Michail Nelken
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fünf Jahre nach dem Bankenskandal, nach fünf Jahren Arbeit des Untersuchungsausschusses und angesichts des dicken Berichts, den die Kolleginnen und Kollegen wahrscheinlich schon alle gelesen haben werden, fällt die Antwort auf die Grundfrage: Was ist eigentlich passiert, und wer hat Schuld? – wir haben es eben erlebt – ganz offensichtlich immer noch schwer. Trotz des einmütigen Votums des Untersuchungsausschusses fällt dieses Urteil offensichtlich auch sehr unterschiedlich aus. Wir haben die Tatsachen zwar relativ einmütig ermittelt, aber hinsichtlich der Wertung von Tun und Lassen der Verantwortungsträger, der Bankmanager, der Politiker, laufen die Positionen im Plenum weit auseinander. Deswegen halte ich für die Linkspartei noch einmal einige Punkte fest, wie wir das Ergebnis der Arbeit des Untersuchungsausschusses sehen.
Erstens: Die Bankgesellschaft wurde durch eine verfehlte Geschäftspolitik systematisch in eine Existenzkrise manövriert. Nicht einzelne geschäftspolitische Fehlentscheidungen oder gar einzelne kriminelle Handlungen waren die Ursache, sondern der Niedergang hatte System und Methode. Mit öffentlichem Vermögen und staatlicher Haftung wurden Risikogeschäfte finanziert und ungesicherte Anleihen auf die Zukunft aufgenommen. Die Geschäftspolitik der Bank glich im Geiste und manchmal absurd bis ins Detail der regierenden Politik in diesem Land. – Hier kommen wir auf das eben Diskutierte zurück. – Die Bankenkrise war vielleicht der konzentrierte Ausdruck der Regierungspolitik der CDU/SPD-Koalition. Wie das Land, so die Bank!
Zweitens: Die Bedingungen und Motive, die zur Gründung der Bankgesellschaft beitrugen, hatten schon das Moment des Scheiterns in sich. Die regierenden Politiker dieser Stadt – die regierenden Politiker beider Parteien – und ihre Förderer in der Berliner Wirtschaft – diese Bezeichnung hat einen doppeldeutigen Klang – wollten der Stadt die Bank erhalten, weil die veränderten Bedingungen die Bankexistenz in Frage stellten. Sie wollten sie unter ihrem Einfluss behalten. Dafür fand man auch blumige Worte, wie: „Finanzplatz Berlin sichern“, „Arbeitsplätze sichern“ usw. – Sie haben das alles noch in Erinnerung –, aber die eigentlichen Intentionen waren andere. In Wirklichkeit ging es darum, dem Landeshaushalt angesichts der auslaufenden Berlinförderung eine Quelle zu sichern. Es ging darum, angesichts der Haushaltskasse, die absehbar kein Geld dafür haben würde, die Finanzierung von politisch gewollten Projekten abzusichern. Und es ging – das wurde immer vergessen, auch von der FDP – um die Finanzierung der mit den regierenden Parteien verbundenen Berliner Wirtschaft, insbesondere der Bauwirtschaft, die nicht unbegründete Zweifel hatte, bei neuen Finanzinstituten auf dem Bankenplatz Berlin schlechte Karten zu haben.
Viertens: Die Umsetzung der internen Konzernfinanzierung über die LBB in den folgenden Jahren ist letztlich der Grund, warum das Land für die Verluste der Bankgesellschaft aufkommen muss. Nicht die rechtliche Konstruktion brachte das Land Berlin in die Haftung. Natürlich haftet die LBB nicht für die Geschäfte des Mutterkonzerns und für die Schwesterbanken, aber sie hat diese Geschäfte kreditiert. Wenn dieser Haftungszusammenhang kein gesellschaftsrechtlicher, sondern ein wirtschaftlicher ist, was folgt daraus? – Dann folgt daraus, dass die Risiken des Landes Berlin nicht am Tag der Gründung entstanden sind, sondern mit der folgenden Geschäftsentwicklung, die von der LBB finanziert worden ist. Damit – Herr Stadtkewitz und meinetwegen auch Herr Zimmermann, darüber haben wir uns im Ausschuss immer wieder gestritten – stehen die Aufsichtsräte von LBB und BBG, die diese Geschäftspolitik nicht nur geduldet, sondern die Geschäftsstrategie beschlossen haben, in der Hauptverantwortung.
Dass die erhofften Zukunftschancen der Bankengründung eine Risikokehrseite hatte, kam in diesem Plan nicht vor. Aber das war kein einfacher Black-out, sondern typische Berliner Wirtschaft. In Berlin war reales wirtschaftliches Risiko bis zum Mauerfall dem Grunde nach eine unbekannte Erfahrung, denn in der Sonderwirtschaftszone Westberlin zahlte am Ende immer der Staat. Die regierende Politik in Berlin und ihre verbündete Klientel in der Wirtschaft hatte zwar zur Kenntnis genommen, dass sich an der Lage etwas geändert hat, aber sie wollten mit den alten Mitteln das alte Westberlin in das neue Berlin hinübertransformieren. Das musste schief gehen. Das ist vielleicht, Herr Stadtkewitz und meine Damen und Herren, der eigentliche Grundzusammenhang. Es geht nicht nur darum, dass hier Fehler in der Geschäftsstrategie gemacht wurden, sondern darum, dass dieses in einer bestimmten politischen Kultur, nämlich der des alten Westberlins, erfolgte.
Der Bankenskandal wird in der öffentlichen Debatte etwas zu Unrecht immer mit dem Fondsgeschäft verbunden. Der eigentliche Skandal ist, dass die Verluste in der Bankgesellschaft nicht durch das Fondsgeschäft ausgelöst wurden, sondern durch die Immobilienfinanzierung. Der
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Insofern ist er eine Symbolfigur. Er ist auch deshalb eine Symbolfigur, weil gerade diese Schlüsselfigur der Berliner Verbindung von Finanz- und Bauwirtschaft auf dem Höhepunkt, dem Schicksalsjahr der Bankgesellschaft, zum Verantwortlichen für die Immobilienfinanzierung des Konzerns wurde. Insofern ist er eine Zentralfigur. Er ist nicht für alles verantwortlich. Deshalb kann man sagen, dass sowohl seine Person wie der Aubis-Kredit wie die Parteispenden die Bank nicht ruiniert haben. Natürlich haben sie die Bank nicht ruiniert. Aber sie sind sinnbildlich für das, was eigentlich vorgegangen ist. Er repräsentiert das System, das hinter dem Niedergang der Bank steht.
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Jetzt muss ich noch etwas sagen: Natürlich, und darin sind wir uns sicher alle einig, tragen die Verantwortungsträger – Annette Fugmann-Heesing herausgehoben – Verantwortung für den Bankencrash, aber in ganz anderer Art und Weise: Frau Fugmann-Heesing in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied der LBB und der BBG als Finanzsenatorin. Dazu ist schon einiges gesagt worden, auch dazu – das lasse ich jetzt weg –, welche verhängnisvolle Rolle sie dabei spielte, als im Jahr 1998 aus der Bank die Gewinnansprüche aus der LBB an die BBG verkauft worden sind. Ich sage nur eines: Es war ja nicht ihr privates Steckenpferd. Diese Form der Vermögensaktivierung, die Frau Fugmann-Heesing dort betrieb, war Politik der großen Koalition und trifft wieder beide. Wohnungsbaugesellschaften, Wasserbetriebe – immer wurde gesagt, wir machen ruhendes Vermögen des Landes Berlin – so heißt es zur Begründung des Beschlusses, den dieses Haus gefasst hat – fungibel. Wir machen einfach unser Vermögen flüssig. Das war der Sinn dieser Maßnahme. Insofern ist der Finanzsenatorin Verantwortung anzulasten, aber es ist zugleich eine Verantwortung der gesamten großen Koalition für diese Politik, die sie damals betrieben hat. Da kann man nur wieder sagen: So wie das Land, so die Bank.
weitaus größte Teil des Jahresfehlbetrags des Jahres 2001 resultierte aus Wertberichtigungen aus Immobilienkrediten. Herr Stadtkewitz, es war nicht eine plötzliche und neue Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen, dass man auf einmal z. B. eine Menge an Immobilienkrediten in der Wohnungsbauförderung, die die Berlin-Hyp hatte, neu bewerten musste. Sie waren nicht mit Risiko Null zu bewerten. Das war kein Einfall der Aufsichtsbehörde, es war wirtschaftliche Realität.
Damit schließt sich der Kreis im doppelten Sinn. Einmal traten in diesem Bereich in der Immobilienfinanzierung die höchsten Wertberichtigungsbedarfe auf – das war also die Achillesferse des Konzern, die Langfristfinanzierung lag hierfür bei der LBB und bei der BerlinHyp. Zum anderen waren die tragenden bauwirtschaftlich-politischen Kreise dieser Stadt die eigentliche gesellschaftliche Basis für die Gründung, für den Aufstieg und für den Niedergang der Bank. Das war das eigentliche Problem.
Wenn Sie genau nachforschen, sind die Personen, die bei der Immobilienfinanzierung agierten, die gleichen, die auch in den Fondsobjekten engagiert sind. Ich brauche die Namen der Berliner Bauträger nicht zu nennen, sie sind Ihnen alle bekannt.
Den nächsten großen Immobilienkunden finden Sie auch in den Fonds wieder, das sind die kommunalen Wohnungsunternehmen. Die Konstruktion und der Einsatz dieser Rundherum-sorglos-Fonds der LBB war sozusagen die Wiederkehr des subventionswirtschaftichen Geistes des politisch-bauwirtschaftlichen Komplexes des alten Berlins. Wenn Sie sich die Fonds anschauen: Es waren praktisch genau die gleichen Bedingungen wie für die Berlinförderdarlehen. Man hatte der alten Klientel genau die gleichen Bedingungen gemacht, nur hatten sich die gesellschaftlichen Verhältnisse völlig geändert. Das musste schief gehen, und zwar auf Kosten des Landes. Aber es ist zu Westberliner Zeiten auch immer auf Kosten des Landes gegangen. Das ist das gesellschaftliche Grundproblem.
Ich will mich hier nicht verlieren in dem Streit, wer mehr Schuld hat. Ich will eines klar sagen: Klaus-Rüdiger Landowsky
ist nicht der Verantwortliche für die systematische Fehlentwicklung des Konzerns der Bankgesellschaft. Der gravierende Schaden ist nicht von Klaus-Rüdiger Landowsky erzeugt worden. Aber Klaus-Rüdiger Landowsky ist die Personifizierung des Bankenskandals in all seinen Dimensionen und Ursachen. Er war Vorsteher der Pfandbriefanstalt, die sich später Berlin-Hyp nannte, und als CDUFraktionschef und Hauptstrippenzieher die Zentralfigur dieses politisch-bauwirtschaftlichen Geflechts in Berlin. Deren Geist und deren Einfluss hat die Bankengründung
in Berlin maßgeblich geprägt und auch die Entwicklung in den Niedergang beeinflusst.
Ich komme zum Schluss, muss mir nur leider eine Bemerkung zum Antrag der FDP ersparen.
Ich möchte nur noch darauf eingehen, was Herr Schimmler zu dem Thema gesagt hat. Die eine Seite war die Misswirtschaft der Bank, aber das ist nur die eine Seite. Die andere Seite war die Misswirtschaft der privaten Kunden der Bank, die haben doch den Schaden angerichtet. Ohne die private Wirtschaft, ohne die privaten Kunden, hätte es die Misswirtschaft der Bank nicht gegeben.
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Über die Verfehlungen der Aufsichtsräte ist auch hinreichend gesprochen worden. Das ist schon ein erstaunliches Phänomen. Wenn Sie sich vorstellen, um ein Beispiel herauszugreifen: Da hat das Land Berlin als Senat verlangt, dass die Bankgesellschaft Berlin GSG und ARWOBAU zu überhöhten Preisen übernimmt. Die Vorstände wollten nicht, und man musste sie von der Haftung freistellen, damit sie diesen Geschäften zustimmen. Jeder, der sich ein bisschen auskennt, weiß, dass an die Haftung von Organen sehr hohe Hürden gelegt werden. Da sind Sie nicht schnell dabei. Und wenn in Deutschland ein Vorstand darum bittet, von der Haftung freigestellt zu werden, dann müssen bei jedem Aufsichtsrat die Alarmglocken klingeln. Man wollte die aber nicht hören, deswegen ist das Klingeln durch eine so massive Forderung verhallt. Man hat dieser Forderung stattgegeben und diese Vermögensverschiebung, also Positionsverschiebung, durchgezogen – zu Lasten der Bank, um Geld zu aktivieren. Das ist ein Beispiel dafür, wie hier vorgegangen wurde. Es hat Warnungen gegeben. Es hat Prüfungsberichte gegeben, die auf dieses System hingewiesen haben. Es wurde trotzdem weiter so gemacht.
