Hans-Ulrich Rülke

Appearances

15/5 15/6 15/8 15/10 15/11 15/12 15/13 15/14 15/15 15/16 15/17 15/18 15/19 15/20 15/21 15/22 15/23 15/24 15/26 15/27 15/29 15/30 15/32 15/34 15/36 15/38 15/39 15/41 15/43 15/45 15/46 15/48 15/49 15/50 15/52 15/53 15/55 15/56 15/57 15/59 15/60 15/61 15/62 15/63 15/64 15/65 15/66 15/67 15/69 15/71 15/72 15/73 15/74 15/75 15/76 15/77 15/80 15/81 15/84 15/85 15/86 15/87 15/89 15/91 15/92 15/94 15/95 15/96 15/97 15/99 15/100 15/101 15/103 15/105 15/107 15/108 15/109 15/110 15/111 15/112 15/113 15/114 15/116 15/117 15/118 15/119 15/120 15/121 15/122 15/126 15/127 15/131 15/132 15/133 15/134 15/135 15/136 15/138 15/141 15/142 15/143 15/144 15/145 15/146 15/148 15/149 15/150

Last Statements

Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Die Menschen in diesem Land erwar ten, dass die Politik die Flüchtlingskrise zumindest ansatzwei se in den Griff bekommt, dass es nicht nur täglich neue Vor schläge gibt – aus Bayern von Obergrenzen, aus RheinlandPfalz von Plänen A2, A3, A4 – und auch nicht nur Absichts erklärungen in Berlin zwischen den Parteivorsitzenden, wo der eine oder andere Parteivorsitzende hinterher sagt, er hät te den Text zwar mitbeschlossen, aber nicht gelesen,
und deshalb gelte die betreffende Regelung nicht, sondern dass auf der Ebene des Bundesrats signalisiert wird, dass man bereit ist, ein Stück weiterzukommen.
Sie, Herr Ministerpräsident, haben im Zusammenhang mit dem Asylpaket II signalisiert, dass ein Teil dieses Pakets von Ihnen nur unter Bedingungen akzeptiert wird, was den Aus weis der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer angeht. Sie haben erklärt, Sie könnten sich eventuell vorstellen, die se Staaten als sichere Herkunftsländer auszuweisen, aber nur unter der Bedingung, dass eine Altfallregelung, ein Bleibe recht für diejenigen, die schon länger da sind, etabliert wird.
Die Folge ist, dass sich der Entscheidungsgang jetzt verzö gert, dass das Asylpaket II, zumindest vor den anstehenden Landtagswahlen, nicht mehr auf den Weg kommt. Damit ma chen Sie, Herr Ministerpräsident, ganz persönlich ein Kon junkturprogramm für die Rechtsradikalen,
weil jetzt in dieser Hinsicht wieder nichts passiert.
Es ist höchste Zeit zu signalisieren, dass man zur Zusammen arbeit bereit ist, dass man bereit ist, Entscheidungen zu tref fen. Das ist an dieser Stelle auch notwendig. Die Grünen re den die Ausweisung von sicheren Herkunftsländern immer herunter. Da heißt es, ein solcher Schritt sei Symbolpolitik, bringe nichts, es seien ohnehin wenige, die aus diesen Län dern kämen.
Schauen wir uns einmal die Zahlen an. Im September 2015 hatten wir im Bundesgebiet einen Zugang von 2 300 Flücht lingen aus Algerien und von etwa 3 000 Flüchtlingen aus Ma rokko; das sind in der Summe über 5 000 Flüchtlinge. Im Jahr 2014 hatten wir insgesamt weniger als 4 000 Flüchtlinge. Die Schutzquoten: Algerien 1,6 %, Marokko 3,7 %, Tunesien 0,2 %.
Bereits in der Landtagsdebatte am 1. Oktober 2015 habe ich gefordert, diese Länder als sichere Herkunftsländer auszuwei sen. In den Tagen zuvor hatte sich schon Ihre Integrationsmi nisterin ähnlich geäußert. Passiert ist nichts. Die Maßnahme wurde weiter heruntergeredet, es war weiterhin von Symbol politik die Rede.
Schauen wir uns jetzt einmal die Zahlen vom Balkan an. Da wurde auch behauptet, der angesprochene Schritt bringe nichts. Frau Sitzmann ist durch die Lande gereist und hat er klärt, er bringe eine Ersparnis von zehn Minuten Bearbei tungszeit beim BAMF, das sei alles.
Die Berechnung, wie Sie auf die zehn Minuten gekommen sind, müssten Sie noch einmal offenlegen, Frau Sitzmann.
Fakt ist aber, dass die Zugangszahlen dramatisch gesunken sind. Vom Kosovo hatten wir in Baden-Württemberg im Fe bruar 2015 einen Zugang von 2 063 Personen. Nachdem die Länder des Westbalkans zu sicheren Herkunftsländern erklärt worden sind, hatten wir im November 2015 sage und schrei be noch 38.
Da sage noch einer, die Maßnahme bringe nichts,
da sage noch einer: zehn Minuten Bearbeitungszeit beim BAMF.
Schauen wir uns einmal die Zahlen von Albanern an: Im Juli 2015 waren es 1 391, im Januar 2016 52. Da sage noch einer, zehn Minuten Bearbeitungszeit beim BAMF, ansonsten brin ge das nichts. – Nein, Sie wollen nicht. Das ist das Problem. Sie verhindern die Lösung des Flüchtlingsproblems.
In anderen Bereichen kommen Sie auch nicht weiter. Die Ver netzung der Landeserstaufnahmestellen ist immer noch nicht erreicht. Wenn man Landeserstaufnahmestellen besucht, wird einem gesagt: „Wir registrieren die Flüchtlinge. Es kann sein, sie gehen dann wieder und werden irgendwo anders neu re gistriert; eine Vernetzung ist bisher nicht geleistet.“
Das ist Staatsversagen, wie es größer nicht denkbar ist, mei ne Damen und Herren.
Bei den Abschiebungen kommen Sie auch nicht voran. Sie rühmen sich, die Abschiebezahlen seien von 800 im Jahr 2010 auf etwa 2 400 im Jahr 2015 gestiegen und hätten sich damit verdreifacht. Aber die Zugänge haben sich verzwanzigfacht – ihre Zahl hat sich von 5 000 auf 100 000 erhöht. Das ist die Realität in diesem Land. Handeln Sie, meine Damen und Her ren!
In Baden-Württemberg sind 25 000 geduldete Ausreisepflich tige; das ist zu viel.
