Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 82. Vollsitzung des Bayerischen Landtags und darf Sie alle nach der Sommerpause hier im Hohen Haus sehr herzlich willkommen heißen. Im Präsidium gehen wir davon aus, dass Sie sich die nötige Kraft geholt haben, um unser Arbeitspensum bis zum Schluss des Jahres, das ja nicht gering sein wird, gemeinsam erledigen zu können. Gehen wir also jetzt nach der Sommerpause mit ganzer Kraft die Aufgaben an, die vor uns stehen.
Wie immer haben Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde wie immer vorab erteilt. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass der Bayerische Rundfunk die anschließende Regierungserklärung und die Aussprache live überträgt. Dafür möchte ich mich ganz, ganz herzlich bedanken.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich noch eine Reihe von Glückwünschen aussprechen. Während der Sommerpause konnte Staatsminister Joachim Herrmann einen runden Geburtstag feiern. Herzlichen Glückwunsch, Herr Staatsminister.
Ich darf mich auch für die großartige Idee des wunderbaren Konzerts des Polizeiorchesters bedanken, bei dem ein ganz erheblicher Betrag für die Aktion Sternstunden zusammengekommen ist. – Ich gratuliere auch Herrn Kollegen Erwin Huber und Herrn Kollegen Radlmeier zu ihren runden Geburtstagen. Herzlichen Glückwunsch, alles Gute und Gesundheit.
Einen halbrunden Geburtstag konnte Herr Kollege Andreas Lorenz feiern. Herzlichen Glückwunsch, alles Gute, Gesundheit und weiterhin viel Erfolg.
Heute feiert Frau Staatsministerin Emilia Müller einen halbrunden Geburtstag. Frau Staatsministerin, herzlichen Glückwunsch.
Ich begrüße den Herrn Ministerpräsidenten und darf ihn jetzt gleich um sein Wort bitten. Bitte schön, Herr Ministerpräsident.
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mit der heutigen Sitzung treten wir in die letzten zwei Jahre dieser Legislaturperiode ein. Für diese zwei Jahre gilt unser gemeinsamer Auftrag, die Chancen der Menschen in ganz Bayern weiter zu stärken und die Spitzenstellung des Freistaats für die Zukunft zu sichern. Mit dem Haushalt für die Jahre 2017 und 2018, den das Kabinett vor der Sommerpause beschlossen hat, dienen wir genau diesen beiden Zielen. Wir investieren 117 Milliarden Euro für die bayerischen Familien, für ein sicheres und freies Leben, für die Schulen und Hochschulen, für die Arbeitsplätze von morgen, für eine gesunde Umwelt, für eine vitale Kultur und nicht zuletzt für starke Kommunen mit einem kommunalen Finanzausgleich in Rekordhöhe.
Dieser bayerische Haushalt für die Jahre 2017 und 2018 ist erneut ein Haushalt mit Spitzenwerten, einer hohen Investitionsquote, einer stabilen Personalquote und – übrigens zum 13. Mal – ohne neue Schulden und mit einer kräftigen Schuldentilgung. Seitdem ich im Jahre 2012 die Tilgung von Altschulden angekündigt habe, sind sage und schreibe 4,6 Milliarden Euro Schulden zurückgezahlt worden.
Was objektiv gut ist, sollte man auch so benennen. Ich kenne keinen Haushalt in der Bundesrepublik Deutschland, und ich kenne keinen Haushalt innerhalb der Europäischen Union, der sich mit dem bayerischen Haushalt und diesen soliden Kennziffern messen könnte.
Bayern steht so gut da wie noch nie in seiner Geschichte. In den letzten zehn Jahren konnten wir die Arbeitslosigkeit in Bayern halbieren. Die Jugendarbeitslosigkeit ist besiegt. Sage und schreibe eine Million neue sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sind zu verzeichnen. Besonders freut mich, dass uns jüngst die Bertelsmann Stiftung bescheinigt hat, dass es den Kindern in Bayern in Deutschland am besten geht.