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Jetzt kommen wir zum entscheidenden Unterschied, meine lieben Kollegen Schimmler und andere, die gesagt haben: Das hat es in der Privatwirtschaft auch gegeben. – Ich nehme mal das Beispiel der geschlossenen Immobilienfonds. Selbstverständlich hat es das auch bei privat initiierten und von Privatbanken finanzierten geschlossenen Immobilienfonds gegeben, gar keine Frage. In der Mitte der 90er Jahre ist jeder Kartoffelacker in SachsenAnhalt über geschlossene Immobilienfonds entwickelt worden. Es wurde Geld von Zahnärzten in BietigheimBissingen und Kirchheim-Teck aktiviert. Der Steuerspartrieb ist größer als der Geschlechtstrieb, jedenfalls bei vielen Mitbürgern. Und da hat man das gemacht, ohne zu gucken, ob diese Immobilie überhaupt eine Entwicklungschance, eine Renditefähigkeit hat. Man hat nur darauf geguckt, ob das Fördergebietsgesetz da mitgemacht hat.
Wir haben sie eingeladen.
Jetzt komme ich zur letzten Bemerkung, Frau Präsidentin. – Ich teile nicht den Optimismus einiger anderer. Zwar ist mit der großen Koalition sicher die Situation nicht mehr gegeben, wie sie damals war und den Bankenskandal möglich machte. Aber eins muss man klar sagen: Einen Fehler dürfen wir nicht machen. Wir dürfen auch den Bankenskandal nicht dämonisieren und von uns rücken. Ich bin der Meinung, dass auch heute, auch unter künftigen politischen Bedingungen solche Skandale immer wieder möglich sein werden. Bei allem, was sich positiv geändert hat und was meine Vorredner schon gesagt haben: Wenn Politik in eine Interessenkollision kommt, wenn nicht verantwortlich mit Vermögen des Landes und mit Landesunternehmen umgegangen wird, wird es immer wieder zu solchen Vorfällen kommen. Wir sind davor auch nicht gefeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil die Notwendigkeit, die Berlin gesehen hat, aus diesem, wie mein Vorredner sagte, absurden oder unsinnigen Subventionssystem der Berliner Wohnungsbauförderung auszusteigen, rechtlich bestätigt. Zum Nachtteil öffentlicher Haushalte kann ein Staat nicht verpflichtet werden, weiter zu subventionieren, wenn der Ertrag für das Gemeinwesen in einem krassen Missverhältnis zum Nutzen steht. Der Staat hat hier sogar die Verantwortung, umzusteuern. Die Frage ist, ob es rechtzeitig war oder ob – wie es Kollege Schimmler formulierte –
das etwas zu spät erfolgte. Ich bin der Auffassung, dass es viel zu spät für das Umsteuern war.
Die Wohnungsbauförderung hätte auch in dieser Zeit – welche Erwartungen auch immer man an den Zuzug stellte – eingestellt werden müssen, denn sie war wirtschaftlich unsinnig. Sie hätte auch nicht zu völlig absurden Preisen hochgefahren werden dürfen.
Der Ausstieg von Rot-Rot im Jahr 2003 ist nach einer Abwägung erfolgt. Es war weder ein Schnellschuss noch ein Befreiungsschlag. Man hat lange überlegt, welche Folgen es für die Mieter, die Wohnungsunternehmen und auch für den Landeshaushalt haben würde. Alles, was Herr Kaczmarek eben dargestellt hat, dass das für das Land Berlin nicht folgenlos bleiben wird, ist damals diskutiert worden. Man hat sich dann dafür entschieden, diesen Weg zu gehen. Ihn erachte ich nach wie vor für richtig.
Der Mieterschutz ist damals ebenfalls intensiv erörtert worden. Zunächst ist ein differenziertes Mieterschutzprogramm für zwei Jahre beschlossen worden. Nachdem es sich bewährt hatte, ist es bis zum Jahr 2006 verlängert worden. Die eigentliche Bewährungsprobe wird erst jetzt eintreten, das ist richtig. Viele Unternehmen haben erst
das Fördersystem ist von der Politik und nicht von den Fördernehmern einseitig eingeführt worden –, sondern auch für die Zukunft von 28 000 Wohnungen – selbst wenn ich die 4 000 Wohnungen der öffentlichen Unternehmen herausrechne, verbleiben immer noch 24 000 Wohnungen. Diese 24 000 Wohnungen haben immer noch erhebliche Auswirkungen auf den Berliner Mietwohnungsmarkt. Die Politik muss sich deshalb mit den Folgen beschäftigen, auch aus eigenem Interesse. Es ist bereits angesprochen worden, dass Hunderte Millionen Euro öffentlicher Gelder in den Wohnungen stecken und dass die öffentliche Hand darüber hinaus direkte Darlehen gewährt hat. Zudem ist unbestritten, dass die Wertberichtigung auf einen realistischen Ertragswert unausweichlich und wirtschaftlich vernünftig ist. Wie das aber geschieht, womöglich durch ungesteuerte Insolvenz und durch das Verramschen großer Wohnungsbestände, daran hat das Land Berlin ein Interesse, damit es zu keiner zusätzlichen Wertvernichtung kommt. Es kommt das Interesse hinzu, dass die Darlehensgeber einerseits die öffentliche Hand und andererseits öffentliche Banken sind. Das Bürgschaftsproblem ist bereits angesprochen worden. Ich will darauf nicht weiter eingehen.
die gerichtliche Auseinandersetzung abgewartet. Deshalb muss der Senat für die Fortführung der Regelung ab dem Jahr 2007 und folgende die Überprüfung der augenblicklichen Entwicklung vornehmen und gegebenenfalls, wenn sich zeigen sollte, dass Nachbesserung erforderlich ist, nachbessern.
Dabei geht es, um die Richtlinien noch einmal herauszustellen, darum, soziale Härten abzufangen und Handlungsspielräume für die Mieter zu eröffnen und nicht wieder absurde Mieten zu zahlen. Das muss klar sein!
Beiden Vorrednern muss ich hinsichtlich der Folgen des Auslaufens in gewisser Weise widersprechen. Mit Auslauf der Grundförderung fallen die Wohnungen aus der Mietbegrenzung heraus, sie bleiben jedoch Sozialwohnungen. Das ist ein merkwürdiger Widerspruch. Das führt dazu, dass das Vergleichsmietensystem nicht gilt, d. h., der normale Mieterschutz existiert nicht. Das hat Herr Kaczmarek als „freie Wildbahn“ bezeichnet. Allerdings ist das Recht des Stärkeren durch den Markt insofern begrenzt, als, falls jemand versuchen sollte, eine Miete in Höhe von 15 € pro Quadratmeter zu nehmen, ihm das nicht gelingen wird. Die Praxis derjenigen, die jetzt betroffen waren, hat gezeigt, dass ein vernünftiges Wohnungsunternehmen so nicht handeln wird. Aber es wird im Rahmen dessen, was zur Zeit auf dem Markt möglich ist, Druck auf die Mieter ausgeübt werden. Das wird sicher zum Teil mehr sein als das, was sie jetzt an Mieten zahlen. Aber werfen Sie doch einmal einen Blick auf die jetzigen Sozial-Ist-Mieten in den betroffenen Wohnungen. Sie bewegen sich alle um 5 € netto, kalt. Ein großer Mieterhöhungsspielraum ist deshalb nicht vorhanden. Die Praxis belegt, dass Panikmache nichts bringt. Wir als Linkspartei werden weiter darauf hinwirken, dass nach dem Ende der Förderung die Fördernehmer ihre Ertragsprobleme nicht auf dem Rücken der Sozialmieterinnen und -mieter zu lösen versuchen.
Diese Verantwortung der Politik besteht nach wie vor und wir stehen dazu. Wir haben uns von Anfang an dafür eingesetzt.
Eigentlich wollte ich noch einige Ausführungen zu dem Antrag der Grünen machen, aber dieser liegt noch gar nicht vor. Aber ich gebe den Grünen den guten Rat, ihn zu überprüfen und zu schauen, ob sie nicht etwas Falsches vorschlagen.
Ein Wort noch zu einer weiteren Verantwortung. Die Verantwortung endet nicht bei den Mietern, die es auch künftig geben wird. Jetzt beginnen sich die Probleme zu verschärfen hinsichtlich der wohnungswirtschaftlichen Folgen. Man kann nicht sagen, wir hätten alles hinter uns. Es gibt nicht nur moralisch eine Verantwortung für die Politik
Zusammengefasst: Berlin hat nicht nur für die Mieter in Zukunft eine politische Verantwortung, sondern auch hinsichtlich der wohnungswirtschaftlichen Folgen insgesamt. Man muss die Auswirkungen auf den Markt abfangen. Solange die gerichtliche Auseinandersetzung gelaufen ist, war die Politik gebremst darin, nach Lösungen zu suchen, weil zunächst alle Seiten ihre Interessen ausloten wollten und schauten, wie es vor Gericht ausgeht. Jetzt ist dies vorbei, und jetzt muss man überlegen – hierin gebe ich Herrn Kaczmarek Recht –, welche Handlungsmöglichkeiten gemeinsam mit den Fördernehmern und der Berliner Immobilienwirtschaft bestehen, um unkontrollierte Entwicklungen in der Wohnungswirtschaft abzufangen. Die Linkspartei zumindest wird sich dafür einsetzen. Wenn dieser Verantwortung nachgekommen wird, ist der Ausstieg aus der Anschlussförderung ein nachhaltiger Erfolg von Rot-Rot.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich gehört habe, dass die CDUFraktion das Dritte Rechtsvereinfachungsgesetz zur Priorität erklärt hat, konnte ich mir nicht so recht erklären, was der Grund dafür ist.
Inzwischen bin ich aufgeklärt worden, weil sowohl die CDU-Fraktion als auch mein Vorredner lange Reden darüber gehalten haben, dass dieses Gesetz der Rede nicht wert sei.
Richtig ärgerlich und gar nicht mehr spaßig wird es, wenn unter diese ganzen Lächerlichkeiten drastische Einschränkungen des Informationsfreiheitsgesetzes gemogelt werden. Das hat nichts mehr mit Entbürokratisierung zu tun und ist bürger- und wirtschaftsfeindlich. Das haben Sie anscheinend schon selbst gemerkt. Deswegen sind Sie im Unterausschuss Datenschutz schon teilweise zurückgerudert und nehmen Abstand von der Verweigerung der Akteneinsicht, wenn fiskalische Interessen des Landes Berlin betroffen sind. Es wäre geradezu ein Treppenwitz, wenn in dieser von Finanzskandalen gebeutelten Stadt ein Akteneinsichtsrecht dann verwehrt werden könnte, wenn es um die wirtschaftlichen Interessen des Landes geht.
Der Passus, dass Entwürfe und Notizen nicht preisgegeben werden dürfen, wenn sie nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, ist so auslegungsfähig, dass er als Vorwand benutzt werden kann, um Akten zu verweigern, oder dass Bürgern künftig kaum noch handschriftliche Akten gegeben werden oder vor allem geschwärzte Dokumente vorgelegt werden. Sie engen auf diese Weise den Aktenbegriff unnötig ein. Kritik haben Sie sich prompt von Transparency International und von der Humanistischen Union eingefangen. Die Humanistische Union weist zu Recht darauf hin, dass es absurd ist, dass die Koalition am selben Tag, wo wir die Ausweitung von Bürgerrechten, die Vereinfachung von Volksbegehren und Volksentscheiden beschließen und uns selbst als Abgeordnete endlich die Informationsfreiheit zugestehen, ein Gesetz einbringt, das die Informationsfreiheitsrechte wieder heftig einschränkt. Wir haben dieses Gesetz erkämpft, und wir werden alles daran setzen, dass es nicht beschnitten wird.
Dann bleibt aber nicht mehr viel von Ihrem Entbürokratisierungsgesetz übrig. Rund ein Drittel betrifft sowieso redaktionelle Änderungen, die inhaltlich ohne Bedeutung sind.
Die Stärkung der bezirklichen Wirtschaftsförderung ist nett, aber dazu hätten Sie nicht einmal ein Gesetz gebraucht. Frau Wanjura hat es in Reinickendorf auch so gemacht. Ich begrüße den dahinter stehenden Gedanken einer One-Stop-Agency ausdrücklich. Solange wir aber nicht das politische Bezirksamt haben, ist nicht auszuschließen, dass viele Vorgänge nun zweimal eine Verwaltungshierarchie hinauf und hinunter geschickt werden – im Bau- und Stadtentwicklungsressort und im Wirtschaftsressort.
Schon die Frage, welche Ressorts für die Stärkung der Wirtschaftsförderung die benötigten Stellen abgeben, wenn wir keine zusätzlichen zugestehen, wird die Bezirke eine Weile beschäftigen.