Zum Sachleistungsprinzip: Im September haben Sie im Bun desrat zugestimmt, dass die Möglichkeit geschaffen wird, vom Geldleistungs- zum Sachleistungsprinzip zu kommen. Mitt lerweile ist ein halbes Jahr vergangen. Was haben Sie erreicht? Nichts haben Sie erreicht! Sie erzählen: „Wir denken über ei ne Wertkarte nach. Dazu gibt es demnächst eine Ausschrei
bung, doch bis zur Wahl bekommen wir nichts mehr hin.“ Das ist das eigentliche Konjunkturprogramm für die Rechtsradi kalen. Handeln Sie, Herr Ministerpräsident!
Bei der Gesundheitskarte sind Sie bisher ebenfalls nicht wei tergekommen.
Hören Sie endlich auf mit dieser unseligen Tradition des Kuh handels. Immer dann, wenn Sie im Bundesrat einer Verbesse rung zustimmen, verlangen Sie Gegenleistungen. Für die Zu stimmung zur Erklärung der einen Staaten zu sicheren Her kunftsländern wird die Residenzpflicht hinausgehandelt; hin terher nehmen Sie sie wieder auf. Für die Zustimmung zur Er klärung der nächsten Staaten zu sicheren Herkunftsländern wird die Gesundheitskarte ausgehandelt.
Jetzt kommen Sie mit der Forderung nach einer Altfallrege lung, Herr Ministerpräsident, und verhindern damit die Um setzung des Asylpakets II.
Ich halte das für zynisch,
gerade für einen Grünen. Politische Verfolgung ist nämlich unteilbar, Herr Ministerpräsident.
Entweder ein Land ist sicher; dann ist es auch ein sicheres Herkunftsland, dann braucht man keinen Kuhhandel. Oder ein Land ist nicht sicher; dann kann man es auch durch einen Kuh handel nicht zu einem sicheren Herkunftsland machen. Hö ren Sie auf mit dieser zynischen Politik.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Ihre souverä ne und kenntnisreiche Reaktion auf die Zwischenfrage
des Kollegen Zimmermann wirft ein bezeichnendes Licht auf Ihre Einleitungsworte, die da sinngemäß hießen: „Wir bekom men die Flüchtlingspolitik auf dieser Ebene nicht in den Griff. Wenn Sie Antworten wollen, dann dürfte nicht ich hier ste hen.“ Frau Ministerin, ich glaube, genau das ist das Problem: dass Sie einer Regierung angehören, die nicht in der Lage ist, angemessen auf die Probleme zu reagieren.
Wir haben von Ihnen eine Aufzählung von Maßnahmen ge hört, die Sie in die Wege geleitet haben. Es ist aber notwen dig – –
Eine Abschlusszwi schenfrage vom Kollegen Lehmann. Gut.
Ist es wahr?
Herr Kollege Leh mann, es ist mir eben – –
Sie können sich gern wieder hinsetzen. Ich habe die Frage verstanden.
Er darf auch stehen bleiben. Ich habe gesagt, er kann sich gern wieder hinsetzen. Ich habe nicht gesagt: „Sitz machen!“
Die Frage, Herr Kollege Lehmann, ob das Land Baden-Würt temberg einen Beitrag leisten kann, bejahe ich allerdings. Es ist nämlich notwendig, Signale zu setzen.
Es ist auch notwendig, Signale im Land Baden-Württemberg zu setzen und hier nicht einfach zu sagen: „Wir können nichts machen.“ Diese Landesregierung muss einen Beitrag leisten.
Ich sage Ihnen gleich noch, welchen Beitrag. Das war schon zu Beginn der Debatte. Ich wiederhole es gern, Herr Kollege Heiler. Sie können es gern in Waghäusel weiterverbreiten.
Es geht darum, dass der Ministerpräsident das Asylpaket II nicht blockiert, sondern hilft, dass es durchgesetzt wird.
Wenn man Bedingungen formuliert, hilft man nicht, sondern verhindert man die richtige Politik. Wir erwarten von dieser Landesregierung, dass sie hilft.
Diesen Beitrag können Sie auch leisten, meine Damen und Herren.
Ministerin Öney hat gerade erklärt, die Bevölkerung mache eine weitere Million Flüchtlinge in einem Jahr nicht mit. Auf die Zwischenfrage vom Kollegen Zimmermann fiel ihr dann nichts ein, was es dazu zu sagen gibt,
obwohl völlig klar ist, was damit gemeint ist. Damit ist ge meint, dass die Bevölkerung so lange Radikale, die wir hier im Plenum nicht sehen wollen, stärkt, bis die Politik es end lich schafft, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene wirksame Konzepte zu formulieren. Das Asylpaket II ist eben aus unserer Sicht ein wirksames Konzept. Deshalb ist es not wendig, dass der Ministerpräsident des Landes Baden-Würt temberg heute hier im diesem Haus erklärt, er werde dem Asylpaket II zustimmen, und zwar ohne einen Kuhhandel.
Das ist das, was wir wollen, und das, was man machen kann.
Ich beantworte Ihre Frage gern weiter, Herr Lehmann. Ihr Kol lege Lede Abal hat davon gesprochen, eine Informationskam pagne im Kosovo habe geholfen. Das ist auch etwas, was man tun kann, um Flüchtlingsströme zu bekämpfen. Aber das Wichtigste bei der Informationskampagne im Kosovo war, dass die Menschen im Kosovo erfahren haben, dass sie in ei nem sicheren Herkunftsland sind und es deshalb keinen Sinn mehr macht, nach Baden-Württemberg zu kommen.
Dieselbe Informationskampagne,
Herr Kollege Lede Abal, die es im Kosovo gegeben hat, hät ten wir gern auch in Nordafrika, damit die Leute in den Ma ghreb-Staaten wissen, dass sie in sicheren Herkunftsländern sind und es keinen Sinn macht, nach Baden-Württemberg zu kommen.
Das hätten wir gern.
Dann behaupten Sie, das Land Baden-Württemberg habe den Überhang bei den Abschiebungen nicht zu verantworten. Die Zahlen sind unstreitig – hoffentlich diese Zahlen. Ich argu mentiere auch überhaupt nicht mit Zahlen aus Bayern. Wir hatten nicht einmal 2 500 Abschiebungen im Jahr 2015, aber wir haben 25 000 Ausreisepflichtige. Das können Sie doch nicht bestreiten.
Sie können doch hier nicht sagen, Herr Kollege Lede Abal, das Land Baden-Württemberg habe mit dem Überhang nichts zu tun. Das passt überhaupt nicht zusammen.
Herr Kollege Sakellariou, wenn Sie davon reden, BadenWürttemberg könne die Flüchtlingsströme nicht allein in den Griff bekommen, sind wir sofort mit Ihnen einig. Das ist ja klar. Aber Baden-Württemberg kann einen Beitrag leisten. Diesen Beitrag erwarten wir sowohl auf der Landesebene als auch im Bundesrat. Das meine ich.
Niemand, Herr Kollege Sakellariou, hat gesagt, wir sollten die nationalen Grenzen schließen – weder Kollege Mack noch ich.
