Petra Grimm-Benne

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Last Statements

Seit langer Zeit warnt die WHO vor der Gefahr einer weltweiten Grippeepidemie. Das Risiko wird vonseiten der WHO derzeit so hoch eingeschätzt wie seit mehr als drei Jahrzehnten nicht mehr. Es geht längst nicht um die Frage, ob es zu einer Epidemie kommt, sondern nur noch um die Frage des Wann. Fachleute halten es für möglich, dass das Virus H5N1, das die Vogelgrippe hervorruft, mutieren und sich in eine Form verwandeln könnte, die sich leicht unter Menschen ausbreitet. Die Bundesländer sind für die Bevorratung von antiviralen Medikamenten und Impfstoffen verantwortlich.
Ich frage die Landesregierung:
1. Die WHO und das Robert-Koch-Institut empfehlen, ausreichend antivirale Medikamente vorzuhalten, um im Falle des Ausbruchs einer Influenza-Pandemie
mindestens 20 % der Bevölkerung schützen zu können. Wie sieht der Pandemieplan für das Land Sachsen-Anhalt aus und wie hoch wäre der Anteil der Bevölkerung, der im Ernstfall medikamentös versorgt werden könnte?
2. Sind die Krankenhäuser für den Notfall gerüstet (un- ter anderem Anzahl der Beatmungsgeräte bei Lun- genkomplikationen)?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Warum der Antrag zum Thema „Familienfreundliches Wohnen - urban, kindergerecht und intelligent“? - Minister Herr Dr. Daehre hat bereits vor der heutigen Landtagsdebatte kundgetan, dass er unseren Antrag für überflüssig hält, indem er äußerte, es werde schon alles gemacht und wir hätten das nur noch nicht richtig verstanden. Aber der Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der FDP zu unserem Antrag zeigt, dass Sie noch nicht einmal unseren Antrag verstehen; denn Sie sehen Familienpolitik nicht als Querschnittsaufgabe.
Die Überschrift des Alternativantrages lautet nunmehr „Bericht zum Stadtumbau Ost“. Erst im zweiten Absatz der Begründung zu dem Antrag findet sich das Stichwort Familienpolitik wieder. Darüber hinaus soll dem Antrag zufolge auch nur wieder im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr Bericht erstattet werden. Was ist mit den anderen Ausschüssen? - Würde Familienpolitik von Ihnen wirklich als eine alle Bereiche betreffende Aufgabe verstanden, müsste ich Sie darauf nicht aufmerksam machen.
Wenn die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen tatsächlich in den vergangenen Jahren beim Städtebau, beim Stadtumbau und bei der Internationalen Bauausstellung Sachsen-Anhalt 2010 bewusst auf eine Stärkung des Bereiches der Familienpolitik und der Förderung der demografischen Ausgewogenheit gesetzt hätten, wäre nicht nur das Ministerium für Bau und Verkehr einbezogen worden.
Anlass für unseren Antrag war das Gesetzgebungsverfahren zum Familienfördergesetz. Wie Ihnen bekannt ist, beschäftigen sich lediglich zwei Paragrafen mit dem Thema Wohnen. Nach § 6 des Familienfördergesetzes gewährt das Land finanzielle Hilfen zur Begründung von Wohneigentum zur Selbstnutzung. Näheres regelt die Richtlinie des Ministeriums für Bau und Verkehr, die übrigens bereits vor der Beschlussfassung über das Familienfördergesetz in Kraft getreten war.
Nach der Richtlinie werden eklatanterweise lediglich die Ehe und die eheähnliche Gemeinschaft gefördert. Das Wort „Familie“ findet sich ausschließlich im Vorwort des Ministers, nach dem ein so genannter Familienfaktor bei
der Förderung eingearbeitet werden kann, wenn es nach dem Wohnungseigentumserwerb zur Geburt von Kindern kommt; das soll also mit einem finanziellen Vorteil belohnt werden.
§ 7 des Familienfördergesetzes stellt bei der kommunalen Wohnungseigentumsförderung auch wieder nur auf die Unterstützung der Kommunen hinsichtlich selbstgenutzten Wohnungseigentums ab.
Wir meinen: Das hat nichts mit familienfreundlichem Wohnen, wie es auch die Dienel-Studie präferiert, zu tun. Die Studie wurde übrigens von Ihnen in Auftrag gegeben. Unseres Erachtens müssen Stadtentwicklungsprojekte im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost“ stärker als bisher die Auswirkungen auf die Quartierentwicklung und die Wohnumfeldgestaltung für Familien berücksichtigen.
Modellprojekte sollten Maßnahmen für generationenübergreifendes Wohnen mit integrierten Kinder-, Jugend-, Familien- und Seniorenangeboten unterstützen. Das schafft Haltefaktoren, die der Abwanderung entgegenwirken können.
Unterstützung erhält unser Antrag auch durch das in der Anhörung zum Familienfördergesetz dargestellte Bild. Herr Jost Riecke, der im Namen des Verbandes der Wohnungswirtschaft e. V. und im Namen des Verbandes der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt e. V. sprach, zeigte auf, dass die Wohneigentumsbildung kein Heilmittel für die Verbesserung der demografischen Situation in unserem Land ist. Für die Familienfreundlichkeit und für den Kinderwunsch komme es nicht darauf an, ob man zur Miete oder im Eigentum wohne. Der Drang zum Eigentumserwerb durch Förderprogramme und Werbung führe vielmehr viele Schwellenhaushalte zum Eigentum, die es sich im Grunde genommen gar nicht leisten könnten. Wohneigentum ziehe auch nicht gleichzeitig einen verstärkten Kinderwunsch nach sich. Oft sei es sogar umgekehrt, weil die finanziellen Belastungen manchen Erwerber von Wohneigentum eher darüber nachdenken ließen, ob man Kinder bekommen solle.
Die Kriterien für das Eigenheim im Umland sind heutzutage auch mit negativen Seiten belegt. Nicht nur Schwierigkeiten hinsichtlich der Kinderbetreuung und der Schulversorgung, auch die fehlende Flexibilität und der schlechte Wiederverkaufswert der Häuser geben Anlass zu der Feststellung, dass Wohneigentumsbildung nicht automatisch zu mehr Familienfreundlichkeit und zu einem gesteigerten Kinderwunsch führen würde.
Deshalb haben wir in unserem Antrag weitere Maßnahmen genannt, die es wert gewesen wären, in das Familienfördergesetz aufgenommen zu werden - worum wir uns vergeblich bemüht haben -, zumal in der DienelStudie ebenfalls festgestellt wurde, dass es wichtig ist, im Bereich der kommunalen Familienförderung familienfreundliche Strukturen zu schaffen. Hierbei geht es um familienfreundliche, bezahlbare Wohnungen und kindgerechte Freiräume.
Darüber hinaus bleiben Perspektiven für das Wohnen im Alter bislang völlig unberücksichtigt. Dabei könnte generationenübergreifendes Wohnen sowohl eine Hilfestellung für junge Familien als auch für ältere Menschen sein.
Diese Art der Wohnmöglichkeit gewährt unseren älteren Mitmenschen eine Garantie auf ein längeres Wohnen in ihrem vertrauten Umfeld und kann junge Familien im Spagat zwischen Beruf und Familie unterstützen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Die Projekte der Internationalen Bauausstellung berücksichtigen diesen Aspekt zu wenig. Deshalb fordern wir, dass Familienfreundlichkeit ein Qualitätsmerkmal für die Projekte im Rahmen der IBA Stadtumbau Sachsen-Anhalt 2010 wird, von dem alle Bevölkerungsgruppen profitieren.
In der Begründung zu dem Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der FDP wird das Projekt der Stadt Wanzleben besonders hervorgehoben. Aber Wanzleben sollte überall sein, wo es irgendwie geht.
