André Schollbach

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am vergangenen Wochenende haben Zehntausende Mieterinnen und Mieter gegen explodierende Mieten demonstriert. Viele Menschen sind in großer Sorge, ob sie sich in Zukunft noch ihre Wohnungen werden leisten können. Sie leiden darunter, dass mit ihren Wohnungen Monopoly gespielt wird, weil internationale Finanzspekulanten den Wohnungsmarkt als Spielcasino für sich entdeckt haben.
Durch die Mietenentwicklung wurde und wird die soziale Ungleichheit verschärft und die soziale Spaltung in unserem Lande vertieft. Inzwischen macht die Miete über eine Million Haushalte in den Großstädten so arm, dass sie sogar weniger Geld zur Verfügung haben als jene Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind.
Meine Damen und Herren, seitdem Deutschland von der GroKo regiert wird, sind die Mieten in 79 von 80 Großstädten gestiegen, in vielen davon sogar drastisch. Es ist also kein Wunder, dass die Wählerinnen und Wähler vor CDU und SPD in Scharen davonlaufen.
Nehmen Sie es mir nicht übel: Ich kann diese Krokodilstränen, die die SPD hier vergießt, wirklich nicht mehr ertragen. Sie halten hier große Reden, dabei sitzen Sie doch selbst mit in der Bundesregierung, und Sie sitzen auch in der Staatsregierung – warum setzen Sie denn das nicht durch, was Sie hier verkünden?
Das könnten Sie doch tun! Aber dazu haben Sie nicht den Mumm.
Meine Damen und Herren, nach den amtlichen Zahlen der Staatsregierung leben über 700 000 Menschen in Armut oder sind armutsgefährdet. Aber nicht nur diesen Menschen treibt die Frage des bezahlbaren Wohnens Sorgenfalten auf die Stirn, sondern auch jenen Mieterinnen und Mietern mit einem ganz normalen Durchschnittseinkommen. Denn in den letzten Jahren kennt die Mietenentwicklung nur noch eine Richtung, nämlich straff nach oben. Vor allem bei neuen Mietverträgen wird kräftig zugelangt: Da zieht einer aus einer Wohnung aus, ein anderer zieht ein, zahlt dann aber gleich einige Hundert Euro mehr, ohne dass irgendetwas an der Wohnung verbessert worden wäre.
Angesichts dieser Situation habe ich kein Verständnis dafür, dass die CDU-geführte Staatsregierung nach wie vor die Einführung einer Mietpreisbremse für Leipzig und für Dresden verweigert. Das wäre nach § 556 d des Bürgerlichen Gesetzbuches ohne Weiteres zulässig. Ich erwarte, dass die Staatsregierung endlich ihre ideologisch motivierte Blockadehaltung aufgibt und die Mietpreisbremse für diese beiden Städte einführt.
Ich will beispielhaft auf Folgendes verweisen: In Jena, in Erfurt, in Potsdam, in Stuttgart, in Karlsruhe, in Wiesbaden, in Münster, in Bremen, in Hannover und in Kiel sowie vielen anderen Städten gibt es die Mietpreisbremse bereits. Warum gibt es keine einzige in Sachsen? Das muss mir einmal jemand erklären.
Meine Damen und Herren, die Entwicklung des Wohnungsmarktes ist geeignet, den sozialen Frieden in unserem Lande zu gefährden.
Deshalb ist das bezahlbare Wohnen eine der wesentlichen sozialen Fragen unserer Zeit.
Wir von den LINKEN sagen: Der Wohnungsmarkt darf nicht länger den Privatinvestoren und Immobilienhaien
überlassen bleiben. Denn diese haben nur drei Dinge im Kopf: Rendite, Rendite und nochmals Rendite.
Die Mieterinnen und Mieter benötigen aber etwas anderes – nämlich bezahlbare Mieten statt fetter Renditen! Der Staat muss seiner sozialen Verantwortung nachkommen und gewährleisten, dass für alle Menschen bezahlbare Wohnungen zur Verfügung stehen. Dort, wo es nötig ist, muss er auch zum Mittel der Enteignung greifen, wie er es für den Kohlebergbau und für den Autobahnbau getan hat.
Ich denke, es ist auch bei diesem Thema nur recht und billig, dass wir dann auch zu diesem Mittel greifen, um bezahlbare Wohnungen durchzusetzen.
Meine Damen und Herren, die Menschen in Sachsen haben am 26. Mai und am 1. September 2019 eine ganz klare Wahl: Wenn sie soziale Wohnungsbaupolitik wollen, dann können sie für DIE LINKE stimmen.
Wenn sie dagegen möchten, dass die Immobilienhaie das Sagen haben, dann sollten sie CDU, FDP oder AfD wählen.
Vielen Dank.
Ich würde gern reagieren, Frau Präsidentin.
Vielen Dank. Das ist auch eine Folge Ihrer verfehlten Politik. Wenn im ländlichen Raum nicht die Buslinien gestrichen würden, wenn man dort regelmäßig von A nach B zu bezahlbaren Preisen fahren könnte, wenn dort nicht die Sparkassen geschlossen würden, wenn die Versorgung mit Ärzten im ländlichen Raum gewährleistet wäre, dann wäre dieser auch attraktiv und die Menschen würden nicht in die attraktiven rot-grün-rot regierten Großstädte flüchten müssen.
Das ist doch der Punkt. Ich will Ihnen ganz klar sagen: In Dresden ist der Leerstand inzwischen auf nahe null gesunken. Die Menschen finden tatsächlich keine Wohnungen mehr. In Leipzig ist es dasselbe Problem. Deshalb muss hier reagiert werden. Dazu haben wir ganz klare Vorschläge unterbreitet: Mietpreisbremse, Kappungsgrenzenverordnung verlängern, sozialer Wohnungsbau und, wo es nottut, auch Enteignungen. All das lehnen Sie von der CDU ab.
Ich sage es noch einmal: Die Wählerinnen und Wähler haben in diesem Jahr eine ganz klare Alternative zur Verfügung. Sie können sich entscheiden zwischen einer guten Wohnungspolitik und der Wohnungspolitik der CDU im Interesse der Immobilienhaie und Immobilienspekulanten.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Das muss man noch einmal richtigstellen. Der Totalverkauf der WOBA war ein Projekt des damaligen FDP-Oberbürgermeisters und des damaligen CDUFinanzbürgermeisters, getragen vor allem von der CDU- und der FDP-Fraktion im Dresdner Stadtrat. Wir als LINKE haben dazu stets eine klare Position eingenommen. Die Partei hat das per Parteitagsbeschluss entsprechend abgelehnt. Ich persönlich war dabei, ich bin auch heute noch dabei. Ich und meine Leute haben damals mit Nein gestimmt. So war es.
Vielen Dank. Sie haben eben die Mietpreisbremse als untaugliches Instrument bezeichnet. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob Sie mir beantworten können, welche Regierungskoalition das war, die im Bundestag dieses untaugliche Instrument beschlossen hat.
Sie haben eben ausgeführt, dass Sie in Sachsen keine angespannten Wohnungsmärkte sehen. Ich gehe davon aus, dass Sie das auch auf Leipzig und Dresden beziehen.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch § 556 d ist unter anderem ein angespannter Wohnungsmarkt dann gegeben, wenn es nahezu keinen Leerstand mehr gibt und die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum nicht befriedigt werden kann. In Dresden ist der strukturelle Leerstand nahe null. Auch die entsprechenden Angebotsmieten bei neu errichteten Wohnungen liegen im Mittel inzwischen
bei über 10 Euro. Deshalb würde mich einmal interessieren, wie Sie zu der Einschätzung kommen, dass es in den beiden Großstädten keine angespannten Wohnungsmärkte gebe.
Eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Ich habe mit Nein gestimmt, da ich der Auffassung bin, dass unser Rechtsstaat gegen dieses verfassungswidrige Polizeigesetz von CDU und Co. verteidigt werden muss.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Miete macht inzwischen über eine Million Haushalte in den deutschen Großstädten so arm, dass sie sogar weniger Geld zur Verfügung haben als jene Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind.
