Peter Paul Gantzer

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Last Statements

Sehr geehrte, liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine lange Tradition, dass in der letzten Plenarsitzung einer Legislaturperiode ein Vertreter der Opposition für diese das Schlusswort hält. Meine Fraktion hat mir diese Aufgabe übertragen, wofür ich nicht nur dankbar bin, sondern ich bin mir auch der Ehre bewusst, dieses Schlusswort sprechen zu dürfen.
Zuerst einmal möchte ich den schon von der Präsidentin ausgesprochenen Dank wiederholen, der für alle ausgedrückt worden ist, der aber auch von uns, vonseiten der Oppositionsparteien, ausgesprochen wird. Dieser Dank gilt vor allem den Damen und Herren unserer Verwaltung, an ihrer Spitze Herrn Ministerialdirektor Peter Worm. Dieser Dank gilt selbstverständlich aber auch für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung selbst, seien es die Damen und Herren des Plenardienstes, seien es unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Pfortendienst. Der gleiche Dank gilt unseren Polizeibeamten, dem Rettungsdienst, dem Sicherheitsdienst und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsgaststätte und der Kantine. Sie alle haben es ermöglicht, dass wir hier erfolgreich zusammenarbeiten konnten.
Mein Dank gilt auch besonders den Medien, der Presse, dem Rundfunk und dem Fernsehen. Sie haben zwar über die Opposition nicht immer so gut berichtet wie über die Regierungspartei. Trotzdem haben Sie immer fair berichtet. Ich verbinde das mit dem Gedanken, wie wichtig die Pressefreiheit ist. Wir sehen das an anderen Staaten dieser Erde.
Vielen Dank für Ihre Arbeit. Wo es keine Pressefreiheit gibt, gibt es letztlich auch keine Demokratie. Das müssen wir so klar und deutlich ausdrücken. Deswegen haben Sie in einer demokratischen Gesellschaft eine ganz wichtige Aufgabe. Dafür, dass Sie diese Aufgabe so engagiert wahrgenommen haben, einen recht herzlichen Dank.
Ein besonderer Dank, der mir aus dem Herzen kommt, gilt unserer Präsidentin. Liebe Barbara, hast du schon Tränen in den Augen? – Fast 15 Jahre lang habe ich als Präsidiumsmitglied mit unserer Präsidentin Barbara Stamm intensiv zusammengearbeitet. Barbara Stamm hat für diesen Freistaat eine erfolgreiche und unermüdliche Arbeit geleistet. Sie hatte vor dem Präsidium auch eine Vorgeschichte. Ich gehe davon aus, dass das an anderer Stelle noch gewürdigt wird. Ich sage aber ganz einfach: In der Zeit als Vizepräsidentin und Präsidentin des Landtags wurdest du sozusagen die Mutter der Abgeordneten, aber auch – und das ist ganz wichtig – die Mutter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die sozialen Errungenschaften der letzten zehn Jahre für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landtag haben wir zuallererst unserer Präsidentin zu verdanken. Die Verdienste von dir sind so umfangreich, dass ich darüber eine eigene Rede halten könnte. Ich sage einfach nur: Vielen, vielen herzlichen Dank, Barbara Stamm, für das, was du für uns und für den Freistaat getan hast.
Dann erlaubt mir bitte noch eine kleine Abweichung. Als Überraschungsgast ist meine Ehefrau Elisabeth da. Unsere Präsidentin hat es gesagt: Unser Beruf erlegt uns mehr als eine 48-Stunden-Woche auf. Das geht auch immer wieder auf Kosten der Familie, und deswegen müssen wir sagen: Wir können nur froh sein, wenn wir eine funktionierende Familie haben. Ich sage es einfach einmal so: Liebe Elisabeth, wenn ich nicht schon mit dir verheiratet wäre, würde ich dir heute einen Heiratsantrag machen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, und jetzt noch einige ernste Worte. Ich bin jetzt seit 40 Jahren im Landtag –
40 Jahre, die sehr schöne Jahre waren und die mir viel Spaß gemacht haben. Natürlich wäre es reizvoll, zu fragen: Was ist in diesen 40 Jahren politisch alles schiefgelaufen? Es wäre jetzt aber der falsche Ort und der falsche Zeitpunkt, das zu fragen.
Lassen Sie mich deswegen einige Dinge der letzten 40 Jahre hervorheben; gerade die Jungen wissen das nicht mehr oder können sich das gar nicht mehr vorstellen. Es sind einige Ereignisse, die mich tief berührt haben und die auch die Gesellschaft tief berührt haben. Eines der einschneidendsten Erlebnisse war für mich 1989, der Fall der Mauer und die anschließende Wiedervereinigung. Mit welcher Hoffnung sind wir damals sozusagen neu gestartet! Es war fast ein Reset, den wir in der Politik hatten, und wir hatten alle das Gefühl und auch die Hoffnung, dass durch den Zusammenbruch des Kommunismus ein weltweiter Siegeszug der Demokratie eintreten würde.
Leider müssen wir aber gerade auch bei europäischen Staaten feststellen, dass sich der Trend zu autokratischen und autoritären Systemen verstärkt hat – ich nenne nur Polen, Ungarn oder Italien. Das liegt natürlich auch an ganz bestimmten Dingen, weil sich die Bezugswerte geändert haben. Um es anders auszudrücken: Vor 1989 war die Welt noch klar eingeteilt. Wir hatten Ost/West, wir hatten Freund/Feind, wir hatten gut/böse. Dieses eindeutige Bild gibt es heute nicht mehr und das ist auch in der DDR passiert: Zusammenbruch. Wenn wir sehen, welche Wahlergebnisse wir in den neuen Bundesländern haben, ist auch hier die Messlatte irgendwie verschoben worden, und wir haben es immer noch nicht ganz geschafft, diese Menschen einzubinden, was sich in den Wahlergebnissen niedergeschlagen hat.
Lassen Sie mich die Verunsicherung, die eingetreten ist, anhand eines persönlichen Beispiels darstellen: Ich selber bin Flüchtling. Ich wurde von den Russen vertrieben, bin als Flüchtling nach Westen gekommen. Mein Vater war fünf Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft. Ich war ein Russenfeind. So habe ich auch meinen Wehrdienst abgeleistet. Dann kam 1989, und das Weltbild, das ich hatte, brach zusammen.
Wir haben vom Landtag aus sehr intensive Partnerschaften gegründet und mit Leben erfüllt, zum Beispiel mit der Duma der Stadt Moskau. Wir sind oft in Moskau gewesen, und die Moskauer Kollegen sind oft bei uns gewesen. Einen Höhepunkt für mich war, dass ich vor sechs Jahren aufgrund meiner militärischen Vergangenheit vom russischen Militär eingeladen wurde und in Pskow war, einem Garnisonsstandort. Dort war ich zur Feier des Weltkriegsendes eingeladen und durfte die Rede halten – Sie wissen, wie das mit Panzern und Flugzeugen ist – über die
Freundschaft zwischen Russland und Deutschland, dass endlich Frieden ist und wir nicht mehr aufeinander schießen müssen.
Vor zwei Jahren war ich in den baltischen Staaten, in Litauen. Ich habe das Bataillon der deutschen Bundeswehr besucht, das dort stationiert ist, um den baltischen Staaten die Angst zu nehmen, dass Russland ihnen gegenüber aggressiv tätig werden würde.
Anhand dieser Beispiele sehen Sie, was sich in diesen ganzen Jahren alles verschoben hat. Bereits dieses führt zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung, die nicht mehr genau weiß, wie es vor 1989 war – was ist gut und was ist böse.
Die zweite große Erfindung – sozusagen die große Erfindung –, die in den letzten 40 Jahren stattgefunden hat, war die Internetrevolution. Viele sagen, das war mit der Erfindung des Buchdrucks gleichzusetzen. Auch mich hat das sehr überrascht; denn von Berufs wegen habe ich mit der elektrischen Schreibmaschine angefangen. Heutzutage muss ich in meinem Beruf einen Hightech-Computer benutzen.
Was die Digitalisierung für Auswirkungen auf die persönliche Kommunikation und auf das Miteinander in dieser Gesellschaft hat und welche Auswirkungen diese Digitalisierung überhaupt auf die Arbeit, die Arbeitnehmer und die Arbeitszeit hat, ist bis heute nicht beantwortet worden. Wir knabbern immer noch an den Auswirkungen, gerade auch am Arbeitsmarkt und in der ganzen Arbeitsszene.
Natürlich fragt man sich, wenn man jetzt auch noch die neue Diskussion um die künstliche Intelligenz – KI – sieht, was passieren wird, wenn die KI den Arbeitsmarkt erobern wird. Die Auswirkungen sind überhaupt noch nicht absehbar. Ein sehr renommierter Wissenschaftler, Stephen Hawking, sagte, dass die KI vielleicht die größte Erfindung der Menschheit sein wird; es könnte aber auch die letzte sein.
Das sind Dinge – gerade diese zwei Ereignisse –, die natürlich Unruhe in unserer Wählerschaft ausgelöst haben. Es sind aber nicht nur diese Dinge gewesen: Wenn ich die letzten 40 Jahre bedenke, erinnere ich nur, was wir alles erlebt haben und erleben: die Globalisierung, Kriege, Gewalt und Terror, globalisierte Kapitalflüsse, Finanzkrise, Rentenkrise, Eurokrise, Klimakrise, Flüchtlingskrise, Brexit, das Erstarken von rechtsextremen Bewegungen in vielen europäischen Staaten. Wenn Sie abends fernsehen oder täglich die Zeitung lesen, werden Sie feststellen, dass diese Themen, die ich gerade nannte, immer wieder in den Medien sind. Auch das hat Auswirkungen auf das Gefühl – das Sicherheitsgefühl oder das Unsicherheitsgefühl – der Bevölkerung.
Hinzu kommt, dass es in den letzten 40 Jahren – Sie sehen, ich bin immer wieder bei den 40 Jahren – zu sozialer Ungleichheit gekommen ist. Ich weiß, dass viele sagen – wir haben es auch heute Morgen gehört –: "Bayern geht es gut", und das ist unbestritten. Geht es uns aber in Anbetracht dieser vielen Krisen, die ich eben aufgezeigt habe, wirklich gut? – Tatsächlich ist es doch so, dass weite Teile der Bevölkerung vom wirtschaftlichen Fortschritt abgekoppelt sind.
Auf der einen Seite entziehen sich Konzerne und Kapitalbesitzer immer dreister der Besteuerung, während es auf der anderen Seite an Mitteln für Bildung und Sozialsysteme mangelt. Ich sehe, wie Kindergärtnerinnen oder Pfleger bezahlt werden, und lese, dass nach dem Global Wealth Report die reichsten 10 % der Weltbevölkerung fast 80 % des Nettovermögens besitzen. In Deutschland sieht das nicht anders aus. Den reichsten 10 % der Deutschen gehören mit 63 % fast zwei Drittel des Vermögens, und das oberste eine Prozent der Bevölkerung vereint ein Drittel des Besitzes der gesamten Bevölkerung auf sich.
Noch eine Zahl: 1989 bekamen DAX-Vorstände das Vierzehnfache des durchschnittlichen Gehalts ihrer Mitarbeiter, heute ist es das Sechzigfache. Nach einer DIW-Untersuchung bezogen 1995 die obersten 10 % der Bevölkerung noch 32 % aller Bruttoeinkommen, heute sind es bereits 40 %. Gleichzeitig sank der Anteil der unteren Hälfte der Bevölkerung an der Einkommensverteilung von 26 % auf 17 %.
Welche Ausmaße das angenommen hat, können Sie am besten an den Firmen Apple, Amazon, Google, Microsoft und Facebook sehen, diesen sogenannten Big Five. Das sind inzwischen die fünf wertvollsten Firmen der Welt, und dementsprechend ist auch ihr Einfluss – nämlich sehr, sehr groß. Ich sage einfach einmal: Es ist nicht in Ordnung, dass diese Menschen, die wir nicht kennen und die auch nicht gewählt worden sind, die also keine demokratische Legitimation haben, sich anmaßen, über die Welt zu bestimmen.