Von den 18 Teilnehmerstädten der IBA Stadtumbau Sachsen-Anhalt 2010 beschäftigt sich nämlich nur Wanzleben mit dem Thema „Urbane Familienfelder“. Dabei merkte der Lenkungsausschuss der IBA in seiner letzten Sitzung am 16. November 2005 selbst bei dem Thema in Wanzleben an, dass unbedingt noch das Sozialministerium einbezogen werden müsse, um die Vorschläge praktikabel umsetzbar zu machen. Also kann man nicht davon reden, dass wir das Ziel und die Forderungen isoliert und nicht sachgerecht betrachteten. Das tut vielmehr der Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP.
Gerade Familienpolitik - das möchte ich noch einmal besonders betonen - muss in die Finanz-, Städtebau-, Bildungs-, Kultur-, Gesundheits- und Sozialpolitik integriert werden.
Dass das die Landesregierung trotz zahlreicher Studien zurzeit nicht beachtet, wird daran deutlich, dass das Land das Modellprogramm „Soziale Stadt“ des Bundes nicht kofinanziert und somit die zur Verfügung stehenden 2,5 Millionen € für das Jahr 2005 nicht abruft,
übrigens als einziges Bundesland. Aus diesem Grund werbe ich nochmals für unseren Antrag und bitte um Zustimmung.
Da die Fraktionen der CDU und der FDP mit ihrem Alternativantrag bereits signalisiert haben, dass sie nicht einen einzigen Punkt aus unserem Antrag aufnehmen wollen, wäre als Minimum wünschenswert, dass nicht nur im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr, sondern wenigstens auch in den Ausschüssen für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport und für Gesundheit und Soziales berichtet wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Minister Daehre, ich habe Ihnen jetzt zugehört und verstehe noch viel weniger, warum Sie diesen Alternativantrag einbringen.
Sie haben alles wiederholt, was ich in meinem Antrag gebracht habe.
Ich habe eher den Eindruck, Sie ärgern sich maßlos darüber, dass wir jetzt den Antrag eingebracht haben und Sie nicht allein im Januar damit glänzen können.
Ich habe eine weitere Frage. Wenn das alles so in Ordnung ist, warum wurde dann die Ausschreibungsfrist bei dem Wettbewerb für familienfreundliche Kommunen um fast zwei Monate verlängert? Ich bin selbst in der Jury und deshalb würde mich interessieren, warum man die Ausschreibungsfrist verlängert hat, wenn Sie doch sagen, es sei alles in Ordnung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich möchte mich den Ausführungen von Frau Tiedge bis auf einen Punkt anschließen: Stärkste Fraktion wird die SPD.
Ich bitte Sie, Herr Präsident, um die Erlaubnis, meine Rede zu Protokoll zu geben.
Frau Tiedge hat Sie bereits darüber informiert, wie die Behandlung dieses Gesetzentwurfes in den Ausschüssen ablief; von einer Beratung kann nicht gesprochen werden.
Bis zum heutigen Tag hat uns kein Vertreter von CDU und FDP erklären können, warum in der Sitzung des Rechtsausschusses im Oktober 2005 um eine nochmalige Verschiebung gebeten wurde. Angeblich bestand bei CDU und FDP noch Beratungsbedarf. Meine Herren und Damen von CDU und FDP, dafür hatten Sie bereits zwei Jahre Zeit. Das Gesetz wurde bereits im Jahr 2003 in den Landtag eingebracht.
Für uns liegt der Schluss nahe, dass nicht in einer Landtagssitzung, in der ein Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Umweltinformationsgesetz auf der Tagesordnung stand, die Ablehnung des Informationszugangsgesetzes durch CDU und FDP deutlich werden sollte.
Schauen wir uns einmal die Entwicklung in anderen Bundesländern und Europa an, so stellen wir fest, dass es bereits in vier Bundesländern ein Informationsfreiheits- oder Zugangsgesetz gibt. Die Erfahrungen anderer europäischer Länder haben bereits gezeigt, welche Positiveffekte ein solches Gesetz erzielen kann. In skandinavischen Ländern führt man den Rückgang der Zahl von Korruptionsfällen auf die Einführung des Informationsfreiheitsgesetzes zurück.
Auch im Bund wurde in diesem Jahr ein Informationsfreiheitsgesetz verabschiedet. Dank der FDP konnte der Gesetzentwurf im Juli dieses Jahres den Bundesrat passieren. Was Sie im Bund ermöglicht haben, blockieren Sie hier im Land. Die FDP begründet ihr Nein zu diesem Gesetzentwurf damit, dass erst einmal eruiert werden müsse, welche Informationsrechte für die Bürger bestünden.
Meine Damen und Herren! Dazu haben wir Ihnen schon zwei Jahre lang Zeit gegeben. Die Bilanz liberaler Politik in Sachsen-Anhalt spiegelt sich in der heutigen Tagesordnung wider: Zustimmung bei der Verschärfung des Verfassungsschutzgesetzes und Ablehnung des Informationszugangsgesetzes durch die FDP.
Wir hörten im Ausschuss wiederholt als Einwände gegen ein solches Gesetz die allgemeinen Bedenken, dass dieses Gesetz einen unvorhersehbaren Mehraufwand an Bürokratie erfordern würde. Im gleichen Atemzug wird aber von der CDU angeführt, dass es kaum Anwendungsbedarf für dieses Gesetz zum Beispiel in Schleswig-Holstein gab, da dort nur wenige Anträge gestellt wurden - dann kann es aber auch keinen wesentlichen Mehraufwand geben. Da muss man sich in der Argumentation schon entscheiden.
Die relativ geringe Anzahl der Anträge auf Zugang zu Informationen ist sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass die Bevölkerung von diesen gesetzlichen Möglichkeiten noch zu wenig Kenntnis hat.
Der Anspruch auf Zugang zu Informationen wäre durch dieses Gesetz auch nicht vorbehaltlos geregelt gewesen. Unter bestimmten Voraussetzungen hätte ein Antrag auf Zugang zu Informationen abgelehnt werden können, wenn dem Informationsgesuch öffentliche Interessen, die Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung, behördliche Entscheidungsprozesse oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder der Schutz personenbezogener Daten entgegenstehen.
Aber zu einer inhaltlichen Diskussion über diesen Gesetzentwurf kam es in den Ausschüssen leider nicht. Frau Tiedge hat uns aber schon versprochen, dass dieses Thema auch den nächsten Landtag wieder beschäftigen wird.
Somit haben wir in dieser Legislaturperiode die Chance vertan, für Sachsen-Anhalt ein fortschrittliches Gesetz einzuführen, das für mehr Transparenz in der Verwaltung gesorgt hätte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Seit dem Jahr 2000 werden die Beratungsangebote der Kinder- und Jugendtelefone und seit dem Jahr 2004 die Elterntelefone vom Land gefördert. Mittlerweile erfolgt die Förderung auf Vertragsbasis, um für die Träger eine Planungssicherheit zu haben und eine entsprechende Qualität gewährleisten zu können. Seit dem Sommer dieses Jahres geraten die Träger aber immer wieder in finanzielle Schwierigkeiten, da die monatlichen Zuwendungsraten nicht mehr pünktlich und in voller Höhe gezahlt werden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Was sind die Ursachen für die unvollständigen Zahlungen?
2. Wie gedenkt die Landesregierung die akute Finanzsituation der Träger zu beseitigen, damit diese ihre anerkannte und überaus wichtige Beratungsarbeit fortsetzen können?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Wolpert hat es vorhin schon gesagt: Der SPD-Fraktion muss die Beschlussempfehlung des Ausschusses zum Antrag zur Legalisierung der anonymen Geburt leider ablehnen. Ich möchte ausdrücklich klarstellen, dass wir uns grundsätzlich für die Legalisierung
aussprechen. Wir lehnen aber ausdrücklich den in der Beschlussempfehlung vorgeschlagenen Weg ab, der eine Pflichtberatung der Frau vorsieht.
Die Diskussion über die Legalisierung der anonymen Geburt, die wir im Ausschuss für Recht und Verfassung geführt haben, hat gezeigt, dass es aus rechtlicher Sicht sehr schwierig ist, eine gesetzliche Regelung zu finden. Es wird in Rechtspositionen der Eltern und der Kinder in gravierender Weise eingegriffen. Auf der einen Seite steht das Recht eines jeden Menschen auf Kenntnis seiner biologischen Abstammung, auf der anderer Seite das Leben des betroffenen Kindes.
