Margret Seemann

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich möchte mich bei allen Mitgliedern der demokratischen Fraktionen, aber vor allen Dingen auch den Mitgliedern des Europa- und Rechtsausschusses bedanken, und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen dafür, dass Sie sich so intensiv und zielorientiert mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs beschäftigt haben, und zum anderen danke ich auch, dass der vorliegende Antrag im Konsens aller demokratischen Fraktionen entstanden und auf die Tagesordnung gesetzt worden ist.
Gestatten Sie mir, auch einem Kollegen noch ganz speziell zu danken, der gar nicht so in den Vordergrund getreten ist, der aber im Hintergrund sehr stark für die Umsetzung dieses Antrages geworben hat. Das ist mein Kollege Rudi Borchert. Also schönen Dank, Rudi, dass auch du dich engagiert hast,
auch wenn du gar nicht so in den Vordergrund getreten bist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist meines Erachtens ein sehr gutes Signal, dass die letzte reguläre Landtagssitzung der 5. Wahlperiode mit einem gemeinsamen Antrag aller Demokraten zu einem Thema, das vor allem dem Schutz und dem Wohle der Kinder dienen soll, beendet wird. Vielen Dank hierfür.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sexualisierte Gewalt, das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt, gegen Kinder und Jugendliche ist wohl eine der schlimmsten und abscheulichsten Taten überhaupt. Sie hat weitreichende und massive Konsequenzen für die Opfer. Neben den physischen leiden sie häufig ihr Leben lang unter den psychischen Folgen. Ihnen alle erdenkliche Hilfe und Unterstützung zu bieten, ist deshalb Pflicht der gesamten Gesellschaft. Parallel dazu ist es aber auch wichtig, alles Notwendige zu tun, um derartige Taten zu verhindern und Maßnahmen zu ergreifen, dass Täter keine Möglichkeit haben, zu Wiederholungstätern zu werden.
Ausgehend von den Meldungen der Medien über Jahre zurückliegende sexuelle Übergriffe in Einrichtungen der katholischen Kirche und in Heimen zu DDR-Zeiten wurden vonseiten des Parlaments und des Europa- und Rechtsausschusses zahlreiche Stellungnahmen eingeholt und ausgewertet sowie eine Anhörung, in der Expertinnen und Experten sowie Betroffene zu Wort kamen, durchgeführt. In Auswertung der Ergebnisse, vor allem der Anhörung, liegt Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, nun der umfassende und meines Erachtens auch die Komplexität des Themas beachtende Antrag vor. Der Antrag spiegelt die jahrelange Herangehensweise von Parlament und auch Landesