Klaus Müller
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das kann heute womög
lich ein einstimmiger Beschluss im Landtag werden, aber durch alle Fraktionen zieht sich natürlich die Betrachtung aus zwei Seiten. Sowohl die Kollegen von der CDU wie der SPD, wie der FDP und wie auch ich haben das deutlich gemacht beziehungsweise werden das deutlich machen. Ganz nüchtern betrachtet geht es um die thermische Nutzung von Biomasse eines nachwachsenden Rohstoffes. Auf der anderen Seite hat jeder Redner hier im Landtag zu Recht betont, dass es natürlich auch ein ethisches Problem ist, weil kein Mensch Nahrungsmittel, kein Getreide, kein Brot vernichten möchte, solange es Hunger auf der Welt gibt. Der Begriff „Brot ist Leben“ zeigt den hohen Wert des Brotgetreides als unser wichtigstes Grundnahrungsmittel in Deutschland.
Daher ist jede Verbrennung von Getreide in der öffentlichen Diskussion auch immer vorbelastet. Wenn man gerade mit Theologen spricht und mit ihnen - Henning Höppner hat darauf hingewiesen über die Exegese des Vaterunsers intensiv diskutiert, sagen diese einem andererseits, dass die Aussage „Unser täglich Brot gib uns heute“ als Symbol für alle Grundbedürfnisse gemeint ist. Dass Energie und Wärme dazu genauso gehören wie Nahrungsmittel, ist eine Selbstverständlichkeit. Schließlich regt sich auch niemand darüber auf, wenn das Rapsöl für unseren knackigen, gesunden Salat auch als Treibstoff für PKWs verwendet wird.
Was sind nun der Hintergrund für die Diskussion und das Anliegen? - Bauernverbände fordern seit Jahren, dass Getreidekörner als Regelbrennstoff in die 1. Bundesimmissionsschutz-Verordnung aufgenommen werden, damit vor allem minderwertiges Getreide thermisch verwertet werden kann. Wiederholte Niederschläge im August letzten Jahres hätten beispielsweise in Hessen dazu geführt, dass ungefähr 50 % der geernteten Roggen- und Weizenpartien aufgrund von Qualitätsmängeln nicht zur Herstellung von Brot und Backwaren geeignet gewesen seien. Die Verwertung als Futtergetreide hätte dann Erlöseinbußen von ungefähr 10 bis 15 % bedeutet. Deshalb also das Anliegen, Getreide zur Wärmegewinnung in Kleinfeuerungsanlagen nutzen zu können. Weitere Forderungen aus anderen Bundesländern - der Kollege Hildebrand hat darauf hingewiesen - sind bekannt.
Getreide ist bisher als Regelbrennstoff nicht zugelassen, da Getreidekörner nicht zu strohähnlichen pflanzlichen Stoffen gehören. In Anlagen bis 15 kW sind weder Strohpellets noch Getreidekörner zugelassen. Das hat vor allem technische Gründe. Die Probleme im Zusammenhang mit Staub, Kohlenmonoxid und NOx sind noch nicht gelöst.
Ein Problem ist auch der im Vergleich zu Holzbrennstoffen hohe Chlorgehalt im Getreide, der zu Chlorkorrosion und damit Schäden im Kessel führen kann. Insofern ist es sicherlich richtig, die Erfahrungen im Rahmen des Versuches, der derzeit stattfindet, intensiv auszuwerten und festzustellen, wie man die technischen Probleme lösen kann.
Verehrte Damen und Herren, die technischen Probleme werden aber gelöst werden. Wenn die Politik die richtigen Zeichen setzt, wird es auch möglich sein, diesen Prozess zu beschleunigen. Insofern ist es richtig, heute hier dem Antrag von CDU und SPD mit dem erwähnten Anliegen zuzustimmen.
Die ökonomischen Faktoren sind ein weiteres Argument. Gerade dann, wenn die Erdölpreise so stark steigen wie derzeit und die Erdgaspreise nachziehen, ist es richtig, über Alternativen nachzudenken. Wenn Energieträger dann nicht um die halbe Welt transportiert werden müssen, ist dies unter ökologischen Gesichtspunkten ein weiterer Vorteil.
Vom Brennwert her kann 1 l Heizöl durch 2,5 kg Getreide ersetzt werden. Bei den aktuellen Heizölpreisen von mehr als 60 ct pro Liter ist die Verwendung von Getreide als Brennstoff eben auch wirtschaftlich sehr interessant. Auf den Klimagesichtspunkt ist im Zusammenhang mit nachwachsenden Rohstoffen schon hingewiesen worden. Die Formulierungen in dem Antrag, der uns heute vorliegt, knüpfen nahtlos an ein Gespräch an, das wir vor ungefähr drei Jahren im Umweltministerium mit der Nordelbischen Kirche und dem Bauernverband hatten. Ich weiß nicht, ob Claus Ehlers damals dabei war. Herr Stensen war damals aber dabei.
- Ich meine auch, dass du dabei warst. - Damals gab es bereits einen Konsens dahin gehend, die thermische Verwertung von Getreide solle möglich sein, allerdings mit der Einschränkung, die auch heute gemacht wird, nämlich dass es sich dabei nicht um brotfähiges Getreide handelt. Letzteres erfordert, wie ich glaube, der Respekt. Es ist auch eine Frage der Klugheit, brotfähiges Getreide nicht einzubeziehen, weil dies letztlich Widerstand produzieren würde und dadurch das richtige Anliegen diskreditiert würde. Insofern glaube ich, dass es ein sinnvoller Antrag ist, der uns vorliegt. Ich gehe davon aus, dass die technischen Probleme lösbar sind, und zwar letztlich zum Vorteil der Landwirtschaft, zum Vorteil des Klimaschutzes und auch zugunsten von Alternativen, um vom Öl weniger stark abhängig zu sein.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich vier Bemerkungen zu der Debatte machen.
Erstens. Lieber Kollege Harms, eine Position, die aussagt, in der Abfallpolitik würden wir nicht mit Hamburg kooperieren, ist - mit Respekt - provinziell.
- Dann kannst du das gleich noch mal richtig stellen.
Wer der Auffassung ist, dass man trotz der Siedlungsstruktur in Schleswig-Holstein eine Grenze entlang der Bevölkerungs- und damit auch Abfallstaaten und den Hamburger Umlandkreisen ziehen könne und dass es keine Kooperation geben dürfe, liegt verkehrt.
Übrigens sind die Hamburger auch sehr oft auf uns zugekommen. Es gibt an der Stelle einen sehr regen Austausch. Ich erinnere nur an die Sonderabfallbehandlung et cetera. Also, Abfallpolitik ist Regionalpolitik und macht nicht an irgendwelchen Ländergrenzen Halt.
Dazu gehört übrigens auch das Erinnern an die damaligen Bemühungen von Minister Rainder Steenblock, als es darum ging, eine kreisübergreifende Kooperation hinzubekommen. Jeder, der hier gerade groß rumgetönt hat, lieber Kollege Bernstein, das wäre in den letzten Legislaturperioden nicht passiert, der möge sich schlau machen, wie die Kreise ihn damals haben auflaufen lassen
- doch, natürlich haben sie ihn auflaufen lassen -, als er versuchte, zu einer kreisübergreifenden Kooperation zu kommen.
Inzwischen sind wir alle an der Stelle weiter und wissen, dass wir bei diesem Thema in SchleswigHolstein zu Recht kreisübergreifend arbeiten.
Zweitens. Der Schlüssel in der ganzen Diskussion auf den ist Herr Minister von Boetticher zu Recht mit sehr wohltuend kritischen und abgewogenen Argumenten eingegangen, wie ich finde - ist folgender Punkt:
Wie es sich hier weiterentwickelt, steht und fällt mit der Norddeutschen Affinerie. - In dem Moment, in dem die Norddeutsche Affinerie ihre Pläne verwirklicht, werden viele aktuelle kommunalpolitische Planungen in Schleswig-Holstein obsolet. Und dann werden insbesondere auch die Kollegen Stritzl und Fischer und alle, die in Kiel Verantwortung tragen
- Entschuldigung, natürlich auch der Kollege Garg und alle anderen -, vor dem Problem stehen, dass womöglich in Kiel eine Entscheidung getroffen wurde, die sich nach dieser Hamburger Entscheidung nicht mehr lohnt. Darum ist hier eine enge Zusammenarbeit mit Hamburg unabhängig von dem Instrument, das man wählt - da bin ich leidenschaftslos -, ausschlaggebend für kommunalpoliti
sche Entscheidungen, die in Schleswig-Holstein getroffen werden.
Drittens. Abfall ist kein normales Wirtschaftsgut. Denn letztendlich müssen die Gebührenzahler einspringen, wenn es zu Fehlentscheidungen kommt.
Dafür gibt es leider ganz viele negative Beispiele aus der Vergangenheit, wo das geschehen ist.
Meine letzte Bemerkung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, betrifft die Auseinandersetzung, die wir mit dem FDP-Kreisverband in Neumünster erlebt haben. Dort hat es eine große Koalition von CDU, SPD und Grünen gegeben. Sie waren der Meinung, die Entscheidungen zur TEV seien richtig sowie ökologisch und ökonomisch vernünftig. Diese Argumentationslinien in der kommunalen FDP diskreditieren ein Stück weit die Glaubwürdigkeit aller FDPler, die zum Thema Abfallpolitik in Schleswig-Holstein reden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Anliegen dieses Antrages, so haben wir zumindest die Hoffnung, müsste eigentlich in diesem Landtag mehrheits-, wenn nicht sogar konsensfähig sein. Wir greifen mit dem Plädoyer für Erdkabel beim weiteren Stromnetzausbau ein Anliegen der Kreistage Nordfriesland, Dithmarschen und Ostholstein auf. Meines Wissens wurden die Beschlüsse im Juli 2004, März 2005 und September 2005 jeweils einstimmig gefasst, Auftrag genug, dieses Anliegen mit gleichem Schwung hier im Landtag zu unterstützen.
