Annekatrin Klepsch
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Last Statements
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst will ich Danke sagen für die gute Zusammenarbeit mit den Jugendpolitikern und den Bildungspolitikern aller demokratischen Fraktionen in diesem Haus. Ganz besonders Danke sagen möchte ich vor allem Elke Herrmann und Annekathrin Giegengack, weil sie bekanntlich den Landtag verlassen werden. Mir war es immer eine gute Zusammenarbeit mit euch – vielen Dank und alles Gute auch außerhalb des Parlaments!
Nun zum eigentlichen Thema. Was ist von einer Regierung zu halten, die ihre Pflicht zur Berichterstattung nicht um der Erkenntnis willen, sondern nur um der Pflichterfüllung willen wahrnimmt? Was ist von einer Regierung zu halten, die richtige Erkenntnisse zwar in einer Stellungnahme zu Papier bringen lässt, aber den Schlussfolgerungen kaum politisches Handeln folgen lässt?
Kultusministerin Kurth hat heute Vormittag in der Aktuellen Debatte zur Bildung gesagt: „Wir müssen nicht nur wollen, sondern auch mit Augenmaß handeln.“ Darin gebe ich ihr recht.
Bei der Umsetzung des vorhergehenden Dritten Sächsischen Kinder- und Jugendberichtes und bei der Erarbeitung des Vierten Berichtes hat die Staatsregierung weder wirklich gewollt noch mit Augenmaß gehandelt. Warum? Im Sozialgesetzbuch VIII können wir lesen: „Die oberste Landesjugendbehörde hat die Tätigkeit der Träger der öffentlichen und der freien Jugendhilfe und die Weiterentwicklung der Jugendhilfe anzuregen und zu fördern. Die Länder“ – damit sind wir bei der Staatsregierung – „haben auf einen gleichmäßigen Ausbau der Einrichtungen und Angebote hinzuwirken und die Jugendämter bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen.“
Das Land Sachsen hat sich selbst richtigerweise im Landesjugendhilfegesetz die Verpflichtung auferlegt, den Landtag in jeder Legislaturperiode – also einmal in fünf Jahren – über Entwicklungen in der Jugendhilfe und die daraus resultierenden Folgerungen zu unterrichten.
Als ich vor fünf Jahren als junge Abgeordnete im Sächsischen Landtag neu war, war der Dritte Sächsische Kinder- und Jugendbericht gerade ein halbes Jahr alt. Ich habe ihn gern und oft für unsere Fachdebatten als Quelle genutzt, weil er gut war, und ich war gespannt, wie die benannten Ziele und Herausforderungen umgesetzt werden würden.
Ich glaube, heute, fünf Jahre später, können wir konstatieren: Vieles aus dem Dritten Bericht ist offengeblieben oder wurde in der Umsetzung aus Kostengründen eingedampft – siehe Schulsozialarbeit, siehe Medienbildung.
Seit einem Monat nun liegt der Vierte Kinder- und Jugendbericht für Sachsen vor, und ich sage in aller Deutlichkeit: Erstens, er ist eine Enttäuschung; zweitens, das war leider zu erwarten und drittens, er kommt zum Teil auch noch mit alten Zahlen von 2008/2009.
Warum ist das so? Der Bericht ist bereits mit einem Geburtsfehler gestartet worden. Trotz der konstruktiven Arbeit der Expertenkommissionen zur Erarbeitung der Vorgängerberichte war das Sozialministerium der Meinung, diese Expertenkommission sei verzichtbar. Es wurde lediglich ein Beirat aus Jugendhilfefachleuten bestellt, die bestenfalls größere Schnitzer verhindert und empirica beraten haben. Die Mitglieder des Beirates haben aus meiner Sicht das ihnen Mögliche getan. Was sie jedoch nicht ausbügeln konnten, das war, die mangelnde Fachlichkeit und das Erfahrungswissen des beauftragten Institutes empirica in der Kinder- und Jugendhilfe auszugleichen.
Liest man den Bericht und die Stellungnahme der Staatsregierung, so merkt man jedoch deutlich, von welch hoher Fachlichkeit und auch sprachlichen Versiertheit die Stellungnahme geprägt ist. Ich schließe mich meinem Vorredner an: Vielen Dank an das Landesjugendamt und das Referat Kinder- und Jugendhilfe!
Man merkt, wie mühevoll, um die richtigen fachlichen Formulierungen ringend, demgegenüber der eigentliche Jugendbericht verfasst worden ist. Die mangelhafte Kenntnis der Kinder- und Jugendhilfelandschaft in Sachsen wurde bereits bei der Vorstellung des Untersuchungsdesigns durch empirica vor zwei Jahren im Landesjugendhilfeausschuss deutlich. Die Ergebnisse sprechen für sich: Es reicht eben nicht aus, eine Onlinebefragung von Mitarbeitern und Jugendlichen zu starten, weil deren Repräsentativität schlicht an den ungleichen Zugängen zum Internet und an sozial differenziertem Nutzerverhalten scheitert.
Im Befragungszeitraum lebten etwa 490 000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren in Sachsen; 430 000 von ihnen waren Schülerinnen und Schüler. Doch lediglich 2 509 füllten diesen Onlinefragebogen aus. Von diesen Fragebögen wiederum gingen nur 1 952 in die Auswertung ein.
Die Verwunderung der Auftragnehmer, dass mit 53 % Gymnasiasten und 48 % Kindern aus Akademikerhaushalten überwiegend höher gebildete und sozial bessergestellte Jugendliche an der Befragung teilnahmen, illustriert die Fragwürdigkeit dieser Studie.
Die begrenzte Redezeit verbietet es mir, an dieser Stelle auf weitere fachliche Schwächen des Berichts einzugehen.
Kurzum: Es hätte aus der Sicht der LINKEN dieses Berichts nicht bedurft, um die statistischen Daten zu bekommen, die im Vierten Kinder- und Jugendbericht zusammengestellt wurden, und um die Erkenntnisse zu gewinnen, die uns nun vorliegen.
Betrachten wir die Stellungnahme der Staatsregierung: Diese benennt – positiv – überraschenderweise viele Ansätze und Handlungsbedarfe, die aber eher aus den praktischen Erfahrungen des Fachreferats denn aus dem Statistikkonglomerat des Berichts resultieren dürften. Vor allem ist es den Verfassern der Stellungnahme der Staatsregierung zu verdanken, dass die nebulösen Aussagen im Bericht fachlich eingeordnet und bewertet werden, ohne dass man die fachlichen Ableitungen daraus unbedingt teilen muss.
Gleichwohl ist in der Stellungnahme der Staatsregierung zwischen den Zeilen zu lesen, wie groß der fachpolitische Gestaltungsrahmen ist – nämlich eher klein, egal, ob es um die notwendige Fortführung vorsichtig etablierter Modellprojekte geht, zum Beispiel einer landesweiten Kinder- und Jugendbeteiligung, ob es um das dringend nötige Reagieren auf problematische Entwicklungen geht, beispielsweise in der Sucht- und Drogenprävention oder der Jugendsozialarbeit an den Schulen, oder um die Durchsetzung des politischen Willens einzelner Mandatsträger geht, wenn es um investive Mittel.
Konkrete Aussagen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Benachteiligung habe ich vermisst, obwohl nach wie vor mehr als 20 % der Kinder und Jugendlichen in
Sachsen an der Armutsgrenze leben und von Transferleistungsbezug betroffen sind.
So genau und konkret die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme Handlungsbedarfe zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe in Sachsen benennt, so unkonkret bleiben die eigentlichen Maßnahmen; denn offenbar – das ist das eigentliche Problem – darf es möglichst nichts kosten und vor allem kein Personal beanspruchen oder zusätzliche Personalkosten verursachen.
Verehrte Frau Staatsministerin Clauß, das bringt uns aber nicht weiter. Das gilt ebenso für die Darstellung, die beiden obersten Landesjugendbehörden – Sozialministerium und Kultusministerium – würden bei der Schulsozialarbeit gut zusammenarbeiten, um nur ein Beispiel aus der aktuellen Diskussion herauszugreifen. Mein Vorredner ging ebenfalls bereits darauf ein.
Ich komme zum Schluss.
Der nächste Landtag wird viel zu tun haben, die Umsetzung der kinder- und jugendpolitischen Handlungsempfehlungen einzufordern und zu kontrollieren sowie über den Landeshaushalt auch die nötigen finanziellen Mittel bereitzustellen.
Vielen Dank.
Super. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir glauben durchaus, dass es nötig ist, sozialräumliche Benachteiligungen von Kindern und Jugendlichen wirksam zu bekämpfen; denn der Bericht selbst, egal, ob ich ihn wirklich zu 100 % ernst nehme oder nicht, sagt auf Seite 47, dass das Bildungsniveau in den Großstädten höher ist als in den ländlichen Räumen, insbesondere in den Raumtypen 4 und 5.
Wenn ich davon ausgehe – und ich hoffe, wir sind uns da einig –, dass die Intelligenzverteilung über das Land gleich und nicht in den Großstädten kumuliert ist, muss es andere Gründe dafür geben, warum die Bildungserfolge, die Bildungsabschlüsse in den Großstädten höher sind. Da kommen wir zu dem Punkt sozialräumlicher Benachteiligung und der Frage, was Sachsen dagegen tut. Wie schaffen wir gleichwertige Lebensbedingungen für alle
jungen Menschen in diesem Land und an allen Standorten?