Darum geht es: Durch die Legalisierung der anonymen Geburt soll verhindert werden, dass Frauen Kinder in der Illegalität gebären und zum Äußersten greifen und aus der Notsituation heraus ihre Kinder möglicherweise aussetzen oder umbringen. Es geht auch um die Gesundheit der Mütter, die bei der Legalisierung der anonymen Geburt ärztliche Hilfe und medizinische Versorgung in Anspruch nehmen können.
Kommen wir zu dem Punkt in der Beschlussempfehlung, an dem wir Anstoß nehmen, der Pflichtberatung. Ein Beratungsangebot wird auch von der Bundestagsfraktion der SPD begrüßt, eine Beratung, die der Frau Alternativen und Perspektiven aufzeigt. Dabei soll es sich aber eben um ein Beratungsangebot handeln und nicht um eine Pflichtberatung.
Man darf bei der Diskussion nicht vergessen, dass es sich um Frauen handelt, die sich in Not- und Konfliktsituationen befinden. Vergegenwärtigt man sich diese Situation, wird durch die Forderung nach einer Pflichtberatung die Schwelle für diese Frauen erhöht, sodass die eine oder andere von dem Angebot der anonymen Geburt Abstand nehmen wird.
Die Frau muss sich nach dem Gesetzentwurf, der im Bundesrat liegt, eine Bescheinigung über die Beratung geben lassen und diese bei der anonymen Geburt vorzeigen - dies alles in einer absoluten Notsituation für die Frau. Da wir dies für falsch erachten und damit die gesamte Legalisierung der anonymen Geburt gefährdet sehen, lehnen wir eine Beschlussfassung in der vorliegenden Form ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, auch ich möchte um die Erlaubnis bitten, meine Rede zu Protokoll zu geben.
Wir haben es uns in der Fraktion mit der Frage des Abstimmungsverhaltens zu der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zur Reformierung des Gerichtsvollzieherwesens nicht leicht gemacht. Natürlich haben auch wir uns als SPD-Fraktion mehrfach mit den Vertretern des Berufsverbandes der Gerichtsvollzieher getroffen. Diese warben sehr intensiv und engagiert für ihr Anliegen der Reformierung des Gerichtsvollzieherwesens.
Unbestritten ist, dass das Vollstreckungswesen in Deutschland in seiner jetzigen Form nicht sehr effektiv ist und es für Gläubiger ein ziemlich beschwerlicher und vor allem meist langer Weg ist, Forderungen geltend zu machen bzw. diese erfolgreich zu vollstrecken. Es besteht dringender Handlungsbedarf, der aber zum Beispiel auch das Insolvenzrecht mit umfassen sollte. Wir sollten also weiterhin, auch unabhängig von der schwierig umzusetzenden Realisierung des Beleihungsmodells, über einzelne Reformschritte nachdenken.
In den intensiven Diskussionen in unserer Fraktion zu dem Thema der Reformierung des Gerichtsvollzieherwesens spiegelte sich die gesamte Meinungsvielfalt wider, die derzeit im gesamten Bundesgebiet vertreten wird. Wir haben uns zunächst mit der Frage befasst, ob Gerichtsvollzieher zukünftig als Beliehene auftreten sollen, ähnlich den Notaren zum Beispiel, so wie es Punkt 1 der Beschlussempfehlung vorsieht.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat das Reformmodell der Beleihung entwickelt. Das Bundesjustizministerium meldet aber rechtliche Bedenken an. Es handelt sich bei den Aufgaben der Gerichtsvollzieher um hoheitliche Aufgaben, die auch Grundrechtseingriffe umfassen. Das Bundesjustizministerium vertritt die Ansicht, dass diese Aufgaben nicht durch Private bzw. Beliehene ausgeführt werden können und weiterhin durch Beamte wahrgenommen werden sollen. Diese rechtlichen Bedenken sind auch von Mitgliedern unserer Fraktion geteilt worden und sind natürlich nicht so einfach vom Tisch zu wischen.
Einig sind sich aber alle Beteiligten darin, dass es zur Umsetzung dieses Beleihungsmodells einer Grund
gesetzänderung bedarf. Es wird also spannend zu beobachten sein, was in den Koalitionsverhandlungen in Berlin im Einzelnen vereinbart wurde, ob nicht eventuell diese Frage schon Gegenstand der Beratungen war.
In der Diskussion ist auch nicht die Tatsache zu vernachlässigen, dass die Umsetzung des Beleihungsmodells zu einer beträchtlichen Gebührenerhöhung führen würde. Der Diskussionsprozess ist im Einzelnen also noch nicht abgeschlossen. Viele Fragen sind momentan noch offen und Details noch nicht ausgereift. Die BundLänder-Arbeitsgruppe wird im Jahr 2006 erneut in der Justizministerkonferenz berichten und erste Gesetzesvorschläge erarbeiten und vorlegen. Spätestens dann werden wir uns wieder mit diesem Thema zu beschäftigen haben.
Wir hatten im Ausschuss darum gebeten, dieses Thema nicht durch die Beschlussempfehlung abzuschließen und eine weitere Behandlung vorzusehen. Diesem Wunsch wurde aber leider nicht entsprochen. Da der Antrag im Landtag zu einer Zeit verabschiedet wird, in der die Beratungen auf Bundesebene erst zu laufen beginnen, erfolgt die Verabschiedung des Antrags unserer Ansicht nach zum falschen Zeitpunkt. Daher wird sich die SPD-Fraktion bei der Abstimmung der Stimme enthalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Frau Kollegin Wybrands, ich würde Ihnen Folgendes zur Lektüre empfehlen: Es ist heute, glaube ich, ein Brief von der Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände an alle, die in den entsprechenden Ausschüssen sind, eingegangen. Darin wird davon gesprochen, dieses Gesetz hätte den Zweck, den Beamten im Ministerium ihren Arbeitsplatz zu erhalten - so würde ich es sinngemäß sagen.
Meine Damen und Herren! Sie können sich wahrscheinlich noch daran erinnern, dass Herr Kollege Stahlknecht den Gesetzentwurf bei der Einbringung als einen Mei
lenstein auf dem Weg zur Rechtsvereinfachung bezeichnete.
Doch dann - das muss ich jetzt einfach so sagen - kam der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst; er kam, sah und siegte. Nach mehreren kontroversen Gesprächen mit dem Justizministerium und einem klärenden Gespräch mit den rechtspolitischen Sprechern wird hier heute nur noch ein ganz kleines Kieselsteinchen auf dem Weg zu einem einfachen Recht beschlossen.
Bestand der Gesetzentwurf bei der Einbringung noch aus 150 Artikeln, so ist jetzt nur noch die Hälfte übrig. 72 Artikel wurden im Laufe der Ausschussberatungen gestrichen. Die unzähligen Änderungen, die in den übrigen Artikeln vorgenommen wurden, möchte ich erst gar nicht erwähnen.
Ich bleibe dabei, der Gesetzentwurf stellt lediglich eine Rechtsbereinigung dar und dient leider nicht der Rechtsvereinfachung. Es ist schade, dass diese Chance vertan wurde. Denn der Grundgedanke, der hinter diesem Gesetz steckt, wird von uns ausdrücklich begrüßt. Es ist richtig und wichtig, das bestehende Recht für die Bürger zu vereinfachen und verständlicher zu machen. Die Rechtsanwendung soll eben nicht nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Juristen sein.
Der Hauptkritikpunkt bleibt für uns, dass mit diesem Gesetzeswerk das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Sachsen-Anhalt als Vollgesetz gestrichen wird.
Sie, Herr Minister Becker, verkünden, dass hiermit angeblich ein Gesetz um 97 Paragrafen reduziert wird und dass zukünftig auf das Bundesgesetz verwiesen wird. Wie bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfes festgestellt wurde, wird lediglich die Sammlung der Gesetze des Landes Sachsen-Anhalts dünner. Statt wie bisher mit einem Gesetz arbeiten zu können, muss man zukünftig auf zwei Gesetze zurückgreifen. Das verstehe, wer will.
