(nicht autorisiert) Verehrte Kolleginnen und Kollegen, guten Morgen! Ich eröffne die 115. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben und eines ehemaligen Kollegen zu gedenken.
Am 24. Oktober verstarb Herr Philipp Vollkommer im Alter von 89 Jahren in seinem Heimatort Memmelsdorf. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1970 bis 1998 an und vertrat für die CSU den Stimmkreis Bamberg-Land/Oberfranken. Während seiner beinahe 30-jährigen Zugehörigkeit zum Hohen Haus engagierte sich Herr Philipp Vollkommer insbesondere im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen, dem er über sechs Legislaturperioden hinweg angehörte und in dem er sich für eine verantwortungsvolle Finanzpolitik einsetzte. Über viele Jahre hinweg brachte er sein Wissen und seine Erfahrung zudem im Ältestenrat und schließlich auch im Präsidium des Bayerischen Landtags ein. Für seine aufgeschlossene und fachkundige Art und das gute menschliche Miteinander, das er gepflegt hat, wurde er im Haus allseits sehr geschätzt.
Neben seinem langjährigen landespolitischen Engagement setzte sich Herr Philipp Vollkommer zeit seines Lebens auch intensiv in kommunalpolitischen Gremien für die Belange der Bürgerinnen und Bürger ein. So war er viele Jahre lang Mitglied des Gemeinderates Memmelsdorf sowie des Kreistages Bamberg. Seiner Heimat war er darüber hinaus durch die Mitgliedschaft in zahlreichen Vereinen und Verbänden sehr verbunden. Für seine Verdienste wurde Philipp Vollkommer mehrfach mit hohen Auszeichnungen gewürdigt. Er war Träger des Bayerischen Verdienstordens und erhielt die Bayerische Verfassungsmedaille in Gold.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der heutige Plenartag fällt auf den 9. November, ein Datum, das in der deutschen Geschichte hohe Symbolkraft hat. Wir denken an diesem Tag zurück an die katastrophale
Reichspogromnacht im Jahr 1938, in der mehr als 1.300 Menschen ermordet wurden. Der Terror der Nationalsozialisten gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger erreichte an diesem Tag einen vorläufigen Höhepunkt. Er endete in millionenfacher Vernichtung und in dem bis heute unvorstellbaren Leid der Konzentrationslager.
Auch oder gerade wegen der zunehmenden zeitlichen Distanz zu diesen entsetzlichen Verbrechen dürfen wir niemals nachlassen, uns die mit ihnen untrennbar verbundene Verantwortung immer wieder bewusst zu machen. Es ist unsere gemeinsame Pflicht, Demokratie, Rechtsstaat und Rechte von Minderheiten zu schützen und jeder Art von Menschenrechtsverletzung Einhalt zu gebieten. Die Erinnerung an den 9. November 1938 ist uns dazu Mahnung und Auftrag gleichermaßen.
Gleichzeitig wollen wir nicht vergessen, dass der 9. November in der deutschen Geschichte auch für freudige Ereignisse steht, nämlich für den Tag des Mauerfalls im Jahr 1989, der Symbol ist für die friedliche Revolution in Deutschland und Europa. Gerade in Zeiten, in denen die europäische Einheit bisweilen gefährdet erscheint, wollen wir heute auch daran erinnern.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf noch einen neuen Kollegen unter uns begrüßen; er ist noch nicht da. Die Landeswahlleiterin hat gemäß Artikel 58 des Landeswahlgesetzes Herrn Dr. Martin Runge aus Gröbenzell als Listennachfolger von Frau Margarete Bause festgestellt. Seit dem 26. Oktober 2017 ist Herr Dr. Runge damit erneut Mitglied des Bayerischen Landtags, dem er zuvor bereits von 1996 bis 2013 angehörte. Ich kann ihn jetzt nicht persönlich willkommen zurück heißen; aber ich wünsche ihm viel Erfolg bei seiner parlamentarischen Arbeit.
Nun darf ich noch einige Geburtstagsglückwünsche aussprechen. Einen runden Geburtstag feierte am 27. Oktober Frau Kollegin Natascha Kohnen und am 7. November Frau Kollegin Dr. Eiling-Hütig. Zumindest sie ist da.
Am 1. November feierte Frau Kollegin Christine Kamm einen halbrunden Geburtstag, und heute hat Frau Kollegin Jutta Widmann Geburtstag. Ich wünsche Ihnen allen im Namen des gesamten Hauses
Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der Fraktion FREIE WÄHLER "Lehrerberuf attraktiver gestalten: Einstiegsgehälter erhöhen, Beförderungsämter ausbauen, Lehrerstunden reduzieren"
In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Hat eine Fraktion das Benennungsrecht für mehrere Rednerinnen bzw. Redner, kann auf Wunsch der jeweiligen Fraktion eine ihrer Rednerinnen bzw. einer ihrer Redner bis zu zehn Minuten Redezeit erhalten. Dies wird auf die Anzahl der Redner der jeweiligen Fraktion angerechnet. Die fraktionslosen Abgeordneten Claudia Stamm, Günther Felbinger und Alexander Muthmann können jeweils bis zu zwei Minuten sprechen. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zahl der Redner dieser Fraktion zu sprechen.