Wir sind entschieden gegen Diktaturen, seien es einzelne politische Führer, oder seien es Wirtschaftsführer, denen es nur noch um den Shareholder Value geht. Aufgabe der Wirtschaft müsste es sein, Armut zu beseitigen, also Wohlstand für alle, nicht Wohlstand für wenige zu schaffen. Und lassen Sie mich klarstellen: Das ist kein Aufruf zu einer sozialistischen Revolution, wie das vielleicht manche glauben werden. Das ist nur eine Aufforderung an die Konzerne und Kapitalbesitzer, sich an den Aufgaben dieser Ge
sellschaft zu beteiligen, der sie ihren Reichtum verdanken.
Ich habe das besonders betont, weil ich eines klarstellen möchte: Die Bevölkerung nimmt dieses Auseinanderklaffen von Reich und Arm sehr wohl wahr. Wer sich in ständigen Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern befindet, weiß, dass das immer ein Thema ist. Genau das führt zu einer Entfremdung der Bürger von der klassischen Demokratie. Die Bürger erwarten von den großen Volksparteien Antworten, sie haben aber das Gefühl, dass wir diese Antworten nicht geben. In der letzten Umfrage wurde die Frage gestellt, ob sich die etablierten Parteien und Politiker zu weit von den Wählern entfernt hätten. Drei Viertel, 75 %, haben auf diese Frage mit Ja geantwortet. Das sollte uns zu denken geben.
Diese Entwicklung lässt sich auch an einer weiteren Zahl festmachen, nämlich der Zahl der Nichtwähler. Bei der Bundestagswahl ist die Zahl der Nichtwähler in den letzten 30 Jahren von 15,7 % auf 23,8 % gestiegen, also von 7 Millionen auf 15 Millionen. Noch schlimmer sieht es bei der Zahl der Nichtwähler in Bayern aus. Vor 40 Jahren, im Jahre 1978, als ich zum ersten Mal zur Wahl stand, belief sich die Quote der Nichtwähler in Bayern auf 23,4 %. Das waren 1,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Im Jahre 2013, bei der letzten Landtagswahl, waren es bereits 36,1 %, das heißt, 3,5 Millionen Wählerinnen und Wähler sind nicht zur Wahl gegangen.
Das sind Zahlen, die uns alle, ganz gleich, in welcher Partei wir sind, beunruhigen sollten. Daneben gibt es nämlich noch das Sozialranking, also die Untersuchung des Vertrauens in Berufsgruppen. Seit den 1990er-Jahren haben wir in Deutschland einen fortschreitenden Verfall des öffentlichen Ansehens von Parteien und Politikern zu verzeichnen. Eine zunehmende Anzahl von Bürgern hat laut Meinungsumfragen das Gefühl, dass die etablierte Politik ihre Interessen überhaupt nicht oder nicht ausreichend vertritt und berücksichtigt. Die Politiker haben europaweit einen schlechten Stand. Am schlechtesten schneiden jedoch die deutschen Politiker ab. Sie befinden sich auf dem letzten Platz des Rankings.
Während wir 1978, also vor 40 Jahren, beim Ansehen noch bei 24 % lagen, sind es heute nur noch 5 %. Das ist der letzte Platz für uns Politiker. Begleitet wurde diese Erscheinung durch einen starken Mitgliederschwund in den letzten 40 Jahren, gerade bei den großen Parteien. Das sind Zahlen, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Lassen Sie mich einmal provokativ fragen: Inwieweit sind wir, die großen Parteien,
schuld daran, dass inzwischen Parteien mit einfachsten Botschaften die Parlamente erobern? Anders gefragt: Wie kommt es, dass in Europa und in Deutschland vermehrt Politiker mit nationalistischen Zielen gewählt werden?
Bis heute ist es den Historikern nicht gelungen zu erklären, wie es den Nazis gelungen ist, die Menschen in wenigen Jahren zu radikalisieren und von menschlichen Werten zu entfremden. Was haben die klassischen Parteien damals falsch gemacht? Ich frage aber auch: Was haben wir heute falsch gemacht? Diese Fragen müssen möglichst bald beantwortet werden. Das wird Aufgabe des kommenden Landtags und der künftigen Politik sein.
Wenn ich mir die Ereignisse der letzten 40 Jahre in Erinnerung rufe, kann ich zusammenfassend feststellen: Wir stehen heute an einer entscheidenden Weggabelung, einer Weggabelung, vor der die Politik eigentlich nur alle paar Jahrhunderte steht. Dessen muss sich vor allem der neue Landtag bewusst sein. So sehr wir auf das förderale System pochen, muss uns doch allen klar sein, dass die Globalisierung der Welt keine Rücksicht auf Länderparlamente nehmen wird, die nicht über den Länder-Tellerrand hinausschauen. So stolz wir auf Bayern sind – am 8. November feiern wir 100 Jahre Freistaat Bayern –, so muss uns auch in Bayern und in Deutschland klar sein, dass wir den kommenden Herausforderungen nur in einem vereinten Europa standhalten können.
Europa ist immer noch der stärkste Wirtschaftsraum der Welt. Ich bin der festen Überzeugung, dass nur dieser große Wirtschaftsraum die zukünftige Entwicklung in den Bereichen Umwelt, Sicherheit, Vermögensverteilung und soziale Gerechtigkeit beeinflussen kann. Dazu muss er sich auf seine Stärke besinnen. Wenn wir so weitermachen, wie das jetzt der Fall ist, werden Nationen mit großer Bevölkerungszahl, zum Beispiel China, vielleicht auch Russland, vielleicht auch die USA, an uns vorbeiziehen. Das dürfen wir nicht zulassen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ein Vorbeiziehen dieser Länder zu sozialer Gerechtigkeit und zu sozialer Sicherheit führen wird, im Gegenteil.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass dieses Schlusswort ernster als erwartet ausgefallen ist. Ich mache aber nicht die Tür hinter mir zu und schließe ab, sondern ich und die anderen 38 Kolleginnen und Kollegen, die den Landtag jetzt verlassen, geben nur den Staffelstab an den neuen Landtag weiter, der
sich mit all den genannten Krisen und Erscheinungen auseinandersetzen muss.
Ich selbst habe vor fünf Jahren gesagt, dass ich nicht mehr kandidieren werde. Deshalb bin ich persönlich mit mir im Reinen. Über bestimmte Umfrageergebnisse bin ich einfach nur traurig. Eigentlich müssten wir alle in diesem Raum über die Umfrageergebnisse traurig sein. Ich habe versucht darzustellen, wie es dazu kommen konnte. Wir alle müssen in den Spiegel schauen und uns fragen, was wir falsch gemacht haben und was wir ändern können.
In diesem Sinne wünsche ich zusammen mit meinen ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen dem neuen Landtag Klugheit, Einsicht, Weitsicht und vor allem die Erkenntnis, dass es wichtig ist, dass gerade die etablierten Parteien über die Parteigrenzen hinaus zusammenarbeiten. Hier schließe ich mich meiner lieben Landtagspräsidentin an. Sonst bekommen wir die aufgezeigten Probleme nicht in den Griff. Letztlich geht es darum, diese freiheitliche demokratische Gesellschaft im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Bayern zu erhalten.
Es lebe der Freistaat Bayern! Es lebe der Bayerische Landtag! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Zu dem Thema Kennzeichnungspflicht für bayerische Polizeibeamte zwei Vorbemerkungen:
Erste Vorbemerkung. Das erste Mal, dass ich mit der Polizei intensiv in Berührung kam, war 1962 bei den Schwabinger Krawallen. Viele von Ihnen waren damals noch nicht geboren. Aber das war sozusagen der erste Anlass für die Debatte, ob Polizeibeamte bei großen Einsätzen gekennzeichnet werden sollten. Ich war damals im AStA zweiter Vorsitzender. Als angehender Jurist wurde ich beauftragt, ein Gutachten dazu zu machen. Das Ergebnis war der Vorschlag: Bei Großeinsätzen sollte die Polizei gekennzeichnet sein. So hat es das Studentenparlament dann auch beschlossen.
Zweite Vorbemerkung. Bei den Schwabinger Krawallen 1962 hatten wir alle offene Visiere. Wer wie ein Student ausschaute, musste den Knüppel fürchten. Wir haben uns aber arrangiert. Letztlich haben wir uns auch mit der Polizei arrangiert. Es wurden dann sozusagen Folgemaßnahmen getroffen, dass so etwas nicht mehr vorkommen konnte.
Wir müssen uns jetzt über dieses Thema unterhalten, weil wir die Polizeibeamten heute – das finde ich traurig – in dicke Sicherheitsanzüge stecken müssen, sodass sie nicht mehr identifizierbar sind, wie es früher der Fall gewesen ist. Ich war neulich bei einer Einsatzhundertschaft und habe mir diese Sicherheitsausrüstung einmal anlegen lassen. Etwas mehr als 30 kg an Ausrüstung tragen Polizeibeamte heute im Einsatz mit sich. Jeder von Ihnen sollte sich das einmal umhängen lassen, um zu erfahren, wie sich die Zeiten geändert haben.
Aktueller Auslöser für die Anträge ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 09.11.2017, also ein recht frisches Urteil. Anlass war ein Amateurderby, an dem 1860 München beteiligt war. Zwei Fans wurden beim Polizeieinsatz verletzt. Die dann eingeleiteten Verfahren wurden eingestellt, weil nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, welcher Polizeibeamte tatsächlich Gewalt gegen die Fans ausgeübt hatte. Dies ist von den Fans – ich muss sagen, zu Recht – bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte getrieben worden, der am 09.11.2017 ein wichtiges Urteil gefällt hat. Der Gerichtshof hat gesagt, dass Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt wurde. Der Artikel 3 enthält das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung. Man könne aber, weil die Identität nicht feststellbar war, kein Urteil wegen der Gewaltanwendung sprechen; aber – das ist das Wichtige, was der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt hat – ein verfahrensrechtlicher Aspekt ist verletzt worden. Der Artikel 3 der EMRK besagt nämlich auch, dass solche Verstöße aufgeklärt werden müssen. Das heißt mit anderen Worten, der Artikel 3 gibt ein Recht auf effektive und unabhängige Ermittlungen bei Vorwürfen von Polizeigewalt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das in einem entscheidenden Satz niedergelegt:
Wenn nationale Behörden maskierte Polizeibeamte einsetzen, sollten diese Beamten verpflichtet sein, wahrnehmbar unterscheidbare Kennzeichnungen zu tragen, wie eine Nummer.
Das ist der Unterschied zum Schwarzen Block. Ich würde fast polemisch sagen, auch der Schwarze Block sollte Kennzeichen tragen. Das ist jedenfalls der Unterschied zu früher. Der Schwarze Block ist total maskiert.
Polizeibeamte im Einsatz sind keine Gewalttäter. Man kann sagen, 99,9 % der Polizeibeamten sind auch im massiven Einsatz so tätig, dass alle rechtsstaatlichen Vorschriften und Maßgaben eingehalten werden. Natürlich kann aber immer wieder etwas passieren. Es ist zum Teil sogar menschlich verständlich, dass ein Polizeibeamter ausrastet, wenn er zum vierten Mal getreten wird oder ein Stein geworfen wurde. In der Ausbildung legen wir großen Wert darauf, dass es in einem solchen Fall trotzdem kein Recht gibt, dass dann der Polizeibeamte Gewalt anwendet.
Das Ergebnis des Urteils war übrigens, dass die Bundesrepublik Deutschland und damit auch der Freistaat Bayern verurteilt worden ist, an die zwei Fans Geldstrafen zu zahlen. Das sollte man wissen. Wir haben ein wirklich gutes Urteil des EGMR. Unser An
trag fordert nur die Umsetzung dieses Urteils. Wir beschränken uns ganz eindeutig auf den Einsatz von Polizeibeamten in geschlossenen Einheiten.
Wir werden deshalb den beiden anderen Anträgen nicht zustimmen. Wir sind nicht der Meinung, dass jeder Polizeibeamte sofort eine Nummer oder ein Namensschild bekommen muss. Da gibt es nämlich keine Schwierigkeiten. Jeder, der sich in der täglichen Praxis damit beschäftigt, weiß das: Ich kenne den Polizeibeamten, ich kann ihn identifizieren. Es geht nur um die geschlossenen Einheiten.
