Ruth Meyer

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Minister Strobel hat uns eben die vorgesehenen Änderungen im Polizeirecht vorgestellt. Mit diesen Änderungen geben wir unserer Polizei wichtige neue Ermittlungsmöglichkeiten und passen die polizeilichen Rechtsgrundlagen an das aktuelle Datenschutzrecht an. Gleichzeitig wird die Gesetzessystematik so verändert, dass alle datenbezogenen Rechtsgrundlagen der Polizeiarbeit aus dem bestehenden SPolG herausgezogen und ergänzt durch die neuen datenschutzrelevanten Eingriffsbefugnisse im neuen Gesetz über die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Polizei zusammengefasst werden.
Das sieht nicht nur sehr umfangreich aus, dahinter steckt auch sehr viel Arbeit. Daher darf ich allen, die im Innenministerium an diesem Gesetzesvorhaben mitgewirkt haben, dafür danken, dass sie trotz der Vielzahl an Vorschriften ein übersichtliches, lesbares und durchdachtes Gesetz vorgelegt haben.
Es wird Sie nicht verwundern, dass ich als Vertreterin einer Partei und einer Fraktion, die seit jeher für einen starken Rechtsstaat stehen, die für den Gedanken eintreten, dass nur derjenige, der sicher ist, auch frei sein kann, die deshalb für eine handlungsfähige Polizei eintreten, dass ich als CDU-Abgeordnete und innenpolitische Sprecherin meiner Fraktion dieses Gesetz außerordentlich begrüße und für die
ses Gesetz werbe. Ebenso wenig verwundert der Reflex der LINKEN, dieses Gesetz als Teufelszeug abzutun. Wir sind aber doch nicht gewählt, um hier unseren Reflexen nachzugehen. Wir haben vielmehr eine vernünftige Politik für unser Land zu machen.
Ich will Ihnen nun gar nicht im Detail darlegen, weshalb ich zutiefst davon überzeugt bin, dass Bodycams unsere Polizeibeamtinnen und -beamten auch dort schützen müssen, wo sie am stärksten bedroht sind, nämlich in privaten Wohnungen. Nicht zuletzt die Erläuterungen in der letzten Sitzung des Innenausschusses über die zunehmende Zahl an Widerstandshandlungen mit der Folge von Dienstunfähigkeit sprechen quasi für die Zwangsläufigkeit dieser Maßnahme.
Natürlich bin ich auch davon überzeugt, dass wir unserer Polizei die Überwachung von und die Fahndung nach schweren Straftätern mit sinnvoller Technologie erleichtern müssen, sei es, dass eine elektronische Fußfessel statt eine große Zahl von Beamten kontrolliert, ob sich ein Krimineller einem Opfer nähert, sei es, dass eine automatische Kennzeichenerfassung die Polizei auf die Spur eines flüchtigen Gewalttäters bringt, sei es, dass mittels Quellen-TKÜ Verbrechen aufgeklärt oder vereitelt werden können.
In der Anhörung werden wir ausreichend Gelegenheit haben, Juristen, die Polizei, Gewerkschaften und auch die Datenschutzbeauftragte, die auch heute hier zugegen ist, zu befragen, wie wir diesen neuen Techniken effizient und rechtssicher einsetzen können.
Ich möchte Sie heute stattdessen einladen, mir bei ein paar philosophischen Überlegungen zu folgen, Überlegungen zum Thema „Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit“. Das ist die vielleicht wichtigste Frage für eine funktionsfähige Demokratie. Gerade in diesen Tagen und gerade in den Fällen, in denen es um Sonderrechte geht oder um automatisierte Verfahren und digitale Prozesse, sind wir auf Vertrauen angewiesen. Wir in der Politik müssen alles daransetzen, dieses Vertrauen zu rechtfertigen.
Wenn wir im Alltag Zweifel hegen, ob wir vertrauen können, verfahren wir oft nach dem Grundsatz „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Wie aber können wir im Falle automatisierter, digitaler Verfahren die Demokratie wahren, wenn wir gar nicht wissen, wer genau hinter den Prozessen steckt und wer sie steuert? Onora O’Neill, Philosophin und parteiloses Mitglied im britischen House of Lords, dem Oberhaus, hat dazu interessante Überlegungen angestellt. Wer
sich dafür interessiert, kann dazu zum Beispiel in ihrem Buch „Gerechtigkeit über Grenzen“ nachlesen. Ihre These lautet, dass man nur dort vertrauen kann, wo Vertrauenswürdigkeit besteht.
Nichtsdestotrotz schenken wir auch im Alltag regelmäßig Vertrauen und geben einen Vertrauensvorschuss, obwohl wir Menschen gar nicht kennen und nicht wissen, ob sie vertrauenswürdig sind, obwohl wir wissen, dass der Mensch gar nicht immer nur gut ist. Wir sind darauf angewiesen, uns auch ohne diese Kenntnis auf andere zu verlassen. O’Neill nennt dafür ein schönes Beispiel; schade, dass Bernd Wegner gerade nicht im Saal ist: Sie nennt das Beispiel des Schuhmachers. Ihm geben wir auch ein sehr teures Paar Schuhe, damit er die Flecken hinten wechselt, und gehen dabei selbstverständlich davon aus, dass er die Schuhe, wenn wir sie in einer Woche abholen wollen, nicht verkauft hat. Das ist ein Beispiel für Vertrauen; auch ohne, dass wir ihn kennen, verlassen wir uns auf seine Kompetenz und seine Ehrlichkeit.
Sich auf Kompetenz und Ehrlichkeit zu verlassen, fällt aber sehr viel schwerer, wenn es nicht um das Vertrauen von Mensch zu Mensch geht, sondern um das Vertrauen in Institutionen, in weltweite Prozesse oder in komplexe Technologien und Datenströme. Hinzu kommt, dass der Schaden, der hierbei durch Missbrauch zugefügt werden kann, oft nur schwer absehbar ist. Deshalb reichen Vertrauensapelle nicht aus, deshalb müssen wir die Vertrauenswürdigkeit transparent machen, müssen Kontroll- und Revisionsmöglichkeiten gezielt einbauen. O’Neill spricht diesbezüglich von intelligentem statt blindem Vertrauen. Sie meint damit, dass man auf Kompetenz, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit nie ganz und generell vertrauen kann, sondern nur aus der gemachten Erfahrung heraus. So wissen wir aus der Erfahrung heraus, dass, wenn wir am Herd am Knopf drehen, die Platte warm wird. Auch wenn wir dahinterstehende Technologie nicht begreifen, verlassen wir uns darauf. Ein anderes Beispiel ist, dass wir manche Dinge nur in einem bestimmten Kontext nutzen: Ein Fahrrad ist nicht generell ein gutes Transportmittel, wenn der Weg sehr steil ist oder wir viel zu transportieren haben, ist es nicht geeignet. In bestimmten Kontexten, in bestimmten Situationen, erfüllt es aber seinen Zweck.
Was hat das nun mit unserem Gesetz zu tun? Diese Erkenntnisse verlangen uns in der Politik ab, regelmäßig zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen die von uns eingesetzten Systeme auch tatsächlich funktionieren und helfen, und daraus einen situativ reflektierten Einsatz abzuleiten. Ebenso ist es essenziell, dass wir uns darum bemühen, Trans
parenz zu schaffen, sei es durch Berichtspflichten im Ausschuss oder durch die Arbeit unserer Enquetekommission.
Ist ein solches Grundvertrauen aber erst einmal gewachsen, sind Menschen bereit, auch einen Vertrauensvorschuss zu geben, selbst wenn sie in Einzelfällen schlechte Erfahrungen gemacht haben. So vertraut man als Eltern einem Kind immer wieder, selbst wenn man weiß, dass es einen Fehler gemacht hat.
Wir von der CDU haben ein Grundvertrauen, wir haben dieses Urvertrauen in unsere Polizei. Wir geben der Polizei, der Staatsgewalt, grundsätzlich einen Vertrauensüberschuss und stehen daher vollständig hinter den neuen Eingriffsmöglichkeiten. Dennoch bleiben wir kritisch: Wir hinterfragen und kontrollieren bekannte oder absehbare Schwachstellen. Alle diese Grundsätze sehen wir mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf umgesetzt. Es finden sich die notwendigen Vorgaben im Sinne eines reflektierten Einsatzes der neuen Verfahren, zu Einsatzvoraussetzungen, zu Löschfristen und Kontrollelementen. Daher ist das Vertrauen in die Verwendung der personenbezogenen Daten gerechtfertigt.
Die „Alternative“, die Sie, Herr Lander, anbieten, ist meines Erachtens keine Alternative. Ihr grundsätzliches Misstrauen in unsere Polizei verhindert, dass die Polizei besser und effektiver arbeiten kann.
Meine Damen und Herren, so, wie sich auch die Medizin-Ethik wandelt und wir heute Dinge zulassen und sogar Hilfe erwarten, gegen deren Einsatz wir uns vielleicht vor einem Jahrzehnt noch verwahrt hätten, wandelt sich auch die Sicherheitstechnik. Es ist gut und wichtig, diesbezüglich sorgsam vorzugehen und offen zu diskutieren.
Die CDU-Landtagsfraktion ist der festen Überzeugung, dass wir mit diesen neuen Eingriffsmöglichkeiten ein Mehr an Sicherheit für unsere Bevölkerung bieten und die Arbeit unserer Polizei qualitativ verbessern und erleichtern. Dieses Gesetz stärkt die Polizei und ist gut für unser aller Sicherheit. Deshalb bitte ich Sie um Ihr Vertrauen und um Zustimmung zum Gesetzentwurf in Erster Lesung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat den von der Landesregierung eingebrachten Gesetzentwurf in seiner 33. Sitzung am 20. November 2019 in Erster Lesung angenommen und an den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.
Kurz zum Hintergrund des Gesetzes: Im Saarland kann auf Antrag der Beamtin oder des Beamten der Eintritt in den Ruhestand um eine bestimmte Frist hinausgeschoben werden, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt. Diese Frist darf jeweils ein Jahr nicht übersteigen und die Verlängerung insgesamt darf maximal drei Jahre betragen. Bisher gibt es im Saarland keine Regelung, dass diese Beamtinnen und Beamten innerhalb des Zeitraums des Hinausschiebens der Altersgrenze vorzeitig auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt werden können. Eine solche Regelung ist aus Fürsorgeaspekten mit Blick auf einen sich möglicherweise verändernden Gesundheitszustand jedoch angezeigt.
Der Deutschen Rentenversicherung Saarland soll es daher künftig ermöglicht werden, einen eigenen Pensionsfonds errichten. Hierzu fehlt es bisher an einer gesetzlichen Grundlage. Den bundesunmittelbaren Rentenversicherungsträgern sowie den Trägern der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern ist durch die entsprechende Gesetzgebung derzeit bereits der weitere Aufbau von Rücklagen er
möglicht worden. Die Deutsche Rentenversicherung Saarland hat darum gebeten, künftig ebenfalls einen solchen Pensionsfonds aufbauen zu können. Dem wird nunmehr mit dieser Änderung entsprochen.
Der Gesetzentwurf wurde vom Ausschuss gelesen. Es wurde keine Anhörung durchgeführt. Das Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Pensionsfonds Saarland“ Drucksache 16/1078 wurde bei Zustimmung aller Ausschussmitglieder einstimmig beschlossen. Der Ausschuss empfiehlt dem Plenum die Annahme des Gesetzes in Zweiter und letzter Lesung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat den von der Landesregierung eingebrachten Gesetzentwurf in seiner 32. Sitzung am 30. Oktober 2019 in Erster Lesung angenommen und an den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.
Anlass zur Änderung der Landesbauordnung ist der aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16.10.2014 Rechtssache C-100/13 resultierende Anpassungsbedarf an das europäische Bauproduktenrecht. Zudem enthält der Gesetzentwurf Änderungen aufgrund der Erfahrungen der Praxis sowie redaktionelle Anpassungen. Dabei folgt
der Gesetzentwurf der von der Bauministerkonferenz beschlossenen und notifizierten Änderung der Musterbauordnung. Das europarechtliche Marktbehinderungsverbot nach Art. 8 Abs. 4 der EU-Verordnung Nr. 305/2011 wird in der Landesbauordnung dahingehend umgesetzt, dass künftig ein Bauprodukt, das die CE-Kennzeichnung trägt, verwendet werden darf, wenn die erklärten Leistungen den in der Landesbauordnung oder aufgrund der Landesbauordnung festgelegten bauwerksseitigen Anforderungen für diese Verwendung entsprechen. Damit wird urteilskonform klargestellt, dass produktunmittelbare Anforderungen an CE-gekennzeichnete Produkte unzulässig sind.
Um zu gewährleisten, dass das Niveau der Bauwerkssicherheit gehalten werden kann, werden unter anderem die Bauwerksanforderungen konkretisiert. Den am Bau Beteiligten muss es ermöglicht werden, aus den Regelungen der Landesbauordnung und der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften auf rechtssichere Weise abzuleiten, welche Leistungen ein Produkt erbringen muss, um im konkreten Verwendungszusammenhang Bauwerksanforderungen zu erfüllen.
Der Gesetzentwurf wurde im Ausschuss gelesen. Es wurde keine Anhörung durchgeführt. Der Gesetzentwurf wurde mehrheitlich, bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen und der AfD sowie Gegenstimmen der DIE LINKE-Landtagsfraktion, angenommen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir alle kennen den anschaulichen Ausdruck „etwas zurechtrücken“. Wir meinen damit üblicherweise vielleicht die Krawatte, ein Möbelstück, manchmal auch die Einstellung von jemandem, dann möchten wir ihm den Kopf zurechtrücken. Heute wollen wir eine Regelung im Wahlrecht im wahrsten Sinne des Wortes zurechtrücken, die zu Unrecht über viele Jahrzehnte eine Vielzahl von Menschen pauschal von Wahlen ausgeschlossen hat. Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, geben diesen Menschen mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht nur ihr Wahlrecht, sondern auch ein Stück ihrer Würde zurück.
