich betone, vor der Katastrophe vor der Insel Møn.
Die beabsichtigte Stationierung der 40-TonnenSchlepper in Kiel und Karlshagen ist aus meiner Sicht überflüssig. Entscheidend für ein Notschleppkonzept ist die Verhinderung von Grundberührungen und Strandungen und Kollisionen. In Kiel und Karlshagen handelt es sich in dieser Region um landgeschützte Bereiche. Der Lotse ist an Bord, bei Revierfahrt wird die Geschwindigkeit stark reduziert. Unfälle sind in diesen Revieren also so gut wie ausgeschlossen. Und die Schiffe werden im Übrigen dann auch von so genannten Assistenzschleppern begleitet.
Ganz anders sieht es aber auf den Schifffahrtswegen zur berühmt-berüchtigten, muss man ja sagen, KadetRinne, durch die Kadet-Rinne und um Rügen aus. Dort fahren die Schiffe voll Speed durch die Kadet-Rinne, rund um Rügen und in der Pommerschen Bucht in Richtung und aus Richtung Stettin. Sie fahren zum Teil immer noch ohne Lotsen, mit zum Teil schlecht ausgebildeten Besatzungen, mangelhafter Technik, nicht aktuellen Seekarten und ohne weitreichende Radarüberwachung, wie seit Jahrzehnten in der Deutschen Bucht. Und da gibt es Grundberührungen, Strandungen, Kollisionen und Havarien. Dort gab es diese Grundberührungen und BeinaheUnfälle. Und in diesem Bereich gab es die Katastrophe vor der Insel Møn. Das ist der Bereich, in dem es hoffentlich nicht zur nächsten Katastrophe kommt. Aber die Gefahr wird immer größer. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Dort, nahe der Kadet-Rinne und um Rügen, benötigen wir die Notschleppkapazität, um bei extremsten Wetterlagen jeden Havaristen auf den Haken nehmen zu können. Und mit 65 Tonnen Pfahlzug nehmen Sie mal in fünf bis acht Jahren einen 130.000-Aframax-Tanker bei Sturm auf den Haken. Das funktioniert nicht.
Diese Fakten kennt die Schifffahrtsverwaltung des Bundes, kennt auch Herr Bodewig. Warum also setzt der Bund immer noch auf sein aus unserer Sicht doch gefährliches Nachsorgekonzept, dessen Rückgrat Mehrzweckschiffe sind, die sich bei der „Pallas“-Havarie eben nicht bewährt haben. Es geht um nichts weiter als um Geld. Die Schifffahrtsverwaltung des Bundes benötigt nämlich Tonnenleger, um ihre Pflichtaufgaben zur Betonnung der Schifffahrtswege zu erfüllen. Deswegen gibt es das Mehrzweckschiffkonzept, mit dem eine ausreichende Not
schleppkapazität eben nur vorgegaukelt wird. Mecklenburg-Vorpommern zahlt also mit, damit das Risiko einer Katastrophe immer größer wird. Der Bund zieht mit diesem Konzept aus meiner Sicht die norddeutschen Küstenländer finanziell nur über den Tisch. Der Bund nimmt damit auch bewusst in Kauf, dass es zur nächsten Katastrophe kommen kann oder ein Großschadensereignis unbeherrschbar bleibt. Die Zeche dafür zahlt, wenn es denn passiert, was wir um Gottes willen nicht hoffen, vor allem Mecklenburg-Vorpommern. So viel Glück werden wir nicht noch einmal haben.
Mit der zukünftigen Entwicklung des Seeverkehrs steigt, und das ist unbestritten, das Risiko vor unserer Küste. Mit dem so genannten Notschleppkonzept des Bundes steigt es aber weiter. Mit Offshoreanlagen in den geplanten Größenordnungen wird es, und das müssen wir fürchten, irgendwann zu einer Katastrophe kommen. Und deswegen müssen wir unsere Interessen gemeinsam gegenüber dem Bund durchsetzen, anstatt hier zu streiten. Was die Schleswig-Holsteiner konnten, das können wir doch wohl auch. Und das Sicherheitsschiff gehört schlicht und einfach in diesem präventiven Bereich für unsere Sicherheit dazu.
Und man muss das ganz deutlich sagen, der Bund wirft aus meiner Sicht Milliarden für Offshorewindparks, für ein aus meiner Sicht nicht zukunftsfähiges Energiekonzept zum Fenster raus
und damit wird die Wahrscheinlichkeit einer Schiffshavarie und einer Katastrophe um ein Vielfaches steigen. Das bestreitet der Bund im Übrigen auch nicht. Gleichzeitig weigert sich der Bund aus finanziellen Gründen, ein effektives Notschleppkonzept auch umzusetzen. Das ist doch für uns als Küstenländer nicht hinnehmbar und ich meine, dagegen sollten wir solidarisch kämpfen und uns den Schleswig-Holsteinern erst einmal anschließen, wenn es sein muss, auch mit dem Abstimmungsverhalten im Bundesrat ab September.
Wenn du denkst, Sicherheit ist teuer, dann lass es zum Unfall kommen. Genau darauf läuft die Politik des Bundes hinaus. So einfach ist das leider. Geld für Offshoresubventionen ist aber da, also Geld für Schifffahrtshindernisse ohne Rücksicht auf die Sicherheit. Nach der Ablehnung unseres Berichtsantrages – ich betone noch mal, das war nur ein einfacher Berichtsantrag zu Offshorewindparks – sollten die Befürworter dieser teuren Windenergie sich zumindest für das Notschleppkonzept mit der Notschleppkapazität einsetzen, mit dem wir ein Sicherheitsschiff für unsere Region bekommen und mit dem Kollisionen mit den geplanten Anlagen vermeidbar werden. Ich meine schon, dass wir hier eine politisch-moralische Verantwortung haben. Einerseits werden zig Milliarden mit vollen Händen für neue gefährliche Schifffahrtshindernisse bereitgestellt, aber bei der Sicherheit wird der Penny im wahrsten Sinne des Wortes umgedreht.
Der Bund ist sich schon darüber im Klaren, wie hoch das Risiko einer Katastrophe durch den Bau von Offshoreanlagen geschraubt wird. Die Beantwortung der Großen Anfrage der CDU/CSU „Off-shore-Windenergie – Eine Option für die Zukunft?“ zeigt, wie bewusst und fast schon billigend eine zukünftige Katastrophe unter Um
ständen in Kauf genommen wird. Diese Anfrage ist übrigens vom Ende vorigen Monats. Aus der Antwort geht im Übrigen auch hervor, dass es keine Versicherungsunternehmen weltweit gibt, die Offshoreanlagen versichern wollen. Warum wohl? Und das heißt, der Steuerzahler finanziert nicht nur die Anlagen, sondern auch die mögliche Beseitigung der Folgen einer Tankerkatastrophe. Das steht damit schon heute fest.
In der Beantwortung zur Frage 51, zu den Gefahren, heißt es: „Als mögliche Gefahren für die Sicherheit des Schiffsverkehrs werden einerseits eine Kollision zwischen Schiff und Bauwerk und andererseits ein Flügelabriss des Rotors angesehen.“ Weiter heißt es: „… in Abhängigkeit von der Verkehrsfrequenz (ist) das Kollisionsrisiko entsprechend höher anzusetzen. Dieses verschärft sich bei hoher See, da Wind und Strömung einen erheblichen Einfluss auf die Bahnführung eines Schiffes haben. Die Windkraftanlagen sollen so konstruiert werden, dass der Schiffskörper im Falle einer Kollision möglichst wenig beschädigt wird.“
Das steht in einem offiziellen Papier. Worüber reden wir hier eigentlich? Und ich meine schon, dass es dann wirklich sachgerecht ist, wenn wir unsere Interessen hier vertreten und dass wir eine Technik bereitstellen, mit der wir verhindern, dass es zu dieser Kollision kommt, die diese Leute offenbar schon einplanen. Ich finde, das ist ein Skandal.
Abschließend gibt es noch den Hinweis, dass „die Rettung aus Seenot durch Hubschrauber innerhalb der Windparks selbst unter guten Wetterbedingungen nur noch eingeschränkt möglich sein (wird).“ Was heißt hier eigentlich die Rettung von Menschenleben? Da wird also die eingeschränkte Rettung von Menschenleben auch schon in Kauf genommen!
Nein. Also als ich das gelesen habe, wirklich, Herr Methling, …
… da habe ich gedacht, das kann nicht sein. Die Rettung von Menschenleben ist doch immer oberstes Gebot. Da muss man Wege finden,
dass die Rettung von Menschenleben durch die Abstände eben möglich ist.
Die Kollision, also auch die Tankerkatastrophe, wird also nicht ausgeschlossen.
Sie können nichts hundertprozentig ausschließen. Sie können aber alles tun, damit es möglichst nicht dazu kommt.
Und da muss ich Ihnen noch sagen: Schauen Sie auf die Seekarte! Die geplanten Offshoreanlagen liegen viel zu nah an den Schifffahrtswegen – das muss man auch ganz deutlich sagen – und damit ist die Kollision von Windrädern mit größeren Havaristen und Schiffen, die auf Falschkurs fahren – und davon gab es ja schon genügend –, eigentlich vorprogrammiert, weil die Wassertiefen aller geplanten Anlagen weit über der 10-Meter-Tiefenlinie liegen, das heißt, der Havarist treibt nicht vorher auf Grund, sondern treibt in die Anlagen rein. Und ich meine, daran sollten wir denken.
Vor diesem Hintergrund benötigen wir eigentlich in der Ostsee und bei diesen Plänen zwei Sicherheitsschiffe in der westlichen Ostsee – und ich rede von der westlichen Ostsee, weil das der Bereich ist, der wirklich am meisten durch das Nadelöhr Kadet-Rinne und durch die Schifffahrtswege gefährdet ist – eines in Warnemünde für den Bereich Kadet-Rinne bis zur Mecklenburger Bucht und eines für den Bereich Rügen bis zur Pommerschen Bucht. Alles andere wäre aus meiner Sicht und in Zukunft leichtfertig. Über einen Kompromiss wird man dann immer reden können und wenn dabei rauskommt, dass das Mehrzweckschiff das zweite Schiff ist, dann werden wir dem alle zustimmen.
Ich glaube, da gibt es doch gar keine Frage. Aber es ist doch wohl legitim zu sagen, was wir in Zukunft hier für Gefahrenpotentiale haben und was wir an Forderungen aufstellen. Und wenn Sie meinen, die Forderungen sind zu hoch, dann wird es Gott sei Dank einen Kompromiss geben.
Und dann würde ich gern noch mal auf einen Aspekt hinweisen: Mit den erforderlichen technischen Parametern für das Sicherheitsschiff wäre Deutschland auch Vorreiter im innovativen Schiffbau. Die USA, Südafrika und andere Staaten haben an diesem Sicherheitsschiff schon Interesse gezeigt. Die USA hatte eben auch schon eine Riesenkatastrophe. Ein solches innovatives Schiffbaukonzept für Spezialschiffe wäre aus meiner Sicht doch eine große Chance für unsere Werften hier im Lande. Mit dem vorhandenen Know-how für das Sicherheitsschiff, nach dem die Nachfrage weltweit steigen wird, ergibt sich die Möglichkeit, weltführend in dieser Spezialschiffbaubranche zu werden.
Und ich glaube, auch das sollten, könnten wir nutzen. Deutschland ist einerseits schon heute Windkraftweltmeister und auf dem Wege zum Offshorewindkraftweltmeister. Gleichzeitig wird die Sicherheit aus Kostengründen aber grob vernachlässigt. Das ist völlig inakzeptabel für uns hier als Küstenbewohner.
Und ich bin ja bekannt dafür, dass ich oft ein sehr streitbarer Kunde bin,
aber ich möchte Sie wirklich bitten, bei Ihrem Votum die Streitigkeiten hier außen vor zu lassen. Sie sollten an unsere Zukunft denken. Und in diesem Sinne bitte ich Sie um Ihr persönliches Votum, damit wir diese Schwachstelle zukünftig beseitigen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Minister, inwieweit haben die Verhandlungen der Landesregierung mit der Universität Rostock zur Zahnmedizin aus Ihrer Sicht die Autonomiefähigkeit der Universität Rostock unter Beweis gestellt?
Danke.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit unserem Antrag wollen wir die sachliche parlamentarische und damit öffentliche Diskussion über Offshorewindanlagen voranbringen, denn gerade bei Offshorewindanlagen stellen wir fest, dass es in den Parteien eine Neigung gibt, die Sachdiskussion etwas zu verdrängen. Augen zu und durch, das scheint hier die Devise zu sein. Das genügt aber nicht.
