Ursula Haußmann

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Last Statements

Herr Staatssekretär, wer wird die Einhaltung dieses Gesetzes überwachen? Wie wird das Gesetz vollzogen? Wer wird damit betraut?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Hinblick auf den Sozialetat der Landesregierung gibt es drei Botschaften: eine gute, eine schlechte und eine ganz schlechte.
Ich fange mit der guten Botschaft an. Trotz Rekordverschuldung des Landes Baden-Württemberg enthält der Haushalt des Sozialministeriums unterm Strich nur Kürzungen um 2 % im Vergleich zum Vorjahr. Das ist zunächst einmal gut so, weil jeder weiß, dass es für die öffentlichen Haushalte falsch wäre, auf dem Höhepunkt einer Wirtschaftskrise massiv zu kürzen. Das gilt ganz besonders für den Sozialetat.
In der Regel werden die Ansätze der Vorjahre beibehalten,
und dort, wo es Kürzungen gibt – etwa bei der Investitionsförderung von Pflegeeinrichtungen –, waren diese häufig bereits lange angekündigt, oder es konnten, wie beim Landeserziehungsgeld, geringere Ansätze verwendet werden, aber nicht weil die Leistungen zurückgehen, sondern weil die Zahl der Kinder, deren Eltern diese Leistungen beanspruchen können, abgenommen hat.
So wie es aussieht, wird die Landesregierung, wenn wir über die Empfehlungen des Sonderausschusses „Winnenden“ beraten, sogar einen Teil der Kürzungen – hier spreche ich insbesondere die Förderung der mobilen sozialen Jugendarbeit in Problemgebieten an – in Form eines dann zusätzlich ausgewiesenen Finanzbeitrags des Landes zur Vermeidung weiterer Gewalttaten von Jugendlichen wieder zurücknehmen. Rechte Tasche, linke Tasche, Frau Ministerin. Dieser Vorgang ist finanzpolitisch völlig unsinnig und geht zulasten der Planungssicherheit der Träger in der Jugendsozialarbeit.
Die grundsätzliche Übernahme der Haushaltsansätze der Vorjahre leitet aber schon zur schlechten Botschaft über: Der Etat wurde so geschrieben, dass es keine Weiterentwicklung gibt. Damit erzeugen wir zwar keine Aufschreie bei den Betroffenen, aber dringend notwendige oder mehr oder minder bereits zugesagte Erhöhungen erscheinen auch nicht. Ich denke da ganz besonders an den Ausbau der U3-Kinderbetreuung,
den Kinderschutz und die Investitionsförderung bei den Krankenhäusern.
Nun komme ich zur ganz schlechten Botschaft. Im Zusammenspiel der Politik der Landesregierung mit der Steuerpolitik der schwarz-gelben Koalition im Bund, die trotz ohnehin zu erwartender Steuermindereinnahmen als eine der ersten Amtshandlungen Steuerrabatte für Haushalte mit hohem Einkommen und für Hoteliers gewährt hat,
brechen nicht nur dem Land, sondern vor allem den Kommunen in Baden-Württemberg die Einnahmen weg. Da ist es kein Wunder, wenn die Kommunen in Baden-Württemberg entsprechend reagieren. Der Gemeindetag Baden-Württemberg stellt das Wirksamwerden des Rechtsanspruchs auf Kleinkindbetreuung ab dem Jahr 2013 infrage. Die kommunalen Gebühren werden allerorten erhöht. In Stuttgart z. B. werden die Beiträge für die Kindertageseinrichtungen um 12 € pro Monat erhöht.
Schon heute müssen viele Familien mit wenig Geld über die Runden kommen. Aber weitere Kostensteigerungen werden hinzukommen. Der Eintritt ins Schwimmbad oder die Benutzungsgebühren für die öffentlichen Bibliotheken werden steigen. Die Untätigkeit des FDP-Bundesgesundheitsministers und die Klientelpolitik beim Bund führen jetzt zur Einführung der Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Liebe Frau Fauser, auch das wird Familien vor Ort hart und schmerzlich treffen.
Schwarz-Gelb im Bund plus Schwarz-Gelb im Land bedeutet gleich weniger Netto vom Brutto.
Das ist die bittere finanzielle Realität vieler Familien in Baden-Württemberg.
Mit der Kopfpauschale in der gesetzlichen Krankenversicherung geht dann die Umverteilung von unten nach oben noch weiter.
Hinzu kommt die Tatenlosigkeit bei Verwerfungen, die nun auch den Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg erreicht haben. Frau Ministerin Stolz, sprechen Sie doch einmal mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Schlecker, bei Mr. Wash – wir haben heute Morgen davon gesprochen – oder bei
den Friseurdiscountern. Wenn Sie in der Stellungnahme zu unserem Antrag schreiben, dass Sie gesetzliche Mindestlohnregelungen ablehnen und Lohnfindung grundsätzlich nicht Sache des Staates sei, auch wenn es in diesen Fällen ein Schutz vor Ausbeutung wäre, und wenn Sie am liebsten noch die Kündigungsschutzregelungen aufweichen würden, dann arbeiten Sie gegen die Interessen der Beschäftigten in diesem Land.
Wer Vollzeit arbeitet, sollte von seinem Einkommen auch leben können. Das fordern nicht nur Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und die SPD, sondern auch – man höre und staune – die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen.
Sie schaue ich gar nicht an, denn das ist mir einfach zu blöd.
Wie Sie merken, bin ich noch immer bei den schlechten, bei den ganz schlechten Botschaften. Dazu gehören auch die angekündigte Unterstützung der weiteren Steuersenkungsorgien im Bund
und die nicht zu umgehende Tatsache, dass infolgedessen auch in Baden-Württemberg gespart werden muss – natürlich erst nach den Landtagswahlen.
Den designierten Ministerpräsident, Herrn Mappus, der heute nicht hier sein kann,
darf ich wie folgt zitieren:
Wenn wir aus den Sozialhaushalten nicht in erheblichem Umfang einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung bringen können, dann werden wir es nicht schaffen.
Warten wir einmal ab, Herr Mappus, was das Bundesverfassungsgericht nächste Woche zum Thema Hartz IV sagen wird. Kürzungen bei Hartz IV zu fordern, ohne zu sagen, wo, ist Stammtischniveau.
Anders kann ich das nicht bezeichnen.
Der andere ganz konkrete Kürzungsvorschlag, der schon heute schriftlich fixiert von der Haushaltsstrukturkommission vorliegt, der der Herr Mappus angehört, betrifft die Abschaffung der unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personennahverkehr.
Langzeitarbeitslose mit insgesamt zwei Millionen Kindern im Hartz-IV-Bezug sowie schwerbehinderte Menschen sollen also als Erste leiden.
Dabei gibt es ein weiteres Zitat von Herrn Mappus, unserem designierten Ministerpräsidenten:
Keine Kürzungen bei den Schwächsten.
Merken Sie da nicht einen gewissen Widerspruch, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen?