Aufgrund der Mietentwicklung wird die soziale Ungleichheit verschärft und die soziale Spaltung in unserem Lande vertieft. Seitdem Deutschland von der GroKo regiert wird, sind die Mieten in sage und schreibe 79 von 80 Großstädten gestiegen, in vielen sogar drastisch. Dazu sage ich: Es ist doch kein Wunder, dass die Wählerinnen und Wähler der SPD und der CDU angesichts dieser Bilanz in Scharen davonlaufen.
Nach den amtlichen Zahlen der Staatsregierung leben über 700 000 Menschen in Sachsen in Armut oder sind armutsgefährdet.
Aber nicht nur diesen Menschen treibt die Frage des bezahlbaren Wohnens die Sorgenfalten auf die Stirn, sondern auch jenen Mieterinnen und Mietern, die mit einem ganz normalen Durchschnittseinkommen ihre Miete bezahlen müssen.
In den letzten Jahren kennt die Mietentwicklung nur noch eine Richtung, nämlich straff nach oben.
Vor allem bei den neuen Mietverträgen wird kräftig zugelangt. Ein Mieter zieht aus einer Wohnung aus, der nächste Mieter zieht in dieselbe Wohnung, es wird nichts verbessert, und der Miethai schlägt zu, nämlich mit ein paar Hundert Euro mehr an Miete.
Angesichts dieser Situation, meine Damen und Herren, habe ich keinerlei Verständnis dafür, dass die CDUgeführte Staatsregierung nach wie vor die Einführung einer Mietpreisbremse für Leipzig und für Dresden verweigert. Das wäre nach § 556 d BGB ohne Weiteres zulässig.
Ich erwarte, dass die Staatsregierung endlich ihre ideologisch motivierte Blockade der Mietpreisbremse aufgibt.
Meine Damen und Herren! Nicht nur an dieser Stelle hat die CDU eine Politik für Miethaie und Renditegeier gemacht.
Statt zum Beispiel Geld für den sozialen Wohnungsbau auszugeben, wurde der Wohnungsabriss staatlich subventioniert. Hätte man nur einen Teil dieses Geldes für die Modernisierung statt für die Zerstörung von Wohnungen ausgegeben, bräuchten wir heute wohl kaum über Wohnungsmangel und steigende Mieten zu sprechen.
Meine Damen und Herren! Die Entwicklung des Wohnungsmarktes ist geeignet, den sozialen Frieden in unserem Lande zu gefährden. Die Frage des bezahlbaren Wohnens ist eine der wesentlichen sozialen Fragen unserer Zeit. Wir von der LINKEN sagen: Der Wohnungsmarkt darf nicht länger Privatinvestoren und Renditegeiern überlassen bleiben.
Diese haben nämlich nur drei Dinge im Kopf: Rendite, Rendite, Rendite!
Beruhigen Sie sich: Das ist ganz schlecht fürs Herz, Herr Urban!
Meine Damen und Herren! Die Mieterinnen und Mieter benötigen etwas anderes. Sie benötigen bezahlbare Mieten statt fetter Renditen.
Deshalb muss der Staat seiner sozialen Verantwortung nachkommen und gewährleisten, dass für alle Menschen bezahlbare Wohnungen zur Verfügung stehen. Dabei haben die Menschen im kommenden Jahr im Freistaat Sachsen eine ganz klare Wahl:
Wenn sie eine soziale Wohnungspolitik wollen, dann können sie DIE LINKE wählen,
und wenn sie möchten, dass Immobilienhaie und Renditegeier das Sagen haben, dann sollten sie CDU, SPD oder AfD wählen.
Vielen Dank.
(Beifall bei den LINKEN – Patrick Schreiber, CDU: Viereinhalb Jahre ist nichts passiert, Herr Schollbach! – Zurufe von der AfD – Patrick Schreiber, CDU: Meine Fresse, das glaubt er nicht mal selber, was er hier erzählt!)
Ich danke Ihnen sehr, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben vorhin die Mietentwicklung zwischen dem Vogtland und der Bayerischen Landeshauptstadt München verglichen. Dazu hätte ich eine Nachfrage: Können Sie mir etwas zu den Einkommensverhältnissen im Vogtland und in München sagen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gemeinden sind bekanntlich die Keimzellen der Demokratie, und diese Keimzellen dürfen nicht vernachlässigt werden; denn sonst kann eine Saat aufgehen, die für unsere Demokratie alles andere als wünschenswert ist. In Sachsen waren in den vergangenen Monaten entsprechende Warnsignale weder zu übersehen noch zu überhören.
Deshalb, meine Damen und Herren, müssen die Städte und Gemeinden endlich vernünftig mit Geld ausgestattet werden, damit sie ihre Aufgaben auch wahrnehmen können.
Nach dem Verständnis der LINKEN ist kommunale Selbstverwaltung etwas anderes als die dauerhafte Mangelverwaltung. Es muss endlich Schluss damit sein, dass die Städte und Gemeinden am finanzpolitischen Gängelband der Regierung geführt werden. Nicht wenige Kommunen sind kaum oder nur unter erheblichen Anstrengungen in der Lage, ihren Pflichtaufgaben nachzukommen, geschweige denn im Bereich der freiwilligen Selbstverwaltung gestalten zu können.
Zu oft erschöpft sich die Mitbestimmung von Gemeinde- und Stadträten in der Verwaltung des Mangels und der Entscheidung über die Frage, welcher Jugendklub geschlossen, bei welcher Sozialeinrichtung gekürzt oder welcher städtische Betrieb privatisiert werden soll. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger sind deshalb mit der Politik der CDU nicht mehr einverstanden. Sie lassen sich auch nicht blenden, weder von dem seit der Bundestagswahl geradezu panisch betriebenen Aktionismus noch von kleineren Geldgeschenken, die gelegentlich mit großem Brimborium verteilt werden.
Meine Damen und Herren von der CDU! Geben Sie sich diesbezüglich keiner Illusion hin: Einmal verloren gegangenes Vertrauen der Menschen lässt sich auch nicht mit Geld und wohlfeilen Ankündigungen wieder herstellen.
Ich möchte einige Zahlen zur Situation der Kommunen in Sachsen nennen. In Sachsen war zu Beginn des Jahres 2018 jede dritte Kommune ohne eine festgestellte Eröffnungsbilanz – jede dritte! Wir reden hierbei nicht von irgendwelchen Klitschen, sondern immerhin von Städten wie Annaberg-Buchholz, Hoyerswerda, Görlitz oder Weißwasser.
Die Beurteilung dieser Situation durch den Sächsischen Rechnungshof ist schlicht und ergreifend vernichtend. „... Fristüberschreitungen von zwischenzeitlich mehreren Jahren [prägen] das derzeitige Bild. Dieser Zustand ist aus Sicht des SRH inakzeptabel.“
Meine Damen und Herren! Vor Sommerbeginn war in Sachsen jede fünfte Kommune ohne einen beschlossenen Haushalt. Für all diese Kommunen, für jede einzelne, bedeutet das die vorläufige Haushaltsführung. Neue Investitionsvorhaben, etwa im Bereich der Straßen, der Kindergärten oder auch der Schulen, dürfen nicht begonnen werden.
Ich will noch einmal auf die Rechtslage verweisen: Nach § 76 Abs. 2 der Sächsischen Gemeindeordnung soll der Haushalt spätestens einen Monat vor Beginn eines Haushaltsjahres vorliegen. Dies wäre der 30. November 2017 gewesen. Nicht mehr allzu lange, und wir schreiben den 30. November 2018!
Aufgrund der allgemein positiven wirtschaftlichen Gesamtlage gelang es den Städten und Gemeinden zwar zuletzt, ihre Verschuldung etwas zu reduzieren; aber man darf hier keine Augenwischerei betreiben. Ich zitiere auch dazu aus dem aktuellen Jahresbericht des Sächsischen Rechnungshofs: „Nahezu unverändert sind jedoch 12,8 Milliarden Euro und damit mehr als 80 % der kommunalen Gesamtschulden aus den Kernhaushalten ausgelagert. Die Schulden der Beteiligungsgesellschaften wuchsen weiter. Sie sind durch die Kommunen aufmerksam zu beobachten. Hier kommt dem Gesamtabschluss besondere Bedeutung zu.“
Ich denke, diese Zahlen verdeutlichen eindrucksvoll, dass die Finanzausstattung der sächsischen Kommunen trotz der positiven Entwicklung des Steueraufkommens unter erheblichen Defiziten leidet und die rosaroten Bilder, die die Sächsische Staatsregierung zu zeichnen versucht, mit der realen Lage vieler Städte und Gemeinden wenig zu tun haben.