Nach dieser langen Einführung erteile ich als erstem Redner Herrn Kollegen Prof. Piazolo das Wort. Bitte schön, Sie haben das Wort.
(nicht autorisiert) Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herrn, liebe Kollegen! Zur gleichen Zeit, während wir hier die Aktuelle Stunde abhalten, stehen circa 100.000 Lehrer vor ihren Klassen. Sie müssen pünktlich sein, sie müssen vollzählig sein – das ist ein bisschen anders als hier –, und sie müssen präsent sein. Der Lehrerberuf ist ein herausfordernder Beruf. Ein Verstecken ist da nicht möglich; das würden Schüler sofort merken. Was in vielen anderen Berufen möglich ist, nämlich dass man sich ein bisschen zurücknimmt, wenn man sich etwas schlechter fühlt oder müde ist, lässt sich im Lehrerberuf so nicht machen. Mehrere Stunden, einen ganzen Tag über vor der Klasse zu stehen, ist eine große Herausforderung. Der Druck ist enorm. Das betrifft nicht nur die Korrekturen von Arbeiten. Es herrscht nicht nur zeitlicher Druck, sondern auch Erfolgsdruck. Hier seien das Übertrittsverfahren und das Abitur genannt. Der Lehrer befindet sich in einer gewissen SandwichPosition, er hat nämlich auf der einen Seite Schüler, aber auch immer Eltern im Rücken, und auf der anderen Seite die Schulleitung und das Ministerium mit entsprechenden Vorschriften. Das ist kein leichter Beruf, und oftmals fehlt die Anerkennung. Am deut
lichsten hat dies einmal ein Ex-Kanzler ausgedrückt – ich will den Namen nicht nennen –, der in einer Schülerzeitung alle Lehrer pauschal beschimpft hat. Das war damals eine schlimme Entgleisung, die ich, wie gesagt, nicht zitieren will. Sie sind Ziel mancher Attacken.
Ich will hier deshalb die Gelegenheit ergreifen, den über 100.000 Lehrern in Bayern – ich glaube, es sind knapp über 114.000 – Dank zu sagen für den Einsatz, den sie tagtäglich für die Schüler leisten. Das ist ein Zeichen, das wir vom Parlament über die Fraktionen hinweg aussenden können. Vielen Dank für diese Arbeit!
Ich glaube, es reicht aber nicht, nur Dank zu sagen – verbal ist dies manchmal leicht; dies tut auch gut –, sondern es geht auch um Geld, und es geht um Zeit. Uns geht es gerade auch in dieser Aktuellen Stunde um Einstiegsgehälter, die es zu erhöhen gilt, um ein Zeichen für genau diejenigen zu setzen, die auch Lehrer werden wollen. Wir machen das anders als die CSU, die bei der Referendarzeit Zeichen setzt und die Hürden erhöht, um Lehrer – direkt gesagt – vom Beruf abzuschrecken.
Wir haben insbesondere die Grund- und Mittelschullehrer im Blick. Ich sage ganz deutlich: Wir FREIEN WÄHLER stehen zu einem differenzierten Schulsystem. Wir wollen es. Wir wollen verschiedene Schularten; wir wollen sie nicht gleichmachen. Wir sehen aber auch die Gleichwertigkeit des Lehrerberufs. Ich sage ganz deutlich: Auch Grund- und Mittelschullehrer haben ein Universitätsstudium gemacht; sie haben eine Referendarzeit absolviert; sie haben zwei Staatsexamen. Das ist alles ehrenwert. Insofern haben sie auch ein angemessenes Einstiegsgehalt verdient, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir wollen aber auch die Beförderungsämter ausbauen. Eine Beförderung ist die Belohnung für geleistete Arbeit. Das kennt man aus der Ministerialverwaltung. Wenn man gute Arbeit leistet, ist es gut, wenn man befördert werden kann. Das gilt zum Beispiel für die Realschullehrer. Dort gibt es aber nicht so viele Beförderungsämter. Sie haben A 13 als Einstiegsgehalt. Bei den Beförderungsämtern ist die Decke aber dünn. Aber auch am Gymnasium, bei den Beruflichen Schulen, bei den Grund- und Mittelschulen und auch bei der Schulleitung muss einiges getan werden; denn dort finden wir nicht so leicht Lehrer.
dert Referendare nicht übernommen. Auf der anderen Seite ist die Lehrerdecke zu kurz, und man sucht verzweifelt Lehrer. Es geht darum, eine vernünftigere Personalplanung im Ministerium und darüber hinaus vorzunehmen. Es geht auch darum, die befristeten Verträge abzubauen und einen kontinuierlichen Nachwuchskorridor für Top-Absolventen zu gewährleisten.