Außerdem haben wir ausdrücklich gefordert, wenn eine Nummer kommt, dann muss diese Nummer ständig gewechselt werden. Bei jedem Einsatz bekommt der Beamte eine neue Nummer, weil sonst die Gefahr besteht, dass Polizeibeamte identifiziert und leider auch zu Hause belästigt werden. Das wollen wir nicht. Wir meinen aber, es muss eine eindeutige Identifizierung möglich sein. Andernfalls kommen wir in solchen Fällen faktisch zu einer Straflosigkeit, und das ist nicht im Interesse des Rechtsstaats.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Juristen prüfen vor der Begründetheit immer noch die Zulässigkeit. Was hier geschehen ist, ist parlamentarisch unzulässig. Wir verabschieden heute, vermutlich mit Ihrer Mehrheit, das Gesetz über die Grenzpolizei. Ich muss
nun der Presse entnehmen, dass Sie – Herr Ländner, Sie waren auch dabei – am 1. Juli in Passau – – Heute ist der 11. Juli.
Ich nehme zurück, dass Sie dabei waren. Am 2. Juli hat in Passau ein richtiges Festival mit Festzelt und großer Musikkapelle stattgefunden. Dort wurde die Grenzpolizei eingeweiht, obwohl das Gesetz von diesem Parlament noch nicht beschlossen worden war.
Ich spreche nun auch den Fraktionsvorsitzenden Kreuzer direkt an, den ich als rechtschaffenen Abgeordneten kennengelernt habe.
Ich habe es in den letzten Jahrzehnten noch nie erlebt, dass eine Sache schon eingeweiht wurde, bevor ein Gesetz überhaupt in Kraft getreten ist.
In Passau wurden sogar der Leiter und die Beamten eingesetzt. Wo sind wir denn? – Wenn wir so weitermachen, werden wir zum Parlament einer Bananenrepublik.
Ich merke jetzt ausdrücklich an, dass ich diese Vorgehensweise nicht gutheiße. Ich gehe davon aus, dass sich der Staatssekretär später noch dazu äußern wird. Genau solche Vorgehensweisen tragen dazu bei, das Vertrauen der Bevölkerung in den Parlamentarismus schwinden zu lassen. Das sollte nicht sein, nicht einmal als Ausnahme. Sie von der Regierungspartei sollten das auch wissen.
Jetzt komme ich zur Begründetheit. Lieber Kollege Ländner, liebe Staatsregierung und liebes Innenministerium, was ist die ursprüngliche Begründetheit für den Gesetzentwurf? – Es ist das, was Sie eben wiederholt haben und auch im Innenausschuss gesagt haben: Der Schutz der EU-Außengrenzen sei nicht ausreichend gewährleistet. Daher seien polizeiliche Maßnahmen an den bayerischen Grenzen unumgänglich.
Das haben Sie so gesagt. Das steht wörtlich im Protokoll.
Lesen Sie doch im Protokoll nach. Wenn das wirklich so ist, dann ist doch nicht Bayern der Ansprechpartner. Ansprechpartner hierfür ist der Bund. Richtig wäre gewesen, einen Antrag zu formulieren, mit dem die Bayerische Staatsregierung aufgefordert wird, über den Bundesrat tätig zu werden, dass die Grenze in Bayern gesichert wird. Nach dem Gesetz ist das die richtige Vorgehensweise. Sie wissen das. Sie haben schon darauf hingewiesen, wie das vor dem 01.04.1998 war. Damals hatten wir eine Bayerische Grenzpolizei. Diese hatte grenzpolizeiliche Aufgaben zu erfüllen. Diese Aufgabe hat sie in Übereinstimmung mit dem Bund ausgeübt, da der Bund die Grenzsicherung in Bayern an unsere Grenzpolizei übertragen hatte. Als Schengen kam, wurde die Bayerische Grenzpolizei am 1. April 1998 aufgelöst. Wir hatten uns mit dem Bund geeinigt, dass nur noch der Bund für den Schutz der Grenzen zuständig ist. Das ist auch heute noch gesetzlich klar geregelt. In § 2 Absatz 1 des Bundespolizeigesetzes heißt es, dass der Grenzschutz der Bundespolizei obliegt. Das ist Gesetz. Sie wissen auch, dass Bundesrecht Landesrecht bricht. Es gibt also eine klare Regelung.
Wenn es eine andere Regelung geben soll, muss der Bund mit dem Freistaat ein Verwaltungsabkommen abschließen, wonach Bayern ganz oder teilweise zuständig ist. Es wird seit Tagen davon geredet, dass ein Übereinkommen in Frage steht. Sie selber haben dazu nichts gesagt. Ich gehe daher davon aus, dass Sie nicht wissen, ob etwas zustande gekommen ist. Das wäre aber für die Diskussion schon wichtig gewesen. Ich gehe erst mal davon aus, dass stimmt, was im "DER SPIEGEL" gestanden hat. Danach will der Bund nicht auf seine Kompetenz der Grenzsicherung verzichten. Wörtlich heißt es: Für dieselbe Aufgabe sollte es keine zwei verschiedenen Polizeibehörden geben.
Innenminister Herrmann hat gesagt, auch wenn es zu dem Abkommen kommen sollte, wird die Bundespolizei den Hut aufbehalten. Das ist eine klare Aussage. Damit komme ich zu dem, was mich als Kommandeur und nicht nur einfach Gedienter bei der Bundeswehr am meisten stört. Ich habe als Kommandeur in den Lehrgängen eine Menge gelernt. Der Innenminister ist leider nicht da, aber er ist aus einem Grund, den ich akzeptiere, entschuldigt. Der Staatssekretär Eck hat zwar gedient, aber er ist nur Obergefreiter.
Auch der Ministerpräsident Söder hat Wehrdienst geleistet, aber er ist nur Obergefreiter und weiß daher nichts von Führung. Ich hätte gehofft, dass der Innenminister, der immerhin hochrangiger Reserveoffizier ist, Herrn Söder Einhalt gebietet. Was Söder nämlich plant, ist nur sehr, sehr schwierig zu führen. Eine Person, die etwas von Führung versteht oder auch einmal eine Truppe geführt hat, weiß ganz genau, dass es hier das totale Führungschaos geben wird. Es wird nämlich drei verschiedene Zuständigkeiten geben.
Herr Ländner hat es eben selbst gesagt, und so steht das auch im Bericht des Innenministeriums vom 5. Juli 2018 zur Grenzpolizei. Da steht das wortwörtlich drin, was Sie eben auch gesagt haben: Die unmittelbare organisatorische Anbindung an die Landespolizeipräsidien bleibt erhalten. – Dann haben wir aber noch die Direktion Grenzpolizei, und dann haben wir noch die Bundespolizei. Das heißt, wir haben nicht nur eine doppelte Zuständigkeit, sondern wir haben eine dreifache Zuständigkeit. Die Tatsache, dass der Herr Staatssekretär jetzt so hektisch mit seinen Beamten redet, zeigt, dass ich hier irgendwie eine schwache Stelle getroffen habe. Es kann doch wohl nicht sein, dass für eine einzige Aufgabe drei verschiedene Zuständigkeiten eingerichtet werden. Ich kann nur sagen: Herr Eck, wenn Sie das tragen, dann werden Sie nie Minister.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fasse noch einmal zusammen: Erstens. Die Fachleute, die Polizeigewerkschaften einschließlich der DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft – sind der Meinung, dass es diese sogenannte Grenzpolizei nicht geben sollte. Sie haben das fachlich begründet, so wie ich das eben auch gemacht habe.
Zweitens. Die sogenannte Grenzpolizei ist nichts anderes als eine Ausweitung der Schleierfahndung. Das muss man doch einfach zur Kenntnis nehmen. Man hätte es also bei der Schleierfahndung belassen können. Sie ist ein Erfolgsmodell, wie wir beide wissen. Man hätte sagen können: Also gut, die Schleierfahndung bekommt personelle Unterstützung, sie wird auf 1.000 Beamte aufgestockt. Dann hätten wir genau dasselbe Ergebnis.
Das heißt drittens – und das werden wir hoffentlich auch gleich bei der Rede des Staatssekretärs feststel
len –: Die sogenannte Grenzpolizei ist eine Polizei ohne grenzpolizeiliche Befugnisse.
Ich weiß nicht, ob heute wirklich ein Übereinkommen zustande gekommen ist. Aber das muss man sich einmal vorstellen. Diese Polizei heißt Grenzpolizei, Sie darf an der Grenze aber selbst nicht aktiv werden, weil dort die Bundespolizei zuständig ist.
Das wiederum heißt viertens: Die sogenannte Grenzpolizei – man könnte auch einfach sagen "die Sogenannte"; denn das würde alles beinhalten –, also die Sogenannte ist eigentlich ein Etikettenschwindel. Es steht zwar "Grenze" drauf, aber sie darf an der Grenze nicht handeln. Was ist das? – Das ist ein Fall für den Verbraucherschutz, denn da wird Wählertäuschung betrieben. Der Wähler hört "Grenzpolizei" und denkt: Oh, wie schön. Jetzt bin ich wieder sicherer. – Das stimmt aber praktisch nicht.
Deshalb fünftens und letztens, das haben Sie schon vorweg genommen, aber ich stehe dazu, schließlich bin ich selbst lange genug dabei: Die sogenannte Grenzpolizei ist nichts anderes als ein CSU-Wahlkampfschlager.
Ich habe das schon so oft bei Ihnen erlebt. Sie wissen, dass die Bevölkerung ängstlich ist. Also machen Sie der Bevölkerung erst einmal richtig Angst. Dann aber sagen Sie: Wir haben die Musterlösung. Wir schützen euch, in diesem Fall durch die sogenannte Grenzpolizei. Ich muss sagen, das ist ein untaugliches Mittel. Das hätten Sie mit dem Bund aushandeln müssen, so wie ich es schon am Anfang gesagt habe. Sie hätten die Ängste, die Sie haben, mit dem Bund aushandeln müssen. Sie hätten sagen müssen: Bund, du bist für die Grenze zuständig. – Sie dagegen führen hier eine sogenannte Grenzpolizei ein. Damit sind Sie beim Bund auf starke Widerstände gestoßen, das wissen Sie.
Ich kann nur sagen: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf aus guten Gründen ab. Wir werden es zwar nicht mehr schaffen, Ihre Mehrheit dieses Mal auszuhebeln, aber ich sage Ihnen gleich: Hier führen wir ein untaugliches Mittel ein. Ich bedaure sehr, dass Sie das auf eine Art und Weise getan haben, die dem Parlamentarismus nicht entspricht.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Ich will zu dem zurückkehren, was der Staatssekretär nicht gesagt hat und was auch der Kollege Ländner – ist er da? nein, er ist nicht da – nicht gesagt hat, was Sie beide nicht gesagt haben und was ich ausdrücklich gerügt habe. Ich hatte gesagt, es gibt den § 2 Absatz 1 des Bundespolizeigesetzes, wonach der Grenzschutz ausschließlich der Bundespolizei obliegt. Dann habe ich gesagt, wenn etwas geändert werden soll, dann sollte zuerst ein Abkommen vorliegen. Mir ist zwar vonseiten der Verwaltung zugeflüstert worden, es soll jetzt ein Abkommen geben. Aber Sie haben dazu nichts gesagt. Herr Ländner wusste nicht, dass es ein Abkommen gibt. Ich hätte jetzt gern gewusst: Gibt es eine Absprache mit dem Bund, dass Sie grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnehmen können? Denn dann ist das Gesetz gar nicht verabschiedbar, wenn Sie nicht einmal eine Regelung mit dem Bund bezüglich grenzpolizeilicher Zuständigkeiten getroffen haben.
Es kommt etwas hinzu; das ist das Zweite, was ich gern gewusst hätte. Ich hatte gesagt, es kann doch wohl nicht sein, dass hier eine dreifache Zuständigkeit für die sogenannte Bayerische Grenzpolizei in Kraft treten soll, eine dreifache Zuständigkeit! Auch dazu haben Sie nichts gesagt. Ich meine, diese zwei Dinge müssten Sie uns hier einmal verantwortlich erklären, Herr Staatssekretär.
