Friedhelm Helberg
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Soweit der Gesetzentwurf der Landes
regierung die rechtlichen Grundlagen für die Wahl zur Kammerversammlung neu ordnet, ferner deren Mitgliederzahl reduziert und ebenso Regelungen trifft bezüglich der zu berufenden weiteren Mitglieder, stimmen wir dem Beratungsergebnis im Fachausschuss ohne Einschränkung zu. Dies gilt auch deshalb, weil der Berufsgruppe der Landfrauen nun die von uns geforderte - ich betone: die von uns geforderte - bessere Vertretung zugestanden worden ist.
Keinen Bedenken begegnet auch die Neuordnung der Wahlkreise in § 18 a. Einverstanden sind wir auch damit, dass der Kammerdirektor das Studium der Agrar- oder Rechtswissenschaften vorweisen soll.
Meine Damen und Herren, ganz und gar nicht zustimmen können wir hingegen den Änderungen in Artikel 1 Nrn. 1 und 16. Dazu im Einzelnen:
Gegen die vorgesehene Ergänzung des § 2 Abs. 2 hat schon der Rechnungshof deutlich Position bezogen, und zwar zu Recht und überzeugend. Was machen Sie nun? - Statt diese Bedenken ernst zu nehmen, glauben Sie, sich darüber mit einem gesetzgeberischen Trick einfach hinwegsetzen zu können. Sie taufen Fremdaufgaben, die ihrem Wesen nach eindeutig zu den freiwilligen Aufgaben gehören, einfach in Pflichtaufgaben um und hängen dem Absatz 2 schnell einen weiteren Satz an. Was Sie dabei verkennen oder gar beiseite schieben, ist, dass die kammerfernen Fremdaufgaben durch diesen Trick nicht zu Pflichtaufgaben werden, nur weil Sie dem vorhandenen Pflichtenkatalog einfach einen weiteren Satz hinzufügen. Diese Aufgaben bleiben nämlich weiterhin eindeutig freiwillige Aufgaben, deren Zulässigkeit stets an den Grenzen der Generalklausel des § 2 Abs. 1 LWKG endet. Deshalb sind alle außerhalb der Kammerkompetenzen liegenden Aufgaben auch nach Ihrem gesetzgeberischen Trick nicht durch die Generalklausel des § 2 Abs. 1 gedeckt.
Ich will noch etwas dazu sagen, wie hier von Ihnen im Gesetzgebungsverfahren vorgegangen wird.
Der Landesrechnungshof hat belegt, dass die
kammerfernen Aufgaben der LUFA bereits 2004 einen Anteil von ca. 38 % erreicht haben. Was macht nun das Ministerium? - Um die Bedeutung dieses Aufgabenfeldes abzuschwächen, wird es einfach bagatellisiert. Es sollen nur ca. 5 % gewe
sen sein, sagte man uns im Fachausschuss. Aus der Kammer selbst hören wir nun aber von einem erheblich höheren Volumen, das dem, das vom Rechnungshof ermittelt worden ist, wohl nahekommt. Diese Aufgaben sollen zukünftig sogar noch ausgebaut werden, damit der Betrieb nicht mehr durch öffentliche Mittel gestützt werden
muss.
Die Folge werden eindeutig Normenkontrollverfahren sein, in denen Ihre Regelungen weggefegt werden. Es scheint, als hätten Sie rein gar nichts daraus gelernt, dass Ihnen die Verfassungsgerichte das Polizeigesetz und das Mediengesetz schon um die Ohren gehauen haben. Auch dort haben Sie unsere Warnungen nicht beherzigt. Für die Folgen sind Sie allein verantwortlich. Mit so gewagten gesetzlichen Regelungen dienen Sie den Mitarbeitern der LUFA nicht, sondern setzen sie wachsenden Risiken aus.
Sie geben ihnen Steine statt Brot.
Unsere Aufgabe ist es doch, gerichtsfeste Normen zu schaffen. Unser Änderungsantrag erfüllt diese Anforderungen, Ihre Regelungen tun es dagegen nicht.
Ich will nun auf die Besetzung des Grundstücksverkehrsausschusses eingehen. Dabei handelt es sich um einen sondergesetzlichen Ausschuss, angebunden an eine kommunale Gebietskörper
schaft. Auch mit den von Ihnen jetzt inzwischen vorgenommenen Änderungen räumen Sie die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht aus; denn bei Ihrer Regelung können in Kreisgremien gewählte Mitglieder Entscheidungsergebnisse nicht allein
herbeiführen. Das heißt, die von außen kommenden Mitglieder dieses Fünferausschusses dominieren und können von den kreiseigenen Mitgliedern nicht überstimmt werden.
Unabhängig von der Haftungsfrage, die damit zusammenhängt, und unabhängig von der weiteren rechtlichen Beurteilung begegnet die Dominanz einer Berufsgruppe, der Landwirte, politischen und gesellschaftlichen Bedenken. Nach § 9 des
Grundstücksverkehrsgesetzes ist die Genehmi
gung eines Grundstückskaufvertrages dann zu versagen, wenn die Veräußerung eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden bedeuten würde. Nur am Rande sei hier bemerkt, dass wir diesen aus einer früheren Zeit entlehnten Terminus in einem Gesetz aus dem Jahre 1961 immer noch
finden. Das Interesse kaufinteressierter Landwirte hat den Vorrang vor dem von Nichtlandwirten. So will es das Grundstücksverkehrsgesetz. Inzwi
schen hat die Rechtsprechung aber weitere gleichrangige Interessen neben diesen Grundsatz gestellt, z. B. den Naturschutz. Bei einer unabänderlichen Überdominanz der Landwirte im Ausschuss besteht die Gefahr, dass berufsständische Interessen gleichwertige andere Interessen stets überlagern. Der Kollege Große Macke hat hier davon gesprochen, dass es im Landkreis Cloppenburg relativ wenige Fälle gegeben habe. Ich kann nun auf 20 Jahre als Vorsitzender eines Landwirt
schaftsgerichtes zurückblicken und kann sagen, dass diese Fälle so selten nicht waren.
Dies gilt umso mehr, als auch auf der Richterbank der ersten Rechtsmittelinstanz zwei Landwirte
neben dem Berufsrichter Platz nehmen. Ohne eine interessengerechte Änderung der Besetzung des Grundstücksverkehrsausschusses werden also
zwei Entscheidungsebenen allein von einer Berufsgruppe dominiert. Das darf nicht so bleiben. Das wollen wir mit unserem Änderungsantrag beseitigen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eben hatten wir die Statistik der Ministerin, und jetzt kehren wir zur Wirklichkeit zurück. Der Petent, über den ich hier spreche, ist 61 Jahre alt und seit 47 Jahren als Maurer tätig. Wegen Verschleißprozessen an Wirbelsäule und Hüften sowie Schwerhörigkeit wurde ihm bereits 1990 ein Grad der Behinderung von 30 zuerkannt. Im Jahr 2001 stellte er einen sogenannten Verschlimmerungsantrag. Es wurden aber nur 40 % anerkannt. Nach erfolglosem Widerspruch erhob er dagegen am 1. Oktober 2002 Klage beim Sozialgericht. In erster Instanz wurden ihm auf Teilanerkenntnis des Landes 70 % zugestanden. Das Problem: aber erst ab Juli 2003.
In zweiter Instanz will er nun beim Landessozialgericht erreichen, dass ihm bereits für die Zeit von
November 2000 bis Juli 2003 ein GdB von 50 zugestanden wird. Folgt das Gericht seinem Antrag, so könnte er ab sofort ohne Abschlag in Rente gehen. Die Berufung hat er im Juli 2005 eingelegt. Mit seiner Eingabe vom Mai 2007 beanstandet der Petent, das Berufungsverfahren sei bis zum heutigen Tage noch nicht fortgeführt worden - und das nach fast zwei Jahren.
Im September 2006 habe ihm das Gericht gar mitgeteilt, eine Entscheidung könne bis auf Weiteres nicht in Aussicht gestellt werden. Es gebe zahlreiche ältere, vorrangig zu entscheidende Sachen. Er müsse bis zu einem obsiegenden Urteil trotz 70-prozentiger Behinderung als Maurer weiterarbeiten, weil er sonst Abschläge bei der Rente erleide, die er sich nicht leisten könne. Und das alles nach 47 Jahren auf dem Bau!
Ziehe sich die Berufung noch bis Februar 2009 hin, dann werde er 63 Jahre alt. So erledige sich das Rechtsmittel.
Das Ministerium verweist auf die starke Belastung des Landessozialgerichts. Entgegen der Annahme des Petenten sei das Verfahren im Januar 2007 dadurch gefördert worden, dass Akten angefordert worden seien.
Diese Stellungnahme, meine Damen und Herren, kann man nur als unverfroren bezeichnen. Eine Aktenanforderung eineinhalb Jahre nach Berufungseinlegung als einzige den Fortgang der Sache betreffende Aktion als Förderung des Verfahrens zu bezeichnen, ist schon ein starkes Stück.
Das grenzt an Rechtsverweigerung.
Selbst heute ist es dem Vorsitzenden des zuständigen Senates nicht möglich, über den Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens auch nur eine Prognose abzugeben.
