Margitta Schmidtke
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Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Arbeit, auch Erwerbsarbeit ist ein wichtiger Bestandteil eigenverantwortlicher und ökonomisch möglichst unabhängiger Lebensgestaltung und trägt damit zur Entfaltung und Stärkung der Persönlichkeit bei.
Dies trifft auf alle Menschen zu und damit selbstverständlich auch auf unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Handicaps.
Der Gesetzgeber schreibt vor, dass Arbeitgeber mit mehr als 20 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf fünf Prozent der Arbeitsplätze Menschen mit Behinderungen beschäftigen müssen. Arbeitgeber, die dieser Verpflichtung nicht nachkommen, müssen eine entsprechende Ausgleichsabgabe zahlen. Leider nutzen zu viele Betriebe diese Regelung, um sich ihrer Verantwortung zu entziehen. Sie missdeuten diese Regelung als Wahlmöglichkeit, nicht aber als Verpflichtung,
und zahlen lieber die offensichtlich zu geringe Ausgleichsabgabe. Auch das führt dazu, dass behinderte Menschen stärker und länger von Arbeitslosigkeit betroffen sind als nicht behinderte Menschen. Daher muss der Integration von Behinderten auch von staatlicher Seite eine besondere Bedeutung beigemessen werden.
Auch im Land Bremen ist es so, dass viele behinderte Menschen ohne zusätzliche Hilfe keine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden. Die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit in Bremen und vor allem in Bremerhaven verschärft die schwere Situation für Arbeitsplatz suchende behinderte Menschen zusätzlich. Von den Verbesserungen der Arbeitsmarktlage profitiert dieser Personenkreis verzögert und unterdurchschnittlich. Daraus resultiert, dass auch Gegensteuerungsmaßnahmen immer nur eine begrenzte Wirkung haben.
Für uns als SPD-Bürgerschaftsfraktion bedeutet dies, dass wir die wichtige Aufgabe der Integration
von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt entschlossen vorantreiben werden. Wir bitten eindringlich alle Verantwortlichen, auch unsere Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus um ihre Unterstützung. In unserer koalitionären Anfrage haben wir den Senat um Prüfung der Instrumente Budget für Arbeit, unterstützende Beschäftigung und Jobbudget gebeten. Aus dem Bericht des Senats wird deutlich, dass sich die genannten Instrumente noch zu sehr in der Erprobungs- und Vorbereitungsphase befinden, als das zum jetzigen Zeitpunkt verlässliche Schlüsse gezogen und verbindliche Handlungskonzepte abzuleiten wären.
Klar ist aber schon jetzt, dass Bremen eine Verstetigung der Maßnahme Jobbudget auch als zielgerichtete Maßnahme zur Förderung der Übergänge von Werkstattbeschäftigten in Integrationsbetriebe beabsichtigt. Wir Sozialdemokraten werden den Senat bei seinen vielfältigen Aktivitäten zur Integration behinderter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt tatkräftig unterstützen, so zum Beispiel in seiner Absicht, das Integrationsprojekt „Integra“ der Werkstatt Bremen zu aktivieren. Wir wissen aber auch, dass Integration behinderter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht erst mit dem Eintritt in die Arbeitswelt beginnen kann, sondern dass bereits in den Mittelstufen der Schulen Vorbereitungen auf die Zeit nach der Schule verantwortungsvoll ihren Raum finden müssen. Diese längst gängige Praxis für Regelschüler muss auch für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung Normalität werden. Ich freue mich, dass hier schon sehr Erfolg versprechende erste Erfahrungen gesammelt werden konnten, die Mut machen.
Mir ist auch bekannt, dass Firmen Unsicherheiten und Schwierigkeiten, auch Ängste haben, die sie hindern, Praktikumsplätze für junge Menschen mit Behinderungen zur Verfügung zu stellen. Ich kann Ihnen versprechen – ich weiß, wovon ich als Mutter auch behinderter Kinder rede –, öffnen Sie sich dieser Aufgabe, und Sie werden feststellen, dass viele Ihrer Vorbehalte aufgelöst werden und dass Sie Bewerbungen behinderter Menschen vorurteilsfreier bewerten können. Meine Damen und Herren Chefs, trauen Sie sich!
In dieser heute stattfindenden Diskussion vergessen wir als Sozialdemokraten keineswegs die hervorragenden und immer auch unverzichtbaren Einrichtungen wie zum Beispiel die Werkstatt Bremen, die behinderten Menschen, die keine Chance haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt Aufnahme zu finden, Beschäftigung und ein geringes Entgelt bieten und diesen Beschäftigten damit das wichtige Gefühl des Wertseins geben. Ebenso hoch schätzen wir Einrichtungen wie ibs, das Institut für Berufs- und Sozialpädagogik und das Berufsbildungswerk, durch deren Ausbildung und Vorbereitung viele Jugendliche für den
ersten Arbeitsmarkt erst befähigt werden. An dieser Stelle möchte ich im Namen der SPD-Fraktion unseren Dank und Respekt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtungen aussprechen.
In diese Anerkennung schließen wir natürlich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tagesstätten für Menschen mit mehrfachen Behinderungen ein, deren wertvolle Arbeit ich schon mehrfach erleben durfte. Aus meinen guten Kontakten zu diesen Einrichtungen weiß ich sicher, dass diese weit davon entfernt sind, sich an die dort beschäftigten Menschen mit Behinderung zu klammern, sondern dass es Beschäftigte bei der Werkstatt Bremen gibt, die sich gegen die Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aussprechen und dies auch begründen.
Wir wollen, dass weitere Projekte für den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt oder in einen Integrationsbetrieb für behinderte Schülerinnen und Schüler initiiert werden. Zudem fordern wir den Senat auf, das Projekt Jobbudget mit Mitteln des Integrationsamts, also aus Mitteln der Ausgleichsausgabe, so auszustatten, dass eine intensivere Unterstützung bei der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen gelingt. Unser Anliegen ist, dass Menschen mit Behinderung selbst entscheiden dürfen, an welcher Stelle sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihrer Arbeit nachgehen werden, ob in einer beschützenden Einrichtung oder in einem normalen Betrieb unter dem Schutz der für Menschen mit Behinderungen gegebenen gesetzlichen schützenden Vorgaben und Bestimmungen. Dafür müssen deutlich mehr Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden. Immer wird es Menschen geben, die besonderer schützender Einrichtungen bedürfen. Sie alle müssen dort Aufnahme ohne Wartelisten finden, denn ein junger Mensch, der nach der Schulzeit nicht vermittelt werden kann, zieht immer auch Konsequenzen für seine gesamte Familie nach sich. Diese Konsequenzen sind in der Regel die Aufgabe der Beschäftigung, der Berufstätigkeit eines Elternteils oder auch die stationäre Unterbringung des behinderten Sohns, der behinderten Tochter, weil die Rund-um-die-UhrPflege eine oft nachvollziehbare Überforderung für die Eltern darstellen kann. Wer kann das schon wollen? – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Gibt es Erkenntnisse darüber, wie hoch der Anteil an erwachsenen Analphabeten in Bremen ist?