Damit sind wir auch bei einer Schwäche dieses Berichtes. Wenn junge Menschen in diesem Bericht gefragt werden, warum sie ein Jugendzentrum besuchen oder nicht, in dem ein Erwachsener ist, aber nicht weiter darüber Bericht erstattet wird, welche und wie viele Fachkräfte wir in den Jugendeinrichtungen haben, wie viele dieser Fachkräfte, wenn sie denn da sind, auf Viertelstellen, auf halben Stellen, auf zeitlich befristeten Stellen sind, wie prekär die Arbeitskräftesituation in vielen Einrichtungen der Jugendarbeit überhaupt ist, insbesondere im ländlichen Raum, dann ist das ganz klar eine Schwäche dieses Berichtes und auch eine Handlungsaufforderung an das Sozialministerium und die Staatsregierung.
Herr Krauß, mich erschüttert schon, was Sie zu dem Bericht gesagt haben. Entweder – Entschuldigung – Sie haben keine Ahnung von empirischer Sozialforschung oder Sie haben nur die Stellungnahme der Staatsregierung gelesen und den umfangreichen Bericht nicht zur Kenntnis genommen. Sonst müssten Sie zu einer anderen Einschätzung kommen. Ich habe gerade an einem Beispiel erläutert, wo die Schwächen des Berichts liegen.
Ich sage noch einmal: Sich nur zu rühmen, dass wir globale Mehrausgaben im Bereich der Jugendhilfe haben, ist kein Erfolgsbeleg, sondern es ist auch ein Indikator für Probleme, für massive Probleme bei den Hilfen zur Erziehung, bei den frühen Hilfen.
Es ist gut, dass die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter dank Tarifsteigerungen hier und da etwas mehr verdienen.
Wir müssen also genauer hinschauen. Der Bericht hat das nicht geliefert. Jetzt geht es darum, in bestimmten Punkten politische Strategien zu entwickeln. Ich warte auf Ergebnisse der Staatsregierung. Wir geben mit unserem Antrag ein paar Anregungen und hoffen auf breite Zustimmung.
Vielen Dank.
Grundsätzlich kann ich sagen, dass wir dem Antrag der SPD-Fraktion gern zustimmen. Zu Punkt 6 haben wir aber eine andere Auffassung. Es ist aus unserer Sicht wenig zielführend, das Zustandekommen des neuen Berichts zu evaluieren, sondern für uns ist es viel zielführender, bei der Erstellung des Fünften Sächsischen Kinder- und Jugendberichts zu dem alten Verfahren zurückzukehren und eine Expertenkommission zu bestellen. Deswegen würde ich die punktweise Abstimmung beantragen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Horte sind Kindertageseinrichtungen, die von schulpflichtigen
Kindern bis zur Vollendung der 4. Klasse besucht werden können. Sie können auch an Grundschulen errichtet und betrieben werden“, heißt es in § 1 des Sächsischen KitaGesetzes.
Was aber so nebensächlich und nach Freiwilligkeit klingt, das sind gegenwärtig fast 130 000 betreute Kinder allein in Sachsen im Hort. Im Jahr 2012 waren es 21,4 % und damit mehr als ein Fünftel der über 2 800 Kitas – ein Schulhort für Kinder an einer Grundschule.
Das Paradoxe daran ist, dass der individuelle Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung in Sachsen mit dem Schuleintritt endet, laut Sächsischem Kita-Gesetz aber der örtliche öffentliche Träger der Jugendhilfe verpflichtet ist, für alle Kinder bis zur Vollendung der 4. Klasse ein bedarfsgerechtes Angebot vorzuhalten.
Diese feine Differenzierung mag verwundern, wird jedoch gerade in den größeren Städten mit vollgestopften Grundschulen wie in Leipzig oder Dresden zum Problem; denn zusätzliche Plätze in Grundschulklassen bedeuten nicht automatisch zusätzliche Plätze in der Hortbetreuung.
Vor einer Woche standen Eltern und Schüler der 68. Grundschule Dresden hier vor dem Landtag, weil ihr Hort gerade nicht mit der Schule mitwachsen kann.
Schauen wir ins Nachbarland Thüringen – ich zitiere: „Für Grundschulkinder besteht ein Rechtsanspruch auf Förderung in Kindertageseinrichtungen von montags bis freitags mit einer täglichen Betreuungszeit von zehn Stunden unter Anrechnung der Unterrichtszeit. Dieser Anspruch gilt mit der Förderung an Horten in Grundschulen als erfüllt.“ – So weit in Thüringen.
Während sich die sächsische Landesregierung gern für ihre Ganztagsschulen lobt, obwohl Sachsen keine Ganztagsschulen hat, sondern nur ausgedünnte Ganztagsangebote im konzeptionellen Wildwuchs, ist der Hort an den Grundschulen seit einigen Jahren das eigentliche Erfolgsmodell – jedoch nicht allein aufgrund der engagierten Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher, sondern auch, weil Eltern berufstätig sein wollen oder ganztätig berufstätig sein müssen, um ihre Existenz zu bestreiten.
Hortbetreuung in Sachsen – das ist der Unterschied zur Ganztagsschule – ist der Tagesabschnitt im sächsischen Schulalltag, den die Eltern mit Gebühren bezahlen, und
der Hort ist bildungspolitisch seit vielen Jahren das fünfte Rad am Wagen. Daran hat weder die Handlungsempfehlung von Minister Steffen Flath und Ministerin Helma Orosz aus dem Jahr 2006 etwas geändert noch die Richtlinie über die Förderung von Ganztagsangeboten, die eine Kooperationsvereinbarung zwischen Grundschule und Hort voraussetzt. Es mutet seltsam an, wenn das Kultusministerium auf die Frage antwortet, man gehe davon aus, dass alle Grundschulen mit einem Hort kooperierten. Das heißt im Umkehrschluss: Man weiß es nicht genau.
Die Sächsische Staatsregierung muss sich aus der Sicht der LINKEN entscheiden: Will man die Ganztagsschule, muss die Rolle des Hortes perspektivisch neu geklärt werden – das ist auch Ergebnis einer Fachtagung, die im vergangenen September stattfand –, um die pädagogische Einheit von Schule und Hort zu erreichen. In Sachsen streiten an vielen Grundschulen immer noch Lehrkräfte und Horterzieher, wer zum Beispiel die Kinder während des Essens beaufsichtigt oder wer die Kinder – in der Pause nach dem Unterricht – betreut, die zwar die GTAAngebote nutzen, nicht jedoch in den Hort gehen.
Politiker aller Parteien und Ebenen verweisen gern auf die notwendige Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Erst der Hort an den Grundschulen ermöglicht diese Vereinbarkeit in Sachsen für berufstätige Eltern jüngerer Schulkinder. Mit 78,7 % besuchen mehr als drei Viertel der Sechs- bis Elfjährigen in Sachsen einen Schulhort. In den drei Großstädten Chemnitz, Dresden und Leipzig sind es sogar 87 bzw. 88 %.
Das Geld, das die Eltern für die Hortbetreuung ihrer Kinder aufbringen müssen, weist interessanterweise große Unterschiede auf, obwohl die Betriebskosten annähernd gleich sein müssten. Während man in der Gemeinde Triebel im Vogtlandkreis im Jahr 2012 für eine sechsstündige Betreuung monatlich 39,90 Euro bezahlen musste, waren es in Chemnitz 65,92 Euro und in Dresden sogar 79,32 Euro, also die doppelte Summe wie in der Gemeinde Triebel. Ich frage mich: Wie kommt das zustande?
Paradox, um nicht zu sagen komisch wird es in der Antwort auf Frage 18 zur Betreuung der Schulkinder auf dem Weg zum Hort. Die Eltern sind nach Auffassung des Kultusministeriums für die Aufsicht während des Weges der Kinder von der Schule zum Hort verantwortlich. Dabei nutzen die Eltern in den meisten Fällen die Hortbetreuung gerade deshalb, weil sie am Mittag oder frühen Nachmittag aufgrund von Erwerbstätigkeit eben nicht für ihre Kinder sorgen können.
Ärgerlich ist es deshalb auch, wenn die Staatsregierung keine Kenntnis darüber hat, wie weit insbesondere im
ländlichen Raum die Entfernungen zwischen dem Schulstandort und dem jeweiligen Hort sind. Es gibt Grundschulen, die mit mehreren Horten kooperieren. Aber das Kultusministerium weiß nicht, wie viele und welche das sind. Das Kultusministerium weiß zudem nicht, wie viele Integrationsschüler auch einen Hort besuchen.
Angesichts des politischen Anspruchs, Horte als Teil der Kindertagesbetreuung anzusehen – wegen der viel gepriesenen schulischen Ganztagsbetreuung sind sie auch Bildungseinrichtungen –, macht es sich aus der Sicht der LINKEN die Staatsregierung zu einfach, wenn sie vieles nicht weiß. Weil sie es nicht wissen will!
Der im Juni erschienene Vierte Sächsische Kinder- und Jugendbericht, auf den wir morgen noch zu sprechen kommen werden, enthält auch Aussagen zur Kindertagesbetreuung, da diese und der Hort Angebote der Kinder- und Jugendhilfe darstellen. Leider ist den Autoren des Berichts nicht aufgefallen, dass die größte Zunahme der Zahl betreuter Kinder seit 2006 trotz Krippenausbaus nicht in der Kinderkrippe, sondern – mit mehr als 30 000 Kindern auf 126 000 betreute Kinder – im Hortbereich zu verzeichnen ist.
