Torsten Schneider

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss auf ein Ereignis hier in diesem Saal zurückkommen, als sich der Hauptausschuss ohne fachliche Zuständigkeit, aber aufgrund einer Überweisung nun ausgerechnet mit Bildungsfragen zu einer Anhörung getroffen hat. Das Ereignis, das ich meine, waren im Prinzip zwei: Die Meldung aus Hamburg, dass das dortige Verwaltungsgericht zu der Einschätzung gekommen ist, nach über sieben Monaten läge ein Fall legislativen Unterlassens vor, dass es keine hinreichende gesetzliche Regelung für die Bewältigung der Pandemie gäbe. Das ist dann später vom OVG mit Zeitgewinn vorläufig eingesammelt worden.
Die andere Einschätzung, heute will ich mal das Organ nicht nennen, das habe ich nun schon gesagt, war: Was soll das denn eigentlich sein? Das Parlament soll sich mal nicht so haben. Dann sagt eben der Präsident, das wäre nicht das erste Mal, eine Parlamentssitzung ab.
Der Widerspruch zwischen diesen beiden Einschätzungen ist fulminant. Wir haben uns heute hier verabredet, den richtigen Weg zu gehen. Es geht nicht nur darum, dass wir hier die politischen Debatten führen im Angesicht der Opposition, auch eingeschlossen skurrile Debattenbeiträge aushalten. Das ist nämlich wesentlich für eine Demokratie. Es geht darum, dass wir in einer pandemierelevanten Situation in höchster Not waren und dass die Einschläge in der Judikative und in der Legislative, jenseits von etwaiger Eitelkeit, kurz vor einem Kipppunkt waren, dass es keine Rechtsgrundlagen mehr gibt, steuernd einzugreifen. Das führte auch zu meiner Kritik am Fraktionsvorsitzendenkollegen im Deutschen Bundestag der CDU, der dieses Thema auf die nächste Pandemie verschieben wollte. Das hat sich jetzt geklärt.
Der Deutsche Bundestag hat das Infektionsschutzgesetz novelliert, und ohne ihn wäre es nicht gegangen. Damit hat er grundsätzliche Entscheidungen getroffen. Bei aller Kritik, ich habe die wissenschaftlichen Beiträge im Anhörungsverfahren noch nicht alle gelesen, aber sie sind nicht unbeachtlich. § 28a hat zunächst einmal politisch eine Strategie für die gesamte Bundesrepublik festgelegt. Wir brechen Infektionswellen, wir reiten sie nicht. Das ist vom Bundesgesetzgeber entschieden, und das ist nicht der Abs. 5, den der Kollege Luthe adressiert hat. Das ist Abs. 3 des § 28a Infektionsschutzgesetz. Es ist nicht irgendein Annex, sondern es ist eine politische Zielvorgabe mit der denkbaren Konsequenz, dass ungeeignete Maßnahmen möglicherweise auf gar keiner rechtlichen Anspruchsgrundlage bestehen. Das muss jedem klar sein, der Entscheidungen trifft. Das bedeutet – und das unterscheidet uns neben vielen anderen Punkten zum Beispiel von Ihnen in der AfD, aber bedauerlicherweise auch von der FDP –: Politische Führung muss, je ernster eine Krise ist, desto professioneller und emotionsfreier führen. Sie muss insbesondere die Kraft aufbringen, sich zu korrigieren. Dazu gehört auch, dass wir uns alle von jeder Eitelkeit befreien, nach dem Motto: Das haben wir doch damals schon gesagt oder jenes gewusst. Da gibt es noch ein infernales Missverständnis, das ich im Nachgang zu dieser Sitzung, zu dieser Anhörung wahrgenommen habe, dass es nämlich zu einem Eklat im Parlament gekommen sei im Zuge dieser Anhörung, man hätte sozusagen die Bildungspolitik kritisiert. Das sagt nichts über dieses Parlament, aber viel über die, die so etwas aufschreiben.
Es ist nämlich unsere Aufgabe, zu hinterfragen und professionell abzuwägen. Ich will hinzufügen: Niemand hat die Bildungspolitik oder den Regierenden Bürgermeister oder die Ministerpräsidenten kritisiert.
Wir haben Fragen gestellt, und ich will das sagen, was der Regierende Bürgermeister bei uns in der Fraktion auch schon gesagt hat: Es ist ein großer Erfolg, und es ist die fulminante Aufgabe, in jedem Politiksektor das Maßgebliche für das jeweilige Politikfeld zu formulieren und zu vertreten.
Ich gestatte keine Zwischenfragen. – Es ist diese Aufgabe, und unsere Bildungspolitiker jenseits der einen oder anderen Argumente, wo wir Meinungsverschiedenheiten haben – – Ich habe mir eigentlich vorgenommen, das heute hier nicht auszutragen.
(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)
Ich rede über die parlamentarische Beschlussfähigkeit, die wir heute hier sicherstellen und warum die so erforderlich ist. – Eine Wortmeldung allerdings heute, dass die Einschätzung der gesamten Wissenschaft in Deutschland aus der Zeit gefallen sei, lasse ich mal so im Raum stehen, weil sich dahinter möglicherweise ein Missverständnis verbirgt, nämlich Politik gegen alle zu machen, gegen die Gewerkschaften, gegen die Schüler, die Elternvertreter und jedes Wissenschaftsinstitut Deutschlands, sei es Leibniz, Helmholtz, es fallen mir gar nicht alle ein, Charité usw., die uns jetzt sagen: Es besteht neuer Handlungsbedarf. Die Kraft und die Abwägung bestehen darin, sich zu korrigieren. Der Bundestag hat gesagt, wo es hingeht. Bei einer Inzidenz über 35 müssen schnelle Maßnahmen ergriffen werden, davon runterzukommen.
Sie haben gar keinen Glauben, das glaube ich jedenfalls!
Bei einer Inzidenz von 50 oder höher pro 100 000 Einwohner müssen nachhaltige Maßnahmen zur Eindämmung getroffen werden. Von einer Inzidenz von 200 oder irgendetwas anderem hat der Gesetzgeber in seiner Einschätzungsprärogative keinen Gebrauch gemacht, deshalb sind die parlamentarischen Entscheidungen strukturprägend. Sie sind bindend. Und damit das jetzt hier nicht wieder irgendwie missverstanden wird: Ich lobe die Bildungs- und Wissenschaftspolitikerinnen unserer Fraktionen ausdrücklich, und auch die Bildungssenatorin. Denn was sie im Sommer und darüber hinaus geleistet haben – Steuerungsmechanismen für den politischen Anspruch: Wir wollen Schulbildung! – sicherzustellen, das ist bundesweit maßstabprägend.
Heute sind wir aber eben an einem neuen Bewertungspunkt. Wir sind an der strategischen Entscheidung: Folgen wir dem Deutschen Bundestag? Fahren wir über Monate mit Halbheit? – Das müssen Sie in der FDP für sich aufklären: Wie Sie die Shoppingmalls öffnen wollen, den Einzelhandel offen halten wollen, die Schulen offen halten wollen – das ist so unplausibel wie die Wortbeiträge aus dem Off dort hinten, die ja gar nicht einlassungsfähig sind. Das müssen Sie für sich bewerten.
Oder kommen wir zu der Einschätzung: Nein, es ist für die Wirtschaft, es ist für die Gesundheit, es ist für das politische Selbstverständnis bis hin zum gesellschaftsrelevanten Verfangensvermögen solcher Thesen, die hier von den Gegnern unserer parlamentarischen Demokratie vertreten werden, der bessere Weg, konsequent und kurz innerhalb eines Inkubationszyklus – –
[Marc Vallendar (AfD): Die Rede ist fast so verwirrend wie die von Herrn Wild ! – Ülker Radziwill (SPD): Tolle Rede, Torsten, mach weiter! – Weitere Zurufe von der AfD]
Sie können mir einfach nicht folgen, intellektuell – das ist Ihr Problem, und deswegen finden Sie das verwirrend!
Deshalb hat die SPD-Fraktion für sich eine Entscheidung getroffen: Wir nehmen Abstand von unseren emotional geführten Debatten. Wir nehmen Abstand von Kritik. Wir blicken gemeinsam nach vorne. Wir kommen zu der Ein- schätzung – die Zusammenfassung hat unsere bildungspolitische Sprecherin in der letzten Fraktion formuliert –, dass es richtig ist, inklusive des Sektors Schule jetzt zu einem Cut zu kommen, damit all das, was der Regierende Bürgermeister hier vollkommen zutreffend beschrieben hat, nicht eintritt.
Ich füge hinzu: Das hat natürlich auch für dieses Parlament Auswirkungen, dem hier Rechtsverordnungen über- wiesen worden sind. Wir werden zu bewerten haben, ob die Vorgaben des Deutschen Bundestags sich auch abbilden.