Das hat hier niemand behauptet. Deshalb brauchen Sie die Öffnung der nationalen Grenzen an diesem Pult auch nicht zu verteidigen.
Ich will damit schließen, dass ich Ihnen an einer Stelle aus drücklich recht gebe. Sie haben gesagt: „Wir erwarten, dass die Landesregierung im Bundesrat das Asylpaket II voran bringt.“ Da sind wir uns völlig einig. Das richtet sich aber an den Ministerpräsidenten,
und das sollte man vielleicht auch von SPD-Seite etwas deut licher sagen.
Herzlichen Dank.
Frau Grünstein, ich würde Sie bitten, konkret zu sagen, was ich denn inhaltlich gesagt habe – –
Frau Kollegin Grünstein, ich würde Sie bitten, inhaltlich zu konkretisieren, was ich denn gesagt habe, was angeblich die Türen für die Rechtsradikalen öffnet.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Das für die Menschen in die sem Land momentan überragend wichtige Thema ist das The ma Sicherheit,
ist das Thema Zukunftssorge – die Frage: wie geht es weiter? –, ist die Frage: Ist diese Landesregierung in der Lage und da zu bereit, die Sicherheit zu gewährleisten, die die Menschen im Moment haben möchten, die notwendig ist, um das Ver trauen auch in die Politik, wie sie im Landtag von BadenWürttemberg im Moment repräsentiert ist, zu erhalten, sodass nicht irgendwelche Radikalen hier zusätzlich hineingewählt werden?
Wenn man die Frage stellt, ob Sie dem gerecht werden, dann muss man auch fragen, ob Sie in der Innen- und Sicherheits politik in diesem Land entsprechend agieren. Wenn ein Innen minister den Teil aus der Kriminalitätsstatistik herauszieht, der ihm gerade passt, weil er der Meinung ist, dass diese Zah len gerade günstig seien, das dann der Bevölkerung vorlegt und alle anderen Zahlen zurückhält und erklärt: „Das präsen tiere ich erst nach der Wahl“, dann ist das ein Taschenspieler trick und das Gegenteil von dem, was in einer solchen Situa tion notwendig ist, meine Damen und Herren.
Ich fordere Sie auf, Herr Minister Gall: Legen Sie diese Zah len noch vor der Wahl vor. Nur so schafft man Vertrauen. Ih re Taschenspielertricks sind mittlerweile von der Öffentlich keit durchschaut worden.
Das gilt auch für Ihre Polizeireform. Das ist das Gegenteil von dem, was notwendig ist. Die Polizeigewerkschaft hat es Ih nen ja neulich ins Stammbuch geschrieben. Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft hat gesagt:
Dieser Innenminister hat einen gesunden Patienten auf den Operationstisch gelegt, und ein kranker Mann ist auf gestanden.
Besser kann man das, was Sie mit Ihrer Polizeireform ange richtet haben, gar nicht formulieren.
Nicht besser sieht es bei der Wirtschafts- und Infrastrukturpo litik aus.
Der Verkehrsminister verteufelt in Interviews das Auto. Er er klärt, künftig müsse sich kein vernünftiger Mensch mehr ein Auto kaufen. Ist das das, was wir am Automobilstandort Ba den-Württemberg und am Standort der Automobilzulieferin dustrie brauchen?
Nicht besser sieht es beim Ausbau der Infrastruktur aus. Deut lich weniger Haushaltsmittel – im Vergleich zu Bayern fast im Promillebereich – stellen Sie zum Ausbau der Breitband infrastruktur ein.
Dafür mischen Sie sich mit Gesetzen wie dem Bildungszeit gesetz dort ein, wo der Staat nichts verloren hat.
Die Wirtschaft und der Mittelstand in Baden-Württemberg sind in der Lage, selbst für die Fortbildung zu sorgen. Das wird Tag für Tag vom Mittelstand in Baden-Württemberg be wiesen. Bei diesem Thema können Sie sich heraushalten. Konzentrieren Sie sich dort auf die Infrastruktur, wo es not wendig ist, auf den Ausbau der Verkehrs- und Breitbandinf rastruktur.
Herr Kollege Schmiedel, Sie haben sich gerade für Ihr Tarif treue- und Mindestlohngesetz gerühmt. Das ist auch so ein bürokratisches Monstrum.
Das ist übrigens nicht das, was ich sage, sondern das, was die Kronzeugen sagen, die Kollegin Sitzmann heute schon zitiert hat, nämlich der Handwerkstag. Wenn man Ihnen zugehört hat, Frau Kollegin Sitzmann, meint man, die baden-württem bergische Landespolitik müsse immer das machen, was das Handwerk sagt. Dann müssten Sie aber das Tariftreue- und Mindestlohngesetz abschaffen. Das hat Ihnen nämlich der Handwerkstag ins Stammbuch geschrieben, meine Damen und Herren.
Wir haben jetzt ein Tariftreue-, ein Mindestlohngesetz – all gemeiner flächendeckender Mindestlohn – von Frau Nahles.
In Berlin weiß man nicht so richtig, was man damit anfangen soll.
Die Union sagt: „Das Gesetz müssen wir für die Flüchtlinge aussetzen.“ Die SPD sagt: „Nein, das ist heilig.“ Dann kommt Frau Nahles um die Ecke und will massenhaft Ein-Euro-Jobs.
Es ist so, Herr Kollege Fulst-Blei. Von den 8,50 € will Frau Nahles nicht heruntergehen, aber Ein-Euro-Jobs sind recht. Das zeigt, wie verkehrt und wie verquer die Debatte bei Ih nen ist, meine Damen und Herren.
Wir brauchen kein Tariftreue- und Mindestlohngesetz für Ba den-Württemberg, wenn wir ein Mindestlohngesetz von Frau Nahles haben. Das haben Ihnen alle Verbände – bis auf einen – ins Stammbuch geschrieben. Die Begründung dafür, dass dieses Gesetz weiter existiert, ist: Ein Verband will es. – Sa gen Sie noch einmal etwas über Klientelpolitik, meine Damen und Herren.
Frau Kollegin Sitzmann, Sie rühmen sich – auch das gehört zur Infrastruktur – für die Windräder, die in Baden-Württem berg angeblich an den Start gehen. Ihre Ausführungen waren interessant. Sie haben darüber gesprochen, welche Windräder genehmigt und welche Windräder angeblich im Bau sind. Ei ne Zahl haben Sie aber vermieden, nämlich die Zahl der Wind räder, die Ihre Landesregierung zustande gebracht hat. Frau Sitzmann, diese Zahl haben Sie wohlweislich verschwiegen. Denn Sie sind in diesem Bereich auf der ganzen Linie geschei tert.
Frau Kollegin Sitzmann, Sie haben das Hohelied der Gemein schaftsschule gesungen, sie sei das Erfolgsprojekt. Es gibt aber die eine oder andere Untersuchung, die das Gegenteil be sagt.