Erdkabel bieten mindestens drei Vorteile: Sie können den bereits bestehenden Investitionsstau beim Repowering von Windenergieanlagen und anderen erneuerbaren Energien aufgrund bestehender Netzengpässe zügig lösen, sie schonen die Landschaft und beeinträchtigen den Tourismus höchstens minimal, und sie bieten die bestmögliche Vorsorge für die Versorgungssicherheit bei extremen Wetterereignissen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Netzengpässe - dies gilt insbesondere im 110-kV-Hochspannungsnetz - haben zu einer empfindlichen Blockade des weiteren Ausbaus erneuerbarer Energien geführt. Das seit drei Jahren praktizierte so genannte Erzeugungsmanagement aufgrund fehlender Netzkapazitäten führt zu empfindlichen Ertragseinbußen durch zunehmende Abschaltung von Windparks. Es führt darüber hinaus zu einem massiven Investitionsstau durch immer größere Finanzierungsprobleme bei den Betreibern, bei den Finanziers sowohl im Bereich von Wind wie im Bereich von Biomasse und somit zwangsläufig zu unsicheren Ertragsprognosen. Diese Finanzierungsprobleme sind also ein weiterer Investitionsstau, der verhindert, dass es gerade im ländlichen Raum in Schleswig-Holstein wirtschaftlich vorangeht.
Es ist auch im Interesse der Kontinuität - die haben wir hier vielfach beschworen - des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein und insbesondere im Interesse des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes Schleswig-Holstein, diesen Stau möglichst schnell aufzulösen. Auch der für den Herbst angekündigte Versuch zur Temperaturüberwachung der Leiterseile im bestehenden Netz wird ein weiteres Erzeugungsmanagement nach Aussagen von E.ON-Netz nicht überflüssig machen, das heißt, die Unsicherheit besteht weiter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der durchschnittliche Freileitungsbau dauert ungefähr acht bis zehn Jahre. Wenn man sich die Beschlusslage der Kreistage - und die sind ja nicht mit grüner Mehrheit gefallen - und den Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung anschaut, dann sind hier jahrelange Konflikte und somit auch weitere Investitionsverzögerungen vorhersehbar. Erdkabellösungen lassen sich in circa ein bis drei Jahren realisieren, und für den Netzausbau in den verschiedenen Konfliktbereichen Breklum-Flensburg, Heide-Pöschendorf oder Göhl-Lübeck könnte dieses durchaus realistisch sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die gesetzliche Klarstellung durch das Infrastrukturplanungsund Beschleunigungsgesetz ist erforderlich, um die Verzögerungstaktiken, die man an überholten, wenn nicht manchmal sogar falschen Kostendarstellungen erkennen kann, zu beenden. Ein womöglich schuldhaftes Verzögern des Netzausbaus und um entsprechende Klagen zu vermeiden und um zumindest die Endlosdebatten über die Abwälzbarkeit eventueller Mehrkosten zu beenden, auch hier wäre die Klarstellung hilfreich. Eine gesetzliche Norm kann hierbei in entscheidender Art und Weise einen Durchbruch bedeuten.
Durch die durchgeführten Studien zum Kostenvergleich Erdkabel-Freileitungen - Sie kennen alle Brackelmann I für BWE und Brakelmann II für E.ON Netz - hat sich herausgestellt, dass bei geeigneter technischer Ausführung ohne Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit entweder keine Mehrkosten auftreten oder aber diese durchaus in einem überschaubaren Maße sind. Wir haben den Antragsentwurf, den wir heute vorgelegt haben, bewusst so vorsichtig formuliert, dass wir ganz deutlich sagen, es geht nur darum, diejenigen auszuwählen, wo es wirtschaftlich vertretbar ist. Keiner will hier irgendwie mit einem Prinzip mit dem Kopf durch die Wand, um zu sagen: Immer und überall muss das so sein.
- Ich habe diesen Antrag so geschrieben, dass er hier konsensfähig ist und auch die FDP-Fraktion dem eigentlich zustimmen müsste, lieber Kollege Garg. Ich finde, das ist ein Fortschritt in der Debatte.
Viele Fachleute halten im Falle von 110-kV-Trassen die Variante Erdkabel durch die schnelleren Realisierungschancen sogar für die insgesamt günstigere Variante. Auch die EU empfiehlt die Verwendung von Erdkabeln für 110-kV-Leitungen, was im Neubau inzwischen überwiegende Praxis in Europa ist.
Unser heutiger Antrag entspricht dem kommunalpolitischen Willen. Er wird die bekannten Interessensgegensätze zwischen den verschiedenen Akteuren am Energiemarkt auflösen. Die gesetzliche Klarstellung ist darüber hinaus erforderlich, um die Zielsetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes einschließlich der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu unterstützen und einen Beitrag zur Erreichung der ambitionierten deutschen Klimaziele zu leisten. Insofern hoffe ich trotz widersprüchlicher Signale im Vorfeld auf Unterstützung dieses Antrages, Kollege Garg, den wir heute vorgelegt haben.
Die werde ich nicht brauchen, weil ich nur dem Kollegen Arp den Vorschlag unterbreiten möchte um heute vielleicht doch entscheidungsfähig zu sein -, einfach die Wörter „Höchst- und“ aus dem Antrag zu streichen. Seinen letzten Worten war zu entnehmen, dass der Antrag bezüglich Hochspannungskabel sogar konsensual sei. Vielleicht ermöglicht uns die Streichung oben genannter Passage, auf die Beratungen im Wirtschaftsausschuss zu verzichten und heute zur Entscheidung zu kommen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Bericht - und dafür gilt unser Dank - ist sicherlich eine Fleißarbeit, die viele statistische Daten zusammengetragen hat. Ich bin mir aber unsicher, ob uns dieser Bericht in der Politik weiterbringt. Was können wir tatsächlich für
Schlüsse ziehen aus den Daten und wo soll sich Politik dann verändern? Auf die entsprechende richtig gestellte Frage Nummer 4 wird naturgemäß sehr allgemein geantwortet mit dem richtigen Hinweis, dass Statistiken naturgemäß immer rückwärts gewandt sind.
Um die Wichtigkeit der Außenwirtschaftspolitik zu verdeutlichen, wird der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zitiert. Im Bericht für 2005/2006 heißt es, dass von dem vorausgesagten Wirtschaftwachstum von 1 % auf die Außenwirtschaft immerhin 0,8 % zurückzuführen seien. Diese Aussage des Sachverständigenrates kann aber auch entgegengesetzt interpretiert werden. Von dem Wachstum von 1 % stammen nur 0,2 % aus der Binnennachfrage. Das ist, wie wir alle wissen, der wirkliche Schwachpunkt in der deutschen Wirtschaftspolitik.
Sehr geehrte Damen und Herren, Deutschland - und Schleswig-Holstein hat seinen Anteil daran - ist seit vielen Jahren der Exportweltmeister und baut diese Position weiter aus. An der hohen Arbeitslosigkeit hat das aber nicht viel geändert. Im Gegenteil, die Binnennachfrage stagniert und geht teilweise real zurück. Insofern muss in dieser Diskussion auch hier angesetzt werden. Wir haben wegen der Exportorientierung großen Wert auf die Senkung der Lohnstückkosten gelegt, dabei war die deutsche Industrie sehr erfolgreich. Der Faktor Arbeit wurde immer produktiver, aber auf der anderen Seite sinken die Reallöhne. Das ist wiederum ein Problem für die Binnennachfrage.
Woher sollen die Wachstumsimpulse für Arbeitsplätze kommen, wenn auf der einen Seite immer weniger Arbeitsplätze für die produktive Exportwirtschaft gebraucht werden, aber andererseits das Nachfragevolumen auch wegen der ständigen Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, dementsprechend sinkt, die öffentliche Hand aufgrund der stagnierenden oder sinkenden Steuereinnahmen immer weniger investiert?
Grundsätzlich sind die vorgeschlagenen Maßnahmen, die von der Landesregierung im Bericht erwähnt werden, für die Außenwirtschaft in der Tendenz richtig. Die Exportorientierung des Mittelstandes wird gefördert, und das ist wichtig und richtig, weil unsere Wirtschaftsstruktur in erster Linie aus kleinen und mittelständischen Unternehmen besteht.
Im Wirtschaftsausschuss wird man sicherlich über den Bericht diskutieren und dann ableiten, welcher konkrete Änderungsbedarf in der Landespolitik besteht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist meine letzte Rede als Abgeordneter des Schleswig-Holsteinischen Landtages, da ich der festen Überzeugung bin, dass ich nicht die nächsten 30 Jahre als jemand, der Mitte 30 ist, Mitglied eines Parlamentes sein möchte. Oft wird von einem Austausch zwischen Politik und Wirtschaft oder Politik und Gesellschaft geredet. Für mich ist jetzt oder genauer am 1. Juli der richtige Zeitpunkt, dies für mich zu tun. Insofern bleibt für mich heute die schöne Aufgabe, Ihnen für sechs Jahre spannende und interessante Debatten in diesem Landtag zu danken. Besonderer Dank gilt - sie sind wahrscheinlich am Lautsprecher - „meinen“ Ausschussvorsitzenden Frau Tengler, Herrn Neugebauer und Herrn Arp. Mein Dank gilt natürlich auch der CDU- und der FDP-Fraktion sowie den Ministern Herrn Wiegard und Herrn Austermann für meist sehr faire Auseinandersetzungen. Mein Dank gilt natürlich dem SSW dafür, dass sie insbesondere vor einem Jahr versuchen wollten, mit uns einen guten Tolerierungsvertrag in die Tat umzusetzen. Mein Dank gilt ganz besonders der SPD-Fraktion, insbesondere der letzten Legislaturperiode, für eine sehr vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit. Dafür ein großes Dankeschön. Mein Dank gilt natürlich auch meiner Fraktion für viel Unterstützung und das Vertrauen und für die Möglichkeit, sie hier fünf Jahre lang in einem Kabinett vertreten zu haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, man sieht sich im Leben immer zwei Mal. Das nächste Mal wird es vielleicht so sein, dass Sie als Verbraucherin oder Verbraucher ein Anliegen haben, wenn es bei Ihnen um Energieberatung, Gesundheitswesen, Ernährung oder Finanzdienstleistungen geht.