Der Petent muss deshalb damit rechnen, dass ihm Gerechtigkeit durch eine zeitgerechte Entscheidung nicht mehr zuteil werden wird. Die Ursache liegt in der dramatischen Überlastung zumal der Sozialgerichte. Die hat sich insbesondere durch pauschale Stellenkürzungen in Vorjahren aufgebaut.
Bereits vor über drei Jahren habe ich hier im Plenum davor gewarnt und ausgeführt - ich zitiere -:
„Sie verschärfen die Überlastungssituation dermaßen, dass die berechtigte Erwartung der Bürger auf eine angemessene Verfahrensdauer und ein Mindestmaß an einzelfallgerechten Entscheidungen vollends infrage gestellt wird.“
Und weiter:
„Sie drängen die Justiz in permanent zunehmende Belastungssituationen.“
Sie werden mir vermutlich gleich auflisten, wie viele Stellen den Sozialgerichten in 2007 zugelegt worden sind. Dazu kann man nur sagen: zu spät und längst nicht ausreichend, um vom Berg der Rückstände herunterzukommen. Hinzu kommt, dass nicht alle Stellen besetzt sind.
Allein um den Status quo zu halten, braucht es für 2008 mindestens zehn weitere Stellen, die auch die Sozialrichter ebenso einfordern wie ebenfalls einen kompletten weiteren Senat für das Landessozialgericht.
Wenn Sie, Frau Ministerin, am Schluss der Stellungnahme zur Petition ankündigen - ich zitiere -, „zu beobachten, ob diese Personalverstärkung ausreicht“, so sage ich, das reicht längst nicht aus.
Wenn eine Berücksichtigung berechtigt ist, dann ist es diese, damit Menschen wie der Petent mit ihrem Recht nicht auf der Strecke bleiben. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche zu drei Petitionen, zu Hering, Schrader, Lorenz. Alle drei Petenten wenden sich mit ihren Eingaben gegen die Einführung von Studienbeiträgen in Niedersachsen. Die Petenten Lorenz und Schrader beklagen, dass sie die Mittel zur Finanzierung der Studienbeiträge nicht aufbringen können. Die Petentin Frau Hering trägt vor, dass weder ihre beiden studierenden Söhne über die Geldmittel dafür verfügten, noch dass ihr Einkommen ausreiche, ihre Söhne entsprechend zu unterstützen. Der monatliche BAföG-Betrag der beiden Söhne beträgt jeweils 305 Euro.
Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur verweist in allen drei Fällen auf die Möglichkeit, die Studienbeiträge über Studiendarlehen zu finanzieren. Aber in allen drei Fällen führen die Studienbeiträge zu einer sozial unausgewogenen Bildungsfinanzierung. Die Belastungen daraus erreichen jetzt die einkommensschwachen Familien. Die Studienbeiträge haben zwei Wirkungen, die gerade die Ärmsten treffen: Erstens. Die Zugangshürden für Menschen mit geringem Einkommen werden deutlich erhöht. Zweitens. Gerade die Kinder aus Familien mit geringem Einkommen nehmen nach dem Studium einen Rucksack mit Schulden mit in den Berufsanfang.
Wenn BAföG und Darlehen zusammentreffen, kassiert das Land besonders rigide ab. Daran ändert auch die Kappungsgrenze bei 15 000 Euro nichts. Ab einem Einkommen von mehr als 1 060 Euro im Monat sieht sich der Berufsanfänger dann sogleich zwei Rückzahlungsverpflichtungen gleichzeitig ausgesetzt.
Wir halten diese aufgezeigten Ergebnisse generell und in den drei Petitionen für ungerecht und sozial unausgewogen. Deshalb beantragen wir in allen drei Fällen die Eingaben der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wiese, ich dachte eigentlich, Sie wären lernfähiger. Allein aus Haushaltsgründen wollten Sie vor drei Jahren die Handelsregister an die IHK abschieben. Sie sind in Berlin von den
damaligen Rechtspolitikern unserer Fraktion, aber auch von denen Ihrer Couleur gestoppt worden. Ihre eigenen Leute haben Sie dort mit ausgebremst. Auch unionsregierte Länder wie z. B. Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen wollten Ihren justizpolitischen Irrweg nicht mitgehen.
Wir haben damals auf überzeugende Sachgründe gesetzt, die auch heute noch gelten. Erstens wollten wir die Register als neutrales Kontrollinstrument mit hoheitlichem Charakter. Zweitens lag uns daran, die erforderliche Neutralität durch die Gerichte zu gewährleisten. Drittens sollten die Register eng mit anderen Bereichen in den Gerichten in Verbindung stehen, wobei ich in diesem Zusammenhang Nachlass- und Familiensachen erwähne. Viertens wären Rechtsmittelverfahren ohnehin bei den Gerichten geblieben. Fünftens können die Registersachen bei den Gerichten kostenneutral geführt werden. Das war damals so und ist auch heute noch richtig. Nach drei Jahren sollten Sie endlich so weit sein, dies zu begreifen. - Danke schön.
Frau Ministerin, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie vorhin gesagt: Im konkreten Fall waren Kontrollen nicht vorgesehen. - Dass das brutale Verbrechen in Siegburg möglich war, lag sicherlich auch daran, dass über Stunden keine Kontrollen erfolgt waren. Das ist sicherlich unstreitig.
Deshalb frage ich die Landesregierung: Welche zeitlichen Intervalle sind für Kontrollen im niedersächsischen Justizvollzug generell, aber insbesondere auch nachts und an Feiertagen und Wochenenden, vorgesehen? Und kann die Landesregierung angesichts der gegenwärtigen Personalsituation garantieren, dass diese auch in diesen Intervallen durchgeführt werden?
Frau Ministerin, ich hatte Sie vorhin nach den Kontrollintervallen gefragt, generell bezogen auf die niedersächsischen Justizvollzugsanstalten. Ich stelle fest, dass Sie dieser Frage komplett ausgewichen sind; Sie haben sie nicht beantwortet. Sie müssen sich aber den Fragen der Abgeordneten stellen. Ich weise darauf hin, dass wir einen Anspruch auf eine entsprechende Antwort haben.
Ich frage weitergehend zu den Vorgängen in der JVA Uelzen: Warum ist die Öffentlichkeit - auch angesichts der Vorfälle in letzter Zeit, z. B. in Nordrhein-Westfalen - erst nach ca. einer Woche, wenn ich richtig informiert bin, über diesen Vorfall in Kenntnis gesetzt worden?
Frau Präsidentin! Herr Minister, der Kollege Oetjen hat gesagt, es gehe auch - die Betonung lag auf „auch“ - um Standardabbau. Teilen Sie diese Auffassung des Kollegen Oetjen? Wenn ja, wo wollen Sie Standards reduzieren?
Frau Ministerin, die grundrechtskonforme Durchführung des Maßregelvollzugs hängt nicht nur vom Status des Anweisenden ab; genauso wichtig ist die Eignung des Angewiesenen. Ich frage Sie konkret: Wie haben Sie sichergestellt, dass deren Qualifikation jederzeit gewährleistet ist?
Zweitens. Welchen Einfluss haben Sie hinsichtlich der Auswahl dieser Beschäftigten für das Land sichergestellt?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seitdem die Landesregierung in ihrer Haushaltsklausur in Hildesheim am 4. und 5. Juli 2005 beschlossen hat, die Trägerschaft der zehn Landeskrankenhäuser aufzugeben, reißen die öffentlichen Proteste dagegen nicht ab. Wie die zuständige Ministerin, andere Mitglieder des Kabinetts und selbst ernannte Experten der größeren Regierungsfraktion mit diesem Thema bisher umgegangen sind, kann man nur leichtfertig und in gewissem Maße auch oberflächlich nennen.
Die Begründungen für eine Privatisierung sind, zurückhaltend formuliert, an den Haaren herbeigezogen. Verfassungsrechtliche und fachliche Bedenken werden schlichtweg ignoriert. Eine sorgfältige Auseinandersetzung mit Gegenargumenten unterbleibt.
Meine Damen und Herren, der Maßregelvollzug hat eine wichtige Funktion im Gefüge der staatlichen Sicherheitsmaßnahmen. Es ist daran zu erinnern, dass die so genannte Zweispurigkeit im deutschen Strafrecht erst im letzten Jahrhundert Aufnahme in das Gesetz gefunden hat. Das bis dahin geltende System der reinen Strafe wurde durch ein System besonderer Maßregeln der Sicherung und Besserung ergänzt.
Maßregeln, meine Damen und Herren, sind täterbezogene Maßnahmen und unabhängig von der Tatschuld. Ihr Zweck besteht einzig darin, die sozi
ale Gefährlichkeit des Täters einzuschränken und künftige Straftaten zu verhüten. Aber wo Heilungsmöglichkeiten bestehen, ist sie über den Sicherungszweck hinaus zugleich eine Besserungsregel. Insbesondere der Umstand, dass diese Maßnahmen gegen schuldunfähige oder vermindert schuldfähige Rechtsbrecher verhängt werden, verlangt bei ihrem Vollzug eine Legitimation, über die nur der Staat selbst verfügt. Auch schuldunfähige Rechtsbrecher sind Grundrechtsträger. Sie haben einen Anspruch darauf, nur so lange im Maßregelvollzug zu verbleiben, wie dies unter Beachtung ihrer Grundrechte unbedingt erforderlich ist. Nur die Begleitung des Maßregelvollzugs durch maximale Therapieangebote rechtfertigt die fortdauernde Unterbringung.