Zum Hintergrund: Mehr als 85.000 Menschen mit psychischen Erkrankungen, mit schwersten Behinderungen, durften bisher nicht wählen, weder bei Europa- und Bundestagswahlen noch bei Landtags-, Kommunal- oder Direktwahlen. Im Saarland waren das, so hat es uns kürzlich einer unserer Betreuungsrichter gesagt, ungefähr 350 Menschen. Grund waren die gesetzlich normierten Ausschlüsse vom Wahlrecht von Menschen mit Betreuung in allen Angelegenheiten. Damit hat der Gesetzgeber einst ein Kriterium eingeführt, das scheinbar damit einhergeht, dass jemand seinen politischen Willen nicht oder nicht mehr bilden kann. Wer nicht oder nicht mehr in der Lage ist, seine rechtlichen, medizinischen und finanziellen Angelegenheiten selbst zu regeln - so die Annahme -, der hat auch keine Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit, die ja zur Ausübung des aktiven Wahlrechts erforderlich ist.
Aber wir wissen, meine Damen und Herren, dieses Kriterium ist volatil. In vielen Fällen von Demenz, geistiger Behinderung oder Wachkoma, aber eben nicht in allen, mag die eben genannte Annahme zutreffen. Daher werden auch die meisten dieser Personen mit Vollbetreuung auch künftig von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machen. Andere Menschen sind jedoch genau in der gleichen Situation, haben aber zum Beispiel aufgrund der Tatsache, dass sie im Kreis ihrer Familie eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung erlassen haben, keine gesetzliche Betreuung und daher ihr Wahlrecht nie verloren. Ob eine Vollbetreuung vorliegt oder das Betreuungsgericht angerufen wurde, hängt also auch ein Stück weit vom Zufall ab. Und daran nun eines unserer höchsten Grundrechte zu
knüpfen, war und ist nicht zu rechtfertigen. Darum haben wir die notwendigen Änderungen auf den Weg gebracht.
Fakt ist, manch ein geistig schwersteingeschränkter Mensch hat vielleicht doch Themen oder Situationen, an denen er oder sie teilhat und wo er oder sie sehr wohl seinen Willen äußert, und sei es nur mimisch oder gestisch. Viele Menschen beispielsweise mit geistiger Behinderung verfolgen, obwohl sie in allen Angelegenheiten betreut sind, überaus leidenschaftlich das politische Geschehen, haben eine politische Meinung und wollen diese auch in Wahlen kundgeben. Ich habe Bewohnerinnen und Bewohner von Einrichtungen der Lebenshilfe in St. Wendel vor Augen, die politisch weitaus interessierter sind als manch anderer, nicht behinderter Bürger, der von seinem Wahlrecht keinen Gebrauch macht.
Für all diese Menschen, für ihre Angehörigen und für ihre Betreuer freue ich mich; ich stelle fest, die Welt ist oft komplexer, als ein Gesetz dies abbilden kann. Und wenn einst der Gesetzgeber sicher mit bestem Willen dieses untaugliche Kriterium eingeführt hat, dann freut sich heute dieses Haus mit diesen Menschen, dass wir diese Ungerechtigkeit nun zurechtrücken.
Dass das nicht bereits vor den Wahlen im Mai gelungen ist, bedauere ich aufrichtig. Die notwendige Abstimmung mit dem Bundeswahlrecht, das erst zum 18. Juni 2019 in Kraft getreten ist und novelliert wurde, hat aber leider keine anderen Abläufe erlaubt. Wir haben aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit, auf die wir größten Wert legen, die Einheitlichkeit der Wahlgesetze in den Vordergrund gestellt und stellen diese Konsistenz nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf her. Dieser übernimmt die bundesgesetzlichen Regelungen - die auf den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom 29. Januar und 15. April 2019 fußen - eins zu eins für unser Landeswahlrecht und für unser Kommunalwahlrecht, und löst damit unsere Übergangslösung vom 29. April dieses Jahres ab.
Ich darf Ihnen noch kurz die wesentlichen Punkte vorstellen. Erstens, Wahlrechtsausschlüsse sind zukünftig nur noch auf richterlichen Beschluss im Einzelfall möglich. Das sind die strafrechtlich begründeten Fälle. Das heißt, mit Verabschiedung dieses Gesetzes werden alle betreuungsbedingten Wahlrechtsausschlüsse im Saarland der Vergangenheit angehören. Zweitens, wir regeln ausdrücklich, dass und innerhalb welcher Schranken bei Wahlen assis
tiert werden darf, nämlich, wenn nachvollziehbar ist, dass jemand seinen vorhandenen politischen Willen aus welchen Gründen auch immer - es sind viele vorstellbar - auf seinem Wahlzettel nicht deutlich machen kann. Gleichzeitig verdeutlichen wir aber die Grenzen dieser Assistenz, indem wir erstmals im Wahlrecht auf die Strafbarkeit von Wahlmanipulationen hinweisen, das ist § 107 Strafgesetzbuch.
Dieser Dreiklang schafft Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und belegt, warum es genau richtig war, nicht bereits im April 2019, wie von der Fraktion der LINKEN vorgeschlagen, einfach nur die betreuungsbedingten Wahlrechtsausschlüsse zu streichen. Die geringe Zahl von nur fünf Anträgen zu der von uns stattdessen geschaffenen Übergangslösung ist einfach dadurch zu erklären, dass im Saarland kaum vollumfängliche Betreuungen ausgesprochen werden, weil unsere Betreuungsrichter dies sehr restriktiv handhaben.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stellen mit diesem Gesetzentwurf einen gesetzlichen Fehler richtig und rücken damit das hohe Gut des Wahlrechts zurecht. Wir sind uns aber auch bewusst, dass bei allen Wahlen einige Menschen eine Wahlbenachrichtigung erhalten, die keine klare Wahrnehmung von Wahlvorgängen und von Politik haben, und gegebenenfalls auch keinen politischen Willen haben. Bei diesen Menschen gilt es, jeweils sehr sensibel zu sein und herauszufinden, ob der Wunsch und die Fähigkeit zur Teilnahme an einer Wahl besteht oder nicht. Dies übernehmen Personen aus dem engen Umfeld dieser Menschen, das sind Familienangehörige, vielleicht Pflegende oder rechtliche, gesetzliche Betreuer. All jenen, die diese oft schwierige Aufgabe übernehmen und ausfüllen, in der Vergangenheit und in der Zukunft, die das gewissenhaft und verantwortungsvoll tun, denen gilt heute mein - ich denke, unser aller - besonderer Dank.
Es bleibt mir nur noch, Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz in Erster Lesung zu bitten. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Lander, Sie haben mit Ihrer Anfrage von Juni 2018 zum Thema Funkzellenabfrage ein gutes und wichtiges Recht eines jeden, einer jeden von uns wahrgenommen. Sie haben eine Anfrage an die Regierung gestellt, um diese zu kontrollieren. Das dient insbesondere dem Recht des Minderheitenschutzes und ist in der Demokratie für die Oppositionsfraktionen essenziell. Insofern hat der Kollege Lander mit dieser Anfrage zunächst einmal seine Arbeit gemacht. Dass er damit der saarländischen Polizei sehr viel Arbeit gemacht und ihr ein erhebliches Arbeitspensum aufgebrummt hat, darf dabei grundsätzlich keine Rolle spielen. Das parlamentarische Kontrollrecht wird nämlich zu Recht nicht gewogen, es wird nicht in Relation gestellt zu Aufwand und Ertrag einer solchen Anfrage. Es liegt in der Verantwortung eines jeden Abgeordneten, einer
jeden Abgeordneten selbst, womit er oder sie die Verwaltung unserer Landesregierung beschäftigt sehen will.
Mit dem vorliegenden Antrag habe ich aber ein anderes Problem, denn damit wollen Sie diese umfangreichen Auswertungsarbeiten zu Funkzellen und technischer Kommunikationsüberwachung - also Ihre persönlichen Erkenntnisinteressen - dem Landtag zu eigen machen und zu einer dauerhaften Regierungsaufgabe verstetigen. Dazu sage ich ganz klar Nein. Denn die Argumente, die Sie dafür vortragen, sind wenig überzeugend. Sie stellen ja stark darauf ab, ob so eine Datenabfrage einen Beitrag zum Ermittlungserfolg nach sich zieht. Dieser schlussendliche Erkenntnisgewinn ist aber im Vorhinein nicht absehbar. Niemand weiß, wenn er eine solche Datenabfrage beauftragt, ob oder was am Ende dabei herauskommt. Wichtig ist aber, dass die Voraussetzungen, die Sie ja genannt haben, gegeben sind. Jedenfalls ist die Frage des Ermittlungserfolgs meines Erachtens ein wenig hilfreiches Kriterium. Weiterhin setzen Sie die Datenabfragen in Bezug zu Zeitaufwand und Kosten und stellen nicht zuletzt auch deren Sinnhaftigkeit zumindest in Teilen infrage. Das sehen wir als CDU-Landtagsfraktion komplett anders.
Denn das Recht der Polizei auf eine solche Funkzellenabfrage und auch Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme ist bereits hochgradig reglementiert. Wir erinnern uns an die Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung. Retrograd ist diese leider nur 80 Tage möglich - aber immerhin - und auch nur, wenn eine schwere Straftat im Raume steht - Sie haben die Straftatbestände genannt -, und auch nur, wenn Richter und Staatsanwaltschaft genau dies nachvollziehen und diese Notwendigkeit bestätigen, der sogenannte Richtervorbehalt.
Weiterhin unterliegen alle Maßnahmen bereits jetzt strengen Berichts-, Lösch- und Dokumentationspflichten. Somit ist das gesamte Verfahren bereits hochtransparent, und zwar nicht eigentlich, sondern tatsächlich. Was Sie hier beantragen, hat deshalb meines Erachtens wenig mit Transparenz zu tun, sondern ist eher Gängelei. Ich nehme an, dass der Kant‘sche Imperativ Ihnen geläufig ist. Er lautet: Handele so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.
Was Kant uns abverlangt, ist ein fixer, ein klarer Standpunkt. Ich kann aus meiner Beurteilungsweise jedenfalls nicht nachvollziehen, wie Sie denken. Denn die Polizei macht das alles nicht aus Jux und
Tollerei oder weil sie unbescholtene Leute ausspionieren möchte. Sie will Verbrechen aufklären und Täter festsetzen. Telekommunikationsdaten bieten nun einmal wichtige Spuren, sei es, dass Handys geortet werden können oder Telekommunikationsteilnehmer, die zur Tatzeit am Ort eines Verbrechens waren und auf die schon ein entsprechender Tatverdacht fällt, ermittelt werden können. Auch können Bewegungsdaten eines Verdächtigen analysiert werden oder die Vorbereitung einer Tat nachverfolgt und im besten Fall auch verhindert werden.
Das sind pro Fall sehr viele Daten. Die Zahl 8 Millionen hat mich auch erst einmal wirklich erschüttert. Ich habe da noch einmal nachgefragt, wie es denn dazu kommt. Das liegt aber ganz einfach daran, dass man häufig viele Tage ins Visier nimmt oder mehrere Funkzellen, und dass eben jedes einzelne Telefonat und jede einzelne SMS, die in diesem Zeitraum oder in diesen Orten gesendet wurde, da mitgezählt wird und in diesem Datennetz ist. Dann erfolgt aber der weitere Abgleich automatisiert und bringt je nach dieser eben mit der Staatsanwaltschaft abgesprochenen Fragestellung auch immer wieder wichtige Erkenntnisse.
Ich möchte Sie fragen, was sagen Sie denn den Angehörigen und Betroffenen von folgenden drei akuten Fällen, die mir die Pressestelle der saarländischen Polizei auf Anfrage dankenswerterweise genannt hat? Was sagen Sie den Betroffenen eines gerade noch laufenden Ermittlungsverfahrens? Es geht um vielfachen schweren Bandendiebstahl. Dort konnten bereits durch Abgleich von Daten Mittäter gefunden werden und es konnten weitere Tatorte aus der Vergangenheit dieser Tätergruppe schon zugeordnet werden. Man ist jetzt dabei, das Netz zuzuziehen und weitere Straftaten dadurch zu verhindern.
Was sagen Sie all diesen Betroffenen? Was sagen Sie den Angehörigen, die Angst vor dem Suizid einer vermissten psychisch labilen Person haben? Im September hat unsere Polizei in einem solchen Fall alles gegeben und sie hat es geschafft, eine solche Person über IMSI-Catcher tatsächlich zu finden, wenn auch leider in diesem Fall erst kurz nach dem erfolgten Suizid.
Oder was sagen Sie der Frau, die Mitte Oktober im Kontext häuslicher Gewalt in Nordrhein-Westfalen, glaube ich, entführt wurde? Die Spur konnte ins Saarland verfolgt werden und deren Peiniger konnten dann mittels Telekommunikationsüberwachung schließlich in Kleinblittersdorf festgenommen werden. Sagen Sie ihr das, was Sie eben gesagt haben: „Das war nutzlos“? Im Übrigen möchte ich noch ergänzen, auf diesem Weg findet man auch im Zuge
extremistischer Veranstaltungen Rechts- wie Linksextremisten. Das ist das, was wir wollen. Wir wollen nämlich mit diesen Maßnahmen verhindern, dass Extremisten in diesem Land an die Macht kommen.
Deshalb finde ich, jeder einzelne Fall, jede einzelne Minute und jeder einzelne Euro, der hier eingesetzt wurde, ist es wert. Es gibt auch wenig Grund, hier Ängste zu schüren, denn die Daten, die keinen Bezug zu den Fällen haben - das sind sehr viele -, werden ja nicht ausgewertet. Es ist einfach nicht redlich zu sagen, da wird jetzt gekuckt, wer da mit wem telefoniert hat. Das ist die Leute veräppelt. Ich finde, das darf man in dem Zusammenhang nicht tun. Deshalb ist es mir persönlich auch egal, ob die Daten 18-mal oder 80-mal so viele sind, wie es Einwohnerinnen und Einwohner im Saarland gibt. Wichtig ist, dass eine saubere Trennung zwischen relevanten und irrelevanten Daten erfolgt. Darauf vertrauen wir.