Rot-Grün und Rot-Rot setzen auf Windenergie, wie wir wissen, die der Steuerzahler im Wesentlichen finanzieren muss. Der Windkraftbranchenbeschäftigte kostet Deutschland – und das muss man deutlich sagen – dreimal mehr als der Steinkohlebergmann.
Die Opposition, sonst sind wir ja wirtschaftspolitisch wirklich auf der Höhe, reagiert verhalten beziehungsweise stillschweigend. Die Situation kann kurz so beschrieben werden: Deutschland zwischen Ökonomie und Gigantomanie. Was da vor unserer Küste geplant wird und durchgezogen werden soll, ist mehr als nur eine Gratwanderung zwischen umweltpolitischen Zielen und Großprojekten mit unabsehbaren Folgen für die Küstenregionen. Das ist aus unserer Sicht eine radikale Veränderung unserer Küstenund Kulturlandschaft, zu der auch die AWZ gehört.
Obwohl die technischen Probleme der 2,5- bis 5-Megawatt-Anlagen mit bis zu 200 Metern Höhe noch völlig ungelöst sind, noch kein Seekabel für die Landanbindung genehmigt ist, werden die Offshorewindparks schon geplant. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sieht im vorauseilenden Gehorsam schlichtweg keinerlei Probleme.
Die politisch Verantwortlichen gehen offenbar davon aus, dass die BSH-Beamten unfehlbar sind. Wie unfehlbar und wie kurzsichtig leitende Bundesbeamte sind, haben wir bei der „Pallas“-Katastrophe und beim Sicherheitskonzept Ostsee erfahren dürfen. Fehler über Fehler, Fehlplanungen bis heute und Missmanagement in entscheidenden Situationen, das ist leider die Realität. Realität ist
auch, dass einmal erteilte Genehmigungen für Offshoreanlagen in der AWZ von niemandem, ich betone, von niemandem mehr angefochten werden können, weil es keinen klagebefugten Kläger in der AWZ und damit natürlich auch keinen Richter gibt. Und das bei den wohl größten Bauprojekten aller Zeiten!
Das Bundesumweltministerium gab Anfang März bei der Windenergiekonferenz in Cuxhaven bekannt, dass Anträge für Offshoreanlagen mit einer Leistung von bis zu 60.000 Megawatt beim BSH in Hamburg vorliegen. Zum Vergleich, ein großes Atomkraftwerk hat circa 1.300 Megawatt. Anfang November genehmigte das BSH in Hamburg das erste Pilotprojekt Borkum West in der AWZ. Die Anlage soll nahe eines Verkehrstrennungsgebietes für Seeschifffahrt errichtet werden. Der Betreiber, Prokron Nord, nicht etwa das BSH, hat den Germanischen Lloyd als so genannten Meeres-TÜV beauftragt und natürlich bezahlt. Wir befürchten, deswegen sieht der Germanische Lloyd keine Gefahren für die Seeschifffahrt durch Offshoreanlagen. Das Risiko wird offenbar etwas heruntergespielt. Der Germanische Lloyd will natürlich auch bei Offshoreanlagen mit verdienen und das BSH baut im Wesentlichen leider allein bei der Seeschifffahrt auf den Germanischen Lloyd. Neutrale Sachverständige sind nicht vorgesehen. Wir befürchten, das läuft so auch in unserer AWZ bei den Plänen für „Oderbank“, „Adlergrund“, „Arkonabecken“, „Kriegers Flak“ und „Arcadis“.
Deutschland ist bereits Windenergieweltmeister. Ende 2001 drehten sich 11.438 Windräder mit einer Gesamtnennleistung von 8.754 Megawatt. Mit 1.700 Volllaststunden bei einem Normalwindjahr, das sind 19,4 Prozent der 8.760 Jahresstunden, wurden 14,9 Milliarden Kilowattstunden, also rund 15 Terawattstunden eingespeist. Bezogen auf den jährlichen Gesamtenergieverbrauch, einschließlich der Bereiche Verkehr und Raumheizung von 2.500 Terawattstunden, beträgt der Windstromanteil dann nur noch sage und schreibe 0,6 Prozent. Und dafür sollen bis 2010 durch die Einspeisevergütung sowie weitere Begünstigungen durch Steuerrecht und Zinsverbilligungen aus dem Bundeshaushalt weitere 100 Milliarden DM/ 50 Milliarden Euro in diese Landschaftsverschandelung fließen. Kosten für die Landschaftsschäden und Entsorgung der Anlagen sind da noch nicht dabei.
Bei diesen Größenordnungen – und das muss man auch ganz deutlich und nüchtern sagen – geht es natürlich auch um Geldzuwendungen der Windenergielobby an Privatpersonen, Vereine und politische Parteien.
Und deswegen benötigen wir bei diesem Thema Windenergie und Offshoreanlagen eine Grundsatzdiskussion vor allem über das steigende Risiko einer Ölkatastrophe und über die Wirtschaftlichkeit der Anlagen.
Die heutigen Sicherheitsprobleme in der Seeschifffahrt haben etwas damit zu tun, dass den wirtschaftlichen Interessen bei der Ausflaggung der Vorrang eingeräumt worden ist. Und wenn die wirtschaftlichen Interessen der Offshorelobby zur Basis von Entscheidungen gemacht werden, dann, befürchten wir, steigt das Risiko einer Ölpest oder eines Großschadensereignisses vor unserer
Küste. Deswegen, meinen wir, müssen wir Sicherheiten einbauen, müssen die norddeutschen Küstenländer Sicherheiten einbauen.
Das geht natürlich nur mit Initiativen zur Änderung der Seeanlagenverordnung vom 23. Januar 1997, die ja für die AWZ gilt, und deswegen wurde ja auch bei der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes eine Änderung der Seeanlagenverordnung mitbeschlossen. Als Versagungsgrund für Anlagen wie Offshoreanlagen wurden eine erhebliche Beeinträchtigung des Vogelzuges und sonstige schädliche Umwelteinwirkungen eingefügt. Damit sollte das Vorsorgeprinzip angewandt werden. Rot-Grün ging es dabei aber in erster Linie um die Umwelt- und Naturverträglichkeit der Anlagen, nicht um die direkte Bewahrung des Schutzgutes Wasser, und darum geht es ja bei Havarien. Statt des dehnbaren Begriffes „erheblich“ sollte aus unserer Sicht gerade nach dem Vorsorgeprinzip die Abwehr von Beeinträchtigungen des Vogelzuges im Vordergrund stehen, weil schon jetzt durch die Anlagen an Land viele Vogelflugrouten, Nahrungs- und Brutflächen für Vögel nicht mehr nutzbar sind. Circa 500.000 Vögel plus einer großen Zahl von Fledermäusen werden pro Jahr in Deutschland von Windflügeln erschlagen.