Die Kinderarmut in Deutschland liegt bei über 14 %, in Bayern bei rund 6 %. Das ist immer noch zu hoch, aber in Deutschland mit Abstand am niedrigsten. Dass mich diese Botschaft besonders freut, liegt schlicht und einfach an der Tatsache, dass wir nicht nur wirtschaftlich bärenstark sind, sondern dass es in diesem Freistaat Bayern auch sozial gerecht zugeht.
Wachstum und Wohlstand, Arbeitsplätze und soziale Sicherheit in unserem Land – diese Erfolge fallen bekanntlich nicht vom Himmel. Wir, die verantwortlichen Politiker, können Rahmenbedingungen setzen; wir können unterstützen. Aber das Entscheidende erfolgt durch die Menschen im Lande. Ich danke deshalb den Unternehmern und Beschäftigten, den Wirtschaftsverbänden und den Gewerkschaften für diese hervorragende Bilanz. Ihnen verdanken wir das.
Das ist die eine Seite der Medaille. Wenn wir im Lande unterwegs sind, erleben wir aber auf der anderen Seite, dass viele Menschen in Bayern und in Deutschland tiefe Sorgen um die Zukunft haben. Unser friedliches Zusammenleben, unser Zusammenhalt scheinen vielen in Gefahr zu sein. Vertrauen schwindet, Ängste wachsen. Die Ereignisse der letzten Monate – Terroranschläge, Flüchtlingskrise, staatlicher Kontrollverlust über lange Zeit und auf breiter Front, zentrifugale Kräfte in Europa, Kriege am Rande Europas – haben uns vor allem hier in Bayern erschüttert und bis ins Mark getroffen, und die Europäische Union befindet sich in der tiefsten Krise ihrer Geschichte.
In dieser Situation wollen die Menschen Orientierung. Sie wollen einen klaren Kompass, sie wollen gemeinsame Werte und Maßstäbe, gegenseitigen Respekt, Sicherheit und Freiheit; alles das ist den Menschen wieder sehr wertvoll und sehr wichtig. Die Menschen verlangen nach verlässlichen Regeln für unser Zusammenleben. Vor allem verlangen sie, dass diese Regeln auch durchgesetzt werden. Recht und Ordnung müssen gelten – an den Grenzen und im Inland.
Nach zwölf Monaten im Krisenmodus halte ich fest: Ich muss keine einzige Prognose, Analyse oder Aussage dieser letzten zwölf Monate korrigieren. Keine einzige Aussage!
Wir wünschen uns eine solche Entwicklung nicht, aber selten hat uns die Entwicklung so Recht gegeben wie in den letzten zwölf Monaten. Die Bundesregierung hat mittlerweile ihre Zuwanderungspolitik faktisch fundamental verändert. Seit Neuestem spricht
Die GRÜNEN haben den sicheren Herkunftsstaaten durch Gesetz zugestimmt. Alle sind jetzt für mehr Sicherheit. Sogar manche Medien haben ihre Auffassung leicht korrigiert. Ich zitiere den Herausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit", di Lorenzo. Er sagte:
Wenn wir ein bisschen Distanz bewahren würden, müssten wir nicht immer so zurückrudern.... Die Probleme werden nicht dadurch groß, dass man sie klar und deutlich benennt, sondern indem man versucht, sie zu verschweigen.
Die Bayerische Staatsregierung hat sich immer bemüht, die Probleme, die für die Menschen greifbar waren, real zu beschreiben, mit Antworten zu versehen und nicht zu verschweigen.