Kurzum: Dieses Gesetz ist ein Witz. Die rot-rote Bilanz der Entbürokratisierung ist insgesamt mager.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werter Kollege Birk! Es war heute Ihre erste Rede hier im Haus. Aus meiner Sicht war es eine etwas undankbare Aufgabe. Sie haben Sie mit sehr viel Humor gelöst. Aber bei der „Sendung mit der Maus“ habe ich noch nie erlebt, dass man dort versucht hat, Verwaltungsvorgänge zu erklären, sondern sich dort eher gegenständlichen Dingen widmet. Dadurch hat man den Eindruck, dass man bei der Sache ist. Diesen Eindruck hatte ich bei Ihrer Rede leider nicht.
Der Antrag der Grünen – er ist im Ausschuss ausführlich behandelt worden, leider waren Sie nicht dabei – ist in jeder Hinsicht falsch. Deshalb wundert mich die heute erklärte Zustimmung des Kollegen Heide. Erstens behaupten Sie, es gebe eine Doppelbeschäftigung. Auf Grund von § 5 BauGB findet eine völlig andere Prüfung statt als nach § 6 BauGB. Es wird also kein Vorgang doppelt geprüft, eine Rechtsprüfung nach § 5 ist etwas anderes als die Prüfung nach § 6. Sie haben gesagt, in allen Bezirken gebe es Planungsjuristen. Leider stimmt es nicht
mehr, dass alle Bezirke über ausreichend Planungsjuristen verfügen. Nun könnte man fordern, die Bezirke besser auszustatten. Hier stellt sich die Frage, ob man einen Pool für komplizierte Prozesse einrichtet. Es geht an dieser Stelle aber um Normen und Rechtsetzung – darauf ist bereits hingewiesen worden –, was unter Umständen entsprechende Verfahren nach sich zieht. Dabei ist der Beklagte nicht der Bezirk X oder Y, sondern die Gemeinde Berlin. Damit sind wir bei dem eigentlichen Problem. Es handelt sich um ein verwaltungsrechtliches Problem. Berlin ist eine Einheitsgemeinde – ich habe nicht gehört, dass die Grünen das abschaffen wollen – was Folgen hat sowohl für Verfahren nach Baugesetzbuch als auch nach Verwaltungsrecht. Die Gemeinde ist Normgeber und nicht der Bezirk. Das Problem einer einheitlichen Normgebung ist zugegebenermaßen nicht sehr elegant gelöst mit dieser nochmaligen Rechtsprüfung. Wenn Sie aber daran etwas ändern wollen, müssen Sie eine andere, eine rechtskonforme Lösung vorschlagen, die die einheitliche Rechtsetzung sicherstellt. Die habe ich von Ihnen aber nicht gehört. Zu sagen, wir schaffen die Rechtsprüfung ab, schafft das Problem nicht aus der Welt. Auch der Vorschlag, es nur vorübergehend außer Kraft zu setzen, löst das Problem der Einheitsgemeinde nicht. Deshalb wäre etwas mehr Fachwissen im Planungsrecht geboten, anstelle der launigen Bemerkungen.
Jetzt komme ich zu dem wahren Grund der Grünen. Auch der ist im Ausschuss genannt worden. Es ist moniert worden, dass die Senatsverwaltung nicht nur eine Rechtsprüfung vornehme, sondern diese missbrauche und versuche inhaltlich zu intervenieren. Dazu sage ich: Wenn man gegen Missbrauch vorgehen will – ich unterstelle, dass es ihn gibt, kann das aber nicht beurteilen –, kann man nicht einfach das Gesetz ändern und den missliebigen Paragrafen streichen, sondern muss den Missbrauch bekämpfen.
Ein weiterer Punkt – den haben Sie nicht angesprochen, das Problem ist aber in der Stadt hinlänglich bekannt –: In dem Moment, wo es Beanstandungen gibt, wird das Verfahren ausgesetzt und die Zwei-Monats-Frist gilt nicht mehr. Ich stimme Ihnen zu, dass es Probleme gibt, die gelöst werden müssen. Durch das Streichen der Rechtsprüfung löst man aber das Problem nicht. Es ist wie so oft: Gut gemeint, aber das Problem nicht richtig beschrieben. Ein bisschen mehr Eindringen in die Sachzusammenhänge wäre bei den Grünen manchmal hilfreich. – Ich danke!
Herr Birk! Ich beginne mit dem letzten Punkt, den Bezirksbürgermeistern. Deren Sitzungen sind manchmal eine launige Veranstaltung. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten, was der Rat der Bürgermeister in seiner Weisheit beschlossen hat:
Der Rat der Bürgermeister stimmt dem Antrag der Bündnis 90/Die Grünen vom Grundsatz her zu. Ohne sich die Formulierungen des Beschlusstextes sowie die Antragsbegründung zu eigen zu machen, begrüßt der Rat der Bürgermeister die Gesetzesinitiative als notwendigen Schritt zur Straffung des Verwaltungshandelns und zum Abbau von Doppelarbeit.
Auch Sie haben die Stellungnahmen der Bezirke gelesen. Sie haben ein Problem, das ist unbestritten. Ich habe das Problem vorhin beschrieben. Deshalb stimmen Sie auch nicht der Sache zu, sondern einem Schritt in die richtige Richtung und dem Grunde nach. Die Bezirke wissen genau, dass das Problem durch diesen Gesetzentwurf nicht gelöst wird. Berlin als Einheitsgemeinde ist Normengeber. Ein B-Plan ist eine Normgebung. Das bedeutet, dass wir rein verfahrenstechnisch diesen Akt der Normsetzung garantieren müssen. In einer 750-SeelenGemeinde in Brandenburg beispielsweise kann das Gemeindeparlament selbst einen B-Plan aufstellen. Dieser Plan muss nicht zur Rechtsprüfung in eine übergeordnete Behörde gegeben werden, denn die Gemeinde selbst ist der Normgeber. Genau dieses Problem müssen wir in Berlin klären. Wenn wir es im Verwaltungsverfahren
nicht so haben wollen, wie es jetzt geregelt ist, müssen wir es anders regeln. Denn Sie behaupten ja, dass das jetzige Verfahren dem Missbrauch zugänglich ist und die Sache verschleppt. Also müssen Sie entweder die Fristen ändern oder andere Formen der Zustimmung für das Verfahren finden, aber am Ende muss im Verfahren sichergestellt sein, dass die Gemeinde Berlin der Normgeber ist. Mehr verlange ich nicht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben dem Antrag der CDU wohlwollend zugesprochen. Dem kann ich mich nicht so ganz anschließen. Wäre der Antrag unbefangen – sagen wir mal, im Jahr 2002 oder 2003 – gekommen und hätte die CDU gesagt, wir wollen jetzt einmal gucken, was die Koalition mit ihrer Ankündigung gemacht hat – denn in unserem Koalitionsvertrag steht etwas Ähnliches wie im Antrag, dass um eine Neuordnung der Wohnungswirtschaft geht –, dann wäre vielleicht eine interessante Debatte daraus geworden. Aber Ihr Antrag ist doch zu durchsichtig. Sie haben es in Ihrer Rede dargestellt, Herr Kaczmarek, dass Sie auf die aktuellen Presseberichte über die WBM aufsatteln. Wenn die Wohnungsbaugesellschaften schon keine Rendite erzielen, dann wollen Sie wenigstens eine parteipolitische Rendite herausholen. Insofern finde ich diesen Antrag und ein bisschen auch die Debatte hier misslich. Ich verspreche mir von der Ausschussdebatte – im Gegensatz zu Herrn Zackenfels – nicht viel.
Es ist schon eine Zumutung, wenn man hier liest, dass die Probleme jahrelang verharmlost worden seien. Die CDU hat diese Probleme, in denen sich die Wohnungswirtschaft jetzt befindet, jahrelang mitproduziert, neben den sozialdemokratischen Verantwortlichen für diese Entwicklung in der Bauwirtschaft. Ich erinnere nur an den „charismatischen“ Senator Klemann und seinen Beitrag zur Entwicklung der Wohnungswirtschaft. Er ist dann auch noch in eine Wohnungsbaugesellschaft gewechselt.
Viele Probleme, die Sie beschreiben, kann man nicht bestreiten; sie sind da. Im Unterschied zu meinem geschätzten Kollegen Zackenfels bin ich der Meinung: Sicher, die Koalition ist Schritte gegangen auf dem Weg, sich Klarheit zu verschaffen, wie die Situation der Wohnungsbaugesellschaften ist. Da hat er natürlich Recht, die Debatten der letzten zwei Jahre, die im Bauausschuss und im Hauptausschuss stattgefunden haben, das Gutachten von Ernst & Young, das BBU-Controlling, all das haben Sie jetzt nicht besprochen. Aber eines ist auch richtig: Eine grundsätzlichen Neuordnung – da gibt es sicher eine Differenz in der Koalition –, die ausreichte, die Probleme, vor denen die Wohnungswirtschaft insgesamt steht, zu bewältigen, ist noch nicht geschaffen worden. Das ist die Debatte, die eigentlich zu führen ist, statt auf dem aktuellen WBM-Problem herumzureiten. Wo waren Sie eigentlich, Herr Kaczmarek? – Denn alles, was die WBM betrifft, steht schon seit Jahren, nicht erst seit dem Gutachten von Ernst & Young, in ihren Geschäftsberichten. Und die WBM ist sozusagen nur ein aktuelles Beispiel dafür,
wie es um die Wohnungswirtschaft insgesamt steht. Das ist kein Geheimnis. Was in den letzten Tagen passiert ist, ist eher eine Skandalisierung. Man kann nachvollziehen, dass eine neue Geschäftsführung sagt: Wir packen einmal alles auf den Tisch, damit die uns in wenigen Jahren nicht dafür verantwortlich machen, was vorige Geschäftsführungen gemacht haben. – Was auf den Tisch kam, war alles nicht neu. Wir wissen das alles. Man könnte über die Kampagne die Überschrift setzen – das ist das ungute Gefühl, das ich dabei habe, dass die CDU trotz ihrer gegenteiligen Bekundungen mitmacht –: „WBM zu Heuschreckenfutter“, denn im Prinzip wissen wir doch alle, dass im Augenblick die Wohnungsbaugesellschaften in einer schwierigen Situation sind, aber dass genügend Investoren auf der Matte stehen und sagen: Wir nehmen euch die Bestände ab. – Ich glaube, einige in der CDU, einige in der FDP ohnehin – ich hoffe, nicht in der Koalition – sind der Meinung, wir schaffen uns das Problem vom Hals, indem wir einfach verkaufen. Und da macht es nichts, ob ich eine Wohnungsbaugesellschaft oder Bestände verkaufe. Wenn ich die Bestände der Gesellschaft verkaufe, dann verkaufe ich ihr Kerngeschäft, dann verkaufe ich die Zukunft der Gesellschaft.
Das machen die Gesellschaften selbst schon seit Jahren, und es löst nichts. Es hilft ihnen von Jahr zu Jahr, von Bilanz zu Bilanz, aber am Ende entsteht daraus keine Neuordnung der Gesellschaften und des Wohnungsportfolios der Stadt Berlin.
Der größere Teil der Aufgabe – das sage ich wieder in Differenz zu Herrn Zackenfels – steht noch vor dem Land, vor der Koalition, und nicht nur vor dieser Koalition, denn das ist eine längerfristige Aufgabe. Aber sie sollte angegangen werden. Vielleicht kommen wir dann doch zu einer größeren Ernsthaftigkeit, denn wir reden über ein Problem, das einen Wertumfang von 8, 9, 10 Milliarden € besitzt. Dieses Thema ist vielleicht nicht erotisch, aber von großer Bedeutung für das Land Berlin. Wenn ich mir angucke, wie das Haus an dieser Debatte teilnimmt, hoffe ich nur, dass das nicht ein schlechtes Zeichen dafür ist, wie das Haus demnächst mit der Wohnungswirtschaft umgehen wird. – Ich danke!
Wenn die Reihenfolge so ist, kann ich es nicht ändern. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schimmler hat es eben schon
gesagt. Das Bauvereinfachungsgesetz ist umfangreich beraten worden. Es gab eine lange Vorgeschichte. Wenn man einmal den Wahlkampfschaum beiseite räumt, kann man sich auch mit dem Ergebnis auseinander setzen und feststellen, dass sich das Ergebnis sehen lassen kann. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass es sich im Wesentlichen um eine Annäherung an die Musterbauordnung handelt. Annäherung heißt, dass man es natürlich auch anders hätte tun können. Darauf wird vielleicht Frau Oesterheld eingehen. Man hat sich jedoch weit an die Musterbauordnung angenähert. Regionalspezifische Abweichungen, die es in den verschiedenen Ländern gibt, werden die Bauherren und Architekten sicher bewältigen können, wenn der Grundaufbau und die Grundsubstanz der Bauordnung in den Ländern doch sehr ähnlich ist. Insofern kann man sagen, dass sich das Ergebnis sehen lassen kann.