Wir erwarten also auch hier Ihre Antwort. Die Rettung von Menschenleben, die Schiffssicherheit, die Bergung von Havaristen sowie die Bekämpfung von Havarien, Katastrophen und Großschadensereignissen innerhalb der Offshoreparks müssen sichergestellt werden, und zwar richtig sichergestellt werden. Mit Offshoreanlagen steigt nämlich die Wahrscheinlichkeit einer Havarie mit nachfolgender Ölverschmutzung unserer Küstenregion.
Die Sicherheitsabstände zwischen den Anlagen und zu den Schifffahrtsrouten sind zu gering. Vom Kurs abgekommene Schiffe können kaum geborgen werden. Trotz vieler Unfälle an Land, wo es durch fehlende Sicherheitsabstände zu Havarien kam, werden die Risiken von Windrädern im Falle einer Kollision beziehungsweise von abgebrochenen und herumfliegenden tonnenschweren Windflügeln, die auf Tanker stürzen und Explosionen auslösen können beziehungsweise Bordwände aufreißen, völlig ausgeblendet oder heruntergespielt. Wie ist die Bergung von Havaristen und der Einsatz von Hubschraubern zur Rettung von Menschenleben geregelt? Hat jede Anlage Notplattformen für Schiffbrüchige?
Wir halten es insgesamt für unverantwortlich, das Gefährdungspotential für die See- und Küstenschifffahrt sowie für den maritimen Tourismus mit Anlagen zu erhöhen, ohne die bisherigen Forderungen für ein nationales Sicherheitskonzept Ostsee auch nur annährend erfüllt zu haben. Mit dem Bodewig-Konzept für die Ostsee sind wir heute nicht auf Großschadensereignisse, geschweige denn auf Tankerunfälle in Offshorewindparks vorbereitet.
Bei den Punkten 3 und 4 geht es insgesamt um die negativen Auswirkungen auf den Ostseefisch und um den Ausgleich für Ertragseinbußen für die Fischerei. Fakt ist, dass mit der Errichtung und Nutzung von Offshoreanlagen in den engen Arealen der westlichen Ostsee negative Auswirkungen auf den Fischbestand und auf die Fischerei zu befürchten sind. Wenn die Laichwanderung der Fische zu den Laichplätzen sowie die Nahrungswanderung gestört werden, kommt es eben zu dramatischen Verlusten.
Unsere Küsten und Boddengewässer sind die letzten Laichplätze in der Ostsee. Schäden durch Bau- und Baggerarbeiten, durch die treibender Laich vernichtet wird, führen erst nach circa drei Jahren zu einem Bestandsrückgang. Wir befürchten schlicht und einfach eine Fischereipolitik, die da heißt: „Windräder auf See – Fischer an Land“.
Offshoreanlagen erzeugen auch Schallwellen, die zu Orientierungsproblemen bei Meeressäugetieren führen können. Man vermutet schon heute, dass die vielen Strandungen von Walen etwas mit den vermehrten Schallgeräuschen auf See zu tun haben.
Und hier fragen wir auch: Liegen dazu schon gesicherte Erkenntnisse vor?
Zu klären ist aus unserer Sicht auch, ob unabhängige Wind- und Eisgutachten im Zusammenhang mit dem geplanten Bau von Offshoreanlagen vorliegen, und vor allem, ob die schon vorhandenen Erkenntnisse der DDR bis 1989 da eingeflossen sind. Die Windparkindustrie, und das ist klar, wird natürlich Gutachten in Auftrag geben, die ihre Projekte präferieren. Optimale Windstandorte sind aber nicht gleich optimal mögliche Windparkstandorte. Wer harte Eiswinter an der Küste und auf See erlebt hat, weiß, dass kaum ein Bauwerk dem gewaltigen Druck des Eises standhalten kann.
Wichtig, ja lebenswichtig für die Küstenregion sind der Rückbau und die Entsorgung der Anlagen. Das BSH begnügt sich nach unseren Informationen derzeitig mit 20-prozentigen Bankrücklagen, die aber aus unserer Sicht nicht rechtssicher und einklagbar sind. Die Orientierung an dem Oslo-Paris-Übereinkommen zum vollständigen Rückbau erscheint uns aus diesem Grunde sinnvoller.
In der Seeanlagenverordnung sind nach Paragraph 7 Sicherheitszonen für die Schifffahrt von etwa 500 Metern vorgesehen. Die Abtriebsgeschwindigkeit eines Havaristen beträgt bei Sturm circa zwei bis vier Seemeilen. Der Mindestabstand von den Schifffahrtswegen muss also in Abhängigkeit von der Fahrzeit des Hochseeschleppers vom nächsten Stationierungshafen und seiner Schwerwettergeschwindigkeit sowie der Abtriebsgeschwindigkeit eines manövrierunfähigen Havaristen bis zum Eintreffen eines Schleppers festgelegt werden. Zurzeit haben wir aber nur einen 65-Tonnen-Schlepper in Warnemünde. Wer Offshoreanlagen in diesen Größenordnungen plant, der muss auch dafür ein funktionierendes präventives Notschleppkonzept haben und nicht nur darauf hoffen, dass der Havarist vorher auf Grund läuft.
Unsere vorläufige Bilanz: Zig Milliarden werden für neue Schifffahrtshindernisse unter Umständen zur Verfügung gestellt. Was ist aber mit dem Geld für die Sicherheit? Wir hatten hier mal über ein präventives Konzept in diesem Landtag gesprochen und uns alle geeinigt.
Mit Punkt 9 wollen wir die Frage beantwortet wissen, welcher Mindestabstand zu den Fisch-, Laich- und Fanggebieten vorgesehen ist. Aus der Sicht der Fischerei sollten das drei bis vier Seemeilen sein.
