Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 13. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und darf Sie begrüßen sowie unsere Gäste und Zuhörer, ebenfalls die Medienvertreter.
Bevor ich zum weiteren Verfahrensablauf komme, möchte ich der Kollegin Anne Helm von der Fraktion Die Linke zum heutigen Geburtstag gratulieren. – Herzlichen Glückwunsch!
Es wird noch besser. Im Namen des Hauses beglückwünsche ich Kollegen Stephan Standfuß von der Fraktion der CDU zur Geburt seiner Tochter Lena. – Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für die Familie!
Ich habe nun wieder Geschäftliches mitzuteilen. – Wenn der Senat mich lässt, würde ich gern fortfahren. Danke schön! – Der Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 18/0371 – Einsetzung eines Untersuchungsausschusses: Der Anschlag vom 19.12.2016 am Breitscheidplatz. Vorgeschichte, Abläufe und Folgerungen für das Land Berlin – wird von der antragstellenden Fraktion zurückgezogen. Der Antrag wurde in der 12. Sitzung am 22. Juni 2017 an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung überwiesen.
Der Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/0411 – Aktionsplan gegen linke Gewalt – wurde in der 12. Sitzung nicht aufgerufen. Ich habe den Antrag vorab – entsprechend der Übereinkunft der Fraktionen – federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie, an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung, an den Ausschuss für Verfassungsschutz sowie an den Hauptausschuss überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen.
Ebenfalls in der 12. Sitzung wurde nicht aufgerufen der Antrag der FDP-Fraktion, Drucksache 18/0412 – Leistung honorieren – keine Einrede der Verjährung gegenüber den Berliner Feuerwehrleuten. Diesen Antrag habe ich nach der Übereinkunft der Fraktionen vorab an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und an den Hauptausschuss überwiesen und darf auch hier Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen.
− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Der nächste Koalitionsstreit: Kein Fortschritt beim Wohnungsneubau, stattdessen fliegen die Fetzen bei RotRot-Grün. Der Müller-Senat muss endlich handeln.“
− Antrag der AfD-Fraktion zum Thema: „Meinungs- und Versammlungsfreiheit garantieren – fairen Wahlkampf sicherstellen!“
− Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Berlin wetterfest machen – wie gut ist Berlin auf Unwetter vorbereitet?“
Die Fraktionen haben sich auf die Behandlung des Antrags der AfD-Fraktion – Meinungs- und Versammlungsfreiheit garantieren – fairen Wahlkampf sicherstellen! – verständigt, sodass ich dieses Thema gleich für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufe, und zwar in Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 44. Die anderen Anträge auf Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Dringlichkeitsliste mit dem Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die dort verzeichneten und nach dem Redaktionsschluss eingegangenen Vorgänge unter den Tagessordnungspunkten 5, 6, 7, 9 A, 15 bis 25 B und 44 A in der heutigen Sitzung zu behandeln. Ich darf darauf hinweisen, dass nach der Regelung in § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung für die dringliche erste Lesung eines Gesetzesantrags, wie bei dem Tagesordnungspunkt 9 A, eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Hauses erforderlich ist. Ich gehe davon aus, dass allen genannten Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. – Widerspruch höre ich nicht. Dann ist dies so einvernehmlich beschlossen. Zugleich darf ich feststellen, dass für die dringliche Behandlung des Tagesordnungspunktes 9 A – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Stiftung Naturschutz Berlin – die erforderliche Zweidrittelmehrheit vorliegt.
Auf die Ihnen vorliegende Konsensliste darf ich ebenfalls hinweisen – und stelle fest, dass dazu kein Widerspruch erfolgt. Die Konsensliste ist somit angenommen.
Entschuldigung von Senatsmitgliedern für die 13. Sitzung: Frau Senatorin Günther ist ganztägig abwesend. Grund ist die Vertretung des Regierenden Bürgermeisters beim mehrtägigen Moscow Urban Forum in Moskau.
Fairen Wahlkampf ermöglichen – Berliner Erfassungsstelle für Angriffe auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit (BEAMV) einrichten
Für die Besprechung der Aktuellen Stunde und für die Beratung des Tagesordnungspunktes 44 steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die AfD-Fraktion. Herr Kollege Pazderski, Sie haben das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Abgeordnetenhauses! Liebe Besucher! Die für den G-20-Gipfel in Hamburg angekündigten Ausschreitungen werfen ihre düsteren Schatten auf den bevorstehenden Wahlkampf zum Deutschen Bundestag und den Volksentscheid über den Flughafen Tegel voraus. Sie lassen Schlimmes für unser Berlin in den kommenden Wochen erwarten. Nicht nur Rechtsextremisten, sondern gerade auch Linksextremisten maßen sich an zu entscheiden, wem das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zusteht und wem es versagt werden soll. Das geschieht unter der Überschrift: Kampf gegen rechts –, der längst zum Kampf gegen das Recht verkommen ist.
