Ingo Rust
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Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Dieser Dritte Nachtrag zum Staats haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2011 wird der letzte Haus haltsplan sein, den der 14. Landtag von Baden-Württemberg beschließen wird. Er beinhaltet vor allem nach den Beratun gen im Finanzausschuss einige richtige Weichenstellungen, auf die ich kurz eingehen will; aber er zeigt auch einige Pro blematiken auf.
Erstens: Das Vorgriffsstundenmodell, das Sie als großen Spar vorschlag der Landesregierung, eigentlich als den Kernpunkt des Sparpakets, präsentiert haben, ist nun nicht mehr ver pflichtend, sondern freiwillig.
Das, meine Damen und Herren, war die richtige Entscheidung. Denn so, wie Sie das ursprünglich vorhatten, geht man mit den Bediensteten unseres Landes, mit den Beamtinnen und Beamten, nicht um.
Schade ist nur, dass eine solche Einsicht bei Ihnen erst dann reift, wenn die SPD und der Beamtenbund Druck machen und es von Ihnen fordern. Offensichtlich wissen Sie erst dann, was für das Land richtig ist. Wir können nun gespannt sein, ob der eingestellte Einsparbetrag mit dem freiwilligen Modell tat sächlich zustande kommt. Denn an dem Einsparpotenzial ha ben Sie nichts geändert. Das heißt: Sie hätten das Ganze von Anfang an auf freiwilliger Basis vorsehen können, wenn Sie der Überzeugung sind, dass dieser Betrag tatsächlich zustan de kommt.
Es steht nicht im Haushalt – das muss als kritischer Punkt an gemerkt werden –, dass ein solches Vorgriffsstundenmodell natürlich auch eine indirekte Verschuldung darstellt. Denn wir verschulden uns quasi bei unseren Beamtinnen und Beamten, indem wir sie vorab Leistungen erbringen lassen, die später von uns nicht mehr eingefordert werden können. Dies trägt nicht zur Haushaltstransparenz bei. Denn diese Lasten tragen zukünftige Generationen.
Ich möchte eine zweite richtige Weichenstellung in diesem Nachtrag herausgreifen: das Aufstocken der Mittel für den Er halt der Landesstraßen. Aber auch bei diesem Punkt war es wieder so, dass erst der Druck der SPD – in diesem Fall in Zu sammenarbeit mit dem ACE – notwendig war, bis Sie einge lenkt haben.
Ruck, zuck, nachdem die SPD die schlechteste Landesstraße im Land gesucht und „gekürt“ hatte, wurden noch schnell Trupps über das Land geschickt, um die gröbsten Schlaglö cher zu schließen.
Anschließend hat man die Mittel im Landeshaushalt dafür ruck, zuck erhöht.
Ich frage mich, warum Sie unsere Anträge auf Aufstockung der Mittel für den Landesstraßenbau die ganze Zeit abgelehnt haben,
wenn Sie jetzt der Überzeugung sind, dass diese Maßnahmen so wichtig sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Mehrzahl unserer Lan desstraßen befindet sich nach eigenen Angaben der Landes regierung in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand. Aber die Landesstraßen stellen für uns auch ein enormes Vermögen des Landes dar. Wenn man dieses Vermögen über Jahrzehnte hinweg verlottern lässt, so wie Sie das getan haben, vernich tet man Landesvermögen und erhöht deswegen ebenfalls die indirekte Verschuldung.
Es ist ehrlicher und für die Bürger im Übrigen auch sicherer, wenn man die Landesstraßen kontinuierlich und gleichmäßig saniert, damit das Vermögen des Landes gesichert wird. Die ses Vorgehen ist ehrlicher, auch wenn dafür die Aufnahme von Schulden notwendig ist. Denn dann sind die Schulden tatsäch lich im Landeshaushalt ausgewiesen und bestehen nicht in Form von Landesstraßen, die in schlechtem Zustand sind – überall zu besichtigen.
Gleiches gilt selbstverständlich – auch dort fehlt uns noch der entscheidende Impuls – für den Sanierungsstau bei den über 8 000 Landesgebäuden. Allein im Hochschulbereich besteht ein Sanierungsstau mit einem Volumen von 4 Milliarden €. Auch dies ist eine indirekte Verschuldung, die nicht im Lan deshaushalt ausgewiesen ist.
Lassen Sie mich einen dritten Punkt herausgreifen: die Auf stockung der Zahl der Stellen in unserer Finanzverwaltung. Ich bin sehr froh, dass sich der Finanzausschuss dazu durch gerungen hat, einer solchen Aufstockung, einer solchen Ver besserung in diesem Bereich zuzustimmen.
100 zusätzliche Stellen sowie 100 zusätzliche Anwärterstel len sind zwar nach wie vor nur ein Tropfen auf den heißen Stein und nur ein Bruchteil dessen, was in den letzten Jahren von CDU und FDP/DVP in der Finanzverwaltung an Stellen abgebaut wurde, aber es ist zumindest ein richtiger Anfang.
Jeder Betriebsprüfer im Land – ich erinnere daran – bringt das 7,4-Fache dessen an Steuern wieder herein, was seine Stelle an Kosten verursacht. Es geht dabei nicht nur um die Einnah men des Landes, sondern auch um die Einnahmen der Kom munen, die ebenfalls davon profitieren.
Es geht auch um Steuergerechtigkeit. Diese Mehreinahmen gehen nicht auf Steuererhöhungen zurück. Es geht vielmehr um Steuern, die bislang aufgrund mangelnder Personalaus
stattung und daher mangelnder Prüfung nicht eingetrieben werden, obwohl sie dem Staat zustehen. Es kann nicht im In teresse des Staates und auch nicht im Interesse des einzelnen Steuerzahlers sein, dass die Steuern nicht gerecht eingetrie ben werden. Dies führt nämlich dazu, dass sich derjenige, der clever ist, der es sich leisten kann, einen guten Steuerberater zu engagieren, um die Steuerpflicht herummogeln kann, wäh rend derjenige, der ehrlich seine Steuern zahlt, der Dumme ist. Das wollen wir nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Auch die Aufstockung um 100 Anwärterstellen, die Ihnen der Finanzausschuss empfiehlt, ist notwendig. Der demografische Aufbau in der Steuerverwaltung spricht für sich und zeigt sehr unbarmherzig, dass wir in wenigen Jahren einer enormen Wel le an Pensionierungen entgegengehen. Wir werden es nicht schaffen, in der Zeit, in der diese Pensionierungen stattfinden, dieses Personal kurzfristig zu ersetzen. Deshalb ist es richtig, dass wir jetzt einen Korridor schaffen, um das Personal, das wir später brauchen, jetzt ausbilden zu können.
Eine Anmerkung noch zu dem Änderungsantrag, mit dem CDU und FDP/DVP eine Verschiebung des Vollzugs von k.w.Vermerken begehren. Wir werden dem Änderungsantrag zu stimmen, auch wenn die Problematik mit einer Annahme die ses Begehrens nur verschoben wird. Wir werden uns in den betreffenden Jahren wieder mit dem Ganzen beschäftigen müssen. Wir sagen ganz klar, dass wir das Personal, das auf grund der demografischen Entwicklung der Schülerschaft frei wird, in die Qualitätsverbesserung, in den Ausbau der Ganz tagsschulen stecken wollen und nicht die Lehrerstellen strei chen möchten.
Meine Damen und Herren, da wir in dieser Legislaturperiode – jetzt, an deren Ende – zum letzten Mal über den Haushalt reden, möchte ich ein Fazit zur Haushaltspolitik ziehen: Fakt ist, dass wir im Durchschnitt der letzten zehn Jahre jährlich etwa 1 Milliarde € an neuen Schulden aufgenommen haben und jetzt inklusive der Schatten- und Nebenhaushalte auf die 50-Milliarden-€-Grenze zusteuern.
Sie, Herr Groh, haben gerade gesagt, der Haushalt zeige, dass der Sparwille da sei und dass – wie haben Sie es gesagt? – die CDU vor Wahlen nicht mit Geschenken über das Land ziehe. Ungeachtet dessen, dass da viel Richtiges dabei ist, möchte ich sagen: Sie verteilen kurz vor der Wahl doch eine ganze Menge Geschenke. Bei Ihrem Geschenkportfolio, das Sie heu te vorlegen, wäre ich vorsichtig, mit dem Finger auf andere Bundesländer zu zeigen.
Die finanzielle Situation wird nicht besser, liebe Kolleginnen und Kollegen. In der mittelfristigen Finanzplanung werden weitere Deckungslücken in Milliardenhöhe ausgewiesen. Man kann sagen: Relativ betrachtet, im Vergleich zu anderen Bun desländern, stehen wir, was die Kreditmarktschulden angeht, noch – so möchte ich sagen – befriedigend da. Man kann aber
beim besten Willen nicht sagen, der Haushalt sei solide finan ziert.
Man kann dies schon deshalb nicht, weil wir die Pensionspro blematik nicht einmal ansatzweise gelöst haben. Sie hängt wie ein Damoklesschwert über dem Haushalt. Wir wissen todsi cher, dass uns diese Problematik treffen wird. Wir wissen schon jetzt, in welcher Höhe sie uns treffen wird. Aber die Landesregierung hat für dieses Problem bisher keine Lösung – nicht einmal ansatzweise – vorgelegt.
Dieses Problem wird uns in Zukunft noch stärker als der Län derfinanzausgleich und andere Themen, die Sie angesprochen haben, die Luft im Haushalt abschnüren. Dies wird unseren Gestaltungsspielraum im Haushalt einschränken. Die kleine Pensionsrücklage, die jetzt gebildet wurde, würde wohl ein Vierteljahr reichen, um den Pensionsverpflichtungen nachzu kommen. Mehr ist es nicht; das ist nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Diese Problematik, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird uns in Zukunft beschäftigen.
Deshalb werden wir uns gleich zu Beginn der nächsten Legis laturperiode mit diesen Pensionsverpflichtungen beschäftigen müssen. Wenn wir sie nämlich mit in die Verschuldung ein beziehen, das heißt, wenn wir ehrlich sind, was unsere zukünf tigen Verpflichtungen, unsere zukünftigen Haushalte angeht, dann sind wir auf einmal nicht mehr auf Platz 3, was die Ver schuldung betrifft, sondern auf dem viertletzten Platz, auf dem letzten Platz der Flächenländer. Das war die Botschaft, die uns Herr Stratthaus in seiner letzten Rede als Finanzminister hier im Landtag mitgegeben hat. Wir müssen dieses Problem lö sen. Baden-Württemberg ist hinsichtlich der Verschuldung nicht so gut, wie es uns von der Landesregierung immer vor gemacht wird.
Wer auch immer in der nächsten Regierung Finanzminister sein mag – er oder sie hat keinen einfachen Job, diesen Haus halt auf die richtige Spur zu bringen und die Lasten, die die se Haushalte beinhalten und die in fast 60 Jahren angehäuft wurden, zu beseitigen.
Wir müssen auf jeden Fall versuchen, eine solide und ehrli che Finanzierung hinzubekommen. Wenn wir das nicht schaf fen, wenn wir uns diesen Haushalt weiter schönmalen, wie dies von der Landesregierung immer wieder gemacht wird, dann wird Baden-Württemberg in kürzester Zeit nicht mehr das angeblich reichste Bundesland, sondern eines der ärms ten Bundesländer sein. Der Gestaltungsspielraum dieses Land tags wird gleich null sein.
Deshalb möchte ich meine Aufforderung wiederholen – der Herr Finanzminister hat dies bei seiner letzten Rede zum Haushalt ins Lächerliche gezogen –: Ich finde es richtig, wenn wir uns im neuen Landtag in einer Enquetekommission damit beschäftigen, wie wir die Haushaltsprobleme in Zukunft lö sen; denn die Landesregierung allein schafft es offensichtlich nicht, sie zu lösen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Lazarus! Damit wir die Berichterstattung über die nächste Denkschrift auch in den Medien nachlesen und sehen können, würde ich, wie in den vergangenen Jahren, dringend darum bitten, dass die Denk schrift des Rechnungshofs nicht immer als einer der letzten
Tagesordnungspunkte aufgerufen wird. Denn dies wird der Bedeutung der Denkschrift nicht gerecht. Zum wiederholten Mal bitte ich das Präsidium dringend, die Beratung der Denk schrift an prominenterer Stelle zu positionieren.
Dies würde der Bedeutung wesentlich mehr gerecht.
Ich möchte zunächst dem Präsidenten des Rechnungshofs, Herrn Munding, sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbei tern, dem Senat, aber auch den Prüfern vor Ort für die um fangreiche und wertvolle Arbeit, die sie für den Landtag und den Finanzausschuss leisten, sehr herzlich danken. Ohne die se Arbeit könnten wir einer vernünftigen Haushaltskontrolle nicht nachkommen. Herzlichen Dank für ihre Arbeit.
Herzlichen Dank auch den Kolleginnen und Kollegen des Fi nanzausschusses. Alle, die dort Mitglied sind, wissen, dass es nicht wenig Arbeit ist. Wir haben Ihnen heute über 30 Be schlussempfehlungen vorgelegt, die wir in nur drei Sitzungen erarbeitet haben. Aber in diesen drei Sitzungen haben wir nicht nur diese 30 Beschlussempfehlungen erarbeitet, sondern auch noch viele andere Punkte behandelt. Sie sehen also: Die Kollegen haben fleißig gearbeitet, um Ihnen hier im Plenum zeitnah die Ergebnisse zu präsentieren.
Am Anfang möchte ich gleich zu Buchstabe b dieses Tages ordnungspunkts kommen: Prüfung der Rechnung des Rech nungshofs. Ich habe die Aufgabe, die Rechnung des Rech nungshof zu prüfen, da er sich ja nicht selbst prüfen und ent lasten kann.
Ich habe die Prüfung mit Unterstützung zweier Mitarbeiter des Rechnungshofs vorgenommen und kann Ihnen guten Ge wissens empfehlen, den Präsidenten des Rechnungshofs Ba den-Württemberg hinsichtlich der Rechnung des Rechnungs hofs für das Haushaltsjahr 2008 nach § 101 der Landeshaus haltsordnung zu entlasten. Der Rechnungshof arbeitet effizi ent, geht mit den Mitteln sparsam um und ist insofern auch ei ne vorbildliche Behörde innerhalb unserer Landesverwaltung.
Zur Denkschrift: Wir haben den Großteil der Beschlüsse zu den einzelnen Beiträgen im Ausschuss einstimmig verabschie det. Deswegen möchte ich nur einige wenige herausgreifen. Das deckt sich in etwa mit dem, was meine Vorrednerin er wähnt hat.
Der Beitrag Nummer 4 ist für mich einer der wichtigsten in dieser Denkschrift. Dort geht es um Vorbelastungen und Ri siken des Landeshaushalts. So ist z. B. die Verschuldung, die in Baden-Württemberg über 42 Milliarden € beträgt – das sind fast 4 000 € pro Einwohner –, mittlerweile ein beträchtlicher Posten, vor allem, was die Zinsen angeht, die wir für diese Verschuldung berappen müssen. Das waren im Jahr 2009 im merhin 1,8 Milliarden €.
Das, was das Land Jahr für Jahr an Zinszahlungen leistet, be deutet über die Jahre hinweg das größte Konjunkturförderpro
gramm für die Banken. Es war schon einmal mehr, liebe Kol leginnen und Kollegen. Wir haben nämlich historisch niedri ge Zinssätze. In der Entwicklung der Zinssätze steckt zukünf tig das große Risiko. Wenn sich nämlich die Zinssätze in den nächsten Jahren wieder erhöhen, z. B. auf 5 % oder 6 % – dies wäre, historisch gesehen, ein normaler Zinssatz –, dann be deutet das in etwa 900 Millionen € Mehrausgaben für den Landeshaushalt. Das heißt, es geht bei einem Zinssatz von 6 % für unsere Schulden um 900 Millionen € mehr. Dann wä ren wir bei insgesamt über 2,6 Milliarden € – nur für Zinsen; davon hat außer den Banken niemand etwas. Das ist ein ho hes Risiko, das über die Jahre hinweg in Baden-Württemberg angehäuft würde.
Zu einem zweiten Punkt, den der Rechnungshof anspricht, dem Sanierungsbedarf bei den Landesgebäuden: In BadenWürttemberg gibt es 8 000 Landesgebäude mit einem Zeit wert von fast 20 Milliarden €. Den jährlichen Unterhaltungs- und Sanierungsaufwand beziffert der Rechnungshof auf 300 Millionen € bis 400 Millionen €. Aus vergangenen Diskussi onen wissen Sie, dass wir allein bei den Universitätsgebäu den einen Sanierungsstau im Umfang von 2 Milliarden € ha ben. Nehmen wir alle Landesgebäude zusammen, kommen wir auf einen Sanierungsstau im Umfang von 6 Milliarden €.
Das ist de facto eine Verschuldung, die zu den 42 Milliarden € noch dazuzurechnen ist. Wenn wir diesen Sanierungsstau in einem langen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren abbauen woll ten, dann brauchten wir – so der Rechnungshof – jährlich 150 Millionen € mehr, nur damit unsere Landesgebäude nicht ver lottern und nicht vollends unbrauchbar werden.
Als Nächstes zu den Landesstraßen: Sie stellen ein Anlage vermögen von knapp 5 Milliarden € dar. Der Unterhaltungs aufwand beträgt etwa 100 Millionen €. Auch dort wird Lan desvermögen schlicht verbraucht, verlottert, und auch da tut die Landesregierung seit Jahrzehnten, möchte ich sagen, nichts.
Über den gravierendsten Punkt haben wir schon mehrfach dis kutiert – ihn hat uns Herr Stratthaus bei seiner letzten Rede als Finanzminister hier im Plenum ins Stammbuch geschrie ben –: Das sind die Pensionslasten des Landes. Hatten wir 1980 noch 1 Milliarde € an Ausgaben für Pensionäre, lagen diese Ausgaben im Jahr 2000, also 20 Jahre später, schon bei 2 Milliarden € und haben sich damit verdoppelt. 2009 sind wir bei 3 Milliarden €. Das heißt, in nur neun Jahren kamen noch mals 1 Milliarde € hinzu.
Wenn Sie den Versorgungsbericht anschauen, der auch auf der Tagesordnung steht, zu dem aber keine Aussprache vorgese hen ist, sehen Sie die Prognosen. Je nachdem, welche Gehalts steigerungen zugrunde gelegt werden, wären wir im Jahr 2015 bei 4 Milliarden €, im Jahr 2020 bei 5 Milliarden €, im Jahr 2030 bei 7 Milliarden € und im Jahr 2050 bei Ausgaben in Höhe von 10 Milliarden €. Ich möchte nur sagen: Das ist knapp ein Drittel des gegenwärtigen Volumens unseres Ge samthaushalts.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da haben wir eine Zukunfts last für unsere Nachkommen im Land, die mit nichts zu ver gleichen ist. Damals hat Finanzminister Stratthaus aus einer Studie zitiert, die aussagt: Wenn wir diese Pensionsverpflich tungen in Verschuldung des Landes umrechnen, dann sind wir bei der Pro-Kopf-Verschuldung unter den Flächenländern nicht mehr, wie bisher, auf Platz 3 hinter Bayern und Sach sen, sondern auf dem letzten Platz – Landesstraßen und Ge bäude noch nicht eingerechnet. Dann stehen wir auf dem letz ten Platz unter den Flächenländern, was die Verschuldung an geht. Schlechter stehen nur noch Berlin, Bremen und Ham burg da. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Armuts zeugnis für 60 Jahre CDU-Regierung in Baden-Württemberg.
Einige Worte zur Übertragung der Bewährungs- und Gerichts hilfe auf einen freien Träger: In der aus dem Jahr 2006 stam menden Gesetzesbegründung heißt es, die Leistung solle qua litativ mindestens gleichwertig durchgeführt werden wie in der Eigenbesorgung durch das Land, und sie solle rationeller und ökonomischer von den privaten Trägern erbracht werden. Ferner heißt es – Zitat –:
Es ist das Ziel der Landesregierung, dass die freien Trä ger eine Effizienzrendite von 10 bis 15 % erwirtschaften.
In einer Kabinettsvorlage aus dem gleichen Jahr heißt es:
Die Übertragung auf einen freien Träger vermag dabei nicht nur die Qualität der Bewährungs- und Gerichtshil fe in Baden-Württemberg nachhaltig auf dem erforderli chen Niveau zu sichern, sie erlaubt es auch, die Reform ohne zusätzlichen Ressourceneinsatz durchzuführen und... nicht unerhebliche Einsparungen für das Land zu ge nerieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Fakt ist – das hat der Rech nungshof in seiner Denkschrift nachgewiesen –: Im Vertrags zeitraum von 2007 bis 2016 entstehen Mehrausgaben für das Land in Höhe von fast 50 Millionen €, genau 46,8 Millionen €. Ziel verfehlt, meine Damen und Herren! Das Ziel wurde ab solut verfehlt.
Noch gravierender ist, dass der Rechnungshof nachweist – ich zitiere –:
Das Justizministerium führte keine Wirtschaftlichkeitsun tersuchung nach § 7 der Landeshaushaltsordnung durch.
Damals wurde der Vertrag auch widerrechtlich abgeschlos sen.
Sie erinnern sich vielleicht: Vor dem Staatsgerichtshof wurde uns bestätigt, dass dieser Vertrag gar nicht hätte unterzeichnet werden dürfen, weil der Landtag den damals bereitgestellten Mitteln nicht zugestimmt hat.
Wenn jetzt sogar noch nachgewiesen wird, dass nicht einmal eine gründliche Wirtschaftlichkeitsrechnung durchgeführt wurde, dann ist das für uns ein absolut gescheitertes Projekt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Kollege, das haben nicht wir von der SPD behauptet, sondern das ist vom Rechnungshof nachgewiesen.
Ja gut, das ist die Ausrede.
Das ist die wunderbare Begründung des Justizministeriums. Nun sagt man nämlich: „Die machen jetzt mehr, als früher ge macht wurde.“
Lassen Sie mich doch eine Antwort darauf geben.
Erstens glaube ich: Hätten für die Bewährungs- und Gerichts hilfe in Eigenbesorgung durch das Land 50 Millionen € mehr zur Verfügung gestanden, hätte sie auch besser durchgeführt werden können. Dann hätte das Land nämlich auch mehr Per sonal einstellen können.
Zweitens war das nicht Vertragsinhalt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Vertragsinhalt war, dass 10 % bis 15 % eingespart werden
und die gleiche Leistung erbracht wird. Es war nicht die Re de davon, dass mehr Geld ausgegeben und mehr Leistung da für erbracht wird. Das ist nämlich etwas anderes.
Nein, das können Sie schon jetzt sehen.
Sie können schon jetzt sehen, dass wir diese Mehrausgaben haben.
Sie sehen also, was dabei herauskommt, wenn man aus ideo logischen Gründen blind privatisiert, ohne eine Wirtschaft
lichkeitsuntersuchung vorzunehmen, und das nur, damit man wieder einmal ein Privatisierungsprojekt hat,
mit dem man Wahlkampf betreiben kann.
Zahlen kann man nicht anschreien. – Sie waren offensichtlich schon unter Bewährungsaufsicht, lieber Kollege, wenn Sie das behaupten. Sie können uns ja einmal davon berichten.
Ich möchte zum Beitrag Nummer 19 noch einige Punkte an merken. Da geht es um die Betriebsprüfungsstellen. „Die Be triebsprüfungsstellen sind seit mehreren Jahren unterbesetzt“, weist der Rechnungshof nach. Im Jahr 2006 hatten wir insge samt über 1 400 Betriebsprüferstellen; davon waren 16 unbe setzt. Im Jahr 2009 hatten wir 65 unbesetzte Stellen bei den Betriebsprüfern.
Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der notwendigen Prüfungen massiv angestiegen. Der Prüfungsaufwand ist bei den Groß betrieben um 6,1 %, bei den Kleinbetrieben um 8,1 % und bei den Kleinstbetrieben um 37,5 % angestiegen. Das heißt, der Prüfungsaufwand hat enorm zugenommen, während die Zahl der Betriebsprüfer abgenommen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit verschenkt das Land Geld, das ihm zusteht. Es wäre also noch nicht einmal eine Steuerhöhung notwendig. Dies sind Steuermittel, die dem Land zustehen. Ich bin mir sicher, dass die Unternehmen in unserem Land gern Steuern zahlen, die dem Land auch zuste hen.
Nein, sie tun es nicht, Herr Kollege. Das ist nachgewiesen. Wir wissen, dass jeder Prüfer, den wir neu einstellen, das 7,4-Fache dessen einbringt, was er kostet. Das sind dem Land zustehende Steuern. Wenn wir diese Prüfer nicht einstellen, dann fehlt uns dieses Geld im Landeshaushalt für wichtige In vestitionen.
Herr Kollege Kluck, wir verlangen nur, dass die vorhande nen Planstellen besetzt werden. Jetzt nennen Sie mir doch bit te einmal ein Argument dafür, warum Planstellen nicht besetzt werden sollten und warum nicht jeder in diesem Land ehrlich sein und seine Steuern zahlen sollte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dieser Denkschrift sind eine Menge Punkte enthalten, mit denen dem Landeshaushalt mehr Einnahmen oder weniger Ausgaben zugeschrieben wer den könnten. Wir brauchen für viele Bereiche mehr Geld. Manches Geld wäre in anderen Bereichen sicher sinnvoller angelegt. Deswegen stimmen wir dem Antrag der Grünen zu, den Vertrag betreffend die Privatisierung und die Übertragung der Bewährungs- und Gerichtshilfe zu kündigen und damit Mittel einzusparen.