Jahrelang wurden seitens des Staates die Aufgaben auf die kommunale Ebene abgewälzt, ohne die dafür erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen. Die CDU-geführte Staatsregierung gibt in der Öffentlichkeit immer wieder gern den finanzpolitischen Musterknaben. Tatsächlich hat sie mit ihrer Finanzpolitik zahlreiche Kommunen in eine Situation gebracht, in der sie zur Gestaltung nur noch schwer in der Lage sind, weil eben die Verwaltung des Mangels an der Tagesordnung ist.
Statt die seit Jahren bestehenden Probleme nun strukturell anzugehen, versucht die CDU-geführte Regierung auch mit diesem Haushalt, ihre Konzeptionslosigkeit einfach zu überspielen. Das grundsätzliche „Weiter so“ verhindert aber immer mehr, dass die strukturellen Ursachen der Unterfinanzierung der Kommunen nachhaltig beseitigt werden.
DIE LINKE hat demgegenüber bereits im Frühjahr mit dem Antrag „Finanzkraft der sächsischen Kommunen jetzt stärken – Umsteuern für einen zukunftsfähigen kommunalen Finanzausgleich!“ einige Vorschläge vorgelegt. Ich will sie kurz benennen:
So erachten wir es erstens als notwendig, dass die kommunale Finanzmasse im sächsischen Finanzausgleich dauerhaft um 400 Millionen Euro zugunsten der kommunalen Ebene angepasst wird. Damit erhielte jede sächsische Kommune pro Einwohner und Jahr 100 Euro mehr Schlüsselzuweisungen zur freien Verfügung und wäre damit tatsächlich in der Lage, ihren Aufgaben nachzukommen und zu gestalten.
Zweitens schlagen wir vor, für die Landkreise und die kreisfreien Städte Regionalbudgets in Höhe von jährlich zusätzlich 10 Millionen Euro als frei verfügbare Mittel bereitzustellen. Das wären noch einmal 32 Euro je Einwohner. Dadurch könnte in der Konsequenz auf bürokratieintensive Förderprogramme verzichtet werden. Auf diese Weise würde sowohl etwas für die Entbürokratisie
rung als auch für die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung getan.
Drittens wollen wir an dieser Stelle noch einmal die Sächsische Staatsregierung auffordern, endlich die Voraussetzungen zu schaffen, um die notwendigen Anpassungen im System des kommunalen Finanzausgleichs vornehmen zu können.
Wir von der LINKEN wollen erreichen, dass die soziale und die kulturelle Infrastruktur verbessert sowie die kommunale Selbstverwaltung und damit die Demokratie in Sachsen gestärkt werden. Das, meine Damen und Herren, ist wahrlich dringend nötig.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht also um das Kommunalinvestitionsförderungsumsetzungsgesetz – welch ein Wortungetüm; so etwas können sich auch tatsächlich nur CDU und SPD ausdenken.
Wir haben in den letzten Minuten eine Menge Selbstlob aus der Koalition gehört und ich möchte diesem Selbstlob ein wenig die Realitäten in diesem Land entgegenstellen.
Wir wissen es ja – bei Ihnen scheint es noch nicht ganz angekommen zu sein –: Vielen Kommunen im Freistaat Sachsen stehen die finanziellen Probleme Oberkante Unterlippe. Nicht wenige Kommunen sind kaum oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten in der Lage, ihren Pflichtaufgaben nachzukommen, geschweige denn den Bereich der freiwilligen Aufgaben aktiv zu gestalten. Das zeigt der kürzlich erfolgte Hilferuf der erzgebirgischen Bürgermeister ebenso eindrucksvoll wie wesentliche Kennziffern. Ich will nur noch einmal auf die Verschuldung der Kommunen im Freistaat Sachsen verweisen.
Der Finanzminister hat sich kürzlich im Bereich der Schönfärberei ausgetobt, deshalb noch einmal die Zahlen: Die Kernhaushalte machen 2,9 Milliarden Euro am Ende des Jahres 2016 aus. Wenn wir die Schatten- und Nebenhaushalte dazunehmen, kommen wir auf einen Schuldenstand von sage und schreibe 15,7 Milliarden Euro zum 31. Dezember 2017.
Erschreckend ist auch der Umstand, dass zu Beginn dieses Jahres, meine Damen und Herren, in Sachsen insgesamt 296 Gemeinden – ich wiederhole: 296 Gemeinden – und drei Landkreise ohne beschlossenen Haushalt dastanden. Das entspricht einem Anteil von 70 % der Kommunen und 30 % der Landkreise. Für all diese Kommunen, meine Damen und Herren, bedeutet das die vorläufige Haushaltsführung. Neue Investitionen, etwa im Bereich der Straßen, der Kindergärten oder der Schulen, dürfen nicht begonnen werden.
Damit sind wir auch schon beim ersten Problem dieses Gesetzes. Wenn Kommunen keinen beschlossenen Haushalt haben und deshalb neue Investitionsvorhaben in Schulen nicht beginnen dürfen, nützen ihnen natürlich die Fördermittel herzlich wenig. Das zweite Problem besteht darin, dass die Kommunen einen Eigenanteil aufbringen müssen, um in den Genuss dieser Fördermittel zu kommen, was für viele ein nicht ganz unerhebliches Problem darstellt.
Die dritte Schwierigkeit will ich auch benennen. Wir sprechen hier über knapp 196 Millionen Euro. Davon bekommen die Landkreise einerseits knapp 130 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und die kreisfreien Städte 66 Millionen Euro. Das muss man einmal zu dem tatsächlichen Finanzbedarf ins Verhältnis setzen, meine Damen und Herren. Dann erst wird deutlich, wie wirkungsvoll oder wirkungslos dieses Vorhaben ist. Betrachtet man nämlich den tatsächlichen Finanzbedarf der Kommunen im Bereich der Schulen, dann stellt man fest, dass das hier angepriesene Förderprogramm in Wahrheit nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist.
Ein Beispiel: Allein die Landeshauptstadt Dresden benötigt in diesem Bereich rund 1 Milliarde Euro. Gemessen an den zu bewältigenden Aufgaben müssten den Kommunen also ganz andere Beträge zur Verfügung gestellt werden, um die Probleme anzupacken und zu lösen. Das ist der Punkt, meine Damen und Herren.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch auf ein letztes Thema zu sprechen kommen. Das Programm „Brücken in die Zukunft“ wurde bereits in der Vergangenheit künstlich zu einem Schein riesengroß gerechnet, damit sich die CDU schön darin sonnen kann. Damit sollten Probleme gelöst werden, die wir ohne die verfehlte Politik dieser Partei nicht hätten.
Nun versuchen Sie, dieses Programm erneut ein wenig aufzupimpen, indem Sie die Gelder des Bundes mit dem
Etikett „Brücken in die Zukunft“ bekleben. Landläufig nennt man das Etikettenschwindel, meine Damen und Herren. Aber ich sage Ihnen: Die Menschen lassen sich von bunten Etiketten, hübschen Schleifen und schönem Geschenkpapier nicht mehr beeindrucken. Sie schauen sich an, was in der Verpackung ist, und das ist in diesem Fall leider nicht allzuviel. Deshalb noch einmal: Wenn wir die Probleme in diesem Land lösen wollen, müssen wir die Kommunen angemessen mit Geldern ausstatten, sonst werden wir diese Probleme nicht in den Griff bekommen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gemeinden sind die Keimzellen der Demokratie, betonte das Bundesverfassungsgericht in der sogenannten Rastede-Entscheidung im Jahr 1988. Ich will heute hinzufügen: Diese Keimzellen dürfen nicht vernachlässigt werden, denn sonst kann eine Saat aufgehen, die für unsere Demokratie alles andere als gedeihlich ist.