Die Stellungnahme der Staatsregierung zum Vierten Kinder- und Jugendbericht hält auf 36 Seiten immerhin eine halbe Seite für den Kitabereich bereit. Allein, der Begriff „Hort“ taucht dort nicht auf, erst recht nicht die Fragestellungen, die sich neu ergeben. Angesichts dessen sage ich: Da hat das Kultusministerium seine Hausaufgaben nicht gemacht.
Ich möchte an dieser Stelle aus der Fortschreibung des Fachplanes Kindertageseinrichtungen für die Landeshauptstadt Dresden zitieren, in der der Wunsch nach kontinuierlichem fachlich-inhaltlichem Austausch zwischen der Sächsischen Bildungsagentur und dem Dresdner Eigenbetrieb Kita als öffentlichem Träger der Jugendhilfe zum Ausdruck kommt. Ich zitiere: „Derzeit reagieren Schule und Hort mit unterschiedlichen Strategien und inhaltlichen Ausrichtungen auf Anforderungen, wie große Heterogenität in Gruppen bezüglich Lernstand, hohe Schülerzahlen in Klassen, Verhaltenskreativität von Kindern etc.“
Entgegen der Auffassung der Staatsregierung sehen die Fachleute, die die kritische Stellungnahme der Wissenschaft zum Vierten Kinder- und Jugendbericht verfasst haben, durchaus politischen Handlungsbedarf. Ich darf zitieren: „Der stärkste Zuwachs an betreuten Kindern zwischen den Jahren 2006 und 2012 ist für den Hort zu verzeichnen. Dieser Bereich, der infolge der Strategie für ganztägige schulische Angebote lange am Rande der fachlichen Aufmerksamkeit lag, ist stark gewachsen und bedarf wieder mehr qualitativer Entwicklung.“
Diese Botschaft möchte ich Ihnen, Frau Kurth, heute noch einmal mitgeben. Wenn die Anzahl der betreuten Hortkinder aber in wenigen Jahren um ein Drittel gestiegen ist, stellt das die freien und die öffentlichen Träger der Horte vor neue personelle und auch räumliche Herausforderungen. Die Raumfrage wird zunehmend wichtiger. Konnten
die Horte in früheren Jahren eigene Räume in den Grundschulen beziehen, weil die Schülerzahl zurückging, so hat sich die Situation zumindest in den Großstädten komplett gewandelt. Bis an das Dach vollgestopfte Grundschulen haben insbesondere in den Großstädten keine eigenen Horträume mehr. Unterricht und Nachmittagsbetreuung finden vielmehr in Doppelnutzung statt.
Das hat Auswirkungen auf die pädagogische Konzeption. Ein Klassenraum, der Sitzplätze für 28 Schülerinnen und Schüler bereithalten muss, ist nur mühsam jeden Tag umzuräumen und in einen gemütlichen Gemeinschaftsraum für den Nachmittag umzuwandeln, in dem sich Kinder auch in der Freizeit wohlfühlen.
Damit sind wir bei den Platzzahlen. Völlig unklar ist mir, wie es sein kann, dass laut Antwort auf Frage 9 der Großen Anfrage im Jahr 2013 130 838 Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren nur 87 062 genehmigte Hortplätze gegenüberstanden. Laut Statistischem Landesamt besuchten aber 108 423 Schulkinder eine Kindertageseinrichtung. Wie kommt die Differenz von 20 000 Hortplätzen zustande?
Was folgt daraus? Wir als LINKE sehen Nachbesserungsbedarf in der Kinder- und Jugendhilfestatistik des Freistaates, wie er auch in der kritischen Stellungnahme zum Vierten Kinder- und Jugendbericht angemahnt wird.
Dennoch möchte ich an dieser Stelle dem Referat Kindertagesbetreuung des Kultusministeriums und dem Landesjugendamt meinen Dank für die mühevolle Beantwortung der Großen Anfrage aussprechen. Ich hoffe, dass die Antwort vor allen Dingen in den Fachreferaten als Grundlage für weitere fachliche Überlegungen genommen wird.
Lassen Sie uns gemeinsam die Große Anfrage zum Anlass nehmen, den Hort in Sachsen zwischen Grund- und Förderschule und Ganztagsangeboten nicht aus dem Blick zu verlieren, sondern auch nach der Landtagswahl weiterzuentwickeln.
Aus der Sicht der LINKEN wäre ein erster wesentlicher Schritt die Verbesserung des Betreuungsschlüssels; denn derzeit steht nicht einmal eine volle Stelle für eine Klasse bzw. Hortgruppe zur Verfügung. Ein weiterer Schritt wäre die Ausweitung des individuellen Rechtsanspruchs der Kindertagesbetreuung auf den Hort. Schließlich dürfen wir die Aus- und Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte nicht vernachlässigen. Wir müssen die Erzieherinnen und Erzieher besser auf die Arbeit mit behinderten Kindern vorbereiten, um der Pflicht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung zu
tragen.
Und: Wir müssen für Lehrkräfte und Horterzieher gezielt gemeinsame Fortbildungen anbieten, damit das Verständnis für den anderen wächst und die konzeptionelle Zusammenarbeit besser funktioniert. Hier sind aus meiner Sicht das Landesjugendamt und das Sächsische Bildungsinstitut gemeinsam gefordert. Denn für alle Bildungsorte von Kindern gilt: Auf den Anfang kommt es an. Das gilt auch und gerade in der Grundschule und im Hort.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Ich bitte um eine Kurzintervention auf die Worte des Herrn Schreiber.
Ich möchte auf den letzten Punkt eingehen. Ich glaube, Herr Schreiber hat in den Haushaltsverhandlungen in den Jahren 2010 und 2012 nicht aufgepasst. Ansonsten hätte er nämlich die Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE zur Kenntnis genommen.
Er hätte wahrgenommen, dass wir durchaus für alle Änderungsanträge – auch für eine Besserstellung des Betreuungsschlüssels in den Kindertageseinrichtungen – Deckungsvorschläge für die Finanzierung unterbreitet haben. Insofern haben wir auch finanzpolitisch konsequent gehandelt und unsere Forderungen immer untersetzt, ohne dafür Schulden aufnehmen zu müssen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte es eigentlich bei einer Runde bewenden lassen, aber der Kollege Schreiber hat eine Reihe von Fragen gestellt und
Antworten eingefordert. Ich bin natürlich bereit, diese Antworten zu geben.
Ich will mich aber zunächst für die weitgehend sachlich geführte Diskussion über unsere Große Anfrage bedanken.
Zu den Fragen von Herrn Schreiber. Ich sage ganz klar, ich will heute keine Finanzdebatte führen. Wir haben die Große Anfrage gestellt, um der fachlichen Weiterentwicklung des Horts im Gefüge zwischen Schule und Ganztagsangeboten neue Impulse zu verleihen.
Was die Debatte über den Betreuungsschlüssel betrifft: Natürlich spielt sie hinein, aber wir sagen ehrlich, dass die schrittweise Verbesserung, die wir wollen, für den ganzen Kitabereich, also für alle Kinder bis zum elften Lebensjahr, 90 Millionen Euro pro Jahr kosten würde. Wir wissen, das Geld ist da.
Warum wollen wir einen Rechtsanspruch? – Es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wenn ich als Staat die Frauen und Männer ganztägig als Arbeitskräfte gewinnen will, dann muss ich die Betreuung der Kinder absichern. Das ist am besten mit einem individuellen Rechtsanspruch zu regeln.
Jetzt hat Patrick Schreiber kritisiert und weit ausgeholt, dass wir für die freien Schulen und für andere Dinge mehr Geld haben wollten. Dazu sage ich zwei Dinge: Erstens. Die freien Schulen haben ihre Existenz über das Grundgesetz und über die sächsische Landesverfassung garantiert.
Zweitens. Warum wird es so teuer? – Es wird unter anderem deshalb so teuer, weil der Zulauf zu den freien Schulen durch die CDU-Schulschließungspolitik der letzten 25 Jahre bedingt ist. Hätten wir nicht so viele Schulen im ländlichen Raum geschlossen, wären nicht so viele freie Schulen aus dem Boden geschossen. Wäre die staatliche Schulpolitik des Landes etwas offener, auch konzeptionell offener, würden sich nicht so viele Eltern für alternative pädagogische Ansätze an freien Schulen entscheiden. – Das nur zu den Punkten von Patrick Schreiber.
Worüber reden wir eigentlich? – Wir reden über die Rolle des Hortes. Der Hort ist in Sachsen in einer Zwitterrolle. Das ist historisch bedingt. Man muss wissen, als das Kinder- und Jugendhilfegesetz in den Achtzigerjahren geschrieben wurde, war der Hort in der West-Bundesrepublik eine Nischenerscheinung für Kinder, deren Eltern beide ganztägig berufstätig waren. Man ist nicht davon ausgegangen, dass es eine flächendeckende Einrichtung sein könne, wie sie schon im Jahr 1911 das erste Mal angedacht war, wie es sie in der DDR gab und wie auch wir sie heute noch haben. Damit haben wir eine Zwitterrolle, weil zwei Systeme aufeinandertreffen: die Schule als System und der Hort als System der Kinder- und Jugendhilfe.
Nun ist es aus unserer Sicht die Aufgabe von Politik und auch von einer Kultusministerin, die Konflikte zwischen
diesen beiden Systemen, die aufeinandertreffen – wobei die Schule naturgemäß das stärkere System ist, weil es mit mehr Ressourcen ausgestattet ist –, zu moderieren.