Ich fasse unsere grundsätzlichen Aussagen zum Sozialetat zusammen. Wer die Politik der Landesregierung unterstützt, der stimmt für Stillstand bis zu den Landtagswahlen,
lässt die Kommunen in Baden-Württemberg gerade bei den sozialen Aufgaben finanziell im Regen stehen und leitet bereits jetzt Kürzungen ein, die ab dem Jahr 2011 unweigerlich anstehen werden.
Zum Schluss, Frau Ministerin Dr. Stolz, komme ich nicht daran vorbei, noch einmal das Thema SGB-II-Reform anzusprechen. Wer mit Plänen aus seinem Haus die Bundestagsfraktion der CDU/CSU infiltriert und somit einen von Olaf Scholz ausgearbeiteten Kompromiss zu Fall bringt, dem alle Bundesländer zugestimmt hätten, der sollte sich schon sicher sein, dass er wenigstens seine eigenen Parteifreunde für sich erwärmen kann. Das Tohuwabohu nach dem Schreiben von Roland Koch, mit dem sich Frau von der Leyen auseinandersetzen muss, ist wirklich hausgemacht. Wir werden am Sonntag erleben, was passiert, wenn sich Frau von der Leyen mit allen Ministerpräsidenten der Bundesrepublik trifft.
Eine getrennte Trägerschaft bei den bisherigen Jobcentern ist eine Katastrophe für die Verwaltungen und deren Angestellte, eine Katastrophe für die Arbeitsmarktpolitik und vor allem eine Katastrophe für fünf Millionen Menschen mit schwerwiegenden Problemen auf dem Arbeitsmarkt sowie für zwei Millionen arme Kinder.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In unserer freiheitlichen Grundordnung sollten Verbote nur ausgesprochen werden, wenn sie unbedingt nötig sind.
Wenn aber die Notwendigkeit eines Verbots festgestellt wird, dann sollte auch rasch gehandelt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist jetzt der Fall. Da besonders in einer Fraktion – da schaue ich die Kollegen von der FDP/DVP an – noch Kollegen vorhanden zu sein scheinen, die innerlich noch nicht davon überzeugt sind, dass ein Anlass besteht, den Verkauf von Alkohol einzuschränken, will ich Fakten nennen.
Im neuen Bericht des Statistischen Bundesamts über die Unfallentwicklung auf deutschen Straßen wird ganz deutlich ausgeführt,
dass Verbote bzw. Erweiterungen von bestehenden Verboten, z. B. die Einführung der 0,5-Promille-Grenze im Straßenverkehr und das Alkoholverbot für Fahranfängerinnen und -anfänger, gemeinsam mit anderen Maßnahmen zu einer weit überproportionalen Reduzierung der Zahl der alkoholbeding ten Verkehrsunfälle und der Zahl der Getöteten bei Unfällen unter Alkoholeinfluss geführt haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier hat sich die Notwendigkeit eines Verbots eindeutig bestätigt. Ähnlich sehen wir von der SPD-Fraktion das auch bei diesem Gesetzentwurf, über den wir anschließend abstimmen werden.
Wir sind davon überzeugt, dass sowohl das Verbot des nächtlichen Alkoholverkaufs als auch das Verbot alkoholmissbrauchsfördernder Angebote dazu beitragen werden, dass sich Ausmaß und Anzahl alkoholbedingter Gesundheitsgefährdungen gerade von Jugendlichen, Unfälle und auch Straftaten und Ordnungswidrigkeiten reduzieren werden.
Nebenbei – das ist uns auch sehr wichtig – werden wir unseren Polizistinnen und Polizisten nicht nur ihre Arbeit erleichtern, sondern auch dazu beitragen, ihre körperliche Unversehrtheit zu schützen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Evaluation der Auswirkungen des Gesetzes ergibt, dass dies ein erfolgreicher Weg war, werden wir uns überlegen, ob wir nicht sogar an der einen oder anderen Stelle noch eine Schippe drauflegen müssen.
Ich habe in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs gefordert, dass das Sozialministerium – leider ist die Sozialminis terin gerade nicht anwesend – gemeinsam mit der Suchthilfe im Land ein ganz breites Präventionsprogramm an den Schulen entwickeln muss. Leider hat sich bis heute nichts getan.
Wir sind auch überzeugt davon, dass in der derzeitigen Situation andere, hier schon aufgezählte Maßnahmen, insbesondere der Bildung und der Prävention, zwar wichtige Teile
eines Gesamtpakets, aber ohne die hier zu beschließenden Verbote nicht ausreichend sind, um zu einer hinreichenden Reduzierung der Folgen von exzessivem Alkoholkonsum zu führen.
Weitere Teile des Gesamtpakets sind insbesondere auch die bestehenden Regeln des Gaststättengesetzes, das wir in diesem Gesetzgebungsverfahren in Landesrecht überführen wollen, und des Jugendschutzgesetzes. Kontrollen über die Einhaltung von Vorschriften durch Gastwirte und Verkaufsstellen sind also sowieso notwendig und entstehen nicht allein aus der Einführung dieser neuen Verbote. Teilweise präzisieren die nun einzuführenden Verbote auch nur das Gaststättengesetz und das Jugendschutzgesetz.
In diesem Zusammenhang – man kann nicht oft genug zitieren, was gerade im Bund so alles passiert – will ich noch kurz auf den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung zu sprechen kommen. Darin heißt es zwar – jetzt zitiere ich –:
Mit besonderer Besorgnis sehen wir die Zunahme des exzessiven Alkoholkonsums bei einzelnen Kindern und Jugendlichen.
Dann wird aber nur auf die Überprüfung – dieses Wort kommt im Koalitionsvertrag sehr häufig vor –
der bestehenden Präventionsstrategien und die Weiterentwicklung der Konzepte und Maßnahmen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hingewiesen. „Mutlos“ nennen wir das, meine Damen und Herren.
So wichtig und vorrangig gerade für uns von der SPD-Fraktion Prävention und Aufklärung sind: Wenn es die Tatsachen wirklich erfordern – hier erinnere ich an die in dem Bericht des Statistischen Bundesamts zu den alkoholbedingten Verkehrsunfällen aufgeführten Ergebnisse und die im Zusammenhang mit unserem aktuellen Gesetzgebungsverfahren vorgelegten Studien –, dann muss in diesem Zusammenhang auch über Verbote geredet werden.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zu den Briefen und den persönlichen Voten von Brauereiverbänden, Tankstellenbesitzern und anderen Beteiligten sagen. Natürlich ist uns der Erhalt von Arbeitsplätzen wichtig. Aber, meine Damen und Herren, die Gesundheit und das Leben unserer Kinder und Jugendlichen sind uns wichtiger.
In anderen Staaten, in denen noch striktere Alkoholverbote als bei uns gelten, gibt es auch noch Tankstellen, Kneipen und Brauereien.