Ich bitte Sie dringend, unsere Finanzverwaltung mit ausrei chend Personal auszustatten, damit das Land auch die Steu ereinnahmen bekommt, die ihm zustehen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der ersten Lesung haben wir verständlicherwei se relativ wenig über Finanzpolitik gehört. Das war vielmehr eine Generalerklärung der Regierung. Jetzt, in der zweiten Le sung, haben wir von Herrn Groh, den ich eigentlich sehr schät ze, wieder nur einen Ritt durch die baden-württembergischen Statistiken präsentiert bekommen. Er hat aufgezeigt, in wel chen Bereichen wir spitze sind und was alles prima ist.
Weniger angesprochen wurden allerdings die Bereiche, bei denen wir tatsächlich Probleme haben.
Zu einer objektiven Betrachtung gehört jedoch beides, lieber Kollege, nämlich die positiven Aspekte und die Aspekte, bei denen es nicht so gut läuft. Im Parlament sollten wir uns aber vor allem mit den Bereichen beschäftigen, bei denen wir Nachholbedarf haben und noch etwas verbessern sollten.
Das ist nämlich unsere Aufgabe als Parlament, lieber Kolle ge.
Zum Nachtragshaushalt an sich – wenn er schon auf der Ta gesordnung steht, sollte man auch ein paar Worte dazu verlie ren –: Wir werden dem Nachtragshaushalt in überwiegenden Teilen zustimmen, weil damit vieles, was wir schon lange ge fordert haben, endlich umgesetzt wird. Ich möchte einige Vor haben nennen, die wir begrüßen.
Dies sind zum einen die Stellenhebungen in der Steuerverwal tung. Die Steuerverwaltung ist schon lange die Verwaltung im
Land, die die schlechteste Gehaltsstruktur aufweist. Wir mah nen seit mindestens drei bis vier Jahren eine Verbesserung an. Die Steuerverwaltung hat immer wieder gefordert, etwas zu unternehmen. Jetzt endlich kommen Sie dieser Forderung nach. Wir begrüßen, dass Sie unserer langjährigen Forderung endlich nachkommen.
Wir begrüßen außerdem, dass Sie bei den Lehrerstellen mehr tun. Dies ist auch notwendig. Wir begrüßen ferner, dass Sie bei den Professorenstellen mehr tun. Auch das ist notwendig. Deshalb begrüßen wir den Nachtragshaushalt überwiegend.
Wir stimmen auch zu, lieber Kollege Kluck.
Aber wir vermissen auch etwas darin; deswegen können wir nicht ungeteilt zustimmen. Wir hätten uns – dazu stellen wir auch einen Antrag – mehr Mittel für Lehrbeauftragte ge wünscht. In den Zeitungen der vergangenen Tage wurde da zu schon einiges geschrieben. Mir ist schleierhaft, wie das im kommenden Schuljahr geregelt werden soll. Denn wie ich heute in den Zeitungen lese, sollen angeblich von September bis Januar keine oder nur gekürzte Mittel für Lehrbeauftrag te zur Verfügung stehen. Wie die Schulen, die bei der Gestal tung ihrer Ganztagsschulprogramme auf Lehrbeauftragte ge setzt haben, dann dieses halbe Jahr überbrücken sollen, ist mir schleierhaft.
Sie sollten sich einmal die Schreiben, die die Schulämter mo mentan versenden, ganz genau anschauen und sich fragen, wie das Ganze funktionieren kann, wenn wir die Mittel für die Lehrbeauftragten kürzen, weil – das war die falsche Annah me, Frau Schick – diese Mittel angeblich gar nicht abgerufen werden. Tatsache ist, dass sie abgerufen werden: 2,9 Millio nen € der insgesamt 3 Millionen €, die in den Haushalt einge stellt sind, sind abgerufen worden. Deshalb müssen Sie schon die Frage beantworten, wie das Ganztagsschulkonzept an vie len Standorten bewältigt werden soll und woher die Mittel da für kommen sollen.
Wir halten die Schulsozialarbeit für einen essenziellen Be standteil der Bildungspolitik des Landes und der Bildungs konzeption von Schulen. Deshalb gehört die Schulsozialar beit zur Schule. Daher ist sie auch in ein Schulkonzept einzu arbeiten und vom Land zu finanzieren.
Wir halten es für nicht gerechtfertigt, dass Schulsozialarbeit nur dort gemacht werden kann, wo die Kommunen die finan ziellen Möglichkeiten dazu haben. Schulsozialarbeit muss überall dort gemacht werden, wo sie inhaltlich, wo sie von den Schülern, der Schulstruktur und der Schülerstruktur her notwendig ist. Sie darf nicht nur dort möglich sein, wo die Kommunen sie finanzieren können. Deswegen sind wir dafür, dass Schulsozialarbeit flächendeckend vom Land finanziert wird.
Einen dritten Antrag werden wir stellen. Wir haben ihn schon häufig gestellt, aber ich habe bis heute noch keine schlüssige
Begründung gefunden, warum Sie ihn immer wieder ableh nen. Es geht um die Rücknahme des Personalabbaus in der Steuerverwaltung. Ich fordere gar nicht mehr Personal für die Steuerverwaltung, sondern nur eine Rücknahme des Abbaus. Sie haben in der Steuerverwaltung nämlich über Jahre hinweg Personal abgebaut. Wir fordern jetzt, zumindest einen Teil die ses Personals wieder einzustellen, damit wir, liebe Kollegin nen und Kollegen, zwei Ziele erreichen:
Das erste Ziel ist Steuergerechtigkeit. Wenn ich sehe, unter welchen Bedingungen die Beamtinnen und Beamten in unse rer Steuerverwaltung Steuererklärungen bearbeiten und Be triebsprüfungen vornehmen, dann muss ich schon fragen, ob es noch gerecht ist, wenn Steuererklärungen nicht mit der hin reichenden Zeit und dem eigentlich erforderlichen Aufwand geprüft werden können, weil das Personal fehlt, wenn Betrie be nicht so geprüft werden können, wie wir das vorsehen. Dann ist ein großes Fragezeichen hinsichtlich der Steuerge rechtigkeit zu setzen. Wir halten eine gerechte Besteuerung der Bürgerinnen und Bürger für absolut notwendig, um eine Akzeptanz des Steuersystems herzustellen.
Herr Kollege Kluck, wir könnten die Steuern vermutlich so gar senken, wenn wir dafür sorgen würden, dass die Steuern, die dem Staat tatsächlich zustehen, auch eingetrieben werden. Aber das ist nicht der Fall. Das beweist uns der Rechnungs hof mit jeder Denkschrift. In den letzten drei Denkschriften waren jedes Mal Beiträge enthalten, in denen der Rechnungs hof nachweist, dass zu wenig Personal vorhanden ist
und dem Staat Geld entgeht, das ihm eigentlich zusteht. Wir wollen kein Geld, das dem Staat nicht zusteht. Wir wollen aber, dass jeder gerecht besteuert wird und der Staat das Geld bekommt, das ihm zusteht. Dann, Herr Kluck, könnten wir vielleicht sogar Steuern senken, wenn wir das Geld auch ein treiben würden.
Wir halten die Rücknahme des Personalabbaus in der Steuer verwaltung aus einem zweiten Grund für notwendig: Das sind schlicht die Steuereinnahmen. Auch wenn wir die finanzielle Situation des Landes betrachten, müssen wir sagen: Das Land ist darauf angewiesen, dieses Geld einzunehmen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Sie es immer wieder ablehnen, dass Personal in der Steuerverwaltung eingestellt wird. Dieses Per sonal kostet ja nicht mehr Geld – auch das ist durch den Rech nungshof nachgewiesen –, sondern es rechnet sich. Wir haben einen Return on Invest und können dieses Geld für den Lan deshaushalt gut gebrauchen.
Wir vermissen, Herr Kollege, dieses Mal auch die mittelfris tige Finanzplanung. In der Landeshaushaltsordnung ist gere gelt, dass diese auch bei einem Nachtragshaushalt vorgelegt werden soll. Dass Sie jetzt sagen, Sie wollten die neuesten Er
kenntnisse aus der November-Steuerschätzung einarbeiten, nehme ich zur Kenntnis. Das können Sie aber im November auch hinsichtlich der Mai-Steuerschätzung sagen, und das ha ben Sie – das muss ich noch einmal ganz deutlich in Richtung Finanzministerium sagen – bei der Vorlage des Haushalts im letzten Jahr auch gesagt.
Sie haben behauptet, der Haushalt sei im letzten Jahr deshalb so spät vorgelegt worden, weil Sie die Erkenntnisse aus der November-Steuerschätzung einarbeiten wollten. De facto war 0,0 von der November-Steuerschätzung in den Haushalt ein gearbeitet. Deswegen erlauben Sie mir die Bemerkung, dass es nicht besonders glaubwürdig ist – nachdem Sie die Einar beitung im letzten Jahr angekündigt haben und die Erkennt nisse aus der November-Steuerschätzung trotzdem nicht ein gearbeitet haben –, wenn Sie jetzt behaupten, die Vorlage ei ner aktuellen mittelfristigen Finanzplanung nur deshalb hin auszuzögern, weil Sie auf die November-Steuerschätzung warteten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist vermutlich der letzte Haushalt – in diesem Fall ein Nachtragshaushalt –, den die ser 14. Landtag beschließen wird. Erlauben Sie mir deshalb zum Schluss einen Appell. Baden-Württemberg steht mitnich ten finanziell so gut da, wie es darzustellen versucht wurde. In einem Punkt haben Sie völlig recht: Was die explizite Ver schuldung, also die Verschuldung, die wir z. B. am Kredit markt haben, angeht, liegt Baden-Württemberg zwar mittler weile hinter drei anderen Bundesländern, steht aber noch re lativ gut da.
Wenn wir aber – Kollege Stratthaus hat uns das sozusagen als Vermächtnis mitgegeben, bevor er aus dem Amt des Finanz ministers ausgeschieden ist – die implizite Verschuldung, al so die Verschuldung durch mangelnde Rückstellungen für die Pensionen unserer Beamtinnen und Beamten, einbeziehen, dann stellen wir fest, dass wir unter allen Flächenländern am Ende liegen.
Das können Sie in einer Veröffentlichung der Universität Frei burg – Institut für Finanzwissenschaft, Professor Raffelhü schen – nachlesen, Herr Groh. Das habe nicht ich erfunden, sondern das wurde von Finanzwissenschaftlern nachgerech net. Kollege Stratthaus hat hier im Plenarsaal bestätigt, dass es so ist. Wenn auch die implizite Verschuldung berücksich tigt wird, liegen wir am Ende der Flächenländer. Hinter uns sind nur noch Berlin, Bremen und Hamburg.
Angesichts dessen müssten wir uns schon in aller Offenheit und Ehrlichkeit – bei allem Wahlkampf, der ansteht – darüber im Klaren sein, dass wir für diese vor uns liegende Zukunfts aufgabe eine Lösung brauchen.
Ich bin nicht so blauäugig, zu glauben, dass wir das bei dem anstehenden Wahlkampf vor einer Landtagswahl hinbekom men. Ich möchte aber dringend darum bitten, dass sich dieses Haus spätestens zu Beginn der nächsten Legislaturperiode of fen und ehrlich mit diesem Thema beschäftigt. Das schließt ein, dass nicht nur das, was explizit an Zukunftslasten im
Haushalt steht, sondern real und ehrlich alles berücksichtigt wird.
Ich empfehle dem Haus deshalb, in der kommenden Legisla turperiode einen Sonderausschuss hierfür einzusetzen.
Wir haben schon wegen anderer Themen z. B. Enquetekom missionen und Ausschüsse eingesetzt. Wir sollten den Zu kunftslasten, die wir den kommenden Generationen zumuten, dringend einen Ausschuss widmen und dort vielleicht – das wäre mein Wunsch – in großer Einigkeit überlegen, wie wir mit diesen Zukunftslasten umgehen. Die mittelfristige Finanz planung des Landes gibt darauf keine Antwort. Ich habe bis her insgesamt noch keine überzeugenden Antworten dazu ge sehen. Deswegen sollte sich ein solcher Ausschuss parteiüber greifend mit der Frage „Was muten wir den zukünftigen Ge nerationen zu?“ beschäftigen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Finanzminister hat den Gesetzentwurf ein gebracht, und ich kann gleich zu Beginn sagen: Wir werden ihn mittragen. Aber ihn zu begrüßen wäre etwas zu weit ge griffen, Herr Groh.
Die Vorgaben der EU sind klar; wir müssen sie umsetzen. Aber es steht uns schon noch an, einige Kommentare und auch Bewertungen zu dem abzugeben, was die EU uns als Anteils eigner der LBBW vorschreibt.
Es ist sicher einsichtig, dass wir das Geschäftsmodell der LBBW überdenken müssen und dass aufgrund der staatlichen Stützung der LBBW, der Eigenkapitalaufstockung, vor allem das Geschäftsvolumen zurückgefahren werden muss. Wir hal ten es auch für inhaltlich richtig, dass man sich auf das Kern geschäft beschränkt. Es gab in früheren Zeiten immer wieder Bestrebungen, den Arbeitsbereich der LBBW auszuweiten, deutschlandweit als Privatbank aufzutreten. Wir sind ganz froh, dass man sich darauf besonnen hat, sich auf das Kern geschäft im Kerngebiet der LBBW zu konzentrieren.
Wir sind noch nicht ganz zuversichtlich, dass das Zurückzie hen auf das Kerngeschäft dann tatsächlich zu ebendieser an gestrebten Nichtverzerrung des Marktes führt. Denn wenn man den deutschlandweiten Markt momentan anschaut, sieht es eher so aus, dass sich Banken aus dem Geschäft zurückzie hen. Die ausländischen Banken sind auf diesem Gebiet mo mentan nicht mehr so stark unterwegs, wie es in früheren Zei ten der Fall war. Wenn sich dann ausgerechnet eine deutsche Bank aus diesem Bereich zurückziehen soll, führt dies nicht automatisch dazu, dass der Markt dann besser funktionieren muss.
Einige Anmerkungen auch noch zu dem Thema Gremien. Es wurde schon im Vorfeld viel darüber diskutiert – auch in den Medien –, dass zukünftig im Aufsichtsrat die sieben sogenann ten externen Sachverständigen, Herr Minister, tätig sein müs sen. Wir als SPD sind der Auffassung, dass jemand, der aus der Privatwirtschaft als sogenannter Sachverständiger in ei nem Aufsichtsrat sitzt, nicht automatisch ein besserer Auf sichtsrat ist. Zum einen haben wir schon jetzt in der LBBW externen Sachverstand. Das heißt, es sind schon jetzt auch Un ternehmensvertreter im Verwaltungsrat der LBBW. Wenn man sich zum anderen die Banken ansieht, z. B. im privaten und
auch im staatlichen Bereich, die jetzt vom Staat gestützt wer den müssen, und sich anschaut, wer dort in den Aufsichtsrä ten sitzt, dann spricht es nicht zwingend dafür, dass es durch die Änderung automatisch besser wird.
Ich habe mir einmal die Besetzung von der Commerzbank ge ben lassen. Da sitzen Vorstände und Aufsichtsräte von der Bayer AG, von Hochtief, von der Aachener und Münchener, von der E.ON Ruhrgas, von der Evonik, von der Allianz. Bei der „höchst erfolgreichen“ Hypo Real Estate sitzen der Auf sichtsratsvorsitzende der Deutschen Börse AG und verschie dene Vorstandsvorsitzende von Unternehmen im Land. Wenn man sich dann einmal die IKB ansieht – auch „höchst erfolg reich“, zumindest erfolgreich staatlich gestützt –, dann sieht man: Darin sitzen der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Trumpf GmbH; darin sitzt der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Körber AG; darin sitzt der Geschäftsführer der Roden stock KG; darin sitzt der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Voith AG. Das sind lauter Sachverständige, das ist externer Sachverstand in diesen „höchst erfolgreichen“ Banken.
Ich will damit nur sagen, dass es für einen solchen Aufsichts rat nicht automatisch besser ist, wenn jemand aus der Privat wirtschaft kommt, und dass damit nicht automatisch ausge schlossen wäre, dass diese Bank dann ins Trudeln käme. Wir sind dafür, dass dort in allererster Linie Personen mit einem gesunden Menschenverstand sitzen. Wir sind auch dafür, dass in öffentlichen Banken Vertreter, die öffentliche Verantwor tung haben, vertreten sind.
Einen zweiten Punkt möchte ich noch ansprechen, über den wir bei den Beratungen im Finanzausschuss diskutieren soll ten. Wir werden mit diesem Gesetzentwurf Elemente des Ak tienrechts in das Landesbankgesetz übernehmen. Wir finden, wir sollten uns auch darüber unterhalten, ob wir dann nicht konsequenterweise auch Elemente des Betriebsverfassungs rechts in das Landesbankgesetz übernehmen sollten. Denn wenn wir auf der einen Seite privatwirtschaftliche Aufsichts strukturen schaffen, dann sollten wir uns auch im Hinblick auf das, was die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mer angeht, überlegen, ob wir das, was im Betriebsverfas sungsrecht geregelt ist, auch für die LBBW übernehmen.
Wie gesagt: Wir tragen diese Änderung des Landesbankge setzes mit. Wir müssen sie aus Verantwortung mittragen. Be grüßen, Herr Kollege Groh, müssen wir sie nicht zwingend.
Vielen Dank.
