Niklas Schrader
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Herr Stettner! Ich teile Ihr Anliegen, dass Lehrkräfte in dieser Frage unterstützt werden müssen. In Ihrem Antrag steht geschrieben, dass die Stelle, die Sie schaffen wollen, eine erste Ansprechpartnerin sein soll bei extremistischen Äußerungen aus der Schülerschaft. – Jetzt könnte man Ihren Extremismusbegriff zugrunde legen, dem zufolge schon eine Aussage wie „System Change not Climate Change“ extremistisch ist. Wie soll das dann laufen? Soll dann eine Lehrkraft, wenn eine Schülerin oder ein Schüler „System Change not Climate Change“ sagt, bei dieser Stelle anrufen? – Dann, glaube ich, würde das Telefon täglich mehrmals klingeln.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für die Bürgerrechte, und heute ist ein guter Tag für die Berliner Polizei. Seit vielen, vielen Jahren ist die Einführung einer unabhängigen Stelle zur Untersuchung von Missständen bei der Polizei eine Forderung von Bürgerrechtsorganisationen und eine Forderung von progressiven Parteien. Es gab über die Jahre auch schon verschiedene Modelle in den Bundesländern, zum Beispiel zuletzt in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Aber so, wie wir heute unsere Bürger- und Polizeibeauftragte in Berlin gesetzlich verankern werden – als verlängerten Arm des Parlaments, weisungsunabhängig, keiner Behörde unterstellt, vor allem mit richtigen Ermittlungsbefugnissen wie Akteneinsicht, Befragungsrecht und Betretungsrecht –, ist es das weitgehendste Modell, das wir bislang in der Bundesrepublik hatten. Deshalb sage ich: Wir als R2G in Berlin gehen diesen Schritt, wir gehen ihn konsequent, und deswegen ist es ein guter Tag für die Bürgerrechte.
Beispiele für den Mehrwert einer solchen Stelle gab es ja viele in den letzten Jahren. Über zwei Jahre konnte eine rechtsextreme Chatgruppe in der Berliner Polizei in einem Abschnitt existieren. Da ist die Meldung über den Dienstweg versucht worden, aber das hat nicht funktioniert. Das hat nicht zur Beendigung, sondern eher zur Verharmlosung dieser Sache geführt. Bis dann halt zwei Beteiligte an die Presse gegangen sind. Ein Polizist schreibt Drohbriefe an vermeintliche Feinde aus der linken Szene, ein anderer schickt interne Informationen über den Anschlag am Breitscheidplatz an eine AfDTelegram-Gruppe. Oder es gibt diese berühmten Vorwürfe, dass die Polizeiakademie von der organisierten Kriminalität unterwandert sei, und natürlich gibt es auch die bekannte Problematik mit den Schießständen. All das sind Fälle, da kann Vertrauen in eine vollständige Aufklärung nur entstehen, wenn nicht die Polizei gegen sich selbst ermittelt. Das muss eine unabhängige Stelle tun, und die schaffen wir heute.
Es geht auch um nichts weniger als die Frage: Was für eine Polizei wollen wir eigentlich? – Jetzt werden in der folgende Rederunde sicherlich einige sagen, das wäre ein Anti-Polizei-Gesetz. Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, was Sie gleich sagen werden, Herr Dregger. Und da sage ich: Nein, wir wollen eine andere Fehlerkultur in der Polizei. Wir wollen keine Kultur des Wegschauens.
Wir wollen nicht, dass man sich in der Polizei einigelt, wenn es mal Probleme gibt. Wir wollen, dass Probleme offen angesprochen werden können, auch außerhalb des Dienstwegs. Natürlich wird das nicht immer bequem sein für die Berliner Polizei, aber nur, wenn man bereit ist, sich auch den Problemen zu stellen, und sich den Blick von außen nicht verwehrt, wird die Polizei in der Lage sein, sich zu verbessern. Deshalb sage ich: Das ist ein Polizeiverbesserungsgesetz.
Was manche wahrscheinlich als Angriff auf die Berliner Polizei bezeichnen, ist in anderen Ländern wie in Großbritannien, in Dänemark und in Belgien selbstverständlich. Ist dort die Polizei handlungsunfähig? Regieren dort Polizeifeinde? – Ich glaube nicht.
Es geht auch nicht nur um Straftaten und Skandale. Auch unterhalb dessen soll ja die Stelle zum Dialog, zur Vermittlung zwischen Bürgern und Bürgerinnen und der Polizei und auch mit anderen Behörden beitragen – durch Gespräche, durch Informationsaustausch und auch durch die Annahme von Petitionen. Dafür ist die Funktion des Bürgerbeauftragten da. Auch die ist neu in Berlin. Es ist
eine Art verlängerter Arm des Petitionsausschusses. Ich bin sehr gespannt, wie diese neue Stelle angenommen wird. Ich glaube, das kann zur Stärkung des Petitionsrechts beitragen.
Wir haben zu unserem Gesetzentwurf auch verschiedene Expertinnen und Experten im Innenausschuss angehört. Ich finde bemerkenswert, dass für diese uralte linke, bürgerrechtliche Forderung mittlerweile auch innerhalb der Polizei eine Offenheit besteht. Das war ja nicht immer so. Da gab es lange eine vehemente Abwehrhaltung, ein großes Misstrauen bei den Polizeigewerkschaften und im Polizeiapparat. In der Anhörung hat man gemerkt, dass keiner mehr bis auf Rainer Wendt – unseren lieben Freund Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft – diesen Polizeiabwehrkampf führt. Alle außer ihm haben erkannt, dass das einen Mehrwert für die Polizei bedeuten kann, und das ist wirklich eine gute Entwicklung.
In der Anhörung kamen dankenswerterweise auch viele wertvolle Anregungen und Kritikpunkte, von denen wir viele aufgenommen haben. Ich möchte hier noch einmal einige nennen: Der Petitionsausschuss hier im Haus behält seine Entscheidungshoheit über die eingegangenen Petitionen. Er kann entscheiden, wann der oder die Bürgerbeauftragte hinzugezogen wird und wann nicht. Wir haben die Datenschutzregelungen präziser und strenger im gesamten Gesetz gefasst. Wir haben die Frist verlängert, nach der ein Vorgang eingereicht werden kann. Es kann ja Vorfälle geben, bei denen sich Betroffene aus verschiedenen Gründen erst spät mit ihrem Anliegen melden oder es sogar erst spät zur Kenntnis nehmen können – siehe Schießtrainer-, Schießständeproblematik. Und ganz wichtig: Wir haben die Möglichkeit geschaffen, auch anonyme Eingaben bei dem oder der Polizeibeauftragten zu machen. Das haben auch Vertreter und Vertreterinnen aus der Polizeigewerkschaft, aus der GdP beispielsweise, angeregt, weil es einfach besser ist, eine niedrige Hemmschwelle zu haben, falls jemand Angst vor beruflichen Folgen in so einem Fall hat. Also die Anhörung hat uns geholfen, das Gesetz noch besser zu machen. Vielen Dank dafür an alle Beteiligten!
Ich möchte mich an dieser Stelle auch noch mal ganz herzlich bei den Kollegen Frank Zimmermann und Benedikt Lux bedanken und auch bei Herrn Senator Geisel und seiner Verwaltung, die uns dabei beraten haben. Das war eine gute, offene Zusammenarbeit, und es ist uns gelungen, unsere, ja, manchmal etwas auseinandergehenden Sichtweisen dann auch konstruktiv zusammenzubringen. – Vielen Dank!
Wir werden heute nach dieser Rederunde die gesetzliche Grundlage für die oder den Berliner Bürger- und Polizeibeauftragten schaffen. Damit ist diese neue Institution sozusagen geboren. Aber damit unser Baby auch laufen lernt und groß und stark wird, müssen wir es auch gut füttern – mit Geld und Personalstellen.
Ja, ich kenne mich da aus. Diese Aufgabe steht noch vor uns, und wir wissen alle: Kinder großziehen, das ist Arbeit. Da muss man viel Arbeit und Stress hineinstecken, und das werden wir tun, aber dann werden wir auch eines Tages stolz darauf sein können. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe CDUFraktion! Sie fordern in Ihrem Antrag den Senat auf, im Rahmen der Bezirksaufsicht diesen ganzen Vorgang zu prüfen, und das tut er bereits, wie der Senator heute in der Fragestunde schon erklärt hat.
Insofern hat sich der Antrag durch Handeln des Senats erledigt, denn Sie fordern nicht, dass er die Polizei ruft und sofort da einreitet, sondern Sie fordern, dass er prüfen soll. Ihre Rede hat sich eher so angehört, als hätten Sie persönlich diese Prüfung der Bezirksaufsicht schon abgeschlossen.
Wenn wir hier wirklich so abstimmen sollen, wie Sie es wollen, dann hätten Sie etwas anderes fordern müssen.
Es geht hier um die Frage, inwieweit das Bezirksamt hätte vorgehen müssen angesichts der bekannt gewordenen Mängel. Ich glaube, es steht außer Zweifel, dass es dort Mängel beim Brandschutz gegeben hat in der Rigaer Straße 94. Ich glaube aber, die Frage ist noch offen, wie groß diese waren und inwieweit wirklich Gefahr im Verzug bestand, inwieweit die Wohnungen dadurch un
(Karsten Woldeit)
bewohnbar werden. Das ist auch nach der medialen Berichterstattung nicht ganz klar.
Nein!
Ebenso wenig ist klar, inwieweit nach Gesprächen mit dem Anwalt der Bewohnerschaft Mängel behoben worden sind und inwieweit das dokumentiert ist, aber das wird nun geprüft. – Ein zentrales Problem lassen Sie, Herr Dregger, und viele andere auch, gerne unter den Tisch fallen. Für die Beseitigung baulicher Mängel ist zuallererst der Eigentümer verantwortlich.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Burkard Dregger (CDU): Ja, der will ja! – Karsten Woldeit (AfD): Er kommt ja nicht ins Haus!]
Und es steht fest, Herr Dregger, der muss zuallererst vom Bezirksamt in Anspruch genommen werden, aber für dieses Haus gibt es keinen nachgewiesenen Eigentümer.
Viermal hat der selbsternannte Eigentümeranwalt es vor Gericht versucht. Viermal konnte das Gericht nicht feststellen, wer hinter der Briefkastenfirma „Lafone Investment“ steht. Viermal hat das Gericht festgestellt, dass die Vertretungsberechtigung nicht geklärt ist. Viermal gab es keinen Vollstreckungstitel für irgendeine Maßnahme. Da steht das Bezirksamt vor einem zentralen Problem. Das dürfen Sie nicht unter den Tisch fallen lassen, nämlich, wenn es gegen Brandschutzmängel vorgehen will, dann muss es gegen einen Eigentümer vorgehen, den es nicht gibt.
Bei aller berechtigten Kritik, bei aller berechtigten Empörung über das Verhalten der Bewohnerschaft oder Teilen davon in diesem Haus sich als angeblicher Vertreter eines Eigentümers hinzustellen oder als angeblich beauftragte Hausverwaltung, und zu beklagen, dass man nicht ins Haus kommt und dass einem die Behörden dabei nicht helfen, aber gleichzeitig die Eigentumsverhältnisse vor Gericht nicht offen zu legen, das ist ein unehrliches Spiel, finde ich.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]
Und wer an einem Tag nach dem Rechtsstaat ruft, der kann mich am nächsten fordern, ihn zu umgehen, wenn es ihm gerade in den Kram passt.
Deswegen sage ich: Wenn es Leute gibt, die tatsächlich berechtigt sind, über dieses Haus zu verfügen, dann sollen sie bitte die Karten auf den Tisch legen, zum Gericht gehen und sich einen Titel holen. Das kann ja wohl nicht so schwer sein, wenn alles mit rechten Dingen zugeht.
Ohne Titel reingehen, so wie Sie jetzt geklungen haben, Herr Dregger – das hat Herr Henkel schon probiert, und das ist bekanntlich vom Gericht als rechtswidrig festgestellt worden.
Dieses Problem können Sie nicht wegdiskutieren und auch nicht unter den Tisch fallen lassen. Wenn der Bezirk keinen Ansprechpartner hat auf Eigentümerseite, dann bleibt ihm die Möglichkeit, selbst vorzugehen und sich Zugang zum Haus zu verschaffen, mit Amtshilfe und allem Drum und Dran.
Aber das muss auch nach einem rechtsstaatlichen Vorgehen ablaufen, und das ist eine Ermessensentscheidung, in die viele Aspekte einfließen, unter anderem die Verhältnismäßigkeit. Das hat das Bezirksamt getan, und ob es das richtig getan hat, wird, wie gesagt, geprüft, wie uns der Innensenator gesagt hat.
[Stefan Evers (CDU): Einfach verantwortungslos!]
Da ist es natürlich möglich, dass die Ermessensentscheidung anders ausgefallen ist, als die CDU-Fraktion es sich vorstellt. Aber das alleine kann kein Grund sein, die Entscheidung zu revidieren.
Der ganze Vorgang wird geprüft; der Innensenator hat das gesagt.
Wir können auf das Ergebnis gespannt sein, und bis dahin würde ich allen raten, Ihnen ganz besonders, Herr Dregger, da mal ein bisschen abzurüsten. – Vielen Dank!
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Burkard Dregger (CDU): Tiefschlag! – Hakan Taş (LINKE): Herr Dregger! Von wem haben Sie denn die Akte gesteckt bekommen?]
Ich hatte mich gefragt, wegen Ihrer Bemerkungen vorhin, ob so neue Waffen wie der Taser oder ein schärferes Versammlungsrecht der neue Liberalismus sind.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den letzten Jahren hat es eine Reihe von Änderungen von Polizeigesetzen in Bund und Ländern gegeben. Dabei gab es bislang auch nur eine Richtung, die der Verschärfung. Staatstrojaner, Onlinedurchsuchungen, ausufernde Videoüberwachung, elektronische Fußfesseln, Verwendung von Handgranaten, lange Inhaftierung auf Verdacht – 14 Tage und mehr, in Bayern sogar unbegrenzt – usw. und so fort. Das sind nur einige Punkte. Dagegen sind zu Recht viele Menschen auf die Straßen gegangen, und ich bin heilfroh, dass wir in Berlin mit R2G einen anderen Weg gehen.
Diese bundesweite Entwicklung ist von der realen Bedrohung durch Kriminalität schon weitgehend abgekoppelt. Ja, es gibt neue Bedrohungen, es gibt neue Herausforderungen. Darauf müssen wir reagieren. Das ist legitim. Das tun wir auch. Die Kriminalitätsrate sinkt aber bundesweit, und zwar seit Jahren. Das betrifft auch Berlin. – Die Aufklärungsquote in Berlin ist übrigens seit der Regierungszeit von Herrn Henkel wieder leicht gestiegen, Herr Dregger. Zum Glück!
Weil jetzt zwei Tage nach der schrecklichen Tat auf dem Stadtring schon die Ersten genau wissen, dass wir wieder neue Befugnisse brauchen – und auch beim Anschlag am Breitscheidplatz war das ja so –, möchte ich zum Thema Terror sagen: Die Untersuchung des Terroranschlags am Breitscheidplatz hat gezeigt: Es hat genügend Instrumente gegeben, nur wurden diese nicht ordentlich genutzt.
Nein! – Da wurde Telefonüberwachung nicht ausgewertet, Observationen nicht durchgeführt, abgebrochen. Da wurden Informationen nicht richtig ausgetauscht, und da ist jede Menge liegen geblieben. Das ist doch die Baustelle, an der wir in erster Linie arbeiten müssen: die Sicherheitsbehörden so aufstellen, dass wir in der Lage sind, das zu tun, und dass sie das auch machen. – Das machen wir als R2G.
Deswegen sage ich auch, diese bundesweiten Verschärfungsorgien sind fern von Rationalität. Die ernsthafte Evaluation und die Prüfung, was bestimmte Instrumente
überhaupt bringen, wird schon lange nicht mehr vorgenommen. Da hat man schon den Eindruck, dabei geht es nicht in allererster Linie um Kriminalitätsbekämpfung, sondern eher darum, den Menschen irgendetwas vorzulegen, ihnen Sicherheit vorzugaukeln, nach dem Motto: Viel hilft viel. – Das ist Symbolpolitik auf dem Rücken der Grundrechte. Das werden wir in Berlin nicht zulassen.
Genau aus diesen Gründen erweitern wir mit unserer ASOG-Änderung eben nicht einfach die Befugnisse, sondern wir stellen sie auch auf den Prüfstand. Ja, darum haben wir lange miteinander gerungen, auch in der Koalition, aber ich finde, es gehört zu rationaler Innenpolitik, dass man sich diese Zeit nimmt, wenn man sie braucht. Ich finde, es ist gut geworden. Es wird an einigen Stellen mehr Rechtsklarheit für die Polizei geben und auch für die Bürgerinnen und Bürger. Und ja, es gibt mit der TKÜ auch eine weitere neue Befugnis, die wir als Linke skeptisch sehen. Da haben wir uns bewegt, aber diese Befugnis werden wir befristen und evaluieren, damit man eben entscheiden und abwägen kann, was solch ein Instrument für die Gefahrenabwehr bringt, und zwar, bevor man entscheidet, diese Befugnis auf Dauer zu verankern. Das ist die richtige Reihenfolge.
Wir haben, das ist schon angesprochen worden, eine ganze Reihe von bürgerrechtlich wichtigen Punkten. Davon möchte ich einige nennen: Wir verkürzen den Unterbindungsgewahrsams – die Haft auf Verdacht ist wirklich ein schwerer Grundrechtseingriff – von vier Tagen auf maximal 48 Stunden. Wir schaffen mehr Transparenz bei den kriminalitätsbelasteten Orten, wo anlasslose Kontrollen stattfinden können. Es wird auch künftig nicht mehr möglich sein, solche Orte einzurichten und damit anlasslose Kontrollen durchzuführen allein auf der Grundlage von aufenthaltsrechtlichen Straftaten. Das ist eine Norm, die Racial Profiling begünstigen kann, und es ist richtig, dass wir sie streichen.
Wir nehmen auch die Kriminalisierung von Prostitution aus dem Gesetz. Wir erhöhen die Hürden für den Einsatz von V-Personen. Wir verankern endlich die Kennzeichnungspflicht und die Legitimationspflicht im Gesetz. Auch bei den Bodycams nehmen wir beide Seiten in den Blick. Unsere Regelung ist so konstruiert, dass die Bodycam für beide Seiten nutzbar ist: Die Eigensicherung der Einsatzkräfte kann durch sie stattfinden, aber sie ist eben auch nutzbar für die Betroffenen von Polizeieinsätzen. Auch diese können die Bilder für das Einklagen ihrer Rechte nutzen. Das ist bundesweit einmalig, und auch da sagen wir: Lieber erst einmal ausprobieren, erst einmal
evaluieren und dann über die dauerhafte Einführung entscheiden! – Das sind Punkte, die zeigen: Solch ein ausgewogenes, bürgerrechtliches Polizeigesetz ist möglich. Das hätten viele nicht mehr gedacht in diesem Land, und ich hoffe, dass dieses Gesetz auch Strahlkraft über Berlin hinaus entfalten wird. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass der Antisemitismus in unserer Gesellschaft weit verbreitet ist und eine wachsende Bedrohung darstellt, ist, glaube ich, unstrittig. Und unstrittig ist, glaube ich auch, dass er ein komplexes Phänomen ist. Da muss ich leider sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion: Mit einem derart holzschnitzartigen Ansatz und so einem oberflächlichen Antrag werden Sie der Komplexität nicht gerecht.
Ich möchte erst mal festhalten: Ich glaube, was die Antisemitismusprävention angeht, was die Stärkung zivilgesellschaftlicher Organisationen angeht, die gegen Antisemitismus arbeiten, was die Deradikalisierungsarbeit angeht, was die finanziellen Mittel für diesen ganzen Bereich angeht, macht diese Koalition mehr als alle zuvor. Das ist richtig, und dahinter stehen wir.
Ein bisschen verwundert es mich auch, dass in diesem Antrag Dinge stehen, die schon passieren. Sie fordern beispielsweise, dass bei der Präventionsarbeit, bei der Deradikalisierungsarbeit der Antisemitismus stärker berücksichtigt wird. – Das passiert doch längst; also bitte! Das ist in den letzten Jahren wirklich verstärkt worden. Es ist akzeptabel, wenn Sie sagen: Das reicht alles nicht, es muss noch mehr werden! – Aber wofür ich Sie wirklich kritisiere, ist, dass Sie immer wieder diesen holzschnittartigen Extremismusbegriff verwenden.
(Ronald Gläser)
Ich sage Ihnen: Mit diesem Bild vom Extremismus an den Rändern werden Sie dieses Phänomen des Antisemitismus nicht erfolgreich bekämpfen können. Ich sage Ihnen auch, warum – das habe ich ja schon oft gemacht, aber es hilft nichts: Dieses Bild verstellt den Blick auf den Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft. Es ist ja gerade das Wesen des Antisemitismus, dass er in der gesamten Gesellschaft vorhanden ist, und zwar seit Jahrhunderten. Das gilt natürlich auch für politische Parteien. In der CDU gab es Herrn Hohmann, in der FDP gab es Herrn Möllemann, und natürlich gibt es auch in der Linken und in anderen Parteien Antisemitismus; das ist völlig klar. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, unser aller Aufgabe, dem entgegenzutreten. Da hilft es überhaupt nicht, wenn man so ein Bild der sauberen Mitte zeichnet, in der es so etwas nicht gibt, und nur an den Rändern gibt es Antisemitismus. Die saubere Mitte gibt es nicht. Damit kommen wir nicht weiter, wenn wir ihn bekämpfen wollen.
Und dann setzen Sie in Ihrem Antrag noch einen drauf und fordern von den zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Bekenntnis ab. Während Sie die Mitte vom Antisemitismus freisprechen, stellen Sie zivilgesellschaftliche Organisationen mit dem Abfordern eines Bekenntnisses unter Generalverdacht – mit einer Art Extremismusklausel 2.0. Das passt doch nicht zusammen: Sie wollen mit den Organisationen zusammenarbeiten und die Kooperation verstärken; gleichzeitig unterstellen Sie ihnen eine Form von Antisemitismus, wenn sie bestimmte Sätze nicht unterschreiben. Ich finde, das passt nicht zusammen. In dem Antrag geht vieles in die falsche Richtung. Deswegen werden wir ihm leider so nicht zustimmen können. Aber vielleicht ergibt die Diskussion noch etwas. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir setzen hier mit diesem Gesetz Änderungen im Glücksspiel um. Staatsvertrag – darauf hat der Kollege Buchholz schon hingewiesen; wir setzen ja auch EU-Recht um. 20 Lizenzen waren bisher die Grenze, in Zukunft ist das ohne Begrenzung zu lizensieren. Das kann man machen, aber wir finden das nicht besonders gut. Wir müssen das hier umsetzen. Ich hätte mir auch andere, strengere Formen der Regulierung schon auf Bundesebene oder auf Staatsvertragsebene gewünscht, aber ist ja nicht so, dass wir in Berlin überhaupt keinen Einfluss auf die Regelung hätten. Wir können hier mit einem Ausführungsgesetz Einfluss nehmen. Ich finde, wir haben die Möglichkeit, und wir haben auch die Pflicht dafür zu sorgen, dass alles Mögliche getan wird, damit die Regulierung von Wettbüros stadtpolitisch verträglich erfolgt und die Gesundheitsprävention in die Regelung miteinfließt. Und die Möglichkeit wollen wir hier nutzen.
Gerade deshalb reden wir heute über dieses Ausführungsgesetz – um die landesrechtlichen Regelungen zu schaffen und dafür zu sorgen, dass die Wettbüros in unseren Kiezen begrenzt bleiben, dass sie nicht Kitas oder Einzelhändler oder andere verdrängen, dass sie nicht in
der Nähe von Schulen oder Jugendeinrichtungen aufmachen, dass die Prävention von Spielsucht gestärkt wird. – Das alles machen wir, genau diese Linie haben wir auch schon im Spielhallenbereich verfolgt, das war sinnvoll, das hat auch einen spürbaren Effekt gehabt, und ich finde, genau bei dieser Linie sollten wir jetzt auch bei den Wettbüros bleiben.
Ja! – Bitte, Herr Luthe!
Es gibt – –
Herr Luthe! Wenn Sie jetzt eine Frage stellen – – Sie können sich auch gern mit Herrn Buchholz noch mal darüber unterhalten, dann mache ich kurz Pause.
Aber wenn Sie wollen – –
Es hat eine lange Vorgeschichte mit verschiedenen Ansätzen im Bereich der Spielhallen. Dazu gibt es Rechtsprechung, und an der orientiert man sich. Natürlich – ich gebe Ihnen recht: Eine solche Grenze ist in gewissem Maße immer willkürlich, aber man muss sie irgendwie festsetzen. Man kann sie nicht erfinden, man muss sie irgendwie austarieren und die verschiedenen Rechtsansprüchen und Interessen ausgleichen sowie die Rechtsprechung beachten. Genau das ist passiert.
Das ist natürlich eine Einschränkung, mit der Sie vielleicht nicht zufrieden sind, aber es ist eine sinnvolle Einschränkung. Wir beschließen Abstandsregelungen in Hinblick auf Wettbüros untereinander, wir beschließen Abstandsregelungen in Bezug auf Wettbüros und Spielhallen, wir beschließen Mindestabstände zu Schulen und Jugendeinrichtungen. Das ist nicht alles. Wir beschließen auch noch Auflagen für die Qualifikation des Personals. Selbiges muss sich mit Spielsucht auskennen, ebenso mit Spielerschutz. Ich finde, das ist extrem wichtig, um die Menschen, die dort unterwegs sind, vor den Folgen von Spielsucht zu schützen.
In dem Gesetzentwurf ebenso enthalten sind Kontrollmöglichkeiten für die Aufsichtsbehörden – und ja, natürlich sind es ziemlich umfangreiche Auflagen, und ja, es sind Beschränkungen, aber ich finde, diese sind nötig. Gerade das, Herr Luthe, ist ein Bereich, in dem der freie Markt eben nicht alles regelt. Er regelt nicht alles. Er regelt nicht die stadtentwicklungspolitische Verträglichkeit, er regelt auch nicht Suchtprävention – gerade das regelt der Markt nicht, und deswegen müssen wir hier regulierend eingreifen; das finde ich auch richtig.
Herr Luthe! Sie haben gleich noch die Gelegenheit, Ihre Argumentation hier zum Besten zu geben. Ich bin sehr gespannt. Wir jedenfalls werden dem Gesetz zustimmen. Ich hoffe, wir bekommen hier eine breite Mehrheit hin.
Eine kurze Anmerkung noch, weil ich noch ein paar Sekunden Zeit habe, zu Herrn Freymark: Ich finde Ihre Argumentation, dass man Dinge regulieren und diese nicht in die Illegalität treiben soll, ganz interessant. – Wenden Sie dieses Prinzip doch mal auf die Drogenpolitik an! Es ist ein ganz ähnliches Thema: Da geht es um Sucht, Konsum, Gesundheitsschäden, die davon entstehen. Auch da kann man doch mal darüber nachdenken, zu regulieren, statt alles komplett zu verbieten. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bislang ist die CDU in diesem Haus drogenpolitisch eher durch Anträge für mehr Repression aufgefallen: Null-ToleranzZonen, Absenkung der Eigenbedarfsgrenze, mehr Polizei, härtere Strafen,
also Polizei und Justiz sollen es richten. Das ist das, was Sie bisher vorgeschlagen haben. Da kam nicht viel mehr. Dann liest man hier diesen Antrag. Da steht drüber: Mehr Drogenberatungsstellen. Da denkt man erst mal: Ja, vielleicht hat sich da so ein Fünkchen Verstand durchgesetzt bei der CDU.
Dann muss man aber weiterlesen und stellt fest: Man kriegt diesen Geist bei Ihnen offenbar nicht raus.
Sie fordern auf der einen Seite mehr Drogenberatungsstellen, das ist nicht falsch, aber auch ein bisschen dünn, und auf der anderen Seite vermischen Sie das wieder mit so alten Forderungen aus einer Drogenpolitik, die vor 30 Jahren stehengeblieben ist.
Am Ende passt es halt vorne und hinten nicht zusammen.
Erst mal ist klar: Es ist diese Koalition, die Prävention, den Ausbau von Beratungsstellen und Ähnliches vo
(Thomas Isenberg)
rangetrieben hat. Da muss man sich nur mal die letzten beiden Haushaltsberatungen angucken. Wir haben mehr Geld für Beratungsstellen ausgegeben, mehr für Sozialarbeit, einen richtig massiven Ausbau der Fachstelle für Suchtprävention.
Wir haben neue Präventionsprojekte für Kinder aus suchtbelasteten Familien ins Leben gerufen, mehr Drogenkonsumräume, die die Konsumenten von der Straße holen und in die Hilfesysteme vermitteln sollen. Das kam alles von Rot-Rot-Grün. Da habe ich keinen einzigen Vorschlag von der CDU-Fraktion gehört. Da kommen Sie heute an und fordern mehr Beratungsstellen. Da muss ich schon sagen, da springen Sie nicht auf den fahrenden Zug, da ist der Zug schon längst im nächsten Bahnhof.
Dann muss ja in so einem CDU-Antrag auch irgendwie die Polizei vorkommen, sonst wäre es ja kein CDUAntrag. Sie wollen also, dass die Polizei die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Drogenberatungsstellen besonders schützt, weil die ja so gefährdet seien. Also sowas Absurdes habe ich noch nicht gehört, muss ich sagen.
Seit Jahren bin ich hier in der Drogenpolitik unterwegs und spreche mit allen möglichen Trägern und Beratungsstellen, ich habe noch nicht einmal gehört, dass da irgendein Mensch von einem Dealer angegriffen wurde. Ich bin auch schon lange im Innenausschuss. Ich habe noch nicht einmal von der Polizei gehört, dass Drogenberatungsstellen irgendwie gefährdete Objekte seien. Gehen Sie mal zur Polizei und fragen Sie, was sie von Ihrem Vorschlag hält, ob sie diese neue Aufgabe wirklich übernehmen will! Ich glaube, die fassen sich an den Kopf.
Dann wird hier noch angeführt, dass man mehr Bilder aus der Videoüberwachung auswerten soll. Was das mit Drogenberatungsstellen zu tun haben soll, ist mir schleierhaft.
Aber sei es drum! Fest steht ja, wenn Sie diese Bilder angucken, ob auf dem U-Bahnhof, auf der Straße oder sonst wo, dann ist der Drogenhandel, der Drogendeal ja schon vorbei, also da erreichen Sie gar nichts. Wenn Sie Drogenhandel verhindern wollen, dann nur durch direkte Arbeit vor Ort.
Ich glaube, vor diesem ganzen Hintergrund ist es noch mal wichtig, die grundlegenden Unterschiede in der Drogenpolitik herauszustellen, die wir haben. Wir bauen als Koalition die Prävention aus, die Beratungsangebote, Hilfsangebote, Therapie usw., aber wir setzen eben auch auf Entkriminalisierung. Ich weiß nicht, ob es hilft, dass
ständig zu wiederholen, aber was bleibt einem übrig? Entkriminalisierung heißt nicht Laisser-faire.
Das heißt nicht Zuschauen. Das heißt, nicht Konsumenten, nicht Abhängige strafrechtlich zu verfolgen, sondern Polizei und Justiz die Möglichkeit zu geben, sich auf den organisierten Drogenhandel zu konzentrieren, auf die organisierte Kriminalität dahinter.
Das ist das, was man damit erreicht, nicht die Konsumenten kriminalisieren. So was wie Eigenbedarfsgrenzen und kontrollierte Abgabe, das heißt auch nicht verharmlosen. Kontrollierte Abgabe, wie wir es bei Cannabis machen, das heißt, den Schwarzmarkt einzudämmen, damit es eine Regulierung, eine Begrenzung des Drogenhandels gibt,
mit Jugendschutz, mit Kontrolle. Darum geht es, und das haben Sie leider immer noch nicht verstanden.
Fragen Sie mal die großen Drogenhilfeträger in dieser Stadt! Die haben sich schon dazu geäußert, die befürworten das. Die befürworten ein Cannabis-Modellprojekt in Berlin. Die befürworten das Drug-Checking-Projekt, das wir als Koalition machen. Die befürworten das, weil das sinnvoll ist, weil es Schaden verringern kann. Wenn Sie irgendwas Sinnvolles tun wollen, dann stellen Sie hier nicht so komische Anträge, sondern dann gehen Sie auf Ihre Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene zu, damit es endlich eine Reform des Betäubungsmittelgesetzes geben kann.
Dann werden uns hier keine Steine mehr in den Weg gelegt. Mit diesem Antrag kommen Sie keinen Schritt weiter. – Vielen Dank!
Ja, Herr Kollege, darauf kann ich Ihnen eine Antwort geben. Die Spielregeln für die Drogenpolitik werden auf Bundesebene gemacht, und dort im Betäubungsmittelgesetz herrscht immer noch die absolute Prohibition.
Wir können in Berlin an den Symptomen arbeiten. Das machen wir. Wir machen das Bestmögliche, was wir können für Prävention, Hilfsangebote, Therapie usw. usf. Wir machen auch das Bestmögliche, was wir können, um die Konsumenten nicht zu kriminalisieren, sondern um ihnen zu helfen. Schauen Sie sich mal das Modell in Portugal an. Da gibt es seit 20 Jahren eine andere Regelung. Die haben das umgestellt. Da ist der Drogenbesitz in kleineren Mengen für den Eigenbedarf keine Straftat mehr, auch nicht bei harten Drogen. Das ist eine Ordnungswidrigkeit. Man kommt, wenn man dort mit solchen Mengen erwischt wird, vor eine Kommission und bekommt ein Hilfsangebot, das man annehmen kann, und kommt direkt ins Hilfesystem, statt in den Knast. Mit dieser Politik hat Portugal es geschafft, seine Drogentoten und HIV-Infektionen deutlich zu senken.
Auch der Konsum von harten Drogen ist geringer als in Deutschland in diesem Land. Schauen Sie sich das an! Das sollten wir uns mal sehr genau anschauen und überlegen, was wir davon lernen können.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum dieser Antrag unsinnig ist, lässt sich in wenigen Sätzen sagen. Erstens kann man solche Aussteigerprogramme, die es beim Rechtsextremismus schon gibt, nicht einfach auf die linke Szene übertragen, weil die Szenen einfach verschieden sind. Es ist zum Beispiel nicht bekannt, dass es in der linken Szene irgendeine Form von Druck gibt gegen Leute, die aussteigen wollen, oder Bedrohungen, wie wir sie von Neonazis kennen. Wenn also jemand nicht mehr zur Aktionsgruppe oder
zum Mao-Lesekreis gehen will, dann geht er eben nicht mehr dort hin.
Da sind die Leute dann ein bisschen traurig, aber so einfach ist das.
Zweitens: Es gibt auf Bundesebene Erfahrungen mit einem solchen Aussteigerprogramm. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat so etwas schon seit ein paar Jahren im Programm. Dann schauen wir uns doch mal die Bilanz an, die sich in Antworten der Bundesregierung auf Schriftliche Anfragen findet: In sechs Jahren gab es ganze 28 Anrufe bei dieser Telefonnummer. Die Bundesregierung selbst sagt, dass in keinem einzigen Fall längere Gesprächskontakte zustande gekommen sind. Es gab auch ein paar Anrufe aus Quatsch. In keinem einzigen Fall kann man irgendeinen Aussteiger vorweisen. – Das ist die Bilanz. Da muss ich sagen, dass mir unser öffentlicher Dienst zu schade ist, als dass er sich mit so einem Unsinn beschäftigen muss.
Ich glaube auch, dass es kein Zufall ist, dass dieser Antrag ausgerechnet aus der rechten Ecke in diesem Hause kommt. Wir erleben es immer wieder, dass zur Ablenkung von eigenen Ausfällen und Entgleisungen – HitlerWein usw. – aus Ihrer Partei immer auf den Linksextremismus verwiesen wird.
Dass das von der AfD kommt, ist keine Überraschung. Aber ich will mich hier auch noch an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP wenden: Die AfD ist schlimm genug, das wissen wir. Aber dass Sie hier immer wieder neben der AfD in das gleiche Horn blasen und links und rechts immer wieder gleichsetzen, das finde ich noch viel besorgniserregender.
Auch die CDU hat hier schon einen Antrag eingebracht, in dem sämtliche Instrumente, die wir gegen den Rechtsextremismus haben, jetzt auch gegen den Linksextremismus eingesetzt werden sollen; auch ein solches Aussteigerprogramm gehört dazu.
Die FDP-Fraktion beantragt im Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung sowie im Ausschuss für Verfassungsschutz Besprechungspunkte, die im Wortlaut identisch sind mit denen der Koalition, bloß dass Sie „rechts“ durch „links“ ersetzt haben.
(Stefan Evers)
Was soll das?
Natürlich können wir hier über linke Militanz reden; das machen wir oft genug. Aber Rechtsterroristen ermorden in diesem Land Menschen. Die reisen umher und töten Migranten, die töten Politiker, die greifen Synagogen an – und das ist die massive Bedrohung für unsere Demokratie. Und nein, das kann man nicht mit der Rigaer Straße gleichsetzen.
Heute verurteilen wir alle zusammen den Terror in Hanau und müssen uns morgen wieder so hohle Phrasen aus der Hufeisentheorie anhören: mit links und rechts, mit rechts wie links und mit „Jedweder Extremismus, egal welcher Couleur“ usw. usf. – Diese Plattitüden sind hochgefährlich.
Nein, sorry! – Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, herauszufinden, wie viele Besprechungspunkte die CDUFraktion im Ausschuss für Verfassungsschutz zu Links- und Rechtsextremismus angemeldet hat. Das Ergebnis war 11 zu 0 – elf Mal Linksextremismus, null Mal Rechtsextremismus.
Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn der Eindruck entsteht, dass bei Ihnen der Feind im Zweifel links steht. Das ist für mich ein Alarmzeichen, denn genau aus dieser Haltung wurde der Karren in Thüringen gründlich an die Wand gefahren.
Diese Haltung hat das Ganze erst möglich gemacht. Deshalb freue ich mich, dass in Ihren Parteien jetzt eine Diskussion über dieses Thema ausgebrochen ist. Daher fordere ich Sie auf, liebe Kollegen von der CDU und der FDP:
Überdenken Sie diese Haltung! Differenzieren Sie! Machen Sie sich nach rechts dicht und streiten Sie gemeinsam mit uns für den Erhalt unserer Demokratie!
Danke!
Nur zwei Sätze: Am Tag nach dem rechten Terror von Hanau finde ich so einen Auftritt
unerträglich.
Zweitens: Auf so einen Kübel Müll und Lügen, der hier von so einem Höcke-Schoßhund ausgekippt wird, muss man nicht antworten; das spricht für sich. – Danke!
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Unruhe – Anne Helm (LINKE): Ihr habt euch genug erklärt! – Gunnar Lindemann (AfD): Typisch Mauermörder! – Zuruf von der AfD: Unparlamentarisch! – Zuruf von Stefan Ziller (GRÜNE)]
(Thorsten Weiß)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Belgien hat es, Dänemark hat es, Norwegen hat es, Großbritannien hat es, Irland hat es, Portugal hat es,
verschiedene Staaten der USA haben es, Rheinland-Pfalz hat es, Schleswig-Holstein hat es. Das ist jetzt keine vollständige Liste, aber Sie können hier sehen: Wenn wir heute ein Gesetz zur Einführung einer oder eines Bürger- und Polizeibeauftragten einbringen, dann ist das etwas, was in anderen Ländern bereits gut funktioniert.
Wir machen hier etwas, bei dem es in Deutschland wirklich eine Lücke gibt. Seit vielen Jahren fordern Bürgerrechtsorganisationen, aber auch internationale Organisationen wie der Europarat von Deutschland die Einführung
(Maik Penn)
von unabhängigen Untersuchungsinstanzen für Polizeiangelegenheiten,
denn es fehlt hier einfach die Möglichkeit, wenn man der Meinung ist, man ist falsch behandelt worden, man ist rechtswidrig behandelt worden oder sogar Opfer einer Straftat geworden, sich dann an eine andere, eine unabhängige Stelle wenden zu können und nicht an die Behörde selbst.
Das ist der Kern des Gesetzes, das wir heute vorlegen. Dafür schaffen wir einen Bürger- und Polizeibeauftragten. Ich finde, das ist ein wirklich großer Schritt für die Bürgerrechte in dieser Stadt.
Es geht hier auch um nichts weniger als um das Vertrauen in Behördenhandeln, nicht um Misstrauen – um Vertrauen! Es fördert oft nicht das Vertrauen, wenn die Polizei gegen sich selbst ermittelt. Es fördert oft auch nicht das Vertrauen, wenn man sich genau der Behörde offenbaren muss, von der man sich in seinen Rechten verletzt fühlt. Deshalb brauchen wir eine unabhängige Stelle. Die muss unabhängig sein, nicht an eine Senatsverwaltung angegliedert, nicht an die Polizei oder eine andere Behörde. Deswegen haben wir sie ähnlich konstruiert wie die Datenschutzbeauftragte, als oberste Landesbehörde, weisungsfrei, nur dem Gesetz unterworfen. Nur so können Vorgänge aufgeklärt werden, ohne dass der Verdacht im Raum steht, dass nicht neutral ermittelt wird. So kann das auch nur ein Instrument zur Stärkung des Vertrauens in die Polizei und andere Behörden sein.
Selbstverständlich muss der Polizeibeauftragte auch offen für Anliegen sein, die aus der Polizei selbst kommen. Das ist doch völlig klar. Dann, glaube ich, kann diese Stelle auch dazu beitragen, dass mögliche Missstände schneller bekannt werden, dann unabhängig untersucht werden können, dass Missstände behoben oder auch Vorwürfe ausgeräumt werden können. Ich nenne nur mal das Beispiel Polizeiakademie. Da geisterten Vorwürfe durch die Welt über Missstände oder dass die Polizeiakademie von kriminellen u. Ä. unterwandert sei. Auch in solchen Fällen ist eine unabhängige Stelle von Nutzen. Deshalb schaffen wir auch die Möglichkeit für Polizistinnen und Polizisten, sich vertraulich, ohne Einhaltung des Dienstweges an den Polizeibeauftragten zu wenden, ohne dass daraus berufliche Nachteile erwachsen dürfen. Das kann helfen, Polizeiarbeit besser zu machen. Ich finde es erfreulich, dass auch die Polizeigewerkschaften das erkannt haben. Die GdP und der BDK haben sich offen geäußert, anders als die CDU.
Ich will auch noch eines deutlich machen: Diese Stelle kann ihre Arbeit natürlich nur effektiv machen, wenn sie auch Befugnisse hat. Natürlich ist es das allererste Ziel, erst mal miteinander zu reden, eine gütliche Einigung herzustellen, zu vermitteln. Das hat Kollege Zimmermann zu Recht betont. Aber wenn das zu keinem Ergebnis führt, dann muss die Stelle natürlich auch richtig ermitteln können. Deswegen haben wir im Gesetzentwurf weit reichende Befugnisse für die Stelle vorgesehen. Es können alle Beteiligten befragt werden. Es gibt ein Auskunftsrecht gegenüber der Senatsverwaltung. Es gibt ein Akteneinsichtsrecht. Es gibt ein Betretungsrecht für polizeiliche Einrichtungen. Und ganz wichtig: Der oder die Beauftragte kann auch tätig werden, wenn gleichzeitig ein Strafverfahren oder ein Disziplinarverfahren läuft. Das ist doch völlig logisch, sonst läuft das bei vielen Fällen ins Leere. Der Bürgerbeauftragte ist nicht nur zum Händeschütteln da, er muss auch handfest ermitteln können.
Ich freue mich auf die Beratung in den Ausschüssen. Ich freue mich, dass wir hier eine gesetzliche Grundlage schaffen. Aber ich will hier auch sagen: Das ist nur der erste Schritt. Wir brauchen eine gesetzliche Grundlage, das Regelwerk dazu, aber wenn wir das dann in der zweiten Lesung beschließen, dann müssen wir natürlich auch das nötige Personal bereitstellen. Das ist die zweite Aufgabe, denn wir wollen natürlich alle, dass diese Stelle auch ordentlich arbeiten kann. Dafür braucht es Personal. Also es liegt noch etwas vor uns. Packen wir es an! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten in der Silvesternacht einige Angriffe auf Polizeibeamte und auf Feuerwehrleute, die ich wirklich erschreckend fand.
Mit Raketen oder sogar mit Schreckschutzwaffen wurde auf Einsatzkräfte, auf Feuerwehrleute geschossen – solche Angriffe sind ziemlich irre und ziemlich unerträglich. Das will ich vorab hier sagen.
Natürlich wünsche ich allen Verletzten eine schnelle Genesung, wenn das nicht schon glücklicherweise passiert ist.
Die FDP hat diese Ereignisse zum Anlass genommen, über das Thema in einer Aktuellen Stunde zu sprechen; gestern kam ja noch ein Ereignis dazu, das Anzünden eines Autos der GdP, und auch da muss ich sagen: Es gibt viele demokratische Wege, gegen den Polizeikongress zu protestieren, aber dieser Versuch, eine Gewerkschaft
(Burkard Dregger)
einzuschüchtern, gehört definitiv nicht dazu – das geht gar nicht, meine Damen und Herren!
Ich begrüße es also, dass wir heute in der Aktuellen Stunde darüber reden können, wie wir so etwas verringern oder sogar verhindern können. Die Silvesternacht haben wir im Innenausschuss schon ausgewertet – ich finde, da sind wir auf einem ganz guten Weg. Wenn man sich erst mal die nüchternen Zahlen ansieht, dann stellt man fest, dass mitnichten alles schlimmer geworden ist. Wir hatten sinkende Zahlen bei den Angriffen auf Einsatzkräfte: 47 auf Polizeibeamte in diesem Jahre, 24 wurden leider verletzt – im Jahr davor waren es noch 45 Verletzte. Die Feuerwehr hat 24 Angriffe registriert – im letzten Jahr waren es 49. Verletzt wurden dieses Jahr 3, im letzten Jahr waren es 9. Das ist eine Entwicklung in die richtige Richtung; nichts, was zufriedenstellen kann, aber jetzt kommt es darauf an, weiter daran zu arbeiten, dass die Zahlen nach unten gehen.
Ich bin auch vorsichtig bei diesen 7 000 Beamten im Jahr, die Gewalt ausgesetzt sind, da muss man sich die Zahlen genau ansehen; da sind sehr viele Delikte von einfachen Widerstandshandlungen dabei, bei denen niemand verletzt wird.
Da rate ich zur Vorsicht mit den Zahlen, ohne das kleinreden zu wollen. Aber das muss man sich schon genau ansehen – Alarmismus ist auf jeden Fall nicht angebracht, sondern sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema.
[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Paul Fresdorf (FDP): Schämen sollten Sie sich! – Weitere Zurufe von Karsten Woldeit (AfD), Danny Freymark (CDU) und Marcel Luthe (FDP)]
Was tatsächlich beunruhigend ist – das haben wir an Silvester gesehen –, ist die zunehmende Verbreitung von Schreckschusswaffen und offenbar auch der Bereitschaft, damit auf Menschen zu schießen. Daraus ziehen wir als Koalition die richtigen Schlussfolgerungen, mit Einschränkung für Feuerwerke an bestimmten Orten, soweit es landesrechtlich geht, und mit Initiativen auf Bundesebene, insbesondere beim Waffenrecht, um den Zugang zu Schreckschusspistolen, der bis jetzt ziemlich einfach ist, zu erschweren oder auch beim Sprengstoffrecht, um den Kommunen mehr Spielraum zu geben, die Böllerei in ihren Gebieten einzuschränken. Und ich glaube, solche Maßnahmen können Silvester tatsächlich friedlich machen und die Gefahr für Polizei und Rettungskräfte verringern.
Das Problem geht natürlich über Silvester hinaus, und jetzt schauen wir uns doch mal an, welche politischen
Angebote die Opposition nach Silvester so gemacht hat: Die FDP prangert die Vorfälle an Silvester an, hat hier die Aktuelle Stunde angemeldet, ist aber konsequent dagegen, dass wir in irgendeiner Weise versuchen, die Böllerei einzuschränken. Schön einmal im Jahr besoffen mit Sprengstoff hantieren als freies Recht für freie Bürger – das ist die FDP, meine Damen und Herren! Und außer Taser und Rettungsschuss ist Ihnen in Ihrer Rede auch nicht wirklich etwas eingefallen.
Nein, ich möchte zu Ende führen, danke!
Die AfD nennt die Menschen, die Polizisten angreifen, im Innenausschuss asozial.
Das ist die Wortwahl des möchtegern-seriösen Herrn Woldeit. Und da wird wieder klar: Sie verwenden NSVokabular, Sie haben sich schon lange vom demokratischen Diskurs verabschiedet!
Dann ist da noch die CDU, wollen wir nicht vergessen, Herr Dregger. – Das erste, was Herrn Dregger zur Frage der Gewalt gegen Polizisten nach Silvester eingefallen ist, hat er uns allen in einem Radiointerview gesagt:
Das Einzige, was da wirkt, ist, dass man ihnen mit dem Gummiknüppel auf die Finger haut.
Ich habe mich auch gefragt, ob ich da richtig gehört habe, aber es ist wirklich wahr. Der CDU-Fraktionsvorsitzende fordert Knüppel als Erziehungsmaßnahme, und da muss ich Ihnen sagen: Mit solchen autoritären Fantasien verlassen Sie den modernen Rechtsstaat. Da marschieren Sie im Stechschritt zurück in das Kaiserreich, Herr Dregger. So eine Polizei wird es hier nicht geben.
Nein, keine Zwischenfragen, bitte!
Ja!
Bitte! – Auch sonst, Herr Dregger, ist Ihnen außer Ihrer Allzweckwaffe Videoüberwachung und neuen Befugnissen ja auch nicht wirklich etwas zum Thema eingefallen. Was ich bei Ihnen vermisse, schmerzlich vermisse, das ist die Bereitschaft, sich mit diesem Thema mal ohne Show, ohne Law-and-Order-Floskeln differenziert auseinanderzusetzen und sich zum Beispiel mal zu fragen, wo solche Angriffe überhaupt stattfinden.
Dann zeigt sich, wie man zum Beispiel an Anfragen sieht, die ich eingereicht habe, dass sehr viele, die größte Zahl der Übergriffe im täglichen Einsatz stattfinden – Einsätze bei häuslicher Gewalt, sehr verbreitet, Verkehrskontrollen, kleine Einsätze im täglichen Dienst. Wenn man sich die Widerstandsdelikte anschaut – da denken ja viele als Erstes an Demonstrationen und ähnliche Großlagen usw. –, stellt man fest, dass nur 5 Prozent der Widerstandsdelikte bei Versammlungen und weniger als 1 Prozent bei Fußballspielen stattfinden. Der übergroße Teil solcher Übergriffe passiert im ganz alltäglichen Wahnsinn der täglichen Polizeiarbeit.
Das macht es nicht besser, aber das kann einem Hinweise darauf geben, wie man darauf reagiert.
Häufig sind es Taten im Affekt, es sind Emotionen im Spiel, oft ist Alkohol im Spiel, und genau deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass härtere Strafen, wie sie immer wieder gefordert werden, auch gerade von den sogenannten Liberalen, keinen Abschreckungseffekt haben.
Es gab ja die große Strafverschärfung von 2017 auf Bundesebene, nach der man schon für einen Schubser in den Knast kommen kann. Da ist die Schwelle sehr niedrig. Ich sage, es ist jetzt schon festzustellen, dass diese Verschärfung keine Wirkung hat.
Als Symbolpolitik für betroffene Beamte, als ein Signal mag das vielleicht taugen, aber als effektive Maßnahme zum Schutz von Beamtinnen und Beamten nicht.
Es sollte uns allen klar sein, dass es hier keine einfachen Lösungen gibt. Was wir tun können, das ist: Die Eigensicherung verbessern mit einer guten Ausbildung, für eine gute Schutzausrüstung sorgen – hier hat R2G schon umfangreich investiert –, mehr Personal bereitstellen, genug, damit man sich gegenseitig schützen kann, genug, damit die Einsatzkräfte gut ausgeruht sind und ausgeglichen auftreten können,
die Arbeitsbedingungen insgesamt verbessern, die Betreuung verbessern für diejenigen, die Opfer werden! – Und all das tun wir als Koalition.
Wir haben uns auch darüber verständigt, dass wir das Instrument der Bodycams erproben. Wir werden sehen, ob das etwas bringt. Ich warne aber davor, darin ein Allheilmittel zu sehen, denn auch hier gilt – das kennen wir von der Videoüberwachung –: Gerade im Affekt schrecken Kameras nicht ab. Da passiert die Straftat dann teilweise vor laufender Kamera. Das sollte man dabei auch im Kopf behalten.
Ich glaube, dass wir im Hinblick auf Gewalt gegen Polizei- und Rettungskräfte auch über den Umgang miteinander in der Gesellschaft reden müssen. Ein gesellschaftliches Klima der Konkurrenz, der sozialen Abstiegsängste, der Ellbogenmentalität, ein Klima, in dem Hate-Speech auf dem Vormarsch ist,
in dem Ausgrenzung auf dem Vormarsch ist, schafft einen Umgang, der rauer und härter ist. Das geht natürlich auch an Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften nicht vorbei. Das ist doch völlig klar.
Da sind wir alle gefordert, unseren Beitrag zu leisten – gegen diese Entwicklung. Aber wir als Politik müssen doch die Frage entscheiden, was für eine Polizei und was für eine Staatsmacht wir in diesem Klima haben wollen. Da finde ich autoritäre Fantasien, wie sie von der CDU kamen, hochgefährlich. Das treibt den Keil zwischen Staat und Gesellschaft tiefer, und das ist das Gegenteil von dem, was wir tun sollten.
Denn wir haben doch die Aufgabe, der Entfremdung zwischen Staat und Bürgerinnen und Bürgern entgegenzuwirken.
Ja, die Menschen, die die Staatsmacht jeden Tag verkörpern, die das beruflich machen wie die Kolleginnen und Kollegen dort oben, die wissen genau: Sie haben einen schweren Job mit großer Verantwortung und verdienen Respekt. – Aber Respekt erreicht man nicht durch Drohungen. Respekt erreicht man nicht durch drakonische Strafen, und Respekt erreicht man auch nicht durch markige Sprüche.
Nein, wir wollen eine Polizei, die auf Deeskalation setzt,
auf Prävention, auf Transparenz, auf Auftreten mit offenem Visier mit der Kennzeichnung. Wir wollen einen Polizeibeauftragten einrichten als Institution, die das Vertrauen stärkt.
Das ist der Weg, an dem wir festhalten sollten, und das werden wir auch tun. – Vielen Dank!
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Franz Kerker (AfD): Lebensfremd! – Kurt Wansner (CDU): Die Rede hätten Sie auch in Leipzig halten können!]
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dieser Haushalt zeigt ganz gut, wie die politische Linie von R2G ist und wo die Prioritäten sind.
Diese Linie setzt auf Personalaufbau, auf Investitionen in die Ausstattung der Behörden und auch auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Dazu gehört zuallererst, das will ich hier auch zuerst nennen, die Einstellung von Personal und die Ausbildung. Wir haben über 850 neue Stellen bei der Polizei, über 400 bei der Feuerwehr geschaffen. Die stehen in diesem Haushalt, und das ist das Maximum, was wir derzeit ausbilden und einstellen können. Wir setzen natürlich auch den Kurs der Besoldungserhöhung fort. Wir investieren in die technische Ausstattung der Polizei, und wir erneuern den Fuhrpark der Feuerwehr. Wir haben zusätzlich zu den eh schon vorhandenen Mitteln in dem Senatsentwurf noch einmal neun neue Rettungswagen draufgepackt. Das ist, glaube ich, auch ein großer Schritt für die Notfallrettung in Berlin.
Das könnte man noch weiter ausführen und aufzählen; Herr Zimmermann hat es schon getan. Das alles wird die Arbeitsbedingungen bei den Sicherheitsbehörden verbessern. Das sind unsere Prioritäten, und das ist auch ein Gewinn für die Sicherheit in dieser Stadt. Dazu brauchen wir keine sinnlose Symbolpolitik auf Kosten der Grundrechte.
Das meiste, was Sie, Herr Lenz, gesagt haben, haben Sie überhaupt nicht beantragt. Sie haben Fußfesseln und solche Sachen beantragt.
Das ist natürlich nicht das, was wir als Prioritäten in diesem Haushalt haben wollen.
Und ja, zu den Schwerpunkten des Haushaltes gehört nicht die Aufblähung des Verfassungsschutzes. Wir als Linke, das ist ja bekannt, sind der Auffassung, dass der mehr Probleme schafft als er löst. Wir haben in der Vergangenheit eine Reihe von Skandalen erlebt. Wir haben auch im Fall Anis Amri erlebt, dass die Verfassungsschutzämter jede Menge Informationen gesammelt haben, die nicht zur Verhinderung des Anschlags genutzt wurden. Das haben wir erlebt, Herr Lenz. Und hinterher kämpfen wir nun mit Geheimschutz und schleppender Aufklärung. Ich finde, das sind einfach grundlegende Probleme in einer Demokratie.
Deswegen ist es aus unserer Sicht richtig, dass wir bei der Bekämpfung von politischer Gewalt auf Polizei und Staatsanwaltschaft und nicht auf den Verfassungsschutz setzen.
Wenn man dazu in der Koalition unterschiedliche Ansichten hat – das ist ja kein Geheimnis –, dann setzt man sich zusammen und findet einen Kompromiss. Nichts
(Stephan Lenz)
anderes haben wir getan, das ist völlig normal. Also, liebe CDU, kommen Sie damit klar!
Wir als Parlament haben auch an anderer Stelle gezeigt, dass wir uns ernst nehmen und haben neben dem Entwurf des Senats eigene Schwerpunkte gesetzt. Die Feuerwehr habe ich genannt. Es gibt noch weitere Beispiele – der Katastrophenschutz. Die Hilfsorganisationen haben zu Recht darauf hingewiesen, dass sie mit völlig veralteten Geräten und Fahrzeugen arbeiten müssen. Mit denen sind wir ins Gespräch gekommen, wir als Koalitionsfraktionen haben darauf reagiert und lassen zusätzlich noch mal mehr als 2 Millionen Euro in diesen Bereich fließen.
Zweitens: Der Senat hat beschlossen, aus der Ausländerbehörde ein Landesamt für Einwanderung zu machen. Das finden wir gut. Wir wollen dabei aber sicherstellen, dass das ein Amt wird, das diesen Namen auch verdient. Wenn wir wirklich eine bürgerfreundliche Willkommensbehörde wollen, wenn wir wirklich ein Amt haben wollen, das Einwanderung möglich macht, dann brauchen wir da auch mehr Personal. Genau das haben wir mit einem Änderungsantrag zur Verfügung gestellt.
Drittens – das betrifft den Einzelplan 25, der auch Bestandteil dieser Rederunde ist –: E-Government. Ich glaube, die größte Herausforderung dort besteht darin, dass wir bei der Digitalisierung der Verwaltung Standards schaffen, dass wir im „Technikzoo“, wie es die Staatsekretärin so schön formuliert hat, aufräumen, und dass wir nicht zuletzt die Datensicherheit bei den Behörden stärken. Das haben wir getan, auch hier über einen Änderungsantrag. Auch die Datenschutzbehörde wird durch den neuen Haushaltsplan noch einmal deutlich gestärkt.
Wir machen hier also eine Politik des Personalaufbaus und der Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Behörden. Wir machen das ganze grundrechtsfreundlich. Das sind unsere Schwerpunkte, und das sind auch die richtigen. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir spielen hier heute auf Wunsch der CDU ein Spiel, das wir hier schon ziemlich oft gespielt haben.
Das Spiel geht so: Es wird hier ein Antrag vorgelegt und so eine Entschließung, in der irgendetwas ganz doll verurteilt wird. Meistens ist es so etwas wie politische Gewalt, wie heute. Dann wird gesagt, wer dem jetzt nicht so zustimmt, ist irgendwie verdächtig, Sympathien für Straftaten zu haben. Da kann man auch schon hundertmal solche Selbstverständlichkeiten gesagt haben, wie, dass politische Gewalt kein akzeptables Mittel ist, aber nein, es muss hier ein Bekenntnis her, und wer dieses Be
(Ronald Gläser)
kenntnis jetzt nicht abgibt, der steht eigentlich schon fast auf der Seite des Bösen.
Das ist offensichtlich auch heute Ihr Ziel, Herr Dregger, nicht der Konsens, sondern der Angriff auf den politischen Gegner. Ich lasse Ihnen da Ihren Spaß, aber haben Sie Verständnis, dass wir dieses Sandkastenspiel nicht mitmachen.
Man sieht auch an der Art und Weise, wie Sie das eingebracht haben und hier sofort zur Abstimmung stellen, dass Sie kein Interesse haben und es nicht wirklich ernst mit einer gemeinsamen Entschließung meinen. So etwas ist möglich. Das haben wir hier im Haus auch schon öfter praktiziert. Wir haben eine Resolution verabschiedet gegen Hass und Intoleranz, in der übrigens auch politische Gewalt verurteilt wird, gegen Antisemitismus und andere. Da hat man sich aber vorher zusammengesetzt und hat einen Text zusammen ausgearbeitet, den dann alle zusammen mittragen können.
Diesen Weg haben Sie hier nicht gewählt. Es zeigt, dass Sie hier nicht an einer gemeinsamen Resolution interessiert sind. Wenn Sie es ernst gemeint hätten, seien wir einmal ehrlich, dann hätten Sie doch hier auch nicht einen solchen Text vorgelegt, der an intellektueller Einfältigkeit wirklich nicht zu überbieten ist.
Da wird gleichgesetzt Links und Rechts und alles andere, dass es nur so schlackert.
Mit dieser Analyse werden Sie bei der Bekämpfung von politischer Gewalt nicht weit kommen und auch nicht mit einer solchen Floskelmaschine, die Sie während Ihrer Rede hier angeworfen haben, Herr Dregger.
Da haben wir auch eine inhaltliche Differenz.
Nein! – Ich finde, wir haben eine inhaltliche Differenz. So wenig, wie Sie hier die Unterschiede dieser verschiedenen Bereiche zur Kenntnis nehmen, so wenig werden Sie auch wirksame Instrumente gegen Phänomene finden wie Angriffe auf Polizeibeamte oder Ähnliches.
Deshalb ist es schade darum. Man könnte sachlich und konstruktiv über dieses Thema reden. Ich bin auch gern bereit, das mit Ihnen zu tun. Aber das ist hier offensichtlich von Ihnen nicht gewollt. Es ist ein bisschen traurig, dass sich bei der CDU-Fraktion seit Jahren nichts daran geändert hat. Vor einigen Jahren hat uns Ihr Abgeordneter, Herr Juhnke, in der Aktuellen Stunde vorgeworfen, wir würden nachts mit dem Benzinkanister durch die Stadt ziehen.
Da gab es große Aufregung, zu Recht. Seitdem versuchen Sie es immer wieder mit solchen Anwürfen, auch mit solchen Entschließungen. Ohne Erfolg. Sie können das auch gerne weitermachen. Das ist Ihr gutes Recht. Aber haben Sie Verständnis, dass wir heute nicht auf einen Nenner kommen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Die Kriminalität in Berlin ist rückläufig.
Das ist auch ein bundesweiter Trend der letzten Jahre, den kann man feststellen. Niemand behauptet, dass man die Hände in den Schoß legen soll. Das machen wir auch nicht. Was Sie von der CDU-Fraktion hier aber permanent betreiben, Herr Dregger, dieses Mantra nach dem Motto: „Alles wird immer gefährlicher, immer schlimmer, und die Polizei kann nicht richtig arbeiten“, das ist ein schäbiges Spiel mit der Angst, mit dem Sie versuchen, politisch zu punkten.
(Frank Zimmermann)
Wenn Sie dann hier noch Nebelkerzen werfen und über nichts anderes reden als über das Antidiskriminierungsgesetz, gehört das in diese Strategie hinein. Sie schwächen damit das Sicherheitsgefühl der Menschen, und das wissen Sie genau. Das werfe ich Ihnen vor, Herr Dregger.
Was wir in Berlin machen – weswegen wir auch die Aktuelle Stunde angemeldet haben –, ist ein anderer Ansatz: Wir schauen uns an, in welchen Kriminalitätsbereichen es kritische Entwicklungen gibt, und dann arbeiten wir gezielt dagegen. Im Bereich der organisierten Kriminalität gibt es natürlich einige Punkte, wo sich nach langem Nicht-Kümmern – auch unter Ihrem Innensenator, Herr Dregger – jetzt endlich einmal etwas bewegt.
Ich möchte ohne Zwischenfragen zu Ende führen. Danke!
Wir haben endlich eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Behörden bei Themen wie Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Schutzgelderpressung, Betrug oder
Raub, und es wurde eine Koordinierungsstelle „organisierte Kriminalität“ eingerichtet, damit die ressortübergreifende Zusammenarbeit besser gelingt. Wir schaffen uns eine bessere Informationslage, indem wir auf Landesebene – Herr Dregger, Sie wissen das eigentlich auch – in diesem Jahr erstmalig ein Lagebild „organisierte Kriminalität“ erstellen. Das ist in Arbeit. Wir sind auch Vorreiter – Herr Zimmermann hat es schon genannt – bei der Abschöpfung von illegal erworbenem Vermögen. Dafür gibt es jetzt eine eigene Abteilung in der Staatsanwaltschaft, und dort ist auch schon einiges zusammengekommen, gerade im Immobilienbereich. Wir wollen noch erreichen, dass abgeschöpfte Immobilien nicht zum höchsten gebotenen Preis versteigert werden, sondern dem Allgemeinwohl zugutekommen, also in die öffentliche Hand kommen. Das wäre eine gute Sache, und deshalb haben wir dazu einen Antrag im Geschäftsgang.
Ich will an dieser Stelle noch einmal ein Lob an Polizei und Staatsanwaltschaft loswerden.
Ja, hört, hört! – Wir hatten in den letzten Jahren steigende Zahlen bei Delikten wie Einbrüchen und Taschendiebstahl. Die Zahlen waren so hoch, weil auch organisierte, professionellen Banden am Werk waren und im großen Stil vorgegangen sind. Viele dieser Strukturen sind aufgedeckt worden, deswegen sinken diese Zahlen. Gerade bei diesen Delikten sehen wir: Mit einer richtigen Schwerpunktsetzung, mit aufwendiger Ermittlungsarbeit, mit gutem, qualifiziertem Personal, mit einer besseren Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft, mit internationaler Zusammenarbeit kann man effektiv etwas erreichen, damit kann man Kriminalität senken.
Jetzt staunen Sie einmal, liebe CDU! Dafür braucht man keine neuen Grundrechtseingriffe und keine neuen Befugnisse. Dafür braucht man gutes Personal und gute Arbeitsbedingungen, und genau das schafft die Koalition in Berlin.
Jetzt komme ich noch einmal zur sogenannten Clankriminalität. Ich unterstütze konsequentes Vorgehen gegen organisierte Kriminalität und auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen Behörden.
Ich finde aber den Begriff „Clankriminalität“ problematisch.