Vor allem: Was ist mit dem Bund? Hat der Bund Ja gesagt, oder hat er sich gesträubt? Und bleibt es dabei, wie das Innenminister Herrmann gesagt hat: Der Bund behält den Hut auf?
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Lieber Herr Ländner, Ihrem Antrag kann ich nur zustimmen. Der erste Satz lautet: Der Landtag dankt den Polizeikräften angesichts des Erfolgs beim letzten Einsatz. – Für mich stellt sich die Frage: Warum danken Sie nicht auch der Polizei in München, die im letzten Monat einen Messerstecher sehr kompetent festgesetzt hat? Auch dafür müssten wir unserer Polizei Dank aussprechen.
Wir haben eine der besten Polizeien, jedenfalls in Deutschland, wenn nicht gar in Europa. Wir schließen uns uneingeschränkt dem Lob an und sagen: Unsere Polizei macht eine gute Arbeit. Damit ist der erste Satz des Dringlichkeitsantrags schon erledigt.
Mit dem zweiten Satz wird die Staatsregierung aufgefordert, über den Taser-Einsatz zu berichten. Ich habe festgestellt, dass der Innenminister genau an diesem Tag eine Pressekonferenz abgehalten hat. Damals hat er schon darüber berichtet, dass die Einsatzmöglichkeiten des Tasers ausgeweitet werden sollen. Und, Herr Ländner, außerdem haben Sie, wenn ich Sie richtig verstanden habe, das Ergebnis bereits vorweggenommen. Wir wollen doch einen Bericht bekommen und darüber diskutieren. Wir wollen prüfen, wie weit wir die Einsatzmöglichkeiten ausdehnen sollten und wie viele Polizeibeamtinnen und -beamten berechtigt sein sollten, künftig die Taser-Pistole zu benutzen. Das ist noch nicht ausdiskutiert. Sie haben das Ergebnis bereits vorweggenommen. Herr Ländner, das ist nicht der Sinn eines Berichtsantrags. Wir wollen erst einmal darüber aufgeklärt werden, was eine Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten bedeuten würde.
Die CSU-Fraktion hat einen Dringlichkeitsantrag mit zwei Sätzen eingereicht, also eigentlich einen sehr dünnen. Im Prinzip hätte die CSU-Fraktion drei Dringlichkeitsanträge einreichen können. Ich frage Sie: Ist der CSU nichts mehr eingefallen? Haben Sie überhaupt keine Ideen mehr? Ist das der kleinste machbare Nenner in Ihrer Fraktion, einen solchen Dringlichkeitsantrag dem Parlament und dem Plenum vorzulegen? Ich hätte erwartet, dass Sie drei Dring
lichkeitsanträge vorlegen und Herrn Ministerpräsident Seehofer in Berlin unterstützen. Heute wurde viel über die Umwelt und andere Themen diskutiert. Ich will sie hier gar nicht alle nennen. Ich hätte erwartet, dass Sie heute Anträge stellen, um Ihren Ministerpräsidenten zu unterstützen.
Ich habe gelesen, dass sich Staatssekretäre, Landräte und Landtagsabgeordnete gegen den Ministerpräsidenten aussprechen. Die Junge Union tut dies in ganz besonderer Weise. Bei Ihnen scheinen momentan die Sachprobleme keine große Rolle mehr zu spielen. Ich habe den Eindruck, dass Sie gerade versuchen, nach Möglichkeit den Frieden zu wahren. Deshalb haben Sie Anträge wie diesen eingereicht. Als langjähriger Parlamentarier sehe ich darin keinen Sinn. Wir werden diesem Antrag zustimmen, weil man ihm nur zustimmen kann. Ich verstehe ihn aber nicht.
Herr Fahn, ich habe nur eine Frage: Was sagen Sie dazu, dass der Kollege Streibl im Rechts- und Verfassungsausschuss gesagt hat: Grundsätzlich sollen keine Abschiebungen aus Schulen erfolgen, im Ausnahmefall sind sie aber zulässig.
Frau Kollegin, was sagen Sie denn dazu, dass die Kollegin Bause im Rechts- und Verfassungsausschuss zu genau diesem Thema gesagt hat, dass grundsätzlich keine Abschiebungen aus Schulen stattfinden sollen, dass sie aber im Ausnahmefall stattfinden können?
Herr Kollege Straub, nachdem mir gegenüber ein ziemlich schwerwiegender Vorwurf erhoben worden ist – nämlich dass ich eine Verleumdung begangen hätte –, frage ich Sie: Sie waren in der Sitzung des Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen, die ich gerade zitiert habe, anwesend und haben auch das Wort ergriffen. Wissen Sie, was die Kollegin Bause gesagt hat? Wenn nicht, sage ich hier ganz eindeutig: Es gibt ein Protokoll. Frau Kamm, lesen Sie dieses bitte nach und behaupten nicht etwa, dass ich verleumderisch tätig bin. Ich fordere Sie auf, diesen Vorwurf mir gegenüber zurückzunehmen.
Herr Kollege Herold, hinter allem, was Sie ausgeführt haben, ste hen auch wir. Wir haben die Errichtung eines Landes amts für Sicherheit in der Informationstechnik schon immer für sehr wichtig gehalten. Deswegen habe ich im letzten Jahr auch einen Berichtsantrag gestellt. Ich wollte wissen, ob es ein Landesamt geben soll. Die sen Antrag hat die CSU mit ihrer Mehrheit im Innen ausschuss am 12. Oktober 2016 mit folgender Be gründung abgelehnt:
Zudem wäre die von der SPD vorgeschlagene Schaffung einer unabhängigen Stelle angesichts des bestehenden Kompetenzgefüges schwierig: Die Staatsanwaltschaft sei nämlich immer die Herrin des Ermittlungsverfahrens. …
… der Antrag der SPD sei tendenziös …
Lieber Herr Kollege, wie erklären Sie sich diesen Ge sinnungswandel, den die CSU innerhalb von wenigen Monaten vollzogen hat?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Als Vorbemerkung möchte ich aufgreifen, was Herr Kollege Herrmann zum Schluss gesagt hat, nämlich dass wir eine Anhörung durchgeführt haben. Ich habe schon viele Anhörun gen erlebt; auch diese hat sich dadurch ausgezeich net, dass eigentlich alle Sachverständigen die gleiche Meinung vertreten haben wie die Partei, die sie be nannt hat. Man muss also mal hinterfragen, inwieweit Anhörungen wirklich sinnvoll sind; denn wir haben im Innenausschuss ausführlich darüber diskutiert, und von den Sachverständigen sind keine neuen Erkennt nisse gekommen. Die einzige Neuigkeit war, dass der Datenschutzbeauftragte Petri aus Sicht des Daten schutzes keine Einwendungen erhoben hat.
Lieber Kollege Herrmann, Sie haben wieder Aussa gen zitiert zu Freiheit und Sicherheit. Man sagt, das seien zwei Seiten derselben Medaille. Ich würde lie ber sagen: Das ist eine Waage; eigentlich sollte jede Maßnahme mit den Gewichten Freiheit und Sicherheit
abgewogen werden. Wir sollten dann erreichen, dass diese Gewichte ausgeglichen sind. Das heißt: Es darf auf jeden Fall nicht so sein, dass ein vermeintliches Mehr an Sicherheit zulasten der Freiheit geht. Das möchte ich damit ausdrücken.
Gerade die Unionsparteien haben bekanntlich die schöne Eigenschaft: Wenn es um Sicherheit geht, rei ten sie immer auf der Rasierklinge. Man weiß nie genau, nach welcher Seite so ein Verfahren ausgeht. Ich erinnere jetzt, um das zu beleuchten, an zahlrei che Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, an zahlreiche Entscheidungen des Europäischen Ge richtshofes, die immer wieder gerade unionsgeführten Gesetzen eine Absage erteilt haben. Dann musste nachgebessert werden.
Damit will ich aufzeigen, dass wir bei diesem neuen Gesetz, bei diesen Änderungen natürlich – und damit werde ich konkret – schon Bauchschmerzen gehabt haben, gerade unter dem Gesichtspunkt, den ich ge rade aufgeführt habe, dass nämlich Freiheit und Si cherheit ausgeglichen sein müssen. Ich will jetzt nicht die Einzelheiten aufführen, weil wir ausführlich darü ber gesprochen haben. Alle diese Dinge, die einge führt werden, sind im präventiven Bereich, wo wir ei gentlich noch viel sensibler sein sollten. Sie führen mit der drohenden Gefahr einen neuen Begriff ein. Darü ber, was darunter zu verstehen ist, wird sicherlich erst die Rechtsprechung entscheiden.
Dann sehen Sie Aufenthaltsgebote, Kontaktverbote, die EAÜ – die elektronische Aufenthaltsüberwachung, darunter fällt vor allem die Fußfessel –, die Quellen TKÜ, die Ingewahrsamnahme, eine Freiheitsentzie hung im präventiven Bereich, vor. Bei all diesen Din gen sage ich: Wir haben zu Recht Bedenken gehabt, ob wir zustimmen können oder nicht. Aber wir haben uns dazu entschieden: Lassen wir es erst einmal so laufen. Zum Glück haben wir unsere Obergerichte. Wir werden uns der Stimme enthalten, aber wir kündi gen auch schon an, dass wir uns unter den Gesichts punkten, die wir vor allem im Innenausschuss aus führlich aufgeführt haben, vorbehalten, in der nächsten Legislaturperiode eine Evaluation dieser Gesetzesänderungen zu verlangen, um zu sehen: Hat das wirklich Sinn gemacht? Zum Beispiel gibt es bei der Fußfessel praktische Erwägungen gerade seitens der Polizei, ob dieses Instrument nun wirklich wirksam ist oder nicht; Ähnliches gilt für die Ingewahrsamnah me im präventiven Bereich. All diese Dinge müssen aus der Praxis heraus noch einmal beleuchtet wer den.
Ich fasse zusammen: Wir werden uns bei dem Ge setzentwurf enthalten, aber wir werden in der nächs ten Legislaturperiode darauf zurückkommen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mit zwei Vorbemerkungen anfangen. Erstens. Was ist Sicherheit? – Sicherheit ist ein zentrales Bedürfnis eines jeden Menschen. Das ist immer schon so gewesen. Deswegen ist das eigentlich nichts Neues. Das einzig Neue in einem modernen Rechtsstaat besteht darin, dass ganz früher jeder selbst für seine Sicherheit verantwortlich war. Wir haben sozusagen als Geburtsstunde des Rechtsstaates das Gewaltmonopol des Staates eingeführt. Es hat lange gedauert, bis der Staat das wirklich übernommen hat.
Zweitens. Wenn wir Sicherheit diskutieren, dann müssen wir immer wieder die zweite Seite der Sicherheit sehen, die zweite Seite der Medaille. Wir haben auf der einen Seite die Sicherheit, aber auf der anderen Seite die Freiheit des Bürgers. Artikel 2 des Grundgesetzes legt ausdrücklich Wert darauf, dass sich der Bürger frei entwickeln darf und dass er in einem Rechtsstaat frei leben darf. Die andere Seite ist die Sicherheit. Otto Schily hat das mal sehr schön gesagt: Auch Sicherheit ist ein Grundrecht. – Diese beiden Grundrechte gilt es immer gegeneinander abzuwägen. Es gilt, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. Das ist das Schwierige. Das ist auch das Schwierige für die CSU. Deswegen haben wir manchmal unterschiedliche Meinungen.
Mit diesen zwei Vorbemerkungen stelle ich fest, wer letztlich tatsächlich für das Gewaltmonopol zuständig ist. Das ist unsere Polizei. Die Polizei gewährleistet die Sicherheit. Deswegen schließe ich mich dem Dank an, den Herr Herrmann gerade an die bayerische Polizei ausgesprochen hat. Sie leistet eine hervorragende Arbeit. Da gibt es gar nichts zu diskutieren. Die Aufklärungsquote ist hervorragend. Die Kriminalitätshäufigkeitszahl ist hervorragend. Wir machen also eine hervorragende Arbeit in Bayern.
Aber man kann nicht Berlin als Beispiel heranziehen, Herr Herrmann. Wenn Sie Berlin als Vergleich heran
ziehen, dann ist das völlig falsch. Man kann nicht Stadtstaaten mit Flächenstaaten vergleichen.
