Michael Theurer

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Last Statements

Die vorletzte.
In der zweiten Runde.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Jürgen Walter hat zu einer Frage einen wichtigen Hinweis gegeben. Darauf möchte ich eingangs gleich eingehen.
Die Europäische Union hat, was Steuersenkungen angeht, z. B. den Weg bei der Mehrwertsteuer frei gemacht.
Die Mindestschwelle der Mehrwertsteuer für arbeitsintensive Dienstleistungen wurde vom Europäischen Rat gesenkt. Andere europäische Mitgliedsstaaten haben das bereits für Hotellerie und Gastronomie umgesetzt,
um die Binnennachfrage zu stärken. Die FDP bleibt bei ihrer Überzeugung, dass dies die beste Möglichkeit wäre, unseren Hotel- und Gastronomiebetrieben dabei zu helfen, faire Wettbewerbsbedingungen zu haben,
wenn auch Deutschland die Mehrwertsteuersätze für diesen Bereich senken würde.
Europa steht dem jedenfalls nicht entgegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Punkt, über den wir heute sprechen, ist auch für den Landtag von BadenWürttemberg und für das Land Baden-Württemberg von wesentlicher Bedeutung. Es geht um die Frage: Was folgern wir aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag?
Es ist wichtig – das wird in der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen –: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat klar erklärt, dass der vorliegende Lissabon-Vertrag mit unserem Grundgesetz vereinbar ist. Ich meine, dass es wichtig ist, diesen Umstand noch einmal zu erwähnen. Denn in der Öffentlichkeit macht der eine oder andere Stimmung gegen die europäische Einigung und gegen den Lissabon-Vertrag, der die Arbeitsfähigkeit der Europäischen Union verbessert, der die Rechte der nationalen Parlamente stärkt, der die Rechte des direkt gewählten Europäischen Parlaments stärkt und der auch das Subsidiaritätsprinzip nun in einer einklagbaren Version in den Europäischen Verträgen verankert. Das alles sind Fortschritte.
Der Lissabon-Vertrag ist aus Sicht der FDP noch nicht das Optimum, stellt aber eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vertrag von Nizza dar. Deshalb ist die FDP/DVP im Landtag von Baden-Württemberg, aber auch die FDP im Deutschen Bundestag dafür eingetreten, den Lissabon-Vertrag zu ratifizieren.
Wir freuen uns deshalb darüber, dass das Bundesverfassungsgericht den Lissabon-Vertrag für verfassungskonform erklärt hat.
Das Grundgesetz – auch das geht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hervor – ist nicht nur völkerrechtsfreund
lich, sondern auch europafreundlich. Das Grundgesetz unterstreicht ausdrücklich die Integration Europas als wichtige Aufgabe.
Das Bundesverfassungsgericht stellt auch fest – das führt nach meiner festen Überzeugung und nach der Überzeugung meiner Fraktion zu einer Klarheit der Begrifflichkeit – und macht deutlich, was die Europäische Union aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts ist, nämlich ein Staatenverbund – mehr als ein loser Staatenbund –, aber eben nicht – oder noch nicht – ein verfasster europäischer Bundesstaat.
Es ist auch klar: Wenn wir einen solchen europäischen Bundesstaat anstreben und umsetzen wollen, dann wird dafür in der Bundesrepublik und mit Sicherheit auch in den anderen europäischen Mitgliedsstaaten ein Prozess der Verfassunggebung erfolgen müssen. Hier ist also auch klar eine Warnschwelle eingezogen. Oder, wie es das Verfassungsgericht wörtlich formuliert, innerstaatliche Sicherungen sollen eingezogen werden, damit nicht schleichend ein Bundesstaat entsteht, ohne dass der Souverän, in diesem Fall das deutsche Volk, die Möglichkeit hat, darüber zu entscheiden, ob wir überhaupt einen solchen europäischen Bundesstaat wollen und, wenn ja, in welcher Form.
Selbst wenn man über den europäischen Bundesstaat als langfristiges Ziel im Sinn von Vereinigten Staaten von Europa nachdenkt, wird sich auch die Frage stellen: Welcher Bundesstaat würde am Ende einer solchen Entwicklung stehen?
Ist es ein zentralistischer Moloch, oder ist es etwas, was wir wollen, nämlich ein dezentrales, auf dem Prinzip des Wettbewerbsföderalismus aufgebautes Staatswesen? Insofern stehen wir voll hinter dem, was das Verfassungsgericht erklärt hat: Wir wollen die Europäische Union als Staatenverbund.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die jetzt geforderte Stärkung der nationalen Parlamente, eine Forderung, die wir Liberalen immer wieder erhoben haben. Ich darf an dieser Stelle der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass die FDPBundestagsfraktion dem Begleitgesetz zwar zugestimmt hat, aber nicht mit als Antragsteller aufgetreten ist, weil uns die Mitwirkungsrechte des Bundestags und des Bundesrats nicht weit genug gehen. Also auch hier fühlen wir uns bestätigt und bestärkt in unserer Forderung, dass die nationalen Parlamente frühzeitiger und intensiver in die Diskussionen eingebunden werden. Wenn wir beklagen, dass die Bürgerinnen und Bürger, dass die Öffentlichkeit zu spät oder gar nicht in die europäische Gesetzgebung einbezogen wird, dann bietet jetzt die vom Verfassungsgericht geforderte Nachbesserung dieses Begleitgesetzes eine riesige Chance, das zu ändern.
Andere europäische Länder – wie Dänemark, aber auch Finnland – zeigen ja, dass dort die Dinge in den nationalen Parlamenten intensiver diskutiert werden. Das führt natürlich zu der entsprechenden Öffentlichkeit, die uns bisher fehlt, sodass Bürgerinnen und Bürger nicht von einer Entscheidung überrascht werden, die auf europäischer Ebene möglicherweise im Hinterzimmer gefällt wird, sondern durch die Diskussionen in den nationalen Parlamenten, in diesem Fall im Bundestag und im Bundesrat, eine Öffentlichkeit entsteht. Dann können
Verbände, organisierte Interessen, aber auch der einzelne interessierte Bürger, die interessierte Bürgerin, sich besser einbringen und sich auch an ihre Abgeordneten auf den verschiedenen Ebenen wenden. Auch das ist ein großer Vorteil, der jetzt umgesetzt werden kann.
Wir fordern, dass der Bundestag schnell nachbessert. Das Begleitgesetz sollte die notwendigen Dinge aufgreifen. Wir warnen aber auch davor, dass jetzt mit Zwischenrufen, vor allem aus München, die Ratifikation des Lissabon-Vertrags verzögert wird. Man sollte jetzt nicht neue Fässer aufmachen,
sondern sich darauf konzentrieren, die notwendigen Anforderungen des Verfassungsgerichtsurteils umzusetzen. Das ist der entscheidende Punkt.
Wir als FDP plädieren dafür, jetzt die Kräfte zu bündeln. Wir hoffen, dass es innerhalb der Union gelingt, auch die Kollegen von der CSU einzufangen. Denn wie wir von unseren liberalen Freunden in Bayern hören, sehen die das genauso. Das heißt, die FDP kann auch als Korrektiv in der Koalition in Bay ern wirken, um eine schnelle Ratifikation des Lissabon-Vertrags zu schaffen.
Alles Weitere dann in der zweiten Runde.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an dieser Stelle noch einen einzigen Punkt kurz herausgreifen, den der Kollege Müller bereits angesprochen hat, nämlich die Frage der Legitimation des Europäischen Parlaments. Dazu hat das Verfassungsgericht klar festgestellt, dass nicht von einem Unionsvolk ausgegangen wer
den kann und dass insofern das Europäische Parlament als die einzige europäische Institution, die direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt wird, auch nicht die Vertretung des oder eines europäischen Volkes ist. In dem Verfassungsgerichtsurteil lesen wir aber auch, dass das Europäische Parlament sehr wohl die von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählte Vertretung der Völker in Europa ist.
Insofern möchte ich an dieser Stelle – sicherlich auch im eigenen Interesse – an die Kolleginnen und Kollegen die Bitte äußern, auch in der öffentlichen Diskussion nicht den Fehler zu machen, die Legitimation der Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament infrage zu stellen.
Denn ein deutscher Abgeordneter im Europäischen Parlament, der im Durchschnitt 870 000 Bürgerinnen und Bürger vertritt, ist mit Sicherheit nicht weniger legitimiert als ein Abgeordneter aus einem europäischen Nachbarstaat, der vielleicht nur 65 000 Bürgerinnen und Bürger vertritt.
