Protocol of the Session on March 5, 2004

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 36. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der vierten Wahlperiode und begrüße Sie alle herzlich.

Heute hat Herr Stefan Gebhardt, Mitglied des Landtages, Geburtstag. Dazu unseren herzlichen Glückwunsch.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Glück und Gesundheit mögen ihm beschieden sein.

Ich erinnere Sie an das, was gestern schon gesagt worden ist: dass Herr Minister Professor Dr. Olbertz den ganzen Tag über und Herr Minister Dr. Daehre für die Zeit von 10 bis 15 Uhr entschuldigt sind, also an der Sitzung nicht teilnehmen können.

Die Beschlussfähigkeit des Hauses kann festgestellt werden.

Wir setzen folglich die 19. Sitzungsperiode fort. Wie vereinbart, beginnen wir mit dem Tagesordnungspunkt 6, und dann geht es mit den folgenden Tagesordnungspunkten weiter.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Haushaltsführung der Kommunen

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/1202

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 4/1394

Die erste Beratung fand in der 32. Sitzung des Landtages am 12. Dezember 2003 statt. Ich bitte nun Herrn Dr. Polte, als Berichterstatter des Ausschusses das Wort zu nehmen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat in seiner 32. Sitzung - das war am 12. Dezember 2003 - den in Rede stehenden Gesetzentwurf federführend an den Ausschuss für Inneres und mitberatend an den Ausschuss für Finanzen überwiesen.

Der federführende Innenausschuss hat sich in seiner 26. Sitzung am 28. Januar 2004 mit dem Gesetzentwurf befasst und gelangte im Verlauf der Sitzung zu der Auffassung, dass eine schnelle Beratung und Beschlussfassung notwendig seien. Bereits in der März-Sitzung sollte die zweite Lesung erfolgen.

Daher bat der Innenausschuss die kommunalen Spitzenverbände und den Landesrechnungshof um schriftliche Stellungnahmen und machte diese auch dem mitberatenden Finanzausschuss zugänglich. Als vorläufige Beschlussempfehlung wurde dem Finanzausschuss mit einem Abstimmungsergebnis von 11 : 0 : 1 ein unveränderter Gesetzentwurf zugeleitet.

Der mitberatende Finanzausschuss empfahl dem Innenausschuss neben der unveränderten Annahme des Gesetzentwurfs die Annahme einer Entschließung, in wel

cher die Landesregierung aufgefordert wird, der im Landtagsbeschluss in der Drs. 4/28/1099 B ausgedrückten Erwartung, den Kommunen und unteren Kommunalaufsichtsbehörden Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen, nachzukommen.

In der 27. Sitzung des Innenausschusses am 25. Februar 2004 standen neben dem Gesetzentwurf die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses sowie verschiedene Änderungsanträge zur Beratung an. Der Entschließung des Finanzausschusses, wie vorgenannt, folgte der Innenausschuss mit 10 : 0 : 2 Stimmen.

Ein Änderungsantrag der PDS-Fraktion, die Vorschrift des § 23 der Gemeindehaushaltordnung, der besagt, dass ein entstehender Fehlbetrag unverzüglich gedeckt werden soll, bis zum 1. Januar 2007 außer Kraft zu setzen, wurde mehrheitlich abgelehnt.

Die von den Fraktionen der CDU und der FDP eingereichten Änderungsvorschläge zum Gesetzentwurf fanden eine große Mehrheit. Unter anderem wurde zu Nr. 1 die Ergänzung „entgegen den Grundsätzen des § 90 Abs. 3“ vorgeschlagen, um den Ausnahmecharakter der Vorschrift zu verdeutlichen.

Des Weiteren wurde - ebenfalls auf Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - seitens des Innenausschusses der Genehmigungsvorbehalt gestrichen. Man war der Ansicht, dass über die kommunalaufsichtliche Entscheidung zur Haushaltssatzung auch der Haushaltskonsolidierungsprozess ausreichend gesteuert werden kann.