Ohne Schaum vorm Mund, ohne Häme, ohne Bezichtigung von Fehlern, sondern in kühler, professioneller Abwägung – gemeinsamer Abwägung, so wie das die Ministerpräsidenten jetzt auch tun: zum Wohle unseres Landes, zum Schutze der Gesundheit; damit solche Tendenzen, die Sie hier personifiziert verkörpern, hier in dieser Bundesrepublik Deutschland nicht mehrheitsfähig werden. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Florian Graf! Der Kollege Goiny hat das gesagt, was ich nicht wiederholen will: Toi, toi, toi! Das war eine sehr kollegiale und professionelle Zusammenarbeit in der Vergangenheit und auch jetzt in der Gegenwart.
Ich will den anderen Wortbeiträgen nicht vorgreifen, will mich auch nicht dazu erklären, ob wir möglicherweise, die Industrie- und Handelskammer hat das wohl heute wieder gemutmaßt, durch Kreditaufnahme irgendwelche Lieblingsprojekte von Rot-Rot-Grün finanzieren. Da sollte man, ich stelle anheim, vielleicht einmal genauer
(Christian Goiny)
hinsehen, bevor man solche Nachrichten in die Öffentlichkeit setzt. Das ist nämlich nicht der Fall.
Ich will zu einem anderen Thema sprechen und möchte hier eine Lanze brechen für eine Wortmeldung des Fraktionsvorsitzenden der CDU im Deutschen Bundestag, den ich von dieser Stelle
in anderem Zusammenhang schon einmal kritisiert habe. Nahtlos anschließend an das, was ich heute früh gesagt habe: Es ist Aufgabe des Parlaments, nicht nur aus Eitelkeitsgründen, sondern darüber hinaus, andere Gremien, denen diese Verfassungslegitimation fehlt, darauf hinzuweisen, wo Haushalte beschlossen werden. Ich stimme mit Herrn Brinkhaus nicht überein, wenn er der Meinung ist, auch der finanzpolitische Sprecher der CDU, die Länder würden ihren Beitrag nicht leisten. Dazu hat der Kollege Zillich das gesagt, was auch für die SPDFraktion gilt. Aber dass ein Fraktionsvorsitzender eines Parlaments daran erinnert, dass milliardenschwere Beschlüsse in den Parlamenten getroffen werden und nicht woanders, das unterstütze ich ausdrücklich. Das ist nämlich seine Aufgabe.
Zweiter Punkt: Auch darauf ist hingewiesen worden: Ausgerechnet die Bundesländer, die sozusagen Berlin einen relativ saloppen Umgang mit Kreditaufnahmen bescheinigen, tun sich hier in besonderer Weise hervor, zum Beispiel Bayern. Die müssen nach meiner Einschätzung coronabedingte Mindereinnahmen von 5 Milliarden Euro ausgleichen und haben 40 Milliarden Euro Kredit aufgenommen. Insoweit brauchen wir an dieser Stelle keine Belehrungen, auch wenn die Kreditaufnahme jeden Haushalts- und Finanzpolitiker schmerzen muss – und auch schmerzt, selbst den finanzpolitischen Sprecher der Linksfraktion. Denn das ist kein Selbstzweck, Kreditaufnahme ist kein Selbstzweck,
aber so funktioniert der Kapitalismus. Es gibt kein Wirtschaftsunternehmen, das ohne Kreditaufnahmen den Konzern steuert, das ist sogar eine Stellgröße, auch für Berlin. Wir haben eine echte Marktmacht mit unserer Schuldenlast bei Prolongationen und können dort, so krude das klingt, Vorteile heben. Auch ein Staatswesen, insbesondere in einer Krisensituation kann um Kreditaufnahmen nicht herumkommen.
Deshalb bleibe ich bei meiner Einschätzung, die ich hier beim ersten Nachtragshaushalt schon vorgetragen habe: Wie sich Berlin hier verhält, ist moderat, und es ist vorausschauend. Warum ist das so? – Wir haben bei uns in der Fraktion häufig über den Preis von Entscheidungen diskutiert. Über den menschlichen Preis und das Risiko ist heute früh in der Aktuellen Stunde erschöpfend geredet worden. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Deshalb rede ich über den fiskalischen Preis. Warum musste sich diese Koalition, in dem Punkt auch mit Unterstützung der
CDU-Fraktion, darauf verständigen, noch einmal zusätzliche Kredite von derzeit 500 Millionen Euro aufzunehmen und dem Haus heute hier vorzuschlagen? – Das hat einzig und allein damit zu tun, dass es einen zweiten Lockdown gab, erstens, und dass dieser zweite Lockdown zweitens – noch 30 Sekunden, das kann nicht ganz stimmen, ich habe die Absicht, 15 Minuten zu reden – nicht einen Monat dauerte, sondern mutmaßlich mehrere Monate dauern wird. Das muss dann natürlich reflektiert werden. Auch da gebe ich dem Kollegen Zillich recht: Was noch gar nicht abgebildet ist – ich habe meine Zweifel, ob das mit einer Vermögensabgabe oder einer Zwangshypothek wie beim Lastenausgleich in den Jahren 1945 bis 1949 abschließend ausdiskutiert ist –, aber das von vornherein zu verwerfen, mutmaßlich ideologisch verbrämt, das ist auch nur Reflex. Das ist keine Politik, das ist Reflex.
Fazit ist, die gesamten Förderkulissen des zweiten Lockdowns waren auf einen Monat ausgerichtet. Ich erinnere mal an Helge Schneider, nicht, weil er mein Namensvetter ist, sondern weil er mir spontan einfällt, der dafür geworben hat, nicht die Novembereinnahmen, sondern die Jahresdurchschnittseinnahmen heranzuziehen, weil er im November halt keine Auftritt hatte. Bis in diese kleinste Kulissenunterstützung war die Verheißung in der Bevölkerung: In einem Monat haben wir es geschafft. – Heute, das ist klar und absehbar, wird sich das über diese Zeitachse hinausstrecken. Insofern ist das eine mit dem anderen in einer engen Kausalitätsbeziehung. Warum erwähne ich das? –
Weil wir auch einen Auflagenbeschluss in diesem Haushaltsgesetz als Annex beschließen werden, den wir heute hier vorschlagen, der den Senat auffordert, im Fall des Falles, dass er mit dem, was unsere Einschätzungsprärogative übersteigt, dann mit einem dritten Nachtragshaushalt erneut an das Haus heranzutreten. Ich erwähne das aber insbesondere aus juristischen Gründen.
Es entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers, nicht dem Willen des Gesetzgebers, weitere LockdownMaßnahmen durchzuführen, die sich abseits von § 28a Infektionsschutzgesetz des Bundes abspielen. Es ist also gerade nicht der Freifahrtschein inkonsequent anzusteuern, das ist damit dezidiert nicht gemeint, sondern die vorausschauende Analyse, dass wir noch nicht überblicken können, dass wir noch nicht wissen, wem wir helfen müssen, wen wir unterstützen müssen. Die Befürchtung, die wir gemeinsam haben, das muss man hier auch ernsthaft diskutieren, deshalb erteilte ich den Reflexen hier, ohne uns in der Sache zu positionieren oder auch nur vorzupositionieren, eine Absage. Das ist doch nicht klar, was da auf uns zukommt. Da können wir alle nur raten.
Aber die Aussetzung der Insolvenzbeantragungspflicht, die Verlängerung des Kurzarbeitergelds, die verschafft uns zunächst einmal Luft für eine gesellschaftliche Befundung, die danach abgerechnet wird. Die dann zum nächsten Weihnachtsfest auf die Politik in Deutschland zukommt. Ich befürchte, dass wir in vielen Sektoren zu kurz springen, ob das nun Wirtschaftssektoren wie die Gastronomie anbelangt, die das koppeln mit ihrer internen Befundung: Warum sind wir eigentlich adressiert? – oder andere Sektoren, das können wir alles noch nicht einschätzen. Aber hier stehen Marktumwälzungen bevor oder Bereinigungsprozesse, mit dem Risiko, dass ganze Innenstädte verwaist dastehen. Gerade für eine Stadt wie Berlin – jetzt mögen mal die Kulturpolitiker bitte weghören, weil das sehr rufschädigend für mich ist –, wo die Kultur und das Laissez-faire lebensprägend sind, ein echter Wirtschaftsfaktor sind – guck mich ja nicht an, Kollege Lederer! –, muss uns das doch zu denken geben, wenn wir hier nicht massiv unterstützen und wenn wir jetzt schon der Einschätzung sind, wir können noch gar nicht abschätzen, wo das am Ende des Tages hinführt.
Ja, wunderbar. – Eine Wahrheit auszusprechen, auch wenn sie an meinem Ruf knabbert, kann ja nicht schädlich sein. Darauf muss sich Politik vorbereiten, ohne sich in irgendwelche Spielchen zu verhakeln: Wie viel muss der Bund geben, wie viel gibt das Land und dergleichen mehr.
Aber nur aus deiner Perspektive, mein Lieber!
Ich will noch einen Punkt ansprechen und das nicht in die Länge ziehen. Die korrespondierende Situation, dass jetzt sozusagen ohne Parlamentsbefassung Milliardenentscheidungen vorgeprägt, vorveranlasst werden, die möchten wir zugestellt wissen. Das anbelangt jetzt den Sonderfall diverser Vertragsabschlüsse in der Exekutive. Ich will das hier nicht in die Länge ziehen,
aber die Haushaltspolitiker wissen das, und zwar betrifft es den Verkehrssektor.