Zweitens: Welche Maßnahmen beziehungsweise Hilfen werden angeboten, damit diese Menschen den Analphabetismus überwinden können?
Drittens: In welchem Umfang werden diese Angebote angenommen, und wie viele Absolventinnen und Absolventen können auf eine erfolgreiche Teilnahme verweisen?
Herzlichen Dank, Frau Senatorin, für die ausführliche Antwort, die mir zweierlei zeigt: einmal, es ist erschreckend, wie hoch die Zahl der Analphabeten ist! Ich hoffe, dass wir durch unsere Frage und unseren Austausch jetzt den betroffenen Menschen ein Stück Mut machen, sich zu outen und vor allen Dingen Fortbildungsmaßnahmen anzunehmen. Entschuldigen Sie die Einlassung! Jetzt meine zusätzliche Frage: Frau Senatorin, haben Sie Erkenntnisse darüber, welche Formen des Lesen lernens im Grundschulbereich, die Ganzwortmethode beziehungsweise die Buchstabenmethode, dem Analphabetismus eher entgegenwirken können?
Frau Senatorin, kann der adäquate Umgang mit der diagnostizierten Leseund Rechtschreibschwäche bei Schülerinnen und Schülern – ich denke dort an unsere Richtlinie zum Umgang mit LRS – hilfreich sein, Misserfolge zu vermeiden, um damit die Neugier oder die Motivation auf das Erlernen des Lesens und Schreibens zu erhalten?
Frau Senatorin, sind Ihnen Selbsthilfegruppen bekannt, und wie erfahren Rat suchende Menschen von diesen Gruppen, beziehungsweise wie werben diese Initiativen, ich sage einmal, um „ihre Klientel“?
Die Frage der CDU lässt bei mir insbesondere am Punkt 3 ein bisschen den Verdacht aufkommen, dass vor allen Dingen im gymnasialen Bereich die Teilnahme zu erwarten ist. Ist es nicht so, dass sowohl in den Sekundarschulen als auch in den Gesamtschulen, also jetzt Oberschulen, die Teilnahmechancen ebenso zu verzeichnen sind?
Frau Senatorin, ich komme auf diese Frage nicht aus idealistischen Gründen, sondern aus der Erkenntnis, dass sich in Bremen-Nord beispielsweise der Schulverbund Lesum schon über Jahre ganz besonders hervorgetan hat mit der Teilnahme und vor allem erfolgreichen Teilnahme an diesen Projekten. Ist das so richtig?
Frau Senatorin, beim Lesen dieser Studie ist mir aufgefallen, dass die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule nicht so funktioniert, wie wir uns das eigentlich wünschen. Können Sie sich vorstellen, dass eine intensivierte Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule hier diesem Problem Abhilfe schaffen könnte?
Frau Senatorin, ich fasse das jetzt einmal zusammen und frage Sie, ob ich es jetzt richtig verstanden habe, dass eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule hier auch in diesem Bereich für die Kinder sicherlich hilfreich wäre, sodass die Verantwortung für das Gelingen im Grunde genommen an zwei Stellen zu liegen scheint, und zwar gleichermaßen: zum einen Lehrerinnen und Lehrer, das heißt Schule, aber auch Mütter, Väter, Elternhaus. Darüber hinaus haben wir in unserem Konzept „Stopp der Jugendgewalt“ auch deutlich darauf hingewiesen, dass eine Verknüpfung der Ressorts Soziales, Inneres und Bildung zum Beispiel hilfreich ist. Decken sich da Ihre Erfahrungen mit diesen Thesen?
Frau Senatorin, ist es richtig, dass Bremen-Nord bei einer anderen Berechnungsgrundlage – Bremen-Nord zählt nicht zu Bremen-Stadt, sondern als eigenständige Gemeinde oder Stadt – deutlich unterversorgt ist?
Frau Senatorin, können Sie die Feststellungen und Behauptungen von betroffenen Eltern nachvollziehen, die sagen, wenn ich aus Bremen-Nord mit meinem therapiebedürftigen Kind den Weg in eine in Bremen-Stadt befindliche Praxis fahre, ist mein Kind nicht mehr therapiefähig, aber ich bin therapiebedürftig?
Ich fasse es in andere Worte, was ich eben etwas polemisch gesagt habe, darum auch mein Lächeln. Es ist doch aber sicherlich auch Ihre Meinung, dass die sich niederlassenden Therapeuten und Ärzte mit berücksichtigen sollten, dass möglichst kurze Wege zwischen Patient und Praxis zurückzulegen sind, auch um einen guten Therapieerfolg zu ermöglichen?
Frau Senatorin, können Sie Herrn Rohmeyer ein Stück weit helfen, eine Lücke zu schließen, indem wir ausführen, dass nicht nur die Eltern der nicht behinderten Kinder eine Wahlfreiheit zwischen Oberschule und Gymnasium haben, sondern auch Eltern behinderter Kinder eine Wahlmöglichkeit haben, weitestgehend, zwischen Regelschulunterricht und Förderzentrumsunterricht?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich ausdrücklich bei der CDU für diese Große Anfrage, sie trifft ein immer größer werdendes aktuelles Problem der Kinder und Jugendlichen und deren Familien. Im Gegensatz zur CDU allerdings werde ich in meinen Beitrag nicht den Schwerpunkt auf Fragen der Strafverfolgung legen, sondern ich habe die Erfahrung gemacht, dass noch wichtiger als die Strafverfolgung der Schutz durch Aufklärung ist.