Energiepolitisch, und das müssen wir auch offen sagen, sind diese Anlagen höchst umstritten. Ob sie die Energiequelle der Zukunft sind, ist höchst fraglich. Hochsubventioniert und nicht grundlastfähig machen Windkraftanlagen bei Windstille oder bei zu hohen Windstärken
den Parallelbetrieb von herkömmlichen Kraftwerken erforderlich und verringern durch die Zunahme der An- und Abfahrvorgänge deren Wirkungsgrad. Deswegen müssen teure Kraftwerkskapazitäten weiter vorgehalten werden. Die Strompreise werden nicht nur in Folge der Subventionen, sondern auch in Folge der Kosten für den Weiterbetrieb konventioneller Kraftwerke drastisch ansteigen. Dann haben wir eben die dänischen Verhältnisse, die mit hohem Windstromanteil auch die höchsten Strompreise der Welt haben. Und ich denke, das kann nicht in unserem Interesse sein.
Der Bau von diesen Anlagen in sehr begrenzten Seeräumen ist also aus unserer Sicht wirtschaftlich nur schwer darstellbar und unter dem Gesichtspunkt der Steigerung des Gefährdungspotentials für die Seeschifffahrt kritisch zu hinterfragen. Bei der Steigerung des Schiffsverkehrs zum Beispiel in der Kadet-Rinne und rund um Rügen von derzeitig 60.000 auf 180.000 im Jahre 2012, so befürchten wir, wird es unter Umständen zu einem Unfall oder einer Katastrophe kommen.
Die Genehmigungsverfahren nach der Seeanlagenverordnung, und diesen Eindruck hat man manchmal, werden im Windhundverfahren erteilt. Das BSH hat für Versagungsgründe derzeitig wenig beziehungsweise kaum Ermessensspielraum. Die Seeanlagenverordnung ist ein völlig unzureichendes Rechtsinstrumentarium, das planerischen Mindestanforderungen aus unserer Sicht eben nicht gerecht wird. Die Interessen der Küstenregion und die der hier lebenden Menschen zum Schutz vor Ölkatastrophen, zum Schutz des naturverbundenen Tourismus und des Fischereiwesens werden aus unserer Sicht nicht ausreichend berücksichtigt.
Mit dem Bericht der Landesregierung erwarten wir schlicht und einfach den derzeitigen Sachstand im Hinblick auf die Genehmigung von Offshoreanlagen im Bereich der 12-Seemeilen-Zone, aber vor allen Dingen im Bereich der AWZ. Unsere Fragestellung richtet sich natürlich in die Richtung, dass die Landesregierung, wenn hier Lücken festgestellt werden, auch mit entsprechenden Initiativen an den Bund herantritt beziehungsweise dass Bundesratsinitiativen über den Landtag oder über die Regierung eingeleitet werden, denn das ist doch ganz wichtig für den Schutz unserer Region.
Aus diesem Grunde bitten wir – und ich sage noch mal deutlich, es ist ein ganz normaler Berichtsantrag – um Zustimmung zu unserem Antrag und ich bitte auch namens meiner Kolleginnen Gesine Skrzepski, Bärbel Kleedehn und meines Kollegen Martin Brick um namentliche Abstimmung nach Paragraph 92 GO. Wir sind hier schlicht und einfach gegen das Prinzip „Augen zu und durch“ und deswegen bitte ich auch um Verständnis für den Antrag auf namentliche Abstimmung. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Bundestag hat am 21. Februar in Zweiter und Dritter Lesung über das Zweite Seeschifffahrtsanpassungsgesetz beraten. Kernbereich des Gesetzes ist die Seeunfalluntersuchung. Das Gesetz wurde von Rot-Grün gegen den Willen der Küstenländer, der gesamten Opposition einschließlich der PDS und gegen den Willen aller maritim orientierten Fachverbände im Bundestag beschlossen.
Bezeichnend für Rot-Grün waren die Ausführungen der Parlamentarischen Staatssekretärin Angelika Mertens. Die Sachargumentation der Staatssekretärin zum Seeunfalluntersuchungsgesetz beschränkte sich am 21. Februar im Kern auf folgende Schwerpunkte:
Erstens. Dem, was an der Küste so verbreitet wird, solle man keinen Glauben schenken.
Zweitens, Zitat: „Wir haben mit dem SeeUG wieder den Standard erreicht, den uns andere vorgegeben haben. Mit AIS und mit Notschleppkapazitäten setzen wir Standards. Ich denke, das, was wir gemacht haben, kann sich mehr als sehen lassen.“
Noch nie, sehr geehrte Damen und Herren, klafften die Träume rot-grüner Landeier und die Realitäten an der Küste so weit auseinander wie bei dieser Regierungsvertreterin.
Drittens, Zitat der Frau Mertens: „Journalisten sind sicherlich manchmal kluge Leute, aber in diesem Falle sind Sie auf dem Holzweg. Ich sage noch einmal: Die Seeamtsverhandlungen werden weiterhin stattfinden.“
Viertens, Zitat: „Ich sage noch einmal: Ein Seeamt ist eine Behörde und darf nach dem Grundgesetz sowie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht unabhängig agieren.“
Und dazu ist zu sagen, die Behördenebene ist hier nicht entscheidend. Das bisherige Verfahren orientierte sich am Gerichtsverfassungsgesetz.
Nach dem schon geltenden Gesetz wurden die Ursachen und Umstände der Seeunfälle durch die Seeämter objektiv ermittelt, sachgerechte Empfehlungen zur Verbesserung der Schiffssicherheit gegeben und, wenn nötig, der Entzug von Berechtigungen, sprich Patenten, ausgesprochen. Diese Zweistufigkeit wird mit dem Gesetz abgeschafft. Die objektive Feststellung der Ursachen eines Seeunfalls durch das Seeamt soll mit diesem Gesetz in Anlehnung an die Flugunfalluntersuchung in ein verwaltungsinternes Verfahren umgewandelt werden.
Das Bundesoberseeamt Hamburg wird per Gesetz zur Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung. Der Untersuchungsführer soll nicht wie beim Seeamt Jurist, sondern nur noch Mitarbeiter mit nautisch-technischer Qualifikation sein. Die bisherigen Seeämter behalten nur noch die Zuständigkeit zum Entzug von Patenten. Gutachterliche Untersuchungen fallen weg. Das Vorprüfverfahren soll durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion erfolgen.
Damit wird die bisherige Tätigkeit der Seeämter auf circa zehn Prozent reduziert, das heißt doch letztlich Abschaffung der Seeämter. Und wir müssen uns wirklich fragen: Für wie naiv hält uns eigentlich die Bundesregierung?