Wenn der Senat der Auffassung ist, er könne 2,7 Milliarden Euro ohne Parlamentsbefassung und ohne Rückendeckung aller drei Koalitionsfraktionen und möglicherweise Stellungnahme der Oppositionsfraktionen einplanen,
dann ist das eine Fehlsichtigkeit. Das tragen wir nicht mit. Das muss hier einmal so deutlich ausgesprochen werden. Das gehört hier ins Parlament. Diese Entscheidungsmacht, die der Senat sich und uns zumutet, macht mehr aus als der gesamte Wirtschafts- und Justizetat
zusammen. Nach dieser Logik könnten wir in die beiden Kopfkapitel Verpflichtungsermächtigungen eintragen, und den Rest macht dann der Senat titelscharf. Das ist ein Modell, das in Skandinavien erprobt wird; da spricht einiges dafür. Jochen Esser war jemand, der in diese Richtung überlegt hat. Aber das ist nicht reale Politik und nicht reale Balancierung von exekutiver und legislativer Machtbeschränkung und -verschränkung. – Das wollte ich hier einmal so deutlich sagen.
Für die SPD-Fraktion erkläre ich ein Weiteres sehr deutlich: Wir haben durchaus Hinweise bekommen, die die Familienförderung betreffen. Das sei Bundesangelegenheit etc. pp. – Ich will es einmal so formulieren: Es gibt Hinweise, die veritabler sind als andere. In diesem Punkt ist es eine klare politische Sortierung der SPD-Fraktion und der Koalition. Es ist absehbar, auch wenn es uns allen nicht gefällt – man hat es dem Regierenden Bürgermeister und auch der Kanzlerin gestern angemerkt; wer will schon seine Stadt, sein Land in eine solche Situation führen, was aber nun einmal zur Führung gehört in der Notsituation –, dass wir im Januar, möglicherweise auch im Dezember in eine Situation der besonderen Belastung von Familien kommen. Und da ist die Erwartungshaltung vollkommen klar: Ich möchte keinen Zettel aus dem Senat bekommen, dass etwas nicht geht, sondern eine rosa Schleife um ein Paket, dass der Senat dann in Pressekonferenzen verkündet, wie gut er es hinbekommen hat, in diesen Situationen Familien mit besonderer Belastung zu unterstützen. – Das ist für uns essenziell. Ich sehe mich außerstande, einer Entsperrungsvorlage im Hauptausschuss zuzustimmen, die das nicht abbildet,
es sei denn, die SPD-Fraktion kommt da zu einer anderen Entscheidung, was ich nicht prognostiziere.
Weil jetzt alles gesagt wurde, nur nicht von jedem, verkneife ich es mir auch in dieser Rederunde – ich habe ja noch ein paar; der Senator spricht auch noch, da haben wir noch einmal 15 Minuten Zeit, dann haben wir auch noch den Untersuchungsausschuss zu bereden –, doch noch einmal auf das ein oder andere einzugehen, was mir eigentlich seit ein paar Monaten auf den Nägeln brennt. Aber bisher läuft das hier für meine Verhältnisse sehr harmonisch,
und deshalb will ich hier einen Punkt setzen: Der Haushalt ist folgerichtig, schön ist er nicht.
Einen Punkt allerdings zum Schluss: Auch bei diesem Haushalt habe ich folgende Beobachtung in diesem Haus und in allen die Fraktionen tragenden Parteien gemacht: Dass es rückwärts geht in den folgenden Jahren, ist noch nicht jedem bekannt. Das wird eine Riesenherausfor
derung, egal mit welcher Farbe, mit welcher Rückendeckung in der nächsten Legislaturperiode. – Das müssen Sie sich über Weihnachten alle einmal vergegenwärtigen. Es geht rückwärts – in Milliardenkohorten. Deshalb bereiten wir uns darauf vor, auch, indem wir den Vollzug etwas strenger führen, ohne über die Stränge zu schlagen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Ratschlag an die FDP: Bekräftigen Sie bitte nicht – das wäre nämlich ein echter Fehler, karnevalesker Fehler –, dass es hier nicht um Wahlkampf geht. Nach diesem Wortbeitrag ist diese Frage entschieden, und zwar in dem Sinne, dass Sie hier nur eins im Blick haben: Radau im Wahlkampf.
(Stefan Evers)
Jetzt ist diese Zwischenbemerkung ja auch nur ein Geständnis zweiter Klasse, lieber Paul Fresdorf.
Das ist dem Vorgang überhaupt nicht angemessen.
Unseren Freunden von den Koalitionspartnern sage ich: Nehmen Sie nicht an, die SPD-Fraktion steuert diesen Untersuchungsausschuss, indem der Parlamentarische Geschäftsführer ihn leitet. Das wird der Kollege Zimmermann übernehmen.
Haben Sie keine Sorge – ich werde dort auch nicht Obmann sein. Das wird ein anderer Kollege übernehmen, die Frage ist entschieden. Ich sage das jetzt so, weil das schon oft gefragt wurde.
Wir haben unsere politische Auffassung, die wir hier vor über einem Jahr kenntlich gemacht haben, nicht geändert.
Die SPD-Fraktion ist der Auffassung, dass wir nicht bereit sind, aus politischen Gründen mehr Geld für eine Wohnungsprivatisierung, auch zugunsten einer Genossenschaft, auszugeben als zum Vollerwerb zugunsten des Landes Berlin.
Das haben wir hier vor anderthalb Jahren erklärt, daran hat sich nichts geändert. Allerdings wird ein Klamaukausschuss daran auch nichts ändern. Das ist unsere Auffassung in der Sache. Ansonsten werden wir selbstverständlich den Untersuchungsausschuss konstruktiv begleiten, wir werden unsere parlamentarische Arbeit machen. Aber für Sie steht das Ergebnis bereits fest, und jetzt geht es um Orchestrierung. Da haben Sie uns ganz sicher nicht an Ihrer Seite. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Wenn der Mietendeckel
bei Czaja wirkt, ist ja die Mitte der Gesellschaft
erfasst! –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 14. Mai ist für mich etwas Ungewöhnliches passiert. Ich bin vor das Haus hier getreten und habe der Bundesjustizministerin widersprochen, weil ich Druck in dieser parlamentarischen Demokratie gesehen habe – die Vorlagen der Rechtsverordnung betreffend. Ich habe dort auch zu anderen Punkten gesprochen und will heute wieder über etwas reden, was hier noch keine Erfassung in den Redebeiträgen hatte.
All die Anträge, die hier hinzu verbunden sind, ob nun von der AfD oder von der FDP, die Änderungsanträge, die konkreten Sachfragen, diese Krisenbewältigung betreffend, sind selbstverständlich in der SPD-Fraktion mit hohem Engagement, lebhaft, abwägend, sorgenvoll und selbstkritisch reflektiert worden, ob das nun die beabsichtigte Schließung von Gaststätten anbelangte, die wirtschaftlichen Folgenabwägungen hinsichtlich der ergriffenen Maßnahmen und der vorgeschlagenen Maßnahmen, insbesondere zum Beispiel auch das Thema Schule. Wir hatten und haben da eine lebhafte Diskussion. Ich kann aber für die SPD-Fraktion heute und hier erklären und werde das auch begründen: Wir stehen geschlossen, und zwar einstimmig, hinter dem Senat und hinter den hier vorgeschlagenen Maßnahmen, uneingeschränkt.
Dieser Abwägungsprozess, der auch für mich natürlich in einem speziellen Fall, zu dem ich heute hier aber nicht reden werde, Nachdenklichkeit ausgelöst hat, ist wahrscheinlich am Ende der Amplitude gezeichnet. Und so wird jeder, der sich sorgenvoll trägt, der abwägt, seine eigene Amplitude haben. Wie schlimm soll es noch werden? Wie sicher sind die Prognosen? Ich bin etwas erschrocken, aber jetzt habe ich auch einen abschließenden Erkenntnisprozess. Eine Amplitude, die dazu führt, meine Damen und Herren von der AfD, dass Sie dem deutschen Volke dienen, die wird es nie geben.
Die Grünen – ich habe da ja auch ungehörigerweise etwas reingerufen – haben ja auch einen interessanten Erkenntnisprozess. Das Dilemma der Politik, das Dilemma der Ansteuerung dieser Krise, das ist die Beweislast.
Herr Kubicki von der FDP macht das Thema ja stark, und er hat im Grundsatz vollständig recht. Der Staat muss beweisen, dass es eine Veranlassung zur Einschränkung von Grundrechten gibt. Was denn sonst? Wir sind aber an einem Punkt – und das haben alle Rednerinnen und Redner hier bekräftigt –, dass wir das gar nicht mehr wissen. Wir wissen nicht, ob das Virus – und das hat ja niemand ernsthaft behauptet – im Reagenzglas im Chemieunterricht der 7. Klasse hergestellt wird, das ist ja Quatsch.
(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)
Wir wissen auch nicht, ob es in der Gaststätte gekocht wird usw. Niemand vertritt diese Ansicht. Aber sich hier hinzustellen und zu sagen: Wir wissen umgekehrt aber sicher, dass die ungeschützten Nahkontakte bei diversen Feten in dieser Stadt es mit Sicherheit nicht waren –, mit Verlaub, das vertritt auch niemand bundesweit.