Meine Damen und Herren, der Staat stellt sich dieser Aufgabe und hat sich dieser Aufgabe gestellt. Wie dieser Grundsatz durch private Betreiber von Landeskrankenhäusern, die eindeutig wirtschaftliche Interessen verfolgen, gewährleistet werden kann, ist mehr als zweifelhaft. Fachmedizinische und juristische Wissenschaftler halten auch deshalb die Privatisierung des Maßregelvollzugs für „indiskutabel“ - so der Verfassungsrichter Siegfried Broß - bzw. für „allgemeingefährlich“ - so der Leiter des Landeskrankenhauses Königslutter, Herr Mauthe. Selbst diejenigen, die eine Privatisierung des Servicebereichs noch für vertretbar halten, wollen allein dem Staat die Bewältigung der freiheitsentziehenden Maßnahmen belassen - so der ehemalige Bundesverwaltungsrichter Bonk.
Die Sicherung dieses staatlichen Gewaltmonopols wird durch die Pläne dieser Landesregierung gefährdet. Das wollen wir mit unserem Antrag verhindern. Meine Damen und Herren, die Bevölkerung hat einen absoluten Sicherheitsanspruch. Im Maßregelvollzug befinden sich auch sehr hochgefährliche Täter. Die hohen Sicherheitsstandards dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.
Meine Damen und Herren, besonders schwierig und Zeit beanspruchend sind Entscheidungen über eine Entlassung aus dem Maßregelvollzug. Sie bedürfen einer sorgfältigen und aufwendigen Vorbereitung. Über den Entlassungstag hinaus ist regelmäßig eine umfangreiche Nachsorge erforderlich. Das alles sind sehr personal- und damit sehr kostenintensive Aufgaben, und daran gibt es nichts zu verdienen. Deshalb ist zu befürchten, dass in einem privaten Maßregelvollzug diese Aufgaben zuerst vernachlässigt würden. Diese
Gefahr, meine Damen und Herren, werden selbst Sie nicht bestreiten wollen.
In den Landeskrankenhäusern ist gerade auch in diesen Bereichen eine anerkannte sozialpsychiatrische Versorgungskultur entwickelt worden. Werden Ihre Pläne umgesetzt, besteht die Gefahr, dass diese Strukturen zerschlagen werden. Das wollen wir nicht.
Privatisierungen in anderen Bundesländern begegnen auch dort erheblichen rechtlichen Bedenken. In Schleswig-Holstein wird dagegen bereits geklagt. Das Verfahren wird vermutlich vor dem Verfassungsgericht landen. Warum Sie die Klärung dieser Problematik nicht abwarten, ist nicht erklärt worden. Wollen Sie etwa nach dem Polizeigesetz und Mediengesetz erneut die Belastbarkeit verfassungsrechtlicher Grenzen austesten? Ist es das, was Sie möchten?
Die Begründung für eine verfassungsrechtliche Niederlage haben Sie ja schon selbst in die Welt gesetzt. Dass eine Privatisierung im Bereich dieser hoheitlichen Aufgaben, wenn überhaupt, nur aus zwingenden sachlichen Gründen zulässig ist, können Sie bereits in einem Gutachten aus dem Jahr 1991 nachlesen, auf das der Landesrechnungshof zu Recht hinweist. Das Stopfen von Haushaltslöchern - das ist doch eine Ihrer öffentlichen Begründungen für einen Verkauf - zählt mit Sicherheit nicht zu den genannten zwingenden sachlichen Gründen.
Wo bleibt eigentlich, so frage ich, die Stellungnahme der Justizministerin zu den verfassungsrechtlichen Problemen? Frau Heister-Neumann, Sie können sich doch nicht schon wieder wie beim Polizeigesetz und beim Mediengesetz einfach aus dem öffentlichen Diskurs vorab verabschieden.
Es ist doch gerade Ihre Aufgabe, vor Verletzungen der Verfassung zu warnen.
Am Rande sei vermerkt: Das Versilbern von Landesvermögen zum kurzfristigen Stopfen von Haushaltslöchern gehört zwar zum Programm dieser Regierung. Eine solide Finanzpolitik sieht aber sicherlich anders aus.
Hier geht es aber um sehr viel mehr, meine Damen und Herren. Bei einer Privatisierung riskieren Sie, eine gut funktionierende Psychiatrie in gut aufge
stellten Landeskrankenhäusern zu gefährden. Davon sollten Sie die Finger lassen. Damit machen Sie viel zu viel kaputt.
Meine Damen und Herren, wir sind es den psychisch kranken Straftätern schuldig, ihre Stellung rechtlich so weit wie möglich zu sichern. Wissen Sie, wer das geäußert hat? - Das war 1982 der damalige Minister Hermann Schnipkoweit aus Ihren Reihen. Daran sollen Sie erinnert werden, und daran sollten Sie sich auch ein Beispiel nehmen.
Dazu ist es unabdingbar, dass sich - ich betone der Staat selbst zu seiner Verantwortung für die psychisch schwer kranken Täter bekennt.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen besonderen Aspekt ansprechen, den Sie nach meiner Einschätzung fahrlässig vernachlässigen. Die Humanität in der Behandlung psychisch Kranker hängt auch maßgeblich von der Bereitschaft und Fähigkeit der Mitarbeiter in den Landeskrankenhäusern ab. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die bei Ihren Privatisierungen nicht an Ihrer Seite sind.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeitsstrukturen in den Gerichten haben sich in Niedersachsen in den letzten zwanzig Jahren grundlegend verändert. Die wirksamsten Reformen gab es dabei in den 90er-Jahren. Damit meine ich nicht nur Änderungen der Prozessordnungen, sondern insbesondere die verstärkte Nutzung elektronischer Medien und die Übertragung von Aufgaben auf die Folgedienste.
Bedauerlicherweise hat die jetzige Landesregierung diesen Reformweg nicht weiter verfolgt. Es bleibt völlig unverständlich, dass Sie z. B. die von uns vorgeschlagene Übertragung der Nachlasssachen vom Richter auf die Rechtspfleger abgelehnt haben, und zwar aus sehr durchsichtigen Motiven.
Mit unserem Antrag, den wir hier heute beraten, schlagen wir vor, auch in Betreuungssachen einige der bisher vom Richter bearbeiteten Aufgaben den Rechtspflegern zu überantworten. Wir werben dafür, insbesondere die Auswahl, die Bestellung und die Entlassung der Betreuer den Rechtspflegern anzuvertrauen. Das Ziel unseres Antrages ist eine verschlankte und effektive Binnenstruktur in den Betreuungsabteilungen. Dass dadurch zugleich der Justizhaushalt entlastet wird, ist ein zusätzliches positives Moment.
Sie haben sich wie schon bei den Nachlasssachen in der ersten Beratung geweigert, diesen Reformweg mitzugehen. Ihre ablehnenden Begründungen waren wirklich nicht überzeugend. Sie, Herr Bäumer, meinten dabei, bei der Einrichtung der Betreuung würden Einheitsentscheidungen des Richters auseinander gerissen. Das zeigt, dass Sie die Möglichkeiten des Rechtspflegergesetzes ganz
offensichtlich verkennen. Der Grund: Sie gehen fälschlich davon aus, mit einer Übertragung auf den Rechtspfleger werde dem Richter jegliche Zuständigkeit entzogen mit der Folge, dass der Richter die Grundentscheidung treffe und die Bestellung allein der Rechtspfleger besorge.
Diese Annahme ist natürlich falsch. Wenn es sachdienlich ist, bearbeitet selbstverständlich auch in Zukunft der Richter den kompletten Vorgang. Er kann die Sache an sich ziehen. Das sieht das Gesetz ausdrücklich vor. In den Fällen, in denen z. B. ein Betreuer noch nicht vorgeschlagen oder einer mit Spezialkenntnissen benötigt wird, aber noch nicht gefunden worden ist oder nicht sofort verfügbar ist, übernimmt der Rechtspfleger den Vorgang. Ohne die von uns vorgeschlagene Übertragung geht das nicht.
Frau Ministerin Heister-Neumann brachte den Einwand, beim Betreuerwechsel könne der Richter gleich die Prüfung der Aufgabenbereiche und der Laufzeit der Betreuung mit erledigen, und das sei effektiv. Das ist es in der Regel natürlich nicht! Dabei verkennen Sie nämlich, dass Verlängerungen bei der jetzt erweiterten Laufzeit der Betreuung auf sieben Jahre nur noch bei jungen Betreuten zu erwarten sind. Ganz überwiegend aber werden Betreuungen für ältere Menschen eingerichtet. Die Dauer dieser Betreuungen bleibt regelmäßig deutlich unter den sieben Jahren. Also auch kein überzeugendes Argument.
Für unseren Vorschlag gibt es dagegen eine Reihe guter Gründe:
Erstens. Der Rechtspfleger hat durch seine kontinuierliche Arbeit mit den Betreuern den besten Überblick über deren Eignung bzw. Nichteignung.
Zweitens. Unser Vorschlag vermeidet gerade Doppelbefassungen, öffnet in geeigneten Fällen die Möglichkeit der Bearbeitung auch durch den Rechtspfleger.