Ich bin als Parlamentarier der festen Überzeugung, dass das direkt gewählte Europäische Parlament mit den nationalen Parlamenten eine wichtige Funktion übernehmen kann und muss, um Europa bürgerfreundlicher und bürgernäher zu machen.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle im Rückblick auf acht Jahre Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen im Landtag von Baden-Württemberg zwei Punkte hervorheben, die mich dort besonders bewegt haben.
Ein Punkt ist auf europäischer Ebene bereits umgesetzt. Auf europäischer Ebene gibt es ein Verschuldungsverbot. Die EU ist die einzige staatliche Ebene, die keine Schulden aufnehmen darf. Das finde ich im Hinblick auf die Generationengerechtigkeit auch gut so. Das ist ein Anliegen, das ich auch hier im Landtag von Baden-Württemberg immer vertreten habe. Ich hoffe, dass es uns nach Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise auch gelingt, auf allen staatlichen Ebenen ohne neue Schulden auszukommen.
Der zweite Punkt ist das Thema Subsidiarität. Subsidiarität habe ich immer als die Freiheit der Menschen verstanden, in unterschiedlichen Teilen Europas unterschiedliche Antworten auf die Fragen der Zeit finden zu können. Da denke ich, dass das Motto Europas „In Vielfalt vereint“ etwas ist, für das es sich zu arbeiten lohnt. Ich bin davon überzeugt, dass wir in einer Welt mit sechs Milliarden, bald zehn Milliarden Menschen nur Gewicht haben werden, wenn wir ein vereintes Europa haben. Aber dieses Europa muss demokratisch, transparent, bürgernah und liberal gestaltet sein.
Das war immer unser Anliegen hier im Landtag.
Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die kollegiale Zusammenarbeit.
Sollte ich einmal in einem hitzigen Redebeitrag jemanden persönlich verletzt haben, bitte ich um Verzeihung. Das war sicherlich nicht meine Absicht. Ich bedanke mich ganz, ganz herzlich für die achtjährige kollegiale Zusammenarbeit hier im Haus und biete auch in meiner neuen Funktion die Zusammenarbeit mit Ihnen an.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP/DVP-Landtagsfraktion hat mit ihrem Antrag den Blick in die europäischen Nachbarstaaten geweitet. Die Krise, ausgelöst durch die Bankenkrise im vergangenen Herbst, hat nun realwirtschaftlich zu einem Abschwung geführt, der auch an den Firmen und Unternehmen in Baden-Württemberg nicht spurlos vorbeigegangen ist. Wir spüren, dass das, was in den vergangenen Jahren die Grundlage unseres Wohlstands und unseres Wirtschaftswachstums war, nämlich die starke Verflechtung der badenwürttembergischen Industrie und des Handwerks in die Weltmärkte, jetzt auch die Grundlage der Probleme ist, weil der Export, weil der Welthandel stark zurückgegangen ist.
Als wir den Antrag gestellt haben, war noch nicht klar, wie die Konjunkturprogramme der Bundesrepublik und der Länder im Vergleich zu jenen der europäischen Mitgliedsstaaten zu beurteilen sind. Mittlerweile stellen wir fest, dass in Europa massiv gegengesteuert wird. Mittlerweile können wir auch festhalten, dass Länder und Bund gemeinsam, auch im internationalen Vergleich, was die Summen angeht, sehr gut dastehen, dass sehr viele öffentliche Mittel mobilisiert werden, um die Konjunktur zu stützen und zu stabilisieren, und das ist auch gut so.
Wenn man, so wie ich es am Montag auf der Hannover Messe getan habe, mit den Firmen spricht und engen Kontakt zu ihnen sucht, so stellt man fest, dass die Konjunkturabkühlung zwar deutlich spürbar ist; bewunderungswürdig allerdings sind der Durchhaltewille und die Kampfbereitschaft der Menschen, die sagen, sie gäben nicht auf, sondern sie wollten mit neuen Produkten, mit Innovationen dazu beitragen, dass das Konjunkturrad wieder anspringt.
Das hat mich beeindruckt.
Wenn man sich die Ursachen der Krise klarmacht – diese Diskussion kommt mittlerweile auch bei uns an –, dann muss man feststellen: Die Krise der Banken und der Finanzmärkte ist nicht von den kleinen und mittleren Unternehmen ausgelöst worden. Wenn man genauer hinschaut, zeigt sich, dass die Krise vielmehr – das wird man einmal sagen dürfen und müssen – von Großkonzernen, von Großbanken und ihren Helfershelfern in der Politik ausgelöst worden ist.
Ein ordentliches Maß an Staatsversagen ist auch dabei. Die Bankenaufsicht hat kleine Volksbanken und Sparkassen bis zum Ende durchreguliert, hat aber bei den großen Investmentfonds weggeschaut. Insoweit hat auch die Bundesregierung versagt.
Wer hat denn dort Verantwortung getragen, Herr Kolle- ge Schmiedel? Wer war denn Chef von Lehman Brothers Deutschland? War das nicht der frühere Kanzleramtsminister Hans Martin Bury von der SPD? Wer war denn Chef der Investmentbank Merrill Lynch Deutschland? War das nicht unser früherer Ministerpräsident Lothar Späth?
An dieser Stelle möchte ich kritisch anmerken: In den vergangenen fünf Jahren, von 2005 bis heute, wurde der Aufschwung durch 19 Steuererhöhungen abgeschöpft und ist nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Aber der Abschwung ist jetzt in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Zeche zahlen doch wieder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der kleine gewerbliche Mittelstand, der dringend eine Entlastung brauchte. Steuerentlas tungen wären zwischen 2005 und heute möglich gewesen, und Steuerentlastungen, insbesondere bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer, sind weiterhin notwendig und möglich, meine Damen und Herren. Wer 50 Milliarden € in ein Konjunkturpaket stecken kann, der kann keinem Bürger erklären, dass er kein Geld für Steuersenkungen hat.
Deshalb sind wir froh, dass in der Frage der Mehrwertsteuer jetzt Bewegung festzustellen ist. Die FDP hat seit vielen Jahren und immer wieder dafür plädiert, arbeitsintensive Branchen zu entlasten und nicht zu belasten und dabei auch die europäische Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. In unseren Nachbarländern werden insbesondere in Hotellerie und Gastronomie deutlich geringere Mehrwertsteuersätze verlangt als bei uns. Daher ist es ein Skandal, dass in der Bundesrepublik Deutschland nicht schon früher eine Bewegung in diese Richtung vorhanden war und man nicht versucht hat, gleiche und faire Wettbewerbschancen zu schaffen.
Jetzt höre ich, dass unser Ministerpräsident diese langjährige Forderung der FDP aufgenommen hat. Ich höre, dass es noch Widerstände im Finanzministerium gibt,
aber ich bin zuversichtlich, dass wir diese auch überwinden. Ich plädiere an dieser Stelle dafür, dass wir uns im Landtag zusammenraufen, um einen fraktionsübergreifenden Konsens zu schaffen, damit wir bundesweit für eine Entlastung der klei
nen und mittleren Betriebe in Hotellerie und Gastronomie, aber auch im Handwerk trommeln und hierfür einen abgesenkten Mehrwertsteuersatz zulassen, so wie ihn bereits 22 von 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union umgesetzt haben.
So viel von mir in der ersten Runde.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Wirtschaftsminister unseres Landes hat gerade zu Recht ausgeführt, wie wichtig Europa für die baden-württembergische Industrie und für das baden-württembergische Gewerbe ist.
Deshalb, Herr Kollege Prewo, läuft Ihre Kritik an unserem Antrag auch völlig ins Leere. Sie haben uns vorgeworfen, Europa sei zu eng. Aber dann haben Sie sich selbst nur aufs Ländle konzentriert.
Das ist dann doch ein sehr begrenzter Horizont.
2007 sind 70 % unserer Exporte, die insgesamt immerhin zu 37 % zum Bruttoinlandsprodukt in Baden-Württemberg beigetragen haben, in die europäischen Mitgliedsstaaten gegangen.
Das heißt, der europäische Binnenmarkt ist für Baden-Würt temberg von allergrößtem Interesse. Deshalb kann es uns nicht gleichgültig sein, ob es den anderen europäischen Ländern, unseren Nachbarn in Europa, gelingt, mit eigenen Konjunkturprogrammen und mit eigenen Anstrengungen wieder auf die Füße zu kommen. Wir sind als Baden-Württemberger davon direkt abhängig.