Und so will ich über das Problem reden, das uns umtreibt und wozu wir uns auch eine Meinung in einem abwägenden Prozess gebildet haben. Wie ich schon sagte, ist es nicht selbstverständlich, für mich persönlich auch nicht, dass ich der „taz“ ein Interview gebe. Ich habe noch nie ein Interview gegeben, seit ich Abgeordneter bin, soweit ich mich erinnere.
Dass ich hier mit der FDP fraternisiere, ist doch kein Geheimnis, und hier über Artikel 80 Abs. 4 und dergleichen mehr rede, das betrifft nicht die heutigen Anträge, sondern die seinerzeitigen Verabredungen. Aber was bemerkenswert ist, was hier gerade passiert, ist, dass bundesweit die Bundeskanzlerin und alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit Regierungserklärungen vor ihre Parlamente treten. Mit Sicherheit ist das ein starkes Zeichen und ein Zugehen auf die Parlamente. Aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verbirgt sich dahinter die Conclusio eines erschreckenden Erkenntnisprozesses, die Botschaft an die Verwaltungsgerichte, ja fast schon verzweifelt nach meiner Einschätzung, wenn eine Bundeskanzlerin ein juristisches Proseminar zur Verhältnismäßigkeitsprüfung eines Verwaltungsaktes im Deutschen Bundestag hält.
Diese erschreckende Erkenntnis veranlasst uns zum Handeln. Das müssen wir doch ernst nehmen. Mit einer Ausnahme habe ich auch niemanden grundsätzlich so verstanden, dass er das nicht täte in diesem Haus. Aber die Gefahr, die uns umtreibt und Sorgen macht, ist – und ich hoffe nicht, dass wir wieder am 14. Mai hier etwas gesagt haben, worüber wir dann fast ein halbes Jahr später reden; die SPD-Fraktion muss doch nun niemand versuchen zu überholen mit der Frage von Rechtsverordnungen oder mit Gesetzesvorlagen, das haben wir inzwischen völlig klar verabredet – § 28 Infektionsschutzgesetz des Bundes. Die Indizienlage, die Rufe aus den Parlamenten, sie sind nicht lauter geworden in Anbetracht dessen, was ich mich beispielsweise als einer der dienstältesten Parlamentarischen Geschäftsführer dieser Bundesrepublik getraut habe und trauen musste zu sagen: Die Indizienlage ist nur quantitativ viel größer. Lesen Sie freundlicherweise den Gesetzesentwurf des saarländischen Parlaments, der seit gestern eine Drucksachennummer hat in einer unglaublichen Konfiguration von Antragstellern. Lesen Sie freundlicherweise die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bayern von vorgestern. Nehmen Sie das zur Kenntnis im Bund! Wir brauchen hier nicht darüber zu reden, uns wirklich zuzutrauen, zehn Grund
rechte für 4 Millionen Menschen abzuwägen, wo wir es noch nicht einmal geschafft haben, meine lieben Freunde von den Koalitionspartnern, die Sicherheit der Beschlussfähigkeit dieses Parlamentes herzustellen, wo es nur darum ging, das Statusrecht der einzelnen Mitglieder abzuwägen.
Es geht inzwischen um das Ganze. Das wird im Deutschen Bundestag entschieden. Wenn nämlich meine Befürchtung, die nun über ein halbes Jahr alt ist und hinter die sich die SPD-Fraktion mit einem Positionspapier, das Sie dann auch bei uns nachlesen können, am Freitag einstimmig gestellt hat und darauf hinweist, mit Unterstützung des Senats, insbesondere des Regierenden Bürgermeisters, wenn wir damit Recht haben, dann sind alle Rechtsverordnungen dieser Bundesrepublik Deutschland nichtig, wenn der § 28 im Deutschen Bundestag nicht justiert wird. Dann reden wir von einem Tsunami. Da können wir uns hier gerne – das wird sicherlich eine Rolle spielen, ich habe schon gesagt, dass wir das abwägen und zu einem Ergebnis gekommen sind –, über einzelne Sektoren unterhalten und uns gegenseitig sagen: Ja, auch wir, auch die SPD-Fraktion, wollen Kita und Schule offenhalten – meine war am Montag leider zu, komplett, was dazu führte, dass ich mit meinen dreijährigen Sohn nicht zum Fraktionsvorsitzenden gefahren bin, sondern zu einem Coronatest für sagenhafte 281 Euro.
Darüber können wir uns gerne unterhalten. Aber das Große spielt gerade in Deutschen Bundestag. Das spielt jetzt bei Ihnen, meine sehr verehrten Kollegen von der CDU, ausschließlich bei Ihnen. Wenn sich im Frühstücksfernsehen, in der ARD, Ihr Fraktionsvorsitzender – ich habe es selbst nicht gehört, also mutmaßlich – damit zitieren lässt „wir wissen das, dass wir dort Handlungsbedarf haben, aber das ist ein Thema für die nächste Pandemie“, dann geht die Welt unter. Stellen Sie diesen Mann beiseite.
Falls ich das jemandem übersetzen soll, ich hab schon überlegt, ob ich das denen Linken sage: „Völker hört die Signale!“, aber ich wollte es mir eigentlich verkneifen, habe es dann aber trotzdem gemacht. Das ist ja bekannt.
Ich habe es mir verkniffen, mein Lieber! Das streichen wir dann aus dem Protokoll, oder malen es lila an.
Ich will Ihnen einordnen, wie ich das verstehe, wenn das nicht repariert wird, obwohl die Indizienlage so klar ist. Ich habe es doch hier schon gesagt, dass es zwei Gründe haben wird, warum der Wesentlichkeitsgrundsatzes zum Thema wird, und zwar vor einem halben Jahr. Es ist die Eitelkeit der agierenden Juristen und Betroffenen und Aufrichtigkeit, dass die Hauptsacheverfahren alle anhängig sind und entschieden werden müssen in Berlin, im
Saarland und überall. Die Signale aus der Jurisprudenz veranlassen dringend zum Handeln. Für mich ist dieses Nichttätigwerden vollständig vergleichbar mit der – ich betone ausdrücklich – hypothetischen Aussage: Wir haben zwar einen Impfstoff, der auch wirksam und in ausreichender Menge vorhanden ist, aber das ist für uns ein Thema für die nächste Pandemie. Handeln Sie! Wir sind zu allem Konstruktiven bereit. – Vielen Dank!
Ich finde, er soll zweimal
antworten, das ist doch spannend! –
Ihr seid zu kalt!
Ihr habt keine Hitze mehr! –
Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und
Raed Saleh (SPD)]
Wo wollt ihr es
denn aufbauen? –
Ja, genau deswegen
haben wir die Krise erfunden! –
Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]
Ausgewählte Kultureinrichtungen werden bei Wohlverhalten an den staatlichen Tröpfen über Wasser gehalten, aber die privatwirtschaftliche Kulturbranche blutet derweil aus. Das ist Ihre Strategie – so vorhersehbar wie durchschaubar.
Wie der Kultursenator tickt, hat nicht zuletzt seine Reaktion auf den Vorschlag von Herrn Prof. Stefan Willich, einem führenden Virologen der Charité, gezeigt.
Die Charité-Institute für Sozialmedizin und Epidemiologie – hören Sie doch einmal zu, Herr Schneider – sowie für Hygiene und Umweltmedizin haben in einem Papier empfohlen, unter Einhaltung von Hygienevorschriften in Klassikveranstaltungen wieder jeden Platz zu besetzen. Ein voller Saal sei möglich, wenn sich Besucher an das Hygienekonzept halten. Der zentrale Punkt in dieser Argumentation liegt im Verhalten des Publikums. In klassischen Konzerten oder in Opern wird während der Veranstaltung nämlich weder geredet noch getanzt. Niemand bewegt sich hektisch umher. Das Publikum ist diszipliniert. Es wird nicht gesprochen, und niemand sitzt sich gegenüber. Ein klassisches Konzert ist damit genauso sicher wie ein Einkauf im Supermarkt oder die Fahrt in einer U-Bahn.
[Bravo! und Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Torsten Schneider (SPD): Rückt mal wieder zusammen!]
Trotzdem haben Sie, Herr Dr. Lederer, als der Vorschlag zum ersten Mal im Kulturausschuss zur Sprache kam, diesen Vorschlag rundheraus abgelehnt und die Qualifikation von Herrn Prof. Willich infrage gestellt, statt seine Einschätzung als Chance zu begreifen, den Kulturstandort Berlin zu retten. Umso wichtiger war es, dass wir Herrn Prof. Willich beim letzten Mal im Ausschuss angehört haben, und man kann nur hoffen, dass jetzt auch bei Ihnen ein Umdenkprozess einsetzt, denn jetzt müssen schnelle und umsetzbare Lösungen zur Wiederaufnahme des Kulturbetriebs her und kein Verantwortungs-PingPong wie bisher. Wir brauchen Konzepte, die es ermöglichen, dass Kultur vorübergehend trotz Corona und mit Corona stattfinden kann. Das muss die Quintessenz jeder Lösung sein: Kultur trotz und mit Corona, sonst wird es nach Corona keine Kultur mehr geben, jedenfalls nicht mehr so, wie wir sie kennen.