Drittens. Die Notwendigkeit der Entlassung ungeeigneter Betreuer erkennt als Erster der Rechtspfleger. Er überwacht die Betreuer, nicht der Richter. Jetzt muss er den Vorgang an den Richter weitergeben, der die Akten oft Jahre nicht gesehen hat und sich deshalb erst wieder einarbeiten muss. Dadurch wird eine vermeidbare Doppelbefassung notwendig, die bei unserem Vorschlag aber vermieden wird.
Viertens. Bei Grundstücksgeschäften, die der Betreuer vornehmen will, sind Ergänzungspfleger oder -betreuer zu bestellen.
Bei Grundstücksgeschäften, die der Betreuer vornehmen will, sind Ergänzungspfleger oder -betreuer zu bestellen. Der Rechtspfleger ist ohnehin mit der Prüfung der Angelegenheit betraut, kann also ohne Verzug tätig werden. Bei der jetzigen Regelung, die Sie beibehalten wollen, muss der Richter eingeschaltet werden. Außerdem müssen Anhörungen durchgeführt und Betreuer bestellt werden. Also auch hier eine vermeidbare Doppelbefassung.
Fünftens. Bis 1992 waren die Bestellung und die Entlassung der Betreuer jahrzehntelang einheitlich in der Hand der Rechtspfleger. Das hat richtig gut funktioniert. Die Grundentscheidung traf der Richter mit der Anordnung der - seinerzeitigen - Pflegschaft. Alle anderen Entscheidungen lagen in der Hand der Rechtspfleger. Das entspricht unserem Vorschlag.
Wir stellen fest: Dort, wo in der Justiz Reformen möglich sind, verweigern Sie sich, meine Damen und Herren von der CDU. Gleichzeitig kündigen Sie seit zweieinhalb Jahren vollmundig Justizreformen an. Ihre lauthals verkündeten Pläne aber sind unausgegoren und verdienen den Begriff der Reform nicht. Was von Ihrer Arbeit im Justizbereich zu halten ist, kann man an den Klatschen ablesen, die Ihnen das Bundesverfassungsgericht und der Niedersächsische Staatsgerichtshof innerhalb von nur fünf Wochen verpasst haben.
Sie haben diese verfassungswidrigen Gesetze trotz unserer eindringlichen Warnungen verabschiedet. Ihre Aufgabe, Frau Heister-Neumann, wäre aber gewesen, diese verfassungswidrigen Gesetze zu verhindern. Sie sind Verfassungsministerin. Als Justizministerin haben Sie die Ver
pflichtung, die Verfassung zu schützen und sie nicht zu beschädigen.
Abschließend: Wie man die Justiz modernisiert und sinnvoll reformiert, haben wir Ihnen in den 90er-Jahren gezeigt. Ich darf Ihnen einmal einige der Reformen, die damals verabschiedet worden sind, vortragen.
- Ja, vorbildlich. Sie haben absolut Recht, Herr Kollege.
Das elektronische Grundbuch wurde eingeführt, also Solum und Solum-Star. Serviceeinheiten wurden gebildet. Über P 53 wurde jeder Arbeitsplatz in den Gerichten mit einem Computer ausgestattet. Das EUREKA-Programm sowohl in Familien- als auch in Zivilsachen ist effektiv. Handelsregister wurden erstmals zusammengelegt usw. usf. Unsere Reformen, meine Damen und Herren, haben die Justiz in den 90er-Jahren vorangebracht. Sie aber verweigern sinnvolle Reformen. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Rotenburger Kreiszeitung vom 2. Mai 2005 wird berichtet, dass für den Landkreis Rotenburg „für den 22. August 2005 33 neue Lehrkräfte ausgeschrieben“ würden. Die Zeitung bezieht sich auf eine Pressemitteilung der Landtagsabgeordneten Ross-Luttmann.
Dies vorausgeschickt, frage ich die Landesregierung:
1. Für welche Schulen werden diese Stellen ausgeschrieben?
2. Handelt es sich um zusätzlich einzustellende Lehrer oder lediglich um Wiederbesetzungen vorhandener und vakanter Stellen?
3. Werden die 33 Lehrer bereits zum 22. August - Schuljahresbeginn - eingestellt oder erst später im Verlaufe des Schuljahres die Schulen erreichen?
Herr Minister, ich frage Sie: Sind in diesen Stellen auch Stellen für Sozialarbeiter erfasst, oder handelt es sich ausschließlich um Lehrerstellen?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wichtig unser Antrag ist, hat die Debatte in der bisherigen Beratung gezeigt. Auch beim Besuch der Mitglieder des Rechtsausschusses in Celle sind unsere Bedenken gegen eine Übertragung der Nachlasssachen auf Notare ohne Einschränkung bestätigt worden. Das ist auch nicht verwunderlich.
Ich fasse noch einmal kurz zusammen, warum die jetzige Lösung geradezu optimal ist.
Erstens. Die Nachlasssachen werden von den Gerichten vorzüglich erledigt. Niemand behauptet etwas anderes; es ließe sich auch nicht belegen.
Zweitens. Die Nachlassgerichte arbeiten nicht nur gut, sondern auch zügig.
Drittens. Die Nachlassabteilungen der Gerichte arbeiten mehr als kostendeckend. Unstreitig liegt der Kostendeckungsgrad derzeit eindeutig bei über 100 %.
Viertens. Diese günstige Kostenstruktur lässt sich durch optimierte Binnenabläufe und die Übertragung weiterer Aufgaben auf die Rechtspfleger sogar noch verbessern.
Fünftens. Bearbeitungszusammenhänge mit anderen gerichtlichen Verfahren machen häufig die Beiziehung der Nachlasssachen erforderlich. Jetzt sind sie jederzeit schnell erreichbar, was bei einer Bearbeitung durch Notare nicht gewährleistet wäre.
Mit keinem dieser Argumente haben Sie, Frau Ministerin, und Sie aus den Regierungsfraktionen sich in der ersten Beratung auseinander gesetzt. Das konnten Sie auch nicht, weil Sie keine Argumente haben. Deshalb flüchten Sie sich in allgemeine Floskeln. Ich möchte hier einmal einige dieser Floskeln, mit denen Sie hier aufgetreten sind, aus dem Protokoll zitieren. Da sprechen Sie davon, dass Sie eine „ganzheitliche Justizreform“ wollen. Da wollen Sie sich „der Herausforderung dieser Zeit zur Neustrukturierung der Justiz“ stellen. Da merken Sie an, Sie hätten eine „neue Dynamik in die Diskussion“ gebracht. Den vollkommenen Allgemeinplatz konnte Herr Lehmann beisteuern, als er meinte, die FDP wolle eine „Justiz, die dem Bürger dient“.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das reicht nicht. Wer wie Sie Änderungen im Nachlassbereich will, muss mindestens konkret begründen, warum er diese will, und er muss belegen, dass Dritte die Aufgaben besser und billiger erledigen könnten. Beides ist aber nicht möglich.
Herr Dr. Noack, natürlich gibt es keinen Zweifel daran, dass auch Notare Qualitätsarbeit leisten, aber das gilt eben nicht für alle. Nehmen Sie denn nicht zur Kenntnis, was uns in Celle von Richtern und Rechtspflegern dazu berichtet worden ist? Kennen Sie denn die Ergebnisse mancher Notarprüfungen nicht? In den Nachlassabteilungen der
Gerichte werden routiniert auch schwierigste Fälle bearbeitet. Den dort vorhandenen hohen Qualitätsstandard wollen Sie ohne Not aufgeben.
Auch gesamtgesellschaftlich würden die Kosten bei einer Übernahme durch die Notare erheblich ansteigen, allein schon durch die Mehrwertsteuer. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, es ist schon bedenklich, wie Sie die Erfahrungen der Praxis hier ignorieren. Es ist kein Wunder, dass man in Gerichten und Staatsanwaltschaften Ihre so genannten Reformbemühungen mit großer Sorge betrachtet.
Wir wollen eine Modernisierung der Justiz im bewährten System. Sie wollen die Justizstrukturen ändern. Das nennen Sie dann Reform. Wo bei Ihnen Reform draufsteht, sind aber Qualitätsabbau und Zerschlagung drin.
Sie reden davon, die Justiz solle sich auf ihre Kernaufgaben beschränken, aber die kostenintensiven Bereiche wie Prozesskostenhilfe, Rechtsmittelbefassung und Betreuungssachen belassen Sie dort. Sind das nach Ihrem Verständnis etwa Kernaufgaben? Es gibt für Ihre Auffassung also keine sachlichen Gründe. Es verbleiben somit nur sachfremde Erwägungen. Entweder haben die Notare bei Ihnen eine stärkere Lobby als die Gerichte, oder, was ebenso wahrscheinlich ist, es geht Ihnen nur darum, die Personalkürzungsvorgaben des Ministerpräsidenten ohne Rücksicht darauf, was damit in den Gerichten angerichtet wird, zu vollziehen. Das eine wie das andere ist gleichermaßen bedenklich. Die Industrieund Handelskammern haben vor kurzem geäußert, das vorhandene Rechtssystem in Deutschland sei ein positiver Standortfaktor. Wir wollen, dass das so bleibt. Mit unserem Antrag zeigen wir auf, wie dies möglich ist. - Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle fest, Herr Dr. Noack, Sie haben wieder nicht konkret zur Sache gesprochen.