Aber das wischen Sie weg und sagen, das funktioniere prima. Ich sage Ihnen: Dieses Modell steht unmittelbar vor dem Scheitern.
Sie legen doch selbst die Zahlen vor, wonach nicht einmal 10 % der Kinder mit Gymnasialempfehlung auf die Gemein schaftsschule gehen. Nach Ihrer eigenen Ideologie, die Sie vorgestellt haben, kann dieses Modell nicht funktionieren. Wie reagieren Sie darauf? Durch eine Politik der Nadelstiche – das war das Stichwort der Diskussion, die wir bei den freien Schu len hatten –, eine Politik der Nadelstiche gegenüber allen an deren Schulen, um die Leute in die Gemeinschaftsschule zu zwingen.
Das ist die falsche Politik.
Hören Sie damit auf. Damit machen Sie vor allem auch die berufliche Bildung kaputt. – Herr Fulst-Blei, Sie haben ver
sucht, die Realschulen kaputt zu machen, aber Sie haben es nicht geschafft; und weil Sie dies nicht geschafft haben, ma chen Sie jetzt diese Politik der Nadelstiche.
Ein Letztes: Frau Kollegin Sitzmann, Sie haben festgestellt, es gäbe keine Wechselstimmung in diesem Land, und berufen sich auf Umfragen. Wenn dem so ist, Frau Kollegin Sitzmann, warum hat dann Ihre Regierungskoalition in diesen Umfra gen keine Mehrheit mehr?
Jetzt weiß ich auch, wie dieser freudsche Versprecher mit dem 18. Februar zustande kam. Dieses Datum haben Sie offen sichtlich fix im Blick,
weil Sie genau wissen, dass das der letzte Plenartag ist, der dieser Regierungskoalition beschieden ist.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schmiedel, Sie haben nicht verstanden, was ich zu den Ein-Euro-Jobs gesagt habe. Ich habe überhaupt nichts gegen die Ein-Euro-Jobs.
Ich sage nur, dass es ein Widerspruch ist, einerseits bei den Flüchtlingen zu sagen, es gebe keine Ausnahmen vom Min destlohn, es müssten mindestens 8,50 € pro Stunde gezahlt werden,
und auf der anderen Seite mit Ein-Euro-Jobs um die Ecke zu kommen. Das ist der Widerspruch bei Frau Nahles.
Herr Präsident, der Kollege Schmiedel möchte eine Zwischen frage stellen.
Aber sicher.
Herr Kollege Schmie del, ich stimme Ihrer Auffassung ausdrücklich nicht zu. Denn Sie haben gerade erläutert, warum der allgemeine flächende ckende Mindestlohn für alle Branchen und alle Regionen in diesem Land Quatsch ist. Dabei bleibt es, meine Damen und Herren.
Denn auf diese Art und Weise wird verhindert, dass Leute in Arbeit kommen. Das ist das Problem bei diesem allgemeinen flächendeckenden Mindestlohn: gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Das ist überhaupt ein Prinzip dieser Landesregie rung. Auch Herr Minister Schmid hat über vieles geredet, was vielleicht gut gemeint war, aber nicht gut gemacht ist. Im Üb rigen haben Sie, Herr Minister Schmid, sich im Wesentlichen mit fremden Federn geschmückt. Sie haben erklärt: „Viele Menschen sind beschäftigt.“ Sie haben verschämt hinterher gesagt: wie zuvor.
Sie haben erklärt: „Es gibt eine außerordentlich niedrige Ju gendarbeitslosigkeit.“ Es kam verschämt hinterher: wie zuvor.
Nicht weniger als zuvor.
Dann kam: „Wir sind nach wie vor Innovationseuropameister.“
All das, was bei Ihnen gut läuft, war vorher schon so.
Das Einzige, was Sie sich zugutehalten können, ist, dass Sie es in fünf Jahren nicht geschafft haben, das kaputt zu machen – trotz erheblicher Anstrengungen, meine Damen und Herren.
Denn die Weichen, die Sie gestellt haben, führen alle in die falsche Richtung. Im Moment wird das noch durch einen wirt schaftlichen Aufschwung und durch massivste Steuereinnah men aufgefangen. Sie tun ja alles, um das Geld unter die Leu te zu bringen. Schauen Sie sich doch einmal an, wie sich die Steuereinnahmen in diesen fünf Jahren entwickelt haben. Sie haben fast 10 Milliarden € mehr zur Verfügung, als wir da mals hatten, und um ebendiese Summe haben Sie die Haus halte ausgeweitet.
Dann rühmt sich dieser Finanzminister einer soliden Haus haltspolitik. Er hat noch Milliarden an neuen Schulden ge macht und hat dieses Geld gebunkert, um dann am Schluss Schulden zu verstecken. Das ist doch Ihre Haushaltspolitik, die Sie in fünf Jahren gemacht haben.
Da kann man sich doch nicht rühmen. Das Problem ist viel mehr: Irgendwann kommt die nächste Krise, und diese wird uns dann massiv erfassen. Dann wird man den Preis bezahlen für die Politik, die Sie jahrelang gemacht haben, meine Da men und Herren.
Sie haben groß Spitzabrechnung angekündigt. Setzen Sie es doch um! Setzen Sie die Spitzabrechnung noch vor der Wahl um, und geben Sie den Kommunen das Geld, das die Kom munen für die Flüchtlingspolitik verausgaben müssen.
Wenn Sie sich – ein Letztes noch – für Ihre Mietwohnraum politik rühmen, kann ich Ihnen eines sagen: Der Ministerprä sident hat hier im Landtag von Baden-Württemberg einmal erklärt: „Wir brauchen privates Kapital, um Wohnraum in Ba den-Württemberg zu schaffen.“ Wenn dem so ist, würde ich Ihnen schon empfehlen, davon abzusehen, politische Maßnah men in die Wege zu leiten, um dieses private Kapital abzu schrecken. Das ist doch das, was aus Berlin und aus Stuttgart ständig kommt –
mit Zweckentfremdungsverboten, Mietpreisbremsen und der sagenhaften und inzwischen weltbekannten Landesbauord
nung von Herrn Hermann. Das ist doch alles andere als ein Programm, um privates Kapital zu mobilisieren.
Auch hier ist festzustellen: eine völlig falsche, eine verfehlte Politik. Deshalb werden Sie am 13. März auch zu Recht ab gewählt, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungskoalition, ins besondere auch der Ministerpräsident, hat bei dieser Debatte den Eindruck erweckt, als ob Grün-Rot in Baden-Württem berg den Naturschutz erfunden hätte.
Sie haben aber den Naturschutz nicht erfunden,
genauso wenig wie Ihre organisierten Vorfeldorganisationen die Interpretationshoheit über das, was Naturschutz zu sein hat und was nicht, gepachtet haben. Denn Sie haben den Na turschutz in Baden-Württemberg so wenig erfunden, wie Sie dieses Land Baden-Württemberg erfunden haben, meine Da men und Herren.