Beim verwaltungsinternen Verfahren wird im Gegensatz zu den Seeamtsverfahren die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Damit entfällt der bisherige Grundsatz der Seeunfalluntersuchung, die immer dann stattfinden musste, wenn ein öffentliches Interesse vorlag. Diese Grundzüge der so genannten Neuregelung offenbaren ein Demokratieverständnis, das nicht das unsere ist, und den fehlenden Sachverstand für die praktische Schiffssicherheit. Die Verwaltung bestimmt im eigenen Interesse, was von öffentlichem Interesse ist, das heißt, die Behörde kontrolliert sich selbst. Das öffentliche Interesse wird damit de facto abgeschafft. Der Sachverstand aller maritimen Verbände bleibt außen vor und das bedeutet praktisch:
1. Steuerung von Informationen auch an die Medien,
2. Vertuschung von eigenem Fehlverhalten,
3. Empfehlungen zur Verhinderung von Unfällen werden der Interessenlage der jeweiligen Behörde geopfert und
4. die Bundesregierung pfeift damit letztlich auf die Sicherheitsinteressen der fünf norddeutschen Küstenländer.
Und gerade das haben wir leider seit der „Pallas“-Katastrophe an der Küste mittlerweile hautnah erleben müssen – Ignoranz bis zur nächsten Katastrophe.
Rot-Grün behauptet, dass das derzeitige Seeunfalluntersuchungsgesetz nicht dem internationalen Standard entspricht und deswegen zwingend geändert werden müsste. Dazu ist festzustellen:
1. IMO-Code A.849(20)
Dieser Code beruht auf der Verpflichtung jedes Flaggenstaates, die Untersuchung jedes Unfalls durchzuführen, der einem seiner Schiffe zugestoßen ist. Entscheidend für den Staat ist, dass der Unfall schädliche Auswirkungen auf die Umwelt gehabt hat und dass mit der Untersuchung Vorschläge zur Verbesserung bestehender Vorschriften gegeben werden können. Der Code berücksichtigt auch den Artikel 94 des UN-Seerechtsübereinkommens, nach dem jeder Flaggenstaat zu Ereignissen auf hoher See Untersuchungen durchführen muss, wenn das Ereignis im Zusammenhang mit der Führung eines Schiffes oder mit anderen befähigten Personen steht.
Das im IMO-Code festgeschriebene Ziel jeder Unfalluntersuchung ist „die Verhinderung von Unfällen dieser Art in der Zukunft. Bei der Untersuchung von Seeunfällen werden die Umstände des betreffenden Unfalls sowie seine Ursachen und die den Unfall begünstigenden Faktoren ermittelt; dies geschieht dadurch, dass Informationen gesammelt und ausgewertet und die entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen werden.“ So weit das IMOZitat. Gerade das entspricht den bisherigen Grundsätzen der Untersuchungen der Seeämter. Das geltende Seeunfalluntersuchungsgesetz widerspricht also nicht den Vorgaben der IMO.
2. Verlangt das EU-Recht eine Änderung dieses Gesetzes?
Zur Zeit des Gesetzentwurfes stand eine EG-Richtlinie über europäische Schiffssicherheit im Raum, die es noch nicht gibt. Wenn also die Absicht besteht, einen europäischen Standard für Seeunfalluntersuchungen festzuschreiben, dann ist die gesetzliche Eile für diesen deutschen Sonderweg völlig unangebracht. Die Verfechter des
rot-grünen Gesetzentwurfes behaupten, dass eine EURichtlinie die Gesetzesänderung erforderlich macht. Auch das ist falsch. Diese Richtlinie betrifft nur die von den Mitgliedsstaaten zu veranlassende Umsetzung, dass alle Mitgliedsstaaten an der Untersuchung eines Seeunfalls mitwirken können. Dafür muss man kein Gesetz ändern, das ist mit der Einfügung eines knappen Satzes erledigt.
3. Muss das Seeunfalluntersuchungsgesetz dem Flugunfalluntersuchungsgesetz angepasst werden?
Schiffs- und Flugunfälle sind überhaupt nicht miteinander zu vergleichen. Nach Flugzeugunfällen wird versucht, mit Hilfe der Blackbox und der Überreste des Flugzeuges den Unfallverlauf zu rekonstruieren. Fast ausschließlich steht dabei die hochkomplizierte technische Aufklärung im Vordergrund. Im Gegensatz dazu beruhen 80 Prozent aller Seeunfälle auf menschlichem Versagen. Bei Flugzeugkatastrophen, bei denen es in der Regel leider keine Überlebenden gibt, geht es also um die technische Analyse komplex ineinandergreifender Systeme, in der Seeschifffahrt aber um die Bewertung menschlichen Verhaltens bei der Ursachenermittlung.
Der gesetzliche Nachholbedarf besteht also gar nicht.
In der Gesetzesbegründung ragt neben haarsträubenden Formulierungen auch die Kritik am derzeitigen Seeamtsverfahren heraus. Das Verfahren sei nicht akzeptabel, weil es ein „hoheitlich richtendes“ Verfahren sei. Damit wird unterstellt, dass es eine Tendenz zur Konzentration der Unfalluntersuchungen auf das Bordpersonal gebe. Auch das ist falsch. Eine der wichtigsten Neuregelungen im derzeitig geltenden Seeunfalluntersuchungsgesetz war die rechtliche Möglichkeit, außer der Besatzung Reedereien, Werften und Verwaltungen als direkte Beteiligte anzusehen und zu den Verhandlungen zu laden.
Auch der Wasserschutzpolizei wird von Rot-Grün unterstellt, dass sie nicht „unvoreingenommen“ sicherheitsrelevante Tatsachen und Ursachen im Auge hat. Ja, wer dann, wenn nicht die Wasserschutzpolizei?!
Beanstandet wird auch, dass infolge eines Seeunfalls den Beteiligten sofort Patente vom Seeamt entzogen werden können. Aber gerade das ist doch eine sofortige und in die Zukunft gerichtete Maßnahme zur Verbesserung der Schiffssicherheit.
Kritisiert wird von Rot-Grün auch die Besetzung der Seeämter, also ein Jurist und zwei Beisitzer mit nautischem und technischem Sachverstand. Aber gerade die ist doch sachgemäß, weil die Vernehmung von Beteiligten und Zeugen bei Seeunfalluntersuchungen im Vordergrund stehen muss. Dafür wird eine juristische Ausbildung benötigt.