Sie drücken sich einfach vor der Auseinandersetzung mit den ganz konkreten Fragen.
Sie haben mit keinem Wort dazu Stellung bezogen, was Fachleute in der Justiz von Ihrer Auffassung halten. Das blenden Sie einfach aus. Sie setzen sich damit nicht auseinander. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, mit 28 Jah
ren Richtererfahrung kann ich einschätzen, was sich in der Justiz bewährt hat. Warum will man das ändern und durch ein Verfahren ersetzen, das nicht so bewährt ist und sich nicht so bewähren wird? Sie haben, Herr Dr. Noack, eben halt wie ein Notar in der Debatte gesprochen und nicht wie ein Rechtspolitiker.
Herr Lehmann, ich darf Ihnen noch etwas sagen. Es geht um Qualitätssicherung.
Im Moment nicht. - In erster Linie geht es um Qualitätssicherung. Selbstverständlich! Niemand von Ihnen hat auch nur geringste Zweifel daran anmelden oder belegen können, dass die Nachlasssachen optimal in den Gerichten bearbeitet würden.
Wenn damit noch eine Kostendeckung erreicht wird, dann wird dadurch der Justizhaushalt zudem entlastet und nicht belastet, Frau Ministerin.
Die Definition der Kernaufgaben, die Sie immer wieder in die Debatte bringen, ist im Grunde nichts als eine Worthülse. Wo es Ihnen passt, wo es Ihnen recht ist, benutzen Sie sie. Wo es nicht um Kernaufgaben geht, die Aufgaben aber den Gerichten vorbehalten bleiben sollen, wie bei den Betreuungssachen, da soll dieser Begriff plötzlich nicht mehr konsequent weitergeführt werden.
Sie verlagern das, was von den Gerichten im Moment gut, schnell, zügig, kostengünstig zu erledigen ist. Sie wollen das den Notaren andienen. Ich kann mir auch vorstellen, warum. In der ersten Beratung habe ich es Ihnen deutlich gesagt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit geraumer Zeit wird intensiv über Wege und Möglichkeiten zur Stärkung von Patientenrechten diskutiert. Dabei geht es nicht um die Fälle, in denen der Patient noch selbstbestimmt entscheiden kann. In diesen Fällen gilt der Patientenwille uneingeschränkt.
Patientenverfügungen hingegen sollen dann Wirkung haben, wenn der Patient aus gesundheitlichen Gründen selbst nicht mehr in der Lage ist, seinen eigenen Willen zu äußern. Zurzeit ist die Rechtslage in Deutschland noch so, dass im Regelfall die absolute Bindung des Arztes an eine solche Erklärung des Patienten verneint wird. Daher wird in der Erklärung der Patientenverfügung überwiegend nur eine Entscheidungshilfe gesehen, die der Arzt bei der notwendigen Ermittlung des mutmaßlichen Willens eines nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten berücksichtigen muss. Weder die Reichweite noch die Form und die Verbindlichkeit der Patientenverfügung sind gesetzlich festgeschrieben. In anderen Ländern ist das durchaus anders. Im Zuge der europäischen Rechtsfortbildung wird sicherlich in absehbarer Zeit eine europaweite Regelung kommen. In Deutschland gab es bisher einen Vorschlag der Bundesregierung, der bald modifiziert als Vorschlag aus dem Parlament eingebracht werden wird. Daneben gibt es Vorschläge der vom Bundestag eingesetzten Enquete-Kommission.
Bevor ich auf die zukünftigen Regelungen eingehe, will ich anhand eines Falles, der in der FAZ diskutiert wurde, kurz die unterschiedlichen Folgen der beiden Vorschläge darstellen:
Frau M. ist 75 Jahre alt und wohnt in Sachsen. Der Ehemann ist verstorben. Mit Geduld und Hilfen Dritter bewältigt sie den Alltag in ihrer Wohnung noch selbstständig. Von mehreren Erkrankungen - einem Diabetes, einer Beinamputation, einer schweren Osteoporose mit Wirbelbrüchen - ist sie schwer gezeichnet. Die Nierenfunktion ist eingeschränkt, das Sehvermögen vermindert. Die Therapie ihrer Leiden liegt in der Hand ihres Hausarztes, den sie seit Jahren kennt. Frau M. bewegt sich im Rollstuhl und kann dank nachbarlicher Hilfen noch am Leben ihres Dorfes und am Gottesdienst teilnehmen.
An ihrem 75. Geburtstag spricht sie mit den Kindern darüber, wie sie im Fall schwerer gesundheitlicher Krisen ihr Leben beschließen möchte. In den nächsten Tagen setzt sie eine Patientenverfügung auf, in der sie bestimmt, dass keine lebensverlängernden Maßnahmen wie künstliche Beatmung und Dialyse erfolgen sollen, wenn keine Aussicht besteht, dass sie wieder außerhalb des Bettes mit klarem Verstand und ohne medizinische Hilfe würde leben können. Außerdem verfügt sie eine Vorsorgevollmacht in Gesundheitsangelegenheiten. Bevollmächtigte sollen ihre drei Töchter sein.
Wenige Tage später ereilt sie ein Schlaganfall, und sie fällt in tiefe Bewusstlosigkeit. Sie wird im Krankenhaus künstlich beatmet. Die Nierenwerte verschlechtern sich so, dass nur eine Dialyse ihr Leben erhalten kann. Die Töchter legen nun den Ärzten die Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht vor. Meine Damen und Herren, Sie erinnern sich, der Wille der Mutter war: keine Dialyse. Die Ärzte respektieren das, und nach zwei Tagen tritt der Tod durch Herzstillstand ein.
Rechtlich problematisch war das Ganze nach der gegenwärtigen Rechtslage schon; denn der BGH fordert eigentlich, dass die Ärzte eine Todesnähe feststellen müssen. Wenn die Dialyse durchgeführt worden wäre, hätte Frau M. durchaus noch weiterleben können, aber in monatelangem Koma.
Nun komme ich auf die Diskussion im politischen Bereich zurück. Die Empfehlungen der EnqueteKommission des Bundestages sehen vor, dass Patientenverfügungen über einen Behandlungsabbruch nur dann beachtet werden sollen, wenn das Grundleiden irreversibel ist und trotz medizinischer Behandlung nach ärztlicher Erkenntnis zum Tode führen wird. Obwohl Frau M. viele schwere chronische Erkrankungen hatte, die sie sehr einschränkten, war doch keine davon unmittelbar töd
lich. Entsprechend der von der EnqueteKommission so genannten Reichweitenbegrenzung würde die Patientenverfügung der Frau M. nicht gelten und wirkungslos bleiben. Die Ärzte hätten nach dieser Meinung die Dialyse bei Frau M. durchführen müssen. Der klare Wille der Patientin wäre dann auf der Strecke geblieben.
Es bedarf deshalb gesetzlicher Regelungen, die den erklärten Willen des Patienten - auch seinen Wunsch, zu sterben - respektieren. Dem steht aber die Meinung der Enquete-Kommission entgegen, die Sie nach Ihrem Antrag zur Grundlage machen wollen. Ich finde es verwunderlich, dass der vorliegenden Antrag von der FDP mit eingebracht wurde. Im Bundestag steht die FDP-Fraktion doch als einzige Fraktion geschlossen gegen die Vorschläge der Enquete-Kommission. Ich zitiere den Bundestagsabgeordneten Kauch von der FDP:
„Die Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen gegen jede Form von Bevormundung ist ein geradezu klassisches Thema liberaler Politik.“
Ich bedauere außerordentlich, dass der vorliegende Antrag einseitig nur der Meinung der EnqueteKommission folgt und die Vorschläge der so genannten Kutzer-Kommission einfach ausblendet. Im Rechtsausschuss werden wir deshalb noch großen Diskussionsbedarf haben, und zwar in Bezug auf die Verbindlichkeit und Reichweite, die Formvorschriften, die von der Enquete-Kommission vorgeschlagene zwingende Einschaltung des Vormundschaftsgerichts und eines Konzils und vor allem das Selbstbestimmungsrecht der Patienten. Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, und es wird sicher auch nicht das letzte Mal sein, dass wir uns im Landtag mit dem Betreuungsrecht befassen. In der Regel gab es dabei in der Vergangenheit ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen den Fraktionen. Weitgehend einig war man sich vor drei Jahren auch darüber, dass das Betreuungsrecht in zentralen Punkten einer Weiterentwicklung bedürfe.
Oberste Priorität im Interesse des Grundrechtsschutzes ist dabei nach wie vor einer weitgehenden Vermeidung von Betreuung zuzumessen. Denn nach dem Grundsatz der Subsidiarität soll staatliche Anordnung von Betreuung vermieden werden, wenn und soweit durch Bevollmächtigte die notwendigen Angelegenheiten wahrgenommen werden können. Die Vorsorgevollmacht ist dabei das Rechtsinstitut, durch das das Selbstbestimmungsrecht für den Fall einer psychischen Erkrankung sowie geistigen oder seelischen Behinderung umfassend gesichert werden kann.
Der Bundestag hat am 18. Februar 2005 nach intensiver Beratung in zweiter Lesung des Bundesratsentwurfs das Zweite Betreuungsrechtsänderungsgesetz beschlossen. Das Gesetz tritt mit allen Regelungen zum 1. Juli 2005 in Kraft. Ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzes ist die Stärkung der Vorsorgevollmachten und deren Verbreitung zur Vermeidung von Betreuung.