Ich würde es mit der Würdigung jedoch auch nicht übertreiben. Es gab immer Leute, die sagten, man hätte mehr machen sollen. Es gab Leute, die sagten, man hätte weniger machen sollen. Mehr und weniger bezieht sich auf die Frage, was man hätte vereinfachen oder deregulieren sollen. Bemerkenswert ist bei diesen Diskussionen, bei diesen Übertreibungen in beide Richtungen, dass man immer die Propagandisten der Deregulierung in beiden Richtungen findet. Das ist durchaus bemerkenswert. Mitunter verstehen sie sich als Entbürokratisierer. Hier sollte man vielleicht das Augenmaß wahren. Nicht jede Regel oder Vorschrift, die abgeschafft wird, ist tatsächlich ein Schritt zur Entbürokratisierung. Der Staat sollte sich um Interessenausgleich, die Sicherung von Interessen des Gemeinwesens oder Schutz von Grundrechten und Grundgütern kümmern, sich nicht heraushalten und es einzelnen Akteuren der Gesellschaft überlassen.
Wo Entbürokratisierung drauf steht, sollte auch Entbürokratisierung enthalten sein. Der Verwaltungsaufwand sollte nicht in andere Bereiche der Verwaltung oder gar in die Judikative verlagert werden. Insofern würde ich gern noch einige Worte zu den Kollegen von der CDU sagen, die leider nicht mehr anwesend ist. Es trifft aber vielleicht auch einige andere, die letztlich doch etwas Sorge vor dem, was in der neuen Bauordnung vereinfacht werden sollte bekamen und sagten, es sei doch nicht so mit der Vereinfachung gemeint, sie hätten doch lieber die Wahlfreiheit. Wahlfreiheit hört sich natürlich gut an, die Wahlfreiheit, ob man eine Baugenehmigung haben möchte oder nicht. Wir haben es auch ausführlich diskutiert. Eine Wahlfreiheit ist einfach unsinnig. Entweder ist eine Genehmigung erforderlich oder nicht. Dass es sich der Bauherr aussuchen kann, scheint ein Unding zu sein, auch deshalb, weil der Rechtsstatus einer Anfrage sehr zweifelhaft wäre.
Es lohnt sich jetzt nicht, auf diese weiteren Wünsche einzugehen, die noch vorgetragen worden sind. Es war nur sehr interessant, dass gerade diejenigen, die sich sonst immer wieder für Entbürokratisierung einsetzen, nicht nur in dieser Frage zurückruderten, sondern auch noch mein
ten, dass die Bauaufsichtsämter als Sammelstelle für baunebenrechtliche Genehmigungen weiter existieren sollten. Das ist jetzt alles anders geregelt. Wie es funktionieren wird, wird man sehen. In einigen Jahren wird sicher auch eine Evaluierung dessen, wie die Bauherren, die Architekten und letztlich auch die Verwaltung mit dieser neuen Regelung umgehen können, auf der Tagesordnung stehen. Wir werden dann sehen, ob die positiven Erwartungen alle in Erfüllung gehen. Insofern brauchen wir das jetzt nicht weiter auszuführen. Man sollte beachten, dass einige Regelungen im Gesetzgebungsverfahren gegenüber der Vorlage geändert worden sind. Ich verweise hier nur auf die Regelungen gerade zum Denkmalschutz.
Ein letzter Satz geht noch einmal an alle Haushälter, an die Senatsverwaltung für Finanzen. Dieses neue System wird nur funktionieren, wenn in den Bauaufsichtsbehörden hinreichen Fachkompetenz vorhanden ist. Man hat zwar die Genehmigungsverfahren zum Teil reduziert. Man hat Genehmigungsfreistellungen herbeigeführt, ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren. Aber um alles zu gewährleisten und am Ende auch die Einhaltung der entsprechenden Rechtsvorschriften und -verordnungen sicherzustellen brauchen die Bauaufsichtsbehörden trotzdem Fachpersonal und Fachkenntnisse.
Man sollte daher jetzt nicht den Fehler machen, der vielleicht einigen Haushältern nahe liegt, und sagen, dass wir keine Baugenehmigungsbehörden brauchen, wenn wir Verfahrens- und Genehmigungsfreistellungen haben. Es wird sich herausstellen, dass deren Arbeit auf einem hohen Niveau vielleicht noch erforderlicher ist, als es bis jetzt der Fall gewesen ist. Deshalb werden wir sehen, wie es in der Praxis abläuft. Wir sollten heute gelassen diesem Gesetz zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich gestern erfuhr, was die FDP heute in die Priorität heben möchte, dachte ich, das sei ein Missverständnis. Mir war unerklärlich, warum die FDP einen derart unbedarften Antrag auch noch hier nach vorn ziehen möchte, um sich dann zu blamieren. Sie haben es schon im Ausschuss gemacht, wo Herr Lindner nicht dabei war. Der Antrag ist in jeder Hinsicht unbedarft, in der Form und in der Substanz.
Formal gesetzgeberisch, Herr Kollege Lindner oder die Kollegen Anwälte
So unernst wie die Form ist im Prinzip auch der Inhalt. Kollege Heide hatte schon Ausführungen gemacht, und hat erst, als Sie ihn provoziert haben, die Sache in der Wiederholung auf den Punkt gebracht. Sie bringen unter der schönen Überschrift „Bürokratieabbau“ – ich glaube, es ist die Nummer 08/15 oder 60 oder so – ständig Anträge ein, mit denen Sie nur ihre normalen Phrasen dreschen wollen und sagen, weg mit dem Staat, es ist alles lähmend, lastet alles auf uns. Die Manie und die Fixiertheit, mit der Sie vermeintliche Regelungsmanien und Staatsfixiertheit verfolgen, hat etwas Gespenstisches an sich. Es ist so wie bei Gespensterjägern, die meistens selbst auch ziemlich herumgeistern. Insofern könnte man sagen, für Politikwissenschaftler ist dieses Vorgehen der FDP interessant, aber für den parlamentarischen Ablauf ausgesprochen lähmend.
Ich will nicht wiederholen, was der Kollege Heide Ihnen dargelegt hat.
Das Nachbarschaftsgesetz beschäftigt keine Bürokratien; da werden keine Beamten aus Bezirksämtern losgeschickt, um Nachbarschaftsstreitigkeiten zu regeln oder festzulegen, was wie zu bauen oder nicht zu bauen ist, an Grundstücksgrenzen oder an Häusern, die aneinander stoßen. Wir sagen, hier wird Nachbarschaftsrecht kodifiziert. Im klassischen, liberalen Sinne, werte Kollegen von der FDP – aber ich glaube, da ist bei Ihnen Hopfen und Malz verloren –, werden Regeln und Maßstäbe für einen Interessenausgleich zwischen Grundstücksnachbarn aufgestellt. Sie können zwar das Gesetz abschaffen, aber Sie können nicht die Konflikte abschaffen. Wenn Sie nicht einen Rahmen vorgeben, damit die Betroffenen ihre Konflikte selbst lösen können, wofür das Gesetz eine Anregung sein kann, oder über Schiedsstellen oder Gerichte, schaffen Sie das, was Herr Heide eben dargestellt hat – das ist in der Stellungnahme des Senats gemeint –, nämlich dass von Gerichten dann immer Einzelfälle geregelt werden. Wenn die FDP unter der Überschrift „Bürokratieabbau“ oder „Entstaatlichung“ behauptet, Verwaltung oder Bürokratie abzubauen, kommt am Ende mehr Bürokratie, mehr Staat und mehr Verwaltung heraus. Das wäre auch so bei der Realisierung Ihres Vorschlags.
Im Prinzip haben Sie nur eines demonstriert, indem Sie das in den Prioritätenblock gesetzt haben: Ihre Prioritäten sind antistaatliche Eiferei und oberflächliche Effekt
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Oesterheld hat das Thema bereits richtig angesprochen. Der Antrag der CDU richtet sich nicht auf das Gesetz. Insofern steht das Gesetz heute nicht zur Debatte. Die CDU möchte vielmehr den Auftrag, den dieses Parlament dem Senat gegeben hat, zurückziehen. Sie will demnach gar kein Gesetz haben. Es ist ihr nicht wichtig was drinsteht, weil sie gar kein Gesetz will. Das ist die Krux. Aus diesem Grund startet die CDU eine Desinformations- und Verunsicherungskampagne, und zwar rein aus parteipolitischen Gründen.
Worum geht es in der Sache, Herr Czaja?
Außerdem müssen Sie es den Berlinern erklären, denn es ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und der Abgabengerechtigkeit. Der Staat hat, bevor er seine Ausgaben aus allgemeinen Steuern finanziert, die Verpflichtung zu prüfen, inwiefern er seine Ausgaben aus Beiträgen, Gebühren und Entgelten decken kann, wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen besondere Vorteile aus seinen Ausgaben ziehen. Das ist eine Rechtsverpflichtung des Staates. Das hat etwas mit Gerechtigkeit zu tun. Es macht keinen Sinn, dass die Allgemeinheit besondere Vorteile, die nur bestimmte Personen haben, zu 100 % finanzieren soll. Das ist Ihr Grundsatz. Sie reden nicht über das Gesetz, sondern Sie wollen die Gesamtheit der Grundstückseigentümer nicht für privaten Nutzen belangen. Das ist der Kern Ihrer Aussage. Das ist sozial ungerecht und rechtlich unhaltbar.
Und nun noch zu dem infamsten Aspekt Ihrer Kampagne: Sie schieben die Eigenheimbesitzer, den schwächsten Teil der Grundstücksbesitzer, bei Ihrer Kampagne vor.
Sie instrumentalisieren deren Ängste und Nöte, die Sie vorher noch geschürt haben. Sie benutzen die Eigenheimbesitzer, um vermögende Grundstückseigentümer, die Grundstücke mit Hilfe von öffentlichen Investitionen gewerblich verwerten, nicht zu belasten. Der Eigenheimbesitzer hat aber nur eine selbstbewohnte Immobilie und kann den Vorteil, den das Grundstück hat, nicht kapitali
Es geht auf keine Kuhhaut, was Sie alles durcheinander bringen. Sie verwechseln die erstmalige Erschließung, die seit 1875 in Deutschland jeder anteilig bezahlen muss, mit anderen Dingen. Darüber gibt es überhaupt keinen Streit. Und Sie treten hier auf und tun so, als weigerten sich die Leute, Straßengebühren zu bezahlen, wenn eine Straße hergestellt wird. Das vermengen Sie pausenlos.
sieren und wirtschaftlich umsetzen. Er ist in einer besonderen Situation, die in einer verantwortlichen, sozial gerechten Gesetzgebung berücksichtigt werden muss. Aber über die Gesetzgebung wollen Sie gar nicht reden und auch nicht darüber, wie man diese soziale Gerechtigkeit und eine Abgabengerechtigkeit umsetzt. Sie interessieren sich nämlich gar nicht für die Probleme der Eigenheimbesitzer, sondern Sie instrumentalisieren sie nur.
Herr Czaja! Das Gesetz muss sich dem Problem zuwenden, dass Eigenheimbesitzer mit kleinen Grundstücken mit jeder Abgabe sozial getroffen werden können – und zwar nicht mit den von Ihnen vorgelegten Phantasierechnungen – und dass für sie schon eine Abgabe in Höhe von 5 000 € eine harte Belastung darstellt. Regelungen hierfür können wir nur im Rahmen des Gesetzes treffen. Wir können die Eigenheimbesitzer nicht zu den Leidtragenden des Vermögenszuwachses aller Grundstücksbesitzer machen. Das wäre in der Tat sozial ungerecht. Sie müssen aus diesem grundsätzlichen Kreuzzug gegen das Gesetz aussteigen und sich an der Gesetzesdebatte beteiligen. Solange Sie das nicht tun, haben Sie sich politisch disqualifiziert.
Noch ein Wort zu den geheimen Zahlen und Berechnungen, die Sie hier präsentieren, Herr Czaja: Die sind zum Teil aus den Jahren 1997 bis 1999. Die sind demnach zu der Zeit von der Verwaltung erstellt worden, als Herr Klemann noch Senator war. Sie sind jetzt nur noch einmal dem Preisindex angepasst worden. Das ist alles. So geheim sind diese Berechnungen. Die Straßen, um die es geht, sind alle schon gebaut. Wenn Sie hier den Eindruck erwecken, ein Bewohner dieser Straßen bekomme morgen einen Beitragsbescheid, dann ist das eine glatte Lüge.
Das tut mir Leid, denn ich wäre gerne noch auf ein paar andere Lügen zu sprechen gekommen, die Sie verbreiten. Ich spreche ganz bewusst von Lügen. – Stellen Sie doch eine Nachfrage, damit ich darauf noch eingehen kann.