Mit der Änderung der Vorschrift unter Nr. 2 Buchstabe b wird auf den Verweis auf § 93 Abs. 3 verzichtet, da der Innenausschuss mehrheitlich der Meinung der Koalitionsfraktionen folgte, dass § 96 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt bereits hinreichend beschreibt, dass der Kreditrahmen ausnahmsweise über die Hälfte des durchschnittlichen Betrages der Kreditermächtigung der beiden Vorjahre hinaus erhöht werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen, den Entwurf des Gesetzes zur Erleichterung der Haushaltsführung der Kommunen in geänderter Fassung zu beschließen.

Vielen Dank, Herr Polte. - Zunächst erteile ich Herrn Minister Jeziorsky das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bei meiner Einbringungsrede zu diesem Gesetzentwurf im Dezember 2003 habe ich die schwierige finanzielle Situation der Kommunen und ihre zum Teil stark eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten bereits eindringlich beschrieben. Uns allen ist bewusst, dass sich die Situation seitdem keineswegs verbessert hat. Die kommunalen Spitzenverbände weisen nach wie vor sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene zu Recht auf die sich nicht wesentlich verbessernde Finanzlage der Kommunen in ganz Deutschland hin.

Auch die auf Bundesebene inzwischen ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der kommunalen Finanzsituation, insbesondere die Reduzierung der Gewerbesteuerumlage, erweisen sich als nicht ausreichend. Dies

gilt gerade für die ostdeutschen Kommunen, schon weil hier das Niveau der Gewerbesteuereinnahmen generell niedriger ist als in den alten Ländern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Maßnahmen des Landes allein können unter diesem Vorzeichen die Situation der Kommunen nicht entscheidend verbessern. Um das kommunale Leben nicht vollständig zum Erliegen kommen zu lassen, hat die Landesregierung in dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagen, die Vorschriften über die kommunale Haushaltsführung zu flexibilisieren. In den Ausschussberatungen ist dieser Vorschlag unterstützt worden.

Der Zeitraum, in welchem Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen zum Haushaltsausgleich führen sollen, wird deutlich verlängert. Kommunen, die über Konsolidierungsmaßnahmen nicht zu einem Haushaltsausgleich im nächsten oder einem der folgenden Haushaltsjahre gelangen können, dürfen den Haushaltsausgleich bis spätestens zum fünften dem letzten Finanzplanungsjahr folgenden Jahr organisieren.

Darüber hinaus soll den Kommunen in Zeiten vorläufiger Haushaltsführung auch der Beginn unaufschiebbarer Investitionsmaßnahmen ermöglicht werden. Hierdurch wird auch ein Beitrag zur Belebung der örtlichen Wirtschaft und zur Stützung des Arbeitsmarktes erbracht.

Im Verlauf der Ausschussberatungen ist darauf verzichtet worden, das Haushaltskonsolidierungskonzept mit einer kommunalaufsichtlichen Genehmigungspflicht zu verknüpfen. Dieser Verzicht ist gerade auch unter Deregulierungsgesichtspunkten zu begrüßen, zumal der Haushaltskonsolidierungsprozess über die kommunalaufsichtliche Entscheidung zur Haushaltssatzung ausreichend gesteuert werden kann.

Das Gesetz soll dazu beitragen, die besonderen aktuellen Schwierigkeiten der kommunalen Finanzsituation abzumildern, und ist daher bis zum 1. Januar 2007 befristet.

Selbstverständlich werden wir, wie in den Ausschussberatungen angeregt, den Kommunen schnellstmöglich Handlungsempfehlungen zur Verfügung stellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich an dieser Stelle für die konstruktiven und zügigen Beratungen in den Ausschüssen bedanken. Mit Ihrer Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf helfen Sie den Kommunen in der derzeitigen schwierigen Situation. Ich bitte Sie daher, der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu folgen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. - Die Debatte der Fraktionen beginnt mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Es spricht Herr Grünert. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem die angekündigten Entlastungen aus einer Gemeindefinanzreform des Bundes ausgeblieben sind, die Bestrebungen der Landesregierung im Bundesrat nach einer tatsächlichen Gemeindefinanzreform offensichtlich parteitaktischen Erwägungen geopfert wurden, hat sich die finanzielle Situation der Kommunen nach der Verabschie

dung des Landeshaushalts 2004 in Sachsen-Anhalt weiter dramatisch verschärft. Auch die Hoffnungen der Kommunen in Bezug auf die Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes für das Jahr 2004 wurden nicht erfüllt.