Abstand genommen worden ist hingegen von der vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelung einer
gesetzlichen Vertretungsmacht von Angehörigen in der Vermögensund Gesundheitssorge. Der Grund dafür war die nicht auszuschließende Missbrauchsgefahr und weil die Möglichkeit, eigenverantwortlich Vorsorge zu treffen, durch die gesetzliche Vertretungsmacht konterkariert und geschwächt worden wäre. Auf die Nutzung der Vorsorgevollmacht sollte deshalb vonseiten der Landesregierung zukünftig noch stärker hingewiesen werden.
Ich komme nun zur Übertragung richterlicher Aufgaben auf die Rechtspfleger. Über die Öffnungsklausel des § 19 des Rechtspflegergesetzes werden die Landesjustizverwaltungen ermächtigt, die bisher dem Richter zugewiesene Auswahl, Bestellung und gegebenenfalls Entlassung des Betreuers auf den Rechtspfleger zu übertragen. Einer der Gründe dafür ist, dass der Rechtspfleger durch seine die Betreuung begleitende Tätigkeit die Eignung der Betreuer besser zu beurteilen und zu kontrollieren vermag, als das andere Gerichtspersonen könnten. Dem Rechtspfleger obliegt bereits jetzt die Beratung und Kontrolle der Betreuer. Er hat deshalb den besten Überblick über die Qualität der Betreuerarbeit, über die Belastungsprofile und die besondere Eignung im Einzelfall.
Gleichzeitig wird mit unserem Antrag die Ablauforganisation im Gericht verbessert. Die bisherige Aufgabenzergliederung in diesem Bereich wird in sinnvollem Maße abgebaut. Die Aufgabendelegation gewährleistet zudem einen möglichst ökonomischen Einsatz der personellen Ressourcen bei den Gerichten.
Wir sind zudem der Auffassung, dass eine richtig verstandene Justizreform am besten und am wirksamsten im bewährten System erfolgen kann. Das hat sich schon bei den Handelsregistersachen gezeigt. Unverständlich bleibt deshalb, dass Sie von den Koalitionsfraktionen im Nachlassbereich die Übertragung von Aufgaben auf die Rechtspfleger, die wir in einem Antrag gefordert hatten, vor kurzem abgelehnt haben.
Nicht von der Öffnungsklausel erfasst werden die auch weiterhin dem Richter zugewiesenen Grundentscheidungen. Dabei geht es um die Anordnung der Betreuung, die Festsetzung und Erweiterung der Aufgabenkreise sowie die Verlängerung und Aufhebung der Betreuung. Die Überprüfungsfrist ist von fünf auf sieben Jahre verlängert worden. In vielen Fällen wird dadurch der bislang erhebliche Verfahrensaufwand verringert. Angesichts dieser
verlängerten Frist sollte aber möglichst oft von der Möglichkeit vorläufiger Betreuungen Gebrauch gemacht werden. Dies ist in einer großen Anzahl von Verfahren ein geeigneter Weg, um Betreuung auf den gleichzeitig notwendigen und kürzestmöglichen Zeitraum zu begrenzen.
§ 19 Abs. 3 des Rechtspflegergesetzes sieht zur Vermeidung von Regelungslücken bezüglich der Grundentscheidungen der Richter die Anwendung der §§ 65 ff. FGG vor. Sollten gleichwohl noch zusätzliche Regelungen notwendig werden, sind gemäß § 200 FGG landesrechtliche Ausführungsbestimmungen möglich. Auf diesen Auffangtatbestand galt es hinzuweisen.
Insgesamt sind die in unserem Antrag enthaltenen Vorschläge notwendig. Dadurch werden sinnvolle Lösungen angeboten. - Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Keine Sorge“ - so lautet zurzeit eine Botschaft der Justizministerin Frau HeisterNeumann und mancher anderer Justizminister. Es heißt, niemand wolle die Justiz kaputt sparen, nachhaltige Strukturverbesserungen seien das Ziel. - Nichts davon finden wir in Ihrer Justizpolitik wieder, Frau Ministerin.
Für jemanden, der aus der gerichtlichen Praxis kommt, hören sich viele Ihrer Äußerungen sehr bekannt an. Da ist von Verschlankung der Justiz, von mehr Transparenz und Effizienz, von Aufgabenübertragung und Deregulierung die Rede. Was von solchen Schlagworten zu halten ist, hat Norbert Blüm einmal auf den Punkt gebracht: „Hätte ich einen Papagei, würde ich ihn drei Wörter lehren: Kostensenkung, Deregulierung, Privatisierung.“ Damit, meinte Blüm weiter, sei das neoliberale Programm ausreichend beschrieben. Heribert Prantl meinte im November 2004 in der Süddeutschen Zeitung angesichts der genannten Schlagwörter, Blüm habe diesen Papagei nun offenbar an die Landesjustizministerkonferenz ausgeliehen.
Man kann nur hoffen, dass die Bedenken in einigen Bundesländern, wie zum Beispiel in Rheinland-Pfalz, und die Skepsis im Bundestag - und zwar quer durch die Parteien -, die schlimmsten und manchen Vorschlägen innewohnenden Fehlentwicklungen in der Justiz verhindern. Einige von Ihnen, Frau Ministerin, vehement verfolgte Vorschläge scheinen zum Glück schon wieder vom Tisch zu sein: zuerst die Auslagerung der Registersachen, dann der Rechtsmittelabbau oder die Einbindung der Arbeitsgerichtsbarkeit in die ordentliche Gerichtsbarkeit. Auf die Schwachpunkte Ihrer Absichten haben wir sehr frühzeitig hingewiesen.
Man muss hoffen, meine Damen und Herren, dass vor einer Verlagerung von Aufgaben der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Folgen einer solchen Maßnahme seriös untersucht werden. Es reicht nicht, Frau Ministerin, wenn Ihnen die freiwillige Gerichtsbarkeit lediglich ein Dorn im Auge ist. Sie müssen sich schon der Frage stellen, warum Sie mit den Nachlasssachen einen Aufgabenbereich der Gerichte, der Überschüsse erwirtschaftet, der Justiz entziehen wollen. Auf meine Mündliche Anfrage in der Drucksache 15/1720 mussten Sie einräumen, dass sich der durchschnittliche Kostendeckungsgrad bei Testamentsachen auf 114 % und, durch die Kosten-Leistungs-Rechnung belegt, beim Erbschein sogar auf 185 % beläuft. Diese Werte sind durch optimierte Binnenabläufe in Verbindung mit der von uns beantragten Aufgabenübertragung auf den Rechtspfleger noch deutlich zu steigern.
Damit ist doch nachhaltig belegt, dass die effektivste und gleichzeitig für den Staat und die Gesellschaft günstigste Bearbeitung der Nachlasssachen in den Gerichten selbst erfolgt. Es gibt damit keine erkennbaren sachlichen Gründe für die Auslagerung dieser Aufgaben aus der Justiz, die Sie nicht müde werden zu fordern. Sie müssen sich deshalb schon fragen lassen, ob es eventuell sachfremde Erwägungen sind - und gegebenenfalls welche -, die Sie so hartnäckig darauf hinwirken lassen, den Notaren diese Aufgaben anzudienen. Fiskalische Gesichtspunkte können es nicht sein, die Sie bei Ihrem Bemühen leiten, denn dadurch, dass Sie die Nachlasssachen ausgliedern, entziehen Sie dem Justizhaushalt die in dieser Abteilung erzielten erheblichen Überschüsse. Die Folge wäre, dass das Defizit im Justizhaushalt nicht kleiner, sondern größer würde.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung verbietet sich die Übertragung der Nachlasssachen auf die Notare. In den Nachlassabteilungen der Amtsgerichte werden pro Jahr Hunderte von Verfahren bearbeitet. Das schafft Routine, auch für schwierige Fälle. Der dadurch erreichte hohe Qualitätsstandard würde ohne Not aufgegeben, wenn man die Sachen auf die Notare verschöbe. Es gibt durchaus Sachgründe gegen eine Ausweitung der Notarkompetenzen, und zwar gerade in Ländern wie Niedersachsen, in denen bis vor einigen Jahren über die Zulassung zum Notar lediglich eine Warteliste entschied. Wenn Sie sich das Ergebnis mancher Notarprüfungen einmal kritisch ansehen, dann wissen Sie, welche Bedenken gemeint sind. Über eine Öffnungsklausel würden
doch alle Notare Zugang zur Bearbeitung der Nachlasssachen erhalten. Können Sie sich vorstellen, welcher Qualitätsstandard gesichert werden kann, wenn ein Notar im Jahr nur wenige Nachlasssachen bearbeitet und dann einen komplizierten Fall mit Auslandsberührung abzuwickeln hätte?
Auch gesamtgesellschaftlich würden die Kosten bei der Übernahme der Aufgaben durch die Notare sicherlich erheblich steigen, denn eine Notarstunde ist zweifellos erheblich teurer als eine Rechtspflegerstunde, und Gebührenanhebungen würden sicherlich bald die Folge sein.