Der Rechtsanwender wird eher irritiert sein. Gerade hierbei wäre es wichtig gewesen, den Bürgern ein Gesetz ohne Verweisungen zu erhalten. Gerade in diesem Erhalt würde sich zeigen, dass wir verständliche Gesetze für die Bürger machen, nicht nur für die Fachleute.
Wie verwirrend das Ganze in Zukunft ablaufen wird, zeigt sich an der Beschlussempfehlung. In der abschließenden Beratung im Ausschuss für Recht und Verfassung wurde mit einem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP eine Übergangsvorschrift eingebaut, da im bisherigen Gesetzgebungsverfahren nicht berücksichtigt worden war, dass in zahlreichen anderen Gesetzen auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes verwiesen wird, das es dann nicht mehr geben wird.
Wenn der Rechtsanwender zukünftig in ein spezielles Gesetz, zum Beispiel in das Landesjagdgesetz, schaut, wird er darin die Verweisung auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes lesen. Er wird dieses Gesetz aufschlagen und wird den entsprechenden Paragrafen suchen, auf den verwiesen wird, zum Beispiel § 34 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Verwundert wird er sich die Augen reiben und feststellen, dass das Gesetz nur noch aus sieben Paragrafen besteht.
Nun muss er nur noch die Hürde nehmen und in § 7 der Übergangsvorschrift schauen. Wenn er auch das ge
schafft hat und sich mit dieser Vorschrift vertraut gemacht hat, dann kann er in das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes schauen. Meine Damen und Herren Kollegen, ist das jetzt einfacher?
Es gilt an diesem Punkt auch zu bedenken, dass mit der dynamischen Verweisung auf das Bundesrecht nicht mehr der Landtag von Sachsen-Anhalt inhaltlich über das Verwaltungsverfahrensgesetz entscheidet; er gibt diese Gesetzgebungsbefugnis freiwillig an den Bundesgesetzgeber ab.
Abschließend möchte ich für meine Fraktion feststellen: Auch wir sind natürlich für eine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung. Unsere Kritik an diesem Gesetz richtet sich vielmehr dagegen, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes aufgehoben wird. Wenn unser Änderungsantrag - davon bin ich im Augenblick gar nicht mehr so stark überzeugt - keine Mehrheit finden wird, werden wir uns bei der Gesamtabstimmung der Stimme enthalten. Das tun wir aber nur dann, wenn der Antrag wirklich nicht durchkommt. - Danke schön, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beim aufmerksamen Lesen der Antwort der Landesregierung drängten sich mir unweigerlich Parallelen zu den Antworten auf unsere Große Anfrage zu Stand und Perspektiven der Arbeitsmarktpolitik und der Kinder-,
Jugend- und Familienpolitik in Sachsen-Anhalt aus dem Jahr 2003 auf. Damals konnte man auf den ersten Blick vermuten, die Landesregierung präsentiere uns auf immerhin 164 Seiten ihre Zukunftsperspektiven zur Wirtschafts-, Familien- und Jugendpolitik. Wer jedoch bei der Lektüre der Antworten über das Deckblatt hinauskam, musste enttäuscht werden. Fast 70 % dieser umfangreichen Antwort bestanden aus unkommentierten Statistiken. Die restlichen 30 % beinhalteten Mittelstreichungen und nichts sagende Allgemeinplätze.
Aus den uns vorgelegten Antworten blieb uns seinerzeit die traurige Erkenntnis, dass der Landesregierung perspektivlose Mittelstreichungen als Konzept ausreichten.
Inzwischen sind seit unserer Anfrage zwei Jahre vergangen und wir müssen feststellen, dass sich die Bilder gleichen. Auch Frau Kollegin von Angern konnte in den Antworten der Landesregierung zur Kinder- und Jugendförderung leider oft nur Lippenbekenntnisse entdecken; denn das, was in der Kinder- und Jugendpolitik wirklich bewegt werden kann, wird aufgrund weiterer Mittelkürzungen immer schwieriger.
Wie Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, die Perspektiven für die Kinder und Jugendlichen sehen, wäre wirklich interessant; denn Sie, Herr Kollege Kurze, als kinder- und jugendpolitischer Sprecher versuchen lieber, von den eigenen Versäumnissen abzulenken, statt positive Beispiele zur Kinder- und Jugendförderung Ihrer Partei und Ihrer Landesregierung zu benennen. Oder haben Sie in Ihrer Pressemitteilung Bund und Land verwechselt?
Ich nehme Ihnen gern ab, dass es nicht gerade angenehm ist, nichts gegen die Kürzungspolitik des Ministers unternehmen zu können. Mich würde wirklich einmal interessieren, wie Sie der Jugend Zuversicht vermitteln wollen, wenn man die Politik der Landesregierung ansieht; denn die Beantwortung der Großen Anfrage spricht eine deutliche Sprache. Dabei steht doch im Koalitionsvertrag von CDU und FDP - das meine ich jedenfalls gelesen zu haben -, dass die Jugend der wichtigste Zukunftsfaktor in diesem Land ist.
Herr Kurze, die rot-grüne Bundesregierung braucht sich hinter ihren Leistungen insbesondere auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpolitik nicht zu verstecken.
Anders nämlich als Ihre Vorgängerregierung unter Helmut Kohl hat die Bundesregierung unter Gerhard Schröder neben einer deutlichen Kindergelderhöhung auch dem wachsenden Mangel an Ausbildungsplätzen und der hohen Jugendarbeitslosigkeit nicht tatenlos zugesehen
und - was ich besonders wichtig finde - die Schuld nicht - wie man es heute wieder lesen konnte - den Jugendlichen zugeschoben.
Seit dem Jahr 1998 hat die Bundesregierung zum Beispiel den Pakt für Ausbildung zusammen mit der Wirtschaft auf den Weg gebracht.
Die Wirtschaft will jährlich 30 000 neue Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Im Jahr 2004 waren es allein rund 59 500 neue Ausbildungsplätze. Zusätzlich wurden 180 Berufe und damit die zu ihnen führende Ausbildung modernisiert, damit sie den Erfordernissen der Wirtschaft besser entsprechen. Mit dem Programm „Ausbildungsoffensive 2005“ wurden zusätzliche Ausbildungsplätze mobilisiert. Es gibt ein Beispiel: Auch in der Bundesverwaltung - davon könnte sich die Landesverwaltung auch eine Scheibe abschneiden - hat man die Zahl der Ausbildungsplätze um 30 % erhöht.
Ich weiß, dass ich jetzt einen schwierigen Bereich anspreche: Bei aller Kritik an Hartz IV - es ist eine bessere Betreuung und individuelle Beratung von ausbildungs- und arbeitsplatzsuchenden Jugendlichen möglich.
Rund 180 000 junge Menschen konnten in diesem Jahr aus der Sozialhilfe in die Arbeitsvermittlung geholt werden.
Natürlich reichen die Anstrengungen immer noch nicht aus. Es gilt weiterhin, um einen Arbeitsplatz für jeden jungen Menschen zu kämpfen. Dabei müssen wir alle an einem Strang ziehen.
Allein diese wenigen Beispiele machen deutlich, dass die Bundesregierung wirkungsvoll gegen Jugendarbeitslosigkeit kämpft und die Jugendlichen nicht in der Sozialhilfe versauern lässt. Und dann sprechen Sie, Herr Kurze, davon, dass Rot-Grün an den Kindern und Jugendlichen vorbeiregieren würde.
Zweifellos muss sich das Bild der Kinder und Jugendpolitik in Zeiten knapper Kassen, des Geburtenrückgangs, der Abwanderung sowie anhaltend hoher Arbeitslosigkeit verändern. Das ist bekannt. Aber ohne den Hauch einer Konzeption dazustehen, ist für eine Landesregierung schon peinlich.
Im Zuge der demografischen Entwicklung und des prognostizierten Fachkräftemangels sind insbesondere auch die Unternehmen gefordert, unter anderem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, um verstärkt Frauen und vor allem junge Frauen als Arbeitskräfte zu gewinnen.