In Sachsen waren in den vergangenen Jahren entsprechende Warnsignale weder zu übersehen noch zu überhören. Deshalb müssen die Städte und Gemeinden endlich so mit Geld ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben vernünftig erfüllen können.
Nach dem Verständnis der LINKEN ist kommunale Selbstverwaltung etwas anderes als die dauerhafte Mangelverwaltung. Nicht wenige Kommunen sind aber kaum oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten in der Lage, ihren Pflichtaufgaben nachzukommen, geschweige denn im Bereich der freiwilligen Aufgaben aktiv gestalten zu können. Zu oft erschöpft sich die Mitbestimmung von Gemeinde- und Stadträten in der Verwaltung des Mangels und der Entscheidung über die Frage, welcher Jugendklub geschlossen, welche Sozialeinrichtung gekürzt oder welcher städtische Betrieb privatisiert werden soll.
Lassen Sie mich dazu einige Zahlen nennen. Die sächsischen Kommunen waren im Jahr 2016 allein im Bereich der Kernhaushalte mit 2,9 Milliarden Euro verschuldet. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn mehr als 80 %
der kommunalen Gesamtschulden sind aus den Kernhaushalten ausgelagert.
In ihrer Not lassen viele Kommunen die Kredite von Eigenbetrieben oder städtischen Unternehmen aufnehmen. Addiert man diese Kredite zu den Schulden der Kernhaushalte hinzu, so kommt man auf einen Schuldenstand von sage und schreibe 15,7 Milliarden Euro zum 31. Dezember 2016.
Erschreckend ist auch der Umstand, meine Damen und Herren, dass zu Beginn des Jahres 2018 in Sachsen insgesamt 296 Gemeinden und drei Landkreise noch ohne beschlossenen Haushalt dastanden. Das entspricht einem Anteil von 70 % der Kommunen und von 30 % der Landkreise. Beispielhaft seien hier nur einmal genannt Aue, Döbeln, Mittweida, Zwickau, Hoyerswerda, Kamenz, Bad Muskau, Niesky, Weißwasser, Coswig, Meißen, Riesa, Dippoldiswalde, Freital, Sebnitz, Grimma und Torgau. Für all diese Kommunen bedeutet die vorläufige Haushaltsführung: Neue Investitionsvorhaben etwa im Bereich des Straßenbaus, im Bereich der Kindergärten, der Schulen dürfen nicht begonnen werden.
Ein weiterer Fakt, der Anlass zur Sorge gibt, ist der Umstand, dass zum 1. August 2017 mehr als ein Drittel der doppisch buchenden Körperschaften keine festgestellte Eröffnungsbilanz hatten. Diesen Zustand, meine Damen und Herren, bezeichnet der Sächsische Rechnungshof in seinem aktuellen Jahresbericht als inakzeptabel, und dem ist nichts hinzuzufügen.
Meine Damen und Herren, diese Zahlen, diese Fakten verdeutlichen eindrucksvoll, dass die Kommunen unter erheblichen finanziellen Problemen leiden. Jahrelang wurden seitens des Staates Aufgaben auf die kommunale Ebene abgewälzt, ohne die dafür erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen. Die CDU-geführte Staatsregierung
gibt in der Öffentlichkeit ja gern den finanzpolitischen Musterknaben. Tatsächlich hat sie mit ihrer Finanzpolitik zahlreiche Kommunen in eine Situation gebracht, in der sie zur Gestaltung kaum noch in der Lage sind, weil die Verwaltung des Mangels an der Tagesordnung ist. Es ginge aber auch anders. DIE LINKE hat dazu einige gute Vorschläge entwickelt, die ich Ihnen dann im weiteren Verlauf der Debatte vortragen werde.
Vielen Dank.
Das ist sehr freundlich, Herr Kollege Pecher. Ich sehe, Sie sind mutiger als der Kollege Patt und stellen sich.
Das ist zu begrüßen.
Ich möchte folgende Frage stellen: Ist Ihnen bekannt, dass der Sächsische Rechnungshof in seinem Jahresbericht 2017 auf Seite 43 von „kommunaler Verschuldung“ spricht und eben dort den von mir genannten Wert von 15,7 Milliarden Euro ausgewiesen hat?
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf die Verschuldung der Kommunen zurückkommen. Kollege Patt und Kollege Pecher haben vorhin versucht, uns ein bisschen hinter die Fichte zu führen, deshalb noch einmal zur Klarstellung: 2009 lag der Schuldenstand der Kommunen im Freistaat Sachsen bei 13 Milliarden Euro. Das merken wir uns. Jetzt nehmen wir die Zahl von 2016, da lagen wir bei 15,7 Milliarden Euro. Das heißt, innerhalb weniger Jahre ist der Schuldenstand der sächsischen Kommunen um mehr als 2,5 Milliarden Euro gestiegen.
So weit dazu. Die nächste Bemerkung: Wissen Sie, Herr Patt, diese endlose und ewige Selbstbeweihräucherung, dieses ständige Eigenlob der CDU geht mir dermaßen auf den Wecker.
Jahrelang hat man uns hier erzählt, wie toll die Situation an den Schulen sei. Was erleben wir jetzt? Ein Chaos, angerichtet durch die CDU, durch eine falsche Politik.
Jahrelang hat man erzählt, wie toll die Sicherheit im Freistaat Sachsen funktioniere. Was erleben wir jetzt? Eine Polizei an der Belastungsgrenze. Jahrelang hat man uns hier erzählt, wie toll die Justiz im Freistaat Sachsen sei. Was erleben wir? Eine völlig überalterte Justiz. Die Verfahren gammeln vor sich hin und kommen überhaupt nicht voran.
Jetzt erzählt man uns hier immer noch, wie gut angeblich die finanzielle Situation der Kommunen sei. Sagen Sie einmal, sind Sie nicht in der Lage, Realitäten zur Kenntnis zu nehmen? Sind Sie dazu nicht in der Lage?
Die erzgebirgischen Bürgermeister – parteilose Bürgermeister, also keine von der LINKEN – haben die Lage doch deutlich gemacht. Ich habe vorhin versucht, Ihnen ein paar Zahlen, ein paar Daten zu liefern, die das Problem beschreiben. Die erzgebirgischen Bürgermeister haben es aus ihrer Sicht beschrieben. Das muss man doch zur Kenntnis nehmen und daraus einfach einmal die Konsequenzen ziehen.
Ich habe vorhin das Bundesverfassungsgericht zitiert: Die Gemeinden sind die Keimzellen der Demokratie. – Sie jedoch gefährden eine positive Entwicklung. Sie gefährden mit Ihrer verfehlten Finanzpolitik im Kommunalbereich die Entwicklung unseres Landes, meine Damen und Herren.
Etwas zum Thema „Brücken in die Zukunft“, auch das wurde hier groß gelobt. Das Problem ist nur – man könnte denken, Sie hätten überhaupt nichts verstanden –: „Brücken in die Zukunft“ löst keinerlei strukturelle Probleme. Dafür ist es nicht gemacht, dazu ist es nicht geeignet, wie wir alle sehen.
Ich sage Ihnen, die Kommunen werden nur dann in der Lage sein, ihre Aufgaben vernünftig zu erfüllen, wenn ihnen das erforderliche Geld endlich zur Verfügung gestellt wird und sie nicht weiterhin am finanzpolitischen Gängelband der Staatsregierung durch den Freistaat geführt werden.
Genau deshalb haben wir Vorschläge entwickelt, die ich Ihnen kurz skizzieren will.
Erstens erachten wir es als notwendig, dass die kommunale Finanzmasse im sächsischen Finanzausgleich dauerhaft um 400 Millionen Euro zugunsten der kommunalen Ebene angepasst wird.
Damit erhielte jede sächsische Gemeinde pro Einwohner und Jahr 100 Euro mehr Schlüsselzuweisungen zur freien Verfügung.
Zweitens schlagen wir vor, meine Damen und Herren, für die Landkreise und die kreisfreien Städte regionale Budgets in Höhe von jährlich 10 Millionen Euro als frei verfügbare Mittel bereitzustellen. Das wären noch einmal 32 Euro je Einwohner. Dadurch könnte in der Konsequenz nämlich auf bürokratieintensive Förderprogramme verzichtet werden. Auf diese Weise würde sowohl etwas für die Entbürokratisierung als auch für die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung getan.
Drittens fordern wir, dass die Staatsregierung endlich die Voraussetzungen schafft, um die notwendigen Anpassungen im System des kommunalen Finanzausgleichs vornehmen zu können. Die alle zwei Jahre stattfindenden parlamentarischen Beratungen zum kommunalen Finanzausgleich waren wiederholt von Zusagen geprägt, sich in der nächsten Periode dem aufgelaufenen Änderungsbedarf zu widmen. Mit gleicher Regelmäßigkeit ist dieses Versprechen gebrochen worden, weil die dazu benötigten Vorarbeiten, etwa Gutachten und Untersuchungen, nicht oder nur unzureichend veranlasst wurden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend aus dem Positionspapier der Bürgermeister einen Satz zitieren: „Den Menschen in unseren Städten und Gemeinden von Mehrbelastungen, den Kürzungen von Leistungen und immer geringer werdendem Gestaltungsspielraum zu berichten – und das in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen –, ist politisch nicht glaubwürdig“. Dem ist nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren.
Ich wünsche eine Kurzintervention, Herr Präsident.
Vielen Dank. – Herr Kollege Patt hat mir vorgeworfen, ich hätte „Zahlen zurechtgebogen“. Diesen unerhörten Vorwurf kann ich so natürlich nicht stehen lassen; es wäre ein Vorwurf, der sich gegen den Sächsischen Rechnungshof richtete, denn von dem stammen die Zahlen. Herr Patt, Ihr Problem ist, dass Sie erstens offensichtlich nicht in der Lage sind, einen Saldo zu bilden, und zweitens offensichtlich nicht in der Lage sind, zwischen Kernhaushalten und der Gesamtverschuldung zu unterscheiden.
Ich verweise noch einmal darauf: Der Jahresbericht 2017, Band II Kommunalbericht, Seite 43, weist die von mir genannten Zahlen exakt aus.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute über eine etwas umfangreichere Änderung unserer Kommunalverfassung. Einiges davon ist redaktioneller Natur, einiges ist reine Symbolpolitik ohne praktische Folgen, wieder anderes ist der Versuch, die Folgeprobleme der wenig
durchdachten Einführung der Doppik auf kommunaler Ebene in den Griff zu bekommen. Einiges ist notwendig, um Fehler vorhergehender Kommunalrechtsnovellen auszubügeln, und manches ist einfach nur lächerlich.
Zwei Beispiele dazu: Es wird festgelegt, dass die kreisfreien Städte künftig Migrations- und Integrationsbeauftragte haben müssen. Allerdings gibt es diese Beauftragten in der Praxis der drei sächsischen Großstädte bereits seit über einem Vierteljahrhundert, meine Damen und Herren. Interessanter wäre schon die Beantwortung der Frage gewesen, ob es künftig auch in den kreisangehörigen Gemeinden bei einem bestimmten Anteil an Migranten derartige Beauftragte geben sollte. Dazu sagt dieser Gesetzentwurf leider nichts.
Zweites Beispiel: das Herumgeholper bei der Besetzung kommunaler Ausschüsse. Bei der vorletzten Gemeindeordnungsänderung wurde die Möglichkeit eingeräumt, kommunale Ausschüsse statt durch Wahl im Wege der Benennung nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen zu besetzen. Da auch damals mit heißer Nadel gestrickt wurde, entstanden dabei zwei unterschiedliche Regelungen für die Ausschussstellvertretung: eine einfache und vernünftige für die nach dem Benennungsverfahren gebildeten Ausschüsse und eine andere, viel weniger praktikable für die herkömmlich gewählten Ausschüsse. Für die letztgenannten war nur ein einziger Vertreter für jedes Ausschussmitglied vorgesehen, bei ehrenamtlichen Räten in der Praxis ungünstig, weil bei einem kurzfristigen Ausfall des Ausschussmitgliedes nicht selten auch der Vertreter verhindert ist, an der Ausschusssitzung teilzunehmen.
Im Falle des Benennungsverfahrens hingegen kann jedes Fraktionsmitglied ein verhindertes Ausschussmitglied vertreten, in der kommunalpolitischen Praxis, die durch die Ehrenamtlichkeit geprägt ist, eine sehr vernünftige Regelung.
Anstatt diese vernünftige Regelung zu verallgemeinern, nehmen Sie sie wieder zurück und ersetzen diese durch eine bürokratische Bestimmung, die Sie dann beim zweimaligen Nachbessern – einmal davon live im Ausschuss – immer mehr verhunzen und so die kommunalpolitische Arbeit in der Praxis völlig unnötig erschweren. Über die Eleganz von Gesetzeswortlauten und -formulierungen will ich gar nicht reden.
Es gibt im Gesetzentwurf durchaus einige brauchbare Lösungen vorhandener Probleme, aber leider deutlich mehr Verschlimmbesserungen. Es gibt unbeholfene Versuche, Probleme zu lösen, die in der Praxis niemand hatte. Darüber hat sich ja bereits der Sächsische Städte- und Gemeindetag in seiner vernichtenden Stellungnahme mit bemerkenswert deutlicher Kritik beklagt.
Unter dem Strich wird das Kommunalrecht nach der Novelle eher schlechter als besser sein. Es mehren sich die logischen Widersprüche und die Brüche in der Systematik. Das Schlimmste an diesem Gesetzentwurf sind nicht etwa nur die unbeabsichtigten Fehler, die kleinen Lässlichkeiten, sondern es sind die Verschlechterungen,
die nicht aus Versehen passieren, sondern von der Koalition ganz bewusst und mit voller Absicht herbeigeführt werden.
Ich möchte hierbei insbesondere auf die umfangreichen Änderungen zur Ortschaftsverfassung und zur Stadtbezirksverfassung eingehen. Einziger Sinn und Zweck dieser Änderungen ist ein massiver und besonders dreister Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung der sächsischen Landeshauptstadt.
Nun bestreiten die Herren Hartmann von der CDUFraktion und Pallas von der SPD-Fraktion – beide aus Dresden – immer wieder, dass es sich um eine Lex Dresden handle. Ich möchte diese Behauptung von Ihnen einmal widerlegen. Ihre Standardphrase lautet immer: Die Landeshauptstadt soll sich nicht so wichtig nehmen, die Gemeindeordnung gelte schließlich für alle sächsischen Städte und Gemeinden.
Nun, weit gefehlt, meine Damen und Herren! Es lässt sich ganz klar und eindeutig nachweisen, dass es sich ausschließlich um eine Lex Dresden handelt und dass dieses Gesetzgebungsverfahren im Sächsischen Landtag dazu missbraucht wird, um einen Beschluss des rot-grün-roten Stadtrates zu konterkarieren, mit dem die demokratische Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger gestärkt werden sollte.
Ich beweise Ihnen das noch. Herr Pecher, ich glaube, Sie sind da nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Ursprünglich wollten Sie ja, um das zu kaschieren, die Anwendbarkeit der Ortschaftsverfassung generell und landesweit einschränken. Nach dem Aufschrei der betroffenen Ortschaften aus den Landkreisen, einem Kollateralschaden Ihres Entwurfs, begrenzen Sie das Verbot jetzt auf die drei kreisfreien Städte.
Da in Leipzig, meine Damen und Herren, die Diskussionen um eine Einführung der Ortschaftsverfassung noch gar nicht so weit gediehen sind und Chemnitz nicht einmal eine Stadtbezirksverfassung hat, geht es folglich ausschließlich darum, das bereits beschlossene Vorhaben in Dresden noch auf den letzten Metern zu stoppen.
Ich will Ihnen auch beschreiben, was wir vorhatten. Es sah vor, dass mit der Einführung der sogenannten Ortschaftsverfassung, die bisher nur für die in den Neunzigerjahren eingemeindeten Stadtteile galt, diese ab 2019 stadtweit gelten sollte. Was hätte die Umsetzung dieses Vorhabens mit der Kommunalwahl 2019 konkret bedeutet?
Herr Kollege Piwarz, ich weiß, Sie regen sich wieder ein bisschen auf. Das Problem ist, dass Ihr kommunalpolitischer Sprecher, Christian Hartmann, Sie offensichtlich nicht darüber aufgeklärt hat, dass Sie in wenigen Minuten im Sächsischen Landtag ein Gesetz beschließen werden, das einen einzigen Zweck hat, nämlich den, die Beschlüsse des Stadtrates der Landeshauptstadt Dresden zu konterkarieren. Das haben Sie offensichtlich übersehen.
Deshalb zwingt er mich gerade dazu, die Konsequenzen Ihrer Gesetzgebung zu erläutern, und das werde ich auch tun, da können Sie noch so sehr dazwischen krakeelen. Ich warte.
Ich warte so lange, bis Sie sich beruhigt haben. Ich habe genug Redezeit, da müssen Sie sich keine Sorgen machen. Sie können jetzt mit Frau Kuge ins Zwiegespräch gehen und ich werde Ihnen weiter ausführen.
Meine Damen und Herren! Anstelle der vom Stadtrat eingesetzten Beiräte mit reinen Beratungsrechten hätte es künftig von den Bürgern gewählte Ortschaftsräte in den Stadtteilen mit eigenständigen Entscheidungskompetenzen gegeben.
Zweitens: Der Stadtrat und seine Ausschüsse wären von vielen Detailaufgaben, die keine stadtweite, sondern nur stadtteilbezogene Bedeutung haben, entlastet worden. Diese Detailaufgaben hätten künftig die zehn neuen Ortschaftsräte wahrgenommen. Damit wäre ehrenamtliche Arbeit sinnvoll auf mehrere Schultern verteilt worden.
Drittens: Wie die Menschen in den eingemeindeten Ortschaften hätten alle Menschen über besonders wichtige Stadtteilfragen auch durch Bürgerentscheide entscheiden können.
Und schließlich viertens: Für alle Teile der Stadt, egal ob sie schon zu Zeiten von August dem Starken zu Dresden gehörten oder ob sie vor 1945, zwischen 1945 und 1990 oder nach 1990 eingemeindet wurden, hätten die gleichen Regeln für die demokratische Teilhabe und Mitbestimmung gegolten.
All das war bereits demokratisch entschieden worden, übrigens auf der Basis von Wahlprogrammen, die den Wählerinnen und Wählern vor der letzten Wahl bekannt gewesen sind und offenkundig deren Zustimmung erfahren haben. Bei diesem Vorhaben handelt es sich nicht etwa um etwas Exotisches oder Experimentelles, sondern um etwas, das in den Stadtteilen anderer deutscher Großstädte eine schlichte Selbstverständlichkeit ist; ich verweise etwa auf die Bayerische Gemeindeordnung sowie auf jene von Nordrhein-Westfalen, Hessen und BadenWürttemberg, die ja 1993 die Blaupause für die Sächsische Gemeindeordnung war. Die einfache, klare und
vernünftige Regelung aus Baden-Württemberg schlagen wir Ihnen heute übrigens in unserem Gesetzentwurf vor. Sie wäre wesentlich sinnvoller als das, was die Koalition hier vorgelegt hat.
Was in anderen deutschen Großstädten selbstverständlicher Kernbestandteil kommunaler Selbstverwaltung ist und bis zur heutigen Gesetzesänderung auch in Dresden, Leipzig und Chemnitz möglich gewesen wäre, nämlich die Übertragung umfangreicher Kompetenzen an die Bürgerinnen und Bürger bzw. deren gewählte Vertretungen in den Stadtteilen, soll nun in Sachsen mit aller Macht verhindert werden. Was zählen da schon die Erfahrungen aus anderen deutschen Großstädten? Was zählen demokratische Entscheidungen? Schließlich haben wir die beiden Landtagspolizisten Hartmann und Pallas, die es natürlich besser wissen und dafür sogar ganz bewusst in Kauf nehmen, heute im Landtag eine Demokratiebremse für ganz Sachsen zu schaffen.
Beim Kollegen Hartmann kann ich das vielleicht noch nachvollziehen, meine Damen und Herren. Er handelt ja schließlich nicht ganz uneigennützig. Als Ortsvorsteher der Ortschaft Langebrück vertritt er ja 6 % der Dresdner Bevölkerung, die bereits jetzt in den Genuss der Ortschaftsverfassung kommen, und er will natürlich mit aller Macht verhindern, dass die große Mehrheit von 94 % der Einwohnerschaft die gleichen Rechte bekommt. Er verteidigt die Privilegien einer kleinen Minderheit von 6 %, zu der erst selbst gehört. Außerdem ist er als Chef der Dresdner CDU ganz an der Seite seiner Ratsfraktion, der so viel Demokratie ohnehin suspekt war und die auch deshalb dagegen gestimmt hat.
Demokratische Entscheidungen vor Ort, bei denen man selbst unterlegen ist, werden durch das Hineinregieren von oben korrigiert. Dieses Vorgehen sagt so einiges über das Demokratieverständnis der CDU in Sachsen aus. Das ist aber auch nicht weiter überraschend; nichts anderes haben wir erwartet.
Was sagt eigentlich Herr Pallas von der SPD? Er versucht uns allen Ernstes eine – in Anführungszeichen – verbesserte Stadtbezirksverfassung, gewissermaßen eine BonsaiVersion der Ortschaftsverfassung, als Alternative und echte Verbesserung zu verkaufen. Das mit dem Bonsai ist hier wörtlich gemeint: Die Stadtbezirksbeiräte sollen nur winzige Entscheidungsrechte erhalten, sie sollen ihren Vorsitzenden nicht selbst wählen, sondern ihn vom Oberbürgermeister vorgesetzt bekommen, und in den Rechten gegenüber dem Stadtrat sollen sie auch weiterhin deutlich gegenüber den Ortschaftsräten zurückgesetzt sein. Selbstverständlich soll den Bürgerinnen und Bürgern in den Stadtbezirken auch das Recht auf stadtteilbezogene Bürgerbegehren und Bürgerentscheide verwehrt bleiben.
Meine Damen und Herren, wir sehen: Es handelt sich um eine komplette Veralberung der Bürgerinnen und Bürger und der Öffentlichkeit; denn Sie gewähren großzügig, die ohne nennenswerte Kompetenzen ausgestatteten Stadtbezirksbeiräte mit einem hohen zusätzlichen organisatorischen und finanziellen Aufwand bei der Kommunalwahl
direkt zu wählen. Auf gut Deutsch: Die Wurst bekommt ihr nicht, aber ihr dürft trotzdem danach springen. Dies allen Ernstes als Fortschritt zu bezeichnen, dazu muss man schon Sozialdemokrat sein. Herr Pallas, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie morgens in den Spiegel schauen, aber ich verstehe jetzt besser, warum viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten vor Ort dem eigenen politischen Personal auf Landes- und Bundesebene zutiefst misstrauen.
Meine Damen und Herren, etwas anderes als die Ablehnung des Gesetzentwurfes werden Sie von uns nicht ernsthaft erwarten.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Hartmann, Sie waren ja eben etwas abgeschweift in die Niederungen der Dresdner Kommunalpolitik; deshalb möchte ich gern zurückkommen zu dem hier gegenständlichen Gesetzentwurf. Ich möchte noch einmal sehr deutlich machen, worin die Unterschiede zwischen der Ortschaftsverfassung und der Stadtbezirksverfassung bestehen, damit wir das noch einmal ganz klar vor Augen haben.
Mit der Ortschaftsverfassung ist es jetzt möglich und zulässig, auch in Großstädten – das hat die Rechtsaufsichtsbehörde bereits bestätigt, und das ist jetzt nicht eine LINKEN-Unterorganisation, sondern die Rechtsauf
sichtsbehörde ist ja dem Innenministerium mit ihrem geschäftsführenden Innenminister unterstellt –; sie hat ganz klar gesagt: Das ist im Augenblick zulässig.
Wollen wir noch einmal ganz klar sagen, was man mit der Ortschaftsverfassung erreichen kann: Mit der Ortschaftsverfassung werden in den einzelnen Teilen einer Stadt entsprechende Vertretungen direkt und unmittelbar von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Dann haben diese Vertretungen Entscheidungskompetenzen. Sie haben
Finanzmittel zur Verfügung, die sie jeweils für ihren Bereich eigenständig ausgeben können. Das macht doch gerade den Reiz aus: dass die Bürgerinnen und Bürger vor Ort ihre eigenen Mandatsträger wählen, die dann auch etwas zu entscheiden haben.
Genau das wollten wir erreichen. Das, was Sie jetzt machen – und deshalb werfen wir Ihnen das hier auch vor –, ist, dass Sie genau das verhindern und dass Sie die Bürgerinnen und Bürger hinter die Fichte führen; die veräppeln Sie. Sie sagen jetzt, liebe Bürgerinnen und Bürger – –
Nö, jetzt bin ich dran. Also, lieber Kollege Hartmann, Sie haben jetzt lange genug gesprochen; Sie können dann auch noch einmal vorgehen.
Frau Präsidentin, im Augenblick nicht.
Was machen Sie jetzt? Sie führen sie hinter die Fichte, weil Sie sagen: Liebe Bürger, ihr dürft jetzt bei den Kommunalwahlen Stadtbezirksbeiräte unmittelbar wählen – das ist ein erheblicher organisatorischer und finanzieller Aufwand –, und anschließend haben diese Vertretungen nichts zu entscheiden, nichts zu sagen. Damit führen Sie sozusagen die Menschen hinter die Fichte und Sie erweisen unserer Demokratie einen Bärendienst.
Deshalb sagen wir: Das ist falsch, und wir wollen gern die Ortschaftsverfassung einführen, so wie es im Augenblick möglich ist, und wir fordern Sie auf, es zu unterlassen, dass Sie dieses Demokratieabbaugesetz ins Werk setzen. Das ist unsere zentrale Forderung, die ich hier noch einmal aufgemacht habe.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir bleiben gleich beim
Thema, weil es so schön war. Wir von der LINKEN wollen mehr Demokratie wagen.
Gerade der Variante der sächsischen Demokratie könnte nämlich der eine oder andere positive Impuls ganz guttun, meine Damen und Herren.
Deshalb schlagen wir Ihnen verschiedene Veränderungen an unserer Kommunalverfassung vor. Sie haben jetzt also noch einmal die Gelegenheit, das, was Sie gerade falsch gemacht haben, zu korrigieren und ins Bessere zu wenden.
Was schlagen wir Ihnen vor? – Erstens. Wir wollen die Quoren für Bürgerbegehren absenken. Die Bürgerinnen und Bürger sollen also für ein erfolgreiches Bürgerbegehren weniger Unterschriften sammeln müssen, als dies bisher der Fall war;
denn in der Praxis hat sich gezeigt, meine Damen und Herren, dass mehrere Regelungen, die isoliert betrachtet durchaus ihre Berechtigung haben mögen, im Zusammenspiel eine bürgerbeteiligungsverhindernde Wirkung
erzeugen.
So müssen Unterschriften im Fall eines sogenannten kassatorischen Bürgerbegehrens, also eines Bürgerbegehrens, das sich gegen einen Ratsbeschluss richtet, innerhalb von drei Monaten gesammelt werden.
Für die Stadt Leipzig bedeutet das beispielsweise, dass in einem solchen Fall bei einem derzeit gültigen Quorum von 5 % mehr als 22 000 Unterschriften binnen drei Monaten gesammelt werden müssen, und zwar ausnahmslos sowohl in den kalten Wintermonaten, wenn es stürmt und schneit, als auch während der Sommerferien, wenn die Menschen im Urlaub sind.
Das ist für eine durchschnittliche Bürgerinitiative regelmäßig kaum zu schaffen. Es stellt die Menschen, die sich in Bürgerinitiativen organisieren, vor erhebliche Schwierigkeiten in der Praxis.
Es wird Ihnen aufgefallen sein: Ich habe eben die Stadt Leipzig als Beispiel herangezogen. Ich will jetzt auf ein Beispiel aus der Landeshauptstadt zu sprechen kommen. Es hat hier vor nicht allzu langer Zeit ein Bürgerbegehren für mehr Sonntagsshopping gegeben. Das wurde damals von CDU, FDP und mehreren Einzelhandelskonzernen angezettelt. Es standen also sowohl Parteiapparate als auch einiges an Geld zur Verfügung. Das Bürgerbegehren, das unter ganz maßgeblicher Führung des ehrenwerten Kollegen Hartmann betrieben wurde, blieb gleichwohl erfolglos. Es war ihm also nicht gelungen, innerhalb von drei Monaten die nötige Zahl von 22 000 Unterschriften zu sammeln.
Ich neige nun zu folgender Einschätzung, meine Damen und Herren: Die durchschnittliche Bürgerinitiative dürfte sowohl organisatorisch als auch personell und finanziell weniger gut ausgestattet sein als CDU & Co. und deshalb noch viel stärker mit den gegenwärtigen Hürden zu kämpfen haben.
Dieses kleine Beispiel, bei dem es nicht einmal unserer großartigen Staatspartei gelungen ist, die in Sachsen
geltenden Hürden für Bürgerbegehren zu überwinden, könnte doch Anlass dafür sein, einmal darüber nachzudenken, ob hier nicht eventuell doch Änderungsbedarf besteht, selbstverständlich natürlich nur dann, wenn man mehr Demokratie will. Sonst sollte man alles so lassen, wie es ist.
Ein weiterer Vorschlag der Fraktion DIE LINKE besteht darin, die Fraktionen in den Gemeinderäten und Kreistagen zu stärken, indem Minderheitenrechte, die bisher einem Fünftel der Ratsmitglieder vorbehalten waren, nunmehr auch für jede Fraktion gelten sollen. Sachsen folgte damit entsprechenden Regelungen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Die Aufzählung dieser vielen Bundesländer macht doch deutlich, dass man darüber durchaus nachdenken könnte.
Zudem wollen wir eine verbindliche Regelung zur Finanzierung der Fraktionen in den Gemeinden und Kreistagen einführen und diese damit gegenüber den Verwaltungsapparaten, Bürgermeistern und Landräten stärken; denn Folgendes ist doch ein großes Problem: Die Gemeindeapparate verfügen zum Teil über Hunderte, über Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, über enorme Fachkompetenz; die Hauptorgane der Gemeinden sind aber die Gemeinderäte, die Hauptorgane der Kreise sind die Kreistage. Dementsprechend muss man sie natürlich auch ausstatten.
Diese Ausstattungen sind vielfach sehr stiefmütterlich. Wenn man daran etwas ändern will, damit sie ihrer Rolle als Hauptorgan, als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden, dann müssen wir dort etwas machen. Es gibt in der Praxis auch zahlreiche Beispiele, wo das hochumstritten ist und man sich auch vor Gericht wiedertrifft und dort tatsächlich um die Fraktionsfinanzierung ringt. Deshalb sagen wir, es muss eine verbindliche Regelung zur Mindestfraktionsausstattung her, und dies schlagen wir Ihnen vor.
Meine Damen und Herren! Über die Stärkung der Möglichkeiten demokratischer Mitwirkung durch die Anwendung der Ortschaftsverfassung haben wir bereits im vorhergehenden Tagesordnungspunkt ausführlich diskutiert, weshalb ich mir an dieser Stelle erlaube, auf unnötige Wiederholungen zu verzichten.
Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE ist wahrlich ein Beitrag zur Stärkung der Demokratie. Deshalb rufe ich Sie auf: Stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu!
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf einige Argumente eingehen, die hier vorgetragen worden sind. Wir schlagen – erstens – vor, die Hürden für Bürgerbegehren deutlich zu senken. Gegenwärtig schreibt die Gemeindeordnung vor, dass das Quorum für ein Bürgerbegehren bei grundsätzlich 10 % liegt und optional durch die jeweilige Kommune auf 5 % abgesenkt werden kann. Wir sagen Nein. Wir wollen es generell absenken, da sich in der kommunalpolitischen Praxis herausgestellt hat, dass diese Quoren zu hoch für eine durchschnittliche Bürgerinitiative sind und eine hindernde Wirkung auf die Bürgerbeteiligung haben.
Zweitens gilt bei kassatorischen Bürgerbegehren, also bei Bürgerbegehren, die sich gegen einen Ratsbeschluss richten, derzeit eine Frist von drei Monaten, innerhalb derer die Unterschriften eingereicht werden müssen. Dort haben wir das nächste Problem, erneut eine Hürde. Hierbei haben wir LINKEN uns ein Beispiel am Freistaat Bayern genommen. Dieser ist ja nun nicht gerade bekannt dafür, dass es dort eine kommunistische Regierung gäbe, und dort gibt es genau diese Frist nicht. Dort kann man einfach sammeln, ohne gehindert zu werden. Deshalb sagen wir: Lassen Sie es uns wie im Freistaat Bayern machen, damit es zumindest in diesem Punkt deutlich demokratischer als mit der Regelung im Freistaat Sachsen zugeht!
Ich möchte noch auf ein anderes Thema eingehen, mit dem sich Kollege Hartmann auseinandergesetzt hat: die Fraktionsfinanzierung. Dazu sage ich ganz klar: Es geht vorwiegend um Minderheitenschutz. Wir wollen nicht, dass eine Mehrheit kraft ihrer Wassersuppe entscheiden kann, dass eine Fraktion quasi mit nichts ausgestattet wird – und das kann sie im Augenblick. Wir haben Beispiele, bei denen die Oppositionsfraktionen in den Landkreisen im Ergebnis geknechtet werden und kaum handlungsfähig sind, weil die entsprechenden finanziellen Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden.
Es ist doch klar, was dann passiert: In den Kreistagen sitzen viele Bürgermeister. Diese haben doch überhaupt kein Interesse daran, dass es starke Fraktionen gibt, die ihnen entgegentreten und entsprechend ausgestattet sind. Das ist doch der wahre Hintergrund. Das Problem haben wir weniger in den großen Städten. Dort haben wir andere Mehrheiten. Sie sind politisch bewusster und schaffen Möglichkeiten, um die Fraktionen auszustatten und demokratisch teilzuhaben.
Ich möchte noch auf einen dritten Punkt eingehen. Lieber Kollege Hartmann, ich schätze Sie sonst sehr, aber da
haben Sie mich etwas enttäuscht, muss ich ganz offen sagen.
Zu Beginn Ihrer Rede haben Sie versucht, sich über unseren Vorschlag zur Regelung in § 24 zu den Bürgerbegehren zum Thema Entscheidungsvorschlag ein wenig lustig zu machen, und haben erklärt: Was wollen Sie denn mit Ihrem Entscheidungsvorschlag? Da muss man eine Frage stellen.
Dazu will ich Ihnen Folgendes sagen: Sie haben offenbar vor lauter Kommunalrechtsnovellen ein wenig den Überblick verloren. Ursprünglich stand sehr wohl in der Gemeindeordnung, dass es um eine Fragestellung geht. In § 24 war konsequent von einer Fragestellung die Rede. In einer der letzten Gemeindeordnungsnovellierungen war es die Mehrheit dieses Hauses unter Ihrer Führung, die das Thema Fragestellung durch den Terminus Entscheidungsvorschlag ersetzt hat. Darüber kann man diskutieren; ich möchte nicht weiter darauf eingehen. Das Problem ist: Sie haben es an einer Stelle vergessen. Dafür haben Sie dann zu Recht in der kommunalrechtlichen Fachliteratur Schelte bezogen, unter anderem im Kommentar von Quecke/Schmid.
Was wir wollten, war im Grunde, Ihre kleine Lässlichkeit, Ihre gesetzgeberische Schlampigkeit in dieser Form in Ordnung zu bringen und in § 24 eine einheitliche Formulierung zu wählen. Das war unser ganzer Ansatz. Es war keine politische Frage, sondern eine der konsequenten Einhaltung gesetzgeberischer Formulierungen. Das wollte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben, bevor Sie erneut hier vorkommen und versuchen, uns zu belehren.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich ja hier um einen recht überschaubaren Gesetzentwurf mit überschaubarem
Regelungsgehalt, und damit wir hier in der Sitzung vorankommen und ich der CDU auch eine kleine Freude machen kann, will ich mich sehr kurz fassen. Ich kann mich ausnahmsweise meinem Vorredner weitgehend anschließen, will auf unnötige Wiederholungen verzichten und möchte zunächst noch einmal auf Folgendes verweisen.
Herr Piwarz hatte zu Recht angeführt, dass die AfDFraktion immerhin über 5 000 Drucksachennummern benötigte, bevor sie aktiv geworden ist. Es kommt aber noch eines hinzu: Der Gesetzentwurf stammt aus dem Mai des Jahres 2016. Der AfD war also dieser Gesetzentwurf derart wichtig, dass es über anderthalb Jahre gedauert hat, bis er hier im Plenum zur Behandlung gekommen ist. Ich glaube, das spricht für sich hinsichtlich der Bedeutung dieses Gesetzentwurfes.
Ja, regen Sie sich nicht auf, das ist ganz schlecht fürs Herz, Herr Kollege.
Meine Damen und Herren, es handelt sich um überhaupt keine große Sache, aber die Damen und Herren der AfDFraktion verkaufen das ja als großen Wurf zum Demokratieabbau. Da fragt man sich schon: Geht es nicht vielleicht auch eine Nummer kleiner?
Jeder und jede in diesem Hause, die schon einmal ein Listen- bzw. Kandidatenaufstellungsverfahren der jeweiligen Partei entweder erlebt oder durchlitten hat – je nachdem –, der weiß, dass das nicht unbedingt immer vergnügungssteuerpflichtig ist – vom organisatorischen Aufwand für die Parteien, entsprechende Versammlungen ihrer Mitgliedschaft zu organisieren, ganz zu schweigen.
Insofern ist es doch tatsächlich angemessen, wenn man verlangt, dass in jenen Fällen, in denen eben keine Partei hinter einem Wahlvorschlag steht, die nicht bereits im Landtag oder in der Kommunalvertretung verankert ist, ein Mindestmaß an Unterstützung gewährleistet ist für einen Wahlvorschlag.
Ich will einmal die Zahlen nennen, denn sie sind tatsächlich eher gering. Bei Gemeinden bis zu 2 000 Einwohnern muss man gerade einmal 20 Unterschriften leisten, bei 3 000 – –
Ich bin ohnehin gleich fertig; Sie können dann eine Kurzintervention halten.
Bei Gemeinden bis 3 000 Einwohnern benötigen Sie 40 Unterschriften und bei Gemeinden bis zu 10 000 Einwohnern gerade einmal 60 Unterstützungsunterschriften. Ich finde, das ist doch zumutbar und wir können von den Bürgern ein kleines Mindestmaß erwarten, wenn es einem wichtig ist, dass eine bestimmte Partei oder Wählervereinigung entsprechend antreten darf.
Aus den genannten Gründen schließe ich mich dem Kollegen Anton an; wir werden dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der üblichen Selbstbeweihräucherung von CDU und Co. möchte ich den Blick auf die Ursachen für die Probleme auf dem Wohnungsmarkt lenken.
Wir haben nämlich einen immensen Wohnungsleerstand in weiten Teilen des Landes zu beklagen, etwa in der Lausitz, im Erzgebirge oder auch im Vogtland, und gleichzeitig steigen die Mieten in den Großstädten unaufhörlich. Bezahlbares Wohnen ist zu einer der zentralen sozialen Fragen unserer Gesellschaft geworden.
Manche Menschen können sich ihre Wohnung nur noch mit Mühe leisten und jene, die in den vergangenen Wochen und Monaten in Dresden oder Leipzig auf Wohnungssuche waren oder noch sind, können ein Lied singen von Besichtigungsterminen, bei denen sie mit einem guten Dutzend anderer Leute um dieselbe Wohnung konkurrieren.
In verschiedenen Bereichen, meine Damen und Herren, herrscht bereits heute ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum. In Leipzig etwa sind allein von 2012 bis 2016 die Mieten für neue Wohnungen um sage und schreibe 21 % gestiegen. Innerhalb der vergangenen beiden Jahre hatte die Stadt Dresden den höchsten Mietanstieg des letzten Jahrzehnts zu verzeichnen.