Herr Niedergesäß! Das Problem ist, dass Sie die Verwirrung in die Stadt treiben.
Wir reden hier über das Straßenausbaubeitragsgesetz und nicht über das Erschließungsbeitragsgesetz.
Das gibt es in Berlin seit 1995. Es hat auch merkwürdige Formen, die zur endgültigen Herstellung von Straßen führen, z. B. dazu, dass ein CDU-Baustadtrat in Reinickendorf die Schulzendorfer Straße jetzt neu bauen will und dort über Erschließungsbeiträge Gehwege und ein neues Pflaster aufbringen will. Wie er sich das denkt, ist seine Sache. Das will ich jetzt nicht kommentieren. Für den Ostberliner Bereich wissen Sie, dass mit dem Einigungsvertrag geregelt ist, dass für eine nachträgliche Erschließung in Ostberlin Beiträge nicht erhoben werden können. Wir reden also nur über den Ausbau einer Straße, über die Modernisierung, über die Verbesserung. Nur darüber reden wir, und die Verwirrung haben Sie verbreitet.
Ihre Qualität ist wirklich bemerkenswert. – Die Frage an der Sache ist, dass Sie die Leute verwirren und so tun, als wenn eine Kostenlawine auf sie zukommt. Wie Herr Czaja uns hier immer die Mär von den 660 % Hebesatz der Berliner Grundsteuer erzählt, das nenne ich immer die Grundsteuermär. Sicher, Herr Czaja, 660 % sind richtig. Aber was ist der Grundwert? – Sie haben kein Grundstück, aber Ihre Eltern haben ja ein Grundstück. Herr Niedergesäß hat ein Grundstück.
Dann wird er dem Haus vielleicht sagen können, was er an Grundsteuer bezahlt. Für ein durchschnittliches OstBerliner Grundstück mit einem Einfamilienhaus fallen 400 € Grundsteuer im Jahr an.
Da werden sich alle wundern, wie wenig das ist. Warum? – Weil der Hebesatz von 660 % auf den Einheitswert von 1935 erhoben wird. Ich will den Finanzsenator jetzt gar nicht in Verlockung bringen. Ich finde nur, das ist eine völlige Desinformation, die Sie hier betreiben.
Alles, was Sie hier sagen, um Ihre Ablehnung des Gesetzes zu begründen, dient der Verunsicherung der Leute. Sie erwecken den Eindruck, dass eine Kostenlawine auf sie zukommt. Das stimmt nicht.
Wir können über das Gesetz reden, wenn es vorliegt. Ich bezweifle aber, dass Sie dann zur Sachdebatte zurückfinden.
Zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Herr Niedergesäß, Herr Czaja, ich weiß nicht, wer Ihnen eingeredet hat, dass Oppositionspolitik darin besteht, dass man fern jeder Sachgrundlage herumpolemisiert.
Je weniger Ahnung man von der Sache hat, desto lauter muss man offensichtlich schreien. Damit denunzieren Sie Politik.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Grünen haben beantragt, der Senat solle ein wohnungspolitisches Gesamtkonzept vorlegen, und haben zugleich gesagt, was darin stehen solle. Demnach soll der Senat die Konzeption der Grünen vorlegen. Ich wäre dafür offen, wenn es denn helfen würde. Das tut es aber nicht.
Ich weiß nicht, wer dieses Konzept ausgearbeitet hat. Ich glaube auch nicht, dass wir heute Abend noch eine sinnvolle Debatte über Wohnungspolitik insgesamt führen werden. Der Antrag der Grünen fordert, wie Frau Oesterheld bereits ausgeführt hat, eigentlich gar kein Gesamtkonzept – so wie in der Überschrift –, sondern fragt eher: Was machen wir mit den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften? – Die dort genannten Eckpunkte sind aus meiner Sicht merkwürdig. Weder wohnungspolitisch noch wohnungswirtschaftlich erkennt man eine gewisse Substanz. So etwas entsteht, wenn man Frau Oesterheld und Herrn Eßer gemeinsam einen Antrag schreiben lässt. Für uns als Adressaten der Anträge und für die beiden selbst wäre es besser, wenn sie es getrennt täten.
Das war jetzt nur zum Teil zu verstehen.
Die Grünen empfehlen uns eine schuldenfreie, gesamtstädtische Wohnungsholding – über die Rechtsform will ich hier jetzt nicht sprechen –, also so eine Art Sondervermögen zu schaffen mit zwölf Verwaltungsgesellschaften in den Bezirken. Diese sollen im Schnitt je 10 000 Wohnungseinheiten umfassen. Sie sagen weiter, dann hätte man zumindest noch ein bisschen und den Rest – ich sage einmal 100 000 bis 120 000 Wohnungen – solle das Land verkaufen, vielleicht, um einen Entschuldungsbetrag für diesen Restbestand zu erarbeiten. Herr Eßer weiß sicher, dass man mit dem Verkaufserlös den Restbestand nicht entschulden kann. Ganz abgesehen davon, ist diese Hyper-KWV – Kommunale Wohnungsverwaltung – mit ihren Bezirksbeständen schwer vorstellbar, nicht nur beim Zustandekommen, sondern auch im Hinblick auf ihr wirtschaftliches Funktionieren und im Hinblick auf die jetzige Bestandverteilung über die Stadt. Hinsichtlich des Versorgungsauftrags würde dies bedeuten: Verkauf, Ankauf, Umverteilung – was ich mir auch nicht vorstellen mag –, weshalb ich diese Konstruktion nicht für wünschenswert halte.
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Grünen aus der zugegebenermaßen bestehenden Misere der städtischen Wohnungsbaugesellschaften eine Art Befreiungsschlag versuchen, eine Flucht aus der Wohnungswirtschaft in privatwirtschaftlicher Verfassung, in eine Art idealtypische, gemeinwesenorientierte Verwaltung des kommunalen Sondervermögens „Wohnungen“.
Im Unterschied zu den Grünen bin ich der Auffassung, dass man sich der Misere stellen muss. Man kann diese Altlasten nicht durch einen Befreiungsschlag loswerden und aus der wohnungswirtschaftlichen Konstruktion herauskommen. Man muss die Altlasten mit wirtschaftlichem Sachverstand abarbeiten.
Danke für den aufmunternden Zwischenruf! – Dabei gilt es einen Grundsatz zu beachten: Die soziale Aufgabe, die kommunale Wohnungsbaugesellschaften haben, und wirtschaftliche Effektivität stellen keinen Widerspruch dar. Diese beiden Aspekte sind miteinander zu verbinden. Dass dies nicht getan wird, ist der Grundfehler der Ratschläge, die uns von Ernst & Young erteilt werden. Es muss beides geleistet werden, andernfalls brauchen wir keine kommunalen Wohnungsbaugesellschaften. Wenn sie soziales Vermögen verzehren, sind sie keine soziale Errungenschaft.
Ich sehe schon, dass ich an das Ende der Redezeit gekommen bin.
Das ist sehr bedauerlich, weil ich zu den CDU-Anträgen noch etwas sagen wollte.
Da nehmen Sie mir das Wort aus dem Mund, das ist wirklich sinnlos,
weil diese Anträge die wirtschaftliche Realität nicht wahrnehmen, Herr Reppert. Sehen Sie sich an, welche
Auf Grund der katastrophalen Haushaltslage hat sich Berlin aus dem sozialen Wohnungsbau und partiell aus der Anschlussförderung buchstäblich über Nacht verdrückt. Das bedeutet Schaden für Berlin, Vertrauensverlust bei Investoren, die selbstverständlich davon ausgehen, dass ihre Verträge eingehalten werden, und dementsprechend klagen. Ich verkenne nicht, dass nach dem Krieg im Westteil der Stadt Wohnungsbau ohne staatliche Hilfe nicht möglich war. Herr Momper hat das neulich bei der ARWO-Bau so überzeugend vorgetragen.
Aber diese Zeiten sind vorbei, man sollte erwarten, dass die verantwortlichen Wohnungs- und Haushaltspolitiker Berlins sich heute mit Nachdruck für die Entstaatlichung des Wohnungswesens einsetzten.
Bestände belegungsgebunden sind. Ein Problem haben Sie selbst angesprochen, das ist das eigentliche Problem sowohl von städtischen als auch privatrechtlich belegungsgebundenen Wohnungen: Die Fördermieten sind viel zu hoch. Aber das kann ich jetzt leider nicht mit Ihnen diskutieren.
Ich muss zum Schluss kommen. Ich bin Optimist, das sage ich in Richtung der Grünen. Deshalb glaube ich, dass die wirtschaftlichen Probleme dort, wo man sich mit dem jetzigen System mehr Durchblick über die tatsächliche Lage der städtischen Wohnungsbaugesellschaften verschafft hat, korrelieren mit dem strategischen Konzept, das man zur Gesundung der Wohnungsbaugesellschaften entwickelt hat. Deshalb bin ich optimistisch, dass es in Zukunft bessere Lösungen geben wird, als wir sie jetzt haben. Das gebe ich gern zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun legt die Oppositionsfraktion CDU eine komplette neue Bauordnung vor und wird hier kritisiert. Das ist ja einmal ein konstruktiver Beitrag. Ich will jetzt auch die Frage stellen, warum wir in der I. Lesung schon ins Detail gehen. Ich denke, die I. Lesung sollte, wenn hier darüber gesprochen wird, dazu dienen, dass wir uns mit der Botschaft auseinander setzen, die in diesem Entwurf vorgegeben ist. Dazu will ich erstens sagen, was der CDU-Vertreter gesagt hat, dass er sich erhofft, damit einen Aufschwung für das Baugewerbe auslösen zu können – ich glaube, daraus wird nicht viel werden. Denn gebaut wird, wenn Investoren sich ein Geschäft versprechen, wenn sie sich Rendite versprechen, aber nicht, wenn Sie sagen: Wir haben jetzt statt zwei Monaten vielleicht nur einen Monat Genehmigungsdurchlauf durch die Behörde. – Das fand ich etwas dünn an der Begründung.
Die Anlehnung an die Brandenburger Bauordnung finde ich im Prinzip in Ordnung. Auch die neue Berliner Bauordnung wird sehen müssen, dass sie kompatibel ist, sehr ähnlich dem, was in Brandenburg vorgegeben wurde. Deswegen darf aber trotzdem die Brandenburger Bauordnung nicht der Maßstab sein. Herr Schimmler hat darauf hingewiesen, dass es die Musterbauordnung sein sollte. Es werden nicht nur Brandenburger Bauunternehmen in Berlin bauen. Der Sinn einer Musterbauordnung ist, dass auch ein Investor aus Bayern oder Niedersachsen, wenn er nach Berlin kommt, ähnliche Verfahren vorfindet, wie er sie in seinem Land hat. Insofern muss für uns die Musterbauordnung der Maßstab sein. Da kam ein bisschen für mich die Enttäuschung, als Herr Heide erzählte, dass Sie auch mit den Baustadträten der CDU über diesen Entwurf gesprochen haben, denn diese zumindest kennen die Berliner Bauordnung, wie sie seit über einem Jahr im Entwurf beraten wird, nicht nur die entsprechenden Kammern, die mitberaten haben. Da wundere ich mich dann doch – was hier schon zweimal angesprochen worden ist –, dass der Entwurf sich auch in den Fragen, wo es um Verfahrenvereinfachungen geht, an der Brandenburger Bauordnung orientiert und nicht an dem, was im Rahmen der Musterbauordnung des Bundes schon im Entwurf in der Berliner Bauordnung angedacht ist. Das fand ich dann doch verwunderlich, wenn man es nicht kennen würde, aber Ihre Baustadträte in den Bezirken kennen den Entwurf der Berliner Bauordnung.
von Lüdeke
Zum Zweiten: Gegen Vereinfachung und Beschleunigung ist niemand, wenn man sagen würde, es geht darum, unnötige Vorschriften und Verfahren abzukürzen. Allerdings ist es natürlich auch kein Selbstzweck, denn wenn man dies als Selbstzweck verfolgt, dann wird es meistens zum Selbsttor. Man muss sich fragen, was der Sinn mancher Verfahren ist. Wenn wir vorneweg denken, wir können Verfahren abkürzen, und haben hinterher mehr Verfahren – entweder Widerspruchsverfahren oder im Zweifel auch Gerichtsverfahren –, dann wird sich erweisen, dass, bis man zu einem ordnungsgemäßen Baurecht kommt, die Verfahren verlängert statt verkürzt werden. Ich weise auf zwei Sachen in dem Zusammenhang hin. Ein staatliches Verfahren hat mitunter die Funktion des Interessenausgleichs. Wenn ich die im staatlichen Verfahren nicht erreiche, sehen sich vielleicht unterschiedliche Eigentümer vor Gericht wieder. Dann kommt es zu viel längeren Verfahren.