Familienfreundliche Arbeitszeiten, Kinderbetreuungsmöglichkeiten und flexible Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten werden auf der Unternehmerseite immer wichtiger. Dabei wird vor allen Dingen auch von der Wirtschaft zu wenig getan. Hierfür sind insbesondere umfangreiche und flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten, betriebliche Kindertageseinrichtungen, Horteinrichtungen, die Einrichtung von Telearbeitsplätzen oder die Gewährung von Wiedereingliederungshilfen nach der Familienphase wichtige positive Ansätze. Ich möchte an dieser Stelle auch nicht die Bemühungen der Bundesregierung, Ganztagsschulen auch in Sachsen-Anhalt zu etablieren, vergessen.
Es wird aufgrund der Veränderung der Wirtschaftsstruktur immer wichtiger, dass das Qualifikationsniveau nicht hinter den Anforderungen des Arbeitsmarktes zurückbleibt. Erkennbare Qualifikationslücken müssen geschlossen werden. Doch was passiert in Sachsen-Anhalt?
Die Antwort auf die Frage, wie die weniger werdenden finanziellen Mittel verantwortlich und qualitativ wertvoll eingesetzt werden können, welche Perspektiven wir unseren Kindern und Jugendlichen anbieten, bleibt die Landesregierung wieder einmal schuldig. Für die Landesregierung sind die Arbeitsmarktpolitik sowie die Kinder-, Jugend- und Familienpolitik Schönwetterpolitik. Dass mit einer zukunftsorientierten Arbeitsmarkt- und Familienpolitik die Grundlagen für einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung geschaffen werden, wird noch zu wenig beachtet. Wer diese Zusammenhänge nicht erkennt, der schafft schlechte Zeiten für unser Land mit gravierenden Auswirkungen für unsere Zukunft.
Des Weiteren gehört in diesen Bereich der Abbau der Kinder- und somit der Familienarmut. Die langfristigen volkswirtschaftlichen Folgen, wenn Kinder dauerhaft in einem von Armut geprägten Milieu aufwachsen, sind schrecklich. Kinder dürfen nicht dauerhaft von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben mit Bildung, Kultur, Freizeit und Sport ausgeschlossen werden. Genau das passiert aber, wenn man gerade hierfür die Mittel kürzt.
Bei Ihnen, meine Damen und Herren der Landesregierung, ist die Kinder- und Jugendpolitik keine Querschnittsaufgabe, wie in der Vorbemerkung der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage benannt, sondern zum Rand- und Sparthema geworden.
Sparen am falschen Ende kann aber gerade mit Blick auf die Abwanderung junger Menschen fatale Folgen für unser Land haben.
Was wissen wir nach den Antworten über die Perspektiven der Landesregierung für die Kinder- und Jugendpolitik?
Blumige Ausführungen bringen unseren Kindern und Jugendlichen gar nichts. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Wissen Sie, Frau Präsidentin, der Minister Kley hat mich in der letzten Sitzung in eine so peinliche Situation gebracht, und das in einer verantwortlichen Position als Minister, dass ich seine Frage nicht beantworten möchte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Diese Debatte läuft unter dem Motto „Alle Jahre wieder“. CDU/CSU und FDP werden nicht müde, ihre althergebrachten Forderungen nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts zu wiederholen. Aber wen wundert das schon so kurz vor der Wahl?
Da werden die alten Ladenhüter wieder hervorgezaubert und die alten Forderungen neu aufgelegt.
Herr Kosmehl, es zieht sich eben wie ein schwarzer Faden durch die Politik. Aber dadurch, dass man Forderungen wiederholt, werden sie auch nicht besser und richtiger.
Forderungen nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts sind durch nichts zu begründen - weder durch die Entwicklung der Kriminalität noch durch wissenschaftliche Forderungen. Wie der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom Mittwoch zu entnehmen war, werden nach einem Bericht des Landeskriminalamtes weniger Jugendliche kriminell. Auch die polizeiliche Kriminalstatistik des Bundes belegt, dass die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen stagniert und dass die Zahl der tatverdächtigen Kinder gesunken ist, im Jahr 2004 gegenüber 2003 sogar um 8,4 %.
Dieser Trend spiegelt sich in der Kriminalstatistik des Landes wider. Nun möchte ich nicht mehr im Einzelnen darauf eingehen. Dazu sind die Positionen der SPD auch hinreichend bekannt.
Wir sehen aber andere Ansätze für die effektive Bekämpfung der Jugendkriminalität. Es muss die Präventionsarbeit und es müssen die Nachsorgemaßnahmen verstärkt werden. Das ist bekanntermaßen, Herr Minister Becker, auch eine Forderung des Landespräventionstages gewesen. Es gibt nämlich in Sachsen-Anhalt bereits erfolgreiche Modelle, die wirksame Ansätze zur Bekämpfung der Jugendkriminalität beinhalten.
Beispielhaft zur Vermeidung von Rückfalltaten möchte ich das Haus Eisenhammer in Tornau im Landkreis Wittenberg nennen. Das Konzept besteht darin: Statt jugendliche Straftäter in der Untersuchungshaft unterzubringen, werden sie bis zur Gerichtsverhandlung konsequent pädagogisch und sozial betreut. - Die Rückfallquote ist bei diesen Betreuten wesentlich geringer.
Die im Jahr 2004 vom Bundesjustizministerium veröffentlichte Rückfallstatistik ergibt, dass die Rückfallquote bei Tätern, die zu einer Jugendstrafe ohne Bewährung verurteilt wurden, besonders hoch war. Es muss also auch die Arbeit mit den Tätern im Strafvollzug verstärkt werden. Es müssen die Möglichkeiten der Aus- und Weiter
bildung im Jugendstrafvollzug erweitert werden, damit eine Reintegration der Jugendlichen in die Gesellschaft erleichtert wird. Frau von Angern hat den Täter-OpferAusgleich erwähnt.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal darauf aufmerksam machen, dass wir zukünftig noch mehr darauf Obacht geben müssen, dass wir genügend Mittel für die Nachsorgemaßnahmen haben. Denn wir haben - der Minister hört leider nicht zu - auch Forderungen des Sozialen Dienstes innerhalb der Justiz, die besagen: Wir müssen Nachsorgemaßnahmen durchführen. Wenn wir das nicht machen und das einfach unterlassen, werden wir gerade im Bereich der Jugendlichen immer mehr Rückfalltäter haben.
Ich denke, man sollte sich endlich auch mit einem Gesetz zur Regelung des Justizvollzugs für Jugendliche beschäftigen. Damit sollten sich die Justizminister der Länder, egal ob es A- oder B-Länder sind, verstärkt beschäftigen.
Wir stimmen dem Antrag der PDS-Fraktion zu und begrüßen eine Anhörung und eine Berichterstattung der Landesregierung in den Ausschüssen.
Frau von Angern, auch ich denke, dass der zweite Punkt des Antrages leider zu spät kommt. Denn bereits am 27. Mai 2005 hat der Bundesrat beschlossen, ein Gesetz zur Vermeidung von Rückfalltaten gefährlicher Gewalttäter in den Bundestag einzubringen. Dieser Gesetzentwurf beinhaltet zahlreiche Forderungen, wie zum Beispiel die Möglichkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei Heranwachsenden, die Sicherungsverwahrung bei Jugendlichen und Heranwachsenden, die Erhöhung des Strafrahmens auf 15 Jahre und die Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende im Ausnahmefall.
Ich denke, dieses Thema kann man nicht oft genug diskutieren. Deswegen stimmen wir diesem Antrag zu. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Vorweg auch von mir einige Worte zu den Beratungen im Untersuchungsausschuss. Im Namen der SPD-Fraktion möchte ich Ihnen, Herr Steinecke, als Vorsitzendem des Ausschusses für Ihre Verhandlungsführung danken. Der ausdrückliche Dank geht auch an die Ausschusssekretärin Frau Köhler und an Herrn Vogt vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst.
Welches Fazit müssen wir nach mehr als einem Jahr Arbeit im Untersuchungsausschuss ziehen? War es diesen Aufwand wert? Oder war es nur wieder eine politische Randaleveranstaltung der Opposition, wie es CDU und FDP heute gern sehen würden, deren Zeche der Steuerzahler zahlen muss?