Ich will zum Schluss noch einmal ausdrücklich unterstreichen: Wir von der SPD-Fraktion erwarten, dass die Landesregierung endlich ein ordentliches Präventionsprogramm, das in den Schulen ansetzt, auf den Weg bringt.
Da könnt ihr von der FDP/DVP klatschen. Ihr seid aber Teil dieser Landesregierung. Dann macht doch einmal!
Es ist wichtig, hier wirklich präventiv auf die Kinder und Jugendlichen einzuwirken. Ich nenne das Stichwort „Komasaufen“ und verweise auf die dadurch bedingten Klinikeinweisungen.
Aber dann macht endlich einmal Nägel mit Köpfen.
Bisher redet ihr nur und habt noch nichts auf den Weg gebracht.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg schätzen die Sicherheit in unserem Land. Sie schätzen auch die Sicherheit, dass sie nach einem Notruf in medizinischen Notfällen rasche Hilfe erhalten. Diese Sicherheit ist in den letzten Jahren leider nicht weiterentwickelt worden und sogar ins Bröckeln gekommen. Selbst in dringendsten Fällen warten Bürgerinnen und Bürger in Not 20 Minuten oder länger auf das Eintreffen des Rettungsdienstes. Das gilt sogar für unsere Landeshauptstadt, wie wir vor Kurzem leider auch in den Stuttgarter Zeitungen lesen mussten. Das darf nicht mehr hingenommen werden. Deshalb war es notwendig, dass dieses Landesrettungsdienstgesetz reformiert wird. Da sind wir mit Ihnen d’accord.
Eines der dringendsten Probleme, das auch immer angesprochen wird, ist die Verfügbarkeit von Notärzten. Die Krankenhäuser selbst haben bisher nicht das allergrößte Interesse, die Ärztinnen und Ärzte dieser Fachrichtung weiterzubilden, oder sie haben nicht die Möglichkeit dazu. Sie haben auch nicht das Interesse, die Notärzte von ihrer Arbeit in der Klinik für den Rettungsdienst freizustellen, jedenfalls dann nicht, wenn sie keine entsprechende Vergütung erhalten. Das ist vor allem bei den Krankenhäusern im ländlichen Raum nach wie vor ein Problem. In den ländlichen Räumen haben wir nicht nur ein
Problem bei den niedergelassenen Ärzten, sondern auch zunehmend Probleme, genügend Ärzte an die Krankenhäuser zu bekommen.
An beiden Punkten war deshalb anzusetzen und dabei die Frage der Kostenerstattung für die Abstellung von Notärzten und deren Aus- und Weiterbildung zu klären. In dem vorliegenden Gesetzentwurf ist dafür nun sicher die Basis gelegt. Das kann man mit Fug und Recht sagen.
Ein Problem ist noch die Zeit, die vergehen kann, bis Absender eines Notrufs wissen, wohin sie sich wenden sollen, was in diesem Fall die richtige Telefonnummer ist, ob sie eine Vorwahl verwenden müssen – wenn ja, welche –, und bis von der richtigen Notrufzentrale die Alarmierung beim richtigen Rettungsfahrzeug und dessen Besatzung angekommen ist.
Der erste Schritt zur Abhilfe ist eine einheitliche und konkurrenzlose Notrufnummer, und zwar eine, die nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in allen Staaten der Europäischen Union gilt; das wäre natürlich am allerbesten. Wer mit der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 einmal A sagt, der muss auch B sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Leitstellen von Rettungsdienst und Feuerwehr sollen zukünftig ausnahmslos in gemeinsamer Trägerschaft als Integrierte Leitstellen geführt werden.
Mitarbeiter in den Leitstellen, die ihren persönlichen Ausbildungsschwerpunkt im feuerwehrtechnischen Bereich haben, werden zukünftig mit solchen, die ihre Ausbildung im medizinischen Bereich gemacht haben, als Kolleginnen und Kollegen direkt zusammenarbeiten und sich sicher gegenseitig ergänzen.
Auch das ist ein wichtiger Aspekt in diesem neuen Gesetz.
Es soll keine Zeit dadurch verloren gehen, dass Anrufe weitergeleitet werden müssen und Informationen eventuell untergehen. Wenn ein Notruf in der Integrierten Leitstelle eingeht, wird sofort das nächste und beste einsatzfähig gemeldete Rettungsteam beauftragt.
Natürlich arbeiten Leitstellen – das muss zukünftig auch ein wichtiges Anliegen von uns sein – mit den für die angrenzenden Gebiete zuständigen Leitstellen zusammen. In den Ausschussberatungen haben wir auch über die Anzahl der notwendigen Leitstellen für Baden-Württemberg diskutiert. Es gibt da ein Gutachten von einer großen Krankenkasse, und die Grünen hatten zu diesem Thema einen Antrag eingebracht. Ich halte acht Integrierte Leitstellen für ein Flächenland wie Baden-Württemberg für völlig inakzeptabel. Wir brauchen in jedem Stadt- und in jedem Landkreis eine Integrierte Leitstelle, um hier möglichst rasch Hilfen für Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg auf den Weg zu bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Baden-Württemberg ist kein Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Unser Land ist dicht besiedelt und hat auch eine hoch komplexe Infrastruktur. Wir wünschen uns, dass die Mitarbeiter der Integrierten Leitstellen alle Feuerwehren, alle Rettungs
dienste, jedes Krankenhaus, jeden Ortsverband des Technischen Hilfswerks und jede Einsatzeinheit des Katastrophenschutzes persönlich kennen und die Hilfsmöglichkeiten richtig einschätzen können. Das ist ja auch die Intention dieses Gesetzentwurfs. Wir müssen hier eine gute Vernetzung schaffen.
Ich komme z. B. aus einem Landkreis, der drei Große Kreisstädte, sechs Städte sowie 33 Gemeinden und über 1 000 km Straßennetz umfasst. In ihm gibt es weit über hundert Schulen und zig industrielle Großbetriebe. Wir denken, dass nur Leitstellenmitarbeiter, die die Möglichkeit haben, ihren Rettungsdienstbezirk persönlich zu kennen, weil sie vor Ort arbeiten und leben, ihre Arbeit auch zuverlässig leisten können.
Insgesamt wünschen wir uns eine schnelle Umsetzung dieses Gesetzes. Dafür steht nun Folgendes an:
Der Rettungsdienstplan Baden-Württemberg muss bald an die neuen gesetzlichen Regelungen angepasst werden. Qualitätssicherungs- und Qualitätsmanagementpläne müssen zur Verbesserung der Standards und vor allem zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen über die Hilfsfrist führen. Das ist uns enorm wichtig. Dort, wo dies noch nicht der Fall ist, müssen die Leitstellen für den Rettungsdienst und die Feuerwehr Vereinbarungen über die Zusammenarbeit in einer Integrierten Leitstelle schließen. Die Bereichsausschüsse müssen sich in der neuen Konstellation zusammenfinden – das ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Arbeit vor Ort –, und die Krankenkassen und die Landesärztekammer müssen neue und differenzierte Vereinbarungen über die Vergütung der Notarzttätigkeit abschließen.