Vergleichen Sie es lieber mit München. Das ist zwar die sicherste Großstadt, aber dort sind die Zahlen natürlich ganz anders als in Bayern insgesamt. Ich will damit nur sagen, dass man in seinen Vergleichen fair sein sollte.
Lieber Herr Herrmann, ich habe gesagt, das ist die Arbeit der Polizei. Sie sind darauf gar nicht eingegangen; denn das ist Ihr großes Minus. Ich sage kurz zusammengefasst: Wir haben zu viele Überstunden. Diese sind zwar jetzt von 2 Millionen auf 1,8 Millionen Überstunden abgebaut worden, aber das muss man sich mal vorstellen: Jeder Polizeibeamte und jede Polizeibeamtin in Bayern hat 80 Überstunden.
Das ist in anderen Ländern nicht der Fall. Bayern hat also zu wenig Polizisten. Sie loben immer, dass wir diesen hohen Personalstand haben. Wenn Sie die Polizeidichte in Deutschland insgesamt ansehen, dann stehen wir in Bayern nicht an der Spitze. In Bayern ist die Polizeidichte irgendwo im Mittelfeld angesiedelt.
Sie loben jetzt, was Sie aufbauen. Wer hat denn dafür gesorgt, dass wir einen so niedrigen Personalstand haben? – Das war der frühere Innenminister und spätere Ministerpräsident Stoiber, dem wir das zu verdanken hatten,
dass wir auf einmal so wenig Polizei hatten. Das ist doch ein Mangel gewesen, den Sie zu verantworten hatten.
Sie feiern, dass Sie immer wieder aufbauen, reparieren aber nur Fehler, die Ihr damaliger Innenminister und späterer Ministerpräsident Stoiber gemacht hat. Ich will das mal auf den Boden bringen.
Weiterhin nenne ich die Haushaltsberatungen. Die Polizei ist zu schlecht bezahlt. Auch in Bayern ist sie zu schlecht bezahlt. Außer den Bundeswehrangehörigen ist der Polizeibeamte der Einzige, der in Aus
übung seines Dienstes Leib und Leben einsetzen muss. Das gehört anständig bezahlt. Aber das tun Sie nicht. Sie weigern sich immer, unseren Anträgen nachzukommen. Da wäre Nachholbedarf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, letztlich ist die Polizei auch zu wenig durch die Justiz geschützt. – Bedauerlicherweise ist der Justizminister heute nicht da. Ich habe es ihm aber auch schon einmal persönlich gesagt. Wenn ich sehe, dass bei Gewalttaten gegen Polizeibeamte 80 % der Verfahren eingestellt werden, dann frage ich mich: Was macht eigentlich der Innenminister mit dem Justizminister? Herr Herrmann, ich würde ihm den Hals umdrehen.
Gut, Entschuldigung. Das nehme ich gleich wieder zurück. Das könnte nämlich falsch ausgelegt werden. Ich würde ihn aber in den Schwitzkasten nehmen, wenn ich das so sagen darf.
Nehmen Sie ihn in den Schwitzkasten. Aber das geht nicht. Was ist da los?
Ich komme nun zu den Einzelfällen. Es gibt den Rechtsextremismus. Hier haben die Anschläge und Übergriffe in den letzten Jahren bedrohlich zugenommen. Das muss man einfach feststellen. Hier müsste die Präventionsarbeit ausgeweitet werden. Da sehe ich noch nicht sehr viel. Es gibt die Radikalisierung. Der Sozialkundeunterricht an den Schulen wäre wichtig, um den Rechtsextremismus bereits im Vorfeld in den Griff zu bekommen. Hier passiert null. Dasselbe gilt für den Islamismus. Die Präventionsarbeit auch im Sozialkundeunterricht wäre wichtig, um die Radikalisierung zu verhindern. Für uns gilt genauso wie für Sie: Null Toleranz gegenüber Hasspredigern und Islamisten. Hier stehen wir auf derselben Seite wie Sie.
Cybercrime ist auch eine neue Herausforderung. Die Kriminalität im Internet steigt rasant an. Im Internet ist viel los. Dort wird vieles gehandelt. Es gibt den Menschenhandel, den Waffenhandel, den Drogenhandel, den Handel mit kinderpornografischem Material, den Kreditkartenbetrug und die Online-Erpressung mit Computerviren. Das haben wir auch gerade wieder erlebt. Hier gibt es für die bayerische Polizei noch großen Nachholbedarf. Es muss festgestellt werden, dass das Internet zwar ein freier, aber kein rechtsfrei
er Raum ist. Deswegen muss hier mehr getan werden.
Bei Ihnen ist das größte Manko der Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität. Bei Ihrem Umgang mit den Panama-Papieren, dem Gammelfleisch-Skandal, dem Bayern-Ei-Skandal, den Cum-Ex-Geschäften, der Steuerhinterziehung, der Steuerflucht von Starbucks, Apple und Google sehe ich Fehlanzeige. Was im Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität passiert, ist eigentlich nichts.
Herr Herrmann, ich nehme jetzt ausdrücklich Bezug auf das, was Sie am Anfang gesagt und zum Schluss noch einmal betont haben. Ich beziehe mich auf Ihren Lackmustest. Ich bin von Ihren Vorwürfen persönlich betroffen. Auch meine Fraktion ist geradezu sensibilisiert durch Ihre Vorwürfe. Ihr Vergleich mit anderen Ländern hinkt. Ihr Vorwurf, dass wir von der SPD bei der inneren Sicherheit sozusagen vaterlandslose Gesellen seien, ist eine Unverschämtheit.
Das wäre so, als würde ich Ihnen vorwerfen, Anhänger eines Polizeistaates zu sein. Das werfe ich Ihnen ganz ausdrücklich nicht vor!
Ich möchte noch einmal auf meine vorherigen Bemerkungen zu Freiheit, Sicherheit und zum Verhältnismäßigkeitsprinzip eingehen. Bitte haben Sie immer im Hinterkopf: Wir sind nicht nur die älteste demokratische Partei Deutschlands, wir haben auch in der Vergangenheit schon eine Menge erlebt. Gerade im Dritten Reich haben wir erlebt, was es heißt, eine Geheimpolizei zu haben, ohne Gesetze verfolgt, gefoltert und eingesperrt zu werden. Damals haben wir harte Erfahrungen gesammelt, was ein Staat mit den Bürgern machen kann. Wir sind in diesem Bereich sensibler als Sie. Das sollten Sie eigentlich wissen. Wir sind zu Recht sensibler. Wir verteidigen zu Recht den Rechtsstaat stärker. Wir legen deswegen mehr Wert darauf, dass die Freiheit des Bürgers respektiert und geschützt wird. Wir wissen, dass dies ein schwieriges Unterfangen ist. Die Waage zwischen Sicherheit und Freiheit muss ausgeglichen sein. Ich empfinde den Vorwurf, dass wir von der SPD bei der inneren Sicherheit unsichere Gesellen seien, wirklich als starkes Stück und sogar als Beleidigung. Das nehme ich nicht hin! Wenn es weiterhin Ihr Ziel sein sollte – das ist typisch für Ihre Argumentation –, uns in die unsichere Ecke zu drängen, dann mache ich da nicht mehr mit, Herr Herrmann. Ich bitte Sie, zukünftig die Diskussion fair zu führen. Es gibt keinen Zweifel daran, dass der beste Innenminister Deutschlands Otto Schily gewesen ist.
Nach einem solchen Innenminister können Sie lange suchen. Sie hatten einen Innenminister, der einen Meineid geschworen hat. Sie hatten einen Innenminister, der Personal abgebaut hat.
Wenn man sieht, was wir im Gegensatz zu Ihnen für die innere Sicherheit getan haben, darf man Ihre Vorwürfe überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. Diese sind nämlich ungerechtfertigt. In diesem Sinne bitte ich Sie, uns zuzugestehen, dass wir uneingeschränkte Verfechter der inneren Sicherheit sind.
Wir wissen, wie wichtig die Sicherheit für die Bürger ist. Bitte bedenken Sie aber auch, dass wir Ihr schlechtes Gewissen sein müssen.
Herr Präsident, sehr geehrter Herr Innenminister, Kolleginnen und Kollegen! Ich darf meine Ausführungen mit einem Grundsatzstatement beginnen: Es ist richtig, dass wir eine verschärfte Terrorbedrohung haben. Es ist rich tig, dass die Anzahl extremistischer Gewalttaten in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Deshalb ist es auch richtig, dass wir als Gesetzgeber immer wie der überprüfen müssen, ob zur Verhinderung der sich daraus ergebenden Gefahren die gegebenen polizeili chen Präventivmaßnahmen nach den Polizeigesetzen ausreichend sind oder verbessert werden müssen. Bei uns betrifft dies das Polizeiaufgabengesetz.
Bei allen geplanten Maßnahmen ist aber die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten. Das hat festgestellt, dass solche Maßnah men – auch solche, wie Sie sie gerade vorgestellt haben – in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen sind. Es geht dabei um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen möglichen tiefgreifenden Eingriffen in die Privatsphäre einerseits und der als gleichrangig zu
bewertenden Sicherheit des Staates sowie der von ihm zu gewährleistenden Sicherheit der Bevölkerung andererseits.
Es geht also immer darum, dass das Verhältnismäßig keitsprinzip gewährleistet ist, dass bei den Maßnah men, die wir beschließen, immer ein Gleichgewicht von Freiheit und Sicherheit herrscht. Freiheit und Si cherheit sind die Vorder und Rückseite derselben Medaille. Wir müssen daher bei all diesen Maßnah men immer wieder bedenken: Wird die Freiheit des Bürgers durch polizeiliche Präventivmaßnahmen un verhältnismäßig eingeengt?
Anlass des Gesetzentwurfs, den Sie gerade vorge stellt haben, ist das sogenannte BKAUrteil des Bun desverfassungsgerichts vom 20.04.2016, in dem ver schiedene Regelungen, die 2009 in das BKAGesetz eingefügt worden sind, wegen Verstoßes gegen den gerade genannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für nichtig erklärt wurden. Zwar geht das Urteil – deswe gen BKAUrteil – natürlich nur auf das BKAGesetz ein; aber es hat selbstverständlich Auswirkungen auf alle Polizeigesetze in den Ländern, also auch auf unser PAG. Deswegen hat die SPD schon unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils des Bundesverfas sungsgerichts Mitte 2016 einen entsprechenden An trag eingebracht, um der Rechtsprechung des Bun desverfassungsgerichts nachzukommen. Ich freue mich, dass wir jetzt, ein Jahr später, von Ihnen den Gesetzentwurf vorgestellt bekommen.
Zugrunde liegt dem Gesetzentwurf außerdem, dass wir 2018 zwei wichtige europäische Bestimmungen umsetzen müssen, nämlich zum einen die euro päische DatenschutzGrundverordnung, zum anderen die europäische Datenschutzrichtlinie. Man muss sagen: Respekt, dass Sie sozusagen im Vorgriff auf die erst in anderthalb Jahren in Kraft tretenden Be stimmungen diese eingearbeitet haben. Wir begrüßen es, dass das in dem Gesetzentwurf seinen Nieder schlag gefunden hat.
Lassen Sie mich aber konkret zu Ihren Ausführungen Folgendes feststellen: Natürlich kann dieser Gesetz entwurf, so wie er vorgelegt worden ist, von uns nicht uneingeschränkt begrüßt werden. Wir sehen hier in manchen Dingen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – ich sage einfach mal ganz schüchtern – zumindest gefährdet, wenn nicht sogar verletzt. Ich sage Folgen des in aller Kürze, weil wir die Anhörung haben wer den.
Erstens ist die Einführung der elektronischen Aufent haltsüberwachung, EAÜ – das ist die Fußfessel, von der Sie eben gesprochen haben – ein sehr großer Einschnitt in die persönliche Sphäre eines Menschen.
Dieser passiert ja im präventivpolizeilichen Bereich. Man muss sich also immer wieder fragen, ob das einer präventivpolizeilichen Tätigkeit noch angemes sen ist, weil mit einer solchen elektronischen Aufent haltsüberwachung natürlich auch ein Bewegungsbild erstellt werden kann. Und die Frage ist, ob das über haupt praxistauglich ist. Alle Polizeigewerkschaften sagen: Das ist nicht praxistauglich, das macht uns nur mehr Arbeit. Das kann nicht die Musterlösung sein.