Ich bin dem Landesjugendamt dankbar, dass es im vergangenen September eine Tagung durchgeführt hat zur Arbeit im Hort, zur Standortbestimmung für den Hort. Dort war es so, dass ein Drittel der Interessentinnen weggeschickt werden musste, weil viel zu viele Tagungsanmeldungen eingegangen waren. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Kultusministerin die Ergebnisse dieser Tagung als Impuls aufgegriffen und von sich aus gesagt hätte: Ja, wir sehen Diskussionsbedarf. Wir wollen es weiterentwickeln. Wir nehmen es uns als bildungspolitische Aufgabe vor. – Das ist nicht passiert. Deswegen stehen wir heute hier. Deswegen gab es die Große Anfrage. Wir werden das Thema weiter verfolgen.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich erlaube mir vor die Einbringung voranzustellen, dass ich mir heute doch etwas konkretere Aussagen seitens des Kultusministeriums gewünscht hätte und nicht nur Allgemeinplätze zur Zustandsbeschreibung. Umso besser ist es, dass wir einen Entschließungsantrag haben, mit dem wir ein paar Vorschläge machen, wie und
in welche Richtung es weitergehen soll und kann. Wie gesagt, wir sehen die Große Anfrage als Anregung, als Impuls für noch zu führende Fachdebatten auf Landesebene. Ich sage auch, dass man die Kommunen nicht immer alleinlassen und alles auf die kommunale Selbstverwaltung schieben kann.
Was fordern wir nun? Zum einen gehen wir in Punkt 1 ganz klar neben dem Rechtsanspruch – das hatte ich schon erwähnt – auf die Frage Betreuungsschlüssel ein. Es geht uns nicht darum, dass ab 2015 alles sofort viel, viel besser wird, sondern wir wünschen uns einen Stufenplan. Wir glauben aber, dass man erst einmal den ersten Schritt tun muss, um auch im Hort die Erzieherinnen und Erzieher etwas zu entlasten.
Zweitens glauben wir – das ist ja bei allen Kollegen zum Ausdruck gekommen –, dass es einer besseren Datenlage bedarf, um zu wissen, an welchen Stellschrauben auch am Hort seitens des Landes etwas gedreht werden muss. Wir sehen eine Handlungsnotwendigkeit hinsichtlich der Harmonisierung der Raumfrage zwischen Horten und Grundschulen, wenn es denn verstärkt zu einer Doppelnutzung der Räumlichkeiten kommt.
Ganz wichtig ist das Thema Inklusion, dabei auch hier den Hort auf den Weg zu bringen, die Kommunen und die örtlichen Träger der Jugendhilfe dabei zu unterstützen, die UN-Behindertenrechtskonvention und die Betreuung von Integrationskindern auch im Hort zu verbessern.
Das sind einige Punkte, die wir vorschlagen. Es ist nicht allumfassend. Beispielsweise ist die Frage Personal im Landesjugendamt, das auch die Aufsicht über die Betriebserlaubnisse hat und aus meiner Sicht völlig überlastet ist, durch uns nicht thematisiert worden. Ich bin aber dankbar, dass es noch einmal von Annekathrin Giegen
gack angesprochen wurde. Darüber müssen wir in den Haushaltsdebatten reden. Mit dem Entschließungsantrag ging es uns heute vor allem um fachliche Fragen bezüglich des Hortes.
Ein letzter Punkt ist die Frage der Fortbildung. Wir glauben, es ist notwendig, dass sich nicht nur Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch Erzieherinnen im Hort kostenfrei fortbilden können, und zwar über Angebote des Landes. Hier sollen das Landesjugendamt und das Sächsische Bildungsinstitut gemeinsam entsprechende Angebote unterbreiten, um die Fachkräfte, die an einem Ort in Schule und Hort gemeinsam arbeiten, auch gemeinsam fortzubilden. Das wäre ein erster kleiner Schritt, um das Ganze zu harmonisieren und diese Arbeit zu unterstützen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegenwärtig befinden sich laut UN-Flüchtlingshilfswerk weltweit 45 Millionen Menschen auf der Flucht, Menschen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg oder Naturkatastrophen
verlassen mussten. 15 Millionen von ihnen gelten nach völkerrechtlicher Definition als Flüchtlinge.
Vor genau einem Jahr, am 13. Juni 2013, setzten im Rahmen einer Regierungserklärung zu 60 Jahren Bundesvertriebenengesetz CDU und FDP im Bundestag durch, dass sich die Bundesregierung bei den Vereinten Nationen für die Erweiterung des Weltflüchtlingstages am 20. Juni um den Punkt Vertreibung einsetzen solle. Jetzt fordern CDU und FDP mit ihrem Antrag einen sächsischen Gedenktag für Heimatvertriebene, um an Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung zu erinnern. Sie folgen damit – das ist schon erwähnt worden – den Entscheidungen der Länder Bayern und Hessen, die ebenfalls eigene Gedenktage für Vertriebene eingeführt haben.
Warum tun sie das? – Weil sich nämlich Horst Seehofer und die CSU nicht mit einem bundesweiten Gedenktag für Vertriebene durchsetzen konnten. CDU und FDP wollen an Heimat und Verlust erinnern, jedoch nicht an die Ursachen dieser Vertreibung und Zwangsumsiedlung. Das, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ist mit uns LINKEN nicht zu machen. Es gibt den geflügelten Satz: „Wer sich nicht erinnert, verliert die Orientierung.“
Vor 75 Jahren wurde von Deutschland der Zweite Weltkrieg entfacht, in dessen Folge – –
Sehr verehrter Herr Bandmann, wenn der Antrag zum Vertriebenengedenktag Sie wiederbelebt hat, freut uns das. Ich wünsche Ihnen viel Gesundheit.
Ich würde gerne ohne Zwischenrufe weiterreden.
Vor 75 Jahren wurde von Deutschland der Zweite Weltkrieg entfacht, in dessen Folge etwa 15 Millionen Deutsche aus Osteuropa sowie Millionen Polen und Russen vertrieben wurden. Dass die Vertreibung von Millionen von Deutschen aber das Ergebnis eines von Nazi-Deutschland begonnenen Krieges war, darauf hat bereits Bundespräsident Richard von Weizsäcker vor fast drei Jahrzehnten in seiner Rede zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag hingewiesen. Richard von Weizsäcker sagte damals: „Während des Krieges hat das nationalsozialistische System viele Völker gequält und geschändet. Am Ende blieb nur noch ein Volk übrig, um gequält, geknechtet und geschändet zu werden – das eigene, das deutsche Volk. Die anderen Völker wurden zunächst Opfer eines von Deutschland ausgehenden Krieges, bevor wir selbst zu Opfern unseres eigenen Krieges wurden.“
Doch warum bedarf es eines sächsischen Gedenktages? Wenn man die Begründung des Antrages liest, erfährt man leider nichts darüber – das ist unsere Kritik –, wie Sie, ich zitiere, „als gesamtgesellschaftliche Aufgabe das Schicksal der Heimatvertriebenen und Aussiedler im Bewusstsein halten wollen“.
Ich darf daran erinnern, und ich sage es als Tochter eines Vertriebenen, dass 70 Jahre nach Kriegsende fast nur noch Zeitzeugen aus dieser Zeit leben, die das Kriegsende als Kind erlebt haben.
Ihr Antrag – das ist ein weiterer Kritikpunkt – datiert auf den 4. Juni 2014, er ist also genau zwei Wochen alt. Dabei entsteht leider der Eindruck, dass CDU und FDP mit diesem sensiblen Thema Wahlkampf machen, sich an der DDR abarbeiten möchten und bei Menschen im rechtskonservativen Spektrum und Ewiggestrigen auf Stimmenfang gehen.
Ganz offensichtlich wollen Sie noch vor der Wahl Ihr politisches Profil schärfen – na klar, sonst würden Sie nicht so aufjaulen –, während Ihr Bundesinnenminister Thomas de Maizière gerade das Asylrecht auf Bundesebene verschärfen will. Dafür erhalten Sie von uns keine Unterstützung.
Ich sage für meine Fraktion, dass wir uns erinnern wollen und müssen. Wir müssen die nachfolgende Generation vor einem verantwortlichen Umgang mit der Vergangenheit sensibilisieren. Aber ich frage auch, ob das einfache Festlegen eines sächsischen Gedenktages für Flucht und Vertreibung der angemessene Umgang mit diesem Stück Geschichte ist. Gedenken kann man nicht beschließen, Gedenken muss gelebt werden.
Wir können Flucht und Vertreibung nicht losgelöst von historischen Ereignissen betrachten, wir müssen Ursache und Wirkung benennen.
Ich darf daran erinnern, dass wir als LINKE vor genau vier Jahren, 2010, einen Gesetzentwurf in diesen Landtag mit der Forderung eingebracht haben, den 8. Mai als Tag der Befreiung, als Tag des Erinnerns und Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus und die Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa in Sachsen einzuführen. Unser Vorschlag wurde damals von CDU und FDP abgelehnt, obwohl der 8. Mai in vielen Ländern, unter anderem in Frankreich und der Slowakei, Gedenktag ist.
Zurück zu Sachsen. Es gibt in der Kunst und der Literatur zahlreiche Ansätze, das Thema Vertreibung und Umsiedlung aufzuarbeiten. Wer einmal in Christa Wolfs Erinnerungen gelesen hat, weiß, wie schrecklich die Kriegsgeneration die Flucht erlebt hat. Christa Wolf wurde aus Schlesien vertrieben.
Wer den Roman „Landnahme“ von Christoph Hein kennt, der weiß, dass Flüchtlinge nicht willkommen waren, weder in Ost- noch in Westdeutschland.