Deshalb scheint es mir doch eher Ihr chronisches Misstrauen in unsere Demokratie oder zumindest in die Staatsdiener oder das System zu sein, das hier Raum greift, und dass Sie doch ein bisschen mit der Polizei fremdeln, Herr Lander. Es wird Sie aber trotzdem niemand daran hindern, die Kontrollanfragen, die Ihnen wichtig sind, auch weiterhin zu stellen. Die Kosten und die Dauer für die Bearbeitung der, wie ich finde, nicht so sehr nutzbringenden Initiative habe ich nicht erheben lassen, auch mit Rücksicht auf unsere Polizei. Manchmal hätte man schon Lust dazu, da einmal die Rechnung aufzumachen. Nun gut, aber die vorliegenden Informationen reichen jedenfalls für die Erkenntnis: Der Aufwand zur Beantwortung Ihrer Anfrage steht nach meiner Sicht in keiner Relation zu dem Erkenntnisgewinn. Daher werden wir einen solchen Unsinn dann nicht auch noch, wie von Ihnen beantragt, verstetigen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat von Molière beginnen, der einmal gesagt hat: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ Auf den vorliegenden Antrag der AfD übertragen heißt das, Sie, meine Herren der AfD, sind nicht nur für das verantwortlich, was Sie hier in einem dürren Satz beantragen, sondern auch für jenes, was Sie zwischen den Zeilen durchklingen lassen. Da kann ich nur sagen, es waren eben viele „vielleicht“, viele „gefühlt“ und viele „kommt einem so vor“. Und genau das macht Ihre Gedankenwelt aus.
Ihre spärlich formulierte Forderung ist, Pressemitteilungen der Polizei transparent zu gestalten, indem die Nationalität von Tätern stets genannt werden muss. Mal abgesehen davon, dass das in dieser Ausschließlichkeit unhaltbar ist, weil es nämlich - Sie haben es selbst angedeutet - a) dem Grundrecht der Pressefreiheit widerspricht und b) je nach Lage des Falles auch Persönlichkeitsrechte verletzt. Aber diese Grundrechte kümmern Sie gemeiner Hand wenig. Und Fake News, Herr Dörr, das haben Sie völlig falsch verstanden, das sind nicht News, die Ihnen nicht passen. Der Begriff ist anders definiert, als Sie das gerne verstanden hätten.
Was Ihre grundsätzliche Transparenzforderung betrifft, da sind Sie offensichtlich Fake News aufgesessen, denn wir haben - merci fürs Gespräch - bereits seit dreieinhalb Jahren eine solche Regelung. Solange ist es nämlich her, dass Klaus Bouillon als Innenminister den Presseerlass der saarländischen Polizei geändert hat. Und zwar hat er den Satz ersatzlos gestrichen, welcher bis dahin - ich zitiere Hinweise auf eine Beteiligung von Ausländern, ethnischen oder religiösen Minderheiten oder deren
Hautfarbe - da endet das Zitat - untersagt beziehungsweise auf Einzelfälle beschränkt hatte. Bis dahin durften solche Taten von der Polizei tatsächlich nur genannt werden, wenn dies aus fahndungstaktischen Gründen oder zum Verständnis des Falles zwingend erforderlich war. Das war 2016 eine vertrauensbildende Maßnahme in Reaktion auf die Ereignisse der Silvesternacht 2015/2016 in Köln sowie auf die verblendete Pressearbeit der Polizei in Nordrhein-Westfalen, die lange verschwieg, dass es in dieser Silvesternacht an die 100 nordafrikanische Täter waren, die über 600 Frauen auf der Domplatte systematisch und massiv belästigten. Dies war eine für das Tatgeschehen ganz wesentliche Information, die nie verschwiegen hätte werden dürfen. Nordrhein-Westfalen hat dreieinhalb Jahre und einen Regierungswechsel gebraucht, um die Regeln seiner Pressearbeit zu überarbeiten, wir konnten das kürzlich lesen. Wir im Saarland haben aber bereits 2016 umgehend und verantwortungsvoll reagiert. Insofern ist Ihr Antrag a) irrelevant und b) nicht mehr als agitativer Schein und kann nur abgelehnt werden.
Damit könnte ich mich schon wieder hinsetzen. Im Sinne des Eingangszitats will ich aber auch auf das eingehen, was zwischen den Zeilen Ihres Scheinantrages im Raum steht und was Sie auf Ihre unnachahmliche Art dargelegt haben. Sie stellen nämlich fälschlicherweise in den Raum, es gebe ein Interesse unseres Landes, die Kriminalität bestimmter Ethnien zu verschleiern. Genau das Gegenteil ist der Fall. Das belegt nicht erst der Vorstoß von Klaus Bouillon, sondern die polizeiliche Kriminalstatistik erfasst selbstverständlich die Staatsangehörigkeit von Tätern. Das Bundeskriminalamt analysiert regelmäßig Straftaten auch unter dem Aspekt der Zuwanderung. Wer sich für diesen Aspekt interessiert, dem empfehle ich das jährliche Bundeslagebild zur Lektüre.
Dabei zeigt sich selbstverständlich, dass es auch nach Nationalität durchaus Auffälligkeiten und Entwicklungen in bestimmten Deliktsbereichen gibt. Ich nenne nur einmal die Clan-Kriminalität, die in einigen deutschen Städten um sich greift und uns auch tatsächlich Sorge bereitet, wo ganze Familien insbesondere aus dem arabischen und osteuropäischen Raum unsere Gesetze nicht respektieren und patriarchale Strukturen für Organisierte Kriminalität, Menschen- und Drogenhandel genutzt werden. Das muss uns umtreiben. Da müssen wir ganz konkrete Maßnahmen auch anhand dieser kulturellen Hintergründe entwickeln. Das bedeutet jedoch nicht im Umkehrschluss, dass bestimmte Ethnien eine Disposition für bestimmte Delikte hätten. Verbrechen
haben keine Nationalität, Verbrechen haben Täter, und diese Täter müssen von der Polizei gefasst und einer gerechten Strafe zugeführt werden.
Da der AfD ein derartiges Differenzieren aber gänzlich fremd ist, spielt es in Ihren Einlassungen auch keinerlei Rolle, dass die Genese von Verbrechen eben sehr vielschichtig ist. Neben einem akuten Tatmotiv sind nämlich Alter und Geschlecht sowie die allgemeinen Lebensumstände entscheidend, Aspekte, die Sie wenig bis gar nicht interessieren. Sie fokussieren immer isoliert nur eines, den Migrationshintergrund selbst oder das Ausländersein. Aber, meine Damen und Herren, ich kann Sie beruhigen. Wir leben nicht in einem von ausländischen Kriminellen heimgesuchten Land. Vielmehr ist es uns gelungen, die Straftaten Jahr für Jahr zu senken und die Aufklärungsquote deutlich zu steigern, auch die von „Nicht-Biodeutschen“. Diese Wahrheiten sind ein wesentlicher Teil der Transparenz, welche Sie bloß vor sich hertragen. - So viel zur Statistik.
Aber noch einmal zur Pressearbeit selbst. Wie funktioniert das? Jede einzelne Pressemitteilung steht ja für sich. Sie stellt immer nur einen ganz kleinen Ausschnitt von der Vielzahl der Delikte dar. Nach dem gültigen Pressekodex der saarländischen Polizei wird aus einem Fall dann eine Meldung, wenn es entweder für die Aufklärung des Falles wichtig ist oder wenn ein öffentliches Informationsinteresse gesehen wird. Seit der Erlassänderung 2016 prüft die Polizei eben nicht mehr, ob die Staatsangehörigkeit ausnahmsweise genannt werden darf, sondern es wird umgekehrt geprüft, ob es gute Gründe gibt, sie wegzulassen.
Ich will das an Beispielen erläutern. Wenn zum Beispiel für die Straftat selbst völlig irrelevant angesehen wird, welche Nationalität der Täter oder die Täterin hatte, dann wird das weggelassen. So etwa im Februar 2019 bei einem psychisch motivierten Tötungsdelikt in Köllerbach. Eine Woche später wurde ein syrischer Gewalttäter in der Landesaufnahmestelle in Lebach festgenommen. Dort war die Nationalität tatgeschehensrelevant und wurde genannt. Das sind die Entscheidungsgrundlagen für die Frage, ob die Polizei bei einer ihrer Pressemitteilungen die Staatsangehörigkeit angibt oder nicht.
Dann kommt aber ein zweiter Filter, den gibt der Pressekodex des Deutschen Presserats vor. Er ist etwas enger gefasst und lautet - ich zitiere noch einmal -: In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn sie für das Verständnis des be
richteten Vorgangs in einem begründeten Sachbezug steht. - So kann es durchaus sein, dass Daten in einer polizeilichen Meldung genannt werden, aber von dem Journalisten hinterher weggelassen werden. Umgekehrt kann es passieren, dass die Polizei personenbezogene Daten bewusst weglässt aus den eben genannten Gründen, die Presse sie aber dennoch recherchiert und dann veröffentlicht. Das ist eben Pressefreiheit. Diese Entscheidungen verlangen vor allem eines, sie verlangen Fingerspitzengefühl und gesunden Menschenverstand. Aber damit sind nicht alle in diesem Raum so reich gesegnet.
Die AfD präsentiert stattdessen wieder einmal Scheinlösungen, einmal abgesehen davon, dass wir mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit lesen würden, die Täter waren Deutsche, also viel „Michael“ und wenig „Mohammed“, wie bei dem Lagebild „Messer“, denn laut BKA war 2018 im Bereich der Allgemeinkriminalität nur bei rund jeder zehnten Straftat ein Zuwanderer oder ein Ausländer als Tatverdächtiger beteiligt. Das sind Fakten, keine Fakes.
Für die Öffentlichkeits- und Medienarbeit der saarländischen Polizei gilt deshalb nach wie vor: Die veröffentlichten Informationen dürfen kein schutzwürdiges Privatinteresse verletzen und die Berichterstattung darf nicht diskriminierend und vorurteilsschürend sein. Dass die polizeiliche Presse diesen Werten verpflichtet bleibt, betrachtet meine Fraktion als ebenso selbstverständlich wie essenziell. Damit sind wir weit von Ihrem Beschlussantrag entfernt.
„Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun.“ Das ist ein Zitat von Marie von Ebner-Eschenbach. Ich möchte ergänzen, für das Unvermögen gilt das ganz genauso. Sie von der AfD haben mit diesem Antrag wieder einmal Ihr Unvermögen und auch die Beschränktheit Ihrer Sichtweise unter Beweis gestellt. Aber ich durfte Sie entlarven. Damit habe ich ganz im Sinne Ihres Antrags ein bisschen für öffentliche Transparenz gesorgt, für die Transparenz Ihrer nationalistischen Paranoia. - Insofern lehnen wir Ihren Antrag ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Empörungsfraktionen von links- und rechtsaußen haben mit ihren Darstellungen und Äußerungen in den Anträgen ein Weltbild aufgemacht und die Fakten so zurechtgebogen, bis sie in das Weltbild hineinpassten. Vieles kann man so nicht stehen lassen, vieles hat sich bereits selbst entlarvt. Hört man auf die einen, dann ist das Saarland dem Untergang geweiht, folgt man den anderen, dann werden hier Shows inszeniert und es gibt Aktionismus, entweder um die Sicherheitslage zu schönen oder um sie zu dramatisieren, je nachdem, wie Sie es gerade brauchen. Ich kann Ihnen versichern, nichts davon ist der Fall!
Herr Müller, Sie haben eben Wilhelm Busch zitiert, ich darf Ihnen mit Wilhelm Busch antworten. Das gilt auch für Herrn Lander: „Ach, die Welt ist so geräumig, und der Kopf ist so beschränkt.“ - Auch daran hat uns Ihr Vortrag eben erinnert.
Richtig ist aber sicherlich auch: Wenn in einer Regierung die Fachminister mit Verve für ihr Ressort kämpfen, der Finanzminister das Geld - das Tischtuch, das verschiedentlich schon erwähnt wurde zusammenhält und der Ministerpräsident vermittelt und ausgleicht, dann funktioniert diese Regierung so, wie sie soll. Ugo Tognazzi, ich weiß nicht, ob Sie sich an diesen wunderbaren Schauspieler erinnern, hat es folgendermaßen ausgedrückt: „In einer Koali
tion bestätigt man seine Treue zum Partner durch Seitensprünge von begrenztem Radius.“ - So viel zum Zitat.
Dieser Schauspieler hat in einer Hauptrolle mitgespielt in dem Film „La Cage aux Folles“, „Ein Käfig voller Narren“.
Ja, wir sind kulturell auf hohem Niveau unterwegs. In diesen Käfig voller Narren geriete man, wenn man der Opposition folgen würde. Wir lassen uns aber nicht zum Narren halten, schließlich haben wir Koalitionsvereinbarungen, die für uns handlungsleitend sind, sowohl in der Bildungs- als auch in der Sicherheitspolitik. Deshalb sehen Sie mich gelassen. Fakt ist nämlich, Alex Funk hat es eben erwähnt, dass für die Freiwilligen und Gebundenen Ganztagsschulen Wahlfreiheit vereinbart ist. Dabei ist im ländlichen Raum das flexiblere freiwillige System deutlich stärker nachgefragt. Das weiß ich, denn ich komme aus einer ländlichen Region. Fakt ist aber auch, dass Lehrkräfte im Unterricht wichtiger sind als in der Betreuung. Das ist so, man kann keinem Elternteil vermitteln, dass Fachkräfte, Lehrer in der freiwilligen Betreuung abgezogen werden, wenn sie im gebundenen Ganztag etwa beim Mittagessen dabei sind. Aus all diesen Gründen war eine Korrektur dringend notwendig. Es war wichtig, hier ein Signal der Entspannung zu senden, sowohl an die Schulen, als auch an die Eltern und die Träger. Deshalb danke ich insbesondere unserem Ministerpräsidenten Tobias Hans, dass er hier für eine gute Lösung gesorgt hat.
Im Übrigen darf das Parlament, wie ich finde, gerade in der aktuellen Personalsituation von allen Ministerien erwarten, dass sie die zur Verfügung gestellten Stellen auch sehr effizient bewirtschaften. Dazu zählt etwa, dass man prüft, wo hoch bezahlte, voll ausgebildete Fachkräfte eventuell mit Verwaltungsaufgaben betraut sind, die aber genauso gut von tariflichen Assistenzkräften erledigt werden können. Genau das hat die Polizei getan. Sie hat diese organisatorischen Möglichkeiten voll ausgereizt, sie hat sich umorganisiert und neu strukturiert. Sie hat Assistenzsysteme in vertretbarem Umfang eingeführt und Aufgaben umfänglich neu verteilt. Für diese
Leistung - eine Leistung der Fachabteilung, des Landespolizeipräsidiums, aber auch jedes einzelnen und jeder einzelnen betroffenen Beamten und Beamtin - gebühren der saarländischen Polizei unser Dank und unsere Anerkennung.
Die notwendige Wende in der Entwicklung der Stellen konnten wir nicht früher einleiten, denn sonst hätten wir die 260 Millionen Euro jährlich riskiert, aus denen nicht zuletzt auch zu erheblichen Teilen die Ausstattung unserer Polizei neu geregelt werden konnte, wovon also die Polizei mit Sachmitteln und mit Tarifpersonal profitiert hat. In sieben Sicherheitspaketen zusammengefasst wurden jeweils die Haushaltsmittel abgeschöpft, Wünschen und Notwendigkeiten kam man in dem Rahmen nach, wie es im Haushalt möglich war. Dazu gehören zu Recht auch Videokameras und Bodycams, auch wenn es Ihnen nicht in den Kram passt, Herr Lander.
Jetzt war es allerhöchste Eisenbahn für das Signal, dass es auch personell wieder aufwärts geht und der Personalabbau ein Ende hat. Wir stellen schnellstmöglich zusätzliche Fachkräfte bereit. Wenn es noch einer Bestätigung bedurft hätte, wie stark die Belastung unserer Vollzugsbeamten ist, so hat die Stellungnahme des Polizeiarztes, die hier verschiedentlich erwähnt wurde, sie geliefert. Wir wissen aber auch, dass dies in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes ähnlich ist. In der Polizei beginnen wir also bereits in diesem Oktober, die insgesamt 100 Beamtinnen und Beamten mehr auszubilden, die ab 2024 die Organisation der Polizei stärken werden. Ich bin auch froh, dass im Innenausschuss deutlich geworden ist, dass über diese Anpassung ab dem Stellenplan 2021 hinaus Lebenszeitverlängerungen ein Modell sind, das wir aber noch attraktiver machen müssen. Außerdem müssen wir geeignete Fachkräfte für den IT-Bereich finden.
Wir erleben zunehmend, dass sich Kriminalität ins Internet verlagert. Man spricht inzwischen von 20 Prozent Straftaten, die im Internet geplant und durchgeführt werden. Das ist ein Faktum, dem wir uns stellen müssen. Das trifft viele Bereiche, auch die Wirtschaft und den sozialen Bereich. Verbrechen werden organisiert, auch grenzüberschreitend, Extremismus und Respektlosigkeit steigen. Hierauf muss unsere Polizei reagieren können. Dabei bleibt die oberste Erwartung unserer Bevölkerung die sichtbare Präsenz von Polizeibeamtinnen und -beamten in Uniform. Herr Lander, wie man angesichts dessen auf die Idee verfallen kann, die Schwerpunkteinsätze in der Saarbrücker City zu diskreditie
ren, das verstehe, wer will. 41 Kontrolltage fanden gezielt an Orten mit gehäuften Delikten statt. Das entsprach genau dem, was die Landeshauptstadt gefordert hat. Das erwarteten die Geschäftswelt und die Bevölkerung. Das konnte unsere Polizei mit der personellen Enge leisten.
Und dann kommen Sie! Wenn man als innenpolitischer Sprecher den Landespolizeipräsidenten - das ist Norbert Rupp, es war eine Unverschämtheit, was Sie eben geäußert haben - mitsamt seiner Organisation und seinem Stellvertreter, die sich ziemlich einig sind, als Dummschwätzer bezeichnet, dann hat man es echt gepackt! Daran sieht man deutlich, wie meilenweit Sie mit Ihren Ideen von der Realität entfernt sind. Also echt, Herr Lander, Chapeau, da ziehe ich meinen Hut!
Frau Spaniol, Ihr heutiger Antrag macht das nicht besser. Was Sie Konzept nennen, zeigt nur, dass Sie nichts verstanden haben. Es steht drin, Sie würden auf einen Abbau von Polizeistellen verzichten. Verzichten? - Heißt das, Sie verbieten, Leute in den Ruhestand zu schicken? Was man erreichen will, muss man doch Jahre vorher anlegen! Genau das haben Minister Bouillon und diese Koalition getan, und zwar sehr kontinuierlich. Wir haben die Anwärterzahlen seit 2012 erhöht, 100 Stellen und 120, jetzt sind es 129, im nächsten Jahr werden es 150 sein und danach 140 und 130 Stellen. Das wirkt alles in drei bis vier Jahren. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen. Insofern ist „verzichten“ kein Konzept. Von sprunghaftem Aktionismus ist nichts zu erkennen. Es ist ein kontinuierliches Kümmern im Rahmen dessen, was der Haushalt erlaubt. Genau das ist jetzt wieder geschehen. Dafür herzlichen Dank.
Es ist auch nicht ganz überraschend, dass die AfD ihre Messerstecher-Theorie wieder aufwärmt. Aber wie lauten die häufigsten Vornamen der Messerstecher? - Nein, nicht Mohammed oder Yussuf, sondern Michael und Daniel. Was müssen Sie enttäuscht gewesen sein, Herr Müller!
Ich kann nur sagen: Völlig falscher Ansatz!
Merken Sie sich einfach: Wir wollen, dass niemand bei uns mit einem Messer rumläuft, egal welcher Nationalität. Klaus Bouillon hat die Möglichkeit eröffnet,
Waffenverbotszonen einzurichten. Das sind Lösungen, das ist konkretes Handeln, das unsere Bevölkerung schützt, nicht Ihr xenophobes Spiel mit der Angst und auch nicht Ihre perfide Baller-Baller-Argumentation.
Was soll das sein in Ihrem Antrag? - Sie schreiben von einer erheblichen Zahl von Vorfällen, ausgehend von Gruppen junger Männer, in der Regel mit Migrationshintergrund. Diffuser und einseitiger geht es ja wohl kaum! Fakt ist: Die Beteiligung von Migranten an Straftaten liegt bundesweit im Schnitt bei circa 10 Prozent, bei einzelnen Deliktsgruppen, zum Beispiel Rauschgiftkriminalität oder organisierter Kriminalität, variiert sie durchaus in Richtung 20 Prozent. Das wurde jüngst in einer Veröffentlichung des Bundeskriminalamtes zusammengefasst. Hier sind passgenaue Maßnahmen dringend erforderlich, keine Frage, aber nicht Ihr pauschales Wischiwaschi.
Ich finde es übrigens ebenso sträflich, Straftaten künstlich hochzupushen, wenn sie lediglich Einzelfälle darstellen oder Dinge darstellen, die man schon mit besserer Planung und Kommunikation hätte in den Griff bekommen können. So sehe ich die Situation in Saarlouis. So wurde uns das im Ausschuss vom stellvertretenden Polizeipräsidenten geschildert. Da war keine Rede von geordnetem Rückzug. Es wurde ausdrücklich gesagt, die Beamtinnen und Beamten sind zum Anlegen ihrer Schutzausrüstung für fünf Minuten zur Polizeiinspektion gegangen und waren stante pede wieder zurück am Ort des Geschehens, aber dort hatte sich das Geschehen schon wieder aufgelöst. Da muss man die Informationen nehmen, wie sie genannt wurden, und damit umgehen.
Das heißt, wir müssen die richtigen Ziele verfolgen, aber nicht mit den falschen Argumenten. Wer schützt uns also vor Populisten von rechts und links? Ich sage, ein kluger Faktencheck. Die Aufklärungsquote etwa ist in den letzten Jahren permanent gestiegen. In diesem Jahr konnten wir von den Verbrechen, die in der PKS vermerkt sind, anteilig mehr aufklären.
Die Resteliste, von der Hugo Müller berichtet hat, enthält die unbearbeiteten Fälle. Auch diese konnten in den letzten Jahren gegen null geschrumpft werden. Das alles sind auch nur Indizien, aber Indizien für eine funktionstüchtige Sicherheitsarchitektur. Nicht zuletzt und ganz besonders braucht es unbeirrte und beherzte Politikerinnen und Politiker, die nicht nur reden, sondern umsichtig handeln.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fordere Sie alle auf, seien Sie Teil der Lösung und nicht des Problems. Die Sicherheit in
unserem Land verdient redliche Aufmerksamkeit und Sorge. Dann können wir auch künftig ruhig schlafen. - Vielen Dank.
Auch wenn die Zeit kurz ist, muss sie reichen, um ordentlich zuzuhören und ordentlich zu zitieren. Ich habe nicht von diesem Aktionismus gesprochen, sondern ich habe an der Stelle zitiert und es vielmehr widerlegt. Es geht darum, deutlich zu machen, dass wir nachhaltig, zügig und kontinuierlich gehandelt haben und eben nicht sprunghaft. So viel Zeit muss sein, ordentlich zuzuhören und nicht noch falsch zu zitieren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In den nächsten Wochen werden sich in unserem Land die neu gewählten kommunalen Räte konstituieren - fünf Kreistage, eine Regionalversammlung, 42 Städte
und Gemeinderäte und über 500 Ortsräte. Das sind überschlagen gut 7.000 Menschen in unserem Land, die sich etwas vorgenommen haben und unser Land gestalten wollen. Dafür ist zunächst einmal wichtig, dass sie eine gute Finanzausstattung haben.
Die Programme, die sie umsetzen wollen, konnten wir lesen. Ganz häufig kam darin Sanierung und Ausbau der Straßen XY in den Wohngebieten vor, denn viele unserer Städte und Gemeinden mussten notwendige Investitionen zurückstellen. Man spricht bundesweit von Investitionsdefiziten von ungefähr 40 Milliarden Euro, circa 1 Prozent oder ein bisschen mehr davon dürfte bei uns im Saarland liegen.
Wir haben unlängst viel getan, um den Kommunen eine deutlich verbesserte finanzielle Grundlage zu geben - mit dem Saarland-Pakt und seinem Volumen von 50 Millionen Euro zusätzlich. Das ist eine riesige und wichtige finanzielle Entlastung für die Arbeit, die diese Räte leisten. Wir haben aber von Beginn an im Saarland-Pakt immer auch rechtliche Verbesserungen für unsere Kommunen mitverhandelt. Die Punkte, die heute vorliegen, haben einen Teil dieser Wünsche ausgemacht und beziehen sich auf Abgaben. Wir kommen mit diesem Artikelgesetz den Wünschen nach. Weiterhin war es eine Verabredung zwischen den Koalitionspartnern im Koalitionsvertrag, sich um die wiederkehrenden Beiträge und die Tourismusabgabe, zu kümmern. Daran können Sie sehen, dass das Miteinander von Land und Kommunen im Saarland funktioniert, genauso wie die Große Koalition.
Mit Blick auf Uhr und Tagesordnung will ich nur auf zwei Aspekte des Entwurfs eingehen. Mit der Einführung einer neuen Abgabe schafft man sich üblicherweise ja keine neuen Freunde. Die Abgaben sind aber ein notwendiges Mittel, um Kosten gerecht zu verteilen. Die Kosten fallen ohnehin an. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist, wie verteilen wir sie gerecht. Ich möchte gerne darlegen, weshalb ich dieses Mittel der Abgabe für gerecht halte. Gerecht ist es dann, wenn wir die Kosten dorthin verteilen, wo der Profit einer Maßnahme liegt, und dass diejenigen, die mehr profitieren, mehr zahlen als andere. Nixon hat es einmal mit den folgenden Worten ausgedrückt: Wir können die Besteuerung niemals populär machen, aber wir können sie fair machen.Das muss unsere Anstrengung sein.
Stichwort Straßenausbau. Aus Bürgersicht ist die Lösung, die uns der Kollege Georgi vorgeschlagen hat, natürlich immer klar favorisiert. Am besten zahlen Land und Kommunen alles. Dieses Denken spiegeln auch die aktuellen Novellen in anderen Bun
desländern, welche die Beitragszahlungen vollständig abschaffen, häufig auch infolge von Volksinitiativen. Das sieht auf den ersten Blick gut aus, Herr Georgi. Auf den zweiten Blick ist das aber nicht so. Wenn man als Bürgermeisterin oder Bürgermeister in Verantwortung steht, kann man sich damit sozusagen einen schlanken Fuß machen. Das Land trägt die Anliegerkosten und man selbst sammelt Sympathiepunkte bei den Wählerinnen und Wählern, weil man sie von ihrer finanziellen Belastung und Beteiligung entbindet. Scheinbar so, aber am Ende wird die Straße dann entweder nicht gebaut oder der Bürger zahlt die Straße über andere Wege - wenn nicht über akute Einzelbescheide oder die kontinuierlichen Beiträge, dann über erhöhte Steuern. Das ist der Weg, der in anderen Bundesländern zum Teil gegangen wird. Was die Gemeinde aber interessieren muss, ist, dass die Arbeit so erledigt wird, dass die Bevölkerung am Ende erlebt, dass die Straßen tatsächlich ordentlich gebaut sind. Dadurch dass die Kommunen in Bayern, Thüringen und Vorpommern diese Abgabe als autonome Finanzierungsquelle ihrer Aufgaben aufgegeben haben und nun auf volatile Landesleistungen angewiesen sind, geben sie meines Erachtens nach nämlich die wichtige Steuerungsmöglichkeit auf, wann welche Straße saniert wird. Das ist aber die vornehmliche Aufgabe unserer Kommunen. Das Letzte, was eine Gemeinde für ihre Bürger wollen kann, ist, dass bei schlechter Kassenlage eines Landes gar nichts passiert oder dass es auch umgekehrt Verteilungskämpfe gibt, welche Straße zuerst gemacht wird. Ich denke, es ist genau richtig so, wie wir es jetzt tun: Sowohl die Zuständigkeit als auch die Finanzverantwortung liegt in einer Hand und das ist auf der kommunalen Ebene absolut richtig angesiedelt.
Ich bin auch keine Freundin davon, dass es den Kommunen freigestellt wird, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben oder nicht, wie wir es 2001 hier im Land eingeführt haben. Es geht nicht darum, sie zu bevormunden, aber ich bin davon überzeugt, dass, sobald eine Freistellung von der Erhebungspflicht möglich ist, grundsätzlich ein hoher Druck auf Bürgermeistern und Räten lastet, davon auch Gebrauch zu machen. Das ist die Situation, die wir im Moment haben. Die Hälfte der Kommunen im Saarland macht davon Gebrauch. Vor allem reiche Kommunen werden den Konflikt mit den Bürgern scheuen, wohingegen finanzschwache Kommunen, die auf das Geld angewiesen sind, vielleicht einen zusätzlichen Standortnachteil erleiden. Deshalb begrüße ich die einjährige Frist in Artikel 30, sich für eines der Beitragssysteme zu entscheiden.