Die Arbeit unseres Untersuchungsausschusses war wichtig, seine Einsetzung war richtig und geboten. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses hat die Notwendigkeit des Ministerrücktritts bestätigt.
Herr Becker, es sind schon Minister wegen weitaus weniger schwerwiegender Vorfälle zurückgetreten.
Es hätte Ihnen viel Respekt einbringen können, wenn Sie aus Ihren Verfehlungen die einzig mögliche Konsequenz gezogen hätten, nämlich zurückzutreten und den Weg für einen Neuanfang im Bereich der Justiz frei zu machen.
Aber diese Größe haben Sie nicht gehabt und das finde ich ausgesprochen bedauerlich. Sie haben mit Ihrem Verhalten dem Amt des Justizministers großen Schaden zugefügt. Auch das bleibt als Konsequenz aus dem Untersuchungsausschuss.
Meine Damen und Herren! Durch das Studium der Akten und durch die eingehende Befragung verschiedener Zeugen konnten wir tiefe Einblicke in die Amtsführung von Herrn Justizminister Becker gewinnen. Was wir dort erblicken mussten, lässt nicht den Schluss auf eine untadelige Amtsführung zu.
Der Justizminister hat sich in dem Rechtsstreit des Kollegen Poser mit der Stadt Naumburg, deren Oberbürgermeister der Herr Justizminister bekanntlich lange Zeit war, in unzulässiger Weise für die Belange des Kollegen eingesetzt. Dies war auch kein Büroversehen, wie uns der Justizminister zunächst klar machen wollte; denn er ist von seiner engsten Mitarbeiterin ausdrücklich gewarnt worden und verwendete den Ministerbriefkopf dennoch.
Der Minister der Justiz hat versucht, mit diesem Brief in den Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens und in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen. Er hat somit seine Amtspflichten verletzt.
Im Zusammenhang mit diesem Brief ergaben sich im Laufe der Beratungen des Untersuchungsausschusses
immer wieder neue Fragen, die wir im Rahmen des Untersuchungsausschusses nicht abschließend klären konnten. Eines wurde deutlich: In Naumburg existiert ein „System Becker“. Der Justizminister Herr Becker hatte als Oberbürgermeister schon in der Grundstücksangelegenheit seine Hände im Spiel. Er schloss nach vielen Jahren als Minister mit dem Brief ab, was er zu Naumburger Zeiten begann. Das sind die Fakten.
Nur, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, daran wollen Sie heute nicht mehr erinnert werden.
Sicherlich ist es bei dem Abschluss einer solchen Untersuchung nicht ungewöhnlich, sondern eher die Regel, dass deren Ergebnisse von den Regierungsfraktionen anders beurteilt werden als von den Vertreterinnen und Vertretern der Opposition.
In dem in Rede stehenden Fall könnte heute jemand, der nicht so genau hinhört, den Eindruck gewinnen, es hätte nicht einen, sondern zwei Untersuchungsausschüsse zu der Amtsführung des Justizministers gegeben. Vor einem Jahr sah das noch anders aus. Damals war die politische Zukunft des Justizministers auch in Ihren Reihen keinen Pfifferling mehr wert.
Es war Ministerpräsident Herr Böhmer, der für einen Verbleib seines angeschlagenen Justizministers sorgte. Von der Fraktion war Herr Becker längst fallen gelassen worden.
Der Ministerpräsident hat seinem Justizminister mit seiner Entscheidung aber keinen Gefallen getan; gestärkt hat er ihn mit seiner Taktik des Aussitzens jedenfalls nicht. Ebenso wenig gestärkt haben Herr Böhmer und Herr Becker das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit und die Politik.
Die Folgen für die Justiz in unserem Land sind in jedem Fall fatal. Herr Böhmer, aus Gründen falsch verstandener Solidarität mit Herrn Becker nehmen Sie ein zerrüttetes Verhältnis zu den Richtern und eine Lähmung im Justizbereich in Kauf. Die Tatsache, dass Herr Becker nach wie vor im Amt ist, ist also weniger der Lohn seiner guten Arbeit als vielmehr das Ergebnis übergeordneter strategischer Überlegungen.
Umso überraschender war es vor einigen Wochen, als man die Zeitung aufschlug, dass man lesen konnte: Der Justizminister wird in der nächsten Legislaturperiode wieder für das Amt des Justizministers zur Verfügung stehen, wenn man ihn ruft. - Ich kann nur hoffen, dass ihn niemand rufen wird; denn es wären weitere fünf verlorene Jahre für die Rechtspolitik in Sachsen-Anhalt.
Die letzten dreieinhalb Jahre waren von Stillstand geprägt. Es gab keine inhaltlichen Impulse des Ministers. Aber das ist auch nur zu verständlich; der Minister war
zu sehr mit sich und den Vorwürfen gegen seine Person beschäftigt. Er war, um einen Begriff aus Amerika zu gebrauchen, die „lame duck“, die „lahme Ente“ der Landespolitik.
Zieht man bezüglich der Arbeit des Justizministers eine Bilanz, dann wird eines besonders deutlich: Der Minister hat seine Rolle selbst nach dreieinhalb Jahren nicht gefunden. Die letzten Wochen belegen dies nur zu deutlich. Als Beispiel ist das Gezerre um das Justizzentrum Magdeburg zu nennen.
Darauf, dass die Koalition den Justizminister als angesehenen Minister bezeichnet, wie Herr Stahlknecht dies vor einigen Tagen tat, und dass Herr Stahlknecht der Opposition vorwarf, wir wollten diesen angesehenen Minister durch taktische Manöver diskreditieren, möchte ich nur erwidern, dass der Minister sich mit seinem Fehlverhalten, dem Amtsmissbrauch bereits vor langer Zeit selbst diskreditiert hat und dass er dies mit Äußerungen in der jüngsten Zeit wie zum Beispiel der Bezeichnung der Mitarbeiter im Justizvollzug als „Maden im Speck“ kontinuierlich weiter vorantreibt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Nein, danke.
Nein.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anlass unseres Antrages war der in der Presse ver
öffentlichte Vergleich des Sozialgerichtes Magdeburg, in dem in einem nicht veröffentlichten Beitrag das Sozialgericht Magdeburg ausgeführt hat, dass für diese Verfahren auf Kürzungsrücknahme bei den Frühförderungskosten § 86a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes anzuwenden ist. Das bedeutet, dass die eingegangenen Klagen und Widerspruchsverfahren aufschiebende Wirkung haben. Das heißt auch, dass bis zum Abschluss der Verfahren die Kürzungen nicht sofort umsetzbar gewesen wären, sondern dass man erst einmal die alten Pauschalen von vor dem 31. Dezember 2004 hätte weiter zahlen müssen.
Nur zur Erinnerung: Das ist kein Einzelfall. Mittlerweile liegen bei den 17 Trägern ca. 350 Widerspruchsverfahren von Eltern betroffener Kinder vor. Nach meinem Kenntnisstand sind noch 35 gerichtliche Verfahren anhängig.
Nach Einbringung unseres Antrages gab es - wohl auch auf Druck der Liga, denn deren Vertreter haben noch einmal mit Datum vom 17. Mai die Vorsitzenden aller Fraktionen angeschrieben - eine Verhandlungsrunde mit Vertretern des Sozialministeriums und Vertretern der Liga. Bei diesen Verhandlungen ist eine Vereinbarung herausgekommen, die bislang im Entwurf vorlag. Dort heißt es unter Punkt 1:
„Für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zur Umsetzung der Landesrahmenempfehlung wird eine landesweit einheitliche Pauschale von 70 € pro Frühfördereinheit festgesetzt. Der Kostenträger verpflichtet sich, bis zum 30. Juni 2005 die insoweit noch ausstehenden Beträge an die Leistungserbringer zu zahlen.“
Nach Punkt 2 bestand auch Einigkeit darüber, den Abschluss der Landesrahmenempfehlung weiter zu forcieren.