Herr Minister, Sie haben sich sehr aus führlich über Ihre rechtlichen Bedenken und auch über die
Gefahren für die Landesbeamten geäußert. Mich würde inte ressieren, wie sozusagen mit einem Federstrich diese rechtli chen Bedenken und die Gefahren für unsere Landesbeamten weg sind, wenn wir ein anderes Bundesland als Zwischen händler dieser angeblich illegalen Daten einschalten. Können Sie mir erklären, warum die rechtlichen Bedenken auf einmal weg sind, wenn ein anderes Bundesland die Daten ankauft und wir sie auswerten?
Herr Staatssekretär, als wir das letzte Mal über dieses Thema diskutiert haben, haben wir vom Finanzminister leider nichts darüber gehört, dass Baden-Würt temberg der Kauf einer solchen CD angeboten wurde. Daher
frage ich Sie, ob momentan ein Angebot an das Land BadenWürttemberg zum Kauf weiterer Steuerdaten besteht.
Wären Sie bereit, falls ein solches Angebot wieder besteht, auch den Landtag oder den Finanzausschuss des Landtags zu informieren?
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Herrmann, das war schon eine exzellente Bewerbungsrede für den einen oder anderen Posten, der im neuen Kabinett jetzt vielleicht frei wird, aber mit richtig solider Finanzpolitik hat das wenig zu tun gehabt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Aber wir sind im Plenum, nicht im Finanzausschuss. Es sei Ihnen zugestanden.
Trotzdem möchte ich als Ausschussvorsitzender die Gelegenheit nutzen, mich bei den Mitgliedern des Finanzausschusses sehr herzlich für die intensive Beratung in den letzten Wochen und den hohen Einsatz, den die Mitglieder des Finanzausschusses erbracht haben, zu bedanken. Die Kolleginnen und Kollegen haben seit der Einbringung im Dezember intensiv am Haushalt und an den Änderungsanträgen gearbeitet. Dafür herzlichen Dank.
Auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, besonders dem Referat Plenar- und Ausschussdienst möchte ich sehr herzlich danken, stellvertretend Frau Referatsleiterin Ehninger. Die Landtagsverwaltung hat Hervorragendes geleistet; dies sage ich vor allem deshalb, weil wir unter einem sehr engen Zeitkorsett gearbeitet haben. Deshalb sage ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung sehr herzlichen Dank.
Ebenfalls danken darf ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums, die ganz hervorragend mit dem Finanzausschuss zusammengearbeitet haben. Herzlichen Dank dafür.
Ich muss aber leider auch gleich wieder eine Rüge hinterherschieben, wie ich das in den vergangenen Jahren leider jedes Mal machen musste. Auch in diesem Jahr verstößt die Landesregierung gegen Artikel 79 Abs. 2 der Landesverfassung, in dem es heißt:
Die Feststellung
des Landeshaushalts –
soll vor Beginn des Rechnungsjahres … erfolgen.
In § 30 der Landeshaushaltsordnung steht:
Der Entwurf des Haushaltsgesetzes ist mit dem Entwurf des Haushaltsplans vor Beginn des Haushaltsjahres, für das er aufgestellt ist, in der Regel bis zum 30. September, im Landtag einzubringen.
Jetzt kann man in diesem Jahr durchaus in Anspruch nehmen, dass es sich um ein außergewöhnliches Jahr handelt und dass es ausnahmsweise einmal geboten wäre, vielleicht auch etwas zuzuwarten. Wir hatten die Wirtschafts- und Finanzkrise; da hätte man das in der Tat so begründen können.
Finanzminister Stächele hat das am 7. Oktober letzten Jahres auch getan, indem er bei der Beratung des Dritten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan 2009 gesagt hat – ich zitiere –:
Wenn wir jetzt vom 10. Dezember, dem Termin, der ursprünglich auf dem Sitzungsplan gestanden hat, auf den 17. gehen, dann geht es um eine Verschiebung um eine Woche. Warum machen wir das? Das machen wir letztendlich auch Ihnen zuliebe.
Damit hat er uns gemeint.
Meine Damen und Herren, was das Ziel der relativen Stabilität in dieser Haushaltsberatung anbelangt, so ist es nicht unwesentlich, was im Blick auf die November-Steuerschätzung und mit Blick auf das, was in Berlin beschlossen wird, in den Entwurf einfließen kann.
Darauf hat Kollege Zimmermann noch dazwischengerufen: „So ist es!“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben nichts, null Komma null von dem, was in Berlin beschlossen wurde, eingearbeitet. Herr Minister, das, was Sie damals gesagt haben, war schlicht falsch.
Sie haben nichts eingearbeitet, und Sie müssen jetzt schon einmal erklären, warum Sie zuerst behauptet haben, Sie warteten so lange, damit die Berliner Beschlüsse eingearbeitet werden könnten – so wurde es hier im Landtag protokolliert –, aber dann im Entwurf keinen einzigen Beschluss aus Berlin eingearbeitet haben. Das Einzige, was Sie nachher – erst in den Ausschussberatungen, also im Januar – eingearbeitet haben – nicht in den Entwurf –, war das „Schuldenbeschleunigungsgesetz“ der Bundesregierung. Da haben Sie einfach unsere Landesschulden hochgesetzt. Das war das Einzige, und das haben Sie im Ausschuss gemacht. Im Entwurf war davon überhaupt nichts enthalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen versprechen: Das wird die letzte Rüge sein, die ich in diesem Haus zu diesem Thema aussprechen werde.
Nein. Das hätten Sie wohl gern, Herr Kluck. – Denn wenn bis zum 30. September 2011 kein Haushaltsplanentwurf für 2012 vorliegt – da können Sie Ihre Juristen schon einmal vorwarnen –, dann werden wir vor dem Staatsgerichtshof Klage einreichen.
Wir haben das jetzt über fünf, sechs, sieben Jahre hinweg jedes Jahr erwähnt.
Wenn Sie sich nicht an die Landeshaushaltsordnung und an die Landesverfassung halten, dann werden wir das rügen.
Herr Kollege Herrmann, ich habe mir einmal die Zahlen geben lassen, wann die Haushalte eingebracht worden sind. Wenn man das einmal vom Zeitpunkt der Landesgründung ausgehend betrachtet, sieht man: Knapp die Hälfte der Haushaltsplanentwürfe sind fristgerecht eingebracht worden.
Das heißt, es muss schon möglich sein, den Haushaltsplanentwurf fristgerecht einzubringen, und wir fordern Sie auf, das zukünftig auch zu tun.
Jetzt noch einige Worte zur Landesverschuldung: In diesem Haushaltsplan ist wieder eine Neuverschuldung vorgesehen. Das Land ist nach wie vor hoch verschuldet. Es bringt überhaupt nichts, Herr Kollege Herrmann, schöne Bilder zu malen, die mit der Realität nichts zu tun haben.
Ich komme gleich noch einmal dazu, Herr Kollege. – Wenn wir nur die expliziten Schulden betrachten, die wir im Haushaltsplan stehen haben – das kann man auf den ersten Blick tatsächlich tun –, dann stellen wir fest, dass das Land BadenWürttemberg ganz gut dasteht: Da stehen wir in einem Jahr auf dem dritten Platz, in einem anderen Jahr auf dem zweiten Platz unter allen Bundesländern. Wir sind demnach also die Zweit- oder Drittbesten.
De facto ist bei diesen Schulden aber nicht berücksichtigt, dass wir Pensionslasten in einer Größenordnung haben, wie sie kein anderes Bundesland hat. Wenn wir allein die Pensions lasten einberechnen, dann erkennen wir, dass wir auf dem letzten Platz der Flächenländer in der Bundesrepublik Deutschland sind, meine Damen und Herren.
So sieht die Realität aus.
Baden-Württemberg ist nicht das beste Land bei der Verschuldung, sondern das schlechteste.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch nicht eingearbeitet, dass das Landesvermögen permanent vernachlässigt wird.
Allein der Sanierungsstau bei den Landesstraßen oder bei den Hochschulgebäuden summiert sich im Land auf mehrere Milliarden Euro. Wenn man die Abschreibungen hierfür mit einrechnen würde, wenn man es betriebswirtschaftlich betrachten würde, meine Kollegen von der FDP/DVP, dann wäre festzustellen, dass das Land längst Bankrott hätte anmelden müssen.
Deshalb nützt es nichts, ein schönes Bild zu zeichnen, das mit der Realität überhaupt nichts zu tun hat.
Herr Kollege Herrmann, Sie haben Rheinland-Pfalz mit seiner Verschuldung angesprochen. Sie müssen aber die Pensionslasten berücksichtigen. Das Land Rheinland-Pfalz legt seit 1996 Mittel in einen Pensionsfonds zurück. Natürlich hat das Land Rheinland-Pfalz dadurch eine höhere Neuverschuldung. Wenn wir nichts zurücklegen und dafür weniger Schulden aufnehmen, stehen im Haushaltsplan zwar de facto weniger Schulden, aber in der Realität haben wir höhere Zukunftslasten. Das können Sie nicht wegdiskutieren.