Es geht in diesem Verfahren auch um Rechtssicherheit. Bauherren – das ist schon angedeutet worden – begeben sich bei bestimmten Fragen in unsichere Felder, wenn sie bestimmte bauaufsichtliche Genehmigungen entbehren müssen. Hier ist gefragt worden, ob das Wahlverfahren ein Ausweg ist. Darüber müssten wir diskutieren. Bei bestimmten bauaufsichtsrechtlichen Genehmigungen, wo Interessenabwägungen und Daseinsvorsorgen getroffen werden, da wird man nicht sagen: Ohne Verfahren und Genehmigung ist das Erfordernis der Rechtmäßigkeit weg, sondern dem Bauherrn ist es allein überlassen, dass er dies sicherstellt. Wenn er das nicht kann, sehen wir uns in anderen Verfahren wieder. Ich glaube, das müsste man etwas ideologiefreier diskutieren und sagen: Am Ende muss insgesamt eine Erleichterung herauskommen. Nicht, dass man sagt, wir sparen vorne ein bisschen Verfahren ein und haben hinterher viel mehr Verfahren. Darüber werden wir dann an beiden Vorlagen noch einmal diskutieren müssen.
Letzter Punkt: Die angesprochene Externalisierung bauaufsichtlichen Sachverstandes. Im Prinzip ist dagegen nichts zu sagen. Auch hier ist es eine Frage des Maßes. Man hat schon die Erfahrung, dass mit einer solchen Externalisierung der Beratungsbedarf, den die Bauherren auf einmal haben, bei den Bauaufsichtsbehörden viel größer wird, weil jene jetzt selbst die Verantwortung haben und sich versichern wollen. Wenn wir aber im Prozess dann gar nicht mehr den Fachverstand in der Bauaufsichtsbehörde haben, weil wir ihn externalisiert haben, wird sich daraus ein Problem ergeben.
Ich glaube als Quintessenz: Man muss sehen, dass die Behörde hoheitliche Aufgaben, Daseinsvorsorge, Interessenausgleich leisten muss. Das ist auch sinnvoll für die Bauherren. Und alles, was unnötig ist, das Verfahren unnötig verlängert, muss raus. Ab und zu muss man, was sich vielleicht vor Jahren bewährt hat, überprüfen. Insofern warten wir die Diskussion ab. Dann werden wir uns in der zweiten Runde hier wieder sprechen, wie viel wir
von dem CDU-Antrag dann noch übrig haben und was aus dem Entwurf der Berliner Bauordnung, die jetzt in Bearbeitung ist, noch drin ist. – Ich danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute in der Aktuellen Stunde über den Verkauf der GSW debattieren, geht es nicht um das Vermögensgeschäft im engeren Sinn, sondern um die politische und soziale Bedeutung des Verkaufs eines der wichtigsten städtischen Wohnungsunternehmen.
Es geht um die politischen und sozialen und haushalterischen Auswirkungen auf das Land wie auf Zehntausende Mieter der GSW, aber auch auf die kommunale Wohnungswirtschaft.
Er ist etwas zu früh. Ich habe noch gar nicht angefangen.
Vielleicht hält er es noch ein bisschen aus.
Er muss nicht seinen Vorurteilen Genüge tun. Vielleicht hört er erst einmal zu, dann werden wir darüber reden.
Bevor ich auf die Themen eingehe, die ich eben angesprochen habe, noch ein Wort zur Nebendebatte.
Kenne ich!
Ich kenne es!
sondern auch parlamentarischen Umgangsformen gelernt hat und die Rechte der Opposition respektiert. Wenn Sie, Herr Lindner, oder Sie, Herr Zimmer, mit den Rechten der Opposition nichts anfangen können, dann ist das Ihr Problem, aber nicht unseres.
Jetzt komme ich zu einem der eigentlichen Themen, Herr Lindner,
das Erfordernis über den GWS-Verkauf hier in der Aktuellen Stunde zu reden, und zwar neben dem Thema, das Sie aufgerufen haben.
Ja, ich rede über beide Themen, Sie müssten nur erst einmal zuhören. – Die öffentliche Reflexion des Verkaufs, Herr Lindner, an der Sie nicht ganz unschuldig sind, hat zu einer Verunsicherung der Mieter der GSW geführt. Ich war sicher nicht der einzige Abgeordnete, der von verunsicherten GSW-Mietern in den letzten 14 Tagen angerufen wurde. Diese Mieter haben sich darüber beklagt, dass wir jetzt eine Gesellschaft verkaufen und auf sie Vertreibung und horrende Mieterhöhungen zukämen. – Knallige Schlagzeilen und Sprüche, auch von Ihrem Klientel, haben die Mieter verunsichert. Deswegen muss man heute in der Aktuellen Stunde zu diesem Thema etwas sagen.
Wir sollten den Mietern sagen, dass die GSW über Wohnungsbestände verfügt, von denen der neue Eigentümer sehr wohl weiß, dass er hier nicht im höheren oder mittleren Preissegment, wo es sowieso ein Überangebot auf dem Wohnungsmarkt gibt, Gewinne erzielen kann; auch der neue Eigentümer ist kein wohnungspolitischer Geisterfahrer. Er weiß also, dass er mit diesen Beständen, und zwar im unteren und sehr nachgefragten Segment, eine verlässliche Vermietung und Erlöse erzielen kann. Hinsichtlich des Mieterschutzes gibt es zwar Anlass zur Wachsamkeit, aber keinerlei Grund zur Panik.
Deshalb will ich betonen, dass die GSW-Mieter meines Erachtens keinen besondern Grund haben, wegen des Eigentümerwechsels – der, Herr Lindner, ganz in Ihrem Sinn ist – sorgenvoll in die Zukunft ihrer Wohnungs- und Mietsituation zu schauen, zum einen, weil in dem Vertragswerk alles Erdenkliche und Mögliche verbrieft worden ist, um den Erwerber an eine angemessene soziale Unternehmenspolitik zu binden: Schutz vor Kündigung, Eigenbedarf, wirtschaftliche Verwertung, Bindung an den Mietspiegel, Verpflichtung zur sozialen Umfeldbetreuung usw., es ist hier alles schon gesagt worden. Ich will das hier gar nicht ausführen.
Zum anderen werden wichtige Mieterrechte als Anlage in den Mietverträgen allen Mietern direkt verbrieft. An die Mieter, die das noch nicht getan haben, kann ich nur appellieren: Lassen Sie sich diese Anlage zum Mietvertrag ausfertigen, denn das bietet die größtmögliche Sicherheit!
Denn, Herr Lindner, auch der neue Eigentümer wird Wohnungsbestände verkaufen. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GSW hatte vorgesehen, 6 000 Wohnungen zu verkaufen. Angesichts der höheren Refinanzierungsbelastung wird der neue Eigentümer nicht umhin kommen, auch welche zu verkaufen. Er hat es auch schon angekündigt. Also kann ich nur sagen: Diese Zusicherungen im Mietvertrag sollen sich alle Mieter holen, wenn sie es bis jetzt noch nicht getan haben, weil dies, egal, wer Eigentümer ist, Bestand hat.
Die Senatsverwaltung hat sicher alle möglichen Vorkehrungen getroffen – darüber ist geredet worden –, aber ein Investmentfonds ist keine Einrichtung
karitative Einrichtung. Er hat auch darauf zu achten, dass sein eingesetztes Kapital, das er quasi treuhänderisch bewirtschaftet, sich refinanziert. Wir reden hier nicht nur über ein Verkaufsvolumen von 400 Millionen €, sondern von 2 Milliarden €. Man muss dabei immer die Verpflichtungen der GSW hinzurechnen. Kaufpreis, Altverbindlichkeiten, Personal, Instandhaltungskosten, Finanzierungskosten, all das muss der neue Eigentümer auch über die Mieten erwirtschaften. Er wird also genauso wie die GSW, wenn sie die Bestände behalten hätte, Kosten reduzieren und die Einnahmen verbessern müssen. Da unterscheidet sich ein öffentliches nicht von einem privaten Unternehmen. Das Gerede, dass jetzt eine völlig andere Situation anbreche und hier der private Abzocker käme, ist – da gebe ich meinem Vorredner Recht – völlig fehl am Platz, weil es auch städtische Wohnungsbaugesellschaften gibt, die mitunter Mieten an der Oberkante des Mietspiegels erheben. Wenn man mit ihnen darüber diskutiert, dann hört man wie ich von einer Prokuristin einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft: Wir hier, die Eigentümer, erwarten, dass sie Dividenden bringen. – Auch städtische Wohnungsbaugesellschaften wirtschaften nicht immer so, dass sie sagen, sie seien die sozialsten Vermieter. Insofern ist das nicht das Problem.
Jetzt zu der Frage, die auch eine Rolle gespielt hat: War das nun ein gutes Geschäft, und machen wir jetzt eine Jubelfeier? – Ich glaube, vieles spricht dafür, dass das ein gutes Geschäft war. Und viele bezeichnen das auch als solches. Mein Vorredner hat das auch gesagt. Ich will das nicht alles wiederholen. Ich würde allerdings sagen, dass es kein hinreichender Grund dafür ist, dass es ein gutes Geschäft ist, wenn wir die Einnahmeerwartung des Finanzsenators von 250 Millionen € übertroffen haben. Ansonsten würden wir die Erwartungen von Senator Sarrazin als angemessenen Maßstab betrachten.
Das tue ich in diesem Falle und in anderen Fällen auch nicht.
Man kann auch darüber sagen, und einige Kritiker tun es: Für 400 Millionen € 65 000 Wohnungen erzielen, so ein Geschäft möchten sie auch einmal machen. – Sie vergessen leider, dass sich der Kaufpreis real auf 2 Milliarden € beläuft. Selbst wenn man die 65 000 Wohneinheiten ins Verhältnis zu 2 Milliarden € setzt, kommt man noch nicht zu der Beantwortung der Frage, ob das ein gutes Geschäft ist, weil es zu viele Unschärfen gibt. Für meinen Begriff kann man die Frage nur beantworten, wenn man den Kaufpreis ins Verhältnis zu den 190 Millionen € Erlös setzt, die die Wohnungsbaugesellschaft im Jahr 1993 aus ihrem Kerngeschäft der Bewirtschaftung der Wohnungsbestände erzielt hat. Wenn man das ins Verhältnis setzt, kommt man auf einen Faktor 11. Da kann ich nur sagen, das ist ein relativ gutes Geschäft, sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer. Da ist Jubel nicht das richtige Wort dafür, es ist einfach ein gutes Geschäft.
Ein „besseres Geschäft“ – weil hier einige meinen, man hätte einen besseren Preis erzielen können – hätte nur zur Folge gehabt, dass der Erwerber in eine ökonomische Situation gekommen wäre, deren Folgen, weil sie die Mieter hätten ausbaden müssen, letztendlich wieder die öffentliche Hand zu zahlen hätte. Insofern wird von unseren Kollegen – insbesondere von der FPD, aber auch von der CDU – immer eine Milchmädchenrechnung aufgemacht. Ich frage mich manchmal, wie kommt es eigentlich, dass sich bei einer solch marktradikalen oder marktfundamentalistischen Partei so wenig wirtschaftlicher Sachverstand findet.
Transferleistungsempfänger zuständig ist, muss sich
Die Bedeutung der städtischen Wohnungen für die Versorgung der Menschen, die sich am Wohnungsmarkt nicht versorgen können, nimmt ständig zu, denn wir haben kaum noch Belegungsrechte. Sie laufen aus, wir können auf Grund der Haushaltssituation keine neueren Belegungsrechte durch Förderung im Wohnungsneubau oder durch Förderung in der Modernisierung und Instandsetzung erwerben. Es bleiben am Ende nur noch die städtischen Wohnungen zur Wohnraumversorgung. Nur damit können wir garantieren, dass wir Menschen Wohnungen zur Verfügung stellen können, die ansonsten keine bekämen. Dass diese Menschen der FDP anscheinend vollkommen fremd sind, gerade so, als ob sie noch nie etwas von solchen Menschen gehört hätte, die versorgt werden müssen, muss angenommen werden, wenn man ihre Position hört. Ich kann Ihnen von der FDP nur sagen: Lesen Sie die Verfassung von Berlin! In Artikel 28 steht:
Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen.
Vielleicht sollten Politikwissenschaftler Studien darüber betreiben, ob es in der FDP einen negativen Auslesemechanismus gibt.