Daher konzentriere ich mich zunächst auf die interessante Frage der Prävention und damit den unmittelbaren Schutz der Kinder und Jugendlichen vor den Fallen des Internets, natürlich nicht außer Acht lassend, dass die Täterverfolgung zu betreiben ist, und zwar intensiv und gründlich, selbstverständlich! Das Internet ist aus dem beruflichen und privaten Leben der meisten Menschen nicht mehr wegzudenken, und, wie ich mir vorstellen kann, aus Ihrer aller Leben ganz genauso wenig, auch Sie sind abhängig und haben sich sehr ans Internet gewöhnt, ebenso wie ich auch. Das Internet ist nämlich für uns alle ein wichtiges Kommunikations- und Informationsmittel, auf das wir uns eingerichtet haben und auf das wir nicht mehr verzichten können. Ebenso geht es unseren Kindern und Jugendlichen: Kinder und Jugendliche sind neugierig, experimentierfreudig, risikobereit und fühlen sich unverletzbar. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Das ist gut so, denn woher kämen Entdeckungen, Erforschungen und revolutionäre Erneuerungen, wenn schon die jungen Menschen eben solche Bedenkenträger wären wie wir Erwachsenen, die wir aufgrund unserer Lebenserfahrung oft genug blockiert sind, wenn es um Neues geht! Dies alles wäre völlig unaufregend, harmlos und sogar begrüßenswert, wenn es nicht Menschen gäbe, die genau auf diese Mentalität der jungen Menschen ihre kriminellen Machenschaften aufbauen würden. Pädophile Menschen leben ihre Neigungen nicht nur aus, sondern verbreiten ihre Untaten im Internet. Die Fallzahlen sind, so sagen die Fachleute, steigend. In Chatrooms werden anonymisiert unter Fantasiepseudonymen Kontakte aufgenommen, die Kinder und Jugendliche schon häufig in gefährliche Situationen gebracht haben, zum Teil mit schwersten Folgen für die jungen Menschen. Junge Menschen unterliegen in besonderem Maße den Verlockungen der Kaufangebote und Vertragsangebote im Internet. Ein Mausklick genügt, und das begehrte Objekt ist Eigentum. Es wird nicht geprüft, ob der Kunde volljährig oder minderjährig ist. Es ist den jungen Menschen oft noch nicht einmal bewusst, dass und zu welchen Bedingungen sie einen Vertrag abgeschlossen haben. Auch hier sind die Folgen mindestens aufregend, zeit- und nervenintensiv bis hin zu auflaufenden Summen in beträchtlicher Höhe. Auch und besonders Jugendliche stellen in ihrer Unbekümmertheit eigene Daten und Fotos ins Internet, auf Seiten, die scheinbar nur Jugendlichen vorbehalten sind, die ausgiebige Einblicke in die persönlichsten Belange des Teenies geben. Diese jungen Menschen sind sich nicht der Unvergesslichkeit des Internets bewusst, und noch weniger reflektieren sie, dass ein jeder auf diese scheinbar anonyme Maschine WWW Zugriff hat und mit diesen Daten nach seinem eigenen Belieben arbeitet. So ist eigentlich hinlänglich bekannt, dass Firmen häufig vor einem Einstellungsgespräch das Internet nach dem Bewerber, der Bewerberin durchforsten. Viele Bewerbungsgespräche erledigen sich auf diese Weise von ganz allein, denn schräge Fotos und leichtfertige Äußerungen im Chat dienen einem Personalchef nicht dazu, sich ein positives Bild seines möglichen Azubis machen zu können. Über all diese von Erwachsenen aufgestellten Fallen im Internet bedienen sich leider auch Jugendliche des Internets, um Klassen- und Schulkameraden zu zermürben, indem sie Schnappschüsse oder diskriminierende Äußerungen und Bewertungen ins Netz stellen. Diese Art von Mobbing, Cybermobbing, oft sogar nur als Spaß oder Joke gemeint, stürzt die als Opfer betroffenen Jugendlichen und deren Familien in größte Verzweiflung und Hilflosigkeit, und das, liebe Jugendliche, ist nicht nur uncool, sondern unterste Schublade!
Kinder und Jugendliche müssen vor diesen Risiken geschützt werden. Eigentlich kann keine Schülerin und kein Schüler sagen, man wisse um diese Gefahren nicht, denn Schule und Freizeiteinrichtungen bereiten Jugendliche im Rahmen von Einführungskursen zum Umgang mit dem Medium Internet intensiv vor. Grundsätzlich werden Schüler und Schülerinnen im Medienraum nicht alleingelassen, so ist meine Erkenntnis, sondern der Fachlehrer hat ein waches Auge auf das Chatten. Nebenbei wird in Gesprächen gebetsmühlenartig auf die Risiken und Gefahren im Chat hingewiesen.
Für Lehrer und Lehrerinnen gibt es zahlreiche Handreichungen und Fortbildungen zum Thema Persönlichkeitsschutz im Internet, „Google weiß alles und vergisst nie“, „Sexuelle Anmache im Chat“ und andere. Daneben gibt es etliche Einrichtungen und Institutionen, die hilfreiche und informative Hinweise geben, zum Beispiel das Servicebüro Jugendinformation, dessen Referenten übrigens bundesweit angefordert werden. Auch das ist eine Aussage über deren anerkannte Kompetenz. In Bremerhaven gibt es die Fachstelle Jugendschutz im Internet, offene Sprechstunden für Eltern werden dort angeboten. Auch diese Beratungsstellen informieren im Rahmen von Lehrerfortbildungen oder auch auf Elternversammlungen. Der Zentralelternbeirat Bremen hat gemeinsam mit dem Landesinstitut für Schule und dem Servicebüro sehr erfolgreich Workshops für Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer zum Thema Cyberbullying durchgeführt. Die Verbraucherzentrale Bremen bietet ebenfalls wichtige Hinweise und Beratung für Ratsuchende.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können unschwer erkennen, dass das Problem in Bremen erkannt ist, dass wir uns unserer Verantwortung, Kinder und Jugendliche zu schützen, stellen, auch wenn unser Ziel, Jugendliche vor den Gefahren des Internets zu bewahren, noch längst nicht erreicht wurde. Die SPD-Fraktion ist froh, dass viele verantwortungsbewusste Eltern ein waches Auge auf ihre internetnutzenden Kinder haben und diese sich nicht alleingelassen fühlen müssen. Auch Eltern haben einen hohen Stellenwert, wenn es um den Schutz der Kinder und Jugendlichen geht. Wir dürfen davon ausgehen, dass durch die vielfältigen Aufklärungen alle Kinder und Jugendlichen theoretisch um die Risiken und Gefahren wissen, aber sie wären nicht Kinder und Jugendliche, wenn sie nicht doch der Aufmerksamkeit der Eltern, Lehrer und Erzieher bedürften, um besser vor ihrer Unbesorgtheit und Risikobereitschaft geschützt zu werden.
Noch eines, liebe Kolleginnen und Kollegen: Bei allem Wissen um die Gefahren, die auf unsere Kinder und Jugendlichen im Internet lauern, so lassen Sie uns den jungen Menschen nicht das Internet durch unsere Ängste und Sorgen vermiesen, sondern lieber dem Interesse der Täter, das Internet zu missbrauchen und Kinder und Jugendliche zu Opfern zu ma
chen, eine konsequente Anwendung unserer bestehenden Gesetze entgegensetzen! Hier sind wir dann mit der CDU tatsächlich wieder beieinander.