Wie kann man nun das Thema Flucht und Vertreibung, geeignet im Sinne eines Gedenkens, verarbeiten? Ich empfehle Ihnen – da unterstützen wir die Rücküberweisung an den Aussschuss –, die politische Bildung für alle Generationen in Sachsen zu stärken. Wir haben die Institutionen dafür. Ich empfehle Ihnen aber vor allem, die internationale Jugendarbeit auszubauen, denn Gedenken muss gelebt werden, und es muss ein Austausch bilateral und multilateral stattfinden. Fördern Sie nicht nur verbal, sondern fördern Sie auch finanziell den bilateralen Austausch mit den Nachbarländern Polen und Tschechien, fördern Sie Jugendbegegnungen und Ferienfahrten! Dort haben wir ein Defizit. Sachsen gibt bundesweit das wenigste Geld dafür aus. Unterstützen Sie die Jugendverbände, unterstützen Sie die Schulen, die Kultureinrichtungen und die Sportvereine darin, einen Austausch mit Osteuropa zu suchen, anstatt wie gegenwärtig die internationale Jugendarbeit als Sparstrumpf zu betrachten!
Ich komme zum Schluss. Das Thema Krieg, Flucht, Vertreibung ist ernst und angesichts weltweiter Kriege und Flüchtlingsströme ist es hochaktuell und verdient politische Aufmerksamkeit, keine Frage. Ihr Antrag jedoch ist so, wie er formuliert ist, zum gegenwärtigen Zeitpunkt unpassend und dem Thema unangemessen und deshalb wird die Fraktion DIE LINKE ihn ablehnen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Zastrow hatte mich angesprochen und kritisiert, dass ich gesagt hätte, dass nicht an die Ursachen erinnert werden würde. Natürlich erinnern wir im Landtag an bestimmten Gedenk- und Feiertagen sowie historischen Tagen immer wieder an Ereignisse in der Geschichte. Das eine ist eine repräsentative Aufgabe dieses Parlaments und Hohen Hauses. Das ist richtig so.
Das andere betrifft aber, das ist die Kritik an Ihrem Antrag, die folgende Frage: Wie kann man in einer Gesellschaft, die nach wie vor auch mit den Themen Flucht, Vertreibung und Krieg aufgrund weltweit neuer Konflikte und neuer Kriege in vielen Ländern konfrontiert ist, aktuell mit diesen Themen umgehen? Wie kann man jüngere Generationen aktiv für solche Themen sensibilisieren? Zu diesem Punkt sagen wir, dass der Antrag zu kurz greift. Das hat auch die Diskussion gezeigt. Es müsste eigentlich ein Konzept erarbeitet werden, das wissenschaftliche Expertise und fachliche Kompetenz im Bereich der Jugend- und Erwachsenenbildung braucht, um mit geeigneten Institutionen – seien es die Landeszentrale für politische Bildung, die Stiftung Sächsische Gedenkstätten oder wissenschaftlichen Institute – zu klären, wie man nachhaltig politische Bildung und Gedenkkultur aufziehen kann.
Sie haben darauf verwiesen – Herr Hirche war es –, dass von den ehemals eine Million Vertriebenen, die nach 1945 in Sachsen angekommen sind, nur noch ein Viertel, nämlich 250 000, lebt. Das heißt, drei Viertel sind aufgrund ihres hohen Alters inzwischen nicht mehr da. Daraus folgt, dass wir nach vorn denken und handeln und Ideen entwickeln müssen, wie wir mit dem Thema Vertreibung bezüglich jüngerer Generationen umgehen, für die das ganz klar nur erzählte Geschichte ist. Für mich war es erzählte Geschichte, weil sich meine Oma mit mir darüber unterhalten hat. Die ist als circa 40-Jährige vertrieben worden. Sie hat ihren großen Sohn im Krieg an der Front verloren, während mein Vater noch Kriegskind war, und wurde dann auch umgesiedelt. Aber auch das ist schon wieder Jahrzehnte her.
Die Frage ist: Wie gehen wir mit den Generationen um, die jetzt, in den letzten Jahren, geboren wurden, und wie binden wir sie ein? Das ist die Frage, die hier beantwortet werden muss, und diese Frage beantworten Sie eben nicht mit Ihrem Antrag, der aus meiner Sicht rückwärtsgewandt ist.
Wenn Sie sagen, uns war das Thema Vertreibung immer schon so wichtig, dann frage ich: Warum, wenn Sie fünf Jahre in einer Regierungskoalition sitzen, kommen Sie erst jetzt, in der vorletzten Plenarsitzung dieses Landtags, mit diesem Thema an? Warum, wenn es Ihnen so wichtig ist, haben Sie nicht die letzten vier Jahre dazu genutzt, sich diesem Thema zu widmen und es einzubringen?
Weil dieses Thema gerade aktuell im Bundesrat behandelt wurde.
Vielen Dank, Herr Präsident.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zurück zum eigentlichen Thema. Ich beginne mit einem Zitat: „Um die Betreuungsqualität und die Umsetzung der im Bildungsplan gesetzen Ziele in den Kitas künftig sicherzustellen, setzen wir uns für eine bessere Personalausstattung in den sächsischen Kitas ein.“ – Das ist nicht aus dem Wahlprogramm der LINKEN, sondern aus dem Regierungsprogramm der CDU vom Mai 2014. Ich frage Sie: Ist das ein Lippenbekenntnis oder eine Wahlkampfblase? Ich möchte, dass die CDU heute ganz klar Farbe bekennt: Was wollen Sie in diesem Bereich in den nächsten fünf Jahren erreichen?
Ich finde es gut, dass die GRÜNEN das Thema heute noch einmal auf die Tagesordnung gehoben haben – vielen Dank dafür. Wenn seit 2005 in diesem Haus um einen besseren Betreuungsschlüssel gerungen wird – so wie die damalige CDU-Ministerin Helma Orosz es 2006 angekündigt hat, als der Bildungsplan eingeführt wurde – und immer noch nichts passiert ist in den neun Jahren, dann ist es richtig, dass wir heute wieder darüber sprechen.
Was hat die CDU in diesen fünf Jahren getan? Sie hat Modellprojekte gemacht, sie hat ein Modell nach dem nächsten durchs Land getrieben. Die Erzieherinnen und Erzieher mussten sich immer wieder auf neue Dinge und Themen einstellen und ihre Arbeit wurde nicht mit einer Verbesserung des Betreuungsschlüssels wertgeschätzt, und das kritisieren wir.
Für diejenigen, die es immer noch nicht wissen – wir haben das aber schon hundert Mal besprochen –, wiederhole ich es: Wenn pro Erzieherin in einer Krippengruppe acht oder neun Kinder bzw. in einer Kitagruppe 19 Kinder sind, dann ist das Aufbewahrung statt Bildung. Das grenzt an Kindeswohlgefährdung.
So sind auch die Rückmeldungen, die wir von vielen Fachkräften bekommen. Erzieherinnen und Erzieher, die langzeiterkrankt sind und nicht mehr können, haben Angst, dass ihnen in der Kita ein Unfall passiert, weil die Gruppen zu groß sind. Das muss geändert werden. Es ist gut, dass sich die Fachpolitiker fraktionsübereifend einig sind. Das erkenne ich schon an, Patrick.
Dass wir seit fünf Jahren oder sogar noch länger um den Betreuungsschlüssel ringen, führt allerdings dazu, dass wir andere Debatten, die im Zusammenhang mit dem Kitabereich ebenfalls dringend notwendig sind, überhaupt nicht führen. Es gibt neue Herausforderungen, über die wir sprechen müssen, zum Beispiel die soziale Integration, die Inklusion und die Migration. Das alles sind Themen, die für die Kitas neu sind und über die wir sprechen müssen.
Da Frau Hermenau zu den Finanzen alles gesagt hat, will ich das weglassen. Mir ist es wichtig, an dieser Stelle noch einmal Folgendes zu erwähnen: Es ist richtig gewesen, dass die Eltern, die Erzieherinnen, die LIGA, die Wohlfahrtsverbände und auch die Gewerkschaften an diesem Thema festgehalten haben; sie haben nicht aufgegeben, sondern gekämpft. Wir müssen diesen Kampf fortsetzen, bis sich – endlich – etwas ändert, nicht nur finanziell, sondern auch im Sächsischen Kitagesetz.
Selbst die CDU-Fraktion kommt an dem Thema nicht vorbei. Das kann man dem Regierungsprogramm entnehmen. Es sind halbherzige Vorschläge, die dort unterbreitet werden. Ich sage auch deutlich: Eine Entlastung der pädagogischen Fachkräfte durch irgendwelche Zusatzkräfte – wie vorgeschlagen – ist der falsche Weg. Den gehen wir als LINKE nicht mit.
Es gibt zwei positive Aspekte der Kitabetreuung in Sachsen: Unser Netz ist sehr gut ausgebaut, und wir haben eine hohe Betreuungsquote. Unsere Fachkräfteverordnung garantiert hohe Mindeststandards. An diesen müssen wir festhalten; sie dürfen nicht aufgeweicht werden, auch wenn der Betreuungsschlüssel verbessert wird.
Richtig geärgert habe ich mich heute früh, als ich in der „Freien Presse“ las: „Omas in die Kitas?“. Ich bin Tino Moritz ausdrücklich dankbar dafür, dass er bei Ministerpräsident Tillich nachgehakt hat, was dieser denn in der Betreuungsschlüsselfrage nun wolle. Es ärgert und es entsetzt mich, wenn Herr Tillich vorschlägt, dass Langzeitarbeitslose oder Omas, die zu viel Zeit haben, plötzlich die Erzieherinnen und Erzieher entlasten sollen.