Wir als AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus haben schon vor Monaten dazu Vorschläge gemacht und bereits im April ein Konzept gefordert, wie Kulturbetriebe unter Einhaltung von Hygieneregeln wiedereröffnet werden können. Leider sind wir damit aber auf taube Ohren gestoßen, und leider sitzt niemand im Senat, der konsequent im Sinne der Kultur handelt.
Denn jetzt wäre eigentlich die Gelegenheit für den obersten Kulturverwalter Berlins, sich für die viel gelobte Breite und Vielfalt der Berliner Kulturlandschaft einzusetzen. Doch was fordern der Kultursenator und seine
(Martin Trefzer)
Partei, Die Linke, im Angesicht von Corona? – Richtig! Sie fordern Coronabonds. Darauf muss man erst einmal kommen. Herr Dr. Lederer! Sie und Ihre Partei nutzen die Coronakrise nicht etwa, um da die Abwehrkräfte zu stärken, wo Sie Verantwortung tragen, und das starkzumachen, was im elementaren Sinne naheliegt und was in der Krise Halt gibt. Nein, Sie fordern unter dem Vorwand von Corona die europäische Schulden- und Transferunion. Das ist eigentlich unfassbar.
Aber auch auf diesem Feld hat die Coronazeit vielen Menschen die Augen geöffnet. Anstatt unter dem Vorwand von Corona alle Fiskalregeln außer Kraft zu setzen, Europa zu unifizieren und den Weg in die Schulden- und Transferunion immer weiter voranzutreiben, haben die Bürger erkannt, dass es gerade in der Krise darauf ankommt, das zu stärken, was uns wirklich wichtig ist.
Wirklich wichtig, das hat Corona gezeigt, ist neben unseren Familien nicht zuletzt die Vielfalt unseres kulturellen Erbes und unseres kulturellen Angebots an Chören, Musik und Theater in jeder Stilrichtung.
Wirklich wichtig ist, um es etwas pathetischer auszudrücken, unsere Kultur in all ihrer Breite. Das ist unsere Heimat. Das sind unsere europäische Nationen.
Die müssen wir schützen und bewahren und nicht die Bilanzen südeuropäischer Banken.
Doch das, fürchte ich, wird der Kultursenator wohl niemals verstehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der AfD –
In meiner Jugend hätten Sie
dafür 5 Cent bekommen als Kulturbeitrag! –
Ein Angebot
an die FDP zum Klatschen! –
Er hat den Senat
kriminalisiert, Frau Präsidentin!
Senat – Schleusertätigkeit!]
Scheint ja weh zu tun! –
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die Entwicklung der Anzahl der Ver
kehrstoten in Berlin, die mit 38 fast die Anzahl des gesamten vergangenen Jahres erreicht hat, nachdem sie sich in den Jahren nach 2000 fast linear halbiert hatte?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Welche Ursachen hat der Senat für den Umstand erkannt, dass wir mit bereits 15 verkehrstoten Radfahrern in diesem Jahr eine Verdreifachung der Toten im Vergleich zum Vorjahr erreichen werden, angesichts der Tatsachen, dass die Verkehrserziehung- und -überwachung ausgebaut, die Anzahl der zugelassenen Fahrzeuge bis auf drei Stellen hinter dem Komma gleich geblieben sind und die Zahl der Radfahrer lediglich um 5 Prozent zugenommen hat?
Vielen Dank, Herr Kollege, Frau Präsidentin! – Das Berliner Abgeordnetenhaus hat mit den Stimmen der Koalition hier eine WLAN-Ausleuchtung in allen Räumen des
Hauses vorgenommen. Jede Fraktion hat jetzt ihr eigenes Netz. Da war die Infrastruktur, über die wir hier reden, da: zwei Breitbandanschlüsse, Signalverstärker, aktive, passive Leitungen. – Ist Ihnen bekannt, was das das Abgeordnetenhaus gekostet hat? – Wenn nicht, sage ich es Ihnen: 200 000 Euro.
Kennen Sie einen einzigen Antrag einer Fraktion in diesem Hause – AfD, FDP, CDU –, Geld für das, was Sie hier gerade so lächerlich darstellen, bereitzustellen? – Ich kenne ihn nicht.
Aber vielleicht belehren Sie mich auf der Erkenntnisebene eines Besseren.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Als eine Fraktion in diesem Haus, die entsprechend der gesetzlichen Obliegenheiten bei mehr als 20 Mitarbeitern einen Betriebsrat hat, gucke ich mal hier drüben hin, da sehe ich diese politische Obliegenheit nicht erfüllt, frage ich den Senat: Gibt es denn verwaltungs- und arbeitsgerichtliche Entscheidungen, die hier explizit oder implizit die Vertretung der Mitbestimmung anzweifeln?
Inspiriert durch die Einschätzung des Senats, dass die Justiz besonders eng untergebracht sei, und in Anbetracht der Tatsache, dass wir zuhauf Anmietungsvorlagen zugunsten der Justiz gemacht haben,
würde mich mal die konkrete Zahl, orientiert an der AllARaum, elf Quadratmeter pro Mitarbeiter, in der Justizverwaltung interessieren, wie es dort darum bestellt ist. Das können Sie mir auch gerne schriftlich nachreichen, bevor Sie hier was Falsches sagen.
Heute
ist nicht der Tag der CDU! Meine Güte! –
Na, ich muss mich
einfach in Stimmung bringen, Herr Hansel!]
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Beratung steht handwerklich der erste Nachtragshaushalt, politisch stehen natürlich Grundentscheidungen an. Das sieht man auch an dem Unterschied und an der Besonderheit, dass wir gleichzeitig heute auch noch, wenn auch ohne Beratung, den zweiten Nachtragshaushaltsentwurf des Senats mit einer etwas anderen Linienvorgabe auf der Tagesordnung haben.
Ich will Ihnen verdeutlichen, warum die Koalitionsfraktionen sich darauf verständigt haben, jetzt zur Feststellung der Haushaltsnotlage zu kommen – nach meiner Erinnerung war das sogar nahezu einvernehmlich – und warum wir jetzt Kreditermächtigungen beschließen und nicht erst in zweiter Lesung des zweiten Nachtrags im September. Wir sehen Justierungsbedarf, insoweit mit der FDP und CDU gemeinsam, zum Beispiel im Bereich der Förderung der mittelständischen Wirtschaft vor dem Hintergrund der Vermeidung von Insolvenzen, der Vermeidung von Arbeitslosigkeit und strategisch mit der Erwartungshaltung, Steuereinnahmen perspektivisch zu stabilisieren. Das Wort „sofort“ setzt aber voraus, dass der Senat auch sofort handelt. Die Erwartungshaltung der SPD-Fraktion ist der kommende Dienstag, damit das Wort „sofort“ auch einen wesentlichen Auslebungscharakter hat und nicht erst im Oktober die Justierung der Wirtschaftshilfen stattfinden kann. Deshalb ist es erforderlich, dass die FDP ihre Position überprüft, wenn sie diesen inhaltlichen Punkt mitträgt, auch die Kreditermächtigung stattfinden zu lassen. Denn sonst müssten Sie uns erklären, wie Sie 500 Millionen bereitstellen wollen, um die mittelständische Wirtschaft zu unterstützen. Aber diesen Widerspruch werden Sie sicherlich in Ihrem Redebeitrag zur Genüge auflösen.
Es stehen auch andere – da hat der Kollege Zillich das Zutreffende gesagt – strategische Entscheidungen an. Wir haben 2001 und in der Vergangenheit, das macht uns nicht glücklich, harte Entscheidungen im Parlament diskutiert und treffen müssen, die ich nach wie vor nicht bewerte, weil ich nicht dabei war. Was ich mir aber herausnehme – das werden wir im zweiten Nachtrag diskutieren –, die entsprechenden Sparvorschläge des Senats, angekündigt ist eine Absenkung um 1 Milliarde Euro, zu bewerten, was ich für aus heutiger Sicht überlegenswert halte. Aus heutiger Sicht halte ich für überlegenswert, ob es wichtig ist, für über 1 Milliarde Euro konsumtive Ausgaben im Jahr private Immobilien anzumieten zu Verwaltungszwecken, damit ein echter Marktteilnehmer zu sein, zu verdrängen und Mietpreise zu erhöhen, wenn wir gleichzeitig Bestandsgebäude haben, die nicht saniert sind. Das gepaart mit dem fast schon schamlosen Drang,
dass jetzt jeder Verwaltungsmitarbeiter ein 30
Quadratmeter-Einzelzimmer hat, offenbart ein Einsparpotenzial – die Größenordnung habe ich definiert. Und da bin ich sehr gespannt, wann sich der Senat auf den Weg macht, dieses strategische Themenfeld zu adressieren. Wir wollten ja auch über Einsparungen reden und nicht nur über die Heranziehung von Sparbüchsen wie der Konjunkturrücklage.