Ich bin sofort fertig, Frau Präsidentin. Ich komme zum letzten Satz.
Schließlich müssen alle, auch die öffentliche Verwaltung und die Träger der Rettungsdienste, noch einmal überprüfen, ob überall in ihren Veröffentlichungen und auf ihren Einsatzfahrzeugen die einheitliche Notrufnummer 112 angegeben ist.
Insgesamt wird die SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Etwa 200 bis 300 von über zehn Millionen Menschen in Baden-Württemberg befinden sich in einer fast ausweglosen Lebenssituation. Sie sind schwerstabhängig von Heroin, und ihnen hilft aktuell keine der bislang erlaubten Therapien. Ohne Hilfen würden sie ihr Einkommen, das sie sich häufig auf illegale Weise beschaffen, zu nahezu 100 % für Heroin ausgeben. An jedem Tag beginnt für sie ein neuer Überlebenskampf. Das Heroin macht sie abhängig, aber die normale Dosis tötet sie nicht.
Heroinabhängigkeit ist eine Krankheit und kein strafrechtliches Delikt. Das sollte die Grundlage unserer Debatte sein. Strafrechtliche Delikte bei diesem Personenkreis sind oft Raub und Betrug, die häufig der Beschaffung von Geld für das Heroin dienen, genauso wie der Diebstahl von Betäubungsmitteln in Apotheken oder der Besitz, Verkauf und Handel mit Drogen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind die Folgen oder Begleitumstände der Erkrankung und nicht die Ursachen. „Hilfe statt Strafe“ muss deshalb der Grundsatz unseres Handelns sein.
Nach langer und intensiver Diskussion, der Anhörung von Sachverständigen und der Auswertung eines Modellprojekts, an dem auch Einrichtungen aus Baden-Württemberg teilgenommen hatten, haben der Deutsche Bundestag und der Bundesrat mit großer Mehrheit, wenn auch nur mit wenigen Stimmen von CDU und CSU, in diesem Sommer beschlossen, dass Schwerheroinabhängige im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung mit Diamorphin – das ist pharmazeutisch hergestelltes Heroin – behandelt werden können, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 92 SGB V dies bestätigt. Dies betrifft – das sage ich ausdrücklich – nur eine kleine Gruppe von Schwerstopiatabhängigen, denen anders nicht zu helfen ist, und keinesfalls alle Heroinabhängigen.
Nach den neuen Regelungen – vielleicht muss man sie in diesem Haus einfach noch einmal auf den Tisch bringen – gelten für diese Behandlungen folgende Voraussetzungen:
Diamorphin soll nur an über 23 Jahre alte Patienten und Patientinnen abgegeben werden, bei denen seit mindestens fünf Jahren eine Opiatabhängigkeit besteht und bei denen schwerwiegende somatische und psychische Störungen bei überwiegend intravenösem Konsum vorliegen.
Vor dem Beginn der Diamorphinbehandlung müssen mindes tens zwei herkömmliche Therapien ohne Erfolg stattgefunden haben.
Die Behandlung soll regelmäßig von Experten überprüft werden, und sie soll nur in Einrichtungen durchgeführt werden, die besondere Anforderungen im Hinblick auf die personelle und sächliche Ausstattung und Sicherheit erfüllen und die über eine entsprechende Erlaubnis der Landesbehörde verfügen.
Alle Expertinnen und Experten aus den Suchthilfe- und Ärzteverbänden, den Krankenkassen und den Apotheken in BadenWürttemberg, die in der AG Substitution zusammenarbeiten, begrüßen den Beschluss des Gesetzgebers und setzen sich für
eine zügige Umsetzung auf Landesebene ein. Die AG Substitution weist darauf hin, dass – ich zitiere –
... die Substitution von Opiatabhängigen auch mit Diamorphin eine ambulante ärztliche Behandlungsform darstellt.
Danke schön.
Als solche hat sie sich auch international bewährt, weil mit dieser Methode Abhängige, auch Schwerstabhängige, in ihrer Lebensrealität erreicht,
das halte ich für sehr wichtig –
gesundheitlich stabilisiert und weiteren abstinenzorientierten Behandlungen zugeführt werden können. Im stationären Bereich
ich sage das ausdrücklich, auch im Hinblick darauf, dass Sie den Beschluss gefasst haben, die Behandlung an den Zentren für Psychiatrie anzusiedeln –
werden Opiatabhängige bis auf wenige Ausnahmen (z. B. akut Psychosekranke) nicht substituiert, sondern einer Entzugsbehandlung unterzogen.
Das beißt sich natürlich etwas mit dem Beschluss, den die CDU Baden-Württemberg auf ihrem Parteitag 2006 getroffen hat. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht – ich sage ausdrücklich: nicht – um eine unkontrollierte ambulante Abgabe; hier geht es um eine streng zu kontrollierende und mit hohen Auflagen verbundene medizinische Behandlung.
Ich denke, dass sich Ihre anderen schwerwiegenden Bedenken inzwischen erledigt haben. Dabei ging es zum einen um die Abgrenzung zwischen den Abhängigen, denen sonst nicht mehr geholfen werden kann, und denjenigen, für die es bessere Therapieformen gibt.
Wir glauben, dass die Voraussetzungen, die ich vorhin aufgezählt habe und die jetzt in § 9 a der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung geregelt werden, die zusätzlich – nicht alternativ – zur Fachkompetenz des besonders qualifizierten Arztes bzw. der Ärztin stehen, diese Abgrenzung auch gewährleisten. Kein Heroinabhängiger kann sich diese Behandlungsform aussuchen, sondern der Arzt bzw. die Ärztin müssen diese im Individualfall für die einzig mögliche Therapieform halten, und der Patient muss die genannten Bedingungen erfüllen.
Zum anderen bezog sich die Kritik der CDU auf die Dauer der psychosozialen Betreuung. Ich halte dies für ein Missverständnis. Die Zeitdauer der psychosozialen Betreuung ist während der Diamorphinbehandlung nicht auf sechs Monate beschränkt. Vielmehr darf umgekehrt die Diamorphinbehandlung überhaupt nur dann Anwendung finden, wenn eine psychosoziale Betreuung über mindestens sechs Monate gewährleistet ist und wenn sich der bzw. die Heroinabhängige dabei auch auf die psychosoziale Betreuung einlässt. Das halte ich für einen ganz wichtigen Aspekt.
Natürlich sollten wir alle davon ausgehen dürfen, dass suchtabhängige Menschen fortlaufend Angebote der psychosozialen
Beratung bekommen. Aber erstens kann man Suchtabhängige nicht in die Betreuung zwingen, und zweitens sähe der Standard der psychosozialen Betreuung bei uns deutlich besser aus, wenn das Land Baden-Württemberg nicht vor wenigen Jahren seine Mittel für die Unterstützung der Arbeit der Suchthilfestellen um mehrere Hunderttausend Euro gekürzt hätte.