Sollten Sie hier eine anbieterneutrale Beratung brauchen - so viel zum Thema Schleichwerbung, Herr Kollege Garg -, stehe ich gern zur Verfügung in neuer Funktion, parteipolitisch neutral.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Reihe von Vorrednern hat schon auf den guten grünen Gesetzentwurf hingewiesen, der seit einiger Zeit hier im Landtag seiner abschließenden Beratung harrt.
Ich will noch einmal deutlich sagen: Dank des Wissenschaftlichen Dienstes ist er umgestrickt worden. Er orientiert sich am erfolgreichen Hamburger Modell, das dort von einer bemerkenswerten anderen Mehrheitskonstellation beschlossen worden ist.
Im Ziel sind wir uns alle einig: Wir wollen alle die Innenstädte stärken, den Einzelhandel in der City beleben und suchen jetzt nach einem Weg, wie dies den Kommunen beziehungsweise den örtlichen Akteuren ermöglicht werden kann. Insofern ist jede Kritik, die außerhalb dieses Hauses an dem Verfah
ren oder an der Idee geäußert wurde, indem gesagt wurde, es würde ein bürokratisches Monster geschaffen, schlicht Quatsch. Wer das sagt, hat weder die Idee verstanden noch hat er den grünen Gesetzentwurf oder den Gesetzentwurf der Landesregierung gelesen. Es wird immer nur ein Angebot gemacht. Der Gesetzentwurf gibt den Wirtschaftsakteuren vor Ort eine Chance. Sie können es sein lassen oder aber die Chance nutzen.
Verehrte Damen und Herren, wir haben uns damals zu einem Gesetzentwurf entschlossen, um die Entscheidung zu beschleunigen. Acht Monate sind vielleicht ein angemessener Zeitraum, bis an anderer Stelle nachgezogen werden konnte. Aber zur Ehrlichkeit der Diskussion gehört auch, dass der erste Gesetzentwurf der Landesregierung, der den Fraktionen nachrichtlich zur Kenntnis gegeben wurde, von nahezu allen wirtschaftlichen Akteuren - von den Industrie- und Handelskammern, vom Wirtschaftsrat der CDU und von vielen anderen - in der Luft zerrissen worden ist. Aber wir konzedieren und haben das auch deutlich ausgesprochen: Der Innenminister hat sich hierbei als sehr lernfähig erwiesen. Das ist eine Qualität, die wohl nicht jeder Ralf Stegner ohne weiteres zubilligen würde.
Der neue Gesetzentwurf verzichtet jetzt auf eine ganze Reihe von Antragsquoren beziehungsweise sonstigen Regularien. Ich bin gespannt, wie die Praxis letztlich hierüber urteilen wird. Dies frei zu nutzen, kann eine große Chance für die Kommunen sein. Der Innenminister hat es mit einer gewissen Süffisanz ausgebreitet: Eine ganze Menge an Fingerzeigen auf andere, in diesem Fall auf das Land, wird es mit diesem Gesetz, so es Realität wird, nicht mehr geben können. Ich bin sehr gespannt darauf, vielleicht aus der Entfernung verfolgen zu können, wie das letztlich funktioniert.
Ich will aber auch deutlich sagen: Es besteht auch ein Risiko, wenn es einem um die Sache geht. Denn wir wissen, dass dieses Instrument des BID oder PACT ein neues Instrument ist, in vielen anderen Ländern seit Jahrzehnten genutzt, in anderen Bundesländern seit mehreren Monaten etabliert; und wir wissen, dass sich viele Kommunen und auch viele Wirtschaftsakteure in Deutschland eher schwer tun, etwas Neues auszuprobieren. Insofern hätte es auch gute Argumente dafür gegeben, es so zu handhaben, wie es der Hamburger Weg und meines Wissens auch der niedersächsische sowie der hessische Weg aufzeigt, nämlich hierfür einen gewissen Rahmen vorzugeben, nicht um zu reglementieren, sondern um etwas zu erleichtern, weil wir wissen: Ein Mehr an Freiheit ist für den einen oder anderen manchmal eine Bürde.
Lieber Kollege Garg, ich will noch einmal darauf verweisen: Unser Gesetzentwurf sah nicht vor, zu verbieten, dass die Kosten des BID auf die Miete umgelegt werden, sondern zu verbieten, dass sie komplett auf private Mieten umgelegt werden. Wir sind nämlich der Meinung, dass es einen Unterschied macht, ob man privat in einem BID-Bereich wohnt und damit aller Wahrscheinlichkeit nicht so davon profitiert wie Gewerbetreibende oder Freiberufler. Einen Schritt in diese Richtung hat die Landesregierung getan, indem sie die Freiberufler ausgenommen hat. Dass die Gewerbetreibenden nach wie vor einbezogen sind, finden wir nicht richtig. Aber den Kommunen ist ja die Freiheit gegeben, sich anders zu entscheiden.
Besonders kritisch will ich anmerken, dass es bezüglich der Frage, wo letztlich der Ansatz für die Finanzierung sein soll, keinen Vorschlag gibt. Hier liegt aus unserer Sicht das größte Risiko dafür, dass es einen unproduktiven Streit in der Kommune gibt. Daher noch einmal der Hinweis: Zu viel Freiheit kann dem eigentlichen Zweck schaden.
Die Frage wird sein, ob Umsatz, Gewinn, Nutzfläche, Gesamtfläche, Gebäudehöhe, Grundstücksbreite, Schaufensterfläche - hier ist viel denkbar - einbezogen werden sollen. Dies bietet viel Raum für unproduktiven Streit, der letztlich dem Instrument des BID oder des PACT nicht gerecht wird. Hier erwarten wir, dass es im Rahmen der Beratungen des Wirtschaftsausschusses, die, wie zwischen den Fraktionen vereinbart worden ist, nächste Woche stattfinden - es wird in der Tat ein sehr zügiges Gesetzgebungsverfahren sein können -, sowie mit den Akteuren vor Ort interessante Diskussionen geben wird. Sollten IHK und andere Akteure darauf bestehen oder empfehlen, eine Regelung im Gesetz vorzusehen, wären wir gut beraten, dies auch umzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es bleibt nur noch ein Streitpunkt, nämlich die Frage: Wie heißt das Kind? Dies ist in der Tat ein marginaler Streit. Aber da auch der Kollegen Callsen in seiner Rede vorhin viermal den Begriff BID verwendete und wir wissen, dass sich dieser Begriff weltweit eingebürgert hat, gibt es diesbezüglich also ein übergreifendes Verständnis, was für uns Veranlassung sein könnte, den Begriff auch zu verwenden. Der Tourismusgedanke kann auch in einem BID-Gesetz verwirklicht werden. Dies hätte den großen Vorteil, dass alle Leute wüssten, was damit gemeint ist, und nicht nur die, die das Gesetz beschlossen haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes kann man, glaube ich, festhalten, dass das Anliegen, das die FDP hier aufgreift, bisher von niemandem infrage gestellt worden ist. Die Landesregierung, der Ministerpräsident, der Finanzminister werden zu Recht nicht müde, darauf hinzuweisen, wie katastrophal die Finanzlage ist. Der eine wusste das schon länger, der andere erst kürzer. Unter solchen Umständen ist es aber doch richtig, jedes Instrument zu nutzen, jede Ecke auszukehren, die es irgendwo gibt, um zu schauen: Was läuft finanziell richtig und was nicht?
Wir können das als Grüne sehr ruhig sagen, denn einem Großteil der Entscheidungen über Auslagerungen und Ausgliederungen haben wir wahrscheinlich in den letzten Jahre zugestimmt, nämlich in unserer Zeit als Regierungspartei. Ich finde, es gehört zur demokratischen Kultur, dieses dann auch kritisch zu hinterfragen. So weit besteht offensichtlich Konsens hier im Raum.
Wir streiten über einen anderen Punkt und der lässt mich schon ein Stück weit an der Diskussionskultur zweifeln. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Diskussion vor einem Jahr, als der Ministerpräsident kurz nach seiner Vereidigung hier seine ersten Worte in neuer Funktion gesprochen hat, als auch er ein beträchtliches Maß an Selbstkritik hat erkennen lassen, was eine große Koalition an Konsequenzen für den parlamentarischen Betrieb bedeuten könne. Das hat mich beeindruckt. Auch die beiden Regierungsfraktionen haben deutlich gemacht, welche „parlamentarischen Regeln“ sie großzügigerweise den kleineren Oppositionsfraktionen zur Verfügung stellen wollen. Das haben wir, die FDP, der SSW und die Grünen, ausdrücklich anerkannt. Jetzt kommt die erste Probe aufs Exempel. Ich glaube, dass bisher die Opposition insgesamt sehr verantwortungsbewusst mit der Konstellation umgegangen ist. Wir haben bisher nicht irgendwelche Rechte als Minderheit im parlamentarischen Verfahren ausgenutzt, sind damit schlampig umgegangen oder Ähnliches. Dann würde ich eine Diskussion darüber verstehen. Nein, die FDP greift hier ein legitimes, in der Sache von niemanden infrage gestelltes Anliegen auf. Jetzt ist die Frage, wer der richtige Ansprechpartner ist, um es umzusetzen.
Bei allem Respekt für die Argumente der Kollegen Sönnichsen und Herdejürgen kann ich ihre Argumentation in keinster Weise teilen.