Global vernetzter Terrorismus, Migration, Bevölkerungsexplosion vor allem in den Entwicklungsländern in den nächsten Jahren, der Klimawandel, die digitale Revolution, die Energieversorgung mit der weltweiten Knappheit mancher Ressourcen, die Wettbewerbsfähigkeit auf neuen Märkten, der gesellschaftliche Zusammenhalt – das sind die großen Herausforderungen unserer Zeit. Darauf müssen die Verantwortungseliten in der Politik, aber ebenso in Wirtschaft und Wissenschaft, in den Sozialverbänden und Kirchen, in der Kunst und in der Kultur mit Realismus und Pragmatismus Antworten geben. Wir bemühen uns darum. Bayern steht für Stabilität in einer instabilen Welt. Die Menschen haben nur einen Wunsch – das wird mir am häufigsten gesagt: Das soll so bleiben. Wenn ich den Menschen begegne, höre ich von ihnen am häufigsten: Sorgen Sie bitte dafür, dass es so bleibt, wie es heute in Bayern ist. Wir werden alles dafür tun, dass die besondere Lebensqualität, die Bayern-Garantie für ein gutes Leben, auch so bleibt.
Dazu hat das Kabinett in einer Klausur vor der Sommerpause neben dem Doppelhaushalt für die Jahre 2017 und 2018 auch ein Kursbuch für alle Politikfelder für die nächsten Jahre beschlossen, weil die Menschen wissen wollen, wohin die Reise geht. Auf fünf Punkte aus diesem Kursbuch möchte ich mich heute beschränken.
Der erste Punkt heißt: Gerechte Steuern, bezahlbarer Wohnraum, sichere Renten. Ich sagte es eingangs: Ich lege größten Wert darauf, dass es in unserem Land gerecht zugeht. Deshalb fordern wir seit Langem, dass wir die Lebensleistung der Menschen un
terstützen und fördern müssen – das heißt aktivieren statt alimentieren. Nicht der Staat schafft Zukunft, sondern die Menschen.
Wir haben die höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten. Auch der Bund – das begrüßen wir, das ist ein Erfolg der Großen Koalition im Bund – hat einen ausgeglichenen Haushalt erreicht. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Steueroffensive. Mit unserem Bayern-Tarif wollen wir die Bürger bei der Lohnund Einkommensteuer um bis zu 15 Milliarden jährlich, und dabei vor allem diejenigen mit kleinen und mittleren Einkommen, entlasten. Wir wollen den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum vor allem für Familien mit Kindern fördern. Wir müssen das Erfolgsmodell aus der langen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, nach dem sich ein Arbeiter im Laufe seines Lebens mit seiner Familie Wohneigentum leisten kann, in Deutschland wieder zum Tragen bringen.
Wir, die Bayerische Staatsregierung, wollen den Solidaritätszuschlag bis zum Jahr 2025 abschaffen. Wenn wir das schaffen – wir werden es schaffen –, dann ist es die größte Steuersenkung aller Zeiten!
(Lachen bei der SPD – Volkmar Halbleib (SPD): Wie in den vergangenen 20 Jahren, Herr Ministerpräsident?)
Wir danken auch für die Unterstützung des Bundes. Wir stellen bis zum Jahr 2019 2,6 Milliarden Euro für einen großen Wohnungspakt zur Verfügung. Das ist in Deutschland einmalig!
(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Die Projekte helfen doch gar nicht! Da kann man nur den Kopf schütteln!)
Wir müssen auch Elemente der Marktwirtschaft stärken, insbesondere die Tugend von unternehmerischen Existenzgründungen. Daher bin ich froh, dass CDU, CSU und SPD bei der Erbschaftsteuer in der vergangenen Woche im Vermittlungsausschuss einen Vorschlag erarbeitet haben. Dieser bedarf zwar noch
der Zustimmung durch den Bundestag und den Bundesrat; aber ich gehe davon aus, dass diese erfolgt. Ich bin froh darüber, dass CDU und CSU sowie alle Unionsministerpräsidenten mich als Bayerischen Ministerpräsidenten beauftragt hatten, die Verhandlungen mit der SPD zu führen; das habe ich mit dem Ersten Bürgermeister Scholz getan.