Das Internet ist aus unserer Zeit nicht mehr wegzudenken und bietet allen Nutzern viele Annehmlichkeiten, die wir selbst doch auch schätzen und nicht mehr missen möchten. Habe ich Sie jetzt aufgeregt, dass wir da irgendwie ein bisschen Nähe haben?
(Abg. W o l t e m a t h [CDU]: Nein, nein!)
Das beruhigt mich, sonst hätte ich gerade einen Arzt gefragt!
Unsere jungen Menschen müssen fit gemacht werden für das Leben und damit auch für den kompetenten Umgang mit dem Internet, denn das gehört heute mit zum ganz normalen Leben. Für meine SPDFraktion kann ich zusagen, dass wir nicht nachlassen in unseren Bemühungen, unsere Kinder und Jugendlichen vor dem Missbrauch krimineller Täter im Internet zu schützen, und wir bitten Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, um Ihre Unterstützung und Zusammenarbeit. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Senatorin, trifft das Bewusstsein der Risiken von Infektionskrankhei
ten – man nennt sie irrtümlich Kinderkrankheiten – auch für Bremen zu?
Ich zielte mit meiner Frage ein Stück weit darauf ab, dass es aufgrund des veränderten Risikobewusstseins auch gerade bei jungen Eltern zu beobachten ist, dass es sogenannte Masern- oder Mumps-Partys gibt, die eine richtige Unsitte zu werden drohen, so nach dem Motto, die Kinder sollen auf natürlichem Wege, sprich durch Erleben, durch Durchleben der Erkrankungen, zur Immunität geführt werden.
Das tröstet mich! Wir sprachen gerade über das Impfbewusstsein junger Eltern. Ist es richtig, dass in Bremen auch ein Defizit aufgrund von sehr häufig fehlender Information bei den Auffrischungsimpfungen zu beobachten ist, das auch Erwachsene bis hin zu den älteren Bürgerinnen und Bürgern betrifft?
Meine letzte! So ein Stückchen zum Ausgleich auch! Frau Senatorin, ist es auch Ihre Erkenntnis, dass es einen Personenkreis
gibt, Menschen mit Behinderungen oder mit Beeinträchtigungen oder chronischen Erkrankungen, der von Impfungen aus Rücksicht auf ihre Beeinträchtigung auszuschließen ist?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Im Rahmen welchen Fachunterrichts beziehungsweise fächerübergreifenden Unterrichts und in welchen Klassenstufen wird das Thema HIV/AIDS behandelt?
Zweitens: Wie werden Lehrerinnen und Lehrer für diese Thematik fortgebildet?
In Gesprächen mit Jugendlichen erlebt man zunehmend, dass Jugendliche diese Thematik an den armen Ländern festmachen, AIDS- und HIV-Infektionen finden nicht hier statt. Gibt es Ideen, wie der zunehmenden Sorglosigkeit und dem veränderten Problembewusstsein junger Menschen begegnet werden kann?
Ich finde, wir sind aktueller als der Papst, weil wir heute darüber sprechen. Eine Zusatzfrage aber noch: Gibt es Fortbildungsangebote für Lehrer und Lehrerinnen, um deren aktuellen Kenntnisstand sicherzustellen?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Welche Bedeutung misst der Senat der regelmäßigen Kontrolle und Behandlung der Zähne insbesondere von Kindern und Menschen mit schweren Behinderungen bei?
Zweitens: Ist sichergestellt, dass die Krankenkassen für diesen Patientenkreis die Kosten übernehmen, wenn Kontrolle und Behandlung medizinisch indiziert eine Narkose erfordern?
Diese Anfrage beruht auf einem aktuellen Anlass. Ich sage jetzt einmal, Unken haben geunkt, die Kassen würden sich diesen Kosten entziehen wollen. Deswegen bin ich hoch erfreut über die Antwort des Senats und habe einfach die Frage, sollten die Signale umschwenken, sollte es hier also mögliche Veränderungen geben, ob Sie, Frau Senatorin, sich imstande sehen, die zuständige Deputation Gesundheit und Soziales entsprechend zu informieren?
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer derzeit die Zeitungen aufschlägt oder Nachrichten hört, erlebt, dass das Thema Ökonomie nicht etwa nur ein Thema für besonders Auserwählte oder die da oben oder die Millionäre ist, sondern dass jeder Bürger, unabhängig von Alter und Status, hautnah von den Auswirkungen einer gut oder schlecht funktionierenden Ökonomie betroffen ist.
Der Begriff der Weltwirtschaftskrise macht aktuell erschreckend deutlich, wie eng die Zusammenhänge zwischen Ökonomie und Alltag eines jeden sind. Ökonomie beeinflusst das Leben eines jeden. Kinder und Jugendliche, das belegen entsprechende Studien, sind in ihrem Konsumverhalten ein wichtiger Faktor für die Wirtschaft. Werbung spricht gezielt diese Kundengruppe an und umwirbt unsere Kinder und Jugendlichen, die ihr Taschengeld in beeindruckendem Umfang investieren.
Das zeigt uns zweierlei: Erstens, kein Mensch scheint zu jung für Ökonomie zu sein, zweitens, auch Schule muss sich der Aufgabe stellen und den Schülerinnen und Schülern wirtschaftliches Sachwissen an die Hand geben, Kenntnisse und Einsichten vermitteln, die wirtschaftliches Denken und Handeln in Lebenssituationen als Verbraucher und Verbraucherinnen, Arbeitnehmer, Selbstständige, Staatsbürger und -bürgerinnen ermöglichen.
Beim Durchforsten der Lehrpläne für unsere Schulen, bezogen auf die unterschiedlichen Schulstufen, kam ich zu folgender Erkenntnis: Bereits im Primarbereich werden den Kindern im Sachkundeunterricht folgende Kompetenzen vermittelt:
Schön, dass Sie auch lesen können, Klasse! Sie können ausgewählte Arbeitsplätze benennen und beschreiben, indem sie auch vor Ort befindliche Betriebe besuchen. Ein Besuch in der Backstube des Bäckers in der Nachbarschaft hat sich sogar zu einem Renner bei den Kindern entwickelt. Die Grundschüler können die Arbeit anderer Menschen beschreiben und erhalten so erste Einblicke in die Unterschiedlichkeit von Berufen. Gern werden zu diesem Projekt Eltern der Schülerinnen und Schüler einbezogen, die ihren Beruf vorstellen und die Fragen der Kinder beantworten.