Einen Nebeneffekt der neuen Regelung will ich hier noch erwähnen. Auch wenn das Geld angesichts der Notlagen der betroffenen Menschen und ihrer Angehörigen nicht die größte Rolle spielen sollte, so hat doch die Auswertung der Modellprojekte ergeben, dass sich bei einer flächendeckenden Anwendung deutliche Einsparungen erzielen lassen. Diese betreffen nicht nur die Kosten, die den gesetzlichen Krankenkassen, den Rentenversicherungs- und Sozialhilfeträgern für bisher erfolglose Behandlungsformen entstanden sind. Sie betreffen auch die Kosten für Polizeieinsätze, für die Gerichte und den Strafvollzug, wenn die Heroinabhängigen nicht erst kriminell werden müssen, um den Heroinkonsum zu finanzieren.
Was muss die Landesregierung tun? Nach dem geänderten § 13 des Betäubungsmittelgesetzes müssen den Einrichtungen, die zur Diamorphinbehandlung zugelassen werden sollen, Erlaubnisse erteilt werden. Zudem sind die Ausstattung und die Sicherheitsvorkehrungen im Einzelnen durch eine Richtlinie zu regeln. Darüber werden wir – so haben wir es besprochen – im Ausschuss beraten.
Es gilt, schnellstmöglich – das ist unser großes Anliegen – im Sinn der betroffenen Menschen und ihrer Angehörigen zu handeln. Insbesondere für die Menschen, die an den Modellprojekten teilgenommen haben, muss ein nahtloser Übergang in der Behandlung möglich sein. Wir haben auch hier im Land hervorragende Einrichtungen, die diese Probanden betreut haben, wie die AWO-Ambulanz in Karlsruhe. Die wissen alle nicht: Geht es weiter, geht es nicht weiter?
Es geht auch um die Zugänglichkeit der Einrichtung. Das ist uns ein wichtiges Anliegen. Wenn jetzt seitens der Landesregierung daran gedacht ist, die Diamorphinbehandlung an den Zentren für Psychiatrie anzusiedeln, so fragen wir, ob damit die ballungsraumfernen Zentren für Psychiatrie gemeint sind. Wir meinen – das sage ich ganz ausdrücklich –: Der Zugang zur diamorphingestützten Behandlung darf nicht dadurch erschwert werden, dass die Wege zur Behandlung besonders weit, umständlich und mit hohen Kosten für die Betroffenen verbunden sind.
Sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen, es kommt nun darauf an, im engen Zusammenwirken mit den Kommunen, den Krankenkassen, den Suchthilfe- und Ärzteverbänden eine möglichst einvernehmliche Regelung zu finden, die den betroffenen Menschen rasch hilft. Wir wollen hier einen sehr niederschwelligen Zugang haben. Ich hoffe, dass wir uns auch im Sozialausschuss darauf einigen können.
Wir werden das Nähere im Sozialausschuss weiterberaten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei akuten, lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Unfällen will sich jede Bürgerin und jeder Bürger unseres Landes auf rasche Hilfe durch den Rettungsdienst und, wenn dies nötig ist, durch einen qualifizierten Notarzt verlassen können. Dies ist an vielen Orten unseres Landes durch engagierte Rettungsassistentinnen und -assistenten sowie Ärztinnen und Ärzte rund um die Uhr auf der Basis des Rettungsdienstgesetzes gewährleistet, in einigen Regionen oder zu bestimmten Tageszeiten jedoch nicht. Ich will dies klar benennen.
Deshalb müssen wir das Rettungsdienstgesetz zügig weiterentwickeln. Verantwortlichkeiten dürfen nicht mehr abgewiesen werden, sondern sie müssen präzisiert werden. Es muss auch eine klare Finanzierungsregelung nicht nur für den Einsatz, sondern auch für die Fortbildung des Personals bestehen.
Aus der Sicht von uns allen, die wir potenziell jederzeit als Beteiligte in eine Notfallsituation kommen können und einen Notruf absetzen müssen, ist eine einheitliche und für jeden leicht merkbare Notrufnummer erforderlich, wie sie mit der 112 gegeben ist. Zudem ist sowohl aus inhaltlichen als auch aus Kostengründen die Integrierte Leitstelle endlich überall im Land als verbindlich festzulegen. Diese Anliegen aus dem vorliegenden Gesetzentwurf unterstützt meine Fraktion nachdrücklich.
Aber der Gesetzentwurf der Landesregierung hat auch seine Tücken. Ich will einige beispielhaft nennen.
So erhalten die Krankenhäuser in Baden-Württemberg den Schwarzen Peter zugeschoben. Diese werden verpflichtet, gegen Kostenausgleich Ärzte für den Rettungsdienst zur Verfügung zu stellen. Das ist für große Kliniken in Ballungsräumen sicher überhaupt kein Problem, aber es wird für die kleineren Krankenhäuser im ländlichen Raum zunehmend zum Problem. Bei nur wenigen ausgebildeten Notärzten können diese nicht ohne Weiteres aus dem OP-Plan oder den sonstigen Einsatzplänen freigestellt werden. Zudem wird nicht zwischen Akutkrankenhäusern und z. B. Rehakliniken unterschieden. Dies ist nach der aktuellen Gesetzeslage noch durch den Zusatz „im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit“ gegeben.
Die Kostenerstattung für gegebenenfalls neu einzustellende Ärzte oder Honorarkräfte nützt dabei insbesondere in den ländlichen Bereichen wenig, weil sich hier schon jetzt ein deutlicher Ärztemangel nicht nur im niedergelassenen Bereich, sondern auch in den Kliniken abzeichnet. Es geht hier nicht um Berufsanfänger oder Wiedereinsteiger, sondern um Ärzte, die die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin nach der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer abgeschlossen haben.
In Bayern ist z. B. die Sicherstellung der Notarztversorgung der Kassenärztlichen Vereinigung übertragen. Diese kann Kassenärzte zum Einsatz verpflichten. Ich halte dies für eine gute Regelung, denn Krankenhäuser können nur die Ärzte zum Notarzteinsatz verpflichten, mit denen sie ein Arbeitsverhältnis geschlossen haben.
Wenn nicht genügend qualifizierte Ärzte von den Krankenhäusern angeworben werden können – das ist im ländlichen Raum mittlerweile so –, nützt es auch nichts, wenn die Bereichsausschüsse sofort vollziehbare Verwaltungsakte zur Notarztgestellung erlassen können. Schließlich stellt sich für uns die Frage, was mit den Notarztstellen geschieht, in deren Nähe sich kein Krankenhaus befindet. Soll hier ein Krankenhaus aus der Umgebung – wenn ja, welches? – die Notärzte stellen?