Ich komme auf zwei Aspekte zurück, die eventuell Ursache für das gute Ergebnis des Verkaufs sind und die noch nicht angesprochen wurden. Es sind einmal die Leistungen der GSW selbst, und zwar die der Geschäftsführung wie der Belegschaft bei der Konsolidierung des Unternehmens. Der gute Preis für das Unternehmen ist meines Erachtens auch eine Folge dessen, dass in ihm in den letzten zwei Jahren ein erfolgreicher Konsolidierungskurs gefahren wurde. Deshalb hat der Käufer die Solidität des Unternehmens und des Konsolidierungskurses anerkannt und wird diesen fortsetzen. Der andere Punkt, der merkwürdigerweise heute hier keine Rolle gespielt hat, ist die Frage, dass die Investoren, die eben keine karitativen Einrichtungen sind, Vertrauen in die Zukunft Berlins und des Berliner Wohnungsmarkts haben. Da sie sichere Erlöse erzielen müssen, haben sie offensichtlich die Überzeugung, dass auch langfristig auf dem Berliner Wohnungsmarkt eine sehr solide Rendite zu erzielen ist.
Ich wollte noch auf einen weiteren Zusammenhang kommen, aber mir wird gerade signalisiert, dass ich meine Redezeit bereits ausgenutzt habe. Aber es gibt noch eine zweite Runde, in der werde ich noch einige weitere Punkte ansprechen. Leider komme ich jetzt nicht zu dem Punkt, den Sie angesprochen haben: Sinn und Unsinn der Privatisierung an sich. Das ist ja Gegenstand unserer jetzigen Aktuellen Stunde. Ich hoffe, dass ich Ihnen in der zweiten Rederunde diese Frage noch beantworten kann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich komme noch einmal auf den vorhin diskutierten Punkt zurück. Zunächst möchte ich aber noch ein Wort zu Frau Oesterheld sagen, dass man natürlich auch, wenn man den Verkauf in einer größeren Perspektive betrachtet, sagen muss: Der GSW-Verkauf ist nur die zweitbeste Lösung. Es hätte theoretisch auch andere Lösungen gegeben. Aber nach den konkreten Bedingungen, in denen sich das Land und die städtische Wohnungsbaugesellschaft befinden, musste man wahrscheinlich diesen Weg gehen. Man kommt zu dem Problem, das Frau Oesterheld auch zu Recht angesprochen hat. Ich habe auch schon einmal darauf hingewiesen, was die territorialen Verteilungen der übrig gebliebenen städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit ihren Beständen betrifft. Das ist ein Problem. Das möchte ich jetzt hier nicht ausführen.
Ein noch größeres Problem ist, dass wir gesagt haben, dass aus den städtischen Wohnungsbaubeständen Wohnungen verkauft werden müssen, um die Verschuldungs- und Liquiditätssituation der städtischen Wohnungsbaugesellschaften zu verbessern. Das tun wir mit dem GSW-Verkauf natürlich nicht. Die Gesellschaften hatten ein Sanierungskonzept. Zusammengerechnet wollten sie 21 000 Wohnungen bis zum Jahr 2007 oder 2009 für 1 Milliarde € verkaufen, um ihre Verschuldungs- und Liquiditätsprobleme zu lösen. In dem Gutachten von Ernst & Young haben wir erfahren, dass es für einige Gesellschaften eine existenzielle Frage
Insofern müssen wir weiter über die Frage der öffentlichen Beteiligungen diskutieren. Ich glaube, der Satz von Herrn Sarrazin, man sollte allen einmal androhen, sie zu verkaufen, dann würde alles viel besser, ist nicht hinreichend. Gerade für die Wohnungswirtschaft brauchen wir mehr als nur ein Beteiligungscontrolling, denn die von mir angedeuteten Probleme sind über ein besseres Beteiligungscontrolling nicht zu lösen. Also ist nach dem GSW-Verkauf immer noch vor der Sanierung der kommunalen Wohnungswirtschaft.
ren. Mit dem Verkauf der GSW haben wir dieses Problem nicht gelöst, sondern noch verschärft. Wir haben uns auf dem Berliner Wohnungsmarkt beim Verkauf, nicht bei der Vermietung, einen ernsthaften Konkurrenten geschaffen, der auch Wohnungen verkaufen wird. Das ist ein Aspekt an dem Verkauf, den man unbedingt betrachten muss. Es geht um die Gesamtfrage.
Herr Sarrazin, es gibt sicher keine magische Zahl. Herr Lindner, die Frage ist, ob vor dem Verkauf nach dem Verkauf ist oder umgekehrt, ob nach dem Verkauf vor dem Verkauf ist. Die Frage ist also, wofür man städtische Wohnungsbaugesellschaften braucht. Wir haben immer wieder gesagt, dass über die GSW hinaus städtische Wohnungsbaugesellschaften nicht verkauft werden sollten, und zwar nicht aus ideologischen Gründen, weil man nicht privatisiert – wir waren für den Verkauf von Wohnungsbeständen –, sondern weil man eine bestimmte – da gibt es qualitative und quantitative Anforderungen und nicht eine feste Zahl, Herr Sarrazin – Anzahl von Wohnungen im Bestand haben sollte, um verschiedene Aufgaben zu erfüllen: einerseits, um eine bestimmtes Klientel mit Wohnungen zu versorgen, und andererseits, um wirtschaftlichen Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu nehmen. Dafür braucht man einen Bestand in einer bestimmten Verteilung in einer bestimmten Qualität.
Man täuscht sich dabei. Die FDP – es gibt auch Ausnahmen von der Regel, Herr Matz, das gebe ich gern zu – macht dabei eine Milchmädchenrechnung auf. Alles, was man privatisiert und steigende soziale Kosten verursacht, zahlt man dann doch aus eigener Tasche. Man muss eine gesamtwirtschaftliche Rechnung aufmachen, wenn man sich überlegt, ob es besser ist, eine städtische Beteiligung, mit der Gemeinwesenaufgaben erfüllt werden, zu halten oder nicht. Wenn man nur das Betriebsergebnis nähme, käme man nicht zu einer vernünftigen – aus Sicht des Gemeinwesens – Rechnung.
Es geht also nicht darum – da gebe ich Ihnen auch völlig Recht – zu sagen, öffentliche Betriebe sind an sich gut oder schlecht und privates Eigentum ist an sich gut oder schlecht, sondern es kommt immer auf die konkrete Aufgabe an. Bei Vivantes widerspreche ich Ihnen. Dies können wir aber in der Kürze der Zeit hier nicht austragen. Es kommt also darauf an, ob man eine Gemeinwesenaufgabe hat und wie man sie besser erfüllen kann.
In diesem Fall geht es genau darum, und hier gibt es gute Gründe, dass man weitere Bestände der kommunalen Wohnungswirtschaft nicht privatisieren, sondern sanieren sollte. Damit erfüllt man wiederum Mieterschutzaufgaben. Nur wenn eine vernünftig wirtschaftende kommunale Wohnungswirtschaft vorhanden ist, kann man auf dem Markt eingreifen.
Einen Satz muss ich auch der Linken in diesem Haus klar sagen: Wer öffentliche Unternehmen nicht wirtschaftlich führt, begeht keine soziale Wohltat, sondern er verzehrt öffentliche Werte. Dies wird manchmal übersehen und
behauptet, öffentliche Unternehmen seien an sich eine soziale Wohltat.
Wenn sie nicht vernünftig und wirtschaftlich geführt werden, fressen wir uns selber auf.
Mit Herrn Matz bin ich gern bereit, über den Sinn und Zweck und die Frage, wie man öffentliche Unternehmen führt, zu diskutieren. Mit anderen aus der FDP-Fraktion habe ich, glaube ich, echte Verständigungsschwierigkeiten, weil da mitunter das Einmaleins der Betriebswirtschaft und der Volkswirtschaft nicht beherrscht wird und man sich an ideologischen Scheuklappen festhält.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Hält der Senat es für hinnehmbar, dass die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE repressiv und unter Missachtung gesetzlicher Maßgaben gegen die Mieter in zu sanierenden Wohnblocks an der Lichtenberger Scheffelstraße vorgeht und dabei die Mieter mit Druck und mit irreführenden Informationen und Ankündigungen zur Duldung der Modernisierung bzw. zum Auszug nötigt?
2. Hält der Senat es für hinnehmbar, dass die HOWOGE gesetzliche Überlegungsfristen der Mieter willkürlich verkürzt und Mieter vor Ablauf dieser Frist mit Duldungsklagen vor Gericht zerrt, und ist der Senat bereit, dieses Vorgehen der HOWOGE gegen Mieter zu stoppen und die landeseigene Gesellschaft zu verpflich
Hat die HOWOGE in der Auskunft Ihnen gegenüber ebenfalls das Argument angeführt, dass der Eigentümer, das Land Berlin, schließlich Dividenden von der HOWOGE erwarte und die Wohnungsbaugesellschaft deshalb angehalten sei, den größtmöglichen Mietertrag zu erzielen, und deshalb auch Druck auf die Mieter ausüben dürfe?
ten, mit allen noch verliebenden Mietern auf dem Weg der Vereinbarung den gütlichen Ausgleich zu suchen?
Haben Sie denn bei der HOWOGE in Erfahrung bringen können, ob die Wohnungsbaugesellschaft bereit ist, die Klagen gegen diejenigen Mieter zurückzuziehen, die bereits von der HOWOGE verklagt worden sind, obwohl die Ankündigungsfrist noch gar nicht abgelaufen war?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem diese Große Anfrage bereits zweimal vertagt wurde, hatte ich eigentlich vermutet, die FDP sinne darüber nach, wie sie den Irrtum korrigieren und diese Kleine Anfrage, die sie versehentlich als Große gekennzeichnet hatte, zurückziehen oder wenigstens als Überweisung an den Hauptausschuss beantragen könne. Letzteres wäre auch ein guter Ausweg gewesen. Ich habe mich aber geirrt. Wir besprechen sie heute hier. Sei es darum.
Die Frage für mich ist, welches politische Thema die FDP eigentlich mit der Großen Anfrage aufrufen möchte. Es ist, wie leider oft bei der FDP, schwer zu erkennen. Inzwischen frage ich mich auch nach der Rede von Herrn Stadtkewitz, was die CDU mit ihren Ausführungen wollte. Will die FDP als Partei der Besserverdienenden anprangern, dass die landeseigene Bankgesellschaft ehemals führende, gut verdienende Bankmanager, die nur ihren Job getan haben, mit unsubstanziierten Beschuldigungen und Regressforderungen überzieht? Wollen Sie das jetzt anklagen?
Diese Deutung liegt zumindest nahe, wenn man den Verweis in Ihrer Großen Anfrage liest, in dem auf Aussagen der Manager im Untersuchungsausschuss Bezug genommen wird. Im Untersuchungsausschuss haben eine Reihe von Managern, leitende Mitarbeiter der Bank, dargestellt, dass sie nur ihren Job getan haben, dass sie mit der gebotenen Sorgfalt ordnungsgemäß ihrer Arbeit nachgegangen sind und nun gar nicht verstehen können, warum ihnen gekündigt worden ist und warum sie mit zivil- und strafrechtlichen Verfahren überzogen werden.
Ich habe noch gar nicht richtig angefangen. Vielleicht kann er sich noch ein wenig zurückhalten.
Ich gebe zumindest zu, dass im Untersuchungsausschuss für mich diese Erkenntnis nicht gewonnen worden ist. Ich weiß auch nicht, was Herr Krestel dazu sagt.
Nun ist der Vorwurf gemacht worden – es wäre eine andere Möglichkeit der Interpretation, die ich der FDPAnfrage entnehme –, nicht, hier werde gegen unschuldige Leute oder die Falschen vorgegangen – Herr Lindner hatte selbst die andere Frage aufgeworfen –, sondern dass die landeseigene Bank bei der Verfolgung ihrer Interessen im Arbeitsrecht und Schadenersatzverfahren nur unfähige Anwälte einsetzt. Das hat nun aber Herr Lindner gleich zurückgenommen; er käme nicht dazu, so etwas zu unterstellen. Vielleicht muss als Argumentation doch wieder herhalten, dass es die Falschen sind.
In der von Ihnen gestellten Frage 6 liegt diese Annahme nahe. Ich gebe zu, dass solche Erörterungen, die Sie hier angesprochen haben und die Sie angeführt haben, auch für einen Nichtjuristen für mich von Interesse sind. Allerdings sollte dies wohl eher in einem juristischen Seminar stattfinden, wo man Klagetext, Klageerwiderung oder auch Klageabweisung des Gerichts vorliegen hat. Darüber könnte man dann sicherlich diskutieren. Vielleicht würde sich herausstellen, dass auch die Anwälte hier nicht sehr professionell gearbeitet haben. Ich kann es im einzelnen nicht sagen. Sie haben hier aus der Klage
)
Dieses grundlegende Problem – das sage ich auch einmal in Richtung Herrn Ratzmann, der im Gegensatz zu
mir Jurist ist – besteht doch wohl darin, dass hier eine Bank – ich sage: richtigerweise – gegen ehemals verantwortliche Manager zivilrechtlich vorgeht, die aber im wesentlichen nicht geheim gearbeitet haben, sich auch nicht gegen ihre eigene Bank verschworen haben. Deren Tätigkeit war öffentlich, zumindest in der Bank immer öffentlich. Über Jahre war ihre Tätigkeit von den Vorständen und Aufsichtsgremien für gut und auch für sehr gut befunden und entsprechend honoriert worden. Durch entsprechende Gremienbeschlüsse ist dies sanktioniert worden. Das hat das Gericht auch festgestellt.