Vor diesem Hintergrund hatte die PDS-Fraktion am 12. Juni 2003 dem Landtag einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gemeindehaushaltsrechts vorgeschlagen, welcher von Ihnen, meine Damen und Herren der Regierungskoalition, in der 29. Landtagssitzung am 20. November 2003 abgelehnt wurde. Ziel war es, den Kommunen noch im Jahr 2003 Möglichkeiten zu eröffnen, den Konsolidierungszeitraum von drei auf acht Jahre zu erweitern.

Dazu wurden von den Vertretern der Koalitionsfraktionen markige Reden gehalten. Da wurde gesagt, die Regelung löse das generelle Problem nicht - Herr Maertens.

Der Innenminister führte aus, dass die Zahl der Kommunen mit bestätigten Haushalten und Konsolidierungsprogrammen wesentlich höher sei, als wir damals auf der Grundlage der Erhebungen der kommunalen Spitzenverbände ausgeführt hatten. Er sagte in diesem Kontext, dass die Kommunalaufsichten angehalten seien, das geltende Recht gegenüber den Kommunen durchzusetzen.

Oder der markige Spruch, dass die Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen sei, dass die Erfüllung der Aufgaben dauerhaft gesichert sei. Nur haben Sie, Herr Minister, nicht ausgeführt, auf welche Aufgaben Sie sich beziehen. Aus unserer Sicht bezieht sich diese Aufgabe auf die freiwilligen und die Pflichtaufgaben.

Herr Wolpert führte aus, dass wir mit der von uns vorgeschlagenen Regelung den Weg in die Schuldenfalle und die Möglichkeit, sich den Problemen nicht sofort stellen zu müssen, eröffneten. Ich werde in meiner Rede darauf noch eingehen.

Erstaunt hat uns allerdings auch der Sinneswandel der kommunalen Spitzenverbände. Während diese Verbände im Rahmen der Anhörung zu unserem Vorschlag ausführten, er sei zu kurz gegriffen, er sei keine dauerhafte Lösung, und ihn deshalb abqualifizierten, sind diese Verbände jetzt mit der von der Landesregierung vorgeschlagenen, nicht besseren und handwerklich nicht sauberen Lösung plötzlich einverstanden, sind Argumentationen wie Schuldenfalle, nicht kalkulierbare Risiken usw. nicht mehr zu hören. - Erstaunlich!

Haben die kommunalen Spitzenverbände noch zu Zeiten der tolerierten SPD-Regierung vor dem Rathaus der Landeshauptstand Magdeburg - damals ging es um eine beabsichtigte Reduzierung der allgemeinen Finanzzuweisungen um 100 Millionen DM - zu Kundgebungen aufgerufen, sind diese mutigen Aufrufe gegenüber der derzeitigen CDU-FDP-Regierung und ihren tatsächlich getätigten Absenkungen der allgemeinen Zuweisungen von rund 450 Millionen € in den letzten zwei Jahren nicht zu hören; man beschränkt sich auf Aktionen wie Lichtabschaltungen und Schließung von Rathäusern. - Welche mutiger Schritt!

(Zustimmung bei der PDS, von Frau Budde, SPD, und von Herrn Bullerjahn, SPD - Herr Gürth, CDU: Reicht Ihnen das nicht?)

- Das geht zulasten der Bürger, Herr Gürth, und ändert an der Situation nichts. Es wäre aber an Ihnen gewesen,

die Bürgermeister aufzurufen, in Berlin noch viel mehr Protest zu machen.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Das ist leider in der Form nicht wahrgenommen worden.