Die Kinder lernen Geld als Tauschmittel für Ware begreifen, sie lernen unsere Münzen und deren Wert kennen und einordnen. Die Kinder lernen, zwischen Wünschen und Bedürfnissen zu unterscheiden. Schon im Primarbereich wird deutlich, dass ökonomische Zusammenhänge fächerübergreifend vermittelt wer
den müssen und nicht ausschließlich auf das Fach Sachkunde begrenzt sein können.
Ich fand das so wichtig, dass ich das hier aufgenommen habe, ist doch klar, Herr Rohmeyer! In dieser Lebensphase der Kinder – und das steht nicht mehr darin – ist es hilfreich, wenn Eltern regelmäßig Taschengeld zur Verfügung stellen können, deren Höhe für die Kinder planbar festgelegt ist. Taschengeld, das Sparen notwendig macht, um sich größere Wünsche erfüllen zu können, das nicht unendlich ist, sondern das bei Fehlplanungen die Konsequenz der geldlosen Zeit anbrechen lässt, unterstützt die Erziehung zu verantwortlichem ökonomischem Handeln.
Im Bereich der Sek-I-Schulen, also der Fünft- bis Zehntklässler, wurde das Fach Arbeitslehre nicht per Türschild ausgetauscht, sondern wurde vor allem inhaltlich den gravierenden Veränderungen der Ökonomie angepasst. Aus diesen Überlegungen heraus entstand das heutige Fach Wirtschaft, Arbeit, Technik, kurz WAT. Ziel dieses Faches in der Sek I ist es, die Schülerinnen und Schüler in die Lage zu versetzen, haushaltsbezogene, technische und sozioökonomische Systemzusammenhänge zu verstehen, sie zu beurteilen und mitzugestalten. Die Schülerinnen und Schüler werden herangeführt an Themen wie Umgang mit Geld, Preise, Kredit, Verbraucherschutz, Preisbildung, Marktmechanismen, Aufbau und Funktion von Unternehmen. An vielen Schulen sind Schülerfirmen entstanden, die Schülerinnen und Schüler sehr praxis- und realitätsnah in die Welt der Ökonomie hineinschnuppern lassen. Hier wird den Jugendlichen deutlich, welche Auswirkungen eigenes Planen und Handeln auf Erfolg beziehungsweise Misserfolg ihres Unternehmens haben.
Ich weiß von etlichen Schülerinnen und Schülern, die, motiviert und gestärkt durch ihre hierdurch gewonnenen Erfahrungen, ihre eigene Berufswahl entsprechend trafen. Besonders durch die Erfahrungen mit den Schülerfirmen wird hervorgehoben, dass mit der theoretischen Vermittlung von Wissen über Ökonomie möglichst immer die Erfahrung durch eigenes Handeln einhergehen sollte.
Immer mehr Schulen im Sek-I-Bereich bedienen sich der beratenden Institutionen vor Ort. Sie lassen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Schuldnerberatungsstellen aus ihrer Arbeit berichten, gestalten gemeinsame Projekte. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Beratungsstellen hat in vielen Schulen schon gute Tradition. Das Themenverzeichnis des Lernfelds Wirtschaft im berufsfeldübergreifenden Fach Politik im Bereich der berufsbildenden Schulen belegt auch hier ein sehr umfangreiches und anspruchsvolles An
gebot: Wirtschaftsordnungen, Konjunktur und Krisen, Gewinner und Verlierer in der Risikogesellschaft, Wege zu einer ökologischen Ökonomie, Kriterien der Gesundheit, Sozial-, Regions- und Umweltverträglichkeit und viele wichtige Themen mehr.
Ja, gut, danke! Ich komme noch einmal zum zweiten Teil meiner Rede! – Vielen Dank!
Herr Präsident, wie versprochen, jetzt zum zweiten Mal, zur Fortsetzung! Meine Damen und Herren von der CDU, Herr Rohmeyer, selbstverständlich kann ich Sie verstehen, dass Sie nach Verbesserung in der ökonomischen Bildung in der Schule unserer Kinder fragen. Es gibt ja nichts, was nicht noch besser gemacht werden könnte! Gerade in unserer schnelllebigen Zeit ist eine Anpassung an die aktuelle Situation zwingend notwendig, und selbstverständlich ist auch die Erwartung, dass vor allem die Lehrerinnen und Lehrer auf dem Laufenden sein müssen, aber das wissen diese selbst und bedürfen keiner Belehrung durch uns.
Nach all den von mir vorgetragenden beeindruckenden Aufzählungen von Themen, die die Schule gemäß Lehrplan –
Herr Rohmeyer, bitte! – verbindlich von Klasse 1 bis 12 beziehungsweise 13 zu bearbeiten hat, und Einsicht in die praktische Umsetzung der Lehrpläne durch Besuche und Hospitationen meiner Fraktionskolleginnen und -kollegen der SPD in unterschiedlichen Schulen Bremens und Bremerhavens kann ich für meine Fraktion erklären, dass wir überhaupt nicht den Eindruck haben, dass die ökonomische Bildung an Schulen im Lande Bremen gefährdet wäre und daher sicherzustellen sei, wie Sie es fordern, oder auch nur Lücken zu füllen seien, sondern wir haben beim Lesen der Lehrpläne und unseren Einsichten vor Ort die Überzeugung gewonnen, dass die ökonomische Bildung an Schulen im Lande Bremen ihren notwendigen Raum findet, um unsere jungen Menschen auch in diesem Bereich für den Alltag und das Leben nach der Schule fit zu machen, und das ist auch gut so!
Lassen Sie mich zu der Forderung, mehr ökonomisches Wissen, mehr Einführung, mehr Informationen und mehr Vermittlung etwas sagen, was mir sehr unter den Nägeln brennt. Wir haben in der letzten Legislaturperiode – Herr Rohmeyer, Sie mit uns! – sehr eine Entrümpelung der Lehrpläne gefordert. Dies haben wir aus der Einsicht und der Überzeugung heraus getan, dass unsere Kinder mit Informationen überlastet werden, dass dadurch das Wissen nicht wirklich vergrößert wird, sondern sie einfach nur noch Schwierigkeiten beim Sortieren und beim sich Merken haben.