Das ist Ausdruck einer Missachtung der Fachkräfte.
Das ist eine Missachtung der Menschen, die viele Jahre lang eine Ausbildung absolviert oder studiert haben, damit sie die beste Betreuungs- und Bildungsarbeit in den Kitas leisten können.
(Sebastian Fischer, CDU: Welche Mutter hat denn eine Fachausbildung? Welche Oma hat denn eine Fachausbildung dafür? – Stefan Brangs, SPD: Aber Herr Küchenmeister!)
Ich sage es noch einmal in Richtung CDU: Man kann mit dem Ehrenamt nicht all das abdecken, was an Arbeit in diesem Land zu leisten ist. Die Zeiten, in denen eine Kindertageseinrichtung eine Aufbewahrungsstätte war, sind zum Glück lange, lange vorbei. Der Vorschlag von Herrn Tillich ist eine Ohrfeige auch für das Fachreferat „Kindertagesbetreuung“ im Ministerium. Offenbar hat der Ministerpräsident noch nicht verstanden, dass wir bei Kitas von Bildungseinrichtungen reden. Lässt sich Herr Tillich etwa von einer Krankenpflegehelferin operieren, wenn er ins Krankenhaus geht? Lässt er sein Auto vom Klempner reparieren?
Der bessere Betreuungsschlüssel muss kommen. Der Bildungsplan muss umgesetzt werden. Ich fordere Sie, Frau Kurth, auf: Lassen Sie sich in den Haushaltsverhandlungen bitte nicht abspeisen, sondern setzen Sie durch, dass der Betreuungsschlüssel verbessert wird!
In der zweiten Runde werde ich auf einige weitere fachliche Aspekte – wie von Herrn Fischer gewünscht – eingehen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schön,
dass es hier wieder einmal nach den vielen Wahlkampfdebatten eine aufregende Debatte gibt.
Lieber Patrick Schreiber! Es ehrt Dich, dass Du für das Thema so aktiv bist. Das habe ich auch nicht in Abrede gestellt. Was ich kritisiert habe, war die Haltung des Ministerpräsidenten, und dabei bleibe ich. Die Kindeswohlgefährdung habe nicht ich mir ausgedacht, um das den Fachkräften zu unterstellen, sondern das hat der Kinderschutzbund gesagt, dass das die Gefahr ist, die bei der aktuellen Personalausstattung einfach darüber liegt. Das ist die Wahrheit.
Wenn Herr Fischer fragt, warum denn Omas in der Kindertagesbetreuung nicht geeignet seien, dann erkläre ich das gerne noch einmal. Die CDU lobt ja so gerne das Handwerk. Kindertagesbetreuung und Bildungsprozesse sind Wissenschaft und Handwerk, das man gelernt haben muss. Da kann man nicht irgendjemanden, der gerade Zeit hat, in die Einrichtung stellen. In der Schule verlangen wir auch, dass examinierte Lehrerinnen und Lehrer vor den Schülern stehen und keine Langzeitarbeitslosen, die gerade Zeit haben. Im Krankenhaus haben wir auch examinierte Pflegefachkräfte, die die Krankenpflege übernehmen und keine Leute, die zu viel Zeit haben und sich ehrenamtlich engagieren wollen. Deshalb brauchen wir die Fachkräftestandards.
Ein anderer Punkt, den Sie vielleicht nicht kennen: Wir haben trotz aller Programme, die es gibt, seit Jahren steigende Zahlen von Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen vor allem im Bereich der unter Sechsjährigen, und wir haben steigende Kosten für Hilfen zur Erziehung überall. Die Kommunen sind von dieser Last erdrückt. Das hat doch damit etwas zu tun, dass wir einen Teil von Familien haben – es ist ein kleiner Teil, aber ein besonders schwer betroffener –, der mit seiner Situation überfordert ist, der Hilfe braucht. Dort brauchen wir auch die Kita als Partner, der da ansetzt und die Familien in ihrer Erziehungskompetenz stärkt. Dafür brauche ich gut ausgebildete Fachkräfte, die auch die Zeit dafür haben, mit den Kindern und den Eltern zu arbeiten.
Deswegen sage ich auch noch einmal in Richtung Frau Schütz: Die vielen Investitionen in Gebäude sind ja gut und schön, die waren auch nötig, aber sie ersetzen keine bessere Personalausstattung. Das muss man trennen. Auch Investitionen in Personal sind notwendige Investitionen, die dieses Land stemmen muss. Und die Entlastung von Bürokratie, die hier angesprochen wurde, ist wirklich nur eine Wahlkampfschimäre der FDP, die immer vor jedem Wahltag geritten wird.
Zum Assistenzkräfteprogramm. Ja, 5 Millionen Euro in dieser Koalition in den Haushalt einzustellen ist sicher ein kleiner Sieg, da habe ich schon Respekt. Aber was ist denn herausgekommen? – 98 Vollzeitkräfte bei 2 800 Kitas! Das ist der Tropfen auf den heißen Stein. Doch nach zwei Jahren ist Schluss. Wie geht es dann im nächs
ten Jahr weiter? Was kommt denn dann? Sind die Kräfte dann wieder weg? Haben wir dann wieder Beziehungsabbrüche in den Einrichtungen, wo die 98 Leute beschäftigt waren? Davon habe ich noch nichts gehört. Ich bin gespannt, wie Sie das im nächsten Haushalt fortführen wollen.
Das Programm „Kita – flexible Öffnungszeiten“ war ja ein Rohrkrepierer, weil die Einrichtungen gesagt haben: „Länger zu öffnen ist ja schön. Wenn die Eltern das wollen, dann machen wir das gern. Aber mit der derzeitigen Personalausstattung geht das nicht. Wir können es nicht stemmen, weder nach hinten noch nach vorne oder noch eine Stunde länger zu öffnen, weil einfach die Personaldecke insgesamt zu dünn finanziert ist.“
Jetzt wollte Herr Schreiber wissen, wie wir uns die Finanzierung vorstellen. Ich sage gerne etwas dazu. Wenn Sie unser Wahlprogramm gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass auch wir für eine stufenweise Verbesserung des Betreuungsschlüssels sind. Wir wollen die Vor- und Nachbereitungszeiten anrechnen, wir wollen zuerst auf 1 : 5 und 1 : 12 absenken und lang- bzw. mittelfristig auf 1 : 4 und 1 : 10.
Woher soll das Geld kommen? – Das sage ich gern. Dieser Finanzminister hat in den letzten Jahren immer Steuermindereinnahmen behauptet. Am Ende kam heraus, dass wir in den letzten drei Jahren 2,5 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen hatten. Dieses Geld sehen wir in der Personalausstattung für die Kitas gut angelegt. Dahinter stehen auch mein Haushälter und der Fraktionsvorsitzende. Das unterscheidet uns nämlich an dieser Stelle.
Nein, ich bin sowieso gleich am Ende. Noch ein letzter Punkt: Der Sächsische Landkreistag hat gesagt, wir brauchen eine erhöhte Pauschale, um die steigenden Betriebskosten abzufedern. Er hat auch gesagt, wir wollen die Debatte über einkommensabhängige Elternbeiträge. Darauf warte ich! Wo macht denn die CDU die Debatte? Die führen sie überhaupt nicht, sondern Sie wehren nur alles ab, was in Richtung Schlüsselverbesserung per Gesetz gehen kann!
Deshalb werden wir als LINKE weiterhin Druck machen, damit sich in der CDU – auch mit Patrick Schreibers Engagement – in den nächsten fünf Jahren des Haushalts überhaupt etwas bewegt.
Ich bin am Ende.
Vielen Dank, Frau Präsidentin!
Frau Staatsministerin, Sie haben vorhin selbst erwähnt, dass Sie familiär über Ihr Enkelkind die Situation in anderen Bundesländern kennen. Das heißt, Sie sind selbst familiär in der Situation, dass Oma und Opa nicht wohnortnah bei Kindern und Enkelkindern wohnen, sondern räumlich weit getrennt.
Stimmen Sie mir zu, dass in Sachsen, wo wir einen großen Anteil von Alleinerziehenden haben, von Familien, die zugewandert sind, wo die Großeltern eben nicht um die Ecke wohnen, die Kindertagesbetreuung eine Entlastungs- und Unterstützungsfunktion für das System Familie einnehmen muss?
Frau Präsidentin, vielen Dank. Ich möchte hiermit den Antrag für die Opposition stellen, die über – –
Ich spreche für meine Fraktion und stelle den Antrag, die Redezeit zu nutzen, um noch einmal auf den Redebeitrag der Ministerin zu reagieren. – Vielen Dank.
Ich denke, ich kann es kurz machen. Frau Kurth, Ihr persönliches Engagement in allen Ehren. Ich glaube Ihnen, wenn Sie sagen, Sie wollen dort etwas tun und Sie sind auch überzeugt davon, dass der Betreuungsschlüssel verbessert werden muss. Allein Ihre Fraktion scheint mir nicht so sehr hinter Ihnen und dem Fachreferat Kita im Kultusministerium zu stehen.
Genau deshalb hat der Kollege Schreiber vorhin dahin gehend agiert, dass er gesagt hat, er wird persönlich dafür kämpfen. Offenbar gibt es in der CDU-Fraktion noch sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Etwas Ähnliches war aus den Worten der Kollegin Schütz vom Koalitionspartner FDP zu entnehmen.