Dann noch einige Worte zu den verschiedenen CDs – vielleicht sind es auch DVDs –, die uns angeboten werden. Man kann zu den rechtlichen Fragen stehen, wie man will.
Ich möchte nur zwei Anmerkungen machen. Die erste ist – Herr Kollege Herrmann, das haben Sie richtig gesagt –: Welches Signal geben wir den anständigen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, wenn wir jetzt davor zurückschrecken, die se Daten über Steuerhinterzieher zu kaufen? Das ist ein Signal, liebe Kolleginnen und Kollegen, das wir vor den einfachen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern nicht verantworten können.
Dann noch einige Worte zu der Sitzung am vergangenen Freitag. Da hat der Landtag hierzu einen Beschluss gefasst. Ich möchte auch die neue Landesregierung bitten, diesen Beschluss zu respektieren.
Was uns aber schon sehr verwundert hat, Herr Finanzminister, ist, dass Sie, obwohl wir hier über den Ankauf von CDs, von Daten diskutiert haben, hier im Haus keinen einzigen Ton dazu gesagt haben, dass Sie darüber Bescheid wissen, dass auch Baden-Württemberg solche Daten angeboten werden.
Herr Minister, hier wurde in der Diskussion darüber, ob es überhaupt zulässig ist, über unseren Antrag zu beschließen, argumentiert, dass dies Bundessache sei und schon entschieden sei. Im gleichen Moment wussten Sie, dass es eine für Baden-Württemberg spezifische Sache ist und eine ganz konkrete Entscheidung für Baden-Württemberg ansteht. Wir hätten sofort den Antrag ändern und ganz konkret auf die in Baden-Württemberg angebotene CD beziehen können. Da kann es doch nicht sein, dass Sie hier keinen Ton dazu sagen. Das geht nicht.
Zum Schluss möchte ich noch einen Appell loswerden. Wir führen in diesem Haus immer wieder sehr intensive Diskussionen, auch rein vom zeitlichen Anspruch her. Zu wichtigen Fragen der Bildungspolitik, zur Innenpolitik haben wir Enquetekommissionen und Sonderausschüsse gebildet. Ich möchte an uns alle appellieren, dass wir uns in diesem Haus, auch wenn in einem Jahr schon wieder eine Wahl ansteht, dringend mit dem Thema auseinandersetzen, was wir den folgenden Generationen an Lasten mit auf den Weg geben.
Es sind alles wichtige Fragen, die wir hier in den einzelnen Politikfeldern behandeln. Wer hat in der Bildungspolitik, in der Energiepolitik und in der Innenpolitik das beste Konzept? Ich finde es wichtig, dass wir uns damit auseinandersetzen. Das ist unsere Aufgabe. Aber eines unserer größten Probleme in der Zukunft wird sein, dass wir diese gute Politik in den vielen Fachbereichen finanzieren müssen. Es wird keine gute Bildungspolitik, keine gute Kulturpolitik, keine gute Energiepolitik und keine gute Innenpolitik geben, wenn wir nicht eine solide Finanzpolitik haben, meine Damen und Herren.
Das gilt auch für die Sozialpolitik, Herr Kollege Kluck. – Wir sollten uns einmal intensiv mit diesem Thema beschäftigen; am liebsten wäre es mir, dies geschähe über alle Fraktionsgrenzen hinweg.
Vielleicht sollten wir über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe oder eines Sonderausschusses, einer Enquetekommission diskutieren, die sich mit dem Thema beschäftigt: Was laden wir den zukünftigen Generationen an Lasten auf? Was können wir ihnen zumuten? Wie schaffen wir es, liebe Kolleginnen und Kollegen, den hohen Schuldenberg, den wir auch in Baden-Württemberg angehäuft haben – in Verbindung mit den Pensionslasten und dem Landesvermögen, das wir verkommen lassen –, abzubauen, damit in der Zukunft noch Spielräume für eine gute Bildungspolitik, eine gute Sozialpolitik und eine gute Innenpolitik bestehen?
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Rechnungshof ist für den Finanzausschuss die wichtigste Beratungs- und Unterstützungseinrichtung. Er muss das auch für das gesamte Parlament sein; denn der Rechnungshof zeigt uns auf, wo wir im Land effizienter mit den Steuermitteln umgehen können. Er ist uns ein wichtiger Berater. Wir schätzen seine Arbeit, und ich möchte Ihnen, Herr Präsident Munding, sehr herzlich für Ihre Arbeit und für die Unterstützung unserer parlamentarischen Arbeit
danken und bitte Sie auch, diesen Dank an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben.
Zum Haushaltsplan, der von der Regierung vorgelegt wurde: Es wurde schon gesagt, dass es sich beim Einzelplan des Rechnungshofs um einen sehr kleinen Etat handelt. Aber, Herr Dr. Scheffold, ich habe sehr wohl Ihre Äußerung gehört, dass jeder Euro, den wir in den Rechnungshof stecken, gut angelegtes Geld ist. Umso mehr verwundert mich, dass die Regierungsfraktionen Kürzungen vorgeschlagen haben.
Im Regierungsentwurf – abgesegnet vom Kabinett, abgesegnet vom Finanzministerium – waren diese Kürzungen noch nicht vorgesehen. Der Kürzungsbeschluss wurde erst nach der Vorlage des Entwurfs auf Antrag der Regierungsfraktionen gefasst. Dieser Antrag ging, wenn ich es richtig mitbekommen habe, vor allem auf die CDU-Fraktion zurück, die auf ihrer Klausursitzung eine Kürzung beschlossen hat.
Man kann zu dieser Kürzung stehen, wie man will. Sie widerspricht ein Stück weit Ihrer Aussage, dass jeder in den Rechnungshof investierte Euro gut angelegtes Geld sei, aber sei’s drum. Was man jedoch nicht akzeptieren kann und was ich namens meiner Fraktion auch ausdrücklich nicht akzeptieren möchte, ist, dass dies alles geschieht, obwohl wir bereits seit zwei Jahren über dieses Thema diskutieren.
Das haben im Vorfeld vielleicht noch nicht alle mitbekommen, und deswegen möchte ich es noch einmal sagen. Seit zwei Jahren wird mit dem Rechnungshof über eine neue Besoldungsstruktur diskutiert. Beteiligt waren alle Fraktionen und die Regierung. Alle Fraktionen und die Regierung – das Staatsministerium mit dem Ministerpräsidenten – haben dem Rechnungshof signalisiert, dass man mit einer Änderung der Besoldungsstruktur einverstanden sei, weil – Sie haben das richtig begründet; leider fehlt aber die Konsequenz – die Besoldungsstruktur beim Rechnungshof so ist, dass es für jemanden aus einem Ministerium aus Stuttgart nicht attraktiv ist, zum Rechnungshof nach Karlsruhe zu gehen. Denn die Besoldungsstruktur dort ist gemessen an vergleichbaren Positionen in einem Ministerium eher schlechter. Das war nachvollziehbar.
Für die geplanten Stellenhebungen hat der Rechnungshof sogar einen Gegenfinanzierungsvorschlag gebracht, was ich toll finde. Ich hätte dieser Veränderung der Besoldungsstruktur sogar ohne einen Einsparvorschlag zur Gegenfinanzierung zugestimmt, weil ich glaube, dass jeder Euro beim Rechnungshof richtig angelegt ist. Er hätte seine interne Reform also sogar selbst gegenfinanziert.
Was Sie jetzt machen, ist Folgendes: Sie lehnen die Stellenhebungen ab und nehmen nur das vorgeschlagene Einsparpotenzial in Anspruch.
Meine Damen und Herren, nach einem zwei Jahre währenden Abstimmungsprozess zwischen den Fraktionen und dem Ministerpräsidenten, der der Vorlage zugestimmt hat – das Finanzministerium hat den Vorschlag in den Einzelplan 11 aufgenommen; er liegt Ihnen so vor –, sagten Sie Anfang Januar: „Jetzt machen wir da nicht mehr mit; jetzt haben wir alles vergessen, was wir zwei Jahre lang mit dem Rechnungshof
abgestimmt haben, und nehmen diese Zusage zurück.“ Das halte ich für höchst schwierig. Ich halte es, meine Damen und Herren, sogar für unanständig, dass man so etwas macht.