Die Transparenz der Entscheidungen der Seeämter gehört zu den Vorzügen des 15 Jahre alten Seeunfalluntersuchungsgesetzes. Deswegen wurde gegen Seeamtssprüche nur äußerst selten Widerspruch eingelegt. Die bisherigen Ermittlungen der Ursachen waren und sind für Reeder und Versicherer von großer Bedeutung. Das sind zentrale Punkte bei weiteren vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen, die nach einem Unfall zwingend zu erledigen sind.
Gerade die Öffentlichkeit zwingt das Seeamt und alle Beteiligten zur Objektivität. Mit fehlender Öffentlichkeit geht nicht nur Objektivität, sondern auch Rechtsstaatlichkeit verloren. Die internen und nicht öffentlich geführten
Untersuchungen zum „Estonia“-Untergang haben aus der Sicht aller Experten nicht zum Rechtsfrieden in Skandinavien und Estland beigetragen. Sogar die Meyer Werft sah sich genötigt, eine eigene Untersuchungskommission einzusetzen.
Die Kernargumente der Befürworter für den im Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf, denke ich, habe ich damit dargelegt. Sie sind nicht zutreffend und das ist auch nicht mit der bestehenden Gesetzeslage so direkt zu vergleichen. Die Argumente der Bundesregierung, die uns in diesem Gesetz vorgehalten werden, sind für uns an der Küste nicht überzeugend. Sie sind weder stichhaltig noch praktisch im Sinne der Verbesserung der Schiffssicherheit.
Das derzeitige Seeunfalluntersuchungsgesetz entspricht grundsätzlich dem internationalen Standard. Für die Ergänzung an die Erfordernisse des IMO-Codes und der EG-Richtlinie bedarf es nur der Zustimmung zu der, denke ich, uns allen bekannten Empfehlung der fünf norddeutschen Küstenländer und ich denke, dass dieses Parlament wenigstens abschließend zu dieser Empfehlung steht. Und die steht im Gegensatz zu diesem Gesetz der Bundesregierung. Ich bitte Sie deshalb namens meiner Fraktion um Zustimmung zu unserem Antrag und insgesamt um Ablehnung des von der Bundesregierung vorgelegten Seeunfalluntersuchungsgesetzes und natürlich um ein dementsprechendes Abstimmungsverhalten im Bundesrat. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Thema nationales Sicherheitskonzept haben wir seit 1999 in diesem Landtag leider mehr gestritten, als die Bundesregierung gemeinsam unter Druck zu setzen. Wir haben also fast zwei Jahre verloren. Und unter Umständen – ich habe das ja schon mal gesagt – hätte man die Katastrophe vor Møn vielleicht gemeinsam verhindern können, wenn unsere Forderungen eher in die hiesigen Köpfe der SPD und die der Berliner SPD vorgedrungen wären.
Ich möchte noch mal auf ein Zitat der SPD-Bundestagsabgeordneten Lucyga am 21. Februar hinweisen: „Wir wollen, dass die Schifffahrt in der Ostsee sicherer wird.“ Sie spricht von 20 Grundberührungen, 60.000 Schiffsbewegungen im Jahr in der Kadet-Rinne und von der von der Katastrophe vor Møn. Und sie sagt – und das ist das Erschreckende – auch noch die bittere Wahrheit: „Unsere Anträge zur Schiffssicherheit … entstanden unmittelbar nach dem 30. März 2001 aus der Situation heraus“. Und genau diese Einstellung der SPD war es, mit der wir uns hier im Landtag und im Bund auseinander setzen mussten. Und eine solche Einstellung führt eben direkt in die nächste Katastrophe, weil im Vorfeld eben nicht genügend getan wird, außer warten, bis es knallt. Und gerade das haben wir hier kritisiert. Wir brauchen starke Interessenvertreter im Bundestag und keine Interessenvertreter, die es schlicht und einfach nicht wagen, dem Bundesverkehrsminister zu widersprechen, wenn es um die Interessenlage der norddeutschen Küstenländer geht.
Zum Seeunfalluntersuchungsgesetz sagte Frau Dr. Lucyga, dass keines der fünf Seeämter bis jetzt in der Lage oder befugt sei, eine solche Katastrophe wie die vor der Insel Møn zu untersuchen. Ich glaube, sie weiß gar nicht, wovon sie redet.
Abschließend empörte sich die SPD-Abgeordnete aus der größten Hafenstadt unseres Landes noch über die Verweigerungshaltung von CDU/CSU, FDP und PDS gegenüber einem Gesetzentwurf, dem nun wirklich kein vernünftiger Mensch zustimmen kann. Und ein Kapitän aus Flensburg sagte dazu treffend in der schleswig-holsteinischen Landeszeitung vom 4. März: „Diesen abstimmungsberechtigten Politikern muss man entweder Dummheit oder Feigheit unterstellen. Dummheit in dem Falle, wenn sie sich nicht informiert haben, was sie mit ihrem Verhalten anrichten. Und Feigheit in dem Falle, wenn sie es, aus welchen Gründen auch immer, nicht wagen, gegen einen Antrag des Bundesverkehrsministeriums zu stimmen.“
Deswegen und gerade deswegen stehen wir beim Sicherheitskonzept Ostsee erst ganz am Anfang, aber leider vor der nächsten Katastrophe. Und deswegen werden im Bundestag solche Gesetze beschlossen, gegen die die ganze Küste Sturm läuft.
Das bestehende Seeunfalluntersuchungsgesetz entspricht im Grundsatz dem internationalen Standard, insbesondere den Anforderungen des IMO-Codes. Das hat das Bundesverkehrsministerium in einem Schreiben vom 23. April 2001 der Europäischen Kommission mitgeteilt, nicht irgendwem. Der Bodewig-Gesetzentwurf liegt zeitlich völlig unpassend vor der geplanten EU-Regelung – ich wies schon darauf hin – für Schiffsunfalluntersuchungen. Er ist fachlich, wie in meiner Einbringung vorgetragen, falsch –
der Kollege Neumann hat das ja auch noch mit bestätigt – und zudem inhaltlich aus unserer Sicht völlig undemokratisch,
weil die Öffentlichkeit bei den jetzigen Kernverfahren völlig ausgeschlossen wird. Die neue Bundesstelle ermittelt ohne öffentliche Seeamtsverhandlungen, also unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Damit verstößt dieses Gesetz aus unserer Sicht auch gegen die Pressefreiheit. Die Aufsicht über das neue Amt übt das Berliner Verkehrsministerium aus. Verwaltungstechnisch ist das neue Hamburger Amt beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie angesiedelt. Auch diese Behörde ist wiederum Berlin unterstellt. Also doppelte Abhängigkeit vom Ministerium.