Ich komme zweitens zur Gewahrsamnahme. Letztlich ist die Gewahrsamnahme eine Freiheitsstrafe von drei Monaten. So muss man es einfach sehen. Jedenfalls ist sie mit einer Freiheitsstrafe zu vergleichen; denn der Mann oder die Frau wird weggesperrt, wie Sie eben selbst gesagt haben. Solche Maßnahmen im präventiven Bereich müssen hinterfragt werden. Da bin ich gespannt, was unsere Anhörung ergeben wird.
Ich komme drittens zur QuellenTKÜ. Auch hier gilt: Ich halte eine QuellenTKÜ im präventivpolizeilichen Bereich für nicht verhältnismäßig, weil das ein tiefer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist.
Wir haben einen Fragenkatalog vorgelegt, auf den ich mich beziehe. Wir haben uns noch kein endgültiges Urteil gebildet, weil auch auf unseren Antrag hin eine Anhörung beschlossen worden ist. Unsere Fragen sind klar und deutlich formuliert. Wir behalten uns auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Anhörung vor, wie wir uns endgültig entscheiden werden. Unsere Kritik haben Sie aber schon vernommen. Wir werden dem Gesetzentwurf so, wie er vorliegt, nicht ohne Weiteres zustimmen können. In diesem Sinne wün sche ich mir eine gute Anhörung und eine gute Bera tung im Innenausschuss.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Besucher, liebe Vertreter der Presse, liebe Mitarbeiter der Ministerien und des Landtagsamts! Wir behandeln am Schluss der Plenardebatte ein so wichtiges Thema, dass ich bedauere, es jetzt vor leerer Kulisse besprechen zu müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich greife dabei auch die Anregung der Kollegin Gottstein auf. Letztlich ist uns das Thema so wichtig, dass wir eigentlich alle an einem Strick ziehen müssten. Zu einem großen Teil können wir das auch.
Deswegen sage ich es ganz kurz: Dem Antrag der GRÜNEN werden wir zustimmen. Beim Antrag der FREIEN WÄHLER enthalten wir uns – das habe ich schon mit Frau Gottstein besprochen. Bei den Nummern 3, 4 und 8 hätten wir Nachbesserungsbedarf. Das wäre jetzt aber nicht zu leisten.
Es bleibt der CSU-Antrag. Herr Kollege Herrmann, Sie haben es selber gesagt: Unser Antrag enthält eine Menge an Forderungen, denen Sie zustimmen könnten. Umgekehrt enthält auch Ihr Antrag sehr viel, dem wir zustimmen könnten. Ich muss nur die sechs Spiegelstriche nehmen, die Sie formuliert haben. Darüber könnten wir uns sofort unterhalten. Die Einleitung Ihres Antrags hat uns aber ein bisschen gestört. Sie wollen, dass wir dem Sicherheitskonzept der Staatsregierung vom 10. Januar 2017 uneingeschränkt zustimmen. Dieses enthält aber einige Giftzähne, die wir nicht akzeptieren können.
Schon aus den Überschriften ergibt sich ein grundsätzlicher Unterschied zwischen unseren Anträgen. Ihr Antrag lautet: "Freiheit und Sicherheit durch Recht und Ordnung – Bayern handelt!" Das ist ein typischer Law-and-Order-Antrag. Sie haben so tief in die Kiste der inneren Sicherheit gegriffen, dass nicht einmal eine Schraube mehr übrig geblieben ist. Sie haben alles herausgeholt und alles verwurschtelt. Unser Antrag trägt dagegen die Überschrift: "Balance zwischen Freiheit und Sicherheit wahren." Darum geht es in unserer Sicherheitspolitik immer wieder. Freiheit und Sicherheit sind zwei Seiten derselben Medaille. Wie gewährt man genügend Sicherheit, ohne die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger entscheidend zu schmälern? Über dieses Thema unterhalten wir uns immer wieder, und dabei fallen wir auch immer wieder auseinander.
Deswegen sage ich Ihnen gleich: Über einige Punkte im Sicherheitskonzept der Staatsregierung kann mit
uns nicht verhandelt werden. Ich will nur einen Punkt aufgreifen, weil der Herr Minister selber da ist. Es ist wieder einmal die Forderung gestellt, die Bundeswehr im Inland einzusetzen. Sie haben es zwar schon ein bisschen differenziert und gesagt, die Bundeswehr soll nur in Ausnahmesituationen eingesetzt werden. Damit haben Sie von der ursprünglichen Forderung, dass die Bundeswehr überhaupt eingesetzt werden soll, schon einmal Abstriche gemacht. Sie haben also dazugelernt.
Lieber Herr Minister, Sie selber kennen sich auch ein bisschen bei der Bundeswehr aus. Ich war letzte Woche bei der Schule für Luftlande- und Lufttransportwesen. Dabei ist auch über Bundeswehreinsätze im Inland gesprochen worden. Ein Fallschirmjäger hat vor nichts Angst. Ein Einsatz im Inland wurde aber total abgelehnt. Sie finden keinen Soldaten, der sagt, der Einsatz im Inland mache irgendeinen Sinn. Im Grundgesetz ist genau aufgeführt, wann die Bundeswehr im Inland eingesetzt werden kann, nämlich bei Katastrophenfällen oder auch dann, wenn chemische Angriffe durch islamistische Terroristen Wahrheit werden würden. Da steht die Bundeswehr sofort zur Verfügung.
Herr Minister, Sie kennen doch die Situation bei der Bundeswehr. Wir haben 170.000 Soldaten, wissen aber gar nicht mehr, wo wir sie noch einsetzen können. Wenn ich die Soldaten bei den Auslandseinsätzen, die Piloten und die Sanitäter abziehe, habe ich gar nicht genug Personal bei der Bundeswehr, das wir noch einsetzen könnten. Im Gegensatz dazu haben wir bundesweit 250.000 Polizeibeamte, die für die Gefahrenabwehr ausgebildet sind. Sie machen Schichtdienst und sind rund um die Uhr einsatzbereit. Wer von Ihnen gedient hat, weiß, was am Wochenende los ist. Wenn am Freitagabend ein Alarm gegeben würde, wenn ein Einsatz durchgeführt werden sollte, bekommen Sie die Bundeswehr gar nicht zusammen, weil alle Soldaten auf der Heimfahrt sind. Da ist niemand mehr in der Kaserne. Deswegen ist der Einsatz der Bundeswehr eine Schnapsidee, Herr Minister.
Sie haben einen ziemlich hohen Dienstgrad, Herr Minister. Ich weiß nicht, welcher der letzte ist. Vielleicht offenbaren Sie es uns noch, ob Sie befördert worden sind. Sie haben doch gerade an einer Wehrübung teilgenommen. Ich habe den Eindruck, dass Sie Ihre Wehrübungen in der Regel – so sehe ich es auch aus Ihren Dienstplänen – in der Riege der Generäle ableisten. Die Generäle haben natürlich jedes Interesse daran, dass die Bundeswehr im Inneren eingesetzt wird, weil das einen Kompetenzgewinn für das Militär bedeuten würde. weiß aus dem Verteidigungsministerium, dass die Generäle sagen, das würde uns wieder mehr Aufgaben und Kompetenzen geben und unser
Ansehen stärken. Das darf einfach keine Rolle spielen. Deswegen appelliere ich an Ihr Soldatenherz, das noch einmal genau zu überdenken.
Ich habe nichts dagegen – das hat die SPD auch gesagt –, dass Sie im Februar oder März diese Übung abhalten. Ich weiß es nicht mehr genau, wann die Übung stattfinden wird. Ich bitte an dieser Stelle auch, dass man zu einem Besuch dieser Übung eingeladen wird, damit man sieht, was da genau geübt wird. Aber grundsätzlich bleiben wir dabei: keine Bundeswehreinsätze im Inneren zur Verteidigung der inneren Sicherheit. Das ist Polizeiaufgabe. Davon lassen wir nicht ab. – Vielen Dank und schönen Abend.
Lieber Herr Kollege, ich weiß, dass Sie Polizeibeamter waren. Vor diesem Hintergrund habe ich zwei Fragen an Sie, zwei Anmerkungen.
Wenn wir sehen, welche Anträge Sie abgelehnt haben, dann macht mich vor allem – das ist eigentlich auch eine Frage an den Herrn Innenminister – betroffen, dass Sie alles, was sich auf die Gesundheit der Polizeibeamten bezieht, abgelehnt haben: die Mittel für betriebliches Gesundheitsmanagement und vor allem für Vorsorgekuren, die wir schon lange beantragen. Sie selbst wissen, was Schichtdienst bedeutet – ich habe das lange gemacht. Ich weiß also, wie anstrengend Schichtdienst ist und wie sehr er an die Gesundheit geht. Deswegen lautet unser Antrag, Vorsorgekuren für Schichtdienstbeamte einzuführen, die bekanntlich zu jenen gehören, die als Erste in den vorzeitigen Ruhestand gehen. Ich verstehe nicht, warum diese Anträge immer wieder abgelehnt werden.
Das Zweite; auch da spreche ich Sie als ehemaligen Polizeibeamten an: Alle Anträge, die wir zur Verbesserung der Situation der Tarifbeschäftigten gestellt haben, wurden abgelehnt. Aus Ihrer Praxis heraus wissen Sie, wie wichtig die Tarifbeschäftigten für unsere Arbeit sind, vor allem bei den Inspektionen, aber natürlich auch bei den Präsidien. Warum werden die Tarifbeschäftigten nicht mehr gefördert? Warum sind unsere Anträge abgelehnt worden?
Frau Präsidentin, liebe Kollegen und Kolleginnen! Ausgangspunkt ist der Antrag der GRÜNEN. Wie schon in den vergangenen drei Jahren muss ich immer wieder dasselbe sagen: Liebe GRÜNE, ihr meint das Gute, und ihr macht es dann schlecht.
Nein, nein. Ihr habt da keinen Grund zu klatschen.
Wenn man sich den Antrag der GRÜNEN ansieht, merkt man wieder, dass euch ein Jurist oder eine Juristin in der Fraktion fehlt. Da wurde wieder alles durcheinandergeworfen: das Deutsche Waffengesetz, der Verwaltungsvollzug, die Reichsbürger, Rechtsextremismus, Handel, Amoklauf, die Anschläge in München und die Anschläge in Paris. Ich nenne weiter die EU-Feuerwaffenrichtlinie und die Zuverlässigkeitsprüfung. Alles haben Sie in einen Topf geworfen, einmal umgerührt und ziehen es dann heraus. Das kann zu keinem guten Ergebnis führen.
Wir stimmen Ihnen zu: Wir sollten die Reichsbürger entwaffnen. Darüber brauchen wir doch gar nicht lange zu reden. Wir brauchen zu diesem Thema noch nicht einmal einen Antrag, weil wir hier alle einer Meinung sind. Sie sagen aber auch, bei den Waffenbehörden gebe es Vollzugsdefizite. Hier muss ich die Waffenbehörden in Schutz nehmen. Die Waffenbehörde in meinem Landkreis München zum Beispiel funktioniert hervorragend. Sie führt regelmäßig Kontrollen durch und überprüft die Waffenerlaubnisse. Ihrem pauschalen Angriff kann ich also nicht folgen.
Sie führen immer das Beispiel des Reichsbürgers an, der einen Polizeibeamten ermordet hat. Liebe GRÜNE, das geschah im Rahmen einer ordnungsgemäßen Amtshandlung der Waffenbehörde. Vertreter dieser Behörde haben diese Person überprüft, ihre Unzuverlässigkeit festgestellt und ihr dreimal geschrieben, dass sie ihre Waffen abgeben müsse. Dann sind die mit Schutzausrüstung ausgestatteten Polizeibeamten mit Blaulicht gekommen. Man kann doch nicht sagen, dass in diesem Fall die Waffenbehörde nicht richtig funktioniert hätte. Die Behörde wollte die Waffen ja einziehen. Deswegen sage ich: Diesen Pauschalangriff kann ich nicht teilen.