In Ihrem Beitrag habe ich es vermisst, noch einmal auf weitergehende Fragen und Probleme, die sich in den Kitas stellen, neu einzugehen. Es ist nicht so, dass die Kindertagesbetreuung nun eine Ergänzung zu dem ist, was die Familie leistet, sondern die Dinge greifen ineinander. Familien stehen heute aufgrund von Arbeitsverdichtung oder aufgrund zeitlicher Flexibilität am Arbeitsmarkt vor ganz anderen Herausforderungen. Deshalb sind auch die Kindertageseinrichtungen gefordert und müssen personell so ausgestattet werden, dass sie darauf reagieren können. Im Moment hechelt die Kindertagesbetreuung den Entwicklungen in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt eher hinterher und kann Dinge nur abfedern. Eigentlich müss
ten wir die Kitas – so wie das in der Schule sein muss – so ausstatten, dass diese jedem Kind die bestmöglichen Bedingungen gewährleisten.
Wenn wir wissen, dass immer noch mehr als 4,5 % der Schulanfänger in eine Förderschule gehen müssen, dann müssen wir auch schauen, was wir in der Kindertagesbetreuung verbessern können. Wie können wir die Fachkräfte so stärken, dass eben nur noch 2 % der Kinder auf eine Förderschule gehen müssen?
Ich will es noch einmal an dem Landesmodellprojekt Sprache erläutern. Das war, denke ich, ein sehr erfolgreiches Projekt. Ich bin dankbar, dass das auch so umfassend evaluiert wurde. Die Ergebnisse, die dabei herausgekommen sind, waren ganz spannend, nämlich: Sprachentwicklungsverzögerung können wir vor allem in der Altersgruppe der 1 bis 3-Jährigen vermeiden – nämlich in der Phase, in der kleine Kinder überhaupt erst den Spracherwerb bewältigen – und nicht erst bei den 5- bis 6Jährigen.
Daraus folgt, dass genau im Bereich Kinderkrippe – wo die Sprache erworben, das Sprechen erlernt wird – zuerst die Fachkräftesituation verbessert werden muss; denn der Spracherwerb – das ist ein Ergebnis der Studie – funktioniert nur dann gut, wenn ich im Dialogverfahren – also eins zu eins Erzieherin/Erzieher gegenüber dem Kind – im Sprachaustausch bin. Nur dann wird dieser Weg erfolgreich sein. Jetzt haben wir die Ergebnisse. Das ist ausgewertet worden. Aber es gab eben keine Verbesserung in der Personalsituation in der Kinderkrippe.
Genau deshalb gibt es die Kritik der LINKEN an diesem Assistenzkräfte-Programm. Wenn man gesagt hätte, okay, wir wollen die 98 Vollzeitstellen wenigstens für den verbesserten Spracherwerb einsetzen, dann hätte man genau sagen müssen, wir nehmen nur Leute, die als Logopäde, Erzieher oder noch höher, Richtung Sozialpädagogik, qualifiziert sind, und die überhaupt die fachlichen Voraussetzungen mitbringen, genau diese Bedingungen zu erfüllen, um den Spracherwerb der Kinder zu unterstützen. Insofern war das Programm erst einmal gut gemeint, als es aufgelegt wurde, aber inkonsequent in der Umsetzung.
Es ließen sich jetzt noch viele weitere Beispiele finden. Ich hoffe, dass die heutige Debatte zur Personalsituation in den Kindertageseinrichtungen dazu führt, dass die Koalition, insbesondere die CDU mit dem Ministerpräsidenten, noch einmal in sich geht und sich dazu durchringt, ernsthaft etwas zu verbessern, und nicht immer nur in Jahresscheiben oder Zweijahresrhythmen ein wenig Geld hineinzutun, um dort ein Trostpflaster draufzukleben. Ein Trostpflaster wird den Einrichtungen und den Fachkräften nicht helfen. Wir brauchen langfristige Planungssicherheit, wir brauchen langfristige, gesetzliche Verbindlichkeiten, wie die Betreuungssituation aussehen soll. Wir werden das weiterhin in den Haushaltsdebatten verfolgen.
Vielen Dank.
Herr Schreiber, stimmen Sie mir zu, dass in § 1 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz steht: „Jedes Kind hat das Recht auf eine Entwicklung zur gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“, und stimmen Sie mir auch darin zu, dass dann auch der Freistaat Sachsen als Landesgesetzgeber gehalten ist, dieses Bundesgesetz umzusetzen, auch im Bereich der Kindertagesbetreuung, und stimmen Sie mir ebenfalls darin zu, dass sich Eltern, die in Vollzeit erwerbstätig sind, nicht noch vier oder fünf Stunden am Tag zu Hause um die Sprachentwicklung des Kindes kümmern können,
sondern dass bei Vollzeit-erwerbstätigen Eltern ein Großteil der Bildungsarbeit und der Sprachentwicklung auf der Kindertagesbetreuung beruht?
Herr Piwarz, Sie können auch ans Mikrofon gehen.
Vielen Dank. Ich beabsichtige tatsächlich eine Kurzintervention. – Ad 1: Ja, auch wir finden es richtig, die Kindertagesbetreuung, die Familienbildungsstätten und -beratungsstellen und auch Mehrgenerationenhäuser enger miteinander zu verzahnen. Aber wie das gesteuert und finanziert wird, das müssen wir diskutieren. Dazu müssten wir eine Fachdebatte lostreten, und dazu habe ich von der CDU bisher nichts gehört.
Ad 2: Zum Tagesablauf. Ein Tag hat 24 Stunden, und wenn man rechnen kann und rechnet, ein Kind ist 8 bis 9 Stunden in der Kita, und es schläft in dem Alter etwa 8 bis 10 Stunden, dann bleibt einfach nicht mehr so viel Zeit übrig für die elterliche Betreuungs- und Erziehungsleistung, die von vielen, vielen Eltern erbracht wird, keine Frage, sondern es muss darum gehen – das ist die Diskussion um den Betreuungsschlüssel –, dass auch die Fachkräfte in den Kitas die besten Voraussetzungen haben, sich um jedes einzelne Kind zu kümmern und eben nicht mit einer Gruppe von 19 Kindern oder 9 Krippenkindern allein dastehen, sodass für das einzelne Kind nur ganz wenig Zeit bleibt. Ich finde es unverschämt, wenn Sie mir die Worte im Mund herumdrehen und etwas hineininterpretieren, was ich so überhaupt nicht gesagt habe.
Herr Seidel, ich möchte Sie fragen: Wie erklären Sie sich, wenn wir mit unserem Schulsystem so erfolgreich sind, dass wir mit einer Abiturientenquote von 29 % unter dem Bundesdurchschnitt liegen und mit einer Quote von 10 % Schüle
rinnen und Schülern ohne Abschluss über dem Bundesdurchschnitt?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kunst und Kultur genießen in unserem Bundesland zweifelsfrei einen hohen Stellenwert – und das ist gut so. Dass aber – und das gehört zur Wahrheit – die im Vergleich zu anderen Bundesländern herausragende Position des kulturellen Erbes und der Kulturpflege nicht allein das Verdienst der CDU und der Sächsischen Staatsregierung, sondern das Resultat historischer Entwicklung ist, nämlich des engen Zusammenhangs von Bodenschätzen und Bergbau, von kunstliebendem und verschwenderischem Adel und der damit verbundenen Ausbeutung der Arbeitenden, von erfolgreicher Industrialisierung und ausdifferenzierten Wissenschaften – das sage ich ganz klar in Richtung der NPD – und auch das Resultat von Zuwanderungen über viele Jahrhunderte, kann man in der neuen Sonderausstellung des Hygienemuseums „Das neue Deutschland“ besichtigen.
Sehr geehrte Frau Prof. Schorlemer, mit Ihrer Fachregierungserklärung verweisen Sie auf die Dinge, die Sie in den letzten viereinhalb Jahren bewegen konnten. Ich erlaube mir zu sagen, dass Sie ambitioniert, ideologiefrei
und auch an der Sache orientiert an die Dinge herangegangen sind. Dafür gebührt Ihnen Respekt und Anerkennung.
Allerdings haben Sie in Ihrer Erklärung die Dinge ausgespart, die offenbar nicht zu bewegen waren, weil Sie in einer Ministerriege zwischen Finanzminister, Kultusministerin und Ministerpräsident eingeklemmt waren und sind.
Eine Fachregierungserklärung ist jedoch nicht nur die Bilanz eines einzelnen Ministers oder einer Ministerin, sondern sie ist, wie der Name schon sagt, die Bilanz einer Regierung. Damit bin ich bei den kritischen Punkten.
Wer sich ein wenig in der sächsischen Kulturlandschaft und Kulturpolitik auskennt, der ahnt und hört angesichts dieser Fachregierungserklärung, in welchem Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation, zwischen konservativer CDU und marktliberaler FDP, zwischen Großstadtvorlieben und Provinzinteressen sich die sächsische Kunstministerin in den letzten Jahren bewegt hat. Diese Spannungen und politischen Widersprüche zwischen der Idee, Kunst und Kultur hätten vor allem eine Schaufensterfunktion Sachsens nach außen, auf der einen Seite – das ist die Idee von Herrn Tillich – und dem Anliegen, kulturelle Teilhabe und künstlerische Vielfalt in der Fläche zu erhalten – das ist die Position vieler anderer – finden ihren Ausdruck in der Ausgestaltung der Kulturpolitik in Sachsen.
Das Sächsische Kulturraumgesetz ist zweifelsfrei eine Errungenschaft, die nicht aufgegeben werden darf, aber es löst nicht alle Herausforderungen, vor denen wir stehen.