Zweiter Punkt: Wir müssen uns vor dem gerade skizzierten Hintergrund ohne Hektik entscheiden, ob wir die von mir als Fehler identifizierten Fragen wiederholen. Und da hilft es mir nicht, wenn wir jetzt kleine Murmeln durch die Presse kullern und über die eine oder andere Rückstellung des einen oder anderen Investitionsprojekts nachdenken. Die SPD-Fraktion und die Koalitionsfraktionen sehen das wie der Bund und, ich glaube, wie die ganze Welt. Es ist jetzt die Zeit für Investitionen, es ist die Zeit für beschleunigte Investitionen und nicht die Zeit für deren Ausbremsung. Da sind wir völlig klar sortiert.
Und wir stehen auch – das ist der letzte Punkt, der mir wichtig ist – zu der Frage, die die Bundesregierung jetzt in ihren Koalitionsgesprächen erörtert. Da kann man Einzelfälle kritisch diskutieren. Wenn ich mal an die Umsatzsteuer denke, die bei uns mit 5 Milliarden Euro veranschlagt ist, 4,995, und auch im Ist um mehrere 100 Millionen verfehlt wird – das kostet uns ja locker 1 Milliarde Euro in Berlin. Darüber kann man trefflich streiten. Aber klar ist auch: Kleinliche Debatten sind nicht zielführend. Der Bund stellt doppelt so viel Geld bereit, um die Welt zu retten – um mal meine eigenen Worte zu benutzen –, als das in der Finanzkrise 2009 folgende vonstattenging. Und das gilt für uns in gleicher Weise. Da erfinden wir doch das Rad nicht ein zweites Mal.
Wenn ich mir aber vorstelle, was da diskutiert wurde bei der Entlastung der Kommunen, und die Schätzung der Finanzverwaltung zugrunde lege, dass wir da statt mit 2,5 Milliarden Euro vielleicht mit 30 Millionen dabeigewesen wären, sage ich zwei Dinge. Erstens: Ja, wir stehen solidarisch an der Seite der Kommunen und gönnen denen das ohne Neid. Aber zweitens zeigt es eben auch, dass alle Konjunkturprogramme, die in der Debatte oder jetzt beschlossen sind, an Berlin substanziell vorbeigehen können. Und deshalb haben wir die Entscheidung getroffen, eigene Vorsorge zu treffen und haben als Maßstab uns da auch nicht allein gefühlt. Brandenburg 3 Milliarden Kreditaufnahme mit der Restscheibe aus 2019, übertragen auf Berliner Verhältnisse bei der Zugrundelegung der beiden Haushaltsvolumina, also der Wirtschaftskraft, würde das bedeuten, wir müssen 8 Milliarden Kredite aufnehmen. Nordrhein-Westfalen hat Haushaltsvorsorge mit 25 Milliarden Euro getroffen; übertragen nach Berlin heißt das 11 Milliarden – bei 80 Milliarden Haushalt in
NRW. Und Sachsen hat Haushaltsvorsorge mit einem Sondervermögen getroffen in der Größenordnung von 7 Milliarden, 6 Milliarden allein Kreditaufnahme; übertragen nach Berlin müssten wir sogar 12 Milliarden Euro Kredite aufnehmen. Also es ist nun mitnichten so, dass 6 Milliarden hier zu hoch gegriffen sind. Und wer das aufschreibt, versteht die Materie einfach nicht. So deutlich will ich das mal in Richtung der einen oder anderen Wortmeldung in der Öffentlichkeit sagen. Der versteht von der Volkswirtschaft nichts.
Ich gestatte nie Zwischenfragen, wie Sie ja wissen. Und bei der Linie will ich auch bleiben. – Wenn wir das also auf unsere Maßstäbe übertragen, dann haben wir sehr vorsichtig agiert – durch folgende Intervention: Wir haben das SIWA mit über 3 Milliarden Euro. Das ist weitestgehend investiv gebunden. Da kann man über die eine Kegelbahn oder die andere Tischtennisplatte reden, jedenfalls nicht mit mir – wer immer sich da berufen fühlt. Aber die 3 Milliarden sehen wir auch als Investitionsanschubmanöver. Deshalb ist da ein Vorhängeschloss davor.
Wir wissen auch, wir geben es zu, dass der Haushalt überveranschlagt ist, und zwar nicht nur bei der Konjunkturrücklage oder bei 100 Millionen Euro pauschalen Minderausgaben für Ausgaben, sondern generell überveranschlagt. Wir gemeinsam – es gab auch keine Einsparungs- und Absetzungsvorschläge aus der Opposition – haben das über Jahre in Kauf genommen. Das ist unsere stille Reserve. Wir verhalten uns nicht anders als jedes Wirtschaftsunternehmen weltweit. Insoweit brauchen wir da auch keine Belehrung.
Zusammen kommen wir auch unter Betrachtung der Konjunkturpakete, z. B. die Umsatzsteuerkomponente anbelangend, auf einen validen, gesunden Haushalt. Wir sind vorbereitet, Berlin besser werden zu lassen, als wir jetzt dastehen, mit Verlaub, und zwar alle drei Fraktionen und auch die sie tragenden Parteien.
Eine letzte Botschaft von mir an die Landesbeteiligungen: Lasst euch nicht dabei erwischen, jetzt irgendwelche Investitionsprojekte anzuhalten, politisch! Dann habt ihr keine Rückendeckung und keinen Vertrauensbeweis der Regierungsfraktionen. – Vielen Dank!
Im Prinzip war
das Stillstand! –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Senat hat dem Abgeordnetenhaus ein sogenanntes Haushaltsumsetzungsgesetz vorgelegt, ein technisches Instrument, um die politischen Entscheidungen, die abgeschlossenen politischen Diskurse, das abgeschlossene Abwägen des Für und Wider während der Haushalsberatungen da umsetzen zu können, wo gesetzliche Novellierungen erforderlich sind. Dafür gebührt dem Senat erst mal im Namen der SPD-Fraktion unser Dank!
Weil ich betont habe, dass es abgeschlossene politische Prozesse sind, will ich es Ihnen überlassen, das hier erneut aufzurufen. Ich will deshalb in Kurzform erinnern: Einige dieser Umsetzungen sind besonders zeitkritisch. Das anbelangt zum Beispiel die besonderen Anreizschaffungen für Lehrerinnen und Lehrer in sogenannten Problemlagen, in sogenannten Kiezen, wo wir mit der Lehrerausstattung unzufrieden sind und wo wir uns wünschen, dass sich da die Besten in besonderer Weise engagieren. Diesen Kolleginnen und Kollegen gilt unser Respekt und unser Dank, und das bringt dieses Berliner Abgeordnetenhaus auch monetär zum Ausdruck. Deshalb freue ich mich, dass die im August auslaufende Regel jetzt rechtzeitig fortgeschrieben werden kann. Das ist, ich sage es ausdrücklich, ein politischer Erfolg der Koalition.
Zum anderen sind wir fest verabredet, auch das war ein längerer Diskurs, und freuen uns. Wir müssen das Betriebe-Gesetz anfassen, dass nunmehr die BSR großflächig in der Stadt für Annehmlichkeit sorgt, dass die BSR zur Reinigung greift und insoweit die Bezirke eine substanzielle Unterstützung erfahren. Das wird die Stadt bereichern. Das ist ein politischer Erfolg, und jetzt wird er mit den erforderlichen Gesetzesnovellen auch in die Realität umgesetzt.
Selbstverständlich haben wir auch politisch andere Gewichtungen. Das ist die, da will ich gar nicht drum herumreden, sogenannte Ballungsraumzulage. Ich glaube, die CDU hat konzeptionell einen anderen Vorschlag, 500-Euro-Schecks oder so was, das muss ich mir noch genauer ansehen. An dieser Ballungsraumzulage, das sage ich so ausdrücklich, halten die SPD-Fraktion und die Koalition ausdrücklich fest. Das haben wir uns auch nicht leicht gemacht, denn wir sind in einer finanzpolitischen Krisensituation, deren Ausmaß so noch nicht absehbar ist, und das sind konsumtiv wirkende 250 Millionen Euro. Wir halten aber daran fest, weil wir zutiefst überzeugt sind, dass es der richtige Weg ist, in den unteren
(Dr. Maren Jasper-Winter)
Lohnsektoren klar ein Bekenntnis abzugeben, zur Verstärkung beizutragen, und auch unter konjunkturellen Gesichtspunkten uns klar dazu zu bekennen, eine Viertelmilliarde Euro konsumtiv für die Binnenkonsumtion in dieses Land zu bringen. Andere werden so was noch erfinden müssen, da sind wir schon sortiert. Das ist für die SPD-Fraktion und die Koalition auch ein sehr großer Erfolg.
Ja, die SPD hat sich auch in der Fraktion beraten und unterstützt den Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters hinsichtlich der hier so gelabelten Heldenprämien.
Wir lassen hinsichtlich der Finanzierungsmethode gerne mit uns reden. Bisher ist der Vorschlag der SPD-Fraktion aus ihrem sogenannten Ticket zu finanzieren. Wenn da jemand eine andere Idee hat, sind wir für entsprechende Vorschläge offen.