Ich nenne hier nur ein Beispiel, das sogar überregional in der Presse Resonanz gefunden hat. Seit vielen Monaten drangsaliert die extremistische Gruppe „Nationalismus ist keine Alternative“ den AfD-Politiker und Bundestagskandidaten Dr. Marius Radtke aus Weißensee. Er ist 65 Jahre alt, Zahnarzt, mit einer Ungarin verheiratet, Vater und Großvater und praktiziert seit vielen Jahren in Weißensee. Er wird mit lautstarken Sprüchen wie: Marius Radtke raus aus Weißensee – vor seiner eigenen Praxis ganz gezielt und ganz persönlich bedrängt und terrorisiert. Das alles geschieht am helllichten Tag mitten in Berlin, und niemand in den etablierten Parteien, auch nicht bei CDU und FDP, findet dazu ein Wort. Es ist unfassbar: Diese gesichtslose Gruppe, deren Website anonym in Panama registriert ist, beruft sich in orwellscher Sprachverwirrung auf die Grundsätze Freiheit,
Gleichheit und tolerantes Zusammenleben. Diese sollen aber ausdrücklich nicht für Anhänger der AfD gelten. Die haben – ich zitiere: „ein Recht auf die freiheitliche Behandlung verwirkt“. Was ist das eigentlich für eine Ungeheuerlichkeit und Vermessenheit? Unter der Rubrik „Kampf gegen rechts“ spielen sich linksextreme Politsekten, die sich nie einer demokratischen Wahl gestellt haben, als Gesetzgeber, Richter und Vollstrecker in roter Gestalt auf, und das ist im weit verzweigten, zu einem nicht unerheblichen Teil öffentlich alimentierten Geflecht linker und linksextremer Organisationen eher die Regel als die Ausnahme.
Ob sogenannte Autonome oder Anarchisten, selbsterklärte Antifaschisten oder, man muss es leider offen sagen, auch Mitglieder von Jugendverbänden politischer Parteien, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen – sie alle mögen mancherlei ideologische Differenzen haben und manches unterschiedlich beurteilen, wenn es aber darum geht, ihnen unliebsame Parteien und deren Wähler auszugrenzen, ziehen sie allzu oft an einem Strang. Sie treten Seite an Seite bei denselben Aktionen und Demonstrationen auf. – Wenn selbst das Mitglied einer Fraktion dieses Hauses, wie kürzlich in SteglitzZehlendorf geschehen, ganz normalen Bürgern den Zugang zu einer politischen Veranstaltung verbieten will und es erst der Polizei bedarf, um Berlinern zu ihrem Recht zu verhelfen, sich anzuhören, was die AfD zu sagen hat, was soll man dann von außerparlamentarischen Gruppen erwarten?
Gewalttäter erhalten von linken Politikern ganz unverhohlen Signale, dass ihr gesetzwidriges Tun und Handeln rechtens ist. Was ist das für eine seltsame Moral aufseiten der politischen Linken? – Zum Al-Quds-Tag darf man in Berlin öffentlich für die Hamas werben und wieder gegen Juden und gegen Israel wettern. Unter dem Deckmantel des Antizionismus wird Antisemitismus in Deutschland und Berlin wieder hoffähig und stillschweigend geduldet.
Wer aber für die Interessen unseres Landes eintritt, wird als Rassist, Rechtsextremist oder gar als Nazi beschimpft und diffamiert. Deutsche Staatsbürger wie Marius Radtke sollen aus dem Viertel vertrieben und ihre Existenz soll vernichtet werden. Die unverhohlene Botschaft lautet: Entweder du gehst, oder wir machen dich und deine Familie fertig. – Wenn allerdings jemand nach langem rechtsstaatlich korrektem Verfahren abgeschoben werden soll, bilden sich flugs Sympathisantenzirkel, die lautstark für ein Bleiberecht nachweislich nicht verfolgter Asylbewerber eintreten.
Doch mich irritiert noch anderes: Im Vorfeld der Pöbeleien gegen Marius Radtke am 1. April 2017 haben die Grundgesetzhasser von „Nationalismus ist keine Al
ternative“ ganz offen zu einem Infoabend ins Jugendzentrum Pankow eingeladen, auf dem der Terror gegen einen unbescholtenen Bürger PR-mäßig vorbereitet werden sollte. Dieses Jugendzentrum erhält ca. 120 000 Euro Förderung im Jahr vom Bezirksamt Pankow.
Nach den Pöbeleien wurde dann zur großen Hip-HopParty in das Jugendzentrum „Bunte Kuh“ in Weißensee eingeladen, um die eigenen Heldentaten gegen einen unbescholtenen Zahnarzt kräftig zu feiern und zu begießen. Übrigens: Dieses Jugendzentrum wird ebenfalls vom Bezirksamt Pankow finanziell unterstützt. Ich empfinde das als einen Skandal.
Wir in der AfD-Fraktion sind keine Bittsteller. Wir fordern nichts anderes als Chancengleichheit und Fairness. Wir fordern die gleichen Rechte wie alle anderen in diesem Haus vertretenen Parteien, nämlich für unsere politischen Anliegen zu werben. Alle, die wir hier sitzen, haben als demokratisch gewählte Politiker die Aufgabe, einen Beitrag dazu zu leisten, dass das im Grundgesetz garantierte Recht auf freie Meinung und das Recht auf Versammlung nicht den Launen irgendwelcher Extremisten unterworfen wird.
Ich weiß, dass auch einige der anderen hier im Hause vertretenen Parteien und Mitglieder schon Opfer politischer Gewalt und von Einschüchterung durch Extremisten geworden sind. Das verurteile ich aufs Schärfste. Jeder Angriff auf die Meinungsfreiheit ist schändlich, egal um wessen Meinung es geht und egal, wer sie unter welchem Mäntelchen angreift. Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass der Staat auch nur einen Schritt vor linken, rechten oder religiösen Extremisten zurückweicht
und zwar vor Gruppen, die das Gewaltmonopol unseres Staates angreifen und aushöhlen wollen und damit unsere Demokratie infrage stellen. Deshalb ist es Zeit, dass wir handeln. Die Wähler wollen einen durchaus spannenden und kontroversen, aber zugleich auch fairen Wahlkampf. Die Wähler wollen keine Weimarer Verhältnisse auf den Straßen.