Ingrid Hack
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Zweierlei voranschicken, lieber Herr Kollege Tenhumberg, lieber Bernhard. Ob das ein „unfreundlicher Akt“ war, darüber kann man sehr lange streiten. Ich bin sehr froh, dies ebenso wie einige andere Dinge klarstellen zu können, die in der Rede unseres Ministers zur Sprache gekommen sind.
Es gab diese Arbeitsgruppe. Ja, richtig. Ich frage einmal schlicht und ergreifend: Warum ist dabei nichts herausgekommen? Warum haben denn nicht beispielsweise die Regierungsfraktionen die Initiative für einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen ergriffen? Sind die Themen, die jetzt sowohl in unserem Antrag als auch in Ihrem Entschließungsantrag stehen, denn so kompliziert, dass das in die zweite Legislaturperiode hätte hineingehen müssen? Das scheint es offenkundig nicht zu sein.
Zur Abfolge! Ich weiß es nicht, liebe Andrea Asch, wie du es gemeint hast, unterstelle aber einmal, dass du es nicht so gemeint hast, wie es Minister Laschet unterstellt. Es war der erste Antrag, der außerhalb dieser Reihe von CDU und FDP vorgelegt wurde und sich ausschließlich auf die Schützen und deren gute Arbeit für Tradition und Brauchtum bezog, womit ihr – ich formuliere es einmal so salopp; es sei mir verziehen – aus der Reihe tanzt und gar nicht erst die Möglichkeit in Erwägung gezogen habt, das zusammen zu machen. Das wäre für sämtliche Bereiche, über die wir im Zusammenhang mit dem Ehrenamt hier sprechen, ein viel, viel stärkeres Signal dieses Hauses in das Land hinaus gewesen.
Als Nächstes gab es – ich sage das auch einmal in Anführungsstrichen – den „Karnevalsantrag“. Dort war es in Person von Liesel Koschorreck unser Bemühen, dass daraus ein gemeinsamer Antrag entstehen konnte, der bei den Karnevalsvereinen große Resonanz und Freude über deren Wertschätzung hervorrief. – So weit die Abfolge, die ich deutlich klarstellen möchte.
Bitte.
Lieber Kollege Tenhumberg, dieses Verfahren ist mir bekannt. Trotzdem frage ich nach: Warum ist es nicht abgestimmt worden? Warum dauert das von September bis jetzt so lange? Welche Bemühungen hat Ihre Fraktion ergriffen, um das auf den Weg zu bringen, wenn es jetzt so dringlich ist, hierzu einen Entschließungsantrag zu formulieren. Nach meinem Dafürhalten habe ich die Frage beantwortet.
Ich kann das, was Minister Laschet vorhin zur Bemerkung von Herrn Witzel zu „Privat vor Staat“ im Zusammenhang mit dem Ehrenamt gesagt hat, nur unterstützen. Das ist eine wirklich komplett andere Baustelle, Herr Witzel. Das haben Sie, glaube ich, nicht verstanden. Ihr „Privat vor Staat“ ist etwas komplett anderes als das, was ziemlich alle, die hierzu gesprochen haben, unter Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement verstehen. Das ist eine Bereicherung für den Staat und für unser Zusammenleben in diesem Land.
Das ist eine Bereicherung für unseren Staat, für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft, eben nicht ein Ausplündern, indem man sagt, da müssten die Privaten ran, nur die Privaten sollten sich bereichern. Das ist ein fundamentaler Unterschied zu unserer Ehrenamtsauffassung. Das will ich deutlich sagen.
Ich habe Ihnen sehr gut zugehört.
Sie haben ja vielleicht auch noch Redezeit, Herr Witzel. Sorry!
Ich möchte noch drei Punkte in Ergänzung zu dem, was meine Kollegin Frau Koschorreck gesagt hat, zu unserem Antrag hinzufügen und – es wird wenig überraschen – an die Enquetekommission „Chancen für Kinder“ erinnern, in der wir im Zusammenhang mit nonformaler Bildung die ehrenamtliche Arbeit sowohl von in der Jugendhilfe Tätigen als auch von Schülerinnen und Schülern selbst im Rahmen von Bildungseinrichtungen thematisiert haben.
Damals haben wir gemeinsam festgestellt, dass beide Institutionen ihr Wirken verändern müssen, wenn es ehrenamtliches Mitarbeiten in der Schule – natürlich nicht als Ersatz für die Profis – gibt. Dafür – das haben wir auch gesagt – ist Unterstützung notwendig, und zwar sowohl um die Fachkräfte vorzubereiten als auch die Ehrenamtlichen in der Zusammenarbeit mit Schulen und Jugendhilfe vorbereiten zu können.
Wir haben weiterhin – das ist Handlungsempfehlung 6.5 – festgestellt, dass die JugendleiterCard, die JuLeiCa, in Nordrhein-Westfalen wesentlich weniger verbreitet ist als in anderen Bundesländern. Wir empfahlen gemeinsam einen vereinfachten Zugang zu diesem Instrument und gezielte Werbung dafür. Auch dort gab es also noch einen weiteren gemeinsamen Ansatzpunkt.
Sie fordern – das kam in sämtlichen Reden zum Ausdruck – die Prüfung von Verwaltungs- und anderen Vorschriften, die bürgerschaftliches Engagement eventuell erschweren. Unseren Antrag, vor allem für Bildungseinrichtungen getätigte Zeitspenden den Sachspenden gleichzustellen, haben Sie jedoch seinerzeit aus vielerlei Gründen abgelehnt. Ich will hier nur nochmals daran erinnern, dass es mit einer Gleichstellung durchaus zu einer Motivation für das Ehrenamt kommen und ein bürokratisches Hemmnis abgeschafft werden könnte. Ich erinnere auch daran, dass insbesondere von den Kollegen der FDP-Fraktion in der Ausschusssitzung, in der wir das thematisiert haben, die Ankündigung kam, das auf Bundesebene bei steuergesetzlichen Reformen, die offenkundig geplant sind, zu berücksichtigen. Daran möchte ich noch einmal deutlich erinnern.
Ein letzter Punkt: Der Abbau bürokratischer Hemmnisse für ehrenamtlich Tätige kann ganz wesentlich mit Hilfe hauptamtlicher Koordination erfolgen. Das haben wir in zahlreichen Anhörungen immer wieder wahrgenommen, sei es beim Thema „Migration und Alter“ oder bei der Anhörung zum Thema „Altersdiskriminierung beseitigen“.
Lassen Sie mich noch einen allerletzten Punkt ansprechen: Herr Witzel, Sie haben konkret die Frage gestellt, wie wir junge Leute für das Ehrenamt gewinnen können. Ich will noch einmal deutlich auf die Forderung in unserem Antrag hinweisen: Wenn wir verlässliche Planungen und Zahlen – ob auf Bundes- oder auf Landesebene – für den Ausbau der Jugendfreiwilligendienste auf sämtlichen uns als Land möglichen Ebenen vorlegen können, ist das, so denken wir, eine passable Antwort auf diese ganz konkrete Frage. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich hier nicht zu zukünftigen Mehrheitsverhältnissen äußern. Das Thema dieses Tagesordnungspunktes ist ein anderes.
Dann können wir bestimmt über alles Mögliche reden. Sie tun das jetzt schon. Das zeigt eine gewisse Unruhe.
Das Thema der heutigen Debatte sind die Große Anfrage der Fraktion der Grünen zum Thema „Jugendliche in Nordrhein-Westfalen … „ und die Antwort der Landesregierung. Die Landesregierung geht ganz richtig – der Kollege Walter Kern hat das auch in weitem Maße getan – an zahlreichen Punkten auf die Situation von Kindern ein. Immerhin ist das, was mit Kindern in unserem Land passiert, Grundlage für das, was jugendpolitisch geschehen kann und wie Kinder und Jugendliche aufwachsen.
Die Antwort geht auf die frühe Bildung, Betreuung und Erziehung in Nordrhein-Westfalen ein sowie auf die Bemühungen der Landesregierung, NordrheinWestfalen nach dem 2005 ausgerufenen Plan zum kinderfreundlichsten Land zu machen.
Die Antwort auf die Anfrage nennt eine Vielzahl von Initiativen, Projekten, Begonnenem und Durchgesetztem, alles dem Ziel dienend – ich zitiere –, den Zugang zu Bildung unabhängig von Herkunft und Geschlecht zu ermöglichen und soziale und individuelle Benachteiligungen abzubauen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierung und der Regierungsfraktionen, ist Ihnen mit Ihrer Kinder- und Jugendpolitik nun wirklich nicht gelungen.
In mancherlei Hinsicht haben Sie das Gegenteil erreicht.