Kulturelle und künstlerische Vielfalt heißt eben nicht nur, Etabliertes zu finanzieren und Ensembles zu bewahren, sondern es heißt auch, Neues zu ermöglichen. Das ist unter anderem Aufgabe der Kulturstiftung des Freistaates, die bisher in der Debatte viel zu kurz gekommen ist. Es ist erfreulich zu erfahren, dass die Stiftung zukünftig verstärkt auch den internationalen kulturellen Dialog fördern möchte. So weit, so gut. Wie aber die Kulturstiftung in den nächsten Jahren in die Lage versetzt werden soll, innovative Projekte in Sachsen sowie freischaffende Künstlerinnen und Künstler hier in Sachsen verstärkt zu fördern, dazu gab es heute keine Aussagen. Der Projektetat der Stiftung ist im Doppelhaushalt 2013/2014 erstmals nach zehn Jahren um 10 % erhöht worden. Das klingt viel, fängt jedoch gerade den Inflationsausgleich der vorhergehenden zehn Jahre auf. Es finanziert nicht die notwendige Entwicklung der Stiftung im Interesse der Kulturförderung. Das dürfte jedem deutlich sein, der rechnen kann. Keine Äußerung – und die hatte ich schon erwartet – gab es zur Aufstockung des Stiftungskapitals, wie es eigentlich im Stiftungserrichtungsgesetz vorgesehen ist.
Betrachten wir einzelne Genres von Kunst und Kultur.
Betrachten wir die Sparte Film. Wir können uns in Sachsen glücklich schätzen, dass sich neben den tradierten
Künsten und Institutionen im letzten Vierteljahrhundert auch neue künstlerische Anker mit nationalem und internationalem Renommee entwickelt haben. Ich verweise hier konkret auf die Leipziger Dokfilmwoche, das Dresdner Filmfest, das Neiße Filmfestival sowie das Kinderfilmfest „Schlingel“ und das Kinolino-Kinderfilmfest, die aber keine Erfindung der CDU oder der Staatsregierung sind.
Jetzt sind wir inzwischen in der schwierigen Situation, dass sich alle Filmfestivals mit ihrer sehr unterschiedlichen Schwerpunktsetzung gut entwickelt haben, aufgrund der stark eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten der Kulturstiftung des Freistaates nun aber eine Kannibalisierung innerhalb der Filmsparte zwischen den Filmfestivals selbst und den Filmschaffenden überhaupt droht. Das ist eine der Herausforderungen, auf die wir eine Antwort brauchen. Dazu haben wir heute nichts gehört.
Was ist die Antwort der Staatsregierung darauf? Filmförderung ist ganz klar keine Aufgabe der kommunalen Kulturförderung. Wie wichtig ist uns zum Beispiel der Film im interkulturellen Dialog?
Kommen wir zu weiteren Sparten. Gänzlich vermisst habe ich in der Fachregierungserklärung die Begriffe Soziokultur, Tanz und Literatur.
Heute Abend wird in Leipzig die Buchmesse eröffnet. Vor wenigen Monaten erst hat die Kulturstiftung des Freistaates eine Studie zur Literaturvermittlung in Sachsen herausgebracht. Doch wie sich die Staatsregierung die Literatur- und Leseförderung in Sachsen als Teil der Kunst- und Kulturpolitik vorstellt, davon war nichts zu hören. Das ist bedauerlich.
Damit sind wir beim nächsten Problem, der kulturellen Bildung, die seit einigen Jahren bundesweit, insbesondere seit dem Erscheinen der PISA-Studie, wie eine Sau durchs Dorf getrieben wird. Die Staatsministerin verwies zwar darauf, dass es immerhin 450 öffentliche Bibliotheken in Sachsen gebe, doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es nicht ein Armutszeugnis, wenn von diesen 450 Bibliotheken nur 180 überhaupt mit einer hauptamtlichen Leitung arbeiten können? Was sagt das über die Qualität der bibliothekarischen Angebote? Ist es nicht ein Armutszeugnis, dass – wie vor Kurzem in Pulsnitz geschehen – eine Bibliothek in einer Stadt mangels Personal komplett geschlossen wird? Was ist die Antwort der Staatsregierung auf das Thema Bibliotheken? Das Bibliotheksgesetz der GRÜNEN wurde vor wenigen Monaten abgelehnt.
Die CDU und die Staatsregierung tragen die kulturelle Bildung inzwischen wie eine Monstranz vor sich her, doch bei der Leseförderung und der Literaturvermittlung lassen sie die kommunalen Bibliotheken in der Luft zwischen Kunst- und Kultusministerium hängen. Dabei spreche ich noch nicht von der Erreichbarkeit professioneller Bibliotheksangebote im ländlichen Raum und erst recht nicht von der Digitalisierung. Neue technische Möglichkeiten gäben uns die Möglichkeit, in Bezug auf die Bibliotheken ganz anders mit der Frage des demo
grafischen Wandels im ländlichen Raum umzugehen. Man muss die Dinge auch als Herausforderung, als Aufgabe begreifen und bearbeiten, und zwar in beiden Ministerien, die ich genannt habe.
Leseförderung als Grundkompetenz und Literaturvermittlung als kulturelle Wertevermittlung sind Hausaufgaben, die die Staatsregierung bisher nur ungenügend erledigt hat. Dann immer nur auf das Ehrenamt, das Mäzenatentum, Herr Tippelt, und das bürgerschaftliche Engagement zu verweisen ist keine hinreichende Antwort.
Die CDU und die Staatsregierung schmücken sich bekanntlich gern mit der kulturellen Bildung. Ich erwähnte es bereits. Doch jenseits sympathischer Modellprojekte wie den Kulturträumen und JeKi – „Jedem Kind ein Instrument“ – ist überschaubar wenig passiert. Angesichts der fast 1 500 Schulen, die wir in Sachsen haben, sind die 50 Grundschulen, die durch JeKi – „Jedem Kind ein Instrument“ – erreicht wurden, der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
Die eigentliche bildungs- und kulturpolitische Frage, die gelöst werden muss, wurde nicht angesprochen. An den Schulen selbst sind nämlich der Kunst- und der Musikunterricht nach wie vor marginalisiert. Es gibt nur ein bis zwei Schulstunden pro Woche. Naturwissenschaftliche Fächer haben einen deutlichen Überhang. Die Stundentafel ist das eine, aber die Sicherung der Fachlehrer das andere. Dort besteht politischer Handlungsbedarf, wenn man es mit der kulturellen Bildung in Sachsen ernst nimmt.
Damit kommen wir zur Finanzierung der Musikschulen.
Ich darf daran erinnern: Bei dem Entwurf des Doppelhaushaltes 2011/2012 hatte Finanzminister Unland ursprünglich vor, die 5 Millionen Euro Musikschulförderung für die 25 öffentlichen Musikschulen in Sachsen komplett auf null zu setzen, also zu streichen. Erst nach zahlreichen Protesten – auch aus der CDU-Fraktion – wurde das zurückgenommen und man einigte sich auf dem Niveau von 4,8 Millionen Euro. Angesichts dieser damaligen Kürzung und angesichts der trotzdem steigenden Kosten sind die 5 Millionen Euro, die jetzt pro Jahr ausgegeben werden, nicht mehr als die Rückführung auf das ursprüngliche Niveau von 2009/2010.
Befassen wir uns weiter mit der kulturellen Bildung. Es gab früher zwei Förderrichtlinien. Das ist novelliert worden, jetzt gibt es nur noch eine. Aber das Problem der fehlenden Nachhaltigkeit wurde nach wie vor nicht gelöst. Es ist zu erklären – andere Kollegen haben es angesprochen –, wie man gute, innovative Ansätze, die es tatsächlich gibt, nachhaltig und langfristig finanziert und dies nicht den Kommunen überlässt oder die Förderung einfach nach drei Jahren nicht mehr bewilligt.
Unklar – darauf möchte ich ebenfalls verweisen – ist im sächsischen Förderportfolio der kulturellen Bildung, warum es im Kultusministerium eine Richtlinie zur
Förderung von Heimatpflege und Laienmusik gibt und warum diese nicht im Kunstministerium angesiedelt ist.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin! Die von Ihrer Vorgängerin Eva-Maria Stange installierte interministerielle Arbeitsgruppe „Kulturelle Bildung“ arbeitet. Es gab öfter Nachfragen durch die Abgeordneten. Sie arbeitet fleißig vor sich hin, aber sie scheiterte offensichtlich immer an der „Versäulung“ der Zuständigkeiten in Sachsen. Das zu ändern ist auch eine Aufgabe für die nächste Regierung. Wir als LINKE werden uns dafür einsetzen, die Kulturvermittlung in all ihren Facetten zu evaluieren und gegebenenfalls auch neu zu strukturieren. Dort sehen wir Handlungsbedarf.
Zu der heutigen Fachregierungserklärung liegt uns ein Entschließungsantrag vor. Mein Kollege wird ausführlicher darauf eingehen. Aber – ich sage es schon einmal ein Richtung CDU/FDP – diesen Entschließungsantrag hätten Sie sich angesichts der Allgemeinplätze, die hier beschlossen werden sollen, sparen können.
Sie ruhen sich mit dem Entschließungsantrag auf dem Vorhandenen aus. Sie als CDU und FDP haben keine kulturpolitischen Visionen, und Sie haben erst recht keine Antworten auf die Herausforderungen, die vor uns stehen und die von den Kolleginnen und Kollegen der verschiedenen Fraktionen bereits benannt wurden.