Ganz im Gegenteil, man wird doch misstrauisch, wenn es heißt, hier soll nicht der Landesrechnungshof ran, sondern das soll die Landesregierung machen - wie bisher bei allen anderen Punkten auch. Ein normaler Mensch wird erst recht misstrauisch, wenn es plötzlich heißt, das, was in allen Regularien vorgesehen ist, dass nämlich der Landesrechnungshof vom Landtag in einem so spezifischen Anliegen um Stellungnahme gebeten wird, machen wir anders. Frau Herdejürgen hat zu Recht darauf hingewiesen, dass er das auch von selber aufgreifen könnte. Natürlich kann er das. Aber in einer solchen Situation, in der die haushaltspolitische Lage unumstritten ist, ist es besser zu sagen, dass hier ein unabhängiger Dritter, der nicht selber beteiligt ist, die Fragen beantwortet.
Noch einmal: Ich habe für die Grünen klar gesagt, dass wir daran beteiligt waren und den allermeisten Entscheidungen in der Vergangenheit wahrscheinlich auch zugestimmt haben. Der Landesrechnungshof ist unabhängig. Er ist in einer besonderen Konstellation ein unabhängiges Organ.
Wenn man die Argumente, insbesondere von Herrn Sönnichsen, konsequent fortdenkt, stellt sich die Frage, wofür wir überhaupt noch einen Landesrechnungshof brauchen.
Konsequenterweise müsste man dann sagen, die Landesregierung kontrolliert alles selber.
Noch einmal: Ich habe fünf Jahre lang auf der anderen Seite gesessen. Mir ist schon klar, wie angenehm, wie bequem das sein mag. Aber aus der Perspektive eines Parlamentes, dem wir in dieser Konstellation, über die wir geredet haben, alle angehören, können wir doch nur sagen: Es wäre gut - und aus Sicht eines ehemaligen Ministers sage ich das ganz bewusst -, wenn der Landesrechnungshof aus unabhängiger Perspektive deutlich macht, was von dem Regierungshandeln gut war und was nicht gut war.
Ich möchte jetzt nicht noch einmal Zitatschätze bemühen, aber ich erinnere mich an viele Debatten aus den letzten fünf Jahren, wo es die CDU mit Recht der rot-grünen Regierung um die Ohren gehauen hatte, wenn uns der Landesrechnungshof ins Stammbuch geschrieben hatte: Das war nicht kor
rekt, das war schlampig, da haben Dinge nicht funktioniert.
- Natürlich ist das passiert, lieber Kollege Fischer. Wir beide wissen auch um Dinge, die in den letzten Jahren passiert sind. Ich glaube, so viel Selbstkritik bricht uns noch keinen Zacken aus der Krone.
- Herr Kollege Wadephul, wenn Sie wieder in der Opposition sind, bin ich mir sicher, dass Sie eine ähnliche Selbstkritik an den Tag legen können. Der Zeitpunkt wird irgendwann kommen.
Der Kollege Sönnichsen hat gesagt, die Fragen 6 und 10 seien wertend. Ich lese sie noch einmal nach, kann aber nicht erkennen, dass sie wertend sind. Sie greifen hier zugespitzt einen Sachverhalt auf, es ist aber im Konjunktiv formuliert. Ich bin sicher, wenn die Landesregierung einen Fall entdecken würde, würde sie auch auf die Fragen 6 und 10 antworten. Das heißt, die Fragen als solche sind nicht verwerflich. Ich würde mir wünschen, dass sich CDU und SPD an dieser Stelle einen Ruck geben und dem Antrag der FDP zustimmen. Die grüne Fraktion wird das tun.
In den letzten Tagen war das böse Wort vom Diktat der großen Koalition in der Zeitung nachzulesen. Ich finde, das ist sehr gefährlich. Ich wünsche mir das nicht und habe nach wie vor Vertrauen, dass entscheidende Mitglieder der Landesregierung das nicht so sehen und auch nicht so handeln. Aber der heutige Sachverhalt, die heutige Entscheidung, kann diesem Vorwurf in unangenehmer Weise Nahrung geben. Das sollten wir nicht tun und dem Antrag der FDP zustimmen.
Liebe Frau Poersch, lieber Heiner Garg, der großen Euphorie will ich mich gern anschließen. Trotzdem muss man - denke ich -, den Bericht auch mit ein wenig Ruhe lesen und auswerten. Denn bei aller Schönheit von Urlaub geht es ja auch um nackte Zahlen und über diese soll hier auch nicht geschwiegen werden.
Wir wohnen da, wo andere Urlaub machen. Mit diesem Slogan werben viele Schleswig-Holsteiner bei ihren Gästen, Freunden und Verwandten, doch einmal zu uns in den Norden zu kommen. Das tun sie in der Tat zu Recht. Wir wissen aber auch: Das ist beileibe kein Selbstgänger, sondern Gäste müssen immer wieder neu umworben werden, nicht nur durch leidenschaftliche Reden im Landtag, sondern auch durch das Handeln.
Wir wissen alle um die Herausforderungen, die die sinkenden Übernachtungszahlen im Jahre 2005 gebracht haben, zumindest, wenn man das BoomJahr 1992 zum Vergleich heranzieht. Es gibt aber auch andere Seiten. Es gibt positive Tendenzen. Die Zahl unserer Gäste ist insbesondere im Bereich des Städtetourismus gestiegen. Der Städtetourismus ist nach Aussage der IHK zu Kiel der wichtigste Wachstumsbereich im Tourismus in SchleswigHolstein. In den letzten fünf Jahren gingen die Übernachtungszahlen zwar landesweit um 3,1 % zurück, im Städtetourismus stiegen sie aber um über 8 %.
Die gleiche Tendenz ist im Bereich der Tagesreisen zu verzeichnen. Nach den Zahlen der Marketingkooperation Städte in Schleswig-Holstein gab es 2004 für das Tourismusziel Lübeck immerhin 13 Millionen Tagesausflüge und 2,3 Millionen Tagesgeschäftsreisen. Insgesamt waren also über 15 Millionen Menschen auf Tagesreise in Lübeck. Für Kiel sehen die Zahlen noch etwas besser aus.
Insgesamt kommen wir hier auf über 16 Millionen Tagesreisen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein enormes Potenzial an Gästen, die zu einer oder zwei Übernachtungen animiert und vielleicht manchmal auch verführt werden wollen. Der Bereich des Städtetourismus kommt meines Erachtens im Bericht der Landesregierung etwas zu kurz.
Wir sind ein Flächenland mit attraktiven Küsten und liebreizenden Landschaften. Aber wenn der Städtetourismus das Pfund ist, mit dem wir zurzeit wuchern können, dann muss man in ihn auch entsprechend Kraft und Energie stecken.
Als Kieler sehen Sie täglich die einlaufenden Großfähren von Norwegen und Schweden und in der Saison ab April die Kreuzfahrtschiffe. Wenn nur 5 % bis 10 % dieser Gäste eine Übernachtung in der entsprechenden Region vorschalten oder dranhängen, dann können wir enorme Wertschöpfung erzielen. Darum sind - als Kieler Beispiele - das Science-Center oder das historische Zentrum wichtige Attraktionen für Besucher.
Sehr geehrte Damen und Herren, auch das Thema Ladenschluss gehört in diese Diskussion hinein. Wir wollen die Wettbewerbsbedingungen für unsere Innenstädte verbessern, weil damit auch die Einzelhändler der Innenstädte nachhaltige Vorteile gegenüber Verbrauchermärkten außerhalb der Zentren bekomme. Eine völlige Aufhebung will - glaube ich - fast keiner. Sie wäre auch nicht sinnvoll und nicht vernünftig, weil dann vor allem die riesigen Rund-um-die-Uhr-Supermärkte mit großen Parkplätzen auf der grünen Wiese das Geschäft machen würden. Wir aber wollen lebendige Innenstädte mit einem attraktiven Angebot, wo es sowohl für Einheimische wie für Gäste attraktiv ist, zu flanieren und auch Geld auszugeben.
Der Fahrradtourimus steht nicht mehr nur für Schüler und Schülerinnen, die einen Campingplatz nutzen, sondern auch für eine anspruchsvolle und zahlungskräftige Klientel. Lieber Jürgen Feddersen, ich bin nicht sicher, ob deine Absage an den sanften Tourismus wirklich so ernst gemeint ist.
Denn sanfter Tourismus ist gerade für zahlungskräftige Klientele attraktiv und reizvoll.
Die Landeshauptstadt Kiel ist gleich hinter Münster zur fahrradfreundlichsten Stadt Deutschlands gewählt worden. Durch die Landeshauptstadt Kiel führt seit Jahren der Ostseeküsten-Radweg, einer der ersten und schönsten Fernradwanderwege. In diesem Frühjahr wird der Nord-Ostsee-Kanal-Radweg mit Start und Ziel in der Landeshauptsstadt durch den zuständigen Minister eröffnet werden. Die Anzahl der Rad fahrenden Urlaubsgäste ist in ganz Deutschland im letzten Jahr um 4,7 % gestiegen. Das ist ein großes Potenzial für SchleswigHolstein, gerade auch im sanften Tourismus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Gesundheit und Wellness sind die Zukunftsmärkte. Daran arbeiten die Landesregierungen in Schleswig-Holstein schon seit Jahren. Ich freue mich, dass es insoweit eine vernünftige Kontinuität gibt. Zu erwähnen ist der Alte Meierhof in Glücksburg. Die dortigen Investitionen haben sich wirklich gelohnt. Ein anderes Beispiel ist das Hotel „Birke“ in Kiel. Jetzt könnten wir die ganze Debatte nur mit guten Beispielen bestreiten.
Mit Interesse habe ich die Abschnitte zu den regionalen Produkten und der ansprechenden lokalen Küche gelesen. Auch hier gibt es eine gute Kontinuität des zuständigen Landwirtschaftsministers. Aber man wird Schiffbruch erleiden, wenn man nicht konsequent auf gentechnikfreie Produkte und Futtermittel setzt. Kein Verbraucher will Gen-Food essen, erst recht nicht gesundheitsbewusste und zahlungskräftige Urlauber.
Umfassender Service, umweltverträgliche Mobilität und Indoor-Attraktionen wie die Hamburger Wettertage zum Beispiel sind wichtige Angebote für zufriedene Kunden.