Nimmt man den Amtsgerichten die Aufgaben der freiwilligen Gerichtsbarkeit, so hat dies eine erhebliche Schwächung und Bestandsgefährdung kleiner Amtsgerichte zur Folge. Wer - wie es die Justizministerin dieser Landesregierung erkennbar beabsichtigt - den Amtsgerichten die Bereiche entzieht, die kostengünstig arbeiten, der legt es offenbar darauf an, sie so sehr zu verkleinern, dass über die Schwächung bald die Auflösung droht.
- Das ist überhaupt nicht herbeigezogen. Dieser von der Justizministerin verfolgte Weg hat insbesondere für die Gerichtsstandorte im ländlichen Raum verhängnisvolle Folgen.
Trotz aller Beteuerungen der Ministerin: Hinter solchen Maßnahmen ist ganz klar das Fernziel erkennbar, kleine Justizstandorte auszudünnen und dann abzuschaffen. Wenn die Justiz in wichtigen Teilbereichen nicht auf der Strecke bleiben soll, Herr Nacke, dann muss vor den Entscheidungen sorgfältig geprüft werden, was überhaupt durch eine Änderung überkommener und bewährter Strukturen gewonnen werden kann.
Meine Damen und Herren, im Moment habe ich eher den Eindruck, dass insbesondere die Erfahrungen der Praxis völlig ignoriert werden. Kein Wunder, dass man in den Gerichten und Staatsanwaltschaften Ihre so genannten Reformbemühungen mit großer Sorge betrachtet. Der Richterbund hat seine Gesprächsbereitschaft bei sinnvol
len - ich wiederhole: bei sinnvollen - Reformvorschlägen erklärt, aber zu Recht darauf hingewiesen, dass Sparmaßnahmen, durch die die Standards gesenkt werden, weder das Prädikat „Reform“ verdienen noch die Unterstützung durch die Richterschaft finden.
Wer sich aufmacht, der Justiz die Aufgaben zu nehmen, die dort mehr als kostendeckend bearbeitet werden, der will die Gerichte offenbar nicht sinnvoll reformieren, sondern schwächen. Das werden wir nicht mitverantworten.
Noch ein Problem, das in diesem Zusammenhang zu bedenken und auf das hinzuweisen ist: Beim Amtsgericht Berlin-Schöneberg gibt es eine Zuständigkeit für Fälle, in denen der Erblasser Deutscher war, der aber im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt hatte. Ich frage Sie: Welcher Notar soll denn dafür zuständig werden? Oder sollen diese teuren Verfahren beim Gericht verbleiben? Bei Rechtsmitteln gegen Notarentscheidungen bleiben ebenfalls die Gerichte zuständig. Die Folge ist: Die personalintensiven und teuren Zuständigkeiten verbleiben in der Justiz; die lukrativen Aufgaben, bei denen gute Einkommen zu erzielen sind, werden den Notaren zugeschustert.
Wir stellen fest: Die Justiz hat bei dieser Regierung keine Fürsprecher. Aber Notare und Rechtsanwälte haben offenbar eine Lobby. Gleiches gilt - so schätze ich es ein - für die Regierungsfraktionen. Als sichtbaren Ausdruck dessen werden wir als Redner der Fraktionen der CDU und der FDP sicherlich gleich Notare und Rechtsanwälte sehen, die für die neuen Pfründe der Notare streiten werden.
Mit unserem Antrag, meine Damen und Herren, wollen wir die öffentliche Diskussion über die falschen Ansätze der Justizpolitik hier im Lande rechtzeitig fortführen, damit - wie bei den Registern und Arbeitsgerichten falsche Entscheidungen möglichst verhindert werden. - Ich bedanke mich.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Braunschweiger Bescheide, die keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, nach spätestens einem Jahr Bestandskraft erlangen, wenn zwischenzeitlich nicht Klage erhoben wird, frage ich die Landesregierung: Wie wollen Sie sicherstellen, dass den Bürgern die daraus resultierenden Risiken nicht aufgebürdet werden?
Für eine erfolgreiche Justizreform ist zunächst einmal eine sorgfältige Feststellung des benötigten Personals erforderlich; denn für einen Vergleich bedarf es auch des Vergleichs mit den bisherigen Personalbeständen. Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie hat sich die Zahl der Richter und Staatsanwälte von 1990 bis Ende 2002 verändert? Inzwischen haben Sie das Personal deutlich reduziert. Wie wollen Sie die wichtigen Aufgaben der Justizreform mit diesem ausgedünnten Personal bewältigen?
Frau Ministerin, ich darf Ihnen zunächst vielleicht mit den Zahlen aushelfen, die Sie nicht selbst nennen konnten.
- Ich helfe aus, Herr Kollege!
Ich stelle die zweite Frage, darf sie aber vorbereiten.
1990 waren es 2 252 Stellen und 2002 2 337 Stellen, also 85 Stellen mehr. Meine Frage ist, inwieweit in der kurzen Regierungszeit, die Sie vorzuweisen haben, ein Stellenabbau erfolgt ist und wie Sie mit diesem ausgedünnten Personalbestand die Aufgaben bewältigen wollen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit strukturellen Änderungen hat der Bundesgesetzgeber das Kostenrecht insgesamt transparenter gestaltet. Gleichzeitig sind die Gerichts- und Anwaltsgebühren und die Entschädigungssätze für Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher angehoben worden. Insgesamt sind die Vergütungsregelungen leistungsorientierter ausgestaltet worden. Es war klar, dass darüber bei den Gerichtsgebühren den Ländern auch Mehreinnahmen zuwachsen würden. Ebenso stand aber auch von Anfang an fest, dass den Ländern durch die Neuordnung des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und der Vergütung der Sachverständigen, Dolmetscher, ehrenamtlichen Richter und Zeugen Mehrausgaben entstehen würden.
Die aus diesem Artikelgesetz in Artikel 1 zu erwartenden Mehrausgaben sollen nach der Begründung 6 % ausmachen. Bei der Beratung im Rahmen von Insolvenzverfahren steigt die Gebühr deshalb von 46 auf 60 Euro. Bei erfolglosen Versuchen einer außergerichtlichen Einigung dagegen treten keine Änderungen gegenüber den bisherigen Regelungen ein. Hingegen wird die Gebühr bei der erfolgreichen außergerichtlichen Einigung im Grundfall zu Recht von 324 auf 347 Euro angehoben. Damit wird die Vergütungsregelung leistungsorientierter und honoriert die herbeigeführte Einigung stärker als nach der früheren Regelung. Im Übrigen enthält Artikel 1 nur noch eine notwendige Übergangsregelung.
Zu Artikel 2 nur so viel: § 48 Abs. 1 Nr. 1 enthält lediglich eine Begriffsanpassung, die der elektronischen Entwicklung Rechnung trägt.
Absatz 2 des Niedersächsischen Gesetzes über gemeindliche Schiedsämter erfährt Änderungen, denen ein Systemwechsel im Kostenrecht zugrunde liegt. Bisher war die überkommene Vorstellung die, dass z. B. die Aufgabe der Dolmetscher als nebenberufliche Tätigkeit ausgeübt würde. Weil jedoch zunehmend diese Berufsgruppe hauptberuflich für Gerichte tätig ist, durchweg über so genannte Übersetzungsbüros, wird ihr durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz ein entsprechender Anspruch auf eine angemessene Vergütung zugebilligt. Da diese Kosten in der Regel von den Parteien eines Verfahrens zu tragen sind, werden dem Land dadurch Mehrkosten nicht oder nur in minimalem Umfang entstehen, jedenfalls im Zusammenhang mit dem Gesetz über gemeindliche Schiedsämter.
Artikel 3 des Gesetzes enthält einen gesetzlichen Forderungsübergang. Hat ein Rechtsanwalt Gebühren aus der Landeskasse erhalten, gehen seine Vergütungsansprüche gegen den Mandanten oder Gegner dann auf die Landeskasse über.
Insgesamt können wir dem Gesetzentwurf zustimmen. - Danke schön.
Herr Minister, die Kaserne in Bremervörde liegt in der Nähe eines großräumigen Wohngebietes. Die Gewährleistung der Sicherheit der Bevölkerung erfordert sicherlich effektive sicherheitstechnische Maßnahmen. Ich frage deshalb die Landesregierung: Welche Sicherheitsstandards sind einge
plant? Welche sind unverzichtbar notwendig? Und welche Kosten wird das verursachen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit mehr als einem Jahrzehnt wird diskutiert, die Aufgaben der Registergerichte auf die IHK zu übertragen, obgleich Untersuchungen immer wieder ergeben haben, dass diese Aufgaben bei den Gerichten richtig angesiedelt sind. In der Politik gab es trotzdem immer wieder einzelne Befürworter einer Übertragung. Zurzeit findet eine Be
fürwortung auch durch die amtierende Justizministerin statt. Überzeugende fachliche Begründungen für eine Verlagerung habe ich bisher von niemandem gehört, auch von Ihnen nicht, Frau Heister-Neumann. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass niemand von den Befürwortern sagt, von den Gerichten werde diese Aufgabe nicht sachgerecht wahrgenommen, und niemand begründet belegt, diese Aufgaben könnten von der IHK besser, also fachgerechter wahrgenommen werden.