Zweitens: die Steuersenkungen. Bei den Steuersenkungen – sie werden vom Sachverständigenrat gefordert – bleiben wir dabei: Eine Entlastung bei den Einkommensteuern ist dringend erforderlich, um die kalte Progression zu beseitigen, um wieder richtige Leistungsanreize zu bieten,
auch im internationalen Vergleich.
Wenn wir hören, dass Frau Bundeskanzlerin Merkel verkündet, sie strebe Steuersenkungen nach der Wahl an, dann sagen wir: Warum nicht sofort die Menschen entlasten und ihnen damit auch wieder Hoffnung und Mut und vor allem auch Geld für Investitionen und für den Konsum geben?
Das ist das beste Konjunkturprogramm, wie die Kollegin Berroth zu Recht feststellt.
Beim Export sind wir von anderen abhängig. Aber wenn wir die Binnenkonjunktur, die Binnennachfrage stärken wollen, dann bietet gerade die Mehrwertsteuer eine gute Möglichkeit, sofort wirksam die Binnennachfrage zu stärken. Da verstehe ich die Kritik der Sozialdemokraten überhaupt nicht, die ja vor der letzten Bundestagswahl die Mehrwertsteuer gar nicht erhöhen wollten.
Sie sollten froh sein, wenn wir als FDP jetzt eine Senkung durchsetzen.
Nun zu den Grünen. Die Ökosteuer hat keine Konjunkturbelebung gebracht, und der größte Flop der rot-grünen Regierung ist das Dosenpfand. Sie sind ausgezogen, um den Anteil der Mehrwegsysteme zu steigern. Jetzt lesen wir, dass das Dosenpfand dazu geführt hat, dass die Mehrwegsysteme komplett zusammengebrochen sind.
Wie von uns vorausgesagt, ganz richtig.
Der dritte Punkt ist die Globalisierung.
Wir brauchen einen global funktionierenden Markt. Wir brauchen einen funktionierenden Welthandel. Mich macht es schon besorgt, dass derzeit in der öffentlichen Diskussion diejenigen die Oberhand bekommen, die sagen: Irgendwann muss das Wachstum enden, irgendwann musste das so weit kommen, wie es jetzt gekommen ist.
Ich bin der Meinung: Wir sollten mit dieser Weltuntergangsstimmung endlich Schluss machen. Solange bei 6,7 Milliarden Menschen auf der Welt noch so viele Menschen Hunger leiden, noch so viele Menschen Güter brauchen, Bedarf an Gütern und Dienstleistungen haben, so lange brauchen wir kein Ende des Wachstums, sondern wir brauchen eine weltweite nachhaltige Entwicklung und Versorgung der Menschen mit Gütern. Deshalb ist auch in Zukunft davon auszugehen, dass wir, wenn das Konjunkturtief überwunden ist, weltweit wieder zu einem Wirtschaftswachstum und damit zu Beschäftigungschancen – auch für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – kommen werden.
Der vorletzte Punkt sind die neuen Produkte. Wir haben große Chancen in der Technik, in der Innovation. Die Firma Bosch Rexroth hat beim Hermes Award 2009 mit einem hydrostatisch regenerativen Bremssystem den zweiten Platz erreicht,
mit einer Hybridtechnik, einer Antriebstechnik, die die kinetische Energie beim Abbremsen eines Müllfahrzeugs, eines Busses in hydraulischen Druck umsetzt, den man beim Anfahren wieder nutzen kann. Es hat mich fasziniert, dies zu sehen. Dies sind große Chancen, die wir haben. Nur mit technologischer Innovation und technologischem Fortschritt werden wir auch weltweit unsere Spitzenpositionen
und unsere höheren Einkommen in Baden-Württemberg erhalten können.
Umweltschutz funktioniert nur technologisch. Herr Kollege Walter, als die Grünen noch von Ökosozialismus gesprochen haben,
haben wir schon die ökologische Marktwirtschaft gefordert, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Der letzte Punkt ist von entscheidender Bedeutung. Wenn wir heute in der „Stuttgarter Zeitung“ lesen, dass Berlin neue Hilfen für Banken fordert und plant, dann muss man an dieser Stelle hier im Landtag sagen: Wir sind gemeinsam aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Hilfen nicht nur die Großbetriebe erreichen, sondern dass die Hilfen auch die kleinen und mittleren Betriebe erreichen, die Betriebe, in denen 99,5 % der Arbeitnehmer in Baden-Württemberg beschäftigt sind, meine Damen und Herren.
Deshalb ist es richtig, dass wir in unserem Konjunkturprogramm in Baden-Württemberg die Mittel für die Finanzhilfen von 150 Millionen € auf 500 Millionen € nach oben gefahren haben. Es ist unser Anliegen als FDP, dass es symmetrische Hilfen gibt, dass kleine und mittelständische Unternehmen genauso an Liquidität herankommen wie die großen Unternehmen. Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler diejenigen rettet, die die Krise selbst verursacht haben, und die anderen in die Röhre gucken.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass dies nicht passiert. Ich habe die große Sorge, dass jetzt in der Krise im Sinne von Industriepolitik nur diejenigen überleben und auf Bundesebene an Staatshilfen herankommen, die irgendwelche Kontakte in die Bundesregierung hinein haben.
Unser Interesse muss sein, dass die kleinen und mittleren Unternehmen, die die meisten Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen, auch über die Krise kommen.
Hier ist noch viel zu tun, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich glaube, hier sollte dieses Hohe Haus in großer Gemeinsamkeit für die Arbeitsplätze und die Ausbildungsplätze in unserem Land kämpfen.
Vielen Dank.
Der ungarische Schriftsteller György Konrád hat einmal geschrieben: „Von mir, der Donau, kannst du die Lektionen des ewigen Lebens lernen.“
Ganz so pathetisch wollen wir die Diskussion über den Donauraum und über die Europapolitik insgesamt nicht angehen. Die Maßnahmen, die die Landesregierung auf 135 Seiten aufgelistet hat, sind auch nicht jenseitig, sondern diesseitig und voll gespickt mit konkreten Initiativen, mit einem Arbeitspro
gramm, das sich in der Tat sehen lassen kann und das auch unterstreicht, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg europäisch aufgestellt ist und einen weiten Horizont und eine europäische und darüber hinaus auch globale Perspektive hat.
Im Europabericht der Landesregierung sind die wesentlichen Politikfelder für Baden-Württemberg angesprochen: Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft, Landwirtschaft und ländlicher Raum und hier natürlich auch die Verwendung der entsprechenden EU-Fördermitteltöpfe, die vom Land – das wird man an dieser Stelle sagen können – optimal genutzt werden.
Die Bundesrepublik Deutschland trug im Jahr 2007 mit insgesamt 21,7 Milliarden € maßgeblich zur Finanzierung des europäischen Haushalts bei. Immerhin 12,5 Milliarden € sind nach Deutschland zurückgeflossen. Im Jahr 2007 waren das für das Land Baden-Württemberg 632 Millionen €, von denen der größte Anteil, nämlich 509 Millionen €, in den Bereich des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum, in den Bereich der Landwirtschaft geflossen ist.
Dies an dieser Stelle kurz zu erwähnen bedeutet auch, klarzumachen, dass wir durchaus in verschiedensten Bereichen der landespolitischen Aktivität auf diese europäischen Förderprogramme und -mittel zurückgreifen können. Europapolitik ist für uns aber wesentlich mehr als nur das Rechnen in Fördertöpfen, sondern wir sehen die Einbindung Baden-Württembergs in die Europäische Union zuallererst mit den Vorteilen, die die gute Nachbarschaft mit unseren europäischen Nachbarn gebracht hat, nämlich den offenen Grenzen, die mittlerweile erreicht wurden, von denen wir als Grenzland in besonderem Maße profitieren. Man kann und sollte über Europa nicht sprechen, ohne diese großartige historische Leistung an dieser Stelle zu erwähnen.
Die Friedensfunktion verlieren wir allzu gern aus dem Auge. Wenn wir uns weltweit die Situation anschauen, wenn wir uns die Nachrichten vor Augen führen, die wir jeden Tag aus anderen Regionen der Welt erfahren, in denen noch immer bewaffnete militärische Konflikte um Grenzfragen geführt werden, dann können wir gar nicht hoch genug einschätzen, dass das in der Europäischen Union endgültig der Vergangenheit angehört.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns dies gerade in der jetzigen Zeit auch nach außen tragen. Dann war Europa nicht nur eine Vision, Herr Kollege Walter, sondern dann ist Europa eine Vision,
die nicht nur für uns, sondern auch für andere Regionen in der Welt eine Vorbildfunktion ausüben kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Forschungsrahmenprogramm ist ein ganz wesentlicher Anteil des LissabonProgramms enthalten. Dieses Lissabon-Programm hat in den
vergangenen Jahren das Handeln der EU bestimmt. Es soll dazu führen, dass die EU weltweit zum stärksten, wettbewerbsfähigsten, dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum wird. In den vergangenen neun Jahren konnte dies leider noch nicht in dem ursprünglich geplanten Umfang erreicht werden. Das liegt allerdings nicht an Baden-Württemberg. BadenWürttemberg überschreitet alle in der Lissabon-Strategie vorgegebenen Zielmarken. Damit trägt Baden-Württemberg als Innovations- und Wachstumsregion viel zum Erreichen der Lissabon-Ziele bei.
An dieser Stelle möchte ich den Small Business Act der Europäischen Union erwähnen. Dies ist eine lobenswerte Initiative, die Baden-Württemberg besonders zugutekommt. Von Vertretern der Landesregierung wurde bekanntlich immer wieder eingefordert, die Europäische Union solle sich nicht nur um große Konzerne bemühen, sondern eben auch um die kleinen und mittleren Unternehmen, die insbesondere in BadenWürttemberg, aber auch in anderen europäischen Mitgliedsstaaten für die Schaffung und Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen ganz besonders wichtig sind. In Baden-Würt temberg sind immerhin 99,4 % der rund 430 000 Unternehmen zu den kleinen und mittelständischen Unternehmen zu rechnen.
Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass in diesem Jahr in Baden-Württemberg eine ganze Reihe von Initiativen stattfinden werden. Im Europabericht für die Jahre 2007 und 2008 kommt auch zum Ausdruck, dass beispielsweise die Clusterpolitik von der EU massiv unterstützt wird. Vor Kurzem konnte das Wirtschaftsministerium den neuen Clusteratlas zur Verfügung stellen, in dem die Netzwerke von Unternehmen – if it’s not a sector, it’s a cluster – dargestellt werden. Wir meinen, dass sehr große Chancen in der Verknüpfung der Unternehmen über diese europäischen Netzwerke liegen und dass wir gut beraten sind, diese Programme auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Wir befinden uns im europäischen Jahr der Kreativität und Innovation, und Baden-Württemberg wird Gastgeber des Creativity World Forums im Jahr 2009 sein. Die Kreativitätsindus trie ist ein besonderes Standbein als Standortfaktor und vor allem eine Zukunftstechnologie für Baden-Württemberg.
Ich danke an dieser Stelle dem Wirtschaftsministerium, das federführend mit der Medien- und Filmgesellschaft BadenWürttemberg in der Metropolregion Stuttgart mit den Standorten Ludwigsburg und Stuttgart ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt hat.
Wenn man über Europa und den Europabericht spricht, muss man aber auch ein kritisches Wort zur Gesetzgebungsmaschinerie sagen, die auf europäischer Ebene in Gang gekommen ist. Aus einer Untersuchung des Bundesjustizministeriums für die Jahre 1998 bis 2004 geht hervor, dass rund 84 % der Gesetze des Deutschen Bundestags – das gilt im übertragenen Sinne sicherlich auch für uns im Landtag von Baden-Würt temberg – mittelbar oder unmittelbar ihren Ursprung in einer Brüsseler Entscheidung haben.
Wenn man sich das vor Augen führt, so zeigt sich, dass wir, auch auf Initiative der FDP/DVP-Fraktion, gut beraten gewesen sind, hier im Landtag einen eigenständigen Europaausschuss einzurichten, der sich gezielt und frühzeitig mit diesen Entscheidungsprozessen auf europäischer Ebene beschäftigt. Es ist ja das erste Mal, dass wir an dieser Stelle einen Europabericht diskutieren und auf die Begleitung im Europaausschuss zurückblicken können. Ich möchte für meine Fraktion erklären, dass wir die Arbeit des Europaausschusses hoch einschätzen. Wir halten es für richtig, dass der Landtag einen eigenständigen Europaausschuss eingerichtet hat.
Eine ganze Reihe von Fragen sind hier frühzeitig diskutiert worden, noch bevor auf Brüsseler Ebene eine Entscheidung gefällt wurde, sodass man noch Einfluss nehmen konnte. Ich nenne nur die CO2-Höchstgrenzen für Pkws. Im ursprünglichen Entwurf der Kommission waren Rahmenbedingungen enthalten, die unsere Industrie sehr negativ beeinflusst hätten. Ich nenne auch die Weinmarktordnung, die unsere Winzer nachteilig berührt hätte,
oder auch, Kollege Blenke, die Bodenschutzrichtlinie, bei der wir uns über die Fraktionsgrenzen hinweg klar positioniert und gesagt haben: Nicht alles, was man regeln kann, muss von Europa geregelt werden. Wir stehen für ein Europa der Bürgernähe, der Subsidiarität, das sich eben nicht regulierend in alle Lebensbereiche einmischt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Baden-Württemberg will eine aktive Rolle spielen. Wir wollen an dieser Stelle auch noch die Bemühungen um den Donauraum positiv erwähnen. Das ist ein richtungweisendes Netzwerk, das aufgrund kommunaler Initiative entstanden ist und nun vom Land unterstützt wird. Es weitet den Blick in Richtung Südost- und Mitteleuropa. An dieser Stelle rege ich an, Ulm als Leuchtturm in diesem Donaunetzwerk zu einem Kompetenzzentrum für Südost- und Mitteleuropa auszubauen.
Ich meine, dass wir den Donauraum weit interpretieren sollten. Denn man kommt über die Donau auch an das Schwarze Meer. Damit gerät auch der Brückenschlag über den Bosporus in den Blick, sodass über die Donaukooperation vielleicht auch eine Brücke zwischen dem christlichen Abendland und dem muslimischen Morgenland geschlagen werden kann.
Ich gehöre zu denjenigen, die fest davon überzeugt sind, dass Europa mehr ist als eine Wirtschaftsgemeinschaft. Europa ist eine Wertegemeinschaft. In Europa sind Menschen zusammengekommen, die fest davon überzeugt sind, dass es nicht zum „Clash der Zivilisationen“ kommen muss, sondern dass es möglich ist, das, was in unserem Grundgesetz steht, umzusetzen, dass nämlich alle Menschen – gleichgültig, welcher Herkunft, welcher Rasse und welcher Religion – in Toleranz miteinander leben können.
Wenn wir von diesen Werten nicht mehr überzeugt sind, haben wir verloren. Wir haben aber nicht verloren. Ich glaube, dass genau diese Grundwerte – Freiheit, Demokratie, Toleranz und Menschenrechte – auch der Schlüssel für die Über
windung der Konflikte sind, die wir in anderen Teilen der Welt haben. Ich glaube, es lohnt sich, an dieser Stelle für diese Vision Europa zu arbeiten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer kennt nicht die Diskussionen in kommunalen Gremien, das aufgeregte Erschrecken von Kommunalpolitikern, wenn nach 30 Jahren eine Turnhalle saniert werden muss oder eine Schule nicht in Ordnung ist und man dann feststellt, dass man eben nicht, wie ein privates Unternehmen, entsprechende Abschreibungen eingerechnet hatte und Einnahmen dann anderweitig ausgegeben hat und sich eine zu großzügige Infrastruktur geleistet hat?
Jeder aktive Kommunalpolitiker kennt dies. Dem hat ja die Reformbewegung in den Kommunen entgegengewirkt, die im Grunde genommen in den Niederlanden ihren Ausgang genommen hat und mit dem neuen Steuerungsmodell auch zu uns kam.
Wenn wir heute nach einer 16-jährigen Reformdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland nun auch in Baden-Würt temberg ein neues kommunales Haushaltsrecht einführen, dann ist dies wahrhaft ein historischer Moment. Man sollte an dieser Stelle nicht so tun, als ob das Land den Kommunen etwas überstülpen würde, sondern das haben die Kommunen selbst gemacht.
Es waren die Fachleute an den Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung, die im Grunde genommen von den Gemein
den, den Städten und den Kreisen aus die Reformbewegung vorangetrieben haben, die auch andere öffentliche Institutionen – Land und Bund – ermutigen wollten, auf die kaufmännische Buchführung umzusteigen.
Das Neue – das hat Kollege Groh schon zutreffend ausgeführt – am kommunalen Haushaltsrecht, wie es in dem Gesetzentwurf enthalten ist, ist die Berücksichtigung des Ressourcenverbrauchs, die intergenerative Gerechtigkeit, die Umstellung von der Inputsteuerung zur Outputsteuerung. Es kommt nicht darauf an, wie viel Geld zur Verfügung gestellt wird, sondern darauf, auf das zu achten, was hinten herauskommt, auf die Ergebnisorientierung in der öffentlichen Verwaltung. Das ist allein mit der Doppik natürlich noch nicht erreicht; ergänzend müssen Produkte, Produktdefinitionen, Zieldefinitionen hinzukommen. Dazu gehören auch eine Kosten- und Leistungsrechnung
und ein entsprechendes Prozessmanagement. In den Städten und Gemeinden und in den Landkreisen befinden wir uns bereits mitten in diesem Prozess. Ich glaube, wir haben große Fortschritte erzielt, aber wir sind noch nicht ganz am Ziel angekommen.
Heute legt der Landtag in zweiter Lesung die Grundlage dafür, dass nun für alle Kommunen im Land Baden-Württemberg die Rahmenbedingungen entsprechend gesetzt werden. Die Pilotkommunen haben gute Erfahrungen damit gemacht. Wir als FDP/DVP haben uns dafür ausgesprochen, dass zum einen ein einheitliches Haushaltsrecht für alle kommt, schon wegen der Vergleichbarkeit. Wir sind damit in guter Gesellschaft. Die Flächenländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Saarland, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
und Sachsen haben sich für den gleichen Weg, nämlich für die doppelte Buchführung als Maßstab, ausgesprochen.
Ein Parallelsystem erweiterter Kameralistik halten wir für nicht zielführend, weil es eine Doppelaufwendung wäre.
Die Umstellung auf das neue Haushaltsrecht bringt nicht mehr Geld in die Kassen, zeigt aber Ressourcenverbräuche auf, die ohnehin da sind. Insofern richtet sich das Argument auch gegen Sie selbst, Herr Kollege Heiler. Es bringt auch nichts, wenn man sich das schönrechnet oder wenn man den Gemeinderäten und der Bevölkerung vorenthält, welche Belastungen in der Zukunft noch da sind.
Die Anhörung und die Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden waren sinnvoll. Die Anregungen des Gemeindetags konnten nicht vollständig aufgenommen werden, aber
wichtige Forderungen des Gemeindetags Baden-Württemberg wie der Verzicht auf ein spezielles Haushaltsstrukturkonzept konnten aufgenommen werden. Die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit fließt jedenfalls in den Kennzahlenkatalog ein. Gleichzeitig haben wir insbesondere eine lange Übergangsfrist bis zum Jahr 2016 eingeräumt.
Das hat einen entscheidenden Vorteil. Hier kann ich aus eigener Erfahrung berichten, weil die Gemeinde, für die ich als Oberbürgermeister Verantwortung trage, eine der drei Großen Kreisstädte im Regierungspräsidium Karlsruhe ist, die ihr Sys tem umgestellt haben. Wir haben sowieso ein neues Finanzsoftwaresystem einführen müssen und haben jetzt in einem Aufwasch auch das neue kommunale Haushaltsrecht mit eingeführt. Wenn man das so macht, entstehen keine zusätzlichen Hardwarekosten, sondern es fallen ausschließlich Schulungskosten für das Personal an; deshalb auch die lange Übergangsfrist. Ich meine, wir haben hier der Notwendigkeit der sparsamen Haushaltsführung der Kommunen Rechnung getragen.
In einem Punkt haben Sie recht: Wir werden als FDP auf Landes- und auch auf Bundesebene dafür kämpfen, dass hier auch das kaufmännische Rechnungswesen Einzug hält.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Drexler haben bei mir zu großer Heiterkeit geführt.
Ich danke ihm für seine Aussagen. Ich schlage ihm vor, einmal darüber nachzudenken, ob er bei der SPD noch in der richtigen Partei ist. Denn wenn er hier deutlich macht und kritisiert, dass 65 % der Gesamtverschuldung in Deutschland auf den Bund zurückgehen, dann ist das richtig; das war ein guter Punkt.
Wenn er deutlich macht, woran eine ganze Reihe von Verbesserungsvorschlägen in der Föderalismuskommission II gescheitert sind, und hierbei auf den Bund verweist, hat er auch recht. Die entscheidende Frage ist nur: Wer stellt denn den Bundesfinanzminister?
Mir kam der Gedanke, Herr Kollege Drexler: Sie sind der richtige Mann an der falschen Stelle.
Ich frage mich, warum die SPD nicht Sie zum Bundesfinanzminister gemacht hat. Dann wären wir bei der Frage neuer Verschuldungsregeln vielleicht weiter gekommen.
Der Ministerpräsident unseres Landes hat ja eben den Landtag über die Ergebnisse der Föderalismuskommission II unterrichtet, deren Kovorsitzender er als Vertreter der deutschen Länder war. Die Einrichtung dieser Kommission wurde bereits bei der Umsetzung der Ergebnisse der Föderalismuskommission I vereinbart. Damals konnte ein wichtiges Ziel der FDP erreicht werden: Die Wege der politischen Entscheidung wurden durch die Entflechtung von Bund-Länder-Zuständigkeiten verkürzt. Unsere Kompetenz, die Kompetenz der Bundesländer und damit auch der Landtage, wurde mit der Föderalismusreform I in den originären Landesbereichen Bildung und Wissenschaft entscheidend gestärkt. Dafür haben wir an anderer Stelle bei Bundesangelegenheiten auf Mitentscheidungsmöglichkeiten über den Bundesrat verzichtet.
Die bedeutenden Fragen der Neuordnung und Modernisierung der Finanzordnung von Bund und Ländern wurden damals, im Jahr 2001, ausgeklammert. Allerdings wurde damals bereits die Einsetzung der Föderalismuskommission II verbindlich vereinbart, die sich mit der Modernisierung dieser Finanzbeziehungen befassen sollte und nun befasst hat. Für die FDP war bei der Föderalismusreform I die Einrichtung der Föderalismuskommission II die Grundvoraussetzung, die Bedingung für die Zustimmung zu den damaligen Verfassungsänderungen. Ohne diese Zusage hätte es in Bund und Ländern keine Zustimmung der FDP zur Föderalismusreform I gegeben. Es ist also festzuhalten: Die Föderalismuskommission II wäre ohne diesen Beitrag der FDP nicht zustande gekommen. Sie geht wesentlich auf uns zurück.
Auf vier wichtigen Handlungsfeldern hat die interessierte Öffentlichkeit von der Föderalismuskommission II Ergebnisse erhofft und erwartet: zum einen bei der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs, zum Zweiten beim Neuzuschnitt der Bun desländer – Länderfusionen –, drittens bei der Stärkung der Finanzhoheit der Länder, der Steuerautonomie,
und viertens bei der Begrenzung der staatlichen Verschuldung.
Am Anfang, meine sehr verehrten Damen und Herren, stand die berechtigte Erwartung, dass die Kommission in allen diesen Fragen deutliche Fortschritte erzielen würde. Nicht nur politische Kommentatoren äußerten die Einschätzung, dass solch grundlegende Änderungen nur mit breitester Mehrheit
möglich sind. Für die notwendigen verfassungsändernden Mehrheiten erschien die Zeit der Großen Koalition auf Bundesebene geradezu prädestiniert.
Wenn wir heute die Ergebnisse monatelangen Mühens betrachten, müssen wir nüchtern feststellen: Die großen Erwartungen an die sogenannte Große Koalition wurden wieder einmal – wie in vielen anderen Politikbereichen – nicht erfüllt. Die gerade von vielen Bürgerinnen und Bürgern hier in Baden-Württemberg herbeigesehnte Reform des Länderfinanzausgleichs erfolgt leider nicht. Die vom Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion und Kovorsitzenden der Föderalismuskommission II, Struck, noch vor Kurzem geforderte Fusion kleinerer, weniger leistungsfähiger Bundesländer wurde letzten Endes dann doch ausgeklammert. Die Stärkung der Finanzhoheit der Länder durch eine echte Steuerautonomie erfolgt nicht einmal im Ansatz.
Zu diesen drei Themenkomplexen hat die FDP durch Vertreter in der Kommission konkrete Vorschläge vorgelegt, bis hin zu konkreten Gesetzentwürfen der FDP-Bundestagsfraktion, wofür ich an dieser Stelle einmal dem stellvertretenden Vorsitzenden der Kommission, dem parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Ernst Burgbacher, meinen Dank aussprechen möchte.
Ich sage es offen: Die FDP hat in Bezug auf den Länderfinanzausgleich, die Steuerautonomie und die Länderneugliederung mehr erwartet, und gerade in der heutigen Zeit hätte hier auch mehr drin sein müssen.
Wenden wir uns nun den Punkten zu, bei denen die Kommission zweifellos erfolgreich war. In einem einzigen, aus Sicht der FDP allerdings zentral wichtigen Bereich hat die Kommission Vorschläge erarbeitet, die wir als wirklichen Fortschritt empfinden: Damit meine ich die Einführung eines Verschuldungsverbots für die Länder. Dies ist ein großer, ein wichtiger, ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung.
Bitte.
Herr Kollege Drexler, haben Sie gewusst, dass die FDP bei der Verhandlung über die Einsetzung der Kommission 37 Punkte angesprochen hat, die besprochen werden sollten? Die Große Koalition hat aber durchgesetzt, dass man sich auf zwölf Punkte beschränkt, die über den Verschuldungsverbotscharakter hinausgingen. Dass von all den Punkten nur einer, nämlich das Thema Verschuldungsverbot, jetzt angepackt worden ist, ging ja selbst dem Kollegen Struck, der Ihrer Partei angehört, nicht weit genug. Er hat nämlich noch im Herbst vergangenen Jahres in diesem Zusammenhang von einer Länderneugliederung gesprochen.
Ich frage Sie zurück, ob Ihnen das an dieser Stelle bekannt ist.
Nun zu der Verschuldungsregelung: Sie haben sich darauf konzentriert. Man kann die verfassungsrechtlichen Fragen mit Sicherheit nicht in aller Kürze beantworten; das muss man sich genau überlegen. Wir haben als FDP/DVP hier in diesem Hohen Haus seit vielen Jahren dafür plädiert, in unserer Landesverfassung ein striktes Verschuldungsverbot einzuführen.
Ich finde es gut, dass wir das machen. Für uns ist eine Nullneuverschuldung in allen Ländern die Grundvoraussetzung dafür, dass sich Baden-Württemberg an einem Tilgungsfonds beteiligt.
Es kann nicht sein, dass wir Geld für andere Bundesländer ausgeben, die weiter ihren Verschuldungskurs fortsetzen.
Ich halte fest, dass die Asymmetrie des Ergebnisses schlecht ist, dass der Bund weiterhin einen Verschuldungskorridor hat. Er hat die größte Verschuldungslast, und er darf sich nach den Vorschlägen der Kommission in Höhe von bis zu 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts weiterhin neu verschulden. Das sind 8 Milliarden € pro Jahr. Das ist zu viel. Hier hätte mehr kommen müssen, hier bin ich enttäuscht über Peer Steinbrück, den der SPD angehörenden Bundesfinanzminister.
Hier bin ich enttäuscht über das, was herausgekommen ist.
Das heißt, die Länder haben sich verantwortungsvoll verhalten. An dieser Stelle darf man – und ich möchte das auch für die FDP/DVP-Landtagsfraktion tun – unserem Ministerpräsidenten Günther Oettinger danken, weil er die Länderseite koordiniert hat. Die Unzufriedenheit auf unserer Seite richtet sich gegen den Bund, und hier müsste man den Kollegen
Struck und auch die Bundesregierung fragen, warum im Bund nicht mehr möglich war,
um der hohen Verschuldung in unserem Staat entgegenzusteuern. Die gegenwärtige Finanzkrise darf dafür nicht herangezogen werden. Die Verschuldungsverbote lassen ja gerade für solch kritische Zeiten, für solche Notzeiten, Ausnahmeregelungen zu. Im Normalfall aber sollte es ein Verschuldungsverbot geben. Im Normalfall muss der Staat mit seinen Einnahmen auskommen. Leider hat er das in den letzten 40 Jahren nicht geschafft. Wir in Baden-Württemberg haben jetzt die Wende geschafft und konnten nach 36 Jahren endlich einen Landeshaushalt ohne neue Schulden aufstellen.
Wir als FDP kämpfen weiter dafür, dass endlich auch auf Bundesebene ein Verschuldungsverbot eingeführt wird. Ich meine, das ist dringend notwendig, und ich denke, am Ende der Kommissionstätigkeit sagen zu können: Ein wichtiger Fortschritt bei den Verschuldungsverboten erleichtert der FDP die Zustimmung. Die Vertreter der FDP haben zugestimmt – im Gegensatz zu den Vertretern der Grünen. Da ist der Kollege Kretschmann ein einsamer Rufer bei den wüsten Grünen – Entschuldigung, in der grünen Wüste –,
denn die Grünen haben nicht zugestimmt, also anders, als es jetzt hier vor Ort vertreten wird.
Wir sind aber auch der Auffassung, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass nun am Ende der Arbeit der Föderalismuskommission II bereits ein neuer Anlauf gemacht werden muss. Es liegt im Interesse Baden-Württembergs, im Interesse der Menschen hier und in ganz Deutschland, dass wir die notwendigen Schritte, die jetzt nicht vollzogen wurden, ins Auge fassen: Steuerautonomie, Länderfinanzausgleich und Länderneugliederung. Da muss jetzt bereits die nächste Föderalismusreform angepackt werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe noch eine Nachfrage zu dem wichtigen Thema Krankenhauswesen. Der Finanzminister hat zu Recht ausgeführt, dass es da einen Antragsstau gibt, der sich auf ca. 1,7 Milliarden € beläuft. Deshalb kommen die 174 Millionen € – so viel waren es sogar, glaube ich; nicht 130 Millionen €; das ist aber eine Frage, die man sicherlich klären kann – jetzt genau richtig.
Gestern wurde z. B im „Handelsblatt“ berichtet, dass ein Großteil der Kliniken in kommunaler Trägerschaft jetzt vor
der Frage stehen, ob sie privatisiert werden müssen. In diesem Bericht wurde der Investitionsstau in diesen Kliniken als Hauptargument dafür genannt, dass sie privatisiert werden müssen. Da stellt sich mir die Frage, inwiefern bei der Vergabe der Fördermittel die Frage der Zukunftsfähigkeit bei den Kliniken geprüft wurde. Oder andersherum formuliert: Haben die Privatisierungsüberlegungen bei der Zuschussvergabe eine Rolle gespielt? Müssen Krankenhäuser, die privatisiert werden sollen, damit rechnen, dass sie keine Zuschüsse aus diesem Programm erhalten?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die wesentlichen Inhalte dieses Gesetzentwurfs sind bereits vom Minister und von den Kollegen dargestellt worden. Die Umstellung auf ein neues Rechnungswesen – da darf man sich nichts vormachen – bringt zunächst einmal nicht mehr Geld in die kommunalen Kassen. Man kann den Euro nur einmal ausgeben.
Wenn wir das jetzt machen, wenn wir dies vorschlagen, dann lautet die entscheidende Frage: Worum geht es? Mit diesem neuen Rechnungswesen soll eine Entscheidungsgrundlage für die kommunalen Mandatsträger geliefert werden, die verhindert, dass aufgrund falscher Informationen Entscheidungen getroffen werden, die langfristige Fehlentwicklungen auslösen.
Andersherum formuliert: Ich habe in meiner Praxis als Oberbürgermeister viele Diskussionen im Gemeinderat gehabt. Da haben sich Gemeinderäte darüber echauffiert, dass man, wenn eine Turnhalle nach einer gewissen Zeit saniert werden muss, hierfür nicht genügend Mittel im Haushalt hat. Warum? Weil die Kameralistik dafür in der reinen Einnahme- und Ausgaberechnung keine Vorsorge trifft.
Hätte man eine kaufmännische Buchführung, dann würden diese Ressourcenverbräuche auch im Rechnungswerk dargestellt. Der entscheidende Fortschritt bei der Umstellung auf die doppelte Buchführung ist das Sichtbarmachen, die Transparenz dieser Ressourcenverbräuche. Deshalb befürworten und fordern wir als FDP seit vielen Jahren die Einführung der kaufmännischen Buchführung.
Überhaupt sind wir der Meinung, dass kaufmännisches Denken, und zwar das klassische Leitbild des Kaufmanns, der Kauffrau, auch für die öffentliche Hand genau richtig ist,
dass man sich überlegen muss, nur Investitionen zu tätigen, die man auch später noch langfristig und nachhaltig finanzieren kann.
Schade ist, dass wir in Baden-Württemberg nicht früher mit diesem Gesetzentwurf zurande gekommen sind. Mittlerweile haben das bereits zwölf von 16 Bundesländern gemacht. In den Unterlagen können Sie nachlesen, dass wir vornedran waren. Es waren baden-württembergische Gemeinden, die modellhaft die doppelte Buchführung, die Doppik, eingeführt haben. Wir kamen dann etwas ins Stocken, weil es auch Widerstände und Bedenken in der kommunalen Familie gab. Diese Lern- und Entscheidungsphase war – im Nachhinein betrachtet – doch nicht schlecht, man konnte Erfahrungen sammeln. Wir haben intensiv das Gespräch insbesondere mit den kommunalen Landesverbänden gesucht, also mit denjenigen, die dieses Verfahren hinterher in der Praxis umsetzen müssen.
In diesem Zusammenhang wurde die Frage gestellt, ob die Umstellung auf das neue Verfahren die Kommunen Geld kos tet. Nach dem Konnexitätsprinzip müsste dies ausgeglichen werden. In den Beratungen haben wir festgestellt, dass die Kosten für die Einführung des neuen Haushaltsrechts, wenn man die Übergangsfristen lange genug wählt, fast vernachlässigbar gering sind. Nehmen Sie als Beispiel die Software im Finanzwesen. Diese Software ist nach einigen Jahren sowieso zu ersetzen, denn sie läuft aus. Wenn man mit der Umstellung auf das neue Rechnungswesen so lange wartet, bis sowieso eine neue Software gekauft werden muss, entstehen keine zusätzlichen Kosten. Man ersetzt die alte kameralistische Software durch eine neue doppische.
Dann bleiben noch die Schulungskosten. Aber auch hier gibt es Beispiele dafür, wie die Kommunen diese Schulungen von eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchführen ließen und dadurch das neue Verfahren praktisch kostenneutral einführen konnten.
Auch für den Steuerzahler und den Bürger entstehen keine höheren Kosten, denn die kaufmännische Buchführung macht
nur die Ressourcenverbräuche transparent, die sowieso entstehen. Auch wenn wir es im Haushalt nicht ausweisen: Die Turnhalle, die wir gebaut haben, wird älter und muss nach einer gewissen Zeit, nach 20, 25 oder 30 Jahren, ersetzt werden. Mit der kaufmännischen Buchführung wird nur sichtbar, dass dieser Ressourcenverbrauch auf uns zukommt.
Uns, der FDP/DVP-Fraktion, war es wichtig, dass die Bedenken der Gemeinden aufgenommen werden. Wir haben dem auch Rechnung getragen. Auf das Haushaltsstrukturkonzept wird verzichtet. Beim Gesamtabschluss wird es Ausnahmeregelungen geben. Das Wichtigste ist, dass es eine ausreichend lange Übergangsfrist bis zum Jahr 2016 geben wird, bis diese Regelung verpflichtend sein wird. Damit ist den berechtigten Bedenken der Kommunen ausreichend Rechnung getragen. Jetzt geht es darum, dass wir dieses Konzept umsetzen. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir damit eine Grundlage schaffen, um in Zukunft vernünftig mit Steuergeldern umzugehen.
Wir als FDP fordern schon lange, dass diese kaufmännische Buchführung nach ihrer Einführung in den Kommunen auch im Landeshaushalt und im Bundeshaushalt eingeführt wird. Jetzt beginnen wir einmal bei den Kommunen, dann sind wir als Land gefordert, und schließlich erheben wir diese Forderung auch an den Bund.
Vielen Dank.
Herr Kollege Kretschmann, die Wirtschaftsweisen vertreten in ihrem Herbstgutachten die Ansicht – ich weiß nicht, ob Sie die Wirtschaftsweisen schätzen;
das ist die erste Frage –, dass durch deutliche Steuersenkungen der Wirtschaftskrise am wirksamsten entgegengewirkt werden könne.
Wie beurteilen Sie das? Sind Sie hier gegen die Wirtschaftsweisen?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal zeigt die Beratung über den Einzelplan des Rechnungshofs die große Einigkeit in den Fraktionen. Die Arbeit des Rechnungshofs – das ist von der Vorrednerin und den Vorrednern bereits angesprochen worden – wird über alle Fraktionen hinweg geschätzt. Sie ist eine wichtige Unterstützung für uns im Landtag, wenn es darum geht, Wirtschaftlichkeitsreserven aufzudecken. Dass in der politischen Bewertung nicht alle Vorschläge des Rechnungshofs die Unterstützung der Fraktionen finden, ist gerade beim Kollegen Schlachter deutlich geworden, der sich entgegen der Empfehlung des Rechnungshofs für die Beibehaltung des Landgestüts Marbach ausgesprochen hat.
Ich denke, die politische Entscheidung müssen wir selbst treffen; dies kann uns niemand abnehmen. Aber eine gute Beratung, eine Durchleuchtung der Landesverwaltung liegt nicht
nur im Interesse des Landtags als demjenigen, der das Königsrecht ausübt, nämlich den Haushalt zu beschließen, sondern ist sicherlich auch für die Landesverwaltung eine wichtige Hilfe. Ich hoffe, dass die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien der Landesregierung den Rechnungshof als Unterstützung ansehen, der hilft, Wirtschaftlichkeitsreserven aufzudecken, und der auch hilft, Arbeitsabläufe zu optimieren. Ich denke, dass Präsident Munding dabei die Arbeit seines Vorgängers, Präsident Frank, fortsetzt.
Als Vertreter der FDP/DVP-Fraktion freut es mich natürlich ganz besonders, dass die Landesregierung an dieser Stelle durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten Dr. Ulrich Goll als einzigem Vertreter der Landesregierung vertreten wird, der damit dem Rechnungshof seine Reverenz erweist.
Der Rechnungshof hat in seiner Denkschrift – ich will hier nur einen Beitrag exemplarisch herausgreifen – das Thema „Landeseigene Gebäude und energetische Sanierung“ frühzeitig aufgegriffen. Ich habe als Berichterstatter zum Einzelplan 14 seit vielen Jahren immer wieder angemerkt, wie notwendig und wichtig gerade bei den Universitätsgebäuden die energetische Sanierung ist. Hier kommen ökonomische Sinnhaftigkeit und umweltpolitische, ökologische Sinnhaftigkeit zueinander. Ich hoffe, dass es gerade jetzt mit dem Konjunkturpaket gelingt, diese seit vielen Jahren vom Finanzausschuss eingeforderte und vom Rechnungshof vorgeschlagene energetische Sanierung des Landesvermögens voranzubringen. Wenn man es betriebswirtschaftlich sieht, ist das tatsächlich eine Investition, die sich rechnet.
An diesem Beispiel kann man zeigen, dass die Vorschläge des Rechnungshofs zu Einsparungen in Millionenhöhe führen können. Das hat gerade dieser Denkschriftbeitrag ergeben.
Jetzt ist auch noch der Kultusminister gekommen, der dem Rechnungshof hier natürlich auch noch die Reverenz erweist.
Der Rechnungshof hat z. B. vorgeschlagen, die Pädagogischen Tage nicht während der Unterrichtszeit abzuhalten, sondern in den Ferienzeiten. Auch das ist ein Beitrag, um den Unterrichtsausfall abzusenken
und damit die Qualität der Bildung zu verbessern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als FDP/DVPFraktion möchten dem Rechnungshof ebenfalls danken. Im Grunde genommen müssten bei den Einnahmen dieses Einzelplans die Einsparungen, die durch die Vorschläge des Rechnungshofs zustande kommen, eingerechnet werden. Wir machen das einfach gedanklich.
Wir als FDP/DVP-Fraktion bedanken uns für die vielen guten Vorschläge und die gute Zusammenarbeit. Wir werden dem Einzelplan 11 gern zustimmen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Gestaltung der Tagesordnung anschaut, hat man manchmal den Eindruck, dass wir uns in diesem Hohen Haus lieber darüber unterhalten, wie man Geld ausgibt, aber weniger über die Frage, wie man Geld einspart.