In der letzten Woche war zu lesen, dass SchleswigHolstein für Jugendliche das beliebteste deutsche Reiseziel ist, was sicherlich auch an den attraktiven Angeboten an Jugendherbergen liegt. Auch hier gibt es eine gute Kontinuität in der Politik. Das sind gute Meldungen, die uns Mut machen. Diese Gäste wollen wir auch im Erwachsenenalter ansprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gemeinsame Ziel ist klar: Schleswig-Holstein soll auch bei den Erwachsenen mindestens wieder Platz zwei erobern. Wir wollen das mit attraktiven, qualitativen Angeboten bei Wellness, Gesundheit, Kultur, Fahrradtourismus, regional hochwertiger Küche und gutem Service erreichen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Brunsbüttel ist eine leistungsfähige Wirtschafts- und Energieregion mit großen Zukunftschancen. Der Standort der chemischen Industrie an der Elbe wurde in den 70er-Jahren zum neuen Ruhrgebiet erklärt. Damals sprach man von über 20.000 neuen Arbeitsplätzen. So ist es nicht ganz gekommen. Die damaligen Prognosezahlen der Arbeitgeber wurden nicht erreicht. Aber die Zahl von 4.000 unmittelbar Beschäftigten in der chemischen Industrie und mittelbar sogar 12.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist beeindruckend und weist Brunsbüttel als herausragenden Industriestandort Schleswig-Holsteins aus.
Vielleicht wird sich der eine oder andere wundern, wie vertrauensvoll und gut die Gespräche auch in den letzten fünf Jahren zwischen Umweltministerium und den Unternehmen in Brunsbüttel waren. Das hat auch viel mit der guten Arbeit des Staatlichen Umweltamtes in Itzehoe zu tun. Vielleicht weiß der eine oder andere dies in der neuen Rolle auch zu würdigen.
Die Lage Brunsbüttels an der Ausfahrt aus dem Nord-Ostsee-Kanal in die Elbmündung ist einzigartig. Das macht den Reiz des Hafens aus und macht ihn attraktiv für wasserorientiertes Gewerbe.
Probleme gibt es mit der Versandung im Zufahrtsbereich des Elbehafens Brunsbüttel. Die Gründe dafür liegen zum einen in der natürlichen Belastung durch Tide, Oberwasser und Sturmfluten, zum anderen in den künstlichen Maßnahmen wie Fahrwasserverlegung und Fahrrinnenvertiefung. Das heißt für die Zukunft: Mit weiteren Elbvertiefungen vergrößern sich die Probleme für den Hafen Brunsbüttel.
Dem Bund als Verantwortlichem für beide Wasserstraßen müsste nachgewiesen werden, dass die Elbvertiefung für die Versandungen ausschlaggebend ist. Das ist gerade für solche Akteure schwer einzugestehen, die die weitere Vertiefung der Elbe unbedingt wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Verkehrszuwächse der letzen Jahre im Nord-Ostsee-Kanal sind sehr erfreulich. Das zeigt einerseits die Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit dieses Gütertransportweges, anderseits aber auch, dass sich die Bunkerpreise für Schiffsdiesel beziehungsweise Schweröle analog zu den Weltmarktpreisen für Erdöl entwickelt haben. Der Umweg über Skagen ist für die Reeder damit einfach zu teuer und der kurze Wasserweg durch unser Land ist optimal.
Wir Grünen unterstützen eine Ertüchtigung dieser wichtigsten Wasserstraße. Die 15 km von Königsförde nach Holtenau müssen ausgebaut werden, zumindest müssen die vier Kurven begradigt werden. Wir begrüßen ausdrücklich die Entscheidung, die vergangene Woche hier gefallen ist.
- Danke, lieber Günter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, große Feederschiffe mit Standardcontainern sind die kommende Schiffklasse im Kanal. Wie wichtig der Gütertransport auf dem Seeweg ist, zeigt ein Vergleich mit der Straße. Ein großes Feederschiff mit einer Kapazität von ungefähr 1.500 t transportiert somit 750 40-Fuß-Container.
Kämen diese 750 Container mit LKWs auf die Straße, so würden sie eine Schlange von 50 km bei einem Sicherheitsabstand von 40 m bilden. Also, wir bleiben dabei: Für die Gütertransporte gilt „from road to sea“.
Dass der Kanal für viele qualifizierte Arbeitplätze sorgt, ist bekannt. Circa 3.000 bis 3.500 direkte und indirekte Arbeitsplätze in der gesamten Region aber eben auch in Brunsbüttel - gilt es zu sichern. Ganz nebenbei, fragen Sie mal die Beschäftigten dort, was sie von einer festen Fehmarnbelt-Querung halten. Die Antwort wird der großen Koalition der Autobahnbauer nicht besonders gefallen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der letzten Woche war in der „Dithmarscher Zeitung“ zu lesen, dass in Brunsbüttel mit der Vorplanung für den Bau einer dritten großen Schleusenkammer begonnen werden kann. Die beiden bestehenden großen Schleusenkammern sind mehr als 90 Jahre alt und warten auf eine dringliche Sanierung. Wenn die Entscheidung fällt, eine dritte Schleuse für immerhin 150 Millionen € zu bauen, dann ist das ein weiterer Schub für Brunsbüttel und den Kanal.
Brunsbüttel ist ein wichtiger Energiestandort. Dabei steht das alte Auslaufmodell Atomkraftwerk direkt neben der modernen Windtechnologie. Repower stellte neben den Reaktor den Prototyp einer 5 MW-Windkraftanlage als Modell für OffshoreAnlagen auf. Brunsbüttel soll nach dem Willen aller Landesregierungen der Offshore-Hafen für die Nordseeküste werden.
Nach dem Atomkonsens, der auch für die große Koalition gilt - auch wenn der eine oder andere das bezweifeln mag -, wird das AKW Brunsbüttel im März 2009 abgeschaltet. Daran darf nicht gerüttelt werden. Es wäre nicht zu vermitteln, wenn versucht würde, Strommengen von neuen Anlagen auf alte Anlagen wie den Brunsbütteler Reaktor zu übertragen, um den Netzabschied zu verlängern. Jeder Mensch muss doch heilfroh sein, wenn genau die AKWs mit der höchsten potenziellen Gefahren so schnell wie möglich abgeschaltet werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, das AKW Brunsbüttel ist der einzige Siedewasserreaktor mit nur einem Kühlwasserkreislauf in Deutschland. Baubeginn war 1970. 1976 ging der Meiler in Betrieb. Das Dach des Reaktorgebäudes ist nicht gegen Flugzeugabstürze gewappnet. Gerade mal gegen abgestürzte Sportflugzeuge könnte das Dach halten.
Dieser Reaktor kommt seit Inbetriebnahme auf ungeplante Stillstandszeiten von insgesamt sechseinhalb Jahren. Das ist wahrlich ein Rekordergebnis. Und dieses AKW soll nach Auffassung der CDU nicht abgeschaltet werden. Meine Damen und Herren, das ist unverantwortlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP hatte viel Wind um die drohende Ausweisung eines FFH-Gebietes im Zuge der Elbe vor Brunsbüttel gemacht. An einer einzigen Stelle kann ich Herrn Garg Recht geben: Bis vor der Landtagswahl stand die CDU an Ihrer Seite.
Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion malte ein Horrorszenario. Er beklagte die hohe Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein und sah in und bei Brunsbüttel weitere 4.000 hochproduktive Industriearbeitsplätze auf dem Spiel stehen, weil die EU angeblich vorschreibe, dass die Elbe vor Brunsbüttel ausnahmslos ein FFH-Gebiet werden müsse. So habe es der CDU-Umweltminister behauptet.
Sehr gern.
Nein, Herr Kubicki, das ist so nicht richtig; ich komme gleich darauf zu sprechen.
Die FDP wollte - ich zitiere - „Licht ins Dunkel des umweltbürokratischen Wildwuchses bringen und ihn später angemessen lichten“. Welch tapferer Ritter Heiner Garg! Ich glaube, Ihnen stände der silbern schimmernde Harnisch ganz hervorragend,
wenn Sie damit nicht vor Ort eine ganze Menge an Verunsicherung geschürt hätten, und zwar zu Unrecht.
Sehr geehrte Damen und Herren, die FDP sagt mutig, der Wirtschaftsraum Brunsbüttel dürfe nicht mit FFH-Gebieten erwürgt werden.
Da hat die FDP Recht, aber das ist auch nicht der Fall. Ein Blick in die Gesetzeslage würde Ihnen sofort zeigen - ich wiederhole es und Herr von Boetticher sagt es inzwischen mit den gleichen Worten,
die ich damals benutzt habe -, dass man ein FFHGebiet ausweisen und anschließend für wirtschaftliche und ökonomische Gründe Ausnahmen erteilen kann.
Nichts anderes wird auch Herr Austermann an dieser Stelle sagen und genauso argumentieren inzwischen auch die CDU-Kollegen vor Ort.
Die Landesregierung macht in ihrem Bericht deutlich, dass ihr nach dem Mahnschreiben der Kommission „so gut wie keine Entscheidungsspielräume im Rahmen der Auswahl, Abgrenzung und Meldung der Elbe vor Brunsbüttel als FFH-Vorschlagsgebiet gegeben sind“; das ist ein Zitat aus dem Bericht. Das sagt das CDU-geführte Wirtschaftsministerium einer großen Koalition.
Und ich weissage Ihnen: Das hätte auch ein Wirtschaftsministerium einer schwarz-gelben Koalition so aufgeschrieben und auch Sie - sollte es einmal eine FDP-Alleinregierung geben - hätten es genauso unterschrieben und dem Parlament vorgetragen und dann hätten wir es in umgekehrten Rollen diskutieren können.