Sehr geehrte Frau Ministerin, ich habe den Eindruck, das ist noch nicht genügend durchdacht, und wir werden gerade diesen Punkt im Ausschuss weiterbehandeln müssen.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im April dieses Jahres haben wir in diesem Haus schon einmal über das nächtliche Alkoholverkaufsverbot debattiert. Damals ergab sich eine für das Parlament eher seltene Situation: Während die Opposition den Innenminister darin unterstützte, ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot gesetzlich zu regeln, und vom Minister die immer wieder angekündigte und immer wieder verschobene Vorlage eines Gesetzentwurfs einforderte, lavierte der Vertreter zumindest einer der beiden Regierungsfraktionen bei diesem Thema herum
und gab mehr oder weniger eindeutig zu erkennen, dass er ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot nicht wollte.
Ich zitiere zur Erinnerung den Kollegen Wetzel, der am 23. April ausgeführt hat:
Ich möchte die Situation nicht bagatellisieren, aber wir müssen uns doch fragen: Ist ein generelles Alkoholverkaufsverbot für alle Bürgerinnen und Bürger ab 22 Uhr tatsächlich auch gerechtfertigt?
So nachzulesen im Plenarprotokoll der 65. Sitzung in der 14. Legislaturperiode.
Herr Mack, das ist ein Thema, über das man eigentlich keine Witze macht.
Sie haben gerade von Ihrem Innenminister und vom Redner der CDU gehört, wie schrecklich die Auswirkungen des Alkoholmissbrauchs bei Kindern und Jugendlichen in diesem Land sind.
Die Antwort, lieber Kollege Wetzel, lautet damals wie heute: Ja, das ist gerechtfertigt. Ich hoffe doch sehr, dass der Redner der FDP/DVP nicht wieder wie im April wortreich auf Distanz zu einem Vorhaben geht, für das die FDP/DVP-Minister im Kabinett die Hand gehoben haben.
Ich sage das vor allem deshalb, weil die öffentliche Ankündigung des ehemaligen Vorsitzenden der FDP/DVP-Fraktion, er werde dem Gesetz nicht zustimmen, das Schlimmste befürchten lässt.
Es ist schon bizarr genug, dass CDU und FDP/DVP in einer Vereinbarung, für die „Kuhhandel“ noch ein viel zu beschönigendes Wort ist, übereingekommen sind, dass im Gegenzug für die Einführung des nächtlichen Alkoholverkaufsverbots die Sperrzeiten in Gaststätten verkürzt werden. Da müssen wir uns schon sehr wundern; das sage ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Um eine sinnvolle Maßnahme zur Einschränkung des Alkoholmissbrauchs durchzusetzen, stimmt die CDU-Seite der Landesregierung einer von der FDP/DVP geforderten Maßnahme zu, die die Möglichkeit des Alkoholmissbrauchs an anderer Stelle wieder ausweitet.
Konzeptions- und prinzipienloser kann eine Landesregierung eigentlich nicht agieren.
Warum brauchen wir ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot? Wir brauchen es, weil wir nicht länger dabei zusehen dürfen, dass Jahr für Jahr immer mehr Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene wegen Alkoholexzessen medizinisch behandelt werden müssen.
Wir brauchen es, weil unsere Polizistinnen und Polizisten zunehmend in den Nachtstunden mit alkoholisierten, gewaltbereiten Personen konfrontiert sind.
Es besteht unter den Fachleuten weitgehend Konsens, dass die Einschränkung der Verfügbarkeit von Alkohol nur e i n e wirksame Methode ist, Alkoholexzesse einzuschränken. Um gleich vorweg auf mögliche Einwände einzugehen: Natürlich hilft ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot allein nicht, …
… um diesen Problemen wirksam zu begegnen.
Aber es ist ein notwendiger Baustein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
In der Begründung zum Gesetzentwurf weist das Ministerium darauf hin, dass im Jahr 2008 bei 61 % der alkoholbeeinflussten Gewaltdelikte die Tatzeit zwischen 22:00 und 5:00 Uhr lag. Rund zwei Drittel aller Tatverdächtigen standen bei Widerstandsdelikten gegen Vollstreckungsbeamte unter Alkoholeinfluss.
Wir haben in den letzten Wochen – das haben sicherlich alle – zahlreiche Zuschriften von Tankstellenpächtern bekommen, die durch das nächtliche Alkoholverkaufsverbot Umsatzeinbußen befürchten und diesem Verbot deshalb ablehnend gegenüberstehen. Natürlich nehmen wir als SPD-Fraktion die Sorge der Tankstellenpächter ernst. Aber in der Abwägung und angesichts der Größe des Problems müssen die Belange des Gesundheitsschutzes und der öffentlichen Sicherheit Vorrang haben.
Im Übrigen zeigen unsere Nachbarländer Frankreich, in dem es für Tankstellen bereits seit 1991 ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot gibt, und die Schweiz, wo auch seit mehreren Jahren ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot besteht, dass es dort nicht zu einem Ruin der Tankstellen gekommen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das nächtliche Alkoholverkaufsverbot ist ein Baustein zur Eindämmung des Alkoholmissbrauchs. Ich fordere die Landesregierung jedoch auf, dabei nicht stehen zu bleiben. Wir brauchen ein Gesamtkonzept zur besseren Prävention und zur Eindämmung des Alkoholmissbrauchs bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Gefordert sind natürlich auch die Eltern, die ihre Erziehungsverantwortung wahrnehmen müssen.
Die Schulen sind gefordert, das Thema Alkohol im Unterricht aufzugreifen,
und gefordert sind auch die Einrichtungen der Suchthilfe und der Suchtprävention …
… – ich bin sofort fertig, Frau Präsidentin –, die Kinder und Jugendliche in einer Sprache, die sie auch verstehen, über die Folgen von Alkoholmissbrauch aufklären müssen, und die Polizei und die Ordnungsämter, die genau hinschauen müssen, wenn Jugendliche in der Öffentlichkeit Alkohol konsumieren.
Dafür brauchen wir sicher auch eine Änderung des Polizeigesetzes. Ich hoffe, dass die Landesregierung das relativ schnell auf den Weg bringt. Die Polizei und die Ordnungsämter sind gefordert, ganz genau hinzuschauen. Notwendig ist natürlich auch, dass Wirte und Ladenbesitzer auf die strikte Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen achten.
Die SPD begrüßt deshalb den Gesetzentwurf der Landesregierung, und meine Fraktion wird diesem Gesetz im Ausschuss und in der zweiten Lesung zustimmen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich schon sehr über meine beiden Vorredner wundern.
2004 hat Uli Noll die Situation schon beschrieben; da waren Sie schon Teil dieser Landesregierung. Passiert ist bis heute nichts, lieber Kollege Noll.
Dann macht der Kollege Hoffmann dicke Backen. Es ist alles in der Großen Koalition auch von Ihrer CDU abgesegnet, lieber Kollege Hoffmann.
Im Gegensatz zum Land hat der Bund relativ schnell reagiert mit einer Änderung im Vertragsarztrechtsänderungsgesetz. Ich habe auch heute keinen einzigen Lösungsansatz von der FDP/ DVP gehört, wie die Gesundheitsversorgung nach den Vorstellungen der FDP aussehen wird. Das möge Gott auch nach der nächsten Bundestagswahl verhüten. Es wird allein eine Basisversorgung bezahlt, und alle weiteren Gesundheitsdienstleistungen müssen die Menschen selbst finanzieren.