Wenn über die Besoldungsstruktur nicht schon zwei Jahre lang diskutiert worden wäre, dann hätte ich gesagt, dass man über die Kürzung reden kann. Dann ist es eben eine Kürzung wie in vielen anderen Bereichen auch. Aber wenn man das Ganze zwei Jahre lang abstimmt, dann ist ein solches Vorgehen, wie Sie es praktiziert haben, eigentlich nicht akzeptabel, zumal gegenüber einer Einrichtung – Herr Dr. Scheffold, da haben Sie völlig recht –, die eine gewisse Unabhängigkeit haben sollte und hat, gegenüber einer Einrichtung, über die wir alle hier im Landtag uns immer einig waren. Wir als Opposition haben dem Haushaltsplan des Rechnungshofs stets zugestimmt. Wir haben alle Änderungen, die den Rechnungshof betreffen, in diesem Haus einmütig und einstimmig verabschiedet.
Diesen Konsens im Landtag heben Sie in diesem Jahr auf – vor allem Sie, meine Damen und Herren von der CDU. Es tut mir wirklich leid, dass Sie mit einer solchen Änderung daherkommen. Sie ist ein schlechtes Signal gegenüber dem Rechnungshof, sie ist ein schlechtes Signal gegenüber der Öffentlichkeit.
Ich möchte einfach noch einmal sagen, was ich im Finanzausschuss auch gesagt habe. Wir erhöhen unsere Stellenzahl im Landtag – zu Recht; ich stehe zu dieser Erhöhung –, aber zum gleichen Zeitpunkt, am gleichen Tag beantragen Sie im Finanzausschuss eine Kürzung der Stellen beim Rechnungshof. Meine Damen und Herren, das passt für mich nicht zusammen. Das ist schlicht unanständig.
Deswegen werden wir dem Haushaltsplan des Rechnungshofs nicht zustimmen, Herr Munding. Wir tun das nicht deshalb, weil wir den Rechnungshof nicht unterstützten oder seine Arbeit nicht schätzten, sondern weil wir dem Haushaltsplan so, wie die CDU ihn im Finanzausschuss verändert hat, nicht zustimmen können. Sie hätten jetzt noch Gelegenheit, zu sagen: Wir nehmen den ursprünglichen Plan. Sie können über diese Strukturreform noch immer nachdenken. Dagegen habe ich gar nichts. Man kann die Struktur auch wieder ändern, wenn Sie zu anderen Ergebnissen kommen, was ich nicht glaube.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte den Plan so, wie er vom Finanzministerium vorgelegt wurde, für richtig und wichtig. Deswegen würden wir dem so zustimmen. Ihren Änderungen, Ihren Kürzungen können wir nicht zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zunächst darf ich an dieser Stelle dem Rechnungshof für die erneut ausgezeichnete Arbeit an der Denkschrift 2009 sehr herzlich danken. Herr Präsident Munding, Sie haben mit Ihrer Arbeit, den Prüfungen und Empfehlungen für die verschie
denen Bereiche der Landesverwaltung sehr, sehr gute Empfehlungen für mehr Wirtschaftlichkeit und substanzielle Einsparungen im Landeshaushalt vorgelegt. Wir danken Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diese Arbeit.
Aufgrund der sehr beschränkten Redezeit möchte ich mich auf drei Beiträge in der Denkschrift konzentrieren. Insgesamt waren es 27 Einzelbeiträge.
Zunächst zum Thema Landesschulden, dem Beitrag Nummer 3 in der Denkschrift: Das Haushaltsjahr 2008 war für Baden-Württemberg unter dem Aspekt der Schuldenentwicklung ein besonderes Jahr. Es war aufgrund der besonders guten Steuerentwicklung das erste und vorläufig auch letzte Jahr, in dem Einnahmen und Ausgaben ohne Schuldenaufnahme real ausgeglichen werden konnten. Andere Bundesländer haben dies schon im Jahr 2007 erreicht. Auch Baden-Württemberg hätte dies erreichen können; die Landesregierung hat aber damals 1 Milliarde € neue Schulden aufgenommen, die sie im Jahr 2007 gar nicht benötigt hat, um dann im Jahr 2008 und im Jahr 2009 die Nullneuverschuldung besser erreichen zu können.
Im kommenden Jahr schreibt das Land Baden-Württemberg eine absolute Rekordverschuldung von bislang im Haushaltsplan veranschlagten 2,5 Milliarden € – wir haben es vorhin vom Finanzminister gehört –, und im Jahr 2011 sind es noch einmal 2 Milliarden € Neuverschuldung. Dabei sind die zusätzlichen Steuerausfälle durch die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung noch gar nicht berücksichtigt, die weitere Milliardenlöcher in den Haushalt des Landes und in die Haushalte der Kommunen reißen werden.
Ich möchte meinen Appell von der letzten Plenarsitzung wiederholen: Stoppen Sie im Interesse der Kommunen des Landes und im Interesse des Landeshaushalts dieses unsinnige Bundesgesetz! Ohne die Stimmen des Landes Baden-Württemberg hat dieses Gesetz im Bundesrat keine Mehrheit.
Der zweite Beitrag, auf den ich eingehen möchte, ist der Beitrag Nummer 7: Umsetzung und Finanzierung des Generalverkehrsplans. Hier geht es um die Verantwortung der Landesregierung für den wichtigen Bereich der Infrastruktur der Landesstraßen, im Übrigen auch um einen wichtigen Vermögensbereich des Landes, wenn man bedenkt, wie viel Vermögen in den Landesstraßen steckt. Dort bestätigt der Rechnungshof das, was die SPD-Fraktion seit vielen Jahren immer wieder kritisiert hat: Der Generalverkehrsplan ist ein Plan, auf den sich niemand verlassen kann. Von den 1 300 vorgesehenen Maßnahmen im Vordringlichen Bedarf – allein im Vordringlichen Bedarf – werden am Ende der Laufzeit des Generalverkehrsplans im Jahr 2012 mehr als 600 vorgesehene Maßnahmen nicht verwirklicht sein. Annähernd jede zweite im Generalverkehrsplan vorgesehene Baumaßnahme wird damit nicht erfolgen.
Die Landesregierung weigert sich seit Jahren, einen Generalverkehrsplan vorzulegen, der sich an den finanziellen Mög
lichkeiten orientiert, oder die finanziellen Möglichkeiten am Generalverkehrsplan zu orientieren.
Was ist der Grund für dieses Fehlverhalten? Die Landesregierung und die Regierungsfraktionen scheuen Konflikte vor Ort, versprechen möglichst vielen Leuten viele Straßen, obwohl sie genau wissen, dass sie diese Versprechen aufgrund der finanziellen Möglichkeiten überhaupt nicht umsetzen können.
Wir fordern nachhaltig und zum wiederholten Mal, klare Prioritäten zu setzen und nur so viele Maßnahmen tatsächlich zu versprechen, wie Sie am Ende finanzieren können, meine Damen und Herren.
Der Finanzausschuss empfiehlt Ihnen deshalb – wir stimmen dem ausdrücklich zu –, in den Vordringlichen Bedarf des neuen Generalverkehrsplans nur solche Maßnahmen aufzunehmen, die im Hinblick auf den Planungszeitraum und auf die finanziellen Möglichkeiten, die in diesem Zeitraum zur Verfügung stehen, durchgeführt werden können, und zweitens alle aufzunehmenden Maßnahmen in einem standardisierten Verfahren mit klaren und objektiven Kriterien zu priorisieren, damit auch die Kommunen vor Ort planen können, Planungssicherheit erhalten und wissen: Kommt unsere Umgehungsstraße oder unsere Straßensanierung in zehn Jahren, in 15 Jahren oder erst in 20 Jahren? Das wäre mehr als fair gegenüber den Kolleginnen und Kollegen in den Gemeinderäten und Kreistagen.
Drittens möchte ich noch kurz auf den Beitrag Nummer 19 – Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung – eingehen. In diesem Beitrag stellt der Rechnungshof fest: Jeder dritte Einkommensteuerbescheid, bei dem Unterhaltszahlungen berücksichtigt wurden, war in diesem Punkt fehlerhaft. Der Steuerausfall im Veranlagungszeitraum 2005 betrug 16 Millionen €, nachzulesen auf Seite 114 der Denkschrift.
Ein wesentlicher Grund für diesen Missstand ist nach Auffassung des Rechnungshofs, dass den Bediensteten die Zeit fehle, alle erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen. Das Finanzministerium erhebt keine Einwände gegen diese Sachverhaltsdarstellung des Rechnungshofs und weist darauf hin, dass die gewünschte Verbesserung der Arbeitsqualität zu einer zeitlichen Mehrbelastung der Beschäftigten führen werde.
Damit reiht sich dieser Beitrag in eine lange Reihe von Beiträgen des Rechnungshofs ein, der immer wieder bemängelt hat, dass im Finanzbereich, in unseren Finanzämtern zu wenig Personal zur Verfügung stehe, um die Steuereinnahmen einzutreiben, die dem Land zustünden und zustehen. Ich erinnere nur an die Beiträge des Rechnungshofs zur Veranlagung, zur Betriebsprüfung und zur Steuerfahndung in den letzten Jahren.