Zum Ersten. Auch wenn es hier schon unzählige Male nicht nur von uns als Opposition, sondern auch von vielen weiteren Akteuren im Lande thematisiert wurde und Sie ebenso oft widersprochen haben: Der Zugang zu Bildung unabhängig von der Herkunft wurde durch Ihr Regierungshandeln aktiv erschwert und verschlechtert.
Ich will ein Beispiel nennen. Bei den Jüngsten in unserem Land hängt es vom Wohnort der Eltern ab, welche Kosten für frühe Bildung anfallen. Ihnen ist eben nicht jedes Kind gleich viel wert, sondern Sie haben mit Ihrer Elternbeitragsregelung den Wettbewerb unter den Kommunen ausgerufen und verletzen damit aus unserer Sicht eklatant und dauerhaft den Grundsatz, für gleiche Lebensbedingungen im Land Sorge zu tragen.
Ähnliche Folgen haben Sie – so viel steht inzwischen fest – mit den Finanzierungsregelungen des KiBiz hervorgerufen. Bei den Trägern sind inzwischen Gewinner und klare Verlierer auszumachen: große gegen kleine Träger, solche in sozialen Brennpunkten gegen solche, die in noch relativ unkomplizierten Sozialräumen agieren, Träger mit jungen Belegschaften gegen Träger, die langjährige, erfahrene Kräfte beschäftigen.
Diese Reihe der Gegensätze ließe sich noch fortsetzen.
Die Freie Wohlfahrtspflege, Herr Laschet, äußert sich dazu anders, und das wissen Sie.
Aus unserer Sicht auch hier von unabhängigem Zugang zu Bildung – das ist Ihre Zielsetzung, die Sie beschreiben – keine Spur!
Vergleichbares, liebe Kollegen, müssen wir übrigens bei der Ausstattung der OGS feststellen. Die kommunale Kassenlage entscheidet auch hier nämlich ganz wesentlich darüber, wie vielfältig und wie nachhaltig das Bildungsangebot ist. So sind beispielsweise im Regierungsbezirk Düsseldorf unterschiedliche Finanzierungshöhen für eine OGSGruppe zwischen 30.750 € und 68.000 € – hier möchte ich drei Ausrufezeichen machen – zu finden.
Auch wenn wir hier unendliche Schuldebatten geführt haben, möchte ich Ihnen eines nicht ersparen: Von einzelnen Maßnahmen abgesehen, trägt Ihr Beharren auf dem selektiven System in weiterführenden Schulen ganz wesentlich dazu bei, den Zugang zu Bildung abhängig von der sozialen Herkunft zu belassen.
Ich möchte zurück zur frühen Bildung kommen. Zahlreiche Ihrer Vorhaben und Neuerungen betreffen die Fachkräfte, das Personal in den Einrichtungen und stellten oder stellen sie nach wie vor vor neue Aufgaben, vor allem durch die Öffnung der Kitagruppen für zweijährige Kinder – dieser Aspekt bleibt in Ihrer Antwort leider unerwähnt, aber das war auch nicht der Schwerpunkt –, aber auch durch den erweiterten Kinderschutz oder den Bereich der Partizipation von Kindern und ihren Eltern, die Sprachstandserhebung, die Familienzentren usw.
All diese Aufgaben haben eines gemein: Sie erfordern Zeitressourcen ebenso wie viele der ja ganz zu Recht gewünschten oder geforderten Weiterbildungsaktivitäten der Fachkräfte. Aber diese Zeitressourcen – das haben wir hier auch hinlänglich besprochen – sind gerade mit dem KiBiz vielerorts verringert worden, und zwar, wie wir wissen, oft zulasten der Qualität der Arbeit und damit zulasten der Kinder. Sie werden dazu sicherlich immer andere Informationen haben; offensichtlich ist NRW da informationspolitisch zweigeteilt.
Ich möchte es noch einmal betonen: Wir haben immer Ja gesagt zu Neuerungen, zu Innovationen und zum Fortschritt in diesem fundamentalen Bereich unserer Bildungspolitik, aber nicht zu der Art und Weise, in der Sie das seit 2005 zum wiederholten Male angegangen sind. Sie haben das System der frühen Bildung in sehr kurzer Zeit grundlegend geändert bzw. ändern wollen, ohne die zahlreichen Akteure – die Eltern und ihre Kinder, die Fachkräfte, die Träger, die Kommunen – ausreichend darauf vorzubereiten.
Die haben das unterschrieben, richtig. Aber die Kritik, die im Laufe dieses Prozesses kam, haben auch Sie, Herr Minister, wahrgenommen. Wir können sicherlich alle miteinander gespannt sein, was spätestens bei der Evaluation herauskommen wird.
Ich weiß das nicht, aber Sie kündigen diese an und geben uns vorher nicht die Möglichkeit, Dinge zu evaluieren.
Ich möchte zum zweiten Punkt kommen. Ihre in der Antwort auf die Große Anfrage zitierte Zielsetzung von Kinder- und Jugendpolitik, soziale und individuelle Benachteilungen abzubauen, haben Sie nicht erreichen können. Individuelles Fördern, individuelle Lebenslagen und Chancen verbessern erreicht man eben nicht durch Pauschalen und durch Gleichbehandlung. Das gilt insbesondere für arme Kinder in Nordrhein-Westfalen – darüber wird an diesen Plenartagen ja noch zu reden sein –, das gilt aber auch
für das Instrument der weder kindgerecht noch individuell geplanten Sprachstandserhebungen.
Ein Weiteres: Sie beschreiben die Funktion und Arbeit der Familienzentren im Rahmen der ganz richtig erkannten notwendigen Weiterentwicklung und Bündelung möglichst früher und umfassender Hilfen für Eltern und ihre Jüngsten. Hoch engagiert haben sich Leitungen und Teams mit externen Partnern auf den Weg gemacht, die anspruchsvolle Zertifizierung zu erreichen. Viele stellen inzwischen aber fest, dass bei der derzeitigen Finanzierung sowohl die eigenen als auch die Ressourcen der externen Partner nicht ausreichen. Familienberatung und Familienbildung – um nur zwei Beispiele zu nennen, die Sie in Ihrer Antwort erwähnen – können eben nicht beliebig ausgebaut werden, wenn durch ein ohne Zweifel verbessertes Angebot auch die Nachfrage danach zunimmt.
Aus der Praxis vieler Familienzentren, aber auch aus unseren Anhörungen hier im Hause wissen wir, dass die 12.000 € Landesförderung natürlich eine willkommene, aber eben nicht bedarfsgerechte Unterstützung sind.
Kurz: Sie haben vieles begonnen und in der Landschaft der frühen Bildung viele Baustellen aufgemacht, von denen sich einige aber als unterfinanziert oder schlecht durchdacht oder beides erweisen. Aus unserer Sicht ist dies keine gute Grundlage für das gedeihliche Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen. Um Ihre Replik vorwegzunehmen, dass es viele dieser Instrumente zu rot-grüner Zeit gar nicht gab, stelle ich fest:
Beruhigen Sie sich.
Hier und heute geht es um Ihre Kinder- und Jugendpolitik, um die fünf Jahre Ihrer Regierungszeit und um die Umsetzung Ihrer Versprechen und Ihrer Ansprüche. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Auch wenn die sogenannte Koalition der Erneuerung jetzt Schiffchen und Paddel aufs Wasser setzt – ich kann zu diesem Antrag wie folgt Stellung nehmen: Der Antrag, der hier zur Debatte steht, fordert erstens die Landesregierung zu Selbstverständlichkeiten auf und – was noch schlimmer ist – fällt zweitens hinter bereits vorliegende Erkenntnisse zurück.
Zum Ersten. Bei einem für die frühe Bildung so grundlegenden Vorhaben wie der Erstellung eines Bildungsplans für null- bis zehnjährige Kinder erwarten ich und meine Fraktion selbstverständlich einen breiten Dialog der Regierung mit allen Beteiligten. Bedenklich ist, wenn Sie das einfordern und in einen Antrag packen müssen.
Es ist sehr interessant, dass auch die Berücksichtigung von Best-Practice-Modellen explizit gefordert werden muss. Das könnte darauf hindeuten, dass derlei für die Regierung zurzeit kein übliches Handeln ist.
Ihre dritte Forderung – die wissenschaftliche Begleitforschung – ist auch nichts weiter als selbstredend. Also: Wozu eigentlich dieser Antrag? Wurde der aufgrund der bevorstehenden Wahl und der auf Ihrer Seite dazu notwendigen Suche nach Themen und Profilierung erstellt? Ich weiß es nicht. Vielleicht wissen Sie es als Regierungsfraktionen besser.
Zum Zweiten. Der Antrag hinkt dem Erkenntnisstand, den wir in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus inzwischen erwerben konnten, deutlich hinterher. Die Enquetekommission „Chancen für Kinder“ hat eine Vielzahl von Expertisen und Handlungsempfehlungen für die Verbesserung und die Aktualisierung der frühen Bildung und auch der Primarstufe erarbeitet. Einige Elemente waren bereits Gegenstand von Anträgen hier im Hause.
Fordern Sie die Landesregierung doch auf, die Kommissionsempfehlungen – wie seinerzeit bei der Vorstellung des Berichts versprochen – zu berücksichtigen und abzuarbeiten. Dann wären wir sicherlich an Ihrer Seite. Aber leider erwähnen Sie in Ihrem Antrag diesen Bericht noch nicht einmal. Sie übernehmen auch nicht die Empfehlungen der Kommission beispielsweise zur Konkretisierung der vorliegenden Bildungsempfehlung zur Sprachförderung oder zu den besonderen Anforderungen an die Arbeit mit unter Dreijährigen, um diese als Forderung zu erneuern. Diese Chance haben Sie vertan.
Auch wenn die Bildungsempfehlung nicht Gegenstand der Debatte im engeren Sinne ist, erlauben Sie mir einige Bemerkungen zum Entwurf an sich: Sie erfüllt unsere Erwartungen bislang nur zum Teil. Der vorliegende Entwurf führt beispielsweise für die Arbeit mit Kindern unter drei eine Reihe von Bedingungen auf, die weitgehend zutreffend die besonderen Anforderungen beschreiben. Es fehlen aber konkrete Inhalte wie die zum Beispiel von der Enquetekommission empfohlenen Bildungsziele für null- bis dreijährige Kinder. Nachzulesen ist das im Handlungsfeld 4.
Ein Weiteres: Der Entwurf erläutert wichtige Elemente einer für das Kind gelingenden Sprachentwicklung. Ich zitiere: Kinder entwickeln Freude an Sprache und Sprechen, wenn ihre sprachlichen Handlungen in sinnvolle Zusammenhänge gestellt sind und wenn die Themen ihre eigenen Interessen berühren. Je bedeutsamer sie für das Kind sind, umso stärker ist der Impuls, sich hierüber anderen mitzuteilen. Voraussetzung ist, dass sie sich als Person angenommen fühlen. – So weit der Entwurf!
Obwohl seit der Einführung des Testverfahrens Delfin 4 die Kritik daran nicht abreißt, lässt der Entwurf es schlicht bei der Erwähnung des Tests bewenden. Ich erinnere an die jüngste Sitzung des Generationenausschusses, in der uns ein Bericht mit vielen konstruktiven Ergebnissen über das Projekt FÖRMIG vorgestellt wurde. Auch dieser Bericht erläutert zentrale Anforderungen an Sprachentwicklung und -förderung. Sie muss – ich zitiere – durchgängig sein. Sie hat nur dann nachhaltigen Erfolg, wenn sie auch nach der Einschulung noch fünf bis sieben Jahre andauert.
Nahezu wortgleich ist dies als Handlungsempfehlung 4.3 im Bericht der Enquetekommission nachzulesen. Vor dem Hintergrund, dass es für den Schulbereich nun diese gesicherten Erkenntnisse gibt und sie für den Elementarbereich im Entwurf der Empfehlungen zumindest formuliert werden, erwarten wir, dass das endlich zusammengeführt wird, wenn es um die Bildungsförderung von Kindern im Alter von null bis zehn Jahren geht.
Als dritten Aspekt möchte ich die Übergänge ansprechen, die das Kind in unserem derzeitigen System während der ersten zehn Lebensjahre zu meistern hat. Auch zu diesem Thema bleibt der Entwurf der Bildungsempfehlung hinter den Ergebnissen der Kommission zurück, die für den Übergang Kita/Schule konkrete Vorschläge – beispielsweise Bildungs- und Lehrplanabstimmungen, gemeinsames Arbeiten der Beschäftigten beider Bereiche, gemeinsame Fortbildungen – machen. In Bezug auf den Übergang von der Grundschule zur Sekundarstufe I verharrt der Entwurf bedauer
licherweise bei der – ich zitiere – Förderung entsprechend der Begabung und beim – ich zitiere wieder – hilfreichen Wissen um die Durchlässigkeit im NRW-Schulsystem.
Wir alle aber kennen die Statistiken – sie waren hier hinreichend oft Thema –, nach denen diese Durchlässigkeit neun von zehn Kindern in eine Schule mit einem weniger anspruchsvollen Abschluss führt.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Für alle diese Themenbereiche, die ich angesprochen habe, gilt, dass mit dem KiBiz und anderen Elementen der Regierungspolitik derzeit die Umsetzungsmöglichkeiten und die Rahmenbedingungen in vielerlei Hinsicht nicht gegeben sind. Wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen. -Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Besuchertribüne! Als der heute zur Abstimmung stehende Antrag der Grünen-Fraktion vor – das haben wir schon gehört – mehr als einem Jahr eingebracht wurde und der ebenfalls heute zu debattierende Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen im Oktober 2008 folgte, war leider beiden gemein, dass ihre Urheber den nur wenig später veröffentlichten Bericht der Enquete-Kommission „Chancen für Kinder“ nicht abwarten konnten.
Das haben meine Fraktion und ich seinerzeit bedauert – und das tun wir heute noch –, war doch damit aus unserer Sicht die Chance vertan, den konsensualen Bemühungen in einem der zumindest nach unserer Auffassung wichtigsten Themen der derzeitigen Legislaturperiode, nämlich der frühen Bildung, in diesem Hause gemeinsam Bedeutung zu verschaffen. Aber ebenso wie der Enquetebericht – darauf komme ich später noch zurück – hat der Grünen-Antrag nichts an Aktualität eingebüßt; das ist auch gut so.
Die FDP meint allerdings – ich zitiere aus dem Protokoll des Ausschusses für Generationen, Familie und Integration vom 18. Juni dieses Jahres –:
Insofern passe der Antrag der Grünen-Fraktion nicht zu der Situation im Land und werde deshalb abgelehnt.
Ihr Entschließungsantrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungsfraktion, passt da sicherlich besser. Er erschöpft sich nämlich aus unserer Sicht weitestgehend in der Beschreibung der Situation im Land.
Der Kommissionsbericht „Chancen für Kinder“ gibt ausführliche Handlungsempfehlungen für das Ausbildungs- und Berufsfeld pädagogischer Fachkräfte. Daneben konnten wir – das wurde bereits erwähnt – mit einer Anhörung zum Grünen-Antrag die Anforderungen an Fachkräfte in der frühen Bildung aus der Sicht von Wissenschaft und Praxis noch konkreter benennen.
Die Enquetekommission hat – wohlgemerkt im Konsens; ich werde nicht müde, das zu betonen – festgestellt – ich zitiere –:
Die veränderte Bedeutung des Bildungsauftrags im Elementarbereich erfordert eine entsprechende wissenschaftliche Qualifikation des pädagogischen Personals in der Erstausbildung und in Fort- und Weiterbildungen.
Außerdem heißt es, dass „die neuesten Erkenntnisse“ aus relevanten Forschungsbereichen „Eingang in die Aus- und Fortbildung finden und konsequent berücksichtigt werden“ müssen.
Konkrete Instrumente, mit denen diese – ich sage es noch einmal – im Konsens getroffenen Empfehlungen umgesetzt werden können, nennt Ihr Entschließungsantrag leider nicht; diese Gelegenheit
haben Sie verpasst. Zudem bleiben Sie beim Thema „Qualifikation von Tagespflegepersonal“ noch hinter der gemeinsamen Empfehlung der Kommission zurück, wenn Sie ganz schlicht Maßnahmen zur besseren Qualifizierung erarbeiten wollen. Die Kommission konnte sich bereits auf das DJICurriculum für Tagespflege als Grundlage einigen. Angesichts der Bedeutung, die Ihre Ausbaupläne der Tagespflege beimessen, ist dieser Rückschritt aus unserer Sicht bedauerlich.
Die eine konkrete Maßnahme, die die Landesregierung mit der Weiterbildungsverpflichtung für die Kinderpflegerinnen in Angriff genommen hat, die in der Zielsetzung, wohlgemerkt, richtig war, sorgte aufgrund der Rahmenbedingungen – ich nenne nur die Stichworte Zeitschiene, Kommunikation, Kostenträgerschaft – zunächst einmal wieder für große Verunsicherung, für Sorge und Ärger bei den betroffenen Kräften und musste eiligst nachgebessert werden. Den Schilderungen von Frau Milz kann ich nicht ganz zustimmen. Und die Verbesserung der Qualifikation des vorhandenen Personals darf zukünftig keinesfalls so weitergehen.
Im Grünen-Antrag wird gefordert – ganz richtig –, finanzielle Rahmenbedingungen für die Einstellung von Personal mit Hochschulabschluss zu schaffen. Zu diesem Aspekt findet sich in Ihrem Entschließungsantrag keine Silbe. Das KiBiz als Qualifikations- und Personalvereinbarung wird erwähnt. Mehr nicht! Nach nunmehr einem Jahr Gültigkeit des Kinderbildungsgesetzes wissen wir allerspätestens, dass die finanziellen Rahmenbedingungen, die Kindpauschalen, für eine Vielzahl von Anforderungen unzureichend sind, auch für eine nennenswerte Beschäftigungsquote akademisch Ausgebildeter. Übereinstimmend formulierten dies auch die Stellungnahmen zur Anhörung im Januar dieses Jahres. Es erfordert aus unserer Wahrnehmung – auch das hat die Enquetekommission geschildert – besondere Ressourcen für die Arbeit mit unter Dreijährigen, und das sind theoretische Kenntnisse, also Wissen, Zeit und Geld. Auch dazu hat sich die Kommission aus meiner Sicht sehr praxisnah geäußert.
Der einzige Vorteil – auch wenn ich nun der folgenden Abstimmung vorgreife – an dem zu erwartenden Beschluss des Entschließungsantrages ist, dass wir in relativ kurzer Zeit einen Sachstandsbericht der Landesregierung über die Qualitätssicherung in den Einrichtungen und die Schritte, die Sie dorthin unternehmen, bekommen. Denn bislang können wir dies in Ihrem Handeln noch nicht zielführend erkennen. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank. – Herr Minister, Ihren bisherigen Antworten konnten wir entnehmen, dass Herr Dr. Rüttgers als Parteimitglied bzw. als CDU-Funktionär an unterschiedlichen Veranstaltungen teilgenommen hat, unter anderem auch in Duisburg, wo die hier zur Rede stehenden umstrittenen Äußerungen gefallen sind. Ist daraus zu schließen, dass die von Ihnen so bezeichnete Entschuldigung, die nach Ihren Ausführungen in mehrerer Hinsicht anerkannt und angenommen wurde, auch von Herrn Dr. Rüttgers als CDU-Mitglied kam? Oder warum sind jetzt die Staatskanzlei des Ministerpräsidenten und mehrere öffentliche Ämter damit befasst?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne! Herr Jarzombek, ich bin wirklich sehr dankbar – er ist schon weg; das ist schade –, dass er uns erläutert hat, warum er zu diesem Punkt spricht. Denn ich kann mich erinnern: Nach der Kinderbildungsgesetz-Einführungsrede ward er hier nicht mehr gesehen, weil er da mit seiner Einschätzung ein bisschen daneben lag. Aber er hat es jetzt selber erklärt. Ich finde es bedauerlich, dass sich der Arbeitskreis so entscheidet. Aber wir werden ja noch Frau Kastner dazu hören.
Herr Lindner, Sie haben das Thema in Ihrem sachlich und fachlich wunderbaren Beitrag gut erläutert. Dafür vielen Dank!
Ich kritisiere allerdings: Warum sind die personellen Einschnitte von 1998/99, wenn Sie die so fürchterlich fanden, bis heute nicht zurückgenommen worden?
Die Gelegenheit hätten Sie ja seit 2005 gehabt.
So viel wollte ich zu meinen Vorrednern sagen.
Ich lasse keine Zwischenfrage zu. Wir können uns sicherlich irgendwann einmal darüber unterhalten.
Ich möchte vorwegschicken – das ist bereits erwähnt worden –, dass wir uns über die angemessene Höhe der Kindpauschalen in diesem Hause nicht zum ersten Mal unterhalten. Unsere Meinungen dazu gehen garantiert auseinander. Herr Minister,
Sie haben das gerade angesprochen. Auch darüber gab es ja durchaus unterschiedliche Debatten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der in der Zielsetzung von uns unterstützte Antrag der GrünenFraktion hält eine Orientierung der Pauschalen bzw. ihre Steigerung an Tarifabschlüssen für erforderlich. Nur der Klarheit halber: Die Kindpauschalen und auch ihre Anhebungen müssen sich an dem orientieren, was frühe Bildung erfordert. Dabei sind gut bezahlte Fachkräfte ein ganz wichtiger Aspekt. Auch diese Feststellung und Forderung hören wir in der gesamten Debatte nicht zum ersten Mal.
Ebenfalls nicht neu ist grundsätzlich die Forderung nach besserer Bezahlung dieser Fachkräfte. Die vielfältigen Argumente sind ja mehrfach genannt worden: die Anpassung an die zweifellos gestiegenen Anforderungen im Erzieher(innen)beruf, die Würdigung dieser Arbeit in einem eigenständigen Bildungsbereich, nämlich der frühen Bildung, und damit bei gleichzeitiger schrittweiser Verbesserung der Ausbildung und auch der Aufstiegsmöglichkeiten eine Angleichung an pädagogische Kräfte und ihre Entlohnung im Schulbereich.
Schließlich wird – auch das wurde erwähnt – die bessere Bezahlung der im Erzieher(innen)beruf Tätigen oft als Anreiz und geradezu als Rettungsanker betrachtet, um endlich mehr Männer für diesen ja finanziell völlig unterbelichteten Bereich zu gewinnen. Dazu kann ich nur sagen: Geschenkt! Dieses scheinbare Argument berücksichtigt die Erfordernisse der frühen Bildung ebenso wenig, wie es die Lage der jetzt tätigen Frauen verbessert. Dann stellen wir, um das Problem zu lösen, vielleicht demnächst einen Antrag auf schlechtere Bezahlung beispielsweise von Chefärzten, damit endlich mehr Frauen in diesen Beruf kommen. Das wäre ja vielleicht eine Idee.
Meine Damen und Herren, wir haben in der Enquetekommission „Chancen für Kinder – Rahmenbedingungen und Steuerungsmöglichkeiten für ein optimales Betreuungs- und Bildungsangebot in Nordrhein-Westfalen“ zahlreiche Empfehlungen zum Personal in den Kindertageseinrichtungen und zu seiner Bezahlung gegeben. Diese Kommission hat sich, wie wir alle wissen, sehr ausführlich mit dem Bereich der frühen Bildung auseinandergesetzt. Das wurde seinerzeit auch von Minister Laschet ausdrücklich gewürdigt.
Natürlich fällt es Ihnen, Herr Minister, nicht schwer – das haben wir vorhin deutlich hören können –, zu fordern, die Leistung der Erzieher/-innen müsse besser gewürdigt werden. Das hört sich einfach gut an. Bezahlen müssen es aber andere. Sie stellten hier bereits mehrfach diese Forderung auf – auch in Ihrer Rede vorhin –, mehr noch, Sie stellten sie der Forderung nach Beitragsfreiheit für den Kita-Besuch entgegen und machten uns genau wie vorhin wie
der klar, dass man eben nicht alles gleichzeitig machen könne und man sich entscheiden müsse.
Sie haben sich aber offenkundig entschieden, in keinem Bereich etwas zu verbessern, auch nicht auf dem Weg zur Beitragsfreiheit. Mit den ungedeckelten Elternbeiträgen im Lande, die zum Teil um Hunderte Euro differieren, haben Sie die allermeisten Kommunen – Ausnahmen bestätigen die Regel –, die das jetzt ja tragen müssen, weit von diesem Weg abgebracht.
Sie haben sich offenkundig auch entschieden, auf dem Weg zur besseren Bezahlung der Fachkräfte nichts zu unternehmen bzw. unternehmen zu lassen – Sie haben vorhin ausgeführt, da würden wir uns nicht einig –, weil aus unserer Sicht auch die Kindpauschalen nicht ausreichen.
Unser umfassender Änderungsantrag, den wir zum ersten Nachtragshaushalt 2009 eingebracht haben und der unter anderem eine deutliche Erhöhung der Kindpauschalen zur Verbesserung der Gehälter der Fachkräfte forderte, wurde von Ihnen, den Regierungsfraktionen, seinerzeit natürlich abgelehnt.
Lassen Sie mich nur eines anmerken, meine liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir sprechen glücklicherweise seit einiger Zeit von einer neuen Qualität, von einer neuen Aufmerksamkeit, die der frühen Bildung zuteil wird. Das ist – es wurde hier aus bekannten Gründen gottlob schon häufig thematisiert – richtig und wichtig. Aus bekannten Gründen – ich wollte versuchen, das Herrn Jarzombek auch noch zu vermitteln – war das jahrzehntelang leider anders. Das lag aber bitte schön nicht ausschließlich daran, wie es im nordrhein-westfälischen Landtag mit den Regierungsfarben aussah. Es lag auch daran, welches Familienbild, welches Rollenbild und welches Beschäftigungsbild von Müttern und Vätern in dieser Gesellschaft jahrzehntelang verankert war.
Machen Sie es sich da bitte nicht so einfach! Ich sehe, dass es da in der CDU auch Bewegung gibt. Das erfreut mich auch. Aber es sich so einfach zu machen, ist nicht in Ordnung. Das hat die CDUFraktion auch nicht nötig. Wenn es so wäre, wäre es schlimm genug.
Ich denke – das als letzter Satz –, gute Arbeit braucht gute Bedingungen. Dazu gehört Entlohnung, die Erzieher/-innen in einer anderen, einer besseren Form verdient haben. Wir werden diesem Antrag zustimmen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zu
hörer! Ich staune, was alles nicht verstanden worden ist; darauf komme ich später noch zurück.
Herr Lindner ist leider nicht da. Ich wollte ihm folgenden Hinweis geben: Ich kann mir durchaus viele andere Verfahren vorstellen, um jedes Kind in der Kita zu erreichen und Eltern dazu zu animieren, ihr Kind die Kita besuchen zu lassen. So kann man zum Beispiel anstreben, vorrangig Beitragsfreiheit zu schaffen. Dann landen garantiert alle Kinder in der Kita.
Leider ist er nicht da; vielleicht können Sie es ihm ausrichten, Herr Witzel.
Ich möchte zum wiederholten Male klarstellen: Das Ziel, das mit der Sprachförderung erreicht werden soll, nämlich die Chancenverbesserung für Kinder und ihren Bildungserfolg, ist völlig unstrittig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in unserem Antrag nehmen wir ganz ausdrücklich Bezug auf mehrere Handlungsempfehlungen der Enquetekommission „Chancen für Kinder“; Frau Hendricks erwähnte das ebenfalls. Die Kommission empfiehlt – wohlgemerkt im Konsens – ein aufeinander aufbauendes Sprachförderkonzept vom Eintritt in die Kita an bis zur weiterführenden Schule unter Einbeziehung der integrativen Konzepte der RAA und unter Anerkennung der Mehrsprachigkeit von Kindern als Kompetenz. – Das ist die Handlungsempfehlung 4.3.
Zu dieser Empfehlung sind wir wie zu allen übrigen auch nach eingehender Diskussion gelangt und nicht deshalb, weil der Opposition ein Element der Regierungspolitik nicht passt, Frau Kastner. Das haben wir nicht einfach so in den Bericht geschrieben.
Diese gründliche Diskussion in der Kommission ist immer von wissenschaftlicher Expertise begleitet worden. Das ist in Ihrer Fraktion anscheinend nicht verstanden worden. Wir werfen nicht einfach einen Antrag in die Landschaft, weil er uns gerade so einfällt. Wir haben uns vorgenommen, die Enquetekommission ernst zu nehmen, wie es im Plenum angekündigt worden ist.
Es macht mich ziemlich wütend, dass das als irgendein blöder Oppositionsantrag abgetan wird. Das muss ich festhalten.
Die wissenschaftliche Expertise im Zusammenhang mit Sprachstandserhebung und Sprachförderverfahren wurde beispielsweise von Prof. Schäfer in seinem für die Kommission erstellten Gutachten beschrieben. Er kritisierte Folgendes: Das gegenwärtige Verfahren kann nicht das messen,
was Kinder in ihrem alltagsbezogenen Sprachverständnis – und nicht nur hinsichtlich einer isolierten Aufgabenstellung – leisten.
Weiter heißt es:
Es sollte deutlich geworden sein, dass bei Kindern im Alter von vier Jahren noch kein abstrakt begriffliches Sprachverständnis vorausgesetzt werden kann. Das heißt auch, dass sich Kindern dieses Alters Bedeutung vornehmlich in Situationen erschließt, die ihnen sinnvoll erscheinen. Bei dem vorliegenden Verfahren sind vor allem die selbstbewussteren und neugierigen Kinder vielfach damit beschäftigt, nach dem Sinn der Fragestellungen zu suchen und sie antworten dementsprechend. Wenn dann ihre Testantworten nicht den Intentionen des Tests entsprechen, deutet das möglicherweise nicht auf einen Mangel im Sprachverständnis hin, sondern gerade auf eine Gewitztheit dieser Kinder, … einzelnen Testaufgaben einen Sinn abzugewinnen.
Das vorhandene Verfahren missachtet aber nicht nur das in situative Handlungskontexte eingebettete Sprachverständnis der Vierjährigen, … sondern es übergeht auch die sozialen Unterstützungen, die Kinder dieser Altersgruppe benötigen …
Das können beispielsweise Erwachsene sein, also etwa Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, und natürlich andere Kinder.
Auf derlei fundierte Analyse von Wissenschaftlern gründen die konsensual beschlossenen Handlungsempfehlungen der Enquetekommission.
Meine Damen und Herren, wir können leider nicht entdecken – auch deswegen haben wir diesen Antrag gestellt –, dass das Regierungshandeln in dieser zentralen Frage der frühen Bildung – das haben alle Vorredner betont – entsprechend den Empfehlungen der Kommission auch nur ansatzweise geändert wird. Das ist außerordentlich bedauerlich, wobei Herr Minister Laschet am 24. Oktober bei der Kommissionsdebatte das so angekündigt hat, dass diese Empfehlungen selbstverständlich in die Arbeit einfließen werden.
Ein weiterer Punkt unseres heutigen Antrages – er wurde bereits mehrfach besprochen – ist die Evaluation des bisherigen Prozesses. Auch dies empfiehlt die Kommission für alle Veränderungen im Erziehungs- und Bildungssystem. Zwar haben wir jede Menge Zahlen, aber was sagen sie aus? Haben wir Daten darüber, dass die Schulanfänger nun sichere Sprachkenntnisse erlangen und bessere deutsche Sprachfähigkeit aufweisen? Wir erwarten, dass wir auch darüber Daten erhalten, wie – das wird auch als Ziel bezeichnet – eine bessere Integration durch das Sprachstandsverfahren und die Förderung er
reicht wird. Dazu hätte es, zumindest aus unserer Sicht, genügend Zeit gegeben.
Zur Zielsetzung: Das sind gut investierte Kosten, wenn sie denn dieser Zielsetzung dienen. Es sind nie die Kosten der kommunalen Ebene einberechnet worden. Auch das ist in Anhörungen und in verschiedenen Ausschusssitzungen bereits thematisiert worden. Auch da erwarten wir Transparenz über die Wirksamkeit und die Wirkung dieser gut investierten Mittel, wenn sie denn dem Ziel dienen.
Heute Morgen ist das Zwischenergebnis der Befragung zum KiBiz in NRW in der Praxis zum Teil erwähnt worden. Nun kann man über die Repräsentativität streiten, wenn man das tun möchte. Aber wenn – ich möchte diesen Hinweis geben – im Bereich Sprachförderung zwischen 40 und 50 % der antwortenden Betroffenen – Eltern, Erzieherinnen, also diejenigen Erwachsenen, die mit den Kindern zu tun haben – verneinen, dass es mit der Sprachförderung jetzt besser geht, sollten Sie das, meine ich, nicht einfach abtun und sagen, diese Studie ist sowieso nicht repräsentativ, sie bringt überhaupt nichts, darüber gehen wir einfach weg. Nehmen Sie sie bitte als weiteren Anstoß wie viele andere Punkte auch und wie vor allen Dingen die Arbeit der Enquetekommission, um an diesem Verfahren zielführend etwas zu ändern. – Ich danke Ihnen.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer von der LAG Lesben und vom Schwulen Netzwerk NRW! Herzlich willkommen!
Herr Ratajczak, Sie sprechen von einem Berichtsunwesen. Hier ist die Frage zu stellen: Warum legen die Regierungsfraktionen gemeinsam mit dem Ministerium einen Integrationsbericht vor, der mit starker Pressebegleitung völlig zu Recht in diesem Land und in diesem Landtag thematisiert wird? Warum gibt es einen Sozialbericht? Das alles ist für
mich kein Berichtsunwesen. Die Kollegen von den Grünen fordern dies für eine besondere und in Nordrhein-Westfalen nicht unwichtige Zielgruppe. Das hat mit Berichtsunwesen nichts zu tun. So viel sei am Anfang klargestellt.
Wie Sie daraus unschwer entnehmen können, begrüßen wir als SPD-Fraktion den vorliegenden Antrag, einen Sachstandsbericht zur Politik gegen Ausgrenzung und Diskriminierung und für gleichberechtigte Teilhabe von Schwulen und Lesben in NRW vorzulegen.
Vieles von dem, was Sie gesagt haben, können Sie ja wunderbar in diesen Bericht schreiben. Davor braucht man doch überhaupt keine Angst zu haben. Warum sind Sie dagegen?