Da graust es mir – das sage ich ganz deutlich –, weil wir natürlich an unserem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem festhalten wollen. Das ist die feste Überzeugung der SPDFraktion.
Gern.
Gern, Herr Kollege Winkler.
Kollege Winkler, vielen Dank für dieses Koreferat. Das gibt mir auch gleich das Stichwort:
Eigentlich ist hier auch die Selbstverwaltung gefragt. Wenn wir die Einkommensskala der Ärzte anschauen, stellen wir fest: Unter den gut verdienenden finden sich in erster Linie die Fachärzte; die Hausärzte und Allgemeinärzte befinden sich gerade einmal an vorletzter Stelle. Deshalb erwarte ich auch von der Selbstverwaltung, dass der Arbeit von Haus- und Allgemeinärzten hier endlich einmal angemessen Rechnung getragen wird und sie auch besser entlohnt werden.
Ich komme zurück zum Vertragsarztrechtsänderungsgesetz. Das Bundesgesundheitsministerium hat schon im Jahr 2007 reagiert – im Gegensatz zur Landesregierung, die gerade in diesem Jahr 2009 einmal anfängt, gemeinsam mit dem Sozialministerium und dem Ministerium Ländlicher Raum regionale Gesundheitskonzepte zu erstellen.
Dieses Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, das der Bund auf den Weg gebracht hat, besagt, dass Ärzte zukünftig nicht mehr am Ort der Praxis wohnen müssen. Es sind Teilniederlassungen möglich, und beim Honorarsystem können ab 2010 regionale Zuschläge für Ärzte im ländlichen Raum gezahlt werden.
Ich habe bisher von der Landesregierung, der Sie zum Teil angehören, noch nichts Ähnliches gehört, Herr Kollege.
Es wird nur gejammert und auf Ulla Schmidt gezeigt. Das ist klar. Demnächst ist Bundestagswahl. Aber den Blick darauf, wie Ihre Gesundheitsversorgung aussieht – mit der Kopfpauschale, die ja sehr unsozial gehandhabt wird –, will ich mir nicht „gönnen“.
Die Altersgrenze wurde mittlerweile aufgehoben. Das ist Ihnen vielleicht nicht bekannt, Herr Kollege Hoffmann. Sie lag bisher bei 55 Jahren; zukünftig wird sie aufgehoben sein.
In den Honorarstreit hat sich auch der Ministerpräsident dieses Landes eingemischt. Diese Honorarreform – ich sage es noch einmal ganz deutlich –, die Umstellung, war auf Euro und Cent von den Ärzten so gewünscht. Er hat sich in den Honorarstreit eingemischt. Die Selbstverwaltung war sehr, sehr ru
hig. Ich habe bis heute noch keine konkreten Vorschläge gehört, wie die Ärztehonorierung zukünftig bewerkstelligt werden soll. Er hat mit der Kanzlerin – ich weiß nicht, wann er das gemacht hat; vielleicht haben sie abends einmal bei einem Gläsle zusammengesessen – 140 Millionen € auf den Weg gebracht.
Sagt er. – Aber aus welchem Topf diese 140 Millionen € kommen – – Jetzt ist er gerade nicht da. Vielleicht telefoniert er mit Angela Merkel, um weitere Millionen für das Land locker zu machen.
Ich würde heute schon gern eine Antwort haben, aus welchem Topf diese 140 Millionen € kommen. Vielleicht kann mich da jemand aufklären.
Aber Sie wissen das auch nicht, Kollege Hoffmann.
Ach je; das tut mir aber leid.
Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie sich ein mischt, dass sie die Selbstverwaltung dazu auffordert, regionale Konzepte zu erstellen. Wir brauchen im ländlichen Raum eine ordentliche Versorgung. Das ist kein Thema.
Ich will nicht nur über Telemedizin zwischen Arzt und Patient verhandeln, sondern ich will, dass die Leute vor Ort, auch im ländlichen Raum, gut versorgt sind. Auch da ist die Landesregierung in der Pflicht. Bisher habe ich leider noch keine konkreten Ergebnisse von dieser Landesregierung gehört. Die Weichen in Berlin sind zum Teil gestellt, aber ich wünschte mir natürlich auch hier Aktivitäten. Uli Noll stellt wahrscheinlich schon seine nächste Anfrage, aber in Baden-Württemberg geschieht leider nichts.
Sie sind über die Rechtsaufsicht im Sozialministerium dafür verantwortlich, dass hier eine ordentliche Versorgung stattfindet.
Ich will noch hinzufügen: Für die Honorarverteilung ist die ärztliche Selbstverwaltung aus Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkassen zuständig.
Lieber Kollege Noll, wir haben in der Landesregierung schon einige gute Ansätze, auch befördert durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz. Diese gilt es jetzt zu nutzen.
Ich habe überhaupt keine Lust auf Ihren vorgezogenen Bundestagswahlkampf. Ich weiß, dass die FDP gern dicke Backen in diese Richtung macht und auf Ulla Schmidt schimpft.
Aber ich würde mich doch freuen, wenn Sie sich ordentlich informierten. Wir haben in diesem Land eine ordentliche Versorgung. Der letzte Bericht der Kassenärztlichen Vereinigung hat das auch aufgezeigt. Die Weichen sind durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz gestellt. Das gilt gerade auch für weibliche Ärzte –
die Landärztinnen haben Sie in Ihrer Überschrift übrigens völlig vergessen.
Daher gilt es jetzt, diese Regeln auch mit Leben zu erfüllen. Hierzu lade ich Sie ein. Arbeiten Sie konstruktiv mit, anstatt immer mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Frau Ministerin, auch wir freuen uns, dass der Bundestag den Durchbruch geschafft hat, nachdem der Landtag nicht bereit war, die Weichen zu stellen.
Die CDU und die FDP/DVP.
Uns ist es sehr wichtig, dass wir hier ein niederschwelliges Angebot haben. Sie sagen, Sie wollten die Schwerstabhängigen zukünftig in stationäre Einrichtungen bringen. Was passiert z. B. mit der Einrichtung in Karlsruhe, die eine hervorragende Arbeit gemacht hat? Wir dürfen die Latte sicher nicht sehr hoch legen. Wir wollen ja, dass es einen niederschwelligen Zugang gibt, um viele Schwerstabhängige zu erreichen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2007 wurden nach Angaben des Statistischen Landesamts in Baden-Württemberg über 3 800 Jugendliche unter 20 Jahren wegen Alkoholmissbrauchs klinisch behandelt. Das ist eine bedrückende Zahl, liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade wenn man weiß, dass diese Zahl nur die Spitze des Eisbergs darstellt und das Problem des Alkoholmissbrauchs bei Kindern und Jugendlichen insgesamt noch viel größer ist.