Die Landesregierung hat Zweifel, ob das Vorland von St. Margarethen zumindest in Teilen die Kriterien eines Ästuars erfüllt. Und - Herr Kubicki, das ist die Antwort auf Ihre Frage - genau die gleichen Zweifel hatten wir auch. Zwar haben wir uns im Umweltausschuss - vielleicht kann sich Frau Todsen-Reese noch daran erinnern - ohne Ende über NATURA 2000 gestritten, aber dass wir bei der Frage der Ästuare im Gleichklang mit Niedersachsen und Norddeutschland vorgehen sollten, war auch eine Forderung der CDU; vielleicht informieren Sie sich noch einmal, Herr Magnussen.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mich die CDU auch nur einmal aufgefordert hätte, Brunsbüttel doch endlich zu melden. So war es auch nicht an der Stelle. Insofern haben wir hier eine Kontinuität in der Position. Wir haben Zweifel eingeräumt und dem Umweltausschuss immer über den Druck, der an dieser Stelle von der EU-Kommission ausging, berichtet. Herr Hildebrand könnte es Ihnen genauso berichten, wenn er bei der Diskussion hier wäre.
- Weil wir gesagt haben, dass wir es mit Niedersachsen abstimmen wollen. Da regierte übrigens der FDP-Umweltminister Sander.
Und der hat inzwischen übrigens auch nachgemeldet, was umgekehrt Niedersachsen angeht. Er hat etwas länger Zeit gebraucht als wir. Und wir haben gesagt - ich bin mir sicher, die FDP hat dem zugestimmt -, dass wir im norddeutschen Gleichklang vorangehen wollen, weil es in der Sache und auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten absolut sinnvoll ist. Dass es die Landesregierung jetzt in neuer Farbumgebung letztendlich so nachvollzieht, ist nichts anderes als eine Kontinuität rot-grüner Politik zumindest an dieser Stelle.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben hier die klassische Situation: Die FDP versucht, Wirtschaftsentwicklung gegen Umweltpolitik auszuspielen. Dies wird aber nicht fruchten und das ist wenigstens eines der guten Ergebnisse einer großen Koalition. Ich hätte mir nicht ausmalen wollen, was unter Rot-Grün hier an Diskussion stattfinden würde.
Dann hätte uns wahrscheinlich eine vereinte Phalanx - richtig, Herr Kubicki - aus CDU und FDP für den gleichen Sachverhalt verdroschen, der jetzt von Herrn Austermann umgesetzt wird.
Noch einmal zum FDP-Antrag! Es ist wie so oft bei der FDP: Viel Wind, aber keine Energie.
Trotzdem ist es ein guter Bericht, für den ich dem Ministerium ganz herzlich danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand wird bestreiten, dass wir in Schleswig-Holstein sparen müssen. Der Ministerpräsident hat absolut Recht, wenn er sagt, dass es zum Sparen keine Alternative gibt. Deshalb hat die grüne Landtagsfraktion - anders als die Kollegen von der FDP - in den letzten Jahren eine Reihe von Sparbeschlüssen mitgetragen. Ich erinnere an die Kürzungen bei der Heilfürsorge der Polizei, beim Landesblindengeld oder aber zu den Plänen zum Unterhaltsvorschussgesetz.
Jetzt hat die Landesregierung neue Vorschläge auf den Tisch gelegt. Die Menschen fragen sich: Welche Auswirkungen werden die haben? Sind sie wirklich gerecht auf alle Schultern verteilt, wie die Landesregierung immer behauptet hat? Was hat die
schwarz-rote Landesregierung zur Glaubwürdigkeit der Politik in diesem Land beigetragen?
Sehr geehrte Damen und Herren, auch unter RotGrün wurde der kommunale Finanzausgleich gekürzt, das Urlausgeld gestrichen und das Weihnachtsgeld gekürzt. Ich erinnere daran, wie wir nicht zuletzt von der CDU dafür verdroschen wurden. Seit ihrem Regierungsantritt kritisiert die CDU stellvertretend vor allem uns Grüne dafür, dass RotGrün nicht genug gespart habe. Das ist klar, wenn man neben all den anderen Konflikten, die man in der Koalition hat, nicht auch noch zusätzlich auf den Koalitionspartner eindreschen möchte.
Aber als Sie noch Opposition waren, haben Sie uns für jede Einsparung gegeißelt, die wir vorgenommen haben.
Deshalb macht auch an dieser Stelle ein Blick zurück durchaus Sinn: Rot-Grün hat Personalausgaben gekürzt und darum wollte die CDU im Mai 2003 das Weihnachtsgeld für Beamte in die monatlichen Zahlungen integrieren. Ich zitiere die Begründung: Es sollte nicht mehr der Beliebigkeit unterliegen.
Das Urlaubsgeld sollte erhalten bleiben. Im September 2003 hat Frau Schwalm dies noch einmal bei der Demonstration von DGB und dbb ausdrücklich bekräftigt und Herr Kayenburg hat damals in anderer Funktion Rot-Grün und Heide Simonis im Dezember 2002 für die Kürzungen mit „schäbig“ beschimpft.
Bezüglich der Kürzungen des kommunalen Finanzausgleichs erinnere ich ebenfalls an die Ausführungen des damaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden stellvertretend vor dem Städtebund - ich zitiere -:
„Ein Griff in die Taschen der Kommunen wie 1999/2000 darf nicht wieder stattfinden. Dazu wird es von der CDU-Fraktion keine Zustimmung geben.“
Nur fünf Tage später heißt es unter der Überschrift „Pepita bleibt Pepita“:
„Um Haushaltslöcher zu stopfen, bedarf es einer sinnvollen Weise des Sparens, wie Sie richtig erkennen. Es darf aber nicht zum Griff in fremde Kassen wie die der Kommunen kommen.“
Sehr geehrte Damen und Herren, das ist die Glaubwürdigkeit à la CDU.
Verehrte Damen und Herren, woher kommt jetzt die Wut der Gewerkschaften oder der Beschäftigten gegen die neuen Sparpläne der Landesregierung? Sie resultiert nicht daraus, dass Sie sie im Koalitionsvertrag explizit ausgeschlossen und dort vieles andere versprochen haben. Der obligatorische Haushaltsvorbehalt - den gibt es immer - wirkt da eher wie das Kleingedruckte eines Versicherungsvertrages.
Nein, hier im Landtag hat der Finanzminister Wiegard am 1. September 2005 ein Versprechen abgegeben. Sie haben im Plenum ausgeführt: „Wir fassen das Weihnachtsgeld nicht mehr an. Denn wir sind nicht der Meinung, dass unsere Beamten zu viel verdienen.“
In Ihrer Rede haben Sie kein einziges Mal das Wort „Haushaltsvorbehalt“ erwähnt. Es fiel kein Wort der Einschränkung. Ähnlich haben sich Minister Stegner und Herr Lehnert dazu noch einmal ausdrücklich im Dezember geäußert. Ich zitiere wieder:
„Außerdem kommt es zu keinen weiteren Kürzungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld.“
Sie haben die Menschen in Schleswig-Holstein noch in dieser Legislaturperiode getäuscht und deshalb sind sie so sauer und wütend. Ich möchte in diesem Zusammenhang den Vorsitzenden des DGB, Herrn Malchow, zitieren:
„Unser Ministerpräsident hat uns belogen und betrogen.“
Der Wortbruch ist inzwischen eingestanden.
Und wie werden es die Kommunalpolitikerinnen und -politiker empfinden, wenn in den Kommunen weitere Schulden notwendig sind und Landesminister dann über den Schleswig-Holstein-Fonds das Geld verteilen, das ihnen gerade genommen wurde?
Sehr geehrte Damen und Herren, das alles geschieht vor dem Hintergrund einer Steuerschätzung aus dem November des letzten Jahres, die erstmalig seit Jahren positivere Ergebnisse herbeigetragen hat.
Welche Aussagen der Landesregierung gelten denn nun? Was sollen die Menschen von den weiteren Versprechen und Zusagen jetzt noch halten? Was ist die Aussage wert, es werde keine Kündigungen im öffentlichen Dienst geben? Werden diese Versprechen und Aussagen nächstes Jahr wieder einge
sammelt? Steht die Landesregierung noch zum Sozialvertrag mit den Wohlfahrtsverbänden oder wird er demnächst aufgekündigt? Was ist mit der Kompensation der Kürzungen beim Landesblindengeld? Wer soll jetzt noch glauben, dass die Unterrichtsversorgung nicht beeinträchtigt wird?
Sehr geehrte Damen und Herren, ich würde mir wünschen, dass zumindest eine andere Zusage, nämlich die Absage gegenüber einer umfassenden Kreisreform fallen würde. An dieser Stelle gratulieren wir dem Kollegen Kubicki ganz herzlich zu seinem Sinneswandel.
Meine Damen und Herren, wir verstehen unsere Oppositionsrolle anders als die CDU. Wie schon beim Haushalt 2006 werden wir nach Vorlage aller Zahlen und Vorschläge wieder die Maßnahmen mittragen, die gerecht, nachhaltig und wirkungsvoll sind. Aber schon heute sage ich Ihnen: Statt bei den Kommunen Geld einzusammeln und damit den schuldenfinanzierten Schleswig-Holstein-Fonds zu finanzieren, sollten Sie lieber zuerst diesen Fonds kürzen, statt Dritten in die Tasche zu greifen.
Wir vermissen schmerzlich die Initiativen, um die Besserverdienenden in unserer Gesellschaft angemessen zu beteiligen. Wenn nicht parallel zu den Sparbeschlüssen auch gleichzeitig die breiten Schultern durch eine deutlich höhere private Erbschaftsteuer oder eine Reform des Ehegattensplittings beteiligt werden, dann kann man nicht von einer sozial ausgewogenen Belastung sprechen.
Bisher hat die Landesregierung kein glaubwürdiges und wirkungsvolles Sparkonzept bis 2010 vorgelegt. Stattdessen hat sie viel Vertrauen innerhalb nur eines Jahres der großen Koalition verspielt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Lieber Kollege Garg! Ich bin nicht sicher, zu welchem Thema Sie gerade gesprochen haben. Eine ganze Menge Ihrer Vorwürfe hat aber mit dem Tariftreuegesetz herzlich wenig zu tun.