Kollege Wolf hat Ihnen ja schon aufgezählt, was in den zu rückliegenden Jahrzehnten unter CDU-geführten Regierun gen – aber es waren manchmal auch noch andere Partner da bei – in Baden-Württemberg geschafft worden ist: zum einen die Entwicklung des Bodensees, zum anderen Biosphärenge biete, die wesentlich mehr im Einklang mit der Bevölkerung und mit weitaus größerer Akzeptanz vor Ort eingerichtet wer den konnten
als Ihr Nationalpark, meine Damen und Herren. Das ist eine Realität.
Wir haben auch Gesetze gemacht, die aus unserer Sicht um stritten gewesen sind. Ein Beispiel ist das Erneuerbare-Wär me-Gesetz. Dem haben wir zugestimmt, weil wir uns einen ökologischen Nutzen davon versprochen haben. Ich bin – das sage ich an dieser Stelle – mittlerweile skeptisch, ob es rich
tig war, dieses Gesetz zu machen, wenn ich mir anschaue, wel che Auswirkungen das beispielsweise im Handwerk hat. Aber es war auf jeden Fall aus dem Bewusstsein heraus geboren, dass Naturschutz in diesem Land wichtig ist.
Ich habe gesagt, Sie haben den Naturschutz in Baden-Würt temberg so wenig erfunden wie dieses Land. Es war schön an zuhören, wie Sie in Ihre Rede eingestiegen sind, Herr Minis terpräsident. Man hat sich fast in die Lektüre von kleinen no vellistischen Formen von Eduard Mörike zurückversetzt ge fühlt. Sie haben von den romantischen Wasserfällen und der Bärenhöhle geschwärmt. Fast habe ich noch auf die Aussage gewartet: Wir haben das alles erschaffen. Was haben Sie denn erschaffen? Offensichtlich nicht die Michelin-Sterne.
Die haben Sie dann auch noch für sich vereinnahmt.
Ich weiß nicht, ob diejenigen, die diese Restaurants betreiben, angesichts von Ideen wie dem Veggie Day vornehmlich an die Grünen denken, meine Damen und Herren.
Das ist, glaube ich, zumindest zweifelhaft.
Dann haben Sie erklärt, Herr Ministerpräsident, das Land Ba den-Württemberg sei wirtschaftlich bärenstark, und haben da bei den Eindruck vermittelt, das sei auf Ihre Politik zurück zuführen.
Wir haben am Anfang vermutet, das sei die falsche Rede, es passe zum ersten Tagesordnungspunkt. Wir haben uns ja un ter dem ersten Tagesordnungspunkt schon darüber ausge tauscht. Dass das Land „wirtschaftlich bärenstark“ ist, ist auch kein Naturgesetz, und Sie tun reichlich wenig dafür, dass es so bleibt.
Ja, Sie tun reichlich wenig dafür, dass es so bleibt.
Gehen Sie einmal in den Mittelstand, und reden Sie mit den Unternehmerinnen und Unternehmern.
Ja, das machen Sie schon. Sie kriegen es ja nicht einmal mit dem Datum auf die Reihe, Frau Kollegin Sitzmann. Also wird auch der Austausch mit dem Mittelstand überschaubar sein.
Denn was wir hören, ist, dass Sie mit Ihrer Politik im Land Baden-Württemberg austesten, was die Wirtschaft aushält. Sie
lassen sich jeden Tag neue Ideen einfallen: Was kann man jetzt tun, um die Belastungsfähigkeit der Wirtschaft zu testen? Da rüber hinaus fordern Sie immer wieder neue Belastungen, und diese Belastungen sind halt falsch, meine Damen und Herren. Im Moment sind wir wirtschaftlich bärenstark. Das hat aber nichts mit Ihrer Politik zu tun, sondern das hat mit der Kon junktur und mit wirtschaftspolitischen Weichenstellungen zu tun, für die Sie herzlich wenig können. Das ist die Realität.
Bei den Weichenstellungen, die Sie vornehmen, wird irgend wann das böse Erwachen kommen. Irgendwann wird die Wirt schaft für das zu büßen haben, was Sie beschlossen haben. Das wird dann eben nicht nur die Unternehmerinnen und Un ternehmer treffen, sondern auch die Beschäftigten.
Das ist der Punkt, und das sollten Sie sich vielleicht einmal vor Augen halten.
Dann haben Sie, Herr Ministerpräsident, gesagt, Sie hätten zwei wesentliche Ziele angestrebt und auch erreicht bzw. mehr oder weniger erreicht. Das eine Ziel war, das Wachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Beispielhaft haben Sie da die Energiewende genannt. Schauen wir uns doch einmal an, was Sie im Bereich der Energiewende geschafft haben; wir haben es in der zurückliegenden Debatte bereits erwähnt. Bei den paar Windrädern, die in Baden-Württemberg in Ihrer Regierungszeit entstanden sind, muss Kollegin Sitzmann von „Genehmigungen“ und „im Bau“ reden,
um eine Erfolgsbilanz aufzuzeigen. Das ist eben keine Er folgsbilanz
ja, bundesweit –, und es funktioniert auch nicht, weil Sie jetzt – insbesondere, wenn die Subventionen abgeschmolzen werden – Investitionsruinen produzieren.
Ihre Entkopplung des Wachstums vom Ressourcenverbrauch sieht so aus, dass in Baden-Württemberg Windräder als Inves titionsruinen geschaffen werden.
Es ist eben kein Ausdruck eines Prosperitätsversprechens, Herr Ministerpräsident, wenn Kapital verbrannt wird.
Dann haben Sie gesagt, als Zweites hätten Sie den Naturschutz ins Zentrum Ihrer Politik gestellt. Sie waren heute gegenüber Ihrer eigenen Position außerordentlich unkritisch. Wenn man nachgelesen hat, was Sie dieser Tage zum Thema National park gesagt haben, merkt man, dass dies doch etwas selbst kritischer war. Man hat beispielsweise gelesen: „Der Prozess
war nicht ganz optimal.“ Das Stichwort „diffus“, bezogen auf die eigene Adresse, ist gefallen. Diese Form von Selbstkritik haben wir am heutigen Tag vermisst, Herr Ministerpräsident. Sie haben so getan, als ob dieser Nationalpark eine einzige Erfolgsgeschichte wäre.
„Alles gut gelaufen, alles richtig gemacht, optimale Bürger beteiligung, große Begeisterung bei den Menschen vor Ort.“ Nein, es war eben keine Begeisterung bei den Menschen vor Ort. Sie haben den Menschen vor Ort dieses Projekt aufokt royiert. Es war Ihnen herzlich egal, was die Menschen vor Ort davon halten. Das ist die Realität.