Die Länder, die eine Übertragung der Registerführung über eine Öffnungsklausel wollen, argumentieren letztlich nur noch mit ihren knappen Kassen. Das sind Haushaltsgründe und keine Sachgründe. Ich nenne noch einmal die Sachgründe, die für ein Verbleiben der Register bei den Gerichten sprechen. Da ist zunächst: Die Register sind ein neutrales Kontrollinstrument mit hoheitlichem Charakter. Es können Zwangsgelder festgesetzt werden. Das heißt, die Register sind keine bloßen Informationsdatenbanken. Die erforderliche Neutralität wird durch die Gerichte gewährleistet. Bei der IHK habe ich insoweit durchaus Bedenken. Sie ist eine gesetzliche Interessenvertretung. Nicht alle Firmen sind Mitglieder der IHK. Frau Ministerin, es hätte mich interessiert, wenn Sie einmal auf den Gedanken gekommen wären, vielleicht bei den Mitgliedern der IHK anzufragen, wie sie zu Ihrer Auffassung stehen.
Meine Damen und Herren, es ist nicht sicher, dass die Zwangsmitgliedschaft auf Dauer überhaupt erhalten bleiben wird.
Danke schön.
Die Register stehen oft eng mit anderen Rechtsgebieten in Verbindung. Das gilt vornehmlich für Nachlass- oder Familiensachen. Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen der IHK müssten ohnehin bei den Gerichten verbleiben. Auf alle diese Umstände ist in der Bundesregierung, in der Bundestagsfraktion der SPD und auch in einzelnen
Bundesländern mit Nachdruck hingewiesen worden.
Meine Damen und Herren, ich weise noch darau hin, dass die Amtshaftung bei der IHK bei fehlerhaftem Handeln eventuell begründet würde. Wie soll das geregelt werden? Der europäischen Rechtsvereinheitlichung kommt man mit der IHKLösung sicherlich auch nicht näher. Dass im Justizhaushalt durch die Verlagerung Geld gespart werden würde, werden Sie, Frau Ministerin, entgegen Ihren Ausführungen im letzten Jahr vor dem Rechtsausschuss sicherlich nicht erwarten dürfen. Dabei wird sich schon nach der Übertragung der Richteraufgaben des Handelsregisters B auf die Rechtspfleger und einer Konzentration ein voller Kostendeckungsgrad erreichen lassen. Die Lösung kann deshalb auch sehr gut im jetzigen System erfolgen. Zum anderen fallen die Kosten für die Digitalisierung der Handelsregister dem Land zur Last. Ich habe vorhin auf den Umstand der übertragenen Staatsaufgaben hingewiesen. Auch bei einer Übertragung auf die IHK gehen Sie also bitte nicht davon aus, dass Sie von diesen Investitionskosten frei werden würden. Oder die IHK müsste die Gebühren sofort kräftig so hoch fahren, dass sie damit auch das noch bestreiten könnte. Über Gebühren ließe sich das auch nicht bewerkstelligen.
Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben den Zugang zu den gerichtlichen Registern über das Internet bereits eingerichtet. Das ist der richtige Weg. Den sollten wir auch in Niedersachsen gehen. Es ist sicherlich nicht falsch, anzunehmen, dass die derzeit von der Justizministerin betriebenen Bemühungen einzig nur dem einen Zweck dienen, mittelfristig ihr vom Ministerpräsidenten auferlegte Stellenstreichungen zu erreichen. Den Interessen der Justiz wird sie damit nicht gerecht, wenn den Gerichten die Aufgaben entzogen werden, die bereits jetzt dort sachgerecht erledigt werden, bei der IHK nicht sachgerechter wahrgenommen werden können und die bereits jetzt weitgehend kostendeckend erledigt werden. Ich gehe einmal von einer geschätzten Kostendeckung von etwa drei Vierteln aus. Das dürfte die Größenordnung sein, die man zurzeit annehmen darf. Eine volle Kostendeckung ließe sich im System bereits dann erreichen, wenn man die Registersachen, die jetzt noch der Richter bearbeitet, auf den Rechtspfleger überträgt, wenn man eine weitere sinnvolle Konzentration dieser Aufgaben überlegt und wenn man eine ganz geringe Gebührenanhebung ins Auge fasst.
Selbst die Investitionskosten, Frau Ministerin, können im System auf ein deutlich geringeres Maß zurückgeführt werden. Andere Länder haben es gezeigt. Deshalb ist unser Antrag berechtigt. Mich interessiert wirklich, wie Sie begründen wollen, dass diese Aufgaben bei der IHK sachgerecht wahrgenommen werden. - Ich bedanke mich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nein, ich habe nichts vergessen. Ich möchte nur auf eines hinweisen: Auch im Bund, Frau Ministerin, steht der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Ihrem Ansinnen durchaus skeptisch gegenüber. Es ist also nicht so, dass man das ohne Weiteres nach Parteigrenzen trennen kann.
Zu Herrn Lehmann möchte ich Folgendes sagen: Wenn Sie die Personalressourcen, die Sie freisetzen können, wieder in anderen Aufgabenbereichen einsetzen, wo sind denn dann die Ersparnisse, die Sie mit einer Verlagerung erzielen wollen? - Das ist doch dann überhaupt nicht mehr erreichbar. Das, was Sie hier vorgetragen haben - auch Sie, Frau Ministerin -, überzeugt mich wirklich nicht. Ich kann nur sagen: Ich kenne die Praxis. Ich weiß, wie gut die Registergerichte arbeiten. Ich weiß, wie problematisch es wahrscheinlich sein wird, wenn der Beamte oder der Angestellte, der in den IHK die Registersachen bearbeitet, dem Druck seiner Vorgesetzten ausgesetzt sein wird. Soll er denn eine Eintragung für den Präsidenten der IHK möglicherweise zurückstellen oder anders bearbeiten? Ich möchte sehen, wie das geregelt werden soll.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das 1992 eingeführte Betreuungsrecht hat die bis dahin gängigen Pflegschaften und Vormundschaften abgelöst. Die Betroffenen wurden dadurch rechtlich deutlich besser gestellt. Die Entscheidungskompetenz blieb ihnen weitestgehend erhalten. Die Regelungen des Betreuungsrechts haben sich im letzten Jahrzehnt insgesamt aber doch bewährt. Es sind jedoch auch einige Schwachpunkte festzustellen und sichtbar geworden. Häufig beschweren sich Angehörige darüber, dass nicht sie, sondern eine familienfremde Person zum Betreuer bestellt worden ist. Zwischen Betreuten und Betreuern kam es insbesondere dann zu Differenzen, wenn bei den Betreuten der Eindruck entstanden ist, ihnen sei ein Betreuer ohne oder gar gegen ihren Willen zugeteilt worden. Ferner ist die Zahl der Betreuungen in einem nicht erwarteten Umfang gestiegen und damit einhergehend die Kosten, wie das eben deutlich angesprochen worden ist.
Aus all diesen Gründen hat sich in den letzten Jahren eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit der Situation im Betreuungsrecht befasst. Als Ergebnis liegt nach sorgfältigen Anhörungen von Sachverständigen ein Gesetzentwurf der Länder vor, der inzwischen im Bundestag in erster Lesung beraten worden ist.
Die Weiterentwicklung des Betreuungsrechts orientiert sich dabei an drei zentralen Punkten: Oberste Priorität hat die Vermeidung von Betreuung, z. B. durch Vorsorgevollmachten. Daneben wird verstärkt auf ehrenamtliche Betreuung gesetzt. Schließlich ist der Verwaltungsaufwand durch pauschale Vergütungsregelungen zu reduzieren. Dadurch werden einerseits bei den Rechtspflegern Ressourcen für eine verbesserte Qualitätskontrolle frei, also bei der inhaltlichen Betreuungsarbeit, andererseits aber auch für die Beratung der Betreuten und Betreuer. Uns freut natürlich besonders, dass damit unsere Forderungen
aus dem SPD-Entschließungsantrag vom Frühjahr 2002 vollen Umfangs Berücksichtigung finden.
Ich komme nun zu den einzelnen Punkten des vorliegenden Antrags. Frau Helmhold, einerseits wollen Sie die ambulante Zwangsbehandlung ganz und gar nicht und die Einweisung in psychiatrische Einrichtungen nur unter den Voraussetzungen des Niedersächsischen PsychKG. So habe ich das jedenfalls verstanden.
Ich muss Sie fragen: Haben Sie die Folgen aus Ihren Forderungen auch zu Ende gedacht? - Zwischen privater und öffentlicher Unterbringung gibt es nämlich ganz erhebliche Unterschiede. Die Unterbringung nach dem PsychKG dient einzig der Gefahrenabwehr für Dritte und gegebenenfalls für den Betroffenen selbst. Das ist der eine Ansatzpunkt. Dagegen darf die Unterbringung durch den Betreuer nach § 1906 BGB nur dann vorgenommen werden, wenn sie zum Wohle des Betroffenen erforderlich ist. Das ist ein völlig anderer Ansatz.
Ich zeige Ihnen den Unterschied an einem Beispiel auf: Ein behandlungsbedürftiger psychisch Erkrankter, der z. B. an Schizophrenie leidet, mit fehlender Krankheitseinsicht und fortschreitender Verwahrlosung kann nach dem PsychKG nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände vorläufig in eine Behandlung eingewiesen werden; denn es fehlt das Moment der Gefahr für Dritte oder den Betroffenen. Das heißt, eine notwendige Behandlung kann in diesem Fall nur über das BGB erfolgen.