Ich komme zu Punkt 3, der, wie ich finde, der Casus Knacktus ist. Diese Pauschale beinhaltet 60 Minuten Förderung am Kind innerhalb einer Fördereinheit. Die zusätzlich zu dieser Förderung notwendigen sonstigen Leistungen, zum Beispiel Elterngespräche, die Vor- und Nachbereitung und die Fahrtkosten, sind ebenfalls mit dieser Pauschale abgedeckt. Das heißt, es gibt eine einheitliche Pauschale von 70 € pro Frühfördereinheit, und man war sich einig, dass das innerhalb einer Fördereinheit 60 Minuten Förderung am Kind bedeutet.
Als das bekannt wurde, bin ich ziemlich unter Druck gekommen. Ich wurde tagelang angerufen und gefragt, ob ich meinen Antrag nicht zurücknehmen wollte. Die PDSFraktion hat einen Alternativantrag eingebracht, weil sie meinte, nach dieser Einigung habe sich unser Antrag erledigt, sie aber trotzdem eine Berichterstattung in den Ausschüssen wünscht. Seit gestern hat sich der Druck noch einmal erhöht, und zwar im Stundentakt. - Warum habe ich nun gesagt, wir bleiben dabei?
Es hat dann eine Pressemitteilung gegeben. In einem Artikel der „Volksstimme“ ist es ganz deutlich geworden, dass das Sozialministerium auf einmal von einem Bedarf von 45 bis 60 Minuten direkter Förderung am Kind pro Fördereinheit gesprochen hat. Das ist schon ein Unterschied zu der Regelung, auf die man sich vermeintlich unter Punkt 3 der Vereinbarung geeinigt hatte.
Ich vergaß zu sagen, dass man sich auch darauf geeinigt hatte, dass der Kostenträger bei den Verfahren, die bereits bei Gericht anhängig sind, einen Vergleich im
Sinne der Einigung herbeiführen sollte. Nun liegt mir drei Tage nach der Einigung ein erster Entwurf der Sozialagentur vor. Dem entsprechend soll vor Gericht ein Vergleich geschlossen werden, bei dem es unter Punkt 1 heißt:
„Der zeitliche Umfang der Förderung am Kind innerhalb einer Fördereinheit beträgt dabei in der Regel zwischen 45 und 60 Minuten.“
Es geht also nicht mehr - wie in der Einigung festgelegt - um eine Förderung von 60 Minuten am Kind. Vielmehr heißt es jetzt „in der Regel“ und es ist von einer Zeitspanne die Rede. Aus diesem Grunde habe ich noch einmal mit dem bevollmächtigten Anwalt gesprochen. Er sagte, auf dieser Grundlage werde er sich nicht vergleichen.
Dann ging es weiter. Es ist kein Geheimnis, dass wir ein paar Mal mit Herrn Günther von der Liga telefoniert haben. Er sagte: Mir ist egal, was in der Presse steht, ich habe mich auf die Formulierung „60 Minuten“ geeinigt, nicht auf „in der Regel 45 bis 60 Minuten“. So kam es auch.
Das Schreiben vom 25. Mai liegt allen Fraktionskollegen vor. Darin heißt es: Die Pauschale enthält 60 Minuten direkter Förderung am Kind innerhalb einer Fördereinheit. - Gemacht hat die Sozialagentur aber nach wie vor etwas anderes.
Ich muss sagen: Jetzt liegt mir seit 12.43 Uhr - das habe ich für den Kollegen Schwenke angemerkt - ein Telefax von der Liga vor, dass Herr Maerevoet unterschrieben hat.
Dort gab es auch schon eine leichte Veränderung. Es heißt nämlich nur „in der Regel 60 Minuten“.
Das Problem ist Folgendes: Wir haben eine Einigung, aber trotzdem gibt es einen Dissens zwischen dieser Einigung und dem, was die Sozialagentur tut.
Ich möchte noch „einen draufsetzen“ - das wird nicht zur Befriedung führen und auch nicht dazu betragen, die Gerichtsverfahren zu beenden -: Am 24. Mai schickte die Sozialagentur ein Schreiben an die Lebenshilfe Mansfelder Land, in dem es nicht mehr um 45 oder 60 Minuten, sondern um die Höhe der Pauschale geht. Darin heißt es:
„Da es in diesem halben Jahr nicht zu Vergütungsvereinbarungen kam, traf die Sozialagentur als seit dem 1. Juli 2004 für die ambulante Frühförderung zuständiger Sozialhilfeträger ab 1. Januar 2005 die Festlegung, dass die entsprechenden Leistungen vorläufig im Rahmen der Gewährung eines Vorschusses im Sinne von § 42 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches mit 50 € pro Fördereinheit übernommen werden.“
Das bedeutet, eine Woche nach der Einigung schreibt die Sozialagentur nicht nur von einer Spanne von 45 bis 60 Minuten, sie bleibt auch nicht bei der vereinbarten Pauschale von 70 € pro Fördereinheit, sondern sie geht wieder auf die ursprüngliche Regelung zurück, nach der 50 € gezahlt werden.
Ich kann Ihnen eines sagen: Herr Dr. Heide wird den Eltern, die sich im Widerspruchsverfahren befinden, nun anraten, das Sozialgericht anzurufen. Das hilft nicht, das
sage ich Ihnen. Ich brauche auch nicht früher aufzustehen - was Sie mir jetzt vielleicht sagen wollen -, weil alles erledigt ist. Das trägt nicht zur Befriedung der Gerichtsverfahren bei.
Damit werden Sie nicht ein einziges Gerichtsverfahren erledigen. Damit werden Sie nicht einen einzigen Vergleich erzielen. Der bevollmächtigte Anwalt hat mir versichert, er werde allen Eltern raten, die Anträge aufrechtzuerhalten und auf der Grundlage dieser unterschriebenen Einigung nicht vorschnell zu handeln, sondern abzuwarten, was die Sozialagentur nun anbieten wird. - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte es nach den Debattenbeiträgen noch einmal etwas weniger juristisch versuchen. Die meisten Eltern haben sich entschlossen, für ihre Kinder ein Widerspruchsverfahren zu durchlaufen.
Für viele Eltern ist es das erste Mal in einer schwierigen Situation; denn die Kürzungen sind sofort umgesetzt worden. Einige von Ihnen, ungefähr 40 Eltern, haben sich bereits entschieden, ein Gerichtsverfahren anzustreben. Da ist es richtig, dass die Liga verhandelt. Es ist meiner Meinung nach auch richtig, dass das Sozialministerium ebenfalls über eine Lösung verhandelt, damit sich diese Situation befriedet.
Nach dieser Einigung sollte jedoch nicht nur eine Übergangsregelung geschaffen werden, sondern es war auch das Ziel, die Gerichtsverfahren zu beenden und eine Regelung zu finden, die für alle tragbar ist, sowohl für die Eltern und die Kinder als auch für die Träger.
Nun mag es sein, Herr Rauls, dass sich der erste Satz unseres Antrags erledigt hat, aber unter dem zweiten Punkt habe ich einfach den Text des Sozialgerichtsgesetzes abgeschrieben. Ich stelle fest, dass wir nach wie vor die Widerspruchsverfahren haben und dass, wie ich ausgeführt habe, die Träger im Augenblick noch nicht angeraten haben, die Widerspruchsverfahren und die anhängigen Antragsverfahren wegen des Zustandekommens der Übergangsregelung zurückzunehmen.
Ich kann nur an den Minister appellieren, noch einmal an die Sozialagentur heranzutreten, um zu erwirken, dass sich diejenigen, die mit über die Übergangsregelung verhandelt und diese mit getroffen haben, daran halten, was noch nicht bei allen der Fall zu sein scheint. Denn
noch eine Woche nach der Einigung erging ein Schreiben an die Lebenshilfe Mansfelder Land, in dem statt der vereinbarten 70 € von rückwirkend 50 € die Rede ist.