Sie schreiben weiter, Waffen- und Munitionsschränke müssten über einen angemessenen Widerstandsgrad verfügen. Ich habe mir gerade einen Waffenschrank gekauft und muss sagen, der hat diesen Widerstandsgrad. Ich weiß gar nicht, wo Sie das herhaben, wenn Sie so etwas behaupten.
Im Abschnitt II. 3. wollen Sie die Änderungsvorschläge zur Reform der EU-Feuerwaffenrichtlinie übernehmen. Darüber haben wir ausführlich im Innenausschuss diskutiert. Es kann doch nicht sein, dass sich alle Personen über 65 über die normalen ärztlichen Untersuchungen hinaus jedes Jahr ärztlich untersuchen lassen müssen. Ich nenne das Altersdiskriminierung. Bei den Führerscheinen sind Sie anderer Meinung. Zur ärztlichen Untersuchung aller Waffenscheininhaber haben wir im Innenausschuss klar gesagt, dass das mit uns nicht zu machen ist. Mit Ihrem Antrag eröffnen Sie die Jagd auf alle Sportschützen und Schützenvereine, auf die Gebirgsschützen und die Traditionsvereine. Das machen wir nicht mit.
Wichtig ist, dass wir im Waffenrecht klare Kante zeigen. Das geschieht mit der Formulierung im CSU-Antrag in dem es heißt: "Bayern geht konsequent gegen Waffenbesitz von Reichsbürgern und anderen verfassungsfeindlichen Gruppen vor". Wir werden Ihrem Antrag jedoch nicht zustimmen, wenn Sie unseren Antrag ablehnen, in dem ebenfalls klare Kante gezeigt wird. Wir sagen ganz klar und deutlich: Das große Manko sind die illegalen Schusswaffen. Das Problem sind nicht die Waffenerlaubnisse, die aufgrund des Waffengesetzes unter Zugrundelegung der Bestimmungen ausgegeben werden. Die GRÜNEN sollten einmal theoretisch durchspielen, was nötig ist, um in Deutschland nach dem Waffengesetz eine Waffenerlaubnis zu bekommen. Das ist sehr schwierig. Dazu müssen viele Voraussetzungen erfüllt sein.
Man kann doch nicht behaupten, dass wir laxe Waffengesetze hätten. Im Gegenteil: Herr Kollege Flierl hat richtigerweise gesagt, dass wir in Europa die schärfsten Waffengesetze haben. Wir sind für die Änderung der Feuerwaffenrichtlinie, weil Europa damit gezwungen wird, unsere strengen Waffengesetze zu übernehmen. Das muss unser Ziel sein.
Die Unsicherheitsfaktoren sind die ehemaligen Ostblockstaaten. Dort sind im Augenblick bis zu vier Millionen illegale Waffen im Umlauf, die über das Darknet gehandelt werden und dann über die Grenzen zu uns kommen. Da müssen wir eingreifen. Das ist die große Herausforderung.
Der Fall kann immer eintreten, dass einer Person ein Waffenschein ausgestellt wird, die sich dann zum Reichsbürger entwickelt. Das kann niemand voraussehen. Genauso kann es passieren, dass jemand geschäftsunfähig wird. Auch für den Straßenverkehr muss die Zuverlässigkeit überprüft werden. Ich habe den Eindruck, dass unsere Waffenbehörden aktiv geworden sind.
Wir sollten uns auf das Wesentliche konzentrieren, und das ist für uns der Kampf gegen illegale Waffen. Deshalb können wir auch der Änderung der EU-Feuerwaffenrichtlinie zustimmen, mit der erreicht werden soll, dass über das Internet keine Waffen mehr gehandelt werden dürfen. Ich weiß, dass private Waffenbesitzer eine solche Regelung schrecklich finden werden, weil sie dann ihre Waffen möglicherweise nicht mehr gewinnbringend verkaufen können. Wir sehen jedoch in dem Internethandel Gefahren und fordern deshalb, dass dieser Handel eingeschränkt werden muss.
Die Änderungen zur EU-Feuerwaffenrichtlinie sind schon im Februar bei der EU beantragt worden und nicht, wie das die GRÜNEN schreiben, erst im November. Der Antrag der GRÜNEN enthält also auch sachliche Fehler.
Zusammengefasst: Ich bitte die CSU-Fraktion, auch unserem Antrag zuzustimmen. Dann können wir uns überlegen, ob wir auch Ihrem Antrag zustimmen. Herr Flierl, stimmen Sie zu?
Ach so. Ich habe nichts gesagt, deshalb kann ich mich nicht entschuldigen. Das muss der Kollege tun, der das gesagt hat. Ich bin kein Freund von persönlichen Angriffen. Deshalb sage ich: Ich habe das nicht gesagt und werde es auch nicht sagen.
Stimmen Sie bitte unserem Antrag zu. Wir werden Ihrem Antrag auch zustimmen. Den Antrag der GRÜNEN lehnen wir ab.
Frau Präsidentin, liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich glaube, wir müssen diese Diskussion, die hier entstanden ist, versachlichen. Wir haben einen Antrag der GRÜNEN, der sagt: "Geschlossen gegen Menschenfeindlichkeit". Daneben haben wir einen Antrag der CSU, der sagt: entschlossen gegen Extremismus. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe den Eindruck, dass keiner genau weiß, was Menschenfeindlichkeit und was Extremismus ist, inwieweit die Begriffe zusammenhängen oder auch nicht zusammenhängen.
Frau Schulze hat ja schon gesagt: Der Antrag der GRÜNEN geht auf eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München zurück, die am Montag veröffentlicht worden ist und sich ausschließlich mit der Menschenfeindlichkeit beschäftigt hat. Das ist übrigens nicht die erste Studie; denn Menschenfeindlichkeit wird schon seit Langem untersucht. Ich verweise auf die Untersuchung von Andreas Zick oder, vor allem, von Wilhelm Heitmeyer, der das schon seit Jahrzehnten tut. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Frage, was Menschenfeindlichkeit ist, sind in allen Studien die gleichen, auch in der Studie der LMU.
Herr Herrmann, was ist Menschenfeindlichkeit? – Folgende Elemente spielen dabei ausschließlich eine Rolle: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Homophobie, Abwertung von Obdachlosen, Abwertung von Behinderten, Abwertung von Langzeitarbeitslosen, Islamfeindlichkeit und Sexismus. Das Wort "Extremismus" taucht da gar nicht auf, das hat damit auch gar nichts zu tun. Deswegen ist Ihr Antrag eine Themaverfehlung.
Die Studien sind eindeutig. Um das einmal zusammenzufassen: Alle Extremisten sind menschenfeindlich, aber die meisten menschenfeindlichen Bürgerinnen und Bürger sind keine Extremisten. Damit wird eigentlich ganz klar: Das sind zwei völlig verschiede
ne Themen. Leider, Frau Schulze, haben auch Sie das vermischt, weil Sie dann auf den Extremismus eingegangen sind. Ihr Antrag ist gut, was die Menschenfeindlichkeit betrifft. Ich frage mich allerdings, was sich die Verwaltung dabei gedacht hat – die ich sonst sehr schätze, wie man weiß –; denn in § 60 Absatz 1 Satz 3 der Geschäftsordnung heißt es, dass nachgereichte Anträge zum gleichen Thema sein müssen. Fremdenfeindlichkeit ist aber ein völlig anderes Thema als Extremismus. Insofern, Herr Herrmann, müssten Sie Ihren Antrag eigentlich als unzulässig zurückziehen. Ich will hier aber keine Geschäftsordnungsdebatte aufmachen, sondern mich auf die Studie der LMU beziehen. Darin wird die Menschenfeindlichkeit bayernweit untersucht. Die Ergebnisse sind die gleichen wie die aus den vorher genannten Studien. Und daher, Herr Herrmann, stimmen wir dem, was Sie unter der Nummer 2 Ihres Antrags geschrieben haben, auch nicht zu. Die Studie sagt zu Menschenfeindlichkeit: Ressentiments und Vorurteile sind in Bayern kein Randphänomen einer speziellen Gruppe, sondern in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt. Das ist sehr beunruhigend, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
Das sieht man an den Beispielen, die ich der Studie entnommen habe. Die Muslime sind das häufigste Ziel von feindlichen Einstellungen. Das hat aber mit Extremismus nichts zu tun. Ein Fünftel der Befragten hat der Aussage zugestimmt, dass es in Deutschland zu viele Muslime gibt. Da ist von Extremismus keine Rede. Bis zu 80 % haben in Abstufungen der Aussage zugestimmt, dass sich Langzeitarbeitslose auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben machen. Bis zu 75 % haben in Abstufungen der Aussage zugestimmt, dass Sinti und Roma aus den Innenstädten zu verbannen sind. Bis zu 75 % haben der Aussage zugestimmt, dass Flüchtlinge meine Lebensweise bedrohen. Das hat mit Extremismus gar nichts zu tun, Herr Herrmann; das ist Menschenfeindlichkeit.
Deswegen müssen wir uns fragen, was zu tun ist, und wir müssen uns dazu die Studie anschauen. Das fehlt mir bei Ihnen, Frau Schulze, Sie haben keine Konsequenzen gezogen. Ich will nur drei Punkte herausgreifen. Erstens. Die Befragten sind mit der Arbeit der Politiker unzufrieden und neigen deswegen zu feindseligen Einstellungen, wie ich sie eben genannt habe. Das heißt für uns Politiker: Wir müssen glaubwürdiger und transparenter werden. Die Studie ergibt nämlich, dass der Bürger politisch nicht desinteressiert ist, sondern sich vom politischen System subjektiv nicht mehr wahrgenommen fühlt. Das ist einer der Gründe für Menschenfeindlichkeit.
Zweitens. Mit steigendem Bildungsniveau nehmen negative Einstellungen entscheidend ab. Was fordern
wir die ganze Zeit? Bildung, Bildung, Bildung. Bildung ist das beste Mittel, um Menschenfeindlichkeit zu verhindern.
Ein drittes Ergebnis: Ältere Leute sind eher menschenfeindlich als junge Leute, und zwar ziemlich. Junge Leute sind nur zu 2 bis 8 % menschenfeindlich. Das heißt noch einmal: Bildung, Bildung, Bildung für die jungen Menschen, damit wir die menschenfeindlichen Einstellungen überwinden können.
Ich fasse zusammen: Menschenfeindlichkeit hat nichts mit Extremismus zu tun, sie ist eine Ideologie der Ungleichwertigkeit. Gleichwertigkeit und Unversehrtheit von spezifischen Gruppen der Gesellschaft werden infrage gestellt, um sich selber aufzuwerten. Das ist das eindeutige Ergebnis der Studie. Das hat also mit Extremismus nichts zu tun, sondern mit Artikel 1 des Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen ist unantastbar."
Was wir brauchen – das ist mein Schlusssatz –, hat der Theologe Hans Küng in seinem Buch "Projekt Weltethos" zusammengefasst, indem er gesagt hat: "Diese eine Welt braucht ein Ethos; diese eine Weltgesellschaft braucht keine Einheitsreligion und Einheitsideologie, wohl aber einige verbindende und verbindliche Normen, Werte, Ideale und Ziele." Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch eine Menge zu tun.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Anlass zu dieser Diskussion ist der Dringlichkeitsantrag der CSU mit der Überschrift "Freiheit braucht Sicherheit!". Im Hinblick auf den Antrag frage ich mich jedoch, ob die Punkte, über die wir diskutiert haben, überhaupt im Antrag stehen. Herr Kollege Herrmann hat in seinen Ausführungen mit einem sicherheitsphilosophischen Seminar begonnen. Davon habe ich im Antrag aber nichts gelesen. Wenn ich den ersten Absatz des Antrags "Freiheit braucht Sicherheit!" und die Begründung richtig lese, komme ich zu dem Schluss, dass wir darüber hätten diskutieren können auf der Grundlage des in St. Quirin im Juli dieses Jahres beratenen Sicherheitskonzepts der Staatsregierung. Der Herr Ministerpräsident hat das weitgehend in seiner Rede übernommen. Bei einigen bestimmten Punkten hätten wir uns einigen können. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, was aber steht zwischen der kurzen Einführung Ihres Antrags und der Begründung? – Dazwischen befassen sich neun von elf Punkten mit fremdenfeindlichen Argumenten.