Wir als FREIE WÄHLER haben noch eine ganze Reihe weiterer Vorschläge; die geschätzte Kollegin Gottstein wird nachher noch das eine oder andere dazu ausführen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Lehrerinnen und Lehrer gestalten unsere Zukunft. Sie werden immer mehr zu Feuerwehrleuten in einer disruptiven Gesellschaft. Das, was früher im Elternhaus geleistet wurde, wird heute teilweise im Schulhaus geleistet. Ich nenne nur Digitalisierung, Medienkompetenz, Alltagswissen, Inklusion, Migration und die Flüchtlingsthematik. All das findet auch in unseren Schulen statt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann nur sagen: Die Aufgabe des Lehrers wird immer anspruchsvoller.
Wenn Bildung, wie wir alle sagen, der Schlüssel für die Zukunft unserer Gesellschaft und jedes Einzelnen ist, dann sind Lehrerinnen und Lehrer die Hüter und Gestalter dieses Schatzes. Lasst sie uns deshalb auch hegen und pflegen und den Lehrerberuf attraktiver machen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dafür stehen wir als FREIE WÄHLER.
Danke schön, Kollege Piazolo. – Nächste Wortmeldung: Für die CSU-Fraktion Frau Kollegin Heckner. Bitte schön.
Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben, wie von Herrn Kollegen Piazolo bereits angesprochen, bei uns in Bayern über 100.000 hoch engagierte Lehrerinnen und Lehrer. Der Lehrerberuf bei uns in Bayern ist ein hoch attraktiver Beruf; er ist ein herausfordernder Beruf. Die Arbeit mit den jungen Menschen und die vielfältigen Herausforderungen durch die Entwicklung unserer Gesellschaft und unserer Zeit stellen eine hohe Herausforderung dar. Dafür sind wir in Bayern bestens gerüstet.
Wir haben gut und bestens ausgebildete Lehrkräfte, auf die einzelnen Schularten entsprechend zugeschnitten. Dort, wo durch Entwicklungen, wie zum Beispiel aufgrund der vielen Kinder von Flüchtlingen entgegen Lehrerbedarfsprognosen Lücken entstehen, machen wir es nicht wie andere Bundesländer, indem wir auf irgendwelche Menschen zurückgreifen, son
dern wir bieten den Lehrkräften anderer Schularten viele Zweit- und Umqualifizierungsmaßnahmen an, damit sie in der entsprechenden Schulart eingesetzt und genauso qualifiziert Unterricht leisten können.
Mein Dank gilt selbstverständlich unseren Kolleginnen und Kollegen, die all dieses vorbildlich leisten.
Jetzt zu Ihnen, lieber Herr Piazolo, und Ihren Forderungen. Zurzeit bekommen wir von den FREIEN WÄHLERN generell populistische Forderungen mit, die auf einen schnellen Erfolg und schnellen Beifall abzielen. Wir waren gestern zusammen in einer Veranstaltung. Da konnte ich das auch erleben. Klar ist: Es wäre völlig unnatürlich, wenn bei den Wörtern "mehr Geld", "mehr Beförderungen", "weniger Arbeit" nicht jeder Betroffene gerne klatscht. Hinterher aber kommen genau diese Klatscher zu mir und sagen: Frau Heckner, wir wissen ja, wie unrealistisch das ist.
(Zuruf von der CSU: So ist es! – Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Weil Sie wissen, dass die CSU regiert!)
Lieber Herr Piazolo, Sie waren zwar schon in diesem Hohen Hause, Sie haben aber die Entwicklung des neuen Dienstrechts sicher nicht so intensiv mitgemacht wie ich als Vorsitzende des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes. Ich möchte ein wenig in die Vergangenheit blicken. Vor der Föderalismusreform haben die bayerischen Grund- und Mittelschullehrer kein funktionsloses Beförderungsamt gehabt. Der erste Schritt, den die Bayerische Staatsregierung gemacht hat, als wir die Föderalismusreform durchgezogen hatten, war, das Versprechen an unsere bayerischen Volksschullehrer sofort in die Tat umzusetzen, und zwar – vielleicht erinnern Sie sich – nicht erst mit Beginn 01.01.2011, sondern schon im Vorgriff im vorigen Doppelhaushalt; denn wir wollten, dass die Lehrerinnen und Lehrer sehen, wie ernst es uns damit ist.
Wir haben im neuen Dienstrecht allein für Beförderungsstellen im Schulbereich 120 Millionen Euro in die Hand genommen, nämlich für funktionslose Beförderungen im Volksschulbereich, aber auch für Funktionsbeförderungen in allen anderen Schularten. In einem Folgedoppelhaushalt haben wir auch die Stellen der Schulleitungen und der Seminarrektoren angehoben, um die berühmte Abstandswahrung zu erfüllen.
Seit der Zeit des neuen Dienstrechtes sind allein im Schulbereich 24.000 Stellenhebungen erfolgt. Angesichts der vielen Lehrkräfte, die wir haben, ist es doch nur natürlich, dass dies alles ein Stufenprogramm sein muss, weil es im bayerischen Staatshaushalt eben auch noch andere Aufgaben gibt. Ich nenne da beispielsweise die Schaffung neuer Lehrerstellen.