Insofern ist es auch kein Beitrag, den Naturschutz ins Zent rum der Politik zu stellen. Die Menschen finden sich damit ab; so ist es. Deshalb ist auch klar, dass man diesen National park nicht wieder völlig abwickelt; das wäre ineffizient. Aber ich sage in aller Deutlichkeit – diese Frage wurde ja gestellt –: Selbstverständlich, Herr Kollege Rösler, muss man im Falle eines Regierungswechsels darüber nachdenken, ob man den Nationalpark verkleinert – selbstverständlich –,
um mit dem in Einklang zu kommen, was die Bevölkerung vor Ort möchte. Es ist notwendig, mit der Bevölkerung vor Ort in den Dialog zu treten und mit der Bevölkerung vor Ort zu entscheiden, was der richtige Zuschnitt eines solchen Pro jekts ist. Man sollte nicht in irgendwelchen ideologischen Schriften nachlesen und dann sagen: „So muss es sein.“ Der Weg, den Sie eingeschlagen haben, ist der falsche.
Der erhobene grüne Zeigefinger ist das Instrument, mit dem Sie Politik machen. Das war beim Nationalpark so, und so ge hen Sie auch mit der Landwirtschaft im Land Baden-Würt temberg um. Sie haben sich damit gerühmt, eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik zu machen. Aber stattdessen machen Sie den Menschen vor Ort Vorschriften, greifen ins Eigentum ein, beschließen so etwas wie das Grünlandumbruchverbot oder Gewässerrandstreifen.
Das sind im Grunde grundgesetzwidrige Eingriffe ins Eigen tum. Sie sagen den Landwirten: „Was richtig ist, wissen wir, wissen vielleicht noch der BUND und der NABU. Aber die wirklich professionellen Naturschützer wie z. B. die Landwir te wissen das nicht. Deshalb machen wir euch Vorschriften.“ Auch das ist eine falsche Politik mit dem erhobenen grünen Zeigefinger gegen die Menschen vor Ort.
Deshalb können Sie sich auch nicht damit rühmen, dass es jetzt 17 % mehr ökologisch bewirtschaftete Flächen als 2011 gibt. Es wird auch von uns akzeptiert, wenn Landwirte ihre Betriebe – das ist natürlich auch notwendig – ökologisch aus richten. Aber das muss eine Entscheidung der Landwirte vor Ort sein und darf nicht die Folge von dirigistischen Maßnah men sein. Sie machen bezogen auf die Landwirtschaft diesel be Politik wie bei der Schulpolitik. Indem Sie systematisch all diejenigen schwächen, die nicht auf Ihrer ideologischen Linie sind,
wollen Sie das durchsetzen, was Sie für richtig halten. Das ist bei der Gemeinschaftsschule so, und das ist bei der ökologi schen Landwirtschaft das Gleiche.
Ein Letztes: Sie haben sich am Schluss, Herr Ministerpräsi dent, bei all denjenigen bedankt, die einen Beitrag zur Natur und zum Naturschutz leisten, und dann explizit die Jägerin nen und Jäger genannt.
Ich bin mit Ihnen der Meinung, dass die Jägerinnen und Jäger als geprüfte Naturschützer einen wesentlichen Beitrag zum Naturschutz leisten, und zwar einen wesentlich größeren Bei trag als manche, die als nicht geprüfte Naturschützer in einem Verband organisiert sind.
Aber wenn die Jägerinnen und Jäger den Dank des Chefs ei ner grün-roten Landesregierung, die dieses Landesjagdgesetz zu verantworten hat, von diesem Pult aus hören,
wird dies in den Ohren der Jägerinnen und Jäger in BadenWürttemberg wie Hohn klingen.
Deshalb liegt ein wesentlicher Beitrag zum Naturschutz dar in, dass eine künftige, eine neue Landesregierung in BadenWürttemberg in den ersten 100 Tagen dieses Landesjagdge setz, das Sie gemacht haben, dahin schmeißt, wohin es gehört, nämlich in den Papierkorb.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wolf, zunächst darf ich sagen: Meine Fraktion ist dankbar, dass Sie dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Denn es ist not wendig, das Organisationschaos anzusprechen, das in der Flüchtlingskrise ausgebrochen ist. Für dieses Organisations chaos im Land Baden-Württemberg ist hauptsächlich die grün-rote Landesregierung verantwortlich.
Aber, meine Damen und Herren, es ist auch notwendig, an dieser Stelle über die Verantwortung der Bundesregierung zu sprechen. Ich bin dankbar dafür, dass in dieser Debatte deut lich geworden ist, wie die Parteien im baden-württembergi schen Landtag zur Flüchtlingspolitik der Kanzlerin stehen. Frau Sitzmann hat verdeutlicht, die Landes-CDU steht hinter Frau Merkel – Sie haben es zumindest laut Herrn Strobl ver kündet. Sie selbst haben erklärt, auch die Grünen stehen hin ter Frau Merkel. Der Ministerpräsident lässt keine Gelegen heit aus, die Kanzlerin zu loben, und der Kollege Schmiedel hat erklärt: „Jawohl, wir müssen uns hinter die Kanzlerin stel len, wir als Koalitionspartner SPD tun das.“
Ich sage es in aller Deutlichkeit, meine Damen und Herren: Es ist offensichtlich so, dass die FDP/DVP die einzige politi sche Kraft im Landtag von Baden-Württemberg ist, die nicht hinter der Flüchtlingspolitik dieser Bundeskanzlerin steht.
Denn diese Kanzlerin macht eine falsche Politik.
Diese Selfie-Politik der Kanzlerin, die das Signal sendet, alle Flüchtlinge dieser Welt seien in Deutschland willkommen, ist falsch.
Es ist auch falsch gewesen, dass diese Kanzlerin einseitig die Dublin-III-Verordnung aufgekündigt hat.
Mittlerweile sagen das auch führende Verfassungsrechtler, bei spielsweise Herr Papier oder Herr Di Fabio. Sie sagen, da hät te die Kanzlerin eine Entscheidung des Deutschen Bundes tags gebraucht. Diese Entscheidung des Deutschen Bundes tags hat sie nicht herbeigeführt, und deshalb war es ein Ver fassungsbruch, den die Kanzlerin hier begangen hat.
Ich sage daher in aller Deutlichkeit: Wir werden allein in Ba den-Württemberg das Problem nicht lösen; wir brauchen auf Bundesebene andere Entscheidungen. Wenn es nicht gelingt, mit den Partnerländern europäische Quoten durchzusetzen, müssen wir zum Dublin-III-Abkommen zurückkehren. Dann muss die Kanzlerin das wiederherstellen, was sie im Septem ber 2015 in eigener Machtvollkommenheit aufgekündigt hat.