Die Seeämter können nur noch bei Patententziehungsfällen öffentlich verhandeln. Und das ist das Entscheidende, Herr Neumann. Sie sind nicht mehr unabhängig, weil sie nur noch auf Weisung der Wasser- und Schifffahrtsdirektion tätig werden dürfen. Der Spruchkörper des Seeamtes ist in seiner Entscheidungsfindung nur eingeschränkt unabhängig, weil sich seine Unabhängigkeit nicht mehr auf weitergehende Beweisbeschlüsse bezieht. Die Seeämter können zukünftig auch keine vorläufigen Patententziehungen, wie im Straßenverkehr üblich, mehr anordnen. Das heißt praktisch, dass im Extremfall betrunkene Kapitäne ihre Schiffe so lange weiter führen können, bis das reguläre Verfahren abgeschlossen ist, und das dauert zurzeit drei bis fünf Monate. Drei bis fünf Monate tickende Zeitbomben vor unserer Küste! Und die bisherigen ehrenamtlichen Beisitzer, das sind wirklich akzeptierte Praktiker, werden sich für so etwas nicht mehr zur Verfügung stellen.
Die Rechtsschutzmöglichkeiten für die Betroffenen werden durch die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens stark eingeschränkt. Es gibt keine zweite Tatsacheninstanz zur Korrektur von Ermittlungs- und von Bewertungsfehlern. Rechtsmittel gegen den Untersuchungsbericht sind nicht vorgesehen. Die Verwaltung kontrolliert sich also selbst. Und das ist wohl der entscheidende Beweggrund für Rot-Grün: Die De-factoAbschaffung – und das ist entscheidend – der Seeämter Emden, Bremerhaven, Hamburg und Rostock sowie die Verkleinerung des Seeamtes Kiel ist wohl für SPD und Grüne der gewünschte Nebeneffekt. Als größter Gegner – und daran darf ich erinnern und das weiß auch der Herr Professor Methling – mit unglaublich gefährlichem und teurem Beharrungsvermögen für den Steuerzahler hat sich bei den Forderungen zur Umsetzung eines nationalen Sicherheitskonzeptes Nord- und Ostsee die Verwaltung des Bundes erwiesen. Die Parlamentarische Staatssekretärin Mertens ist das beste Beispiel dafür, Sie wissen das.
Das neue Gesetz ist aus unserer Sicht eine Lex „Pallas“, mit der fehlerhaftes Verhalten von Behörden und Politikern im Vorfeld und bei der Bekämpfung von Ölkatastrophen nicht mehr zum Gegenstand eines öffentlichen Seeamtsverfahrens gemacht werden soll. Rot-Grün leidet also bis heute darunter, dass sich nach der „Pallas“-Katastrophe Seerechtsexperten und Bergungsprofis, Journalisten und Seeämter, also auch Behördenleiter, erdreistet haben, Kritik an dem dilettantischen rot-grünen Krisenmanagement in Kiel und Berlin und an dem völlig unzureichenden Sicherheitskonzept für die Nord- und Ostsee zu üben.
Rot-Grün in Berlin geht es mit diesem Gesetzentwurf also nicht um ein Mehr an Schiffssicherheit und um ein wirksames nationales Sicherheitskonzept für die Nordund Ostsee, sondern um die Kaschierung eigener Fehler und wahrscheinlich politischer Fehlentscheidungen. Und die zeichnen sich ja beim Sicherheitskonzept Nord- und Ostsee schon heute wieder ab. In Sachen Schiffssicherheit auf der Ostsee ist praktisch dreieinhalb Jahre nach der „Pallas“-Katastrophe und nach der Ölkatastrophe vor Møn viel zu wenig passiert. Einzig ein 60-Tonnen-Schlepper, der aber kein größeres Schiff bei Sturm auf den Haken nehmen und vor der Standung bewahren kann, liegt nunmehr in Warnemünde. Bei den Stürmen, die wir hatten in den letzten 14 Tagen, wird er einen 20.000- bis 30.000-Tonnen-Tanker nicht halten können. Und das haben wir immer gesagt, wir brauchen viel mehr Notschleppkapazität in der Ostsee.
Und schon jetzt ist abzusehen, dass das zukünftige Havariekommando nicht das von uns vorgeschlagene Küstenwachzentrum mit militärischer Führungsstruktur ersetzen kann. Rot-Grün in Berlin weiß also, dass mit der jetzigen Seesicherheitspolitik die nächste Katastrophe eben nicht, wie von uns gewünscht, verhindert beziehungsweise effektiv bekämpft werden kann. Und deswegen wollen sie offenbar per Gesetz eine Mauer des Schweigens zur Vertuschung errichten. Wir meinen, gerade das ist undemokratisch, und das dürfen wir nicht zulassen.
Interessant ist neben dem Aspekt auch die Frage: Wem nützt die Reform eigentlich und wem schadet sie? Diese Reform geht eindeutig zulasten der Seeleute. Anders als bei den Reedern, welche die neuen Kosten gemäß Paragraph 24 Flugunfalluntersuchungsgesetz abwenden konnten, ist es bei den Seeleuten. Gemäß Paragraph 22 Absatz 2 des noch gültigen Seeunfalluntersuchungsgesetzes werden keine Auslagen erhoben. Das ändert sich aber mit dem Regierungsentwurf, Paragraph 32 Absatz 3. Wird einem Patentinhaber ein regelwidriges Verhalten vorgeworfen, welches sich im Ausland ereignet hat, so gehören sämtliche Kosten für Übersetzung, Kosten für Zeugen, Sachverständige sowie Kosten für in- und ausländische Behörden zu den Auslagen des Verfahrens. Diese Kosten können sehr schnell einige Tausend Euro erreichen. Und das ist das, was uns wirklich stört an diesem Gesetz. Die Reeder schonen und die Seeleute schröpfen, das ist eine Politik zulasten der Seeleute und so was können wir nicht mittragen als Küstenländer.