Das, was Sie uns gerade geboten haben, ist - so glaube ich - mehr eine Lektion in Sachen VoodooÖkonomie. Es trifft aber nicht das Thema, um das es an dieser Stelle geht. Tariftreue ist die Frage, inwieweit wir für Ausschreibungen einen Ordnungsrahmen geben. Es geht um nicht mehr und nicht weniger. Ein Großteil der Kritik, die wir gerade von der FDP gehört haben, geht schlicht fehl. Insbesondere der Vorwurf, dass ein Tariftreuegesetz nichts mit sozialer Marktwirtschaft zu tun habe, ist schlicht falsch und verkehrt. Die Frage ist, warum wir keine freie Marktwirtschaft haben. Ich nehme gern in Kauf, dass die FDP eine andere Form der Marktwirtschaft will. Das ist in Ordnung.
- Herr Kubicki, gerade eine soziale Marktwirtschaft setzt sich an dieser Stelle gewisse Regeln. Das ist auch völlig in Ordnung so.
Auf die Geschichte des Gesetzes wurde schon ausführlich hingewiesen. Es gab bereits einen Gesetzentwurf, der das Anliegen des SSW aufgegriffen hat. Es gab damals viele gute Gründe dafür, es drin zu belassen. Es gab damals aber auch ein Problem, an dem wir auch heute nicht ohne weiteres vorbeikommen. Dies führte dazu, dass dieser Punkt herausgenommen wurde. Gerade heute Morgen haben wir uns mit heftigen und lautstarken Worten über
die Frage der kommunalen Finanzen unterhalten. Es ist zweifelsohne richtig, dass ein richtiges Anliegen auch immer die Frage beantworten muss, wie es letztlich finanziert werden wird. Insofern will ich deutlich sagen, dass wir für den Gesetzesvorschlag des SSW sehr viel Sympathie haben. Zu einer ehrlichen Debatte gehört allerdings auch eine Antwort auf die Frage, wer dies bezahlt. Um eine Antwort auf diese Frage wird man sich nicht drücken können.
Ein Stück der Debatte, die wir eben gehört haben, geht insbesondere deshalb an der Realität vorbei, weil wir inzwischen eine andere Situation haben. Die FDP hat noch nicht aufgehört, darüber zu reden. Ich glaube, niemand von uns kann in Ruhe schlafen, arbeiten und leben, wenn er weiß, welche Entwicklung in Stormarn einen Schritt weiter gegangen ist. Wir reden hier über den Busverkehr. Wir reden über den Schülerverkehr und von Gefahr geneigten Tätigkeiten, wenn man weiß, was hinten in einem Bus los ist und welche Straßenverkehrssituationen wir haben. Wenn wir in diesem Bereich inzwischen Bruttolöhne von 8,31 € zahlen und uns leicht ausrechnen können, dass dies nicht der letzte Schritt ist, dann muss ich sagen, dass ich mir eine Debatte der leiseren Töne gewünscht hätte. Ich hätte mir kein so lautstarkes Draufhauen auf eine sicherlich begrüßenswerte Initiative des SSW gewünscht.
Ich glaube, dass ver.di an manchen Stellen Unrecht hat. Wir könnten jetzt lange über die eine oder andere tarifpolitische Auseinandersetzung diskutieren. Dass ver.di in Stormarn aber von einem tarifpolitischen Dammbruch gesprochen hat, ist richtig. Jeder kann sich mit genügend Phantasie ausrechnen, was passiert, wenn diese Entwicklung weitergeht. Die Kommunen machen das ja nicht gern. Sie befinden sich in einer gewissen Notlage. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass trotzdem auch an den Kreis Stormarn die Frage berechtigt ist, warum man dort nicht freiwillig die Kriterien der Tariftreue mit aufgenommen hat. Herr Callsen hat an dieser Stelle zu Recht darauf hingewiesen. Allerdings sage ich auch: Wenn wir uns auf eine freiwillige Tariftreue einigen könnten, dann spricht an dieser Stelle auch nichts gegen eine gesetzliche Grundlage.
Ich glaube, dass ein Punkt dieser Diskussion auch im Wirtschaftsausschuss eine wichtige Rolle spielen wird. Das ist die Frage der Kontrolle und der Effizienz. Gerade als Befürworter des Tariftreuegesetzes gibt es einem sehr stark zu denken, wie weit die Kontrollen bisher wirklich durchgeführt werden, wie weit sie effizient sind und inwieweit sie ineffizient sind. In dem Moment, indem wir aus
weiten, was wir an anderer Stelle schon beantragt haben, glaube ich, das wir mit dem Ministerium auch darüber reden müssen, wie wir die tatsächliche Umsetzung kontrollieren können. Ein stumpfes Schwert wird uns an dieser Stelle nichts nutzen. Insbesondere die Befürworter sollten hieran ein klares Interesse haben.
Als wir uns das letzte Mal hier im Landtag über das Tariftreuegesetz unterhalten haben, hat Herr Austermann unseren Antrag in Grund und Boden geredet. Ich glaube, es fiel das Wort überflüssig oder so ähnlich. Die Zuarbeit des Wissenschaftlichen Dienstes hat, so glaube ich, diese Argumentation etwas vom Tisch gewischt. Nichtsdestotrotz habe ich persönlich mit Schrecken gesehen, dass Herr Austermann sich in Sachen Schlie-Bericht durchzusetzen scheint. Die Vorschläge aus dem Schlie-Bericht, über die wir an anderer Stelle sicherlich noch einmal ausführlicher diskutieren sollten, nämlich das Tariftreuegesetz gänzlich abzuschaffen oder technisch gesprochen auslaufen zu lassen, geben mir zu denken. Ich würde mir wünschen, dass wir darüber im Wirtschaftsausschuss kompakt und offen diskutieren können, um dann zu tatsächlichen Ergebnissen zu kommen, die den realen Lohnentwicklungen in Deutschland und in Schleswig-Holstein gerecht werden können.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In seiner Regierungserklärung hat der Ministerpräsident vergangenes Jahr ausgeführt: „Gute Haushaltspolitik besteht auch darin, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.“ Er hat den markigen Satz geprägt: „Wir werden in Berlin mitmischen.“
Ich will jetzt nicht darüber streiten, wie viel Erfolg die Landesregierung bisher damit gehabt hat. Aber dass die Stimmen der Herren Carstensen, Stegner, Austermann und anderer laut und gewaltig sind, daran habe ich keinen Zweifel. Es gibt ein Thema, das laute Stimmen und entschlossenes Handeln dringend braucht.
Die schwarz-rote Bundesregierung hat Ende Februar im Rahmen des Haushaltsentwurfs - entgegen al
ler Proteste des Einzelhandels, der Gastronomie und der Zeitungsverleger - die Anhebung der Pauschalabgabe um fünf Prozentpunkte von 25 % auf 30 % für Minijobs beschlossen.
Bis auf Minijobs in Haushalten werden sich die 400-€-Jobs von ungefähr 500 € auf 520 € verteuern. Der Bundesfinanzminister plant damit, im Jahr 2007 rund 520 Millionen € einzunehmen. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels warnte aber umgehend, die Neuregelung gefährde ungefähr 120.000 der 800.000 Minijobs im Handel. Der Einzelhandelsverband BAG befürchtet, die Verteuerung der Minijobs werde die Flucht aus dem Flächentarifvertrag befördern. Selbst die Bundesregierung rechnet mit einem Minus von rund 600.000 Stellen. Die Knappschaft, die vielleicht noch etwas näher dran ist, sogar mit einem Verlust von 750.000 Minijobs. Das würde die Gewinne für die Sozialkassen erheblich reduzieren.
Wenn man das etwas unzutreffend und gewagt mit dem Königsteiner Schlüssel auf Schleswig-Holstein herunterrechnet, stellt man fest: Wir reden von 20.000 bis 25.000 Minijobs in Schleswig-Holstein, die davon betroffen wären.
Mit der nun beschlossenen Maßnahme werden alle Bemühungen, die wir hier parteiübergreifend für Beschäftigung und Wachstum versucht haben voranzubringen, konterkariert. Wir sind, glaube ich, alle davon überzeugt,
- selbst Günter Neugebauer -, dass, wenn wir Arbeit an dieser Stelle teurer machen, es weniger davon geben wird. Die abgabenbegünstigten Minijobs wurden einst explizit dafür eingerichtet, um Stellen für einfache Tätigkeiten zu schaffen. Vor allem für geringqualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitssuchende wird die Verteuerung der Minijobs schwerwiegende Konsequenzen haben.
Während wir überall darum ringen, Arbeit durch niedrigere Lohnnebenkosten oder Kombilohnmodelle preiswerter zu machen, konterkariert dieser Beschluss genau dies. Dem sollten wir aus Schleswig-Holstein entgegenwirken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der schleswigholsteinische Landesvorsitzende der Wirtschaftsund Mittelstandsvereinigung der CDU hat am 2. März 2006 diese Entscheidung der Bundesregierung als „krasse Fehlentscheidung und ein absolut falsches arbeitspolitisches Signal“ bezeichnet. Wo der Mann Recht hat, hat er Recht.
„Schwarzarbeit“
- ich zitiere ihn
„wird wieder zunehmen und statt der erhofften Mehreinnahmen werden am Ende aufgrund der geringeren Beschäftigtenzahlen noch größere Defizite für die Sozialkassen die Folge sein.“
So Momme Thiesen in seiner Pressemitteilung.
Selbst wenn die Landesregierung jetzt nicht auf die Argumente der Opposition hören sollte, hoffe ich, dass zumindest die Warnungen aus den eigenen Reihen vor diesem Bärendienst am Mittelstand ausreichen, um aktiv zu werden. Zumal ist auch der mittelstandspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Herr Michael Fuchs, aufgewacht und verkündete am 10. März in der „Leipziger Volkszeitung“, er werde „alles daransetzen, die Verwirklichung dieses Beschlusses im Bundestag zu verhindern“.