Im Übrigen wundere ich mich schon sehr über den Verlauf der Debatte: Seit Wochen und Monaten höre ich, wir könnten die deutschen Grenzen nicht schützen. Es ist immer die Rede da von gewesen, man brauche dazu Stacheldraht und Schießbe fehl. Auch der Ministerpräsident hat das behauptet. Jetzt er fahren wir am Wochenende plötzlich von Herrn de Maizière, es würden täglich 100 bis 200 Flüchtlinge zurückgewiesen.
In den ersten 14 Tagen des Jahres 2016 seien 2 000 Flüchtlin ge an den Grenzen zurückgewiesen worden. Meine Damen und Herren, kann mir vielleicht jemand erklären, wie es mög lich ist, dass auf der einen Seite behauptet wird, die Grenzen seien nicht zu schützen, und auf der anderen Seite täglich 100 bis 200 Flüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen werden? Diese Erklärung würde mich einmal interessieren. Wenn es möglich ist, dies durchzusetzen, dann, meine Damen und Her ren, ist es auch möglich, an unserer Grenze das Dublin-IIIAbkommen wieder durchzusetzen. Das ist unsere Forderung, meine Damen und Herren.
Richtig ist auch, dass im Land Baden-Württemberg die Re gistrierung besser funktionieren muss. Kollege Wolf hat Zah len genannt, und ich kann noch ergänzen: Es ist die Rede da von, dass 185 000 Flüchtlinge im Jahr 2015 eingereist seien; es gibt aber nur 98 000 Erstanträge. Offensichtlich ist es nicht möglich, zu einer vernünftigen Registrierung zu kommen. Sie
hätten Zeit genug gehabt, daran zu arbeiten, meine Damen und Herren.
Ja, Sie machen doch immer alles, Frau Kollegin Sitzmann. Kollege Schmiedel hat erklärt, wie das mit Ludwigsburg und Stuttgart so ist. Hin und wieder kommt auch ein SPD-Frakti onsvorsitzender von Ludwigsburg nach Stuttgart – meist mit dem Auto, auch wenn Feinstaubalarm ist. Da sagt er dann: „Es ist schön, man kommt gut durch.“
Wenn Sie dann noch falsch parken, Herr Kollege Schmiedel, sind Sie in Sekundenschnelle als Halter des Fahrzeugs zu er mitteln, und dann erfährt man das auch in Ludwigsburg. Aber bei der Registrierung der Flüchtlinge ist es nicht möglich – nach Monaten nicht.
Das ist ein Politikversagen, ein Politikchaos, meine Damen und Herren.
Dasselbe gilt für die Abschiebung. Das Staatsministerium hat sich in der Auseinandersetzung mit dem Kollegen Wolf um Zahlen gerühmt: Baden-Württemberg hat über 2 000 Flücht linge abgeschoben, fast 2 500 im Jahr 2015, und Bayern 4 500. Meine Damen und Herren, selbst wenn Ihre eigenen Zahlen stimmen, stelle ich fest: Baden-Württemberg schiebt halb so viel ab wie Bayern, Baden-Württemberg ist aber nicht etwa nur halb so groß wie Bayern, sondern größer. Und deshalb ha ben Sie Nachholbedarf.
Was die sicheren Herkunftsländer anbelangt, kann ich nur wie derholen, was ich bereits am 1. Oktober 2015 im Landtag von Baden-Württemberg im Zusammenhang mit sicheren Her kunftsländern in Nordafrika gesagt habe. Ich zitiere:
Algerien 0,3 % Schutzquote, Marokko 1,0 %,... Tunesien 0,2 %... Es ist notwendig, auch hier zu handeln. Weisen Sie weitere sichere Herkunftsländer aus.
Das war am 1. Oktober 2015; passiert ist nichts.
Mittlerweile bewegt sich der Herr Ministerpräsident. Vergan gene Woche auf der Landespressekonferenz ein typischer Kretschmann: „Ich bin nicht dafür und nicht dagegen.“ Wir würden aber erwarten, Herr Ministerpräsident, dass Sie als Regierungschef dieses Landes in dieser Frage eine Haltung einnehmen.
Aber richtig ist natürlich auch, dass sich die Regierungskoa lition in Berlin einigen muss. Die müssen erst einmal einen Vorschlag machen, die müssen sich einigen, die Kanzlerin mit Herrn Gabriel. Dann kann man diesen Vorschlag machen, und dann erwarten wir, dass Grün-Rot in Baden-Württemberg im
Bundesrat zustimmt. Aber alle können sich nicht einigen; das ist das Problem.
Sowohl im Bund als auch im Land haben wir Politikversagen auf der ganzen Ebene, und deshalb hat die Landesregierung, aber ebenso auch die Bundeskanzlerin Schuld daran, dass diese Situation eska liert – Politikversagen im Land wie im Bund.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Grünstein, das war wirklich auch goldig, keine Frage.
Aber vom Inhaltlichen her sollten wir uns vielleicht die Fra ge stellen, wie wir jetzt an dieser Stelle weiterkommen.
Frau Kollegin Grünstein, Sie haben ausgeführt, es sei voll ständiger Konsens in unserem Land, bei der Bundes- und der
Landesregierung, dass eine Verringerung der Flüchtlingszahl notwendig sei.
Na gut, wenn das Konsens ist, dann schauen wir uns einmal die aktuelle Politik an und schauen uns auch an, was in den letzten Wochen und Monaten geäußert wurde.
Ich bin schon dankbar dafür, dass die Kanzlerin sich jetzt da zu bekannt hat, dass eine Verringerung notwendig ist. Das war nicht immer der Fall. Ich bin auch dankbar dafür, dass die Kanzlerin einsieht, dass eine Überforderung in unserem Land möglich ist, wenn es mit den Flüchtlingsströmen so weiter geht.
Es genügt aber nicht, dies festzustellen. Vielmehr muss man sich auch die Frage stellen: Was kann man tun, um diese Flüchtlingsströme zu reduzieren? Dazu gibt es relativ wenige Vorschläge vonseiten der Landesregierung.
Was wird im Bund vorgeschlagen? Ich habe gehört, der Kol lege Kauder halte es für notwendig, eine europäische Grenz polizei, die die Außengrenzen schützt, auf- bzw. auszubauen. Das ist das, was der Ministerpräsident im Grunde auch erklärt hat: Man müsse die Außengrenzen schützen.
Ich frage mich allerdings dann schon, wie das zusammenpasst mit der sich ständig wiederholenden Behauptung, wir könn ten unsere Grenzen nicht schützen, es sei denn durch Stachel draht und Schießbefehle. Wenn wir die Außengrenzen durch eine europäische Grenzpolizei schützen können, dann muss es auch möglich sein, dass die Bundespolizei unsere Grenzen schützt. Dafür sollte man sich auch aussprechen, meine Da men und Herren.