Ich will auch nicht verhehlen, da habe ich ja etwas skizziert, was in der Koalition noch nicht zu Ende diskutiert ist, dass auch wir noch einen überlegenswerten Aspekt haben, das ist der Artikel VI. Da wird vom Senat vorgeschlagen, rund 60 Millionen Euro dadurch einzusparen, dass Gelder nicht in die Pensionsrückstellung geführt werden. Da muss man nach meiner Auffassung abwägen, ob diese 60 Millionen sozusagen einen substanziellen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten. Formal handelt es sich, insoweit sind wir uns, glaube ich, innerkoalitional auch einig, nicht um eine Haushaltsumsetzung im engeren Sinne, sondern um einen Senatsbeifang. Wir werden diesen Vorschlag angemessen diskutieren. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Auch auf die Gefahr hin, Herr Präsident, dass ich jetzt vielleicht einen taktischen Fehler mache und Ihnen, Herr Evers, Gelegenheit gebe, das, was Kollege Zillich schon angemahnt hat, mal darzustellen:
Aber, Herr Kollege, so geht das nicht. Ich weiß nicht, um was es hier geht. Ich habe jetzt fünf Minuten krudeste Verschwörungstheorien gehört, Beschimpfungen, Inaussichtstellungen und Konstruktionen.
Das Einzige, was Sie in der Sache vorgetragen haben, was mich aber nicht annähernd erhellt und in die Lage versetzt, mir irgendeine Meinung zu bilden, ist, dass es eine Ausschreibung gab, auf die sich nur einer beworben hat.
Das ist das Einzige. Mit Verlaub, das erwarte ich von Ihnen nicht, sondern nur von denen da.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPDFraktion hat alle Veranlassung, sicher auch das ganze Haus, zunächst dem Senat ausdrücklich zu danken für diese unglaublich schwierige Krisenbewältigung unter hohem Zeitdruck. Ich glaube, diesen Dank sollten wir dem Senat jetzt erst einmal gewähren.
Es gibt, wenn man schon eine gewisse Zeit im Geschäft ist, einen gewissen Kipppunkt. Ich will Ihnen meinen Kipppunkt festmachen: Ein Redebeitrag im öffentlichen Rundfunk, wenn ich mich richtig entsinne: In Deutschland funktioniert die parlamentarische Demokratie ausgezeichnet, was sich daran zeige, dass über die diversen Rechtsverordnungen in den Parlamenten bundesweit geredet werde. – Ich habe Bedenken angesichts dieser Aussage und zwar aus vielen Gründen. Erstens: Die Parlamente sind keine Quatschbude, meine Damen und Herren! Die Parlamente haben die Aufgabe, den Bürgern gegenüber Transparenz herzustellen, das Für und Wider abzuwägen und zwar gründlich – und insbesondere im Angesicht der Opposition. Insoweit finde ich diese saloppe Bemerkung despektierlich. Ich muss sie zurückweisen, so leid es mir tut.
Zweitens: Dieser Befund verkennt das Grundsatzproblem, das bisher überhaupt nicht diskutiert wird in der Bundesrepublik, und das ist die Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts. Sie ist staatsprägend. Profanisiert gesprochen besagt sie Folgendes: Je tiefer Eingriffe in Grundrechte stattfinden, umso zwingender ist, dass sie ausschließlich vom Parlament vorgenommen werden.
Nun kann man sich sicherlich – das werden Redebeiträge der Kollegen Parlamentarische Geschäftsführer, die sich nun bedauerlicherweise, zu unserem gemeinsamen Bedauern, veranlasst sehen, hier heute reden zu müssen – darüber auslassen, ob wir hier Rechtsverordnungen grundsätzlicher Bedeutung haben und anderes mehr. Aber Einigkeit – selbst innerhalb der AfD – besteht darin, dass dies wohl die in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mit Abstand massivsten, quantitativ und qualitativ, Grundrechtseingriffe sind, die es jemals gegeben hat.
Ich gestatte keine Zwischenfragen. – Nein, die Sache ist mir zu ernst, tut mir leid, Herr Kohlmeier. Ich hätte Sie auch nicht gestattet, wenn ich gewusst hätte, dass Sie es sind, mit Verlaub.
Eingedenk dieser Tatsache wird sich mit großer überwiegender Wahrscheinlichkeit das Bundesverfassungsgericht damit befassen müssen. Das hat zwei Gründe: einmal die Eitelkeit und einmal die Aufrichtigkeit der mehreren Tausend anhängigen Hauptsacheverfahren. Es wird vor die Frage gestellt sein, diese staatsprägende Theorie zu verwerfen oder den Handlungsdruck abzusegnen, den wir nach wie vor für richtig erachten. Deshalb habe ich den Senat auch gelobt, weil es ein Gebot der Stunde war, so ad hoc reagieren zu müssen. Aber ich gebe zu bedenken: Selbst wenn sich die Bundesrepublik Deutschland eines Angriffskrieges ausgesetzt sähe, hätten wir mehr parlamentarische Demokratie durch die Beteiligung von 48 gewählten und legitimierten Abgeordneten, als wir es derzeit bundesweit durch die Entscheidungen von 16 Ministerpräsidenten erleben. Das ist in hohem Maße bedenklich, meine Damen und Herren!
Ich will das gar nicht in die Länge ziehen. Ich glaube, ich habe deutlich gemacht – ich habe mir auch fest vorgenommen, mich weder an Herrn Schäuble noch – zum Leidwesen der Grünen – an Herrn Palmer abzuarbeiten, weil wir alle hier im Haus einer Meinung sind, was den Zweitgenannten anbelangt –, dass diese Befassung im Parlament jenseits der Frage, ob es richtig ist, unter Opportunitätsgründen, unter Verfassungsgründen, dass wir alles mit Gesetzen regeln, dass ich daran deutliche Zweifel habe. Wie man das aber löst, weiß ich nicht. Jenseits dieser Frage: Die Ministerpräsidentenkonferenz ist desavouiert, denn sie handelt nicht mehr einheitlich, die Dispute finden in Talkshows statt. Wo normalerweise karnevaleske Auftritte stattfinden, da hat sich einer ganz besonders hervorgetan, aus Nordrhein-Westfalen.
Ich will das nicht vertiefen. Das hat die Debatte nicht bereichert, jedenfalls keine Parlamentsbefassung ersetzt. Das muss uns klar sein.
Ich komme zurück zu meinem Kipppunkt. Damit Sie sehen, mit welchem Nachdruck und wie ernsthaft ich das meine: Ich stimme der Bundesjustizministerin, der geschätzten Kollegin Christine Lambrecht ausdrücklich nicht zu. Es steht der Exekutivspitze ausdrücklich nicht
(Präsident Ralf Wieland)
zu, einzuschätzen, ob die parlamentarische Demokratie funktioniert. Gemessen an dem Maßstab dieses Parlaments, das noch keine von mehr als 15 Rechtsverordnungen verfassungskonform befassen konnte, lasse ich diesen Befund, ihren Befund mit ihren Prämissen mal im Raum stehen. – Meine Damen und Herren! Fangen wir an zu arbeiten!
Sie haben gefragt, Herr Präsident, ob jemand zu widersprechen wünscht. Ich wünsche zu begründen. Das Widersprechen stellen wir danach fest.
Es ist bemerkenswert, Herr Kollege Fresdorf, dass Sie hier etwas sagen, zu dem dieses Haus, mit Ausnahme der AfD, die sich dazu bisher in keiner Ältestenratssitzung zu Wort gemeldet hat, einen breiten Konsens erzielt hat.
Der besteht darin, dass wir bekräftigen, als ein Parlament von 17 in dieser Bundesrepublik, an der Staatsraison festzuhalten, dass wir aus drei Gewalten, die sich gegenseitig beschränken und ergänzen, bestehen. Wir bestehen aus der Legislative, der Exekutive und der Judikative. Wir sehen, das kommt auch nicht von ungefähr, denn so wird bundesweit mit Hunderten Rechtsverordnungen, Allgemeinverfügungen und sonstigen Veröffentlichungen gesteuert, weil es geboten war. Es kommt also nicht von ungefähr, dass wir diese Debatte heute führen. Sie ist zum Glück nicht zu spät.
Die Debatte besteht darin, dass bei so grundsätzlichen Einschränkungen, wie es sie in der Geschichte des Grundgesetzes und in der Bundesrepublik Deutschland in der Eingriffstiefe und hinsichtlich der Eingriffsdauer noch nie gegeben hat, die Parlamente legitimiert und berufen sind – als die einzigen Institutionen, die vom Souverän unmittelbar abgeleitet die Kompetenz haben –, solche weitreichenden Entscheidungen dauerhaft zu treffen. Das kommt nicht von ungefähr. Sie stellen das allerdings so dar, Herr Kollege Fresdorf, als sei es eine Erfindung der FDP.
Dann hätten Sie aber mindestens davon Abstand nehmen sollen, mich selbst mit fast der Hälfte Ihres Wortbeitrags zu zitieren.