Jetzt kommt dieselbe Bank mit fristlosen Kündigungen und Regressforderungen. Dass man sich damit in juristisch schweres Fahrwasser begibt, ist offensichtlich. Dass man dennoch diesen Weg beschreiten muss, hier haben wir vielleicht eine andere Auffassung zur FDP und CDU, sollte man nicht anzweifeln. Dass man vielleicht unangenehme Konsequenz dabei an den Tag legen muss und zwar mehr Konsequenz, als man es bisher getan hat, sehe ich so. Dass man auch nicht unterstellen kann, dass hier die Bank für einen heimtückischen leitenden Mitarbeiter über den Tisch gezogen worden ist, erscheint mir auch bei den Klagen zwingend geboten, mit denen man in diesem Verfahren vorgeht.
(D
In einem zivilrechtlichen Verfahren muss man natürlich – darüber streiten wir auch nicht – den Nachweis individuellen Verschuldens erbringen. Für mich besteht zumindest kein Widerspruch zwischen individuellem und systematischem Verschulden. Dieses System organisierter Verantwortungslosigkeit wurde von Personen geschaffen und jahrelang am Laufen gehalten. Ich erwarte also, dass die Bank, angehalten durch ihre Aufsichtsgremien, durch Herrn Sarrazin beispielsweise, und auch durch die staatliche Aufsicht, durch die Fach- und Beteiligungsaufsicht, ihren Anteil leistet, damit zivilrechtliche Aufarbeitung des Bankenskandals konsequent stattfinden, auch wenn es manchmal unangenehm wird und man nicht alles gewinnen kann.
abweisung des Gerichts zitiert. Ich kenne den Klagetext selbst dazu gar nicht. Das wäre sicher zu diskutieren.
Eine Darstellung im Plenum aber, die Bank habe hier systematisch nur unfähige Anwälte beauftragt oder, wie Herr Ratzmann vielleicht unterstellt hat, es liege nicht an der Unfähigkeit der Anwälte, sondern an der Bank, dass sie den Anwälten das entsprechende Material nicht zur Verfügung stelle oder, wie CDU und FDP andeuten, es seien die Falschen, gegen die vorgegangen würde, ist ein Herumstochern im Nebel. Hier wird auf Stimmungen aufgesattelt und gesagt, dass ein großer Schaden entstanden ist; es müsste endlich einmal erfolgreiche Arbeitsrechts- und zivilrechtliche Prozesse auf Regress geben.
Na, gut.
Ich wage hier gar nicht zu bewerten, inwieweit dieses juristische Vorgehen dilettantisch gewesen ist. Das kann ich ernsthafterweise nicht tun. Dazu – das habe ich eben dargelegt – kenne ich mich in den einzelnen Klageschriften, Erwiderungen oder auch Abweisungen des Gerichts nicht aus. Was ich hier aber gesagt habe ist, dass die Anfrage, die Sie hier stellen, eine verquaste und indiskutable Große Anfrage ist, womit ich aber keinesfalls sagen will, dass ich der Bankgesellschaft und deren Aufsichtsgremien damit eine Persilschein ausstelle. Ich kann nicht einschätzen, ob sie tatsächlich alles Erforderliche und immer alles richtig getan haben.
Ich gehe sogar im Gegenteil davon aus – ganz abstrakt –, dass immer noch mehr möglich ist und sicher noch bessere Arbeit zu leisten ist. Zum einen fehlt mir aber für die heutige Debatte die sachliche Grundlage dafür. Die haben Sie hier auch nicht angeführt. Sie haben keinen Anhaltspunkt dafür geliefert. Zum anderen haben wir auch ein weit tiefgreifenderes Problem, über das Sie eigentlich hinwegtäuschen. Das grundlegendere Problem wird deutlich, wenn man sich mit der Materie eingehender befasst und Klage sowie Klageerwiderung oder auch die gerichtlichen Abweisungsbeschlüsse doch einmal genauer anschaut.
Wir als Parlamentarier – namentlich im Untersuchungsausschuss – müssen unseren Teil leisten, wo es weniger um individuelles Verschulden, sondern die Aufhellung der systematischen Zusammenhänge und die Benennung der Verantwortung für dieses System und beim Versagen der Aufsichtsgremien geht. Abgesehen von der etwas mickrigen Großen Anfrage und der etwas mickrigen heutigen Debatte – –
Ich hoffe, ich habe mich schon klar genug ausgedrückt, Herr Wieland. – Zum Schluss noch eine Bemerkung: – –
Ach, wissen Sie, Herr Gram, meine Redezeit ist zwar schon zu Ende,
dem Parlament deutlich zu machen, dass es dieser Koalition nicht um eine politische Inszenierung geht, sondern um die ernsthafte Verfolgung von Ansprüchen des Landes Berlin. Das wäre Ihre Aufgabe gewesen. Stattdessen schwätzen Sie hier – anders kann man das nicht sagen – über Tatbestände, die Sie nicht kennen.
Das Urteil des Landgerichts Berlin führt deutlich aus, dass es hier um Unschlüssigkeit und Verjährung geht. Wie solche Tatbestände in der Berufungsinstanz ausgebessert werden sollen – insbesondere nach den Änderungen der Zivilprozessordnung im letzten Jahr –, hätte ich von Ihnen gern gehört. Das ist – mit Verlaub – unverantwortlich. Und das war bekannt.
Die erste von der Bank eingeschaltete Anwaltskanzlei hat nämlich genau aus diesen Gründen vor der Durchführung der Prozesse gewarnt und von der Klage abgeraten. Dann wurde die Kanzlei gewechselt und eine Kanzlei eingeschaltet, die nach meinen Kenntnissen – hierzu könnte Herr Sarrazin vielleicht auch etwas sagen – nicht nach der BRAGO abgerechnet hätte, was bei diesem desaströsen Fall immer noch Gebühren in Höhe von ungefähr 100 000 € gebracht hätte, sondern sie hat stattdessen auf Stundenhonorar abgerechnet, und – was die Branche so sagt – dies in Millionenhöhe. Dazu hätten wir gern eine Antwort gehört. Wer ein Millionenhonorar verlangt und eine solche Arbeit liefert, der ist sehr wohl im Regress. Hierzu gibt es auch Rechtsprechung.
aber darauf möchte ich doch gern noch antworten: Was ich in diesem Haus – auch im Rechtsausschuss und auch von gestandenen Rechtsanwälten – an Defiziten rechtsförmigen, rechtsstaatlichen und rechtspositivistischen Denkens erlebt habe, hätte ich mir als postkommunistischer Neuling im Rechtsstaat nicht träumen lassen.
So sind viele Ihrer Aussagen. Da nehmen Sie überhaupt keine Rücksicht.
Wenn ich aber eines Tages höre, dass die Bank einen von Ihnen, Herr Braun oder Herr Lindner, mit den Interessen der Bank in zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Auseinandersetzungen betraut, dann, befürchte ich, werde auch ich meine Zurückhaltung in solchen Fragen verlieren und nicht mehr solche rechtsphilosophischen Reden halten. – Ich danke.
Herr Braun, mir ist jetzt immer noch nicht klar geworden,
ob Sie dem Land Berlin, der Bankgesellschaft vorwerfen, dass sie überhaupt gegen die Manager der Berlin-Hyp vorgegangen sind, also dass sie Klage eingereicht haben, oder dies gleich hätten unterlassen müssen, weil diese keine Aussicht auf Erfolg hatte. Ist das Ihr Vorwurf? Oder werfen Sie vor, dass eine unfähige Kanzlei damit beauftragt worden ist, die eine nicht sachgerechte Klageschrift eingereicht hat, die dann wegen Unschlüssigkeit abgewiesen worden ist?
Bei dem ersten haben wir wahrscheinlich unterschiedliche Auffassungen. Ich bin der Meinung, die Klage musste erhoben werden. Nach meinem – das gebe ich zu – juristisch nicht ausreichenden Sachverstand gibt es genug Anhaltspunkte dafür, dass die Manager der BerlinHyp ihrer Verantwortung nach einer kaufmännisch sorgfältigen Geschäftsführung nicht nachgekommen sind.
Das zweite Problem ist dabei, dass es auch wenig Leute gibt, die dieses Interesse haben. Die eine Frage hat Herr Ratzmann auch benannt, und ich hätte sie gern von Frau Schubert beantwortet bekommen: Wo sind denn bei uns die Gesetzeslücken, dass jede Mark, die ich unerlaubt aus der Kasse nehme, zu einer Strafverfolgung führen kann, aber dass 21,6 Milliarden nicht zur Strafverfolgung führen können? Wenn es in der Tat so ist, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gibt, sollten wir uns sehr schnell darüber Gedanken machen, hierfür eine zu schaffen. So viel an Allgemeinem.
Ich will es nun konkreter machen, wenn ich mir die Kündigungsprozesse anschaue. Herr Sarrazin, Sie sind ausschließlich auf die Bankvorstände und die Geschäftsführer eingegangen. Wir haben sehr viele Freigänger. Wir haben sehr viele Mitarbeiter, denen gekündigt wurde, und zwar zum Teil mit den obskursten Begründungen. Wenn ich jemandem eine fristlose Kündigung mit einem Tatbestand, der zehn Jahre alt ist, an den Hals hänge, dann weiß ich, dass ich damit keine fristlose Kündigung durchkriegen kann. Dann entsteht der Eindruck, dass ich sie gar nicht durchkriegen will. Das sind die Probleme, die bei diesen Gerichtsentscheidungen eine Rolle spielen.
Die zweite Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich kenne auch nur den Abweisungsbeschluss des Landgerichts. Aus diesem muss ich schlussfolgern, dass die Klageschrift nicht sorgfältig genug vorbereitet worden ist. Wenn dem so ist, sollte die Bank gegen ihre Anwälte Regress geltend machen. Das hat aber Herr Zimmermann vorhin auch gesagt. Ich kann Ihnen das aber nicht abschließend bestätigen, da ich die Sachen genauso wenig im Konkreten kenne wie Sie. Ich erwarte jedoch, dass das geprüft wird. Wenn man zu dem Schluss kommt, dass die Klageschrift nicht sachgemäß eingereicht worden ist, muss man Regressansprüche gegen die Kanzlei geltend machen. Sie unterstellen jedoch, man hätte die Klage gar nicht einreichen dürfen. Da bin ich anderer Meinung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Debatte muss man sich entscheiden, ob man über die Sachzusammenhänge reden oder zunächst einmal den politischen Konkurrenten mit Polemik abservieren möchte. Ich glaube, auch der ansonsten an Sachzusammenhängen orientierte Kollege Cramer hat in seiner Rede, sogar anders als im Antragstext, die Sachebene an mehreren Stellen verlassen. Die Frage ist, worüber wir reden, und das ist im Antrag der Grünen richtig formuliert. Es ging zunächst um die Abschaffung des Zuschusses zur Finanzierung des Sozialtickets, also eines zusätzlichen Zuschusses für die entsprechend Bedürftigen. Das ist eine Entscheidung, die die Koalition zu verantworten hat, und das geschah unter dem Eindruck der Klage, die wir selbst eingereicht haben, um Finanzhilfen zu bekommen, wo wir uns die Frage stellen mussten, ob Leistungen und
Ausgaben des Landes gerechtfertigt sind. Darüber kann man streiten, aber das ist nicht das Thema unserer Debatte, sondern man vermischt hier diesen Zuschuss zur Subventionierung des Sozialtickets mit dem Sozialticket selbst. Der Zuschuss wurde gestrichen.
Daraufhin hat die BVG das Sozialticket gänzlich abgeschafft, hat es nicht zu dem ursprünglichen Preis angeboten und hat gleich zwei weitere Tickets generell abgeschafft, weshalb wir beides auseinanderhalten wollen. Deswegen sage ich: Jemand, der eine Verkehrsleistung für das Land Berlin erbringt und dafür Steuergelder in Höhe von 500 Millionen € im Jahr erhält, hat ein entsprechend strukturiertes Angebot an Tickets zu erbringen, auch entsprechend der sozialen Struktur in der Stadt. Darüber kann man mit ihm verhandeln. Dann muss man sich die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, wenn er dieses Angebot erbracht hat, das er selbst kalkuliert hat, ob man dann noch einzelne Tickets für bestimmte Gruppen zusätzlich zu dem von der BVG dargestellten Preis subventioniert. Darüber kann man diskutieren. Aber man muss beides auseinander halten und nicht unzulässig miteinander vermischen.