Protocol of the Session on June 18, 2015

Einen wunderschönen guten Mor gen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Ich eröffne die 132. Sitzung des 15. Landtags von Ba den-Württemberg.

Urlaub für heute habe ich Frau Staatsrätin Gisela Erler, Herrn Abg. Dr. Ulrich Goll, Frau Abg. Anneke Graner und Herrn Abg. Peter Schneider erteilt.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Herr Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Herr Mi nister Rainer Stickelberger, bis 14:00 Uhr Frau Ministerin Theresia Bauer, ab 14:30 Uhr Herr Minister Peter Friedrich und Herr Staatssekretär Jürgen Walter

(Zurufe, u. a. Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wer ist denn dann überhaupt noch da?)

sowie ab 15:30 Uhr Frau Ministerin Silke Krebs.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist ja nur ein Rumpfkabinett! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, wir haben heute ein Geburtstags kind in unseren Reihen. Im Namen des ganzen Hauses gratu liere ich Ihnen, lieber Herr Kollege Rivoir, sehr herzlich zum Geburtstag und wünsche Ihnen alles Gute.

(Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Oh! Der Kandidat!)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Bildungspolitik ohne Plan – die Ab schaffung des Informatikunterrichts – beantragt von der Fraktion der CDU

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Das Wort für die CDU-Fraktion erhält Herr Kollege Wolf.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Programmiersprachen gehören zu den Spra chen des 21. Jahrhunderts.“

(Zuruf: So ist es!)

Das ist eine Position, die Sigmar Gabriel bereits am 25. Sep tember 2014 der „Rheinischen Post“ zum Besten gegeben hat.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Für ihn wäre eine der Möglichkeiten, den jungen Menschen „Programmiersprachen sogar als zweite Fremdsprache in Schulen anzubieten“.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Aktuelle Debatte! Freie Rede!)

Selbst bei den Grünen gibt es Positionen dieser Art.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Völlig über raschend!)

Ich nenne die GRÜNE Bürgerschaftsfraktion Hamburg, die in einer Meldung vom 20. Januar 2015 berichtet – ich zitie re –:

Die Digitalisierung bestimmt unseren Alltag, aber an Hamburgs Schulen wird das Verständnis für IT-Anwen dungen kaum vermittelt. Eine Folge davon ist ein akuter Fachkräftemangel, der Hamburgs Wirtschaft vor Proble me stellt. Die Grünen wollen Informatik zum Pflichtfach machen...

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, kurz zusammengefasst: Informa tik ist wichtig für die Zukunft. Das scheint in Teilen Deutsch lands auch bei Grünen und Roten angekommen zu sein. Aber es gibt noch ein erfolgreiches Widerstandsnest in Deutsch land: Grün-Rot in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Hier geht man lieber eigene Wege,

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

und zwar den Weg zurück in die Vergangenheit. Während der Ministerpräsident durch das Silicon Valley reist, nutzt der Kul tusminister die Gunst der Stunde und streicht das Fach Infor matik aus dem Bildungsplan. Meine Damen und Herren, wenn das die Digitalisierungsstrategie der Landesregierung von Ba den-Württemberg ist, dann müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Im Fach Informatik steht nicht das Lernen mit Medien oder das Lernen über Medien im Mittelpunkt. Da sind fachliche In halte gefragt. In der Informatik geht es um Programmierspra chen, um Informatiksysteme, Modellbildung und vieles mehr, also um die fachlichen Grundlagen einer digitalisierten Be rufswelt, die dort schlicht und ergreifend erforderlich sind.

Deshalb ist es völlig unverständlich, dass der Bildungsplan auch hier völlig an der Wirklichkeit vorbeigeht. 95 % der Ju gendlichen besitzen ein Smartphone, aber nur 8 % der Mäd chen und 16 % der Jungen können programmieren – laut BIT KOM-Studie 2014. Diese Lücke, meine Damen und Herren, muss endlich kleiner werden, anstatt sie zu vergrößern.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die CDU-Landtagsfraktion ist gerade der Informatikun terricht in der Schule eine der zentralen Säulen einer notwen digen Digitalisierungsstrategie. Sonst laufen wir Gefahr, jun ge Generationen zu haben, die zwar blind WhatsApps schrei ben können, aber das Verständnis für die Abläufe im Hinter grund nicht lernen. Da wirkt das Streichen des Informatikun terrichts wie ein schlechter Scherz.

Nun kommt die Verteidigungsstrategie des Kultusministers.

(Oh-Rufe von der SPD)

Der Kultusminister, sehr geschätzter Herr Stoch, sagt jetzt, Kultusministerin Schavan hätte schon 2004 den Informatik unterricht geschwächt. Mein lieber Herr Kultusminister, wie kommen Sie eigentlich auf die abenteuerliche Idee, Ihre Po litik von heute mit Argumenten aus dem Jahr 2004 begründen zu wollen? Abenteuerlicher geht es nicht in diesem Land Ba den-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Ja!)

Nur zur Erinnerung: 2004, das war drei Jahre vor dem ersten I-Phone, und Facebook war damals noch die Idee eines schüchternen Studenten an der Harvard University,

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Informatik gab es damals aber auch schon, oder?)

um mit seinen Kommilitonen besser in Kontakt zu kommen. Inzwischen sind wir, Herr Minister,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Nicht mehr schüchtern!)

weiter. Heute ist aus der Idee des Studenten ein weltweit agie rendes und mehr als 200 Milliarden Dollar schweres Unter nehmen geworden, und aus einer Handvoll Mitglieder wur den 1,5 Milliarden.

Herr Minister Stoch, Sie mögen es nicht bemerkt haben, aber die Digitalisierung bestimmt unser Leben.

(Lachen bei den Grünen und der SPD – Zuruf der Abg. Helen Heberer SPD)

Wenn wir auf diesem Weg erfolgreich sein wollen, müssen wir vor allem die junge Generation befähigen, in diese digi tale Welt hineinzuwachsen. Das tun wir nicht, indem wir den

Informatikunterricht an den Schulen streichen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Wer in diesem Land Wirtschaft 4.0 will, der muss auch Bil dung 4.0 wollen, und davon ist diese Landesregierung mei lenweit entfernt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das war alles?)