(Paul Fresdorf)
Fazit: Die Parlamente sind aufgerufen, sich mit diesen Grundrechtseingriffen zu befassen. Es geht nicht nur um die Verfassungslage, sondern es geht um die Herstellung von Transparenz. Das ist das, was uns wichtig ist. Wir müssen nach unserer Einschätzung den Bürgerinnen und Bürgern nachvollziehbar machen, in öffentlichen Sitzungen das Für und Wider wägen. Übrigens werden wir uns da auch nicht schneller und besser einig als die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten.
Dazu hat sich der Senat heute erklärt. Alle Fraktionen, außer der AfD haben sich dazu zu Wort gemeldet. Ich hatte im Ältestenrat empfohlen, dass wir heute diese Debatte nicht führen. Das ist ein bisschen schade. Das Haus ist sich im Wesentlichen einig, und die Koalition ist verabredet, Ihrem Antrag zuzustimmen. Allerdings haben wir uns noch nicht hinsichtlich der Ausschussüberweisungen entschieden. Dazu werden wir uns im Laufe dieser Plenarsitzung verhalten. – Vielen Dank!
„Maskenpflicht in der Kita“ habe ich eben gehört!]
Eine Sternstunde
des Parlamentarismus! –
Unruhe]
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Wie sieht denn der Senat die sogenannten Geisterspiele der Fußballbundesliga vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ich gehört habe, dass da trotz etwaiger positiver Testergebnisse die ganze Mannschaft nicht in Quarantäne muss, also anders als wir momentan bei unserem medizinischen Personal und bei der Feuerwehr steuern?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Wenn jetzt gerade die von Prof. Drosten veröffentlichte Studie, dass Kinder genauso infektiös sind wie Erwachsene, berücksichtigt wird, möchte ich vom Senat wissen, wie viele bzw. welche Klagen hinsichtlich der Regelung anhängig sind, dass im Berliner Dom oder in anderen Gotteshäusern nur 20 Leute beten dürfen, ihrem Glaubensbekenntnis, ihrem schrankenlosen, nachgehen dürfen, während sich in Supermärkten 3 000 Leute aufhalten dürfen oder in Schulen ein paar 100?
Langenbrinck genießt ihn nur,
wenn er euch auf den Kopf hauen kann! –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Die erste Vorbemerkung kann ich mir
(Senator Dr. Matthias Kollatz)
nicht verkneifen: Nach den Maßstäben des Deutschen Bundestags würde es sehr ungern gesehen, wenn in Haushaltsberatungen gar kein Fachsenator im Haus ist. Ich möchte aber Abstand nehmen zu zitieren.
Das wollte ich so deutlich auch nicht sagen, Herr Kollege Langenbrinck! Herzlichen Glückwunsch nachträglich noch zum Geburtstag! – Ansonsten gibt es durchaus Bemerkenswertes; ein Thema haben wir heute früh schon angeschnitten: nämlich die Befundung, dass momentan 82 Millionen Bundesbürger durch Rechtsverordnungen der Exekutive regiert werden, die in einem zunehmenden Maß von der Judikative korrigiert werden.
So ist es auch hinsichtlich des Haushalts: Wir haben hier hohe Millionenbeträge, Milliardenbeträge ohne legislative Befassung ausgereicht. Ich will das zum Anlass nehmen, ausdrücklich allen finanzpolitischen Sprecherinnen und Sprechern und den parlamentarischen Geschäftsführern von mir persönlich herzlichen Dank zu sagen. Wir hatten einige Telefonate im Hintergrund, um das mit parlamentarischer Rückendeckung zu ermöglichen. Vielen Dank!
Das zeigt aber auch, dass dieses Hohe Haus in einem geübten Verfahren in der Lage ist, schnell, robust und im Konsens zu reagieren, was die Frage aufwirft, ob wir dem Senat ermöglichen müssen, in Zukunft eben auch ohne parlamentarische Befassung 100 Millionen Euro auszureichen. Da sind unserer Beratungen noch nicht am Ende, aber meine Skepsis haben Sie jetzt vernommen.
Im Übrigen: Ja, ich bin froh, dass wir jetzt zu einer Stoßrichtung kommen, die weltweit, bundesweit gilt. Der Bundesfinanzminister hat von Bazooka gesprochen, und will im Wesentlichen die krisenbedingten Kosten und Folgekosten kreditfinanzieren. Froh bin ich darüber, weil das jenseits von ideologischer Befasstheit mit der Schuldenbremse ein bundesweiter Konsens ist und ich mir nicht vorstellen kann, dass wir jetzt der Krise in den Bezirken, in den Fachressorts auch mit Blick auf die darüber hinaus erforderliche Konjunkturkomponente hinterhersparen. Ich glaube, insoweit zeichnet sich da ein breiter Konsens in den Koalitionsfraktionen ab. Das wird für die Opposition ein bisschen dialektischer.
Das ist die zweite bemerkenswerte Befundung: Lufthansa verstaatlichen, mutmaßlich natürlich nur als stiller Gesellschafter, Milliarden-, Billionenbeiträge durch den starken Staat ausreichen, Kita – das habe ich jetzt von der FDP gehört –, die bis vor einiger Zeit noch Verwahranstalt war, ist jetzt Bildungsanstalt; Kita für alle. – Es ist schon bemerkenswert, was da die konservativen Parteien bundesweit gerade aufstellen. Der Ruf nach dem Staat – da haben Sie einen Erkenntnisgewinn; wir brauchten da keine Belehrung.
Teilaspekte sind auch noch wichtig: Heute sind Sportförderprogramme hier in den Raum gestellt. Ein bisschen vermissen wir die Unterstützung von Kulturprojekten in den Bezirken. Es gibt substanzielle Debatten über die Unterstützung der mittelständischen Wirtschaft auch über zehn Mitarbeiter hinaus.
Das ein oder andere wird ja noch hinzukommen, auch die Vereinsunterstützung. Ich mache einmal ein Fragezeichen daran, ob das ein zweiter Nachtragshaushalt in dieser Zeitachse aushalten kann, der ja mutmaßlich erst nach der Sommerpause käme. Da müssten wir ein Verfahren finden, wie wir miteinander zurande kommen. Sollte der Senat allerdings Kraft aufbringen wollen in der Größenordnung, wie sie hier skizziert ist, von 1 Milliarde Euro durch Einsparungen, müssen wir uns noch einmal genauer ansehen, ob wir dann einen zweiten oder dritten Nachtragshaushalt ohne Fachausschussberatungen zustande bringen. Daran habe ich noch meine Zweifel.
Die Zahlen der Bundesregierung geben Anlass zu der Vermutung – und da bin ich dem Finanzsenator dankbar, dass er das Wort „mindestens“ als Superlativ in meinem Sinne eingefügt hat –, dass wir möglicherweise mit 5 Milliarden Euro Kreditaufnahme nicht auskommen werden. Dann müssen wir uns genau überlegen, das ist auch ein politischer Punkt, ob wir nicht mit Blick darauf, was danach kommt, auch über Kreditaufnahmen werden reden müssen. Konjunkturaspekte investiver Art – da ist das Land Berlin mit dem SIWA gut aufgestellt, da haben wir ein starkes Pfund. Das wird die Wirtschaft ankurbeln. Deswegen ist es wichtig, dass dieses System vorgehalten wird. Wir müssen uns das aber mit, nach und während der Steuerschätzung genau ansehen. Ich will noch keinen Strich darunter ziehen. – Das ist die Botschaft aus der SPD-Fraktion zu diesem Thema.
Wir sind der Finanzverwaltung ausdrücklich dankbar und vertrauen darauf, dass die Zusammenarbeit, die Zuarbeit technischer Art, die Umsetzung und Umlegung in Steuerkapitel usw., notfalls schnell und reibungslos funktioniert. Das könnte das Haus gar nicht leisten. Ich kann mir andererseits auch nicht vorstellen, dass wir 5, 6 oder 7 Milliarden Euro pauschale Mehreinahmen bei Bankenkredittitel und entsprechenden Mindereinnahmen im Einzelplan 15 eintragen würden. – Mit Blick auf die Bezirke zeichnet sich eine Verständigung innerhalb der Koalitionsfraktionen ab, zu der ich jetzt nicht weiter ausführen will – sozusagen aus solidarischen Gründen, weil meine beiden Kollegen sicherlich noch den ein oder anderen Aspekt hinzusetzen.
Fazit: Dieser erste Nachtragshaushalt ist folgerichtig, er ist plausibel. Ich habe das im Hauptausschuss auch schon einmal gesagt: Der Senat hat die Schleusen aufgemacht.
Wir haben Justierungsbedarf. Der Senat hat einen Haushalt vorgelegt, der wie ein warmes Messer durch die Butter gehen wird. Ich gehe davon aus, dass die anderen Fraktionen diesen Nachtrag betreffend eine ähnliche Einschätzung haben. Dafür gilt unser Dank auch dem Finanzsenator. – Vielen Dank!
Das war ein Blattschuss!
Wer hat denn den Sozialismus
ausgerufen bei der CDU? –
Sie hätten
die ganz allein gelassen! –
Zuruf von der AfD: So ist die Realität! –
Zurufe von Torsten Schneider (SPD),
Sven Kohlmeier und Franz Kerker (AfD) –
Weitere Zurufe von der AfD]