Das führt bei den Trägern zu Unverständnis. Ich kann Ihnen sagen, Herr Minister, das führt dazu, dass wir die nächsten 40 Verfahren haben. Sie haben vor allem nicht erreicht, dass die Träger die Rücknahme der Widersprüche empfehlen, und Sie haben nicht das bekommen, was Sie eigentlich wollen, nämlich Ruhe in der Öffentlichkeit und Ruhe im Parlament. Das haben Sie mit dieser Übergangsregelung ganz gewiss nicht erreicht, wenn die Sozialagentur sich nicht an diese Vereinbarung hält. Nichts anderes will ich aufzeigen.
Ich kann nur noch einmal an Sie appellieren klarzustellen, dass man eine Einigung auf 60 Minuten Förderung am Kind mit einer Vergütung von 70 € ganz bewusst geschlossen hat. Das hat man auch getan, damit es eine Verhandlungsmöglichkeit bei den Sozialgerichten gibt, damit man Vergleiche schließen kann. Aber wenn es so bleibt, wie es jetzt läuft, werden diese Vergleiche wohl nicht geschlossen. - Ich danke Ihnen.
Gern.
Dann frage ich Sie, Herr Minister Kley: Warum haben Sie diese Vereinbarung, wenn sie noch nicht unterzeichnet war, in der Presse bereits als Vereinbarung verkündet? Man kann eine Vereinbarung auch mündlich schließen. Dazu braucht man keine zwei Unterschriften.
Das haben Sie auch getan. Sie haben im Vorfeld schon die ganze Zeit erzählt, dass das nur noch deklaratorische Wirkung hat, dass man sich inhaltlich schon die ganze Zeit geeinigt hätte und dass das, was Frau Grimm-Benne mit den Unterschriften wolle, wohl ziemlicher Quark wäre, wenn ich einmal so ungefähr Ihre Äußerungen wiedergebe.
- Gut, das mit dem Quark haben Sie nicht gesagt. Aber Sie sagten, es hätte nur eine deklaratorische Wirkung.
Deswegen können Sie mir jetzt nicht umgekehrt vorwerfen,
dass die Unterschrift der Liga noch fehlt.
Herr Gürth, ist Ihnen bekannt, dass in dem Gesetzentwurf vom April 2005 - das war nach dem Job-Gipfel - und auch in dem vom Dezember nichts von einer Beweislastumkehr stand? Ist Ihnen bekannt, was man jetzt für eine Möglichkeit hineingeschrieben hat?
Der zweite Punkt: Ist Ihnen bekannt, dass das Verbandsklagerecht der Gewerkschaften auch nicht mehr drinsteht? Sie müssten mir erklären, wie Betriebsräte - sie unterliegen dem Betriebsverfassungsgesetz - ein Verbandsklagerecht nach Ihren Vorstellungen ausüben könnten. Denn meines Wissens dürfen das Betriebsräte gar nicht.
Herr Gürth, wie gedenken Sie als CDU-Fraktion das EURecht, das uns das Antidiskriminierungsgesetz auferlegt, umzusetzen? Wie, meinen Sie, will denn Tschechien - Tschechien gehört auch in die EU - das Antidiskriminierungsgesetz einführen? Was würden Sie denn für eine Regelung vorschlagen, wenn Sie meinen, es sei der falsche Zeitpunkt?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu der gleichen Problematik. - Am 5. April 2005 fand in Magdeburg auf Einladung des Kinder- und Jugendringes Sachsen-Anhalt e. V. ein jugendpolitischer Stammtisch zum Thema „Ohne Moos nix los!“ statt. Neben den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Mitgliedsverbände nahmen auch Vertreter des Sozialministeriums, des Finanzministeriums und des Landesverwaltungsamtes teil.
Dabei wurde insbesondere über die 100-prozentige Abhängigkeit der Kinder- und Jugendarbeit des Landes von Lotto-Toto-Mitteln diskutiert. Im Februar 2005 wurden nur 87 % der den Verbänden und Vereinen vertraglich zugesicherten Mittel ausgereicht. Das führt dazu, dass einige Träger von Projekten in ihrer Existenz bedroht sind.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie gedenkt die Landesregierung die von ihr selbst propagierte Trägervielfalt zu erhalten und zu unterstützen?
2. Sieht die Landesregierung Möglichkeiten, die fehlenden Mittel aus dem Landeshaushalt zu ersetzen und wenn ja, wie?
Ja.
Ich habe zwei Nachfragen. Die eine Frage ist ganz einfach. Wann haben wir im Gleichstellungsausschuss während der Haushaltsberatungen über den Paradigmenwechsel bei der Kinder- und Jugendbildungsarbeit debattiert, und können Sie mir sagen, wann der Vermerk in den Haushaltsplanentwurf hineingekommen ist, dass die Kinder- und Jugendarbeit zu 100 % von den Einnahmen aus der Konzessionsabgabe abhängig ist?
Meine zweite Frage betrifft die Finanzierung über die Titelgruppe 62. Nach meinem Kenntnisstand hat die Vertreterin des Landesverwaltungsamtes bei dem jugendpolitischen Stammtisch gesagt, dass man nicht mehr als
100 000 € aus der Titelgruppe 62 herausnehmen kann, weil sonst bereits bestehende Projekte nicht mehr finanziert werden können. Deswegen muss hier noch einmal die Frage gestellt werden: Woher werden die fehlenden Mittel dann genommen? Denn es geht anscheinend nicht über die Titelgruppe 62.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer von Ihnen gestern das „HeuteJournal“ gesehen hat. Es ging darum, dass in der Familienpolitik des Bundes endlich die Rangfolge erkannt worden ist; die Familienpolitik ist auf Platz eins. Herr Bundeskanzler Schröder hat gesagt: Das müssen wir jetzt anpacken.
Dazu gab es einen Gastkommentar von dem Sozialrichter Jürgen Borchert. Er hat zwei Punkte hervorgehoben, die ich an dieser Stelle ausdrücklich darstellen möchte. Es gibt schon seit längerer Zeit ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das mehr Gerechtigkeit für die Erziehungsleistungen, die Familien für die Gesellschaft aufbringen, fordert. Jürgen Borchert hat noch einmal dessen Umsetzung gefordert.
So löblich es ist, wie die Bundesregierung das jetzt angeht - das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist noch immer nicht umgesetzt. Erziehungsleistungen müssen endlich im Sozialversicherungs- und Steuersystem Berücksichtigung finden. Darüber haben wir auch diskutiert. Das findet man in einigen Ansätzen in unserem Papier.
Es geht nicht darum - um mit dieser Legende aufzuräumen, werde ich sowohl dem Minister als auch Herrn Kurze noch einmal ein Papier überreichen, dann müssen sie es nicht kopieren -, das Kindergeld abzuschaffen. Aber es wird doch erlaubt sein zu fragen, ob auf die nächste Erhöhung verzichtet werden sollte. Es wird doch auch in Ihren Reihen darüber diskutiert, auf die nächste Erhöhung zu verzichten und dieses Geld lieber für familienbezogene Dienstleistungen zu verwenden. Sie werden kein Wort finden, das besagt, dass wir das Kindergeld abschaffen wollen. Das mag sehr populistisch sein.
- Ich bitte Sie, das erst einmal richtig zu lesen.
Das, was Herr Borchert gesagt hat, hat mir auch zu denken gegeben: Na klar, wir haben die Vision, dass wir aussterben, dass wir also immer an die nächste Generation denken. Er hat aber auch gesagt, dass wir jetzt etwas für die Familien, die jetzt da sind, tun müssen, für die Kinder, die jetzt Leistungen benötigen. Er hat auch gesagt, dass wir noch nie eine so hohe Kinderarmut gehabt haben wie jetzt.
Er führt weiter aus: Wenn man über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf diskutieren will, müssen die Frauen erst einmal in den Beruf hineinkommen; erst dann kann man darüber reden, dass man die Vereinbarkeit haben will. Wie das in Sachsen-Anhalt aussieht, wissen Sie zur Genüge. Deswegen fordern wir auch eine Um
strukturierung der Familienbildung. Wir glauben eben nicht, dass Elternbriefe ausreichend sind, und wir glauben auch nicht, dass diese Briefe die Familien erreichen, die sie erreichen sollen.