Es bleibt die Frage, wie wir die Kosten am gerechtesten verteilen und auf welchem Weg die finanzielle Belastung für die Bürgerinnen und Bürger am besten zu verkraften ist. Da kennt das Saarland das Instrument der wiederkehrenden Beiträge schon seit 2001. Dieses Instrument bietet den Vorteil, dass man Jahr für Jahr kalkulieren muss, wie hoch die Beiträge sind, damit man konkrete Maßnahmen erledigen kann. Einmalig sind es in der Regel ja 5.000 Euro bis 10.000 Euro, die zwar zweckgebunden verwendet werden, aber da ist jeweils eine große Summe im Raum. Bei den wiederkehrenden Beiträgen sprechen wir von etwa 80 Euro im Jahr. Der zweite wichtige Punkt ist, dass die Gelder von den Kommunen zweckgebunden nur für grundständige Sanierung von Straßen zu verwenden sind. Die Gemeinde muss immer transparent machen, wo und wie die Mittel verwendet werden. Ich glaube, das ist der Anspruch, den unsere Bürgerinnen und Bürger haben und dem man mit diesem Instrument nachkommen kann.
Warum haben sich wiederkehrende Beiträge bislang nur in Püttlingen durchgesetzt? Haupthemmnis war wohl die komplizierte rechtliche und auch teure Einteilung der Abrechnungsbezirke nach funktionalen Kriterien. Es gab 2014 eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum KAG in RheinlandPfalz, inzwischen sind demnach allein räumliche Zusammenhänge maßgeblich. Das macht es einfacher. Diese Vereinfachung hat unser Ministerium nun in ein Gesetz gegossen, das ich sehr begrüße. Aus den Reihen des saarländischen Städte- und Gemeindetags hört man auch, dass einige Gemeinden wirklich darauf warten, wiederkehrende Beiträge in unserem Land umzusetzen. Möge dies gelingen, kann man da nur sagen.
Stichwort Tourismus. Der Tourismus ist eine Erfolgsstory, wie der Minister eben ausgeführt hat. Wir freuen uns im Saarland über 3,16 Millionen Übernachtungen im letzten Jahr, über 1 Million davon allein im Landkreis St. Wendel. Dahinter stecken jahrzehntelange persönliche Anstrengungen für unsere Heimat und um diese für Touristen interessant zu machen. Dahinter stecken natürlich auch enorme finanzielle Leistungen. Kein Stausee trägt sich selbst, Rad- und Premiumwanderwege wollen angelegt und unterhalten, Investoren gelockt und Festivals organisiert werden. Um die Tourismuskonzeption Saarland 2025 umzusetzen, brauchen unsere touristisch bedeutenden Gemeinden zusätzliche Finanzierungsinstrumente. Übrigens ist die Bettensteuer, Herr Georgi, durchaus etwas anderes als die Tourismusabgabe, die wir hier vorstellen. Ich empfehle Ihnen mal die Stellungnahmen des Deutschen Tourismusver
bandes hierzu. Das sind unterschiedliche Instrumente, diese Abgabe ist das, was wir ganz klar favorisieren. Die Abgabe wird ja von den übernachtenden Gästen gezahlt und ähnlich wie eine Kurtaxe von den Beherbergungsbetrieben als durchlaufender Posten erhoben und an die Gemeinde abgeführt. Zahlen muss jeweils, wer in der Gemeinde übernachtet, dort nicht heimisch ist und nicht geschäftlich unterwegs ist. Wer auf einer Geschäftsreise ist, braucht die Abgabe nicht zu leisten. Wie hoch die Abgabe ist, legt die Gemeinde per Satzung fest. Der Betrag dürfte aber deutlich unter 1 Euro pro Tag liegen.
Der ebenfalls zweckgebundene Tourismusbeitrag wird von Personen und Betrieben gezahlt, die vom Tourismus in einer Gemeinde wirtschaftlich profitieren. Wir können gespannt sein, ob und wie unsere Gemeinden diese Option nutzen werden. Ich kann sie dazu nur ermutigen, denn jeder Euro, der von Touristen ausgegeben wird, zahlt bei uns in den Gemeinden dreifach ein und kommt auch unseren Bürgerinnen und Bürgern zugute. Attraktionen, Naherholung, Gastronomie, Arbeitsplätze und vieles mehr, das ist das, was den Tourismus und die weitere Entwicklung hier im Saarland prägt. Deshalb dürfen wir froh sein, dass wir dort wohnen dürfen, wo andere sehr gerne Urlaub machen. Darauf sind wir stolz, dafür sollten wir dankbar sein.
Meine Damen und Herren, mit diesem Artikelgesetz geben wir unseren Gemeinden, Städten und Kreisen im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung neue Optionen für eine ursachengerechte Beteiligung ihrer Bürger an den kommunalen Aufgaben an die Hand. Wir werden in der Anhörung erfahren, wie sich die Gebietskörperschaften und Fachverbände hierzu stellen. Ich freue mich insofern auf die Behandlung im Innenausschuss und bitte um Ihre Zustimmung in Erster Lesung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Hörerinnen und Hörer! Es ist nicht mehr zu übersehen, wenn wir durch die Orte fahren: In weniger als vier Wochen ist Wahl im Saarland. Es findet nicht nur e i n e Wahl statt. Je nach Wohnort unserer Bürgerinnen und Bürger sind es bis zu sechs Wahlen. Das ist nicht nur eine Herausforderung für die Wählerinnen und Wähler. Es ist insbesondere eine Herausforderung für diejenigen, die diese Wahlen zu organisieren haben, seien es die Wahlleiterinnen und Wahlleiter auf Landes- oder Kreisebene oder in den Gemeinden. Die Ämter und Helfer haben eine große Aufgabe, die Konsistenz und die Rechtssicherheit dieser Wahlen umzusetzen. Die unterschiedlichen Wahlen beinhalten unterschiedliche Formvorschriften, Regularien und Fristen. Das ist eine spannende Sache. Ich durfte elf Jahre lang ein Hauptamt in einer Kreisverwaltung leiten. Ich weiß, dass die Spannung nicht nur bei den Parteien steigt, sondern auch bei den Personen, die sich um die Wahldurchführung kümmern. Das ist eine Zielgruppe, der wir heute einmal Danke sagen sollten.
Vor einem knappen Jahr haben wir im saarländischen Landtag gefordert, dass behinderte Menschen, auch wenn sie unter vollständiger amtlicher Betreuung stehen, nicht pauschal vom Wahlrecht ausgeschlossen werden dürfen. Zu dieser Forderung stehen wir. In dieser Haltung haben uns zwischenzeitlich hochrichterliche Urteile bestätigt. Bis vorhin habe ich geglaubt, dass wir uns in dieser Haltung in diesem Hause auch im Wesentlichen einig sind. Die Gedankenwelt, die der Kollege Dörr eben geöffnet hat, lässt mich allerdings an der Urteilsfähigkeit einiger einzelner Gewählter zweifeln.
Aber das soll uns jetzt nicht weiter berühren. Es geht um die Wahl in vier Wochen. Es ist nach unserer Auffassung richtig, keine vorschnellen Wahlrechtsänderungen vorzunehmen, wenn wir dieses inklusive Wahlrecht fordern. Die Gründe hierfür will ich noch einmal nennen. Meine Fraktion hielt und hält es immer noch für falsch, jetzt im Vorgriff auf erst seit Kurzem vorliegende Urteile und auch heute noch nicht vorliegende bundes- und europawahlrechtliche Regelungen zu reagieren und Realitäten zu verändern. Die Bundesländer, die das getan haben - Herr Georgi hat vorhin darauf hingewiesen -, werden aller Voraussicht nach ihr Kommunalwahlrecht erneut ändern müssen. Es ist nicht richtig zu meinen, dass sie die Lösung bereits gefunden hätten.
Unsere Fraktion hielt und hält es ebenso für falsch, die erforderliche Klarheit über die Frage, wer im laufenden Wahlzyklus wahlberechtigt und damit auch berechtigt ist, bei der Listenaufstellung mitzuwirken oder zu kandidieren, im laufenden Zyklus grundsätzlich zu verändern. Dieser Zyklus beginnt, wie die Venedig-Kommission sagt, etwa ein Jahr vor jeder Wahl.
Schließlich ist es unsere Überzeugung, dass die Wählerverzeichnisse der gleichzeitig stattfindenden Europa- und Kommunalwahlen möglichst nicht auseinanderfallen sollten. Genau dies wäre aber geschehen, wenn wir in den letzten zehn Monaten parlamentarisch gehandelt hätten. Dies hätte die Rechtssicherheit der bevorstehenden Wahlen gefährdet. Das wäre meines Erachtens übrigens auch der Fall, wenn wir dem Antrag der LINKEN folgen würden.
Deshalb ist und bleibt es richtig, ausschließlich nur das zu regeln, was die unterschiedlichen Wahlen am 26. Mai möglichst einheitlich hält und gleichzeitig den bestmöglichen Zugang für möglicherweise zu Unrecht ausgeschlossene Personen eröffnet. Dagmar Heib hat die entsprechende Übergangsregelung ausführlich vorgestellt. Ja, es ist nur eine Übergangsregelung, denn Wahlrecht ist aus unserer Sicht kein Antragsrecht. Sie ist aber eine salomoni
sche und vor allen Dingen praktikable Regelung. Der Antrag ist schriftlich, aber ansonsten formlos. Deshalb stellt er auch keine Hürde dar, jedenfalls keine Hürde, die wir mit den Unterstützungen, die von den Wahlämtern geleistet werden, nicht nehmen könnten. Sie schafft Rechtssicherheit für die kommende Wahl und lässt uns gleichzeitig die notwendige Zeit, das aufzuarbeiten, was für eine endgültige Regelung noch zu klären ist.
Wir wissen nämlich noch recht wenig darüber, wie sich die Situation in unserem Land genau darstellt. Inwiefern wurden zum Beispiel bislang Betreuungen in allen Angelegenheiten ausgesprochen? Die erste Erkenntnis, die wir dazu gewonnen haben, ist, dass sie von Vormundschaftsgericht zu Vormundschaftsgericht unterschiedlich gehandhabt werden. Worauf gehen die aktuell circa 850 Wahlrechtsausschlüsse im Einzelnen zurück? Da sind auch Wachkomapatienten oder Demente darunter, die per Gerichtsbeschluss und sozusagen im Einzelentscheid, ähnlich wie das der Entwurf der LINKEN vorsieht, ausgeschlossen sind und bleiben. Diese sind von den jetzt vorliegenden Urteilen gar nicht betroffen. Wir wissen derzeit nicht: Wie viele sind die schon genannten psychisch kranken Straftäter oder vollständig amtlich Betreuten, die damit pauschal und zu Unrecht ausgeschlossen sind? - Wir müssen uns dann aber auch fragen, ob alle aus dieser letzten Gruppe tatsächlich ihren politischen Willen bilden können und in der Lage sind, selbst zu wählen, wie die Kollegin Berg dies eben dargestellt hat, oder eben nicht, und müssen dann festlegen, wie wir das formal abgrenzen wollen. Das ist die Frage, die sich auf bundesund europarechtlicher Ebene ebenfalls stellt, das sollten wir dann auch möglichst einheitlich lösen.
Die LINKE glaubt, mit ihrem Antrag die Lösung hierfür bereits gefunden zu haben, nämlich allein mit richterlichen Einzelentscheidungen. Ich respektiere die Argumentation, allein sie überzeugt mich nicht. Wer meint, man müsste nur alle pauschalen Wahlrechtsausschlüsse im Kommunalwahlrecht streichen und wäre dann auf der sicheren Seite, unterliegt meinem Verständnis nach einem Irrglauben und gibt manchem Behinderten auch Steine statt Brot. Denn für die Personen, die nicht in der Lage sind, ihren politischen Willen zu äußern, müssen wir ja nach wie vor sicherstellen, dass nicht etwa Dritte sich anmaßen, dies unberechtigt in ihrem Namen zu tun.
Überdies haben Sie auch zu wenig Augenmerk auf die kurzfristige Umsetzbarkeit Ihrer Regelung und die Konsistenz zur Europawahl gelegt. Deshalb ist unser Credo nach wie vor: Sorgfalt geht vor Schnelligkeit. Daher ist der von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Antrag ebenso weise wie der Beschluss, den das Bundesverfassungsgericht zum Europawahlrecht am 15. April gefasst hat. Aber weil ja auch in Ihrer Fraktion einige kluge Köpfe sitzen, bin ich
mir sicher, dass auch Sie erkennen, dass wir mit diesem Kompromiss für diese Wahl die beste aller Lösungen gefunden haben.
Deshalb bitte ich Sie herzlich: Gehen Sie in jeder Hinsicht sorgsam mit den berechtigten Interessen Schwerbehinderter um, tragen Sie unsere Übergangslösung mit und bringen Sie sich nach dem 26.05. für eine wirklich tragfähige Neuregelung ein! Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir hier im Parlament einen Gesetzentwurf einbringen, müssen wir zunächst sorgfältig überlegen, ob überhaupt Handlungsbedarf besteht und wie wir mit der neuen Norm Realitäten verändern. In besonderem Maße gilt das, wenn wir in das aktive und passive Wahlrecht unserer Bürgerinnen und Bürger eingreifen, denn das muss besonders transparent, besonders nachvollziehbar sein und vor allen Dingen auf große Akzeptanz stoßen.
Wir befinden uns ja gerade vor einer Kommunalwahl mit 37 Direktwahlen, da wählen wir die Persönlichkeiten, die die Herzstücke unseres Landes steuern, die die Lebensverhältnisse unserer Bürgerinnen und Bürger vor Ort gestalten. Da will ich zunächst mal festhalten, es ist, zumindest was meine Partei anbelangt, im Zuge der Nominierungen nicht aufgefallen, dass Kandidatinnen und Kandidaten dort ins Gespräch gebracht worden wären, die nicht deutlich innerhalb der jetzigen Altersspanne der Wählbarkeit liegen, und die ist im Saarland zwischen 25 und 65 Jahren. Mir ist auch keine verhinderte Einzelbewerbung bekannt, wo jemand jenseits seines 65. Geburtstages gesagt hätte: Ich wäre gern angetreten, um euer Bürgermeister oder eure Landrätin zu werden. Insofern führen wir hier eine zwar wichtige, aber durchaus einigermaßen theoretische Debatte. Ich behaupte, mit der Änderung des Wählbarkeitsalters, also dem ersten Punkt Ihres Antrags, würden wir im Saarland keinerlei Realitäten verändern.