Der Bericht des Rechnungshofs müsste eigentlich an den Anfang unserer Beratung gestellt werden, weil er die Sachverhalte komprimiert. Frau Kollegin Lazarus hat das bereits sehr gut zum Ausdruck gebracht. In ihm steckt sehr viel Arbeit. Der Rechnungshof weist zu Recht darauf hin, dass das Volumen der von der Finanzkontrolle empfohlenen Einsparungen oder Umschichtungen 45 Millionen € im Jahr 2006, 65 Millionen € im Jahr 2007 und 55 Millionen € im Jahr 2008 beträgt.
Bei einem Haushaltsvolumen von 35 Milliarden € könnte man natürlich sagen: Das ist ja gar keine so große Summe. Wenn man aber umgekehrt einmal schaut, wie lange wir ringen und diskutieren, um kleinere Summen im Landeshaushalt zu finanzieren, wenn Dinge gefordert werden, die den Menschen direkt zugutekommen sollen – sei es Schulsozialarbeit, eine bessere Betreuung für Kinder oder seien es Hilfen für ältere Menschen –, dann stellt man fest, dass solche Millionenbeträge sehr wohl schwierig zu erhalten sind. Deshalb ist es eine gute Sache, dass der Rechnungshof als Partner des Landtags das Parlament immer wieder darauf aufmerksam macht, wo noch Geld eingespart werden kann. Er bringt Vorschläge, wie man mit den Geldern der Steuerzahler besser umgehen kann.
Das Thema Verschuldungsverbot ist angesprochen worden. Im Jahr 2007, also vor einem Jahr – ich fand, das war ein herausragendes Ereignis in unserem Parlament –, haben wir zum ersten Mal seit über 30 Jahren wieder einen Haushalt ohne neue Schuldenaufnahme vorlegen können. Das war eine denkwürdige Situation. Vor diesem Hintergrund erscheint es erreichbar, auch in Zukunft Haushalte ohne neue Schulden aufzustellen, es sei denn, dass schwierigste, krisenhafte Situationen eintreten – möglicherweise im Zusammenhang mit der Finanzkrise –, die es rechtfertigen, Schulden zu machen. In normalen Zeiten muss es aber das Ziel sein, dass wir im Landeshaushalt nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen.
Insofern freuen wir uns, dass es gelungen ist, in der Landeshaushaltsordnung durch die Veränderung von § 18 eine präzisere Schuldengrenze einzuziehen. Diese Veränderung der Landeshaushaltsordnung, die auch Bestandteil der Koalitionsvereinbarung ist und die für die FDP/DVP eine ganz wichtige Sache darstellt, an deren Umsetzung wir jahrelang gearbeitet haben, bezeichnet der Landesrechnungshof als einen der größten Erfolge, die er in seiner Arbeit vorzuweisen hat.
Der Rechnungshof empfiehlt uns und ermutigt uns dazu, das Verschuldungsverbot auch in die Landesverfassung aufzunehmen. Ich denke, wir sollten über die Fraktionsgrenzen hinweg schauen, wie wir das Verschuldungsverbot in die Landesverfassung aufnehmen. Denn in normalen Zeiten dürfen wir den künftigen Generationen keine zusätzlichen Schulden mehr auflasten.
Auf einige kleinere und auch größere Punkte möchte ich jetzt noch eingehen.
Auf Anregung des Rechnungshofs konnte die Prozesskostenhilfe neu gefasst werden. Eine Änderung des Bundesgesetzes wurde angestrebt und dann auch umgesetzt. Dies konnte eine Kostenexplosion verhindern.
Außerdem hat der Rechnungshof empfohlen, kleinere Justizvollzugsanstalten aufzugeben, weil sie unwirtschaftlich sind, und durch den Neubau größerer, wirtschaftlicherer Gefängnisse Geld einzusparen. Das hat die Landesregierung ebenfalls aufgenommen und setzt es im Moment durch den Neubau der Justizvollzugsanstalt in Offenburg um. Hier äußerte sich der Rechnungshof skeptisch, was die Teilprivatisierung des Betriebs angeht. Wir teilen diese Kritik nicht. Aber das ist ein Beispiel dafür, dass der Rechnungshof Regierungshandeln kritisch überprüft und man die Argumente dann noch einmal genauer abwägen kann.
Vollständig auf der Seite des Rechnungshofs steht die FDP/ DVP-Fraktion bei der Forderung, die Kfz-Steuer abzuschaffen und auf die Mineralölsteuer umzulegen.
Leider haben wir das auf Bundesebene immer noch nicht erreichen können. Wenn man sich vor Augen hält, dass allein durch die Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer 400 Personalstellen in der baden-württembergischen Steuerverwaltung eingespart werden könnten – das entspricht einem Betrag von 21 Millionen €, ohne dass dem Staat Einnahmen verloren gehen würden –, kann niemand nachvollziehen, warum dieser sinnvolle Vorschlag, den die FDP/DVP seit vielen Jahren unterbreitet, nicht längst umgesetzt worden ist.
Durch ein besseres Reinigungscontrolling bei der Fremd- und Eigenreinigung konnten in Diensträumen insgesamt 15 Millionen € eingespart werden.
Die intensive und erneute Diskussion über die Umsetzung des Investitionsprogramms „Zukunft Bildung und Betreuung“ ist bereits an dieser Stelle angesprochen worden. Schon früher gab es Kritik des Rechnungshofs an der Umsetzung des Programms durch das Land, insbesondere am Windhundverfahren. In der Tat gibt es große Fragezeichen hinsichtlich der Verteilung der Mittel auf die einzelnen Landesteile. Jetzt steht die Frage im Vordergrund, inwieweit stets korrekt gefördert wurde, ob Bewilligungsbescheide stets korrekt umgesetzt worden sind und wie es zu bewerkstelligen ist, Fördergelder gegebenenfalls zurückzufordern und im Rahmen des IZBB erneut in Baden-Württemberg zu vergeben.
In diesen Einzelfällen, in denen es offensichtlich eine Fehlförderung gegeben hat, ist die Kritik berechtigt. Wo falsch gefördert wurde, muss zurückgefordert werden. Insgesamt kann man aber feststellen, dass der Rechnungshof das Programm nicht für komplett schlecht umgesetzt hält. Vielmehr sind es wie so oft Einzelfälle, die hoffentlich noch korrigiert werden können.
Zu nennen ist auch die freie Heilfürsorge für Polizeibeamte. Wir haben im Finanzausschuss die Empfehlung des Rechnungshofs beraten, das System der freien Heilfürsorge möglicherweise umzustellen, also abzuschaffen. Allerdings waren alle Fraktionen im Finanzausschuss einstimmig der Meinung, dass man dieser Empfehlung des Rechnungshofs nicht folgen solle.
Presseberichte, die etwas anderes behaupten, nämlich dass die freie Heilfürsorge infrage gestellt worden sei, entbehren jeglicher realen Grundlage. Im Finanzausschuss wollten alle Fraktionen an der freien Heilfürsorge für Polizeibeamte festhalten.
Nun ein Wort zu den Pädagogischen Tagen. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass bei den untersuchten Schulen immer noch 52 % der Pädagogischen Tage während der Unterrichtszeit stattfinden, obwohl das Kultusministerium die klare Leitlinie herausgegeben hat, dass dafür die unterrichtsfreie Zeit genommen werden soll, um keinen Unterrichtsausfall zu produzieren.
Da es im Jahr 55 bis 60 unterrichtsfreie Tage gibt, ist, so glaube ich, mit Fug und Recht zu fordern, die Pädagogischen Tage in der unterrichtsfreien Zeit abzuhalten, um zu verhindern, dass es Unterrichtsausfall gibt.
Ein Wort zur Finanzierung der Staatlichen Heimsonderschulen. An Heimsonderschulen in freier Trägerschaft sind Leistungen, die eindeutig der Eingliederungshilfe für Men
schen mit Behinderungen zuzurechnen sind, mit den Stadt- und Landkreisen als zuständigen Sozialhilfeträgern abzurechnen. Die Staatlichen Heimsonderschulen haben bisher darauf verzichtet, ebenso vorzugehen. Dies ist falsch und sollte umgehend geändert werden. Wir als FDP/DVP haben den Vorschlag gemacht, die entsprechenden Mittel dafür einzusetzen, endlich einen Einstieg in angemessene Beförderungsmöglichkeiten für Fachlehrer und technische Lehrer schaffen zu können.