In diesem Antrag heißt es richtig: „Viel wurde bereits erreicht.“ Natürlich wurden die größten Fortschritte aus unserer Sicht im rechtlichen Bereich erzielt, also weitestgehend auf Bundesebene verhandelt und beschlossen. Rot-grüne Bundes- und Landespolitik haben seinerzeit vorbildliche Gleichstellungsmaßnahmen erreicht.
Im Moment nicht, nein. – Ebenfalls richtig heißt es im Antrag aber auch: „Nach wie vor ist die völlige Gleichstellung nicht erreicht.“
2005 haben CDU und FDP im Koalitionsvertrag festgehalten:
Gleichgeschlechtliche Paare dürfen nicht diskriminiert werden. Ihre Selbstorganisation werden wir weiterhin angemessen unterstützen.
Wie hier bereits angeklungen ist – Frau Kollegin Asch hat darüber gesprochen –, haben wir uns in diesem Haus schon mehrfach darüber streiten können, was „angemessen unterstützen“ denn nun heißt – sei es bei den Haushaltsberatungen 2006, sei es bei der Debatte um das Abstimmungsverhalten NRWs zum Antidiskriminierungsgesetz, sei es bei der Debatte um die ARCUS-Stiftung, als deren Schirmherr Minister Laschet gewonnen werden konnte.
Dieser für Teile der CDU und ihrer Wählerschaft sicherlich problematische Schritt ist zu würdigen. Vermutlich wird er wie einige weitere Elemente der Politik der Landesregierung, die unter der Überschrift „Vielfalt der Lebensformen“ schon auf der Internetseite des Ministeriums stehen, Eingang in den hier geforderten Bericht finden. Dabei denke ich beispielsweise an die Unterstützung des Beratungsnetzes – Herr Ratajczak, darauf haben Sie
völlig richtig hingewiesen – der Kampagne „SchLAu NRW“ und die Antigewaltarbeit.
Ich möchte heute nur noch Folgendes anmerken: Genauso wie Frau Kollegin Asch sind auch meine Fraktion und ich sehr gespannt auf den Bericht, weil darin sicherlich auch erläutert wird, warum das eigenständige, seit Jahren installierte ministerielle Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen abgeschafft wurde. Dieses Thema, das in NRW eine nicht geringe Relevanz besitzt, ist nun Bestandteil des Arbeitsbereiches „Kommunale Familienpolitik, Allgemeine Fragen der Familien- und Lebensformen“.
Meine Damen und Herren, wenn Besonderheiten und spezielle Bedürfnisse von Zielgruppen besonderes Handeln erfordern, ist Gleichstellung nicht zuträglich – auch nicht im administrativen Rahmen. Sie werden uns diesen Schritt sicherlich erklären können.
Wir sind übrigens nicht die Einzigen, die das wissen möchten. Beim CSD-Empfang 2008 des Schwulen Netzwerks NRW in Köln richtete der Landesvorsitzende Steffen Schwab an die Anwesenden, darunter auch Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsfraktionen, die Forderung – ich zitiere –:
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, an Sie, sehr geehrte Abgeordnete des Landtags in Düsseldorf, zu appellieren, einen uns schützenden, uns fördernden Blick auf den Umgang der Landesverwaltung mit unserer Arbeit und unseren Projekten zu richten. Wir haben in der Vergangenheit das für gleichgeschlechtliche Lebensweisen zuständige Referat als Partner erlebt, der uns gefördert und kritisch begleitet, immer wieder auch angeregt hat und selbst Initiativen für die Akzeptanz von Schwulen und Lesben in NRW ergriffen hat. Wir haben immer mehr den Eindruck, dass sich dies sehr verändert.
Wir erleben Misstrauen, Reglementierung und Kontrolle. Unser Verband leidet darunter. Und, viel schlimmer: Die landesweite Vernetzung und Qualifizierung von Jugendarbeit, Gesundheitsprojekten, interkulturelle und intergenerative Initiativen, die wir, immer noch mangels Alternativen, eben nur mit Förderung aus öffentlichen Mitteln unterstützen können, drohen zu verfallen.
Der hier geforderte Sachstandsbericht wird uns, wie gesagt, sicherlich Aufklärung über die Motive für diese Maßnahme verschaffen. Wir werden dem Antrag der Grünen zustimmen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Wir haben die Problemstellung, dass die Kinderpflegerinnen, wie der Begriff schon sagt, insbesondere für die pflegerischen Tätigkeiten im Bereich der unter Dreijährigen ausgebildet werden. Dort sind sie nach der neuen Gesetzeslage nun aber nicht mehr einsetzbar. Haben Sie Vorstellungen darüber, wie diese Versorgungs- und Arbeitslücke – bei dem absolut erfreulichen Ausbau im U3-Bereich – geschlossen werden soll?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe vereinzelte Zuhörerinnen und Zuhörer! Nachdem wir in den vergangenen Tagen teils in großer Schärfe Debatten geführt haben, ist das glücklicherweise bei dem hier zur Überweisung anstehenden Antrag der Regierungsfraktionen der Sache dienlich ganz anders. Wir begrüßen JeKi grundsätzlich und die nun beantragte Ausweitung des Projekts ganz ausdrücklich.
Danke. – Dies haben wir bei den jeweiligen Diskussionen im Kulturausschuss und auch in der gerade erfolgten Haushaltsdebatte immer wieder deutlich gemacht.
Mich persönlich – das wird niemanden in diesem Hause überraschen – freut der Antrag ganz beson
ders, bringt er doch eine Handlungsempfehlung der Enquetekommission „Chancen für Kinder“ auf den Weg. Es zeigt sich, dass unser Wunsch, den Enquetebericht – erlauben Sie mir den Ausdruck – als Steinbruch zu benutzen, sukzessive erfüllt werden kann. Auch weitere Schritte werden wir angehen können.
Zugleich aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, wünsche ich mir, gerade weil es sich um eine einmütige Empfehlung der Kommission handelt, dass wir in der Ausschussdebatte zu einem gemeinsamen Antrag kommen. Vor dem Hintergrund, dass wir im Ausschuss noch vertiefend darüber sprechen werden, möchte ich auch in Anbetracht der Zeit nur kurz einige Punkte ansprechen:
Ganz richtig erachtet der Antrag vor der Ausweitung des Programms eine Auswertung des bisherigen Projektverlaufs als notwendig. Bereits bei der Vorstellung von JeKi haben wir als SPD-Fraktion auf die Frage der zur Verfügung stehenden Musiklehrkräfte für dieses Vorhaben hingewiesen. Seinerzeit – daran erinnere ich mich ungern – stieß dieses Thema nicht auf großes Verständnis und wurde uns als Krittelei am ganzen Vorhaben ausgelegt. Seien Sie versichert, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es uns keineswegs darum geht, dieses ambitionierte Gemeinschaftsprojekt von Bund, Land, Kommunen, Stiftungen und Förderern für so viele Kinder in Nordrhein-Westfalen schlechtzureden, wenn wir nach Umsetzungsschwierigkeiten fragen, sondern es geht uns vielmehr darum, wie wir sie beheben können.
Die Frage der Lehrkräfte thematisierte auch die Fachtagung zu JeKi im November 2008 – der Kollege Sternberg hat es bereits angesprochen –, die darauf hinwies, dass die Hochschulausbildung die angehenden Lehrkräfte in der Regel nicht auf Instrumentalunterricht in der Primarstufe vorbereitet. Neben der Frage, wie wir mehr junge Menschen für musikpädagogische Berufe gewinnen können, stellt sich auch die Frage nach den Ausbildungsinhalten. Es wäre doch wunderbar, wenn JeKi auch hier positive, kindgerechte Veränderungen anstoßen könnte.
Die Frage von Instrumentenbeschaffung, -verwaltung und -instandhaltung vor Ort ist aus unserer Sicht ebenfalls vertieft zu klären und bei der Evaluation zu beachten.
Richtigerweise schlägt der Antrag nicht nur eine geografische Ausweitung, sondern auch eine Ausweitung der Sparten des Programms vor. Wie bereits erwähnt wurde, sollen Tanz und Gesang, also die naturgegebenen Instrumente des Menschen, einbezogen werden. Dabei werden wir uns mit dem Vorschlag unter der Überschrift „Alle Kinder tanzen“ der erfolgreichen Initiative „tanz in schulen“ auseinandersetzen können, die bereits seit sechs Jahren Kindern die Begegnung mit Tanz, Bewegung und Musik ermöglicht.
Unter diesen Voraussetzungen freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss mit dem Ziel, zu einer gemeinsamen Konzeption zu kommen. – Vielen Dank.
Herr Minister, nach unseren bisherigen Informationen soll die Integration der Wfa bereits im März erfolgen. Wann wird mit dem Gesetzgebungsverfahren, von dem Sie gerade ausführlicher gesprochen haben, konkret begonnen? Gibt es einen konkreten Zeitplan, wie das vonstatten gehen soll?
Herr Minister, wenn die Integration nicht, wie Ihre Antwort auf meine erste Frage lautete, im März erfolgen soll, können Sie uns dann konkret sagen, für wann sie geplant ist?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Im vorliegenden Antrag wird völlig richtig ausgeführt, dass Kinderschutz in zahlreichen Anträgen, Anfragen und einem Handlungskonzept der Landesregierung bereits in diesem Hause Thema war und bearbeitet wird.
Zu erwähnen ist – Sie haben es auch angesprochen, Frau Asch und Herr Kern – die umfassende Anhörung, die am 21. August 2008 hier im Landtag stattfand.
Zu erwähnen ist natürlich auch – ich möchte es noch einmal wiederholen – der Bericht der Enquetekommission „Chancen für Kinder“, die sich in unterschiedlichen Zusammenhängen mit den Themen Kindeswohl und Kindesschutz befasste und auch Empfehlungen aussprach.
Für zutreffend halten wir die Einschätzung im Antrag der Grünen, dass in Sachen Prävention mehr getan werden muss. Dieser Bereich muss in der Tat deutlich gestärkt werden. In diesem Zusammenhang müssen unterschiedliche Felder der Prävention auch mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden.
Ob dazu aber ein Rechtsanspruch auf frühe Hilfen, wie er im Antrag gefordert wird, ein geeignetes Instrument ist, halten wir für diskussionswürdig. Diese Diskussion wird sicherlich im Ausschuss stattfinden können.
Aus unserer Sicht gibt es drei Instrumente, die ganz vorrangig zur Verbesserung des Kinderschutzes in unserem Land dienen können und eingesetzt werden müssen.
Zunächst die frühen Hilfen für Familien. Sowohl in der Anhörung als auch in der Enquetekommission wurde eine hohe Übereinstimmung darüber erzielt, dass Hilfeangebote für Schwangere, für Familien – alleinerziehend oder gemeinsamerziehend –, dass Betreuungs- und Unterstützungsleistungen und Informationen darüber viel früher und viel umfassender als bisher ansetzen müssen.
Punktuell ist – das ist richtig; es wurde auch bereits erwähnt – einiges zum Guten gewendet worden. Es gilt aber auch nach der Einschätzung der Enquetekommission, dass die frühen Hilfen flächendeckend ausgebaut werden müssen. Der Begriff „soziale Frühwarnsysteme“ ist zwar für diese Thematik eingeführt worden; er wirkt aber aus meiner Sicht immer etwas alarmistisch, sodass ich diesen Komplex insgesamt mit „frühe Hilfen“ bezeichnen möchte.
So lautet denn die erste von, wie Sie wissen, zahlreichen Handlungsempfehlungen der Enquetekommission:
Ein umfassendes Konzept, das über die einzelnen Lebensphasen der Kinder hinweg die Familien begleitet und unterstützt, soll in allen Kommunen entwickelt und umgesetzt werden.
Weiter heißt es:
Ein solches Konzept soll helfen, Förderbedarfe und familiale Risiken frühzeitig zu erkennen … Förderung soll somit frühzeitiger und breiter greifen.
Damit ist immer auch die Forderung – auch darüber herrscht aus unserer Sicht in diesem Hause Einigkeit – nach einfachem und niedrigschwelligem Zugang zu diesen Informationen und Hilfen sowie nach Verstärkung der aufsuchenden Arbeit verbunden.
In Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, schreiben Sie, dass die Landesregierung die Ausweitung der frühen Hilfen nachhaltig unterstützen muss. Im Forde
rungsteil taucht das leider nicht mehr auf. Uns ist wichtig, hier konkret zu sagen, wie die Unterstützung über die Servicestelle beim ISA und das neue Elternbegleitbuch hinaus aussehen sollte. Kollege Walter Kern hat dazu vieles gesagt; auch das können wir sicherlich in der Diskussion im Ausschuss näher in Augenschein nehmen.
Das zweite unserer Meinung nach zentrale Instrument zur Verbesserung des Kinderschutzes ist der Ausbau des Kita-Besuchs. Wir freuen uns beim Kindergartenbesuch allenthalben über Quoten von 85 % und teils über 90 %. Landesweit liegt sie bei ca. 76 %. Was ist aber mit den 15 % oder auch nur 4 % Kindern in einer Kommune, die keine Kita besuchen? Haben wir sie ausreichend im Blick? Wissen wir, warum sie die Kita nicht benutzen? Es können Gründe sein, die mit dem Anliegen dieses Antrags überhaupt nichts zu tun haben. Es können aber auch Gründe sein, die kindeswohl- und kindesschutzrelevant sind. Aus unserer Sicht gilt es, das herauszufinden.
Das dritte wichtige Instrument – dabei stellt die Reihenfolge keine Wertung dar – ist die Beseitigung von Armut, insbesondere von Kinderarmut in unserem Land. Auch über dieses Thema haben wir bereits vielfach diskutiert; es kam auch in der Enquetekommission gründlich zur Sprache. Die potenziellen Verbindungen von Armut, instabilen Lebenslagen, gesundheitlicher Situation, Beziehungs- und Bindungsmöglichkeiten oder -unmöglichkeiten der Eltern, Überforderung der Eltern, Vernachlässigung bis zur Gefährdung der Kinder sind bekannt. Maßnahmen gegen materielle Armut werden teils vor Ort ergriffen, teils im Land, teils sind sie bislang leider nur als Forderung sichtbar.
Ihr Antrag greift richtigerweise die Bedeutung von Netzwerken aller relevanten Akteure für den Kinderschutz auf und schlägt die Verständigung über notwendige Module und Standards vor. Aus unserer Sicht sollte dies mit der Empfehlung der Enquetekommission, die im Konsens getroffen wurde, in Einklang gebracht werden, auf kommunaler Ebene Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zu treffen. Mit Ihrer Forderung nach einem Mindeststandard der Personalausstattung des ASD greifen Sie die bereits getroffene Empfehlung der Kommission auf.
Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine Anmerkung: Besonders für eine insgesamt zwar nicht sehr große Gruppe – aber diese Kinder leben hier – ist festzustellen, dass das in vielerlei Hinsicht gute KJHG seinen Schutz- und Förderauftrag nur bedingt erfüllt. Flüchtlingskinder und Kinder im Duldungsstatus befinden sich aufgrund ihrer Lebensbedingungen häufig in einer absolut kindeswohlgefährdenden Lage. Ihre materielle, gesundheitliche, psychosoziale und pädagogische Versorgung ist meist völlig unzureichend und entspricht nicht den gesetzlich schon vorhandenen Ansprüchen, ganz zu schwei
gen von – erlauben Sie mir den Ausdruck – moralischen Ansprüchen.
Auch für diese, wie gesagt, nicht große Gruppe muss das Kindeswohl Maßstab sein. Dazu braucht es aus unserer Sicht zunächst keine neuen Gesetze und Standards, sondern es bedarf der Anerkennung der Tatsache, dass auch diese Kinder einen Schutz- und Hilfeanspruch und das Recht auf gelingendes Aufwachsen haben. Wir müssen sie bei der Diskussion um Kinderschutz auch im Blick haben. Hier muss das schon vorhandene Instrumentarium in Gänze aktiviert werden. Dann wäre für diese Kinder bereits eine Menge erreicht.
Meine Fraktion betrachtet den vorliegenden Antrag als erneute Anregung, fraktionsübergreifend vorzugehen, wie es beim Thema Kinderschutz hier schon häufiger praktiziert wurde. Da unterscheiden wir uns möglicherweise von der Einschätzung der CDUFraktion.
Nein, Walter Kern schüttelt den Kopf. Das ist schön; dann sind wir uns auch in diesem Punkt einig.
Das haben wir schon mehrfach praktiziert. Ich würde mich freuen, wenn wir in diesem Sinne die Ausschussdebatte führen könnten. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir haben hier heute Morgen auch schon über den Bildungsgipfel debattieren können. Dieser Bildungsgipfel – so ist das ganz überwiegende Echo – hat die in ihn gesetzten Erwartungen in weiten Teilen nicht erfüllt. Er sei schnell auf dem Weg, zu einer Fußnote der Geschichte zu werden, so ist zu hören.
Dass dies mit unserem Enquetebericht nicht passieren möge, betrachte ich als Aufgabe nicht nur der ehemaligen Kommissionsmitglieder, sondern auch als Aufgabe für uns alle hier im Parlament.
Ein Zweck der seinerzeit von der SPD-Fraktion beantragten Kommission war doch, dass sich der
ganze Landtag des Themas Leben und Aufwachsen von Kindern in Nordrhein-Westfalen annimmt und es in den Mittelpunkt des Handelns stellen soll. So ist es nur schlüssig, wenn wir uns alle nun den Bericht und seine Empfehlungen zu eigen machen und, wenn möglich, über Fraktionsgrenzen hinweg an seiner Umsetzung arbeiten.
Erlauben Sie mir diese Zwischenbemerkung, die nicht in meinem Manuskript steht: Herr Witzel, ich hatte bei Ihrer Einlassung über die Enquetekommission den Eindruck, dass es Ihnen sehr wenig um das Gemeinsame in der Kommission geht. Ich möchte das hier bedauern.
Wir bemühen uns darum, die Gemeinsamkeiten herauszustellen. Damit möchte ich jetzt auch gerne fortfahren.
Es gab natürlich Auseinandersetzungen in einzelnen Sachfragen, in denen keine Einigkeit hergestellt werden konnte, beispielsweise über eine gemeinsame Handlungsempfehlung.
Aber mir ist wichtig, den jetzt auch schon mehrfach hier zitierten – das ist das Brot des Zweiten oder Dritten, der spricht – Konsens hervorzuheben, nämlich den Konsens, vom Kind aus zu denken und seine Lebenswelten und sein direktes Umfeld zu stärken. Das waren zwei unstrittige Ausgangspunkte für unsere Arbeit.
Ein wichtiges Thema unseres Berichts sind ganz ohne Zweifel schulische Fragen gewesen, aber wir haben bereits viel darüber gehört, dass wir die Begrifflichkeit von Bildung, von Kinderleben sehr viel weiter gefasst haben.
Eine Folge – und auch das ist ein erfreulicher Konsens – ist, dass wir gemeinsam festgestellt haben, dass die frühe Bildung der schulischen längst noch nicht gleichgestellt ist, was ihre Wertschätzung und Ausstattung, was das für sie tätige Personal und die Bewertung ihrer Effekte betrifft. Umso erfreulicher ist aus meiner Sicht der Konsens, dass das eben im Ganzen gestärkt werden muss.
Ergänzend zur Familie sind die Einrichtungen der frühen Bildung wichtige Elemente des kindlichen Lebensumfelds, die es in allem ihrer Bedeutung entsprechend auszustatten gilt.
Konsens erzielten wir darüber, dass Erzieherinnen über – ich zitiere – „fundierte Kenntnisse in Entwicklungspsychologie, Entwicklungsdiagnostik und frühkindlicher Lernpsychologie verfügen müssen“. Die Weiterentwicklung der Ausbildung des Personals stellt sich also als Aufgabe.
Einigkeit herrschte auch darüber – Andrea Asch erwähnte es bereits –, dass der Betreuungsschlüssel große Relevanz für die Qualität der frühen Bil
dung hat. Die Empfehlung, die wir gemeinsam mit den Grünen ausgesprochen haben, bedeutete umgesetzt etwa die Halbierung der jetzigen Gruppengrößen in unseren Einrichtungen.
Bevor nun die Frage gestellt wird – bzw. ist sie teils schon vor allen Dingen auch heute Morgen in der Debatte gestellt worden –, warum nicht früher Mehrheiten und Geld für diese Zwecke vorhanden waren, frage ich: Standen denn Kinder und ihr Aufwachsen je so auf der Agenda wie seit der Zeit, seit klar ist, welche handfesten, wirklich wirtschaftlich messbaren Misserfolge oder Erfolge für NordrheinWestfalen und für Deutschland damit verbunden sind? War jemals so deutlich wie jetzt, wie groß der Standortfaktor Bildung und der Wirtschaftsfaktor Familie sind? Hatten denn nicht Kinder- und Jugendpolitiker in allen Fraktionen nicht nur dieses Hauses einen gelinde gesagt schweren Stand?
Wenn nun der viel zitierte demografische Wandel und seine Auswirkungen jedem klar sind und der viel zitierte Fachkräftemangel die Debatte beherrscht, dann offenbar kann das Thema Mehrheiten finden, dann offenbar kann auch gehandelt werden.
Verehrte Kollegen, wir haben einen weiteren Konsens der Kommission bereits gehört. Wir empfehlen ein Sprachförderkonzept für alle Kinder vom Eintritt in die Kindertageseinrichtung über die Primar- bis zur Sekundarstufe.
Die fundierte Erfahrung der RAA ist einzubeziehen und die Mehrsprachigkeit von Kindern als Kompetenz anzuerkennen und zu fördern – unter vorrangiger Förderung der Deutschkenntnisse.
Das ist im Gegensatz zu manch anderer Empfehlung eine Aufgabe, die sehr zügig angegangen werden kann und sehr schnell die derzeitige, trotz Änderungen umstrittene Sprachstandserhebung sinnvoll ablösen könnte.
Frau Ministerin Sommer, Herr Minister Laschet, hier gibt Ihnen die Kommission eine auf eine ausführliche wissenschaftliche Begründung gestützte praktikable Empfehlung, wie das mit der Sprachstandserhebung angestrebte Ziel besser vom Kind aus, seinem Beziehungsvermögen entsprechend und nachhaltiger erreicht werden kann.
Sie haben seinerzeit die Sprachstandserhebung so schnell eingeführt, dass ich nun nicht daran zweifle, dass Sie die Empfehlung der Kommission – gegeben vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit Delfin 4 und dem Wissen um Eigenheiten frühkindlicher Bildung – nun ebenfalls schnell umsetzen werden.
Ein solches Konzept entspräche sehr viel mehr dem ganzheitlichen Verständnis kindlichen Lernens als das punktuelle Testen und die ungeklärte anschlie
ßende Förderung. Im vor wenigen Wochen hier vorgelegten Integrationsbericht des Ministeriums lesen wir dazu:
Die beste Form der Förderung ist eine kontinuierlich in die pädagogische Arbeit der Kindertageseinrichtungen integrierte Hilfe.
Das ist eine wunderbare Übereinstimmung mit den Erkenntnissen der Kommission. Dann handeln Sie auch so – das ist meine herzliche Bitte. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! In der aktuellen bildungspolitischen Debatte werden derzeit in großer Zahl Vorschläge vorgetragen und kontrovers diskutiert, die zu Verbesserungen im Bildungssystem führen könnten.
Vor diesem Hintergrund mag manchem der eingebrachte Antrag möglicherweise zu weit entfernt vom Thema oder zu detailliert erscheinen. Aus unserer Sicht handelt es sich bei der Änderung des Spendenrechts aber nur vermeintlich um eine Kleinigkeit; die Auswirkungen wären beträchtlich. Bekanntlich sind es eben nur zu oft Details, die begrüßenswerte Aktivitäten bremsen oder befördern.
Ein umfängliches Rettungspaket für das Bildungssystem – lassen Sie es mich hier und heute so nennen – wird sicherlich aus zahlreichen Bestandteilen geschnürt werden. Dazu werden wir im Laufe dieser Plenartage noch Einiges hören – ob auch aus Berlin, bleibt abzuwarten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen das in vielerlei Ausprägungen vorhandene und wachsende ehrenamtliche Engagement, das von unterschiedlichen Beteiligten für Bildungseinrichtungen geleistet wird, fördern. Sie alle kennen die zahlreichen Beispiele unbezahlter Arbeit in Kindertageseinrichtungen und Schulen: Das Außengelände wird am Wochenende zu einer kindgerechteren Umgebung umgearbeitet, ein Brunnen oder eine Wasserspielanlage wird gebaut, ein Garten wird angelegt, Klassenräume werden angestrichen, ein Schulhof entsiegelt und neu gestaltet, die Pausenhalle angestrichen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir uns alle einig sind, dass so im ganzen Land in jeder Bildungseinrichtung, die davon profitieren darf, ein Mehrwert
geschaffen wird: ein Mehr an Aufenthaltsqualität, ein Mehrwert für den Lebensort Kita und Schule.
Honoriert werden diese unentgeltlichen Unterstützungsleistungen steuerlich jedoch so gut wie gar nicht. Wer den Eimer Farbe zur Verfügung stellt, wird steuerlich entlastet; wer die Farbe erst zur Wirkung bringt, nicht. Trotz vielfältiger Änderungen im Spendenrecht in den vergangenen Jahren sind Geld- und Sachspender gegenüber Zeitspendern nach wie vor im Vorteil.
Nur auf aus unserer Sicht sehr bürokratischem Umweg mit dem sogenannten Aufwendungsersatzanspruch per Vertrag, Satzung oder Vorstandsbeschluss kann Zeit in Geld umgewandelt werden. Die Handhabung durch einzelne Finanzämter differiert zudem. Eine landes- bzw. bundesweit einheitliche zufriedenstellende Regelung ohne den Zwang, dies im Rahmen eines Vereins zu bewerkstelligen, gibt es nicht.