Wer dagegen meint, dass nicht die saarländische Realität, sondern der Vergleich reich macht, der kann in die Republik kucken. Dort sehen wir, dass wir mit einer Altersgrenze von 65 Jahren auch durchaus noch im Bundesmittel liegen. Bei der Altersuntergrenze ist das übrigens etwas anders. Da bilden wir im Saarland mit 25 Jahren die Spitze. Es ist interessant, Herr Dörr, dass Sie dieser Grenze in Ihrem Antrag überhaupt keine Beachtung schenken.
Ganz offensichtlich bestimmt das Sein Ihrer Partei das Personal, das Denken, ich denke dabei an die Idee, die Sie eben hier zur Einarbeitung eines Nachfolgers vorgestellt haben; das ist ja mehr als skurril an dieser Stelle Ihr Bewusstsein.
Aber selbstverständlich gehören Altersgrenzen immer wieder einmal auf den Prüfstand. Das Alter ist ja per se keine Qualifikation und es unterliegt in seinen Wirkungen individuellen Schwankungen, aber auch gesellschaftlichen Entwicklungen. Wir werden heute älter, wir leben länger, wir sind länger fit, und unsere Jugend ist auch früher am Start. Das nehmen wir mit Freude zur Kenntnis.
Nicht zuletzt können Altersgrenzen auch diskriminierend sein. Darauf haben Sie ja auch völlig zu Recht hingewiesen. Deshalb kurz einmal ein Blick auf die juristische Seite. Das Bundesverfassungsgericht hat in zahlreichen Urteilen Höchstaltersgrenzen zur Sicherung der Leistungsfähigkeit sowie zur Wahrung einer ausgewogenen Altersstruktur als gerechtfertigt angesehen. Ich will einmal zitieren. Das Bundesverfassungsgericht sagt, diese seien „im Interesse der Allgemeinheit an einer kontinuierlichen und effektiven Amtsausübung“ von hauptamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Dabei gesteht das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber ausdrücklich zu, auch pauschale Annahmen zu machen. Er darf davon ausgehen, dass ein bestimmtes Alter die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit begrenzt, auch wenn im Einzelfall die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt sein muss. Wenn ich einen Blick auf die Regierungsbank werfe - Herrn Bouillon haben Sie ja schon erwähnt -, aber auch auf die Reihen der LINKEN, dann werden Sie mir sicher beipflichten, dass die Abgeordnetenkollegen Bouillon und Lafontaine auch heute noch respektable Bürgermeisterkandidaten abgäben. Aber die beiden sind doch auch, wenn ich das so sagen darf, Ausnahmeerscheinungen.
Und irgendwann kommt dann auch die Zeit, Platz für Jüngere zu machen. So viel zum Thema ausgewogene Altersstruktur.
Ein Aspekt, der bei uns im Saarland aber sicher besonders gewürdigt werden muss, das ist die Wahlperiode und die Amtsdauer für einzelne Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Landrätinnen und Landräte. Die ist nämlich im Saarland spitze. Wir wählen auf zehn Jahre und die Parteien und Einzelbewerber machen damit bei der Direktwahl den Wählerinnen und Wählern ein Personalangebot auf doch recht lange Sicht. Für den Wahlerfolg lebensälterer Kandidaten wirkt sich das meines Erachtens
eher nachteilig aus, zumal wenn man zur Kenntnis nimmt, dass auch in den Ländern, die einem gewissen Trend folgend diese Altershöchstgrenze aufgelöst haben, auch keine 70-jährigen Kandidatinnen und Kandidaten nominiert wurden.
Dann kommen wir zu dem für mich entscheidenden Punkt. Das ist das zweite Gesetz, das Sie ändern wollen, das Saarländische Beamtengesetz. Wenn wir die dort geregelte Altersgrenze für Wahlbeamtinnen und -beamte mit in den Blick nehmen - die ist ja im Saarland auf 68 festgesetzt -, dann ergibt sich für mich tatsächlich ein gewisser Bruch, denn einerseits gestehen wir einem Endvierundsechziger noch zu, dass er wählbar ist, wir würden ihn aber bereits drei Jahre später in den Ruhestand verabschieden. Das ist aus meiner Sicht tatsächlich nicht schlüssig. Unter diesem Gesichtspunkt ist die CDU-Fraktion bekanntermaßen auch offen für eine moderate Anhebung dieser Ruhestandsregelung: zwei Jahre länger, so, wie wir das 2013 für alle übrigen Beamtinnen und Beamten geregelt haben. Das wäre aus meiner Sicht konsistent. Wir fühlen uns aber nicht nur an die Koalition gebunden, sondern - das will ich auch noch einmal betonen - wir tragen das geltende Wahlrecht in allen Teilen so, wie es jetzt geschrieben steht, mit.
Insofern, meine Damen und Herren, kann die CDUFraktion dem vorliegenden Entwurf aus den genannten Gründen nicht zustimmen. Ich möchte aber nicht schließen, ohne ausdrücklich die Leistung noch einmal wertzuschätzen, die unsere kommunalen Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten, ob auf Gemeinde-, Stadt- oder Kreisebene, Tag für Tag erbringen. Bei den öffentlichen Ausschreibungen dieser Ämter werden ja gar keine expliziten Anforderungen an die fachliche Qualifikation dieser Personen gestellt. Aber es gilt dann, Tag für Tag ganz vieles zu leisten. Eine Verwaltung von 20 bis weit über 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu leiten, zusätzlich Eigenbetriebe, Beteiligungen zu führen, die Gebietskörperschaft nach außen zu vertreten, den Vorsitz von Räten und Ausschüssen zu führen, die rechtswirksame Entscheidungen fällen und vieles mehr. Diese umfangreichen Aufgaben verlangen hohe Fachlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Durchsetzungsvermögen, Führungskraft, juristisches, betriebswirtschaftliches und auch technisches Verständnis und nicht zuletzt auch Redegewandtheit und öffentlichkeitswirksames Auftreten. - All das könnten Begriffe aus einer Stellenausschreibung für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Landrätinnen und Landräte sein. Schon deshalb dürfen wir in unserem Wahlrecht nicht den Eindruck erwecken, Bürgermeister kann jeder.
Also hohe Achtung vor allen Amtsinhaberinnen und inhabern und vor all denen, die sich am 26. Mai zur Wahl stellen, dieser Direktwahl, zu der wir nur sagen
können: „Bonne chance!“, mögen die Besten gewinnen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Jeder weiß wohl, wie es sich anfühlt, wenn man merkt, man wird nicht ernst genommen oder es wird eine Sache nicht ernst genommen. Oftmals verrät es der Unterton, eine kleine Geste, die Form, eine inhaltliche Schwäche, dass es da jemand nicht ehrlich meint, dass sich jemand lustig macht oder versucht, einen hinter die Fichte zu führen, um für sich Kapital daraus zu schlagen. Sie, Herr Müller, geben sich noch nicht einmal die Mühe, Ihre Geringschätzung von Themen, von Gremien und Menschen irgendwie subtil auszudrücken. Mit dem vorliegenden Antrag versuchen Sie in vier Sätzen, auf der Basis von Halbwahrheiten und Hirngespinsten Handlungsbedarfe zu konstruieren, die dann natürlich ebenso falsch sind.
Das ist nicht nur eine Missachtung des Parlaments, das ist insbesondere auch eine Missachtung unserer Bevölkerung, und das lassen wir Ihnen selbstverständlich nicht durchgehen.
Völliger Humbug ist schon einmal, etwas zu beantragen, was längst Realität ist. Und Fakt zum Thema Identitätsfeststellung ist gerade im Saarland, dass wir ja bekanntlich das Bundesland waren, das als erstes ein biometrisches Fingerabdruckverfahren eingeführt hat, weil selbstverständlich die Identität der wesentliche Schlüssel für alle weiteren Entscheidungen ist, die im Asylverfahren, im Aufenthaltsrecht folgen, und zwar ausdrücklich inklusive einer korrekten Altersfeststellung. Auch dafür haben wir im Saarland pionierhaft gewirkt. Übrigens bietet zwischenzeitlich, seit das Saarland Ankerzentrum ist - Herr Georgi, vielleicht fahren Sie mal da hin, da ist nach wie vor niemand eingesperrt -, das biometrische Verfahren, dieses neue Identitätsmanagementsystem, noch bessere Datenqualität und mehr Sicherheit.
Das heißt, wir tun im Saarland ernsthaft alles, was technisch und auch organisatorisch in einer Ausländerbehörde möglich ist - das haben wir früher alleine gemacht, inzwischen haben es die Länder Hessen und Bayern nachgemacht -, damit jeder Migrant, der sich im Saarland aufhält und in den gängigen nationalen sowie europäischen Registern gemeldet oder registriert ist, eindeutig geführt wird.
Wie Sie vielleicht wissen, komme ich gerade von zwei äußerst intensiven und interessanten Tagen, an denen meine Partei die gesamte Prozesskette rund um die Migration sehr offen analysiert hat. Gerade zum Thema Identität und Altersfeststellung haben Kollegen und Experten mir gegenüber dem Saarland größten Respekt gezollt. Diesen Respekt
gebe ich sehr gerne an die Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition, aber auch an die Regierung weiter, vor allen Dingen aber an den, der mit viel Mumm diese Dinge durchgesetzt hat und auch weiterhin auf Ebene der Innenministerkonferenz unablässig für eine bessere Datenlage kämpft. Danke und gute Besserung von hier an unseren Innenminister.
Aber ich sage Ihnen auch: Ja, es gibt Lücken in der Identitätsfeststellung und Überprüfung. Diese Lücken liegen allerdings mitnichten im Saarland. Sie liegen vielfach außerhalb Deutschlands und jedenfalls außerhalb des Zuständigkeitsbereiches dieses Landtages. Sie liegen zum Beispiel in den Bundesländern, die die eben genannten Verfahren aus ideologischen Gründen ablehnen und einfach nicht anwenden. Sie liegen auch in den Parteien, die etwa dem - wie ich finde - sehr vernünftigen zweiten Datenaustauschverbesserungsgesetz widersprechen und sich dem entgegenstemmen.
Hierdurch wird etwas auf den Weg gebracht, was meines Erachtens dringend erforderlich ist, dass nämlich alle mit Migration befassten Behörden - ob bei der Gewährung einer Leistung oder bei der Beurteilung etwa von Sicherheitsrisiken - auf eindeutige Datensätze zurückgreifen können. Solange dies nicht gewährleistet ist, öffnet das dem Betrug Tür und Tor. Solange wir jeglichem strafbaren Fehlverhalten während des Gastrechts bei uns nicht entschieden begegnen, wird es auch zunehmend attraktiv werden, nach Deutschland zu kommen. Das ist dieser sogenannte Pull-Effekt.
Meine Damen und Herren, darüber waren sich alle Experten über Parteigrenzen hinaus am Wochenende einig: Das darf nicht weiter durchgehen!
Im Übrigen gilt das auch und gerade mit Blick auf diejenigen, denen wir Schutz gewähren wollen.
Dass es auch grober Nonsens ist, was Sie hier mit dem Lagebild Messer- und Stichwaffengebrauch vorgetragen haben, wurde ja schon aufgezeigt. Sie veranstalten damit einen wirklich faulen Zauber. Ich will Ihnen dies an einer Zahl veranschaulichen. Es ist schlicht falsch, wenn Sie behaupten, dass überwiegend Nicht-Deutsche in dieser Statistik vorkommen. Es sind nämlich 842 Personen Deutsche. Das sind knapp 56 Prozent der Fälle. Aber das hat Ihnen offensichtlich nicht ins Konzept gepasst.
Proportional zu was? Proportional zu den Fällen. Das ist ganz klare Datenbasis. Da können Sie die Zahlen auch nicht schönreden. Das ist einfache Stochastik, auch was die anderen 289 Fälle anbelangt,
die gar nicht erfasst sind, weil man der Täter nicht habhaft werden konnte. Da sind vermutlich genausoviele Deutsche darunter wie Nicht-Deutsche in den anderen Fällen. Das ist also völliger Unfug.
Die saarländische Polizei verfügt selbstverständlich über Eingriffsbefugnisse und Ausstattungsmittel, mit denen sie die Identität von gefassten Tätern feststellen kann. Deshalb ist Ihr Antrag ein weiterer Beleg, wie Sie die Leute bescheißen wollen. Aber es ist in diesem Fall wirklich ein sehr durchsichtiger Hokuspokus, Herr Müller.
Mein Fazit lautet: In dieser Prozesskette der Migration konnten wir in den letzten drei bis vier Jahren wirklich viele Regelungslücken schließen und wichtige Hilfsstrukturen von den Herkunftsstaaten bis zu unseren Kommunen aufbauen. Das Saarland war und ist dabei Vorbild, und zwar was beide Seiten der Medaille anbelangt. Wer etwas anderes behauptet, kann nicht ernst genommen werden.
In einer krisengeschüttelten und sich wandelnden Welt wird die Bewältigung von Migration auch weiterhin eine permanente politische Aufgabe für uns hier im Landtag bleiben. Ich will mit meiner Partei und meiner Fraktion alles dafür tun, damit von Deutschland und von der EU klare Botschaften ausgehen. Die umfangreichen Ergebnisse der CDUWerkstattgespräche Migration empfehle ich Ihnen insoweit als Lektüre und auch in der politischen Umsetzung. Die meines Erachtens wichtigste Botschaft lautet dabei: Unser Staat setzt geltendes Recht zügig um und lässt sich dabei nicht auf der Nase herumtanzen.
Hierzu gibt es keine Alternative und vor allen Dingen nicht in Form einer Partei, die sich so nennt und im gleichen Atemzug Rechtsstaat, Redlichkeit und Respekt mit Füßen tritt. Damit komme ich zu dem einzigen Satz Ihres Antrags, den ich teile: Dieser Zustand muss beendet werden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Dass wir diesen Popanz nicht mittragen, versteht sich von selbst.
Die ehemalige Ministerpräsidentin dieses Landes und jetzige Bundesvorsitzende muss nicht irgendetwas zurücknehmen. Natürlich wurde über Grenzkontrollen gesprochen. Aber es geht nicht um stationäre Grenzkontrollen, von denen Sie sprechen, sondern um mobile. Wir brauchen immer bilaterale Abkommen, damit wir wissen, wer in Europa oder in unserem Land unterwegs ist. Insofern empfehle ich wirklich noch einmal die Detailanalyse. - Danke schön.
Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Kennen Sie das Pinguin-Prinzip? Das ist eine, wie ich finde, sehr schöne Anekdote von Eckart von Hirschhausen. Sie beschreibt zum einen den Pinguin an Land. Sie können es sich ja vorstellen: Er ist ein bisschen dicklich, ungelenk, mit zu kurzen Armen und Beinen, scheinbar eine Fehlkonstruktion. Aber wenn der Pinguin ins Wasser springt, dann ist er in seinem Element. Er ist schneller, effizienter als jede menschliche Erfindung und vollbringt Meisterleistungen. Was sagt uns das? Nicht alles ist auf den ersten Blick so, wie es scheint, und man sollte nichts und niemanden unterschätzen. Wenn man nämlich die richtigen Rahmenbedingungen setzt, dann können Schwächen zu Stärken werden.
In der Vorbereitung auf die heutige Debatte bin ich auf diese Anekdote und dieses Prinzip gestoßen und ich sehe einige Parallelen. Schließlich ist auch unser Saarland mit einigen Handicaps und Beson
derheiten versehen. Wir nennen das „Strukturschwächen“ oder „Haushaltsnotlage“. Dennoch ist es uns gelungen, dass wir trotz Schuldenbremse, trotz Flüchtlingssituation und so weiter diesen Doppelhaushalt vorlegen können. Darauf hätte vor sechs Jahren, als ich zum ersten Mal zum Haushalt sprechen durfte, keiner hier einen Cent gewettet. Wir sind davon ausgegangen, dass der Haushalt 2019 richtig kritisch werden würde, dass wir liebgewonnene Projekte und Programme streichen müssten. Deshalb bin ich stolz, hier heute für das Innenressort einen Haushalt präsentieren zu können, der quasi in allen Haushaltsbereichen des Einzelplans 03 positive Trendwenden aufweisen kann. Das ist ein Beleg dafür, dass wir die Rahmenbedingungen so gesetzt haben, dass wir unsere Stärken ausspielen können. Diese Stärken sind Innovation, Zielstrebigkeit und ein gutes Miteinander. Deshalb können wir heute zu Recht zufrieden sein.
Zufrieden heißt nicht selbstzufrieden, heißt nicht euphorisch. Zufrieden sein heißt in dem Fall zuversichtlich sein - zuversichtlich aufgrund der Kraft, die aus der Ruhe kommt. Gerade im Innenressort ist es ganz entscheidend, dass wir die den inneren Frieden tragende Strukturen erhalten und stärken. Das sind unser unmittelbares Zuhause, unsere Wohnung, unser Wohnumfeld, unsere Kommunen mit all ihren Aufgaben der Daseinsvorsorge und der gesellschaftliche Zusammenhalt sowie die innere Sicherheit, und zwar faktisch sowie gefühlt. In all diesen Bereichen können wir mit diesem Einzelplan neue Akzente setzen. Darum danke ich zuvorderst unserem Innenminister Klaus Bouillon sowie seinen Fachleuten in den einzelnen Abteilungen und Organisationen. Vielen Dank, lieber Klaus. Ihr habt in diesem Jahr wieder ordentlich geschafft. Aber bei einem satten Ausgabenplus von 5,5 Millionen Euro beziehungsweise 19,3 Millionen Euro in 2020 müsst ihr dann nochmal eine Schippe drauflegen. Dafür viel Erfolg.
Über die Wertigkeit der Immobilie Saarland gab es ja bei der Einbringung des Haushalts sehr unterschiedliche Ansichten. Ich würde es so ausdrücken: Wir haben ein kleines, solides Familienhaus in schöner Lage. So ein Häuschen muss abbezahlt und regelmäßig renoviert werden. Das geht aber nur mit den verfügbaren Mitteln. Ich bin mir sicher, das kann jeder Saarländer und jede Saarländerin nachvollziehen. Benötigt man zum Beispiel neue Fenster, muss man dafür sparen, und nicht jeden Wunsch, der in der Nachbarschaft realisiert ist, kann man sich zu Eigen machen. Deshalb sind wir damit schon beim Thema Bauen und da tun wir es genauso. Wir schaffen aber eine Zukunftsinitiative. Diese zeigt sich in einem Baubudget im Einzelplan 20, das ab 2020 um
jährlich 10 Millionen Euro erhöht wird. Das zeigt sich im Einzelplan 14 in der Bauunterhaltung, die verdreifacht wurde. Dazu braucht man natürlich Personal, welches wir in 20 neuen Stellen im Einzelplan 21 finden.
Für den Mietwohnungsbestand in unserem Land wurden bereits attraktive neue Anreize gesetzt. Das gilt sowohl für das Sanieren als auch für den Neubau. Das Wohnraumförderprogramm des Bauministers, Frau Spaniol, ist nicht nur vollmundig angekündigt, wie Sie das sagen, es hat eingeschlagen wie eine Bombe.
Ich habe mit der SIKB telefoniert. Tun Sie das auch mal. Rufen Sie Herrn Allgayer oder Frau Woll mal an. Die wickeln das ab. Die können sich vor Anfragen kaum retten. Die ersten Anträge, sowohl für Sanierung als auch für Neubau, sind bereits im Ministerium in Bearbeitung.
Erstmals fragen auch Privatpersonen nach diesem Förderprogramm. Es werden auch kleinere Projekte realisiert. Das kann nur in unserem Interesse sein, denn wir wollen keinen sozialen Wohnungsbau über zehn Geschosse, sondern einen guten sozialen Mix.
Und in diesem Wohnraumförderprogramm sind auch schon ganz konkrete Projekte geplant. Ich war kürzlich auf einer Veranstaltung des Verbandes der Wohnungswirtschaft, der Kollege Flackus war auch da. Dort hat der Baudezernent der Stadt sehr umfangreiche Pläne, die auf diesem Programm fußen, vorgestellt. Wenn wir davon auch nur einen Teil realisieren können, dann belegt dies, dass wir offensichtlich die richtigen Anreize geschaffen haben. Und auch studentisches Wohnen wird dabei sowohl von der WOGE als auch von der Siedlungsgesellschaft der Stadt berücksichtigt.
Aber auch im ländlichen Raum und jenseits von Wohnberechtigungsscheinen - das will ich auch mal sagen - müssen wir für bedarfsgerechten Wohnraum sorgen. Die Leerstandsbeseitigung durch Abriss, Jung-in-Alt-Förderung oder moderater Abbau sind hier die Stichworte. Das wird in die integrierte Wohnraumstrategie münden, die ab 2020 mit deutlich erhöhten Städtebaumitteln hinterlegt ist, und wird in dem LEP Siedlung und der LBO ausgestaltet. Damit sorgen wir dann auch weiterhin dafür, dass man im Saarland ganz anders als in vielen Regionen und vielen Städten Deutschlands weiterhin vergleichs
weise sehr günstig und vor allem gut leben und wohnen kann.
Wir haben im Saarland eine sehr hohe Lebensqualität - auch das muss hier mal gesagt werden. Dass das so ist, dafür arbeiten vor allem auf der kommunalen Ebene ganz viele mit viel Herzblut. Da können anmaßende Wirtschaftsjournalisten Land, Leute und Leistung noch so schlechtreden. DAX, Bruttosozialprodukt und andere Wirtschaftsdaten geben die Leistungsfähigkeit eines Landes eben nur sehr einseitig wieder. Nicht wahr, Herr Steingart? Verwurzelung, ehrenamtliche Einsatzbereitschaft, der Spaß am Miteinander und vor allem der Mumm zum Selbermachen machen unser Saarland aus. Deshalb dürfen und werden wir nicht die kommunalen Strukturen am Reißbrett neu gestalten, sondern wir strengen uns mit den Koalitionsfraktionen, Ministerien und Kommunen mächtig an, um gemeinsam die Lebensqualität unserer heimatverwurzelten Bürgerinnen und Bürger mit den Strukturen vor Ort weiter zu steigern.
Damit bin auch ich beim wichtigsten Projekt nicht nur dieses Doppelhaushaltes, sondern der gesamten Legislaturperiode, nämlich dem Saarland-Pakt. Die Phänomene der kommunalen Finanzsituation im Saarland sind leidlich bekannt, ausufernde Kassenkredite, erdrückende Zinslasten mit dem entsprechenden Risiko, eng begrenzte Kreditwürdigkeit und fehlende Investitionsmittel. Und das beste Förderprogramm, um für Straßen, Kindertagesstätten, energetische Sanierung oder Bäder nutzt ja nichts, wenn unsere Städte und Gemeinden die Kofinanzierungsmittel dafür nicht aufbringen können.
Die gute Nachricht ist nun, diese Phänomene werden künftig der Vergangenheit angehören. Wir leiten mit dem Saarland-Pakt eine Trendwende ein, die den Kommunen zu neuer Finanzkraft und zu neuer Stärke verhelfen wird. KELF und Junkernheinrich´scher Lückenschluss haben bereits den richtigen Weg gezeigt, aber einen echten Ausweg, sprich Schuldenschnitt, Teilentschuldung, das haben wir der Initiative zweier Ministerpräsidenten zu verdanken, zum einen unserer ehemaligen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer mit dem von ihr hart verhandelten Bund-Länder-Finanzausgleich. Ich denke, das werden wir ihr nicht vergessen. Und dann die geniale Verwendung und Aufteilung dieser Mittel im Saarland-Pakt, die von Tobias Hans initiiert und unter seiner Regierung vornehmlich von Finanzminister Peter Strobel ausgearbeitet wurde. Damit sind die saarländischen Kommunen von jetzt auf gleich von der Hälfte ihrer Zinslasten befreit. Die Hälfte der Zinslasten sind ab 2020 für unsere Kommunen Geschichte! Sie sind nach unserem Ermessen bis 2065 von allen Liquiditätskrediten befreit.
Das ist ein Erfolg und das ist die Geschichte, die wir im Vorfeld der Kommunalwahlen erzählen müssen.
Die Botschaft lautet: Keine Kommune wird leer ausgehen, denn auch diejenigen, die keine Kassenkredite haben, werden über die Investitionsmittel profitieren, sodass auch diejenigen Städte und Gemeinden eine spürbare Finanzspritze erhalten, die aufgrund guten Wirtschaftens oder guter Gewerbesteuereinnahmen keine oder wenige Kassenkredite haben. Und diesen Erfolg lassen wir uns verdammt noch mal nicht kleinreden, nicht von links und nicht von rechts, denn jeder, der sich ehrlich macht und jeder, der kommunalpolitisch verwurzelt ist - aber das sind ja nicht alle hier im Raum -, weiß, was es heißt, Gebühren erhöhen und kommunale Angebote zurückfahren zu müssen. Das tut weh. Aber künftig dürfte Kommunalpolitik in diesem Land wieder Spaß machen.
Dass auch die Kommunen und ihre Verwaltungen sich ins Zeug legen und mit der Zeit gehen müssen, haben wir bereits beim Kapitel Digitalisierung gehört. Aber auch in der ebenenübergreifenden Zusammenarbeit liegen viele Einsparpotenziale. Deshalb verbinden wir die freiwillige Teilnahme am SaarlandPakt nicht nur mit der Verpflichtung, die restliche Kredithälfte ebenfalls binnen 45 Jahren zu tilgen, und zwar kontrolliert, sondern auch mit der Erwartung, dass hier deutlich mehr getan wird als bisher. Zum Beispiel muss bei Beschaffungen zusammengearbeitet werden, bei der Feuerwehr kann man sich auf saarlandweit gültige Ausstattungsmerkmale einigen, die im Übrigen nicht nur Kosten sparen, sondern im Notfall auch die Zusammenarbeit erleichtern. Das Vergabewesen ist kompliziert und es reicht meines Erachtens aus, wenn in jedem Kreis eine sehr kompetente Vergabestelle existiert, die die Arbeit für alle macht; Ähnliches gilt für das Liegenschaftsmanagement. Deshalb gilt auch für unsere Verwaltungen: Zusammen geht es besser, zusammen sind wir stärker, nur zusammen können wir eine innovative und bürgernahe Verwaltung realisieren.
Die Verwaltungen von Land und Kommunen müssen sich aber für diese Aufgaben fit machen. Dazu können wir unsere Beamtinnen und Beamten im Vergleich zu anderen leider nur mit deutlich schlechteren finanziellen Bedingungen ausstatten. Umso mehr müssen wir die Ausgestaltung der Arbeitsplätze und Vereinbarkeitsmodelle wie Telearbeit ausbauen und intensivieren. Denn unser Personal ist, egal in welchem Ressort, unser höchstes Gut, ohne dessen Leistungsbereitschaft, ohne dessen Kompetenz dreht sich in unserem Land kein Rädchen.
Die Beamtinnen und Beamten sehen auch, dass wir uns bemühen, ihre Arbeit zu würdigen, etwa im Zulagewesen, beim Thema Erfüllungsübernahme, durch erhöhte Beförderungsbudgets und verschiedentlich auch durch deutlich verbesserte Ausstattung. Wir tun, was in unseren Kräften steht, aber eine echte Trendwende bei der Besoldung steht mangels Masse leider aus. Deshalb will ich hier den öffentlich Bediensteten im Land und ihren Gewerkschaften nicht nur herzlich Danke sagen, dass sie gut und gerne für uns arbeiten, ich erwarte mir hier auch ganz klar die Unterstützung des Bundes, damit die erheblichen Besoldungsunterschiede auf mittlere Sicht konsequent abgebaut werden können, denn gleichwertige Lebensverhältnisse beinhalten auch gleichwertige Beschäftigungsverhältnisse.
Für die Polizei will ich hier einige der im Haushalt hinterlegten konkreten Verbesserungen kurz ansprechen. Es gibt 2,5 Millionen mehr für Ausstattung wie Körperschutz, Drohnen, technische Barrieren, Kennzeichenerfassung, Cybercrime und Onlinewache, denn unsere Polizei muss zeitgemäß arbeiten können und dafür auch gut ausgestattet sein. Das sehen wir völlig anders als Sie, Herr Lander, und es ist auch gut so, dass das hier deutlich wird. Wir sind sicherheitspolitisch maximal voneinander entfernt, denn Sie streichen dem Verfassungsschutz eben mal 1,5 Millionen Euro, wir satteln ihm 150.000 Euro drauf - auch hier für notwendige technische Ausstattungsmittel wie zum Beispiel Verschlüsselungstechnik, damit die Männer und Frauen dort ihre verantwortungsvolle Arbeit auch erfolgreich erledigen können, indem sie Extremisten entdecken und fassen, bevor sich erweist, dass sie ein Sicherheitsrisiko für unsere Bevölkerung waren.