Vor diesem Hintergrund hoffen wir auch auf die Unterstützung der Sozialdemokratie und fordern die Landesregierung auf, nicht zu warten, bis die Minijobs in den Brunnen gefallen sind, sondern umgehend zu handeln. Wir bitten um Unterstützung und Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Drei kurze Anmerkungen! Lieber Kollege Koch, die Zahlen, die ich hier zitiert habe, waren keine Panikmache, sondern es sind die offiziellen Zahlen der Bundesregierung, des Bundesfinanzmi
nisters. Er rechnet allein in seinen Kalkulationen damit, dass es durch die Regelung 600.000 Minijobs weniger geben wird, und die Knappschaft auch keine grüne Institution - rechnet mit 750.000 Minijobs weniger. Das ist eine reine Referierung von Tatsachen an der Stelle, keine Panikmache. ich bin sicher, ein paar parteiinterne Gespräche in der CDU werden da Klarheit schaffen.
Lieber Lars Harms, auch ich würde gern die Arbeitslosigkeit allein durch mehr Qualifizierung bekämpfen, wunderbar, allein, mir fehlt der Glaube. Es gibt relevante Bereiche, wo dies nur einen ganz begrenzten Erfolg hat. Das heißt nicht, dass man das nicht tun soll, gar keine Frage, aber wir haben im Niedriglohnbereich eine Struktur, die wir in Deutschland beibehalten sollten und die wir zumindest durch diesen Schritt der Bundesregierung gefährdet sehen.
Das Problem ist nicht die Konkurrenz zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.- es stimmt alles, was du da ausgeführt hast -, das Problem ist der Trend zur Schwarzarbeit an der Stelle. Da ist der haushaltsnahe Bereich sicherlich gefährdeter, darum soll da nicht erhöht werden. Aber auch in den übrigen Bereichen, die ungefähr 80 oder 85 % ausmachen, gibt es eine Gefährdung. Das ist der relevante Bereich, um den wir uns an der Stelle Sorgen machen.
Kollege Garg, es ist ja nett, wie stark Sie sich mit grüner Geschichte beschäftigt haben. Ich erzähle gern noch einmal im kleinen Kämmerlein, wie damals 1998 diese Gesetzesvorschläge zustande gekommen sind. Es gab da einen wichtigen Bundesfinanzminister, von dem momentan kaum noch einer etwas hören will, der an der Stelle eine sehr zentrale Rolle gespielt hat. Die grüne Position an der Geschichte ist aber, wir wollen einen progressiven Verlauf der Lohnnebenkosten. Das ist das Progressivmodell. In dieser Konzeption passen unsere Vorschläge wie die Faust aufs Auge und es kommt die Sorge, was durch diesen Vorschlag angerichtet werden kann.
Gerade weil ich damals im Bundestag miterlebt habe, was nach der 98er-Reform zustande gekommen ist - darum wurde es ja korrigiert -, sagen wir heute in einem dringenden Appell an Schwarz und Rot, diesen Schritt nicht zu gehen, weil er nicht das herbeiführen wird, was man sich erhofft, nämlich Mehreinnahmen für den Bundeshaushalt. Das wäre zu begrüßen, aber unsere große Sorge ist, dass dies genau dieser Schritt nicht herbeiführt. Wir haben die dringende Bitte, das jetzt im Ausschuss nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu vertagen. So könnte man damit natürlich auch umgehen.
Wenn man handeln will, muss die Landesregierung an der Stelle schnell handeln, sonst ist nachher das Klagen groß. Ich glaube, man muss nicht jeden Fehler, den man einmal in der Bundesregierung gemacht hat, unbedingt wiederholen. Zumindest an dieser Stelle wäre das nicht sinnvoll und wünschenswert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Zukunftsfähige Energiepolitik - ich glaube, es könnte momentan kaum ein spannenderes Thema für unser Land geben. Leider leistet der Bericht dazu keinen Beitrag. Dass mit klugen ökologischen grünen Konzepten schwarze Zahlen geschrieben werden können, hat sich inzwischen weit herumgesprochen, sowohl hier im Lande als auch in Berlin. Insofern freue ich mich, dass wesentliche Teile der rot-grünen Energiepolitik sowohl in der großen Koalition in Berlin als auch in Schleswig-Holstein fortgeführt werden, mit Ausnahme der Steuerbefreiung bei biogenen Kraftstoffen. Wir haben gestern schon einmal darüber gesprochen.
Bei alternativen Kraftstoffen hat Schleswig-Holstein die Nase vorn. Es wäre gut, wenn die Landesregierung über den Nebensatz im Bericht hinaus und über die leise Aussage von Herrn Austermann soeben noch einmal deutlich macht, wie wichtig die Biokraftstoffe sind. Ich wünsche mir den gleichen Elan und das gleiche Engagement, die wir bei anderen Projekten manchmal an der falschen Stelle bei Herrn Austermann erleben, genau bei diesem Thema. Als ehemaliger haushaltspolitischer Sprecher müsste sein Gewicht in Berlin ja groß und seine Stimme vernehmbar sein.
Sehr geehrte Damen und Herren, die ErneuerbareEnergien-Branche entwickelt sich zu einem Schwergewicht der deutschen und schleswig-holsteinischen Wirtschaft. Mit einem Umsatzwachstum von 30 % auf 16 Milliarden € innerhalb eines Jahres hat die Branche im Jahre 2005 erneut alle Erwartungen übertroffen. Mittlerweile wurden 160.000 Arbeitsplätze in dem Bereich geschaffen. Die Zahlen sind am 16. Februar 2006 im Rahmen der Jahreskonferenz „Erneuerbare Energien“ in Berlin gemeinsam vom Bundesumweltministerium und der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare-Energien-Statistik vorgestellt worden.
Schon heute sind die erneuerbaren Energien unverzichtbar für die deutsche Energieversorgung. Ein nationales Energiekonzept muss bei erneuerbaren Energien als Basis für eine dauerhaft sichere und kostengünstige Energieversorgung ansetzen.
Vor allem im Bioenergiebereich war 2005 das Jahr der bisher stärksten Entwicklung. Die Produktion von Biogasstrom und Biokraftstoffen wurde verdoppelt. Welch andere Branche kann das vorweisen? Auch der Absatz von Holzpellets für Gebäudeheizungen wurde um 100 % gesteigert. Das ist eine richtige und kluge Antwort der Menschen auf die hohen Ölpreise.
Insgesamt machen erneuerbare Energien laut Statistik beim Stromverbrauch über 10 %, bei der Wärmenutzung 5,4 % und bei Kraftstoffen 3,4 % aus. Nach internen Branchenschätzungen des BEE liegen die Werte sogar noch höher.
Um den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien abzusichern und zu beschleunigen, ist das angekündigte Gesetz zur Förderung von Wärme aus erneuerbaren Energien das dringendste und wichtigste Instrument, das auf den Weg gebracht werden muss.
Die immer neuen Ölpreisrekorde in den Jahren 2000 bis 2004 haben die Volkswirtschaften der Europäischen Union sage und schreibe 400 Milliarden $ gekostet. Das rechnete der Wirtschaftswissenschaftler Shimon Awerbuch von der britischen University of Sussex den Teilnehmern der Jahreskonferenz „Erneuerbare Energien“ in Berlin vor. Dieser Betrag sei höher als die Ausgaben, um das EU-Ziel für erneuerbare Energien für das Jahr 2020 zu erreichen. Dieses sieht vor, den Anteil von Wind-, Wasserkraft, Bio- und Solarenergie sowie Geothermie am EU-Energiemix auf 20 % zu erhöhen.
Bei der dauerhaften Verdopplung des Ölpreises rechnet der Wirtschaftswissenschaftler aus Großbritannien zudem mit ernsthaften Schäden für die Volkswirtschaften der Industrieländer. Allein in Deutschland würde das Volkseinkommen bei einem Ölpreis jenseits von 100 $ je Barrel um mehr als 8 % sinken - das entspricht einem Betrag von jährlich etwa 200 Milliarden €. Um derartige Risiken und deren Kosten zu reduzieren, müssen die Industrieländer ihren Energiemix auf einen möglichst hohen Anteil erneuerbarer Energien umstellen. Das gelingt nur dann, wenn auch Schwung und Engagement dahinter stehen.
Auf nationaler Ebene reduziert diese Umstellung die Importabhängigkeit von Öl und deren Konsequenzen. International trägt sie dazu bei, dass Konflikte um fossile Energierohstoffe verringert werden.
Bei der gegenwärtigen Entwicklung wird sich die Importquote von Öl in der EU von derzeit 76 % auf 92 % im Jahr 2015 erhöhen. Das bedeutet neue Abhängigkeiten, entweder von Russland oder vom Nahen Osten, auf jeden Fall Mehrkosten an der falschen Stelle für die Menschen in unserem Land.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da das Erdöl zu 60 % benötigt wird, um Benzin und Diesel für Autos herzustellen, ist die Frage der Entwicklung neuer Antriebskonzepte ein entscheidender Schlüssel. Ich habe gestern schon darauf hingewiesen: Selbst George Bush in den USA hat das erkannt. Schweden hat für sich das sehr ehrgeizige Ziele gesetzt, bis zum Jahr 2020 seine Energieversorgung vom Öl unabhängig zu machen.
Wo sind diese Ziele, wo ist dieses Engagement bei der Landesregierung? Der Bericht der Landesregierung ist eher lieblos und technokratisch. Es fehlt die Begeisterung für die tollen Rahmenbedingungen des Landes. Schleswig-Holstein ist in der Tat voller Energie, es ist bei erneuerbaren Energien stark und wir können noch stärker werden. Aber wo sind die klaren Ziele, die man sich setzt, an denen man die Landesregierung im Nachhinein überprüfen kann, feststellen kann, ob sie diese Ziele erreicht hat? Bisher Fehlanzeige!
Die rot-grüne Koalitionsvereinbarung vom März 2005, die ein guter Vergleichsmaßstab ist, ging davon aus, dass bis 2010 50 % des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien erzielt werden
könnte. Wo ist eine vergleichbare Zielsetzung bei der schwarz-roten Koalition? - Fehlanzeige!