Ich bin auch dankbar dafür, dass sich die CDU jetzt auf dem Bundesparteitag dazu durchgerungen hat, sich zu einem Ein wanderungsgesetz zu bekennen. Wir haben das seit vielen Jah ren gefordert und haben häufig gehört: „Das wollen wir nicht. Das führt zu einem Mehr an Zuwanderung.“ Nein, darum geht es nicht. Es geht um Begrenzung und Kanalisierung von Ein wanderung.
Es reicht aber nicht aus, zu erklären: „Wir machen das dann im Jahr 2017, nach der nächsten Bundestagswahl.“ Nein, die Probleme sind jetzt da.
Deshalb ist es auch nötig, so schnell wie möglich zu einem Einwanderungsgesetz zu kommen.
Man muss natürlich auch intensiv über Fluchtursachen disku tieren. Dazu braucht man eine Strategie. Ich halte es ausdrück lich für richtig, dass die EU nun mit der Türkei diskutiert. Sie braucht aber eine Strategie. Eine Strategie ist schwer zu er
kennen, wenn man sich die Frage stellt, ob der türkische Mi nisterpräsident auf das Familienfoto darf oder nicht. Vielmehr muss man sehr deutlich machen, wie man mit der Türkei um gehen will. Entweder schluckt man die Kröte Erdogan, oder man ist nicht dazu bereit. Dann wird man aber auch in der Fra ge der Betreuung der Flüchtlingslager nicht weiterkommen.
Es macht auch wenig Sinn, die Bundeswehr ohne einen kla ren Auftrag nach Syrien zu schicken, indem man sagt: „Wir kämpfen ein bisschen gegen ISIS, aber eine Zukunft mit Herrn Assad darf es auch nicht geben.“ Hier fehlt eine klare Strate gie.
Wir brauchen natürlich europäische Kontingente. Im Moment zeichnet sich nicht ab, dass wir da einen wesentlichen Schritt weiterkommen.
Das sind alles offene Baustellen, meine Damen und Herren. Da brauchen wir möglichst rasch Antworten.
Mit Blick auf das Land haben Sie, Frau Grünstein, gesagt, da herrsche Konsens. Ich weiß nicht, ob da tatsächlich Konsens herrscht. Wenn wir beispielsweise nur über die Abschiebun gen nachdenken, dann stellen wir fest: Es gibt jetzt – relativ spät – so langsam Bewegung. So langsam geht man jetzt da zu über, die Abzuschiebenden nicht mehr zu warnen.
Langsam und klammheimlich ändern sich auch die Leitfäden der Landesregierung. Es ist schon interessant. Wir haben schon mehrfach darüber geredet, dass es wenig hilfreich ist, abgelehnten Asylbewerbern das Kirchenasyl anzuraten. Frau Erler hat von dieser Stelle aus die ursprüngliche Version des Leitfadens wortreich verteidigt, in der stand – ich zitiere –:
Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, ein organisatorischer Zusammenschluss der Kir chenasylbewegung in Deutschland, gestattet Flüchtlin gen Kirchenasyl, wenn begründete Zweifel an einer ge fahrlosen Rückkehr bestehen.
Dies hat sie wortreich verteidigt. Klammheimlich ist jetzt ei ne zweite Ausgabe erschienen. Oh Wunder, es hat sich etwas verändert. Da steht dann nur noch drin:
Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, ein organisatorischer Zusammenschluss der Kir chenasylbewegung in Deutschland, informiert auf ihrer Website über das Kirchenasyl in Deutschland.
Die Kritik der Opposition ist also offensichtlich bei der Lan desregierung angekommen. Es reicht uns noch nicht ganz aus. Es gibt aber immerhin Bewegung. Herzlichen Dank dafür, dass jetzt offensichtlich eingesehen wurde, dass die erste Ver sion nun wirklich nicht geht, meine Damen und Herren.
Es ist auch notwendig, mit den Registrierungszentren weiter zukommen und die Flüchtlinge zu registrieren, und zwar so, dass man diese im ganzen Land einheitlich behandeln kann.
In der letzten Woche war ich in der Landeserstaufnahmestel le in Karlsruhe. Dort hat man mir erklärt: „Wir nehmen auf. Wir nehmen Fingerabdrücke.“ Ich habe gefragt, was passie re, wenn sich der Flüchtling dann verabschiedet und sagt: „Hier in Karlsruhe gefällt es mir nicht. Ich gehe in eine ande re Erstaufnahmestelle.“ Mir wurde geantwortet: „Dann wird er erneut registriert.“ Ich habe gefragt, ob die Möglichkeit der Abgleichung besteht. „Nein, diese Möglichkeit besteht nicht.“
Meine Damen und Herren, so kann es nicht bleiben. Es ist not wendig, hier zu einer vernünftigen Regelung zu kommen, da mit das Verfahren der Aufnahme und der Behandlung der Flüchtlinge in den Aufnahmestellen nicht auf diese Art und Weise unterwandert wird. Da ist auch die Landesregierung ge fordert.
Herr Kollege Wolf, es ist völlig richtig, was Sie angedeutet haben. Es ist notwendig, dass die Flüchtlinge sich integrieren. Es ist notwendig, dass nicht das Land sich ändert, sondern die jenigen, die zu uns kommen. Sie müssen das Grundgesetz, un sere Rechtsordnung, die Rechtskultur akzeptieren. Wir wol len ihnen aber natürlich weiterhin ihre Religions- und ihre Ge dankenfreiheit lassen.
Wir wollen verpflichtende Integrationskurse, Spracherwerb, auch das Zurechtfinden in der Gesellschaft wollen wir unter stützen, und wir wollen die Flüchtlinge auf unsere Rechts- und Verfassungsordnung verpflichten.
Bei der Frage, ob das gleich mit Sanktionen belegt werden muss, sind wir etwas zurückhaltender. Wir schließen aber nicht aus, solche Sanktionen dann auch einzuführen, wenn sich im Laufe der Zeit ergibt, dass sie notwendig sind.
Es ist notwendig, den Spracherwerb durch Bildungs- und In tegrationsoffensiven – idealerweise ab dem ersten Tag hier in Deutschland – mit niederschwelligen Angeboten in der Erst aufnahme auszuweisen, damit aus der Flüchtlingskrise keine Integrationskrise wird. Es ist notwendig, einen schnelleren und direkteren Arbeitsmarktzugang zu schaffen. Es ist not wendig, weniger Hürden für Ausbildung und Praktika zu er richten. Vor allem ist es auch notwendig, eine aktive Hilfe bei der Nachqualifizierung und bei der Anerkennung ausländi scher Bildungsabschlüsse durchzusetzen.
Es ist also notwendig, beides zu tun: auf der einen Seite zu begrenzen und zu steuern und auf der anderen Seite diejeni gen mit einer guten Bleibeperspektive so rasch wie möglich in unsere Gesellschaft zu integrieren – durch Spracherwerb, durch Integration in die Gesellschaft und durch Integration in unsere Arbeitswelt.
Herzlichen Dank.