Die Taktik der CSU kann man so zusammenfassen: Leute, ihr müsst vor den vielen Fremden, die zu uns kommen, Angst haben. Wir haben aber die Rezepte, um das zu verhindern. Diese Rezepte sehen wir in diesen neun Punkten. – Deswegen sage ich: Sie haben einen fremdenfeindlichen Antrag gestellt. Wir sind auch der Meinung, dass wir in einem sehr siche
ren Bundesland leben. Wir danken dem Herrn Inspekteur der Polizei ausdrücklich für die gute Arbeit der Polizei. Davon steht im Antrag jedoch nichts drin. Sie wollen nur fremdenfeindlich argumentieren.
Sie schüren Ängste. Das ist von grüner Seite schon gut gesagt worden: Das ist Fremdenfeindlichkeit und Angstmacherei. Wenn ich Ihren Antrag lese, fällt mir spontan ein, was Ihr Generalsekretär gesagt hat. Ich zitiere: "Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist. Weil den wirst Du nie wieder abschieben." Was heißt das mit anderen Worten? – Das ist Angstmacherei.
Mit Ihrem Antrag versuchen Sie nur, zu rechtfertigen, was Ihr Generalsekretär gesagt hat. Das läuft in dieselbe Linie der Fremdenfeindlichkeit hinein. Sie sollten sich einmal anhören, was Kardinal Marx gestern zur Angstschürerei gegenüber Fremden gesagt hat.
Er hat es in einem Satz auf den Punkt gebracht. Er hat gesagt: "Oft höre ich leider heraus, dass der Fremde, der in Not ist, als Bedrohung dargestellt wird, die man schnell loswerden will. Das ist keine christliche Position." Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben.
Das hat Kardinal Marx gesagt, als er zu Ihrer Politik und insbesondere zu Asylbewerbern und Flüchtlingen gefragt worden ist.
Die Vorwürfe von Herrn Kardinal Woelki aus Köln gegen die CSU werden in der Presse wie folgt wiedergegeben – hören Sie gut zu –: "Mit ihren Forderungen trägt die CSU zur Polarisierung der Debatte bei und betreibt damit am Ende das Geschäft der Rechtspopulisten von der AfD". Damit ist eigentlich alles über Sie und Ihren Antrag gesagt.
Ich frage mich auch, was ein studierter Theologe von den FREIEN WÄHLERN dazu sagt. – Er redet jedoch gerade. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, so darf es nicht weitergehen. Es darf nicht sein, dass Fremdenfeindlichkeit das Wort geredet wird. Ich halte mich an das, was die beiden Kardinäle gesagt haben. Dem ist nichts hinzuzufügen. Wir werden die beiden Anträge ablehnen. Dem Antrag der GRÜNEN stimmen wir zu.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Natürlich weiß auch die SPD-Fraktion, welch hervorragende Arbeit unsere bayerische Polizei leistet. Ich sage in diesem Zusammenhang, dass es mich sehr getroffen hat, als ich heute von dem feigen, hinterhältigen Attentat auf einen französischen Polizeibeamten und dessen Lebensgefährtin gelesen habe. Das ist mir sehr nahegegangen. Wir wissen, unter welchen Umständen unsere Polizei arbeiten muss.
Zum Thema selbst. – Es ist richtig, dass die Einbruchszahlen in Bayern im vergangenen Jahr gesunken sind. Richtig ist aber auch, dass wir von 2010 bis 2014 allein in Bayern eine Steigerung um 28,6 % verzeichnen mussten. Auch wenn Sie von der CSU jetzt so tun, als ob in Bezug auf den Rückgang der Einbruchskriminalität eine Schwalbe schon den Sommer herbeigeführt habe, bleibe ich misstrauisch. Ich weiß zwar, dass wir in Bayern einen guten Sicherheitsstandard haben. Die Belastung im Bund ist dreimal so hoch wie in Bayern. Wir müssen aber auch sehen, dass Wohnungseinbrüche eine ganz besondere Deliktsform sind. Deswegen gefällt mir das Thema so,
wie Sie es gefasst haben, nicht ganz so gut. Wichtig ist, dass wir uns dieses Themas annehmen; denn – das hat Herr Ländner schon gesagt, und ich betone es noch einmal – bei den Einbrüchen geht es nicht nur um den materiellen Schaden, den Schaden an den Fenstern und Türen oder den Schaden durch den Diebstahl selber, sondern Einbrüche führen sehr häufig zur Traumatisierung der Opfer. Die Opfer fühlen sich in ihren eigenen vier Wänden nicht mehr sicher. Viele Opfer ziehen nach einem Einbruch um. Sie sagen: Ich kann in dieser Wohnung nicht mehr leben, in dieser waren fremde Leute, Einbrecher.
Deswegen sind die polizeilichen Maßnahmen, die Herr Ländner angesprochen hat, richtig. Erstens müssen wir den Ermittlungs- und Fahndungsdruck verstärken. Dazu gehört auch PRECOBS. Diese Software ist durch die Near-Repeat-Theorie begründet. Danach ist in einem Gebiet, in dem Einbrüche stattgefunden haben, damit zu rechnen, dass in nächster Zeit wieder Einbrüche stattfinden werden. Das haben wir schon im Innenausschuss zum Thema gemacht.
Zweitens müssen wir selbstverständlich die nationale und internationale Zusammenarbeit vertiefen. Wir begrüßen die Kooperation mit Baden-Württemberg. Wir begrüßen das erwähnte EU-Projekt DPCP, das Danube Property Crime Project, wobei ich aber sagen muss: Bei diesem Projekt mit den Donau-Anrainerstaaten wird so getan, als würden die Einbrecher aufs Schiff gehen und das Hehlergut die Donau hinunter verschiffen. So ist es nicht. Bei diesem Projekt – das habe ich schon thematisiert – fehlen Albanien und Georgien. Nach der Straftäterhäufigkeit sind die Georgier, die bei uns durchs Land reisen, eigentlich die Allerschlimmsten. Ich begrüße es aber, dass unser Innenminister mit dem Innenminister von Georgien ein Gespräch geführt und dieses Problem thematisiert hat.
Wir stellen fest, dass bei der Einbruchskriminalität die Hälfte der Täter eine ausländische Staatsangehörigkeit hat und dass sie reisende Täter aus den ehemaligen Ostblockstaaten sind. Die Tatausführung entspricht auch diesem Täterbild. Die Schwerpunkte der Einbrüche liegen häufig in der Nähe von Bundesautobahnauffahrten. Die Täter wollen schnell einbrechen, schnell einsammeln und abhauen. Deswegen frage ich: Ist denn das Thema der Aktuellen Stunde in Anbetracht dessen, dass wir es hier mit einer ganz speziellen Kriminalitätsform zu tun haben, richtig gefasst?
Wohnungseinbruch ist nicht vergleichbar mit anderen Kriminalitätsformen wie zum Beispiel Betrug, Urkundenfälschung oder mit Verkehrsdelikten. Das Spezielle der Einbruchstätigkeit besteht darin, dass der Täter jede Gewalt gegen Personen ablehnt. In der Regel
sucht er sich Objekte aus, von denen er annimmt, dass sie zwar bewohnt, im Augenblick aber leer sind, weil die Eigentümer oder Mieter gerade bei der Arbeit oder beim Einkaufen sind. Dort bricht er ein, und dabei ist die Schnelligkeit das Entscheidende für ihn. Er bricht ein, macht einen Rundgang durch die Wohnung, nimmt alles, was er für wertvoll hält, mit und ist dann auch schon auf der Flucht.
Deswegen sage ich: Unsere Polizei leistet eine vorbildliche Arbeit; das ist aber bei der Einbruchskriminalität nicht das Entscheidende. Ich habe eben geschildert, wie Einbrüche passieren. Das verdeutlicht, dass wir uns nicht darüber wundern müssen, dass die Aufklärungsquote so schlecht ist. Wir haben in Bayern insgesamt eine hervorragende Aufklärungsquote. Zwei Drittel aller Delikte in Bayern werden aufgeklärt. Bei der Einbruchskriminalität liegt die Aufklärungsquote aber unter 20 %. Das ist die Folge dieser speziellen Deliktart. Daher sage ich: Das Thema ist deswegen gut, weil wir damit die Leute motivieren können, etwas für sich selbst zu tun. Die Bekämpfung der Einbruchskriminalität kann die Polizei nicht alleine leisten. Das müssen wir einfach und klar sagen. Wir können nicht vor jedes Haus einen Polizeibeamten stellen. Das heißt, dass gerade bei dieser Deliktsform die Eigensicherung des Bürgers besonders gefragt ist. Ohne Selbsthilfe des Bürgers läuft gar nichts.
Vorhin ist gesagt worden, dass in Bayern 44 % der Taten im Versuchsstadium stecken bleiben. Bundesweit sind es 40 %. Das liegt daran, dass diejenigen, die von Einbrüchen verschont geblieben sind, es dem Einbrecher durch eigene Sicherheitseinrichtungen unmöglich gemacht haben, in die Wohnung zu kommen. Deswegen haben wir im Innenausschuss auch beantragt, dass man Investitionen für Sicherheitsmaßnahmen stärker fördern soll. Bis jetzt bekamen Sie einen Zuschuss von mindestens 2.000 Euro, wenn Sie zu Hause eine Alarmanlage für 20.000 Euro oder mehr eingebaut haben. Das waren Sicherheitsmaßnahmen für die Betuchten. Wir wollen, dass sich jeder Bürger durch einen einfachen Riegel schützen kann. Deswegen hatten wir beantragt, die Summe für die Bemessung der Förderung herabzusetzen. Diesen Antrag haben Sie abgelehnt. Was las ich vor vier Wochen in der Zeitung? – Die Große Koalition hat jetzt beschlossen, auch kleine Sicherungsmaßnahmen zu bezuschussen.
Das halte ich für besonders wichtig. Wir wissen, dass 80 % aller Wohnungseinbrüche durch die Wohnungstür gehen. Wenn man sich einen Riegel anschafft, verhindert man Einbrüche, weil der Profi sofort sieht,
dass er mit seinem Stemmeisen nicht durch die Tür kommt, wenn dort ein Riegel angebracht ist.
Deswegen hatten wir auch beantragt, eine Aktion mit dem Titel "Riegel Dich Sicher!" durchzuführen. Wir wollen an die Bürgerinnen und Bürger herantreten und ihnen sagen, wie wichtig eigene Maßnahmen sind. Diesen Antrag zur Aktion "Riegel Dich Sicher!" haben Sie abgelehnt. Wenn ich sehe, wie Einbrüche stattfinden und wie es in anderen Ländern aussieht, würde ich sagen: Bayerns erfolgreicher Kampf gegen die Einbruchskriminalität sollte in erster Linie zum Ziel haben, dass wir die Bürger besser aufklären. Wenn ich sehe, welche Aufklärung Baden-Württemberg leistet, stelle ich im Vergleich dazu in Bayern noch weiße Flecken fest.
Wir haben auch nicht genügend Beratungsstellen bei der Polizei. Für die Beratung muss viel mehr getan werden, damit der Bürger weiß, dass er sich jederzeit an die Polizei wenden kann. Wir haben bei den Präsidien zwar gute Beratungsstellen. Rufen Sie aber einmal an, Herr Minister, und lassen Sie sich einen Termin geben. Sagen Sie aber nicht, dass Sie der Innenminister sind, sondern sagen Sie einfach, dass Sie einen Beratungstermin haben möchten. Dann bekommen Sie in vier bis acht Wochen einen Termin.
Hinzu kommt – darüber sollten wir den Bürger auch aufklären: Der Bürger muss aufmerksam sein. Neudeutsch heißt das Neighbourhood Watch. Ich würde es Nachbarschutz nennen. Die Nachbarn müssen sich gegenseitig schützen. Wenn ihnen etwas merkwürdig vorkommt, müssen sie im Zweifel – auch das weiß der Bürger noch nicht – die Nummer 110 anrufen. Immer wenn ich bei meinen Vorträgen über dieses Thema spreche, fragen mich die Bürger: Was, ich soll die 110 anrufen? Das ist doch ein Notruf. – Darauf sage ich: Einbruch ist auch eine Not, und da dürfen Sie die Polizei anrufen. – Die meisten Bürger wissen das aber nicht.