Im Übrigen dachte auch ich wie unser Finanzminister, mich tritt ein Pferd, als ich den AfD-Vorschlag zur Ausstattungsverbesserung gelesen habe. 16 Pferde! Was hat Sie denn da geritten? Und vor allen Dingen, wo sollen diese 16 Pferde denn reiten?
Zwischen Saarbahn und Ludwigskreisel? Da schaffen Sie wohl eher ein Sicherheitsrisiko, als dass Sie eines beseitigen.
Genauso wie die 99 Stellen, deren Wegfall Sie rückgängig machen wollen - wie eigentlich? Mittel haben Sie dafür ja nicht angesetzt. Vielleicht indem Sie den Beamten den verdienten Ruhestand streichen und sie stattdessen ehrenamtlich verpflichten?
Diese Vorschläge sind exemplarisch für den nicht vorhandenen Tiefgang Ihrer politischen Arbeit. Alles ist auf den oberflächlichen Effekt angelegt, aber das wird nicht aufgehen, meine Damen und Herren.
Als Zeichen meiner Achtung für die Arbeit - nicht nur, aber auch - unserer Polizei trage ich übrigens heute wie viele Menschen in diesem Land und einige in diesem Raum auch die blau-weiß-rote Rettungsschleife und sage damit Danke für ihre Arbeit. Es macht besonders zufrieden zu sehen, wie viele Menschen sich diese Schleife ans Revers heften. Dass diese Idee hier im Land umgesetzt wurde, darauf bin ich stolz, weil ich stolz bin auf die Leistung dieser Organisationen und auf das Ehrenamt.
Zur Farbe Rot möchte ich noch sagen, wie wichtig es für uns in diesem Jahr war zu erleben, wie verlässlich die Feuerwehr für uns da war. Ich möchte noch mal erinnern an die Starkregenereignisse und wie da Rot - Feuerwehr -, Blau - THW - und Weiß Rettungsdienste - zusammengearbeitet haben zum Wohle unserer Bevölkerung. Diese Zusammenarbeit macht unser Saarland aus und hat die Stärke dieser Organisationen gezeigt. Vielen Dank ganz ausdrücklich dafür!
Ganz kurz noch zum Thema Flüchtlinge. Das Thema Ankerzentrum wurde ja schon angesprochen. Im Vorbericht hat Herr Flackus gesagt, dass uns das nichts kostet, aber Sie haben nicht gesagt, was uns das bringt. Es bringt uns Dolmetscherdienste, verbesserte Identitätsfeststellungen, berufliche Erstorientierung, ein Chipsystem für mehr Sicherheit und mindestens 50 zusätzliche Bundespolizisten. Es bringt uns somit mehr Rechtssicherheit und mehr Humanität. Für die einen ist das Ankerzentrum ein Verstoß gegen Menschenrechte, wie wir heute lesen konnten. Die anderen, die sich hier enttarnen, wollen mal eben die Mittel um drei Fünftel kürzen, die für die Integration eingestellt sind, aber gleichzeitig den Ansatz für die Rückführung - das sind 25.000 Euro versechsfachen. Rückführung versechsfachen, Integration kürzen. Das sind die Vorschläge der AfDFraktion. Wie Sie dieses Geld für die Rückführung verwenden wollen, bleibt offen, mir fehlt da jede Fantasie.
Jedenfalls wünsche ich mir gerade mit Blick auf dieses Thema für den weiteren Verlauf dieser Debatte eine friedvolle und würdige Diskussion. Ich sage, abschließend zeigen wir es den „Steingarts“ dieser Welt. Wir kennen unsere Stärken, wir kennen unsere Schwächen, unterschätzen Sie nicht die Möglichkeiten des Pinguins. Wir jedenfalls strengen uns
weiter an, um die Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Beste aus unserem Land hervorbringen, und davon haben wir reichlich. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu der Übersicht 3 und zu unseren Änderungsanträgen. - Vielen Dank.
Liebe Kollegin Spaniol, es ist schon bezeichnend, dass Sie ein Zitat aus der Saarbrücker Zeitung brauchen, um das wiederzugeben, was wir in einer gemeinsamen Besprechung, die über zwei Stunden gedauert hat, erarbeitet haben. Sind Sie bereit, hier zu bestätigen, dass das, was im Artikel zitiert ist, lediglich das aufgegriffen hat, was Herr Gutenberg in seinem Eingangsstatement gesagt hat, nämlich dass er eine Agenda auf dem Weg bis 2023 fordert,
und dass ich meine gesamte Äußerung dazu genutzt habe, um genau zu belegen, dass wir vielleicht die Termine nicht konkretisiert haben, aber diese Strategie auf diesem Weg schon längst leben? Dadurch, dass es Chefsache ist, dass unser Ministerpräsident sich diese Strategie zu Eigen gemacht hat, dass wir ganz aktuell die Themen Universität der Großregion, Digitalisierung, Schienenverkehr - die Beispiele waren genannt - angepackt haben? Sind Sie bereit anzuerkennen, dass darüber gesprochen wurde, dass wir das Thema Frankreichstrategie leben, und zwar in allen Ressorts, in unseren Ausschüssen, wenn wir die Tagesordnungspunkte dort anschauen, dass das alles Teil dieser Veranstaltung war und dass wir uns auf diesen Weg längst begeben haben? Deshalb finde ich es absolut nicht gerechtfertigt, ein Zitat herauszugreifen, das Eingangsstatement von Herrn Gutenberg war. Stellen Sie das bitte nochmal richtig.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist mir ein Anliegen, noch einmal kurz zu Ihnen und zu diesem Gesetz zu sprechen.
Warum? Zum einen, weil es Seltenheitswert hat, wenn ein Fraktionsentwurf so einmütig vom Parlament aufgenommen und - wie es die Ausschussvorsitzende gerade vorgetragen hat - mit einstimmigen Ergebnissen abgestimmt wird. Der Erfolg hat dann meistens am Ende viele Väter und Mütter, aber eine solche Solidarität zeigt einem auch, dass man da wohl etwas richtig gemacht hat.
Dieses Tun braucht aber trotzdem Initiative und sauberes Abarbeiten. Deshalb möchte ich zum einen für die Anregung seitens beider Fachgewerkschaften der Polizei Danke sagen - von ihnen kam die Anregung - und zum anderen einem unserer Mitarbeiter in der CDU-Landtagsfraktion für die fachliche Ausarbeitung sowie auch für die sachorientierte Behandlung im Ausschuss.
Ich wollte aber auch nicht versäumen, die positive Resonanz zurückzumelden, die jenseits der Medienberichterstattung bei uns und bei mir gelandet ist. Es haben sich nämlich einige Betroffene gemeldet und gedankt, auch wenn die Übergriffe, von denen sie berichteten, schon lange zurückliegen. So schildert zum Beispiel ein Polizeivollzugsbeamter ausführlich eine Widerstandshandlung aus den Achtzigern. In der Folge wurden ihm damals - das war einmalig und hatte Seltenheitswert - 4.000 DM Schmerzensgeld vom Landgericht Saarbrücken zugesprochen. Der Titel konnte nie vollstreckt werden. Meine Damen und Herren, die Tat liegt 30 Jahre zurück, aber dass sich der Mann trotzdem gemeldet hat und - wie er es ausgedrückt hat - es ihm ein Anliegen war, Danke zu sagen und seine Genugtuung zum Ausdruck zu bringen, zeigt am Eindrücklichsten die Bedeutung dieser Vorschrift. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns ihr nochmals kurz widmen.
Nicht zuletzt will ich auch die Gelegenheit nutzen, noch ein Missverständnis aufzuklären, das in einigen Zuschriften und Telefonaten deutlich wurde. Die Erfüllungsübernahme gilt für alle Beamtinnen und Beamte, nicht nur für diejenigen im Polizei- und Justizvollzug, sondern zum Beispiel auch für Steuerfahnder, Lehrerinnen und Lehrer, für im Ordnungsoder Aufsichtsrecht eingesetzte Beamtinnen und Beamte, ob im Umwelt-, Innen-, Bildungs-, Sozial- oder Wirtschaftsministerium. In allen Ressorts der Landesverwaltung gibt es Stellen, die auch mal kritische
Entscheidungen gegenüber Bürgerinnen und Bürgern zu vertreten oder auch durchzusetzen haben und dafür gelegentlich den Unmut Betroffener auf sich ziehen. Aber auch die kommunalen Beamtinnen und Beamten sind inkludiert. Über dieses Gesetz erhält jeder verbeamtete Bedienstete eines Bürgerbüros, Sozialamtes oder kommunalen Ordnungsdienstes die finanzielle Rückendeckung, wenn aufgrund einer dienstlichen Tätigkeit Beleidigungen oder Verletzungen geschehen sind und Schadensersatzansprüche zugesprochen wurden.
Alle genannten Personengruppen haben ab Verkündigung im Amtsblatt nun drei Jahre rückwirkend das war unser Änderungsantrag - die Möglichkeit, die vor Gericht erwirkten Schmerzensgeldansprüche auch dann geltend zu machen, wenn der Schädiger zahlungsunfähig ist.
Und noch ein Letztes: Es gab noch eine Anregung, die wir gerne aufnehmen - ich spreche da auch im Namen der Ausschussmitglieder des Koalitionspartners - an alle Arbeitgeber im öffentlichen Dienst des Saarlandes, für vergleichbare Angestellte in ihren Behörden vergleichbare Regelungen zu treffen, also die nicht verbeamteten Angestellten im öffentlichen Dienst etwa auf dem Erlasswege einzubeziehen.
Meine Damen und Herren, wenn es so ist, dass der oft zitierte Satz von den schweren Geburten und den schönen Kindern auch umgekehrt gilt, dann hatten wir hier eine sanfte Geburt. Wenn wir alle stolz darauf sind - das eigene Kind ist, egal wie, sowieso immer das schönste -, dann dürfen wir jetzt hoffen, dass wir den Sprössling nicht allzu oft herzeigen müssen. Das wäre dann nämlich ein Indiz für das, was wir alle wollen, dass der Respekt gegenüber Beamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst des Saarlandes wieder wächst. In diesem Sinne wollen wir das Gesetz verstehen. - Danke, dass Sie mir noch einmal zugehört haben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Damit Sie besser nachvollziehen, was wir mit dem vorliegenden Änderungsgesetz zum Saarländischen Beamtengesetz beabsichtigen, beschreibe ich Ihnen kurz einen ganz konkreten Fall: Es ist Freitagabend im Saarland in einer beliebigen Stadt. Ein Polizist ist privat
auf dem Weg zu einer Veranstaltung. Kurz vor der Veranstaltungshalle beobachtet er drei Personen, die miteinander tuscheln und einer vierten Person folgen. Das ist eine Szene, die wir vielleicht gar nicht beachtet hätten. Wir hätten sie vielleicht auch anders interpretiert oder wir hätten sie verdrängt. Aber er hat sofort das sichere Gefühl gehabt, die führen etwas im Schilde, da ist etwas im Busch. Er hat die Gruppe dann verfolgt.
Beamte haben eine gute Beobachtungsgabe. Die fühlen sich auch außerhalb des Dienstes für Recht und Ordnung verantwortlich. Deshalb kam es so, wie er es geahnt hatte. Die drei haben von hinten ihr Opfer angegriffen. Er hat auf sich aufmerksam gemacht, ist dem Mann zur Hilfe geeilt. Dann hat sich aber sofort, noch bevor er „Halt, Polizei!“ sagen und sich damit in den Dienst versetzen konnte, das gesamte Aggressionspotenzial dieser Gruppe auf ihn gerichtet und potenziert. Er hat ein zertrümmertes Jochbein davongetragen, zwei ausgeschlagene Zähne, Platzwunden an Braue und Schläfe, Trittverletzungen im Brustbereich und er war lange Zeit dienstunfähig.
Ich hätte Ihnen auch die Geschichte einer Unterbringung erzählen können. Vollzugsbeamte haben es ja häufig mit geistig eingeschränkten Menschen zu tun, Alkohol, Drogen, Medikamente oder schwere psychische Erkrankungen enthemmen und setzen enorme körperliche Kräfte frei. Da muss man jederzeit mit allem rechnen. Aber unsere Polizei, unsere Justiz haben nun einmal in besonderen Situationen die Aufgabe, Menschen auch gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik zu verbringen, zum Alkoholtest, in einen Gewahrsam und vieles mehr. Die Attacken, denen man sich dann unter Umständen ausgesetzt sieht, können einen schon einmal in Todesangst versetzen. Ich kenne einen Vollzugsbeamten, der darunter bis heute leidet und sagt, diese Angst habe er nicht überwunden.
Oder versetzen Sie sich in einen Justizvollzugsbeamten einer JVA, ein Ort, an dem Überreaktionen an der Tagesordnung sind. Bei renitenten Häftlingen kommt da vieles an Übergriffen vor und auch schon einmal, dass einem beim Aufschließen der Zelle zum Beispiel Urin ins Gesicht geschüttet wird. Ich habe solche Fälle nachgelesen. Es ist wirklich erschütternd, was sich da abspielt - nicht täglich. Aber dass so etwas passiert, damit müssen unsere Polizei- und Justizvollzugsbeamten tagtäglich rechnen. Wer weiß das besser als die Vertreter unserer Gewerkschaften? Ich darf an dieser Stelle herzlich die Gewerkschaften der Polizei und der Justiz begrüßen. Das sind die Herren Alles, Wollscheid und Irsch. Seien Sie uns herzlich willkommen!
Was wir uns fragen müssen, ist aber: Wenn das passiert, was passiert denn dann? Fakt ist, nicht jeder dieser Fälle kommt überhaupt zur Anzeige, auch wenn dies der ausdrückliche Wunsch unserer obersten Dienstbehörden ist. Aktenkundig werden bei der saarländischen Polizei im Durchschnitt 140 Dienstunfälle mit Widerstandshandlungen pro Jahr. In der PKS 2017 - das konnten wir heute Morgen nachlesen - waren es 109 mit Körperverletzung. In jedem dieser Fälle wird Strafanzeige gegen den oder die Täter erstattet. Auch das ist ein Grundsatz der saarländischen Landesverwaltung.
Aber welche Unterstützung erhalten die geschädigten Beamten? - Der Dienstherr erstattet bei einem Arbeitsunfall den materiellen Schaden, zum Beispiel die Krankenkosten oder persönliche Gegenstände, Brille, Uhr, jedenfalls bis zu einer bestimmten Höhe. Der Dienstherr bietet auch Rechtsschutz und auf Wunsch psychologische oder seelsorgerische Nachsorge.