Wir stellen fest, dass in dem verkürzten Bildungsgang Gymnasium, Abitur nach zwölf Jahren, die Schülerinnen und Schüler ächzen und stöhnen und eigentlich nur noch, wenn wir ganz ehrlich sind, die wirklich schnell lernenden belastbaren Kinder diesen Anspruch, den auch wir an das Gymnasium, an das Abitur haben, erfüllen können. Im gleichen Atemzug, Herr Rohmeyer, fordern Sie aber, es solle von den Kindern noch mehr gelernt werden. Bitte, entweder müssen wir die Konsequenz ziehen und sagen, wir streichen etwas anderes – und ich ahne, es könnten die musischen Fächer sein, die aber enorm wichtig sind, das haben wir an anderer Stelle einmal vorgetragen und uns auch davon überzeugt –, oder aber wir müssen sagen, die Stundentafeln werden noch weiter erhöht! Ich will das den Kindern nicht zumuten, weil ich denke, dass neben dem Lernen – ob auf dem Gymnasium oder in der Oberschule – Kinder auch Freizeit brauchen, und das bitte ich bei all den Forderungen auch beim nächsten Tagesordnungspunkt zu berücksichtigen, in dem es um mehr politische Bildung geht. Dafür bin ich durchaus auch, aber bitte im richtigen Maße und im richtigen Verhältnis zueinander und immer gemessen an dem, was Kinder ertragen und vertragen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist notwendig, dass wir uns immer wieder mit dem Problem der Kinderarmut in Bremen auseinandersetzen, aber bitte nicht auf die Art und Weise, wie es die Fraktion DIE LINKE eben gemacht hat! 76 Fragen, deren Beantwortung natürlich ganz viel Zeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beinhaltet, Zeit, die sie für andere Dinge sehr viel notwendiger hätten!
76 Fragen, die man sich selbst beantworten kann, wenn man die Deputationsunterlagen und die Beschlüsse dazu, an denen man selbst mitgewirkt hat, liest!
Dieses Thema Kinderarmut ist überhaupt nicht geeignet, irgendwelche Spielchen und Effekthascherei zu betreiben, denn fast jedes dritte Kind in Bre––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
men unter 15 Jahren wohnt in einem Haushalt, der von Hartz IV lebt. Das macht deutlich, dass hinter jedem Kind, das in Armut lebt, immer auch eine Familie steht, die mit den Auswirkungen der Armut kämpft. Auffallend viele alleinerziehende Elternteile sind betroffen und hier dann wieder überwiegend Mütter. Es ist erwiesen, dass Armut bei Kindern weitreichende Auswirkungen auf das Aufwachsen hat, dass sie mit Einschränkungen in kulturellen und sozialen Lebenslagen verbunden ist, dass diese Kinder und Jugendlichen in besonderer Weise gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind. Die ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel decken zu oft gerade den notwendigsten täglichen Bedarf. Zusätzliche Ausgaben wie Geburtstagsfeiern bei oder mit Freunden, Tagesausflüge mit der Schule oder Kinobesuche oder sogar Urlaubsreisen müssen im wahrsten Sinne des Wortes vom Munde abgespart werden. Die Pauschalen für Kleidung gehen im Regelsatz auf und lassen auch hier nur die notwendigsten und billigsten Anschaffungen zu. Wenn ich weiß, dass für ein Kind unter 15 Jahren gerade einmal 8 Euro pro Tag zur Verfügung stehen, von denen alle, aber auch alle Ausgaben bestritten werden müssen, und ich weiß, was Essen, Trinken und Kleidung kostet, dann weiß ich, dass diese Kinder und Jugendlichen mit ihren Familien in großer finanzieller Not sind. Armut macht Menschen zu oft zu Außenseitern. Kinder und Jugendliche sind hier in besonderem Maße betroffen. Armut ist auch eine hohe psychische Belastung für Kinder und Jugendliche. Nur Kinder, die von stabilen Eltern aufgefangen werden können, können diesen Belastungen standhalten und zerbrechen nicht. Eltern aber – auch das ist nur zu verständlich – sind doch ebenso belastet durch die Folgen und die Bewältigung ihrer Armut. Es ist ein Teufelskreis, in dem sich diese Menschen befinden, aus dem sie ohne Unterstützung kaum herauskommen können. Hier ist Politik in der Verantwortung, Antworten zu finden. Meinen Unterlagen konnte ich entnehmen, dass sich bereits Politikergenerationen, gleich welcher Fraktion angehörend, wegen der zunehmenden Verarmung vieler Bremer Kinder und Jugendlicher Gedanken gemacht haben. So verwies der ehemalige Abgeordnete der SPD, Herr Dr. Schuster, unser heutiger Staatsrat, in seiner Rede vom 12. Oktober 2006 – da gab es die Linken noch nicht in diesem Hohen Hause – auf die Forderungen der Abgeordneten der SPD, Uta Kummer, und des ehemaligen Kollegen der SPD, Dr. Mario Käse, in der 15. Legislaturperiode – wir befinden uns in der 17. – nach einem Armuts- und Reichtumsbericht. Zu Beginn des nächsten Jahres kommt der Bericht dank der rot-grünen Koalition endlich.
Bereits in der letzten Legislaturperiode haben wir wichtige Schritte eingeleitet, um die Folgen zuneh
mender Verarmung zu mindern, als da wären: Einstieg in die Betreuung unter Dreijähriger – vor allem unter dem Aspekt der Rückkehr in das Berufsleben für junge Mütter als ersten Schritt –, Sprachstandserhebung für Fünfjährige, Förderung der Sprachkompetenz bei auffälligen Kindern, die verlässliche Grundschule von 8 bis 13 Uhr, Einstieg in die Ganztagsschule sowie im Primar- als auch in den SEK-I-Bereichen, Einrichten der Ostercamps für Schülerinnen und Schüler, die von Nichtversetzung bedroht waren, Einrichten erster Sommercamps für Kinder vor allem mit Migrationshintergrund, zahlreiche Projekte im Sozialbereich wie Opstapje, Mama lernt Deutsch, TippTapp, das Familienhebammenprogramm und so weiter.
Die rot-grüne Koalition hat weitere energischere Schritte folgen lassen: Erhalt und Absicherung der laufenden Maßnahmen und Projekte und zusätzlich Aufhebung der Mietobergrenzen.
So konnten vielen Familien und deren Kindern viel Stress und Verunsicherung erspart werden. Weiterhin: Ausbau der Plätze für unter Dreijährige, nun auch unter starker Berücksichtigung sogenannter benachteiligter Kinder, Ausbau der Ganztagsschulen und kostenloses Mittagessen für Kinder im Kita-Bereich, deren Eltern Transferleistungen beziehen oder ein niedriges Einkommen haben. Durch diese Maßnahmen – Herr Frehe hat es eben schon gesagt – konnten allein im Jahr 2008 1208 Kinder mehr an dem gemeinsamen Essen der Kita teilnehmen und können von den Vorteilen dieser Maßnahmen profitieren.
Ausweitung des Rechtsanspruchs für über Dreijährige auf verlängerte Kitazeiten von fünf Stunden, Sprachstandserhebungen in Kindergarten und Schule, deutliche Anhebung der Sprachfördermöglichkeiten für diese Kinder von 15 auf circa 40 Prozent,
Gratuliere! – Verbesserung der personellen Ausstattung im Kitabereich, Fortführung der Programme wie Opstapje, HIPPY, Rucksack und spezielle Eltern-KindKreise, kostenloses Mittagessen in der Schule für Kinder, deren Eltern Transferleistungen beziehen, kostenlose Sommercamps, kostenlose Ostercamps zur Vermeidung von Sitzenbleibern, Erweiterung der Anzahl der Ganztagsschulen! Die Deputation für Bildung hat mit überzeugender Mehrheit dem Schulentwicklungsplan zugestimmt, der durch veränderte Schullandschaften mit veränderten Unterrichtsformen, über
greifenden, aufeinander aufbauenden Stufen allen Kindern beste Chancen bietet, einen ihren Möglichkeiten entsprechenden Schulabschluss zu erlangen.
Hier wird zielstrebig angegangen, was die SPD und mit ihr auch der Koalitionspartner als Ziel angekündigt haben, nämlich eine Entkopplung der sozialen Herkunft von den Bildungschancen der Kinder. Die Ziele und Maßnahmen, die wir im Schulentwicklungsplan aufgeschrieben haben, sind ehrgeizig, müssen finanziell unterlegt werden, aber sie sind der beste, vielleicht der einzige Weg insbesondere für die Kinder, die in Armut leben. Diese bisher ergriffenen beziehungsweise beschlossenen Maßnahmen sind wichtige Voraussetzungen, um einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft in unseren Städten Bremerhaven und Bremen wirkungsvoll zu begegnen. Blauäugig aber ist, wer glaubt, dass so die Kinderarmut beseitigt werden kann.
Meine Fraktion ist sich darüber im Klaren, dass noch weitere Anstrengungen notwendig sein werden, um die durch Armut bedingten Benachteiligungen unserer Kinder und Jugendlichen noch weiter zu minimieren. Ideen dazu gibt es reichlich, nur über Ideen zu sprechen ist nicht das Ding, das die SPD vertritt, sondern wir bringen die geprüften Ideen dann als Beschlüsse ein und werden sie dann hier gern vortragen. Das beinhaltet das!
Nur lassen Sie mich, bevor ich ende, noch etwas sagen, was mir sehr unter den Nägeln brennt! Um die Risiken der Kinderarmut abzufedern, benötigen wir neben den Rahmenbedingungen, die die Politik schafft, vor allem die Akteure vor Ort – die Menschen, die mit den Kindern und Jugendlichen umgehen, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer. Bitte unterstützen Sie unsere Anstrengungen, indem Sie bei Ihren Planungen für Aktionen immer im Kopf behalten: Jedes dritte Kind in Bremen und ganz sicher auch Kinder in Ihrer Gruppe leben in Armut. Das heißt, es gibt für diese Familien nur sehr begrenzte Möglichkeiten, Exkursionen, Ausflüge, Extras, extra Anschaffungen sich vom Munde abzusparen. Wenn wir realistisch und ehrlich sind: Diese Familien haben eigentlich gar keine Möglichkeiten. Darum erlauben Sie mir, an dieser Stelle einen Traum zu äußern, und ich bitte Sie, diesen Traum mit mir zusammen umzusetzen! Ich wünsche mir für jede Kita, jedes Freizi, jede Klasse, jede Schule vielleicht auch nur einen Menschen, der eine Patenschaft für ein Kind übernimmt, um diesem Kind und dessen Familie den gefüllten Esstopf und die gemeinsamen Unterneh
mungen mit Schule oder Kita zu ermöglichen. Durch solch ein bürgerschaftliches Engagement gewännen wir durch kleinste Beiträge des Einzelnen größte Wirkung für die Kinder und Jugendlichen.
Ein Wort an die Eltern: Kein Konzept, kein Projekt, das Politik anbietet, kann Ersatz sein für Sie in Ihrer Verantwortung für Ihr Kind. Bitte, liebe Eltern, nehmen Sie Ihre Aufgabe ernst, denn kein Kind ist ärmer als das Kind, das das Gefühl hat, dass es nicht geliebt wird oder unerwünscht ist! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Senatorin, ist es richtig, dass bei Umsetzung der ersten Frage, nämlich Impfpflicht für alle Kinder, die in den Kindergarten möchten, das Risiko bestände, dass Kinder mit Behinderungen, mit Beeinträchtigungen, insbesondere mit Krampfleiden, ausgeschlossen werden müssten vom Kindergartenbesuch, weil Impfen bei Kindern mit Krampfleiden nicht in allen Fällen vertretbar ist?
Frau Staatsrätin, teilen Sie mit mir die Auffassung, dass suggestive Fragen dieser Art möglicherweise einen bösen Willen unterstellen, der überhaupt nie im Kopf gewesen ist?
Das heißt, Sie sehen genauso wie ich diese Veranstaltung völlig wertfrei?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Hat der Senat Kenntnis über Fälle von sogenanntem Cyber-Mobbing beziehungsweise CyberBullying – das ist eine Nutzung von Internet und Handys, um andere Menschen bloßzustellen und zu demütigen – unter Kindern und Jugendlichen im Lande Bremen?
Zweitens: Welche Präventionsmöglichkeiten sieht der Senat, um die Häufigkeit und die negativen Auswirkungen des Cyber-Mobbings zu reduzieren?
Herr Staatsrat Dr. Schuster, ich freue mich über die umfangreiche und ausführliche Antwort. Ich sehe Jugendliche oben auf der Tribüne schmunzeln und deute dies so, dass sie uns um Nasenlängen voraus sind in ihrer Kenntnis um dieses Problem, aber nichtsdestoweniger ist es wichtig, dass wir ihnen jetzt folgen. Meine Zusatzfrage: Sind auch Fälle von Cyber-Mobbing bekannt, in denen Lehrerinnen und Lehrer zum Opfer wurden?
Wie können sich Opfer gegen Cyber-Mobbing wehren?
Das macht ja auch im Grunde genommen die Gefahr des Cyber-Mobbings deutlich. Eine weitere Zusatzfrage, eine letzte: Ist die aktuelle Arbeit des Servicebüros, das Sie in Ihren Ausführungen benannten, das sich unter anderem hervortut in der Aufklärung und Hilfe zu diesem Problem, für die Zukunft abgesichert?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Notengebung an den Schulen im Lande Bremen“ ist das Thema, das die CDU hier eingereicht hat, über das wir jetzt reden wollen. Die CDU-Fraktion bezieht sich bei ihrer Argumentation auf die Grundschulen. Das ist nachvollziehbar, weil die weiterführenden Schulen Notenzeugnisse erteilen, hin und wieder mit ergänzenden Bemerkungen. Auch ich will mich – der CDU folgend – auf die Grundschulen begrenzen!
Zeugnisse dienen den Erziehungsberechtigten und Verwandten, vor allem aber den Kindern selbst als Hinweis auf ihre erreichten Lernziele und ihren Leistungsstand nach dem Halbjahr beziehungsweise Schuljahr. Zeugnisse, so sagt die CDU, sollen der Leistungssteigerung, der Transparenz und der Rückmeldung an Eltern und Schüler dienen. Die CDU fordert, dass Zeugnisse die Schülerinnen und Schüler motivieren sollen. Die SPD sagt Ja zu diesen Forderungen, ein uneingeschränktes Ja!
Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und FDP, Ihr Weg ist nicht zielführend!
Dieser Weg ist sogar falsch, und das möchte ich an einem realen Beispiel deutlich machen! In diesem Beispiel geht es um eine Schülerin einer Grundschule, die einen Lernentwicklungsbericht erhalten hat. Gestatten Sie, dass ich ihn original vortrage!
„Liebe Marie-Therese, du kommst gern in die Schule und hast ein gutes Verhältnis zu deinen Mitschü
lern. Du hast immer Spaß daran, Aufgaben in der Klasse zu übernehmen und kannst sie dann auch sorgsam erledigen. Mit unseren gemeinsamen Absprachen und Regeln kommst du gut zurecht und bist immer bereit, anderen zu helfen und ihnen zur Seite zu stehen. Am Unterrichtsgeschehen bist du zumeist interessiert und kannst häufig auch deine eigenen Ideen und Sachen dazu beitragen. Du arbeitest gern mit anderen zusammen und kannst Arbeitsanweisungen und -aufträge verstehen und auch umsetzen.“
„Sie stören!“, würde jetzt darin stehen!
„Deine Arbeiten kannst du zumeist selbstständig erledigen und brauchst auch nur noch selten Hilfe. In der letzten Zeit hast du es ganz toll geschafft, auch in der entsprechenden Zeit deine Arbeiten zu erledigen, zum Teil sogar noch vor der Zeit. Das ist ein ganz großer Erfolg für dich! Es gibt aber auch Tage, an denen bist du mit dir selbst so beschäftigt, dass du es nur mit ganz viel Hilfe und Mühe schaffst, an deine Arbeit zu gehen und auch davon etwas zu erledigen. Diese Zeit fehlt dir dann hinterher, und du hast immer große Mühe, dann alles rechtzeitig fertig zu haben. Beim Schreiben von geübten Wörtern, Sätzen und kleinen Texten machst du nur noch selten Fehler, auch bei ungeübten Wörtern und Sätzen wirst du immer sicherer. Du kannst schöne kleine Geschichten zu Bildern und auch selbst ausgedachte Geschichten schreiben. Deine Schrift ist sauber und gut lesbar. Das Lesen von fremden Texten und Geschichten bereitet dir keine Schwierigkeiten. Du kannst den Inhalt verstehen und auch wiedergeben. Das Vorlesen von Texten bereitet dir keine Mühe, und du kannst sie mit Ausdruck und Betonung vorlesen.
„In Mathematik“, Herr Rohmeyer, „kannst du selbstständig im Zahlenraum bis 100 und auch schon darüber hinaus rechnen. Du kannst auch schwierige Plus- und Minusaufgaben bearbeiten und lösen. Ganz toll hast du das kleine Einmaleins gelernt. Da konntest du schon ganz schnell und sicher alle Aufgaben im Kopf rechnen.“
Das ist ein Zeugnis aus der zweiten Klasse. Ich weiß gar nicht, was – –.
„Auch die Geteiltaufgaben, die dazugehören, kannst du schon ganz sicher lösen. Sachaufgaben kannst du verstehen, bearbeiten und lösen. Du kannst mit dem Lineal umgehen, kennst Maße, Längen, kannst mit Geld rechnen und kannst die Uhrzeiten einteilen und zuordnen. Versuche aber auch in Mathematik, dich mehr auf deine Aufgaben zu konzentrieren, dann kannst du sie schneller erledigen. Setze dir eine Zeit,
wie lange du für die ausgewählten Aufgaben brauchen willst.“ Ich höre auf, weil die Konzentration des Plenums ein Stückchen am Ende ist.
Dieses Zeugnis gab hilfreiche Hinweise auf die Störungsquellen, aber auch auf die Stärken, und zwar ohne den tatsächlichen Leistungsstand zu beschönigen. Es zeigt die Wertschätzung der Schülerin, ihre Anstrengungen und individuellen Lernfortschritte. Hier wird das Kind motiviert, an seinen Schwächen zu arbeiten, ohne ihm das Gefühl des Versagens zu geben.
Dieses Zeugnis, mit den Eltern auf dem Zeugniselternsprechtag besprochen, teilt nicht ein in Könner und Nichtkönner in Form von Zeugnisnoten 1 bis 6, sondern erfasst das Kind in seiner ganzen Persönlichkeit. Selbst die von der CDU immer wieder angesprochenen Kopfnoten finden ihren Platz. Diese Zeugnisform des Lernentwicklungsberichtes, an der gern noch gefeilt werden darf, führte nicht zu den fruchtlosen und häufig verletzenden Dialogen zwischen Erwachsenen und Kind: Du musst mehr üben, du musst besser schreiben, du musst deine Hausaufgaben regelmäßiger machen. Das kennen wir alles.
Quintessenz: Notenzeugnisse sagen bei Weitem nicht das aus, was Lernentwicklungsberichte aussagen unter Berücksichtigung der Leistungsbeschreibung. Deswegen lehnen wir als SPD diese Form der Notengebung ab und plädieren für die pädagogisch sinnvolle, hilfreiche und deutlich wertvollere Bewertung unserer Kinder. – Danke!
Frau Senatorin, ich bin ja nun auch Mitglied der Bildungsdeputation, und ich habe diesen Erlass so im Kopf, dass wir gesagt haben, wir wollen die Verknüpfung der Zusammenarbeit, wir wollen ein Netzwerk, das im Grunde genom
men schon besteht, aber auch deutlich verbesserungsfähig ist. Dies wollten wir auf den Weg bringen, haben aber gesagt, dass ein Handlungsleitfaden noch entstehen wird. Trotzdem, um Missverständnisse auszuräumen, auch ein Handlungsleitfaden oder ein Erlass oder eine Richtlinie gefährdet überhaupt nicht geltendes Recht und stellt die Pflicht zur Anzeige von Straftaten nicht in Abrede. Habe ich das so richtig verstanden?