Diese Entwicklung ist noch bedrückender, wenn man sich vor Augen hält, dass sich von 2001 bis 2007 – so die Zahlen des Statistischen Landesamts –, also in einem Zeitraum von nur sechs Jahren, die Zahl der wegen Alkoholkonsums erfolgten
Krankenhausbehandlungen bei unter 20-Jährigen mehr als verdoppelt hat.
Alkoholexzesse bei Kindern und Jugendlichen kommen heute leider immer früher und leider immer intensiver vor. Die gesundheitlichen Folgen können – das zeigen spektakuläre Einzelfälle – bis zum Tod führen.
Wir dürfen dies nicht – ich sage dies sehr eindrücklich – tatenlos hinnehmen. Wir sind gefordert, auf diese Entwicklung endlich – endlich! – zu reagieren. Gefordert sind sicher alle, z. B. die Eltern, die ihre Erziehungsverantwortung wahrnehmen müssen, die Schulen, die gefordert sind, das Thema Alkohol im Unterricht aufzugreifen, die Suchthilfe und die Suchtprävention, die Kinder und Jugendliche in einer Sprache, die sie auch verstehen, über die Folgen von Alkoholmissbrauch aufklären müssen, die Polizei und die Ordnungsämter, die gefordert sind, genau hinzuschauen, wenn Jugendliche in der Öffentlichkeit Alkohol trinken, Wirte und Ladenbesitzer, die auf die strikte Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen achten müssen.
Gefordert ist aber last, but not least auch die Politik. Wir dürfen nicht länger tatenlos zusehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Jahr für Jahr mehr Kinder und Jugendliche wegen Alkoholexzessen medizinisch behandelt werden müssen.
Ein Ansatz, darauf zu reagieren, ist sicher, die Verfügbarkeit von Alkohol für Jugendliche einzuschränken. Das Beispiel der sogenannten Alcopops, wo eine gesetzlich verordnete Verteuerung dazu geführt hat, dass der Missbrauch dieser Alkoholika durch Jugendliche spürbar zurückgegangen ist, zeigt, dass die Politik handeln kann, wenn sie die Verfügbarkeit von Alkohol einschränkt und sich auch einig ist, dass das ein wichtiges Ziel ist.
Natürlich verhindert dies nicht jeden Alkoholexzess, aber es baut Hürden auf, die in vielen Fällen ausreichen, einen Exzess zu verhindern.
Um die Verfügbarkeit von Alkohol für Jugendliche einzuschränken, gilt es zunächst, dafür zu sorgen, dass die geltenden Jugendschutzbestimmungen strikt eingehalten werden. Alkoholische Getränke dürfen in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit nicht an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren abgegeben werden.
Die Abgabe von Bier, Wein und Sekt ist erst ab 16 Jahren erlaubt, Frau Kollegin Berroth. Branntweinhaltige Getränke dürfen erst ab 18 Jahren abgegeben werden.
Wer sich als Wirt oder als Ladenbesitzer über diese Vorschriften hinwegsetzt, der begeht kein Kavaliersdelikt,
liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern der muss belangt werden. Die zuständigen Stellen sind gefordert, die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen streng zu kontrollieren.
Die Jugendschutzbestimmungen allein reichen aber nicht aus. Wir müssen die Zeiten, in denen Alkohol verkauft werden kann, einschränken.
Ich zitiere in diesem Zusammenhang aus der Stellungnahme der Landesregierung zu dem heute zur Beratung anstehenden Antrag Drucksache 14/2253 vom Februar letzten Jahres:
Erwachsene können nach derzeitiger Rechtslage Spirituosen und sonstigen Alkohol ohne zeitliche Einschränkung erwerben. Infolgedessen werden alkoholbedingte Gewalttaten und Ordnungsstörungen in erheblichem Maße auch von Erwachsenen und Heranwachsenden begangen. Zum Schutz des Gemeinwohls bedarf es deshalb einer Regelung hinsichtlich eines zeitlich begrenzten Verkaufsverbots von Alkohol über das Jugendschutzgesetz hinaus.
Dem ist eigentlich überhaupt nichts hinzuzufügen.
Es stellt sich nun im April 2009 die Frage, welche Konsequenzen die Landesregierung aus dieser Erkenntnis vom Februar letzten Jahres gezogen hat.
Der immer wieder angekündigte Gesetzentwurf, mit dem ein nächtliches Verkaufsverbot geregelt werden soll, liegt bis heute nicht vor. In der letzten Plenarsitzung hat der Innenminister davon gesprochen, er werde demnächst – demnächst! – vorgelegt. Bis heute liegt er noch nicht vor.
Heute Morgen hat ja ganz schnell noch die Koalitionsrunde getagt. Gut, dass wir unseren Antrag heute auf die Tagesordnung des Plenums genommen haben. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse.
Bei allem Verständnis dafür, dass Gesetze einer sorgfältigen Vorbereitung bedürfen – das ist sicher unstrittig –, sage ich: Man braucht nicht fast anderthalb Jahre, um die rechtlichen Fragen eines nächtlichen Verkaufsverbots zu klären.
Es ist vielmehr so, dass die Landesregierung – wie im Übrigen bei vielen anderen Fragen auch – tief gespalten und handlungsunfähig ist.
Deshalb liegt uns bis heute kein Gesetzentwurf vor. Sehen Sie irgendwo einen Gesetzentwurf, liebe Kollegen von der CDU
oder von der FDP/DVP? Ich sehe keinen. Deshalb kann Alkohol von Kindern und Jugendlichen in beliebigen Mengen weiterhin rund um die Uhr, zu jeder Tages- und Nachtzeit beschafft werden.
In der „Stuttgarter Zeitung“ vom 2. Februar 2008 war zu lesen, dass der Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP, Herr Noll – momentan ist er gerade nicht da; er ist immerhin auch suchtpolitischer Sprecher seiner Fraktion –, von einem nächtlichen Alkoholverkaufsverbot überhaupt nichts hält. CDU-Fraktionschef Mappus dagegen will den Verkauf generell ab 22 Uhr verbieten. Er ist gerade auch nicht da; vielleicht besprechen sie sich.
Im Dezember letzten Jahres war dann in der „Heilbronner Stimme“ nachzulesen, dass das koalitionsinterne Fingerhakeln weiter andauert und sich Innen- und Justizministerium über die Frage streiten, ob der Alkoholverkauf verboten werden könne, wenn eine Gefährdung vorliege, oder ob es dazu einer „erheblichen Gefährdung“ bedürfe. So ist es zu lesen in der „Heilbronner Stimme“ vom 15. Dezember 2008.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist, mit Verlaub gesagt, bizarr. Wenn ich einen volltrunkenen 15-jährigen Jugendlichen sehe, der in einem kritischen Gesundheitszustand ins Krankenhaus eingeliefert wird und auf der Intensivstation behandelt werden muss, dann ist es mir eigentlich ziemlich egal, ob dies eine Gefährdung oder eine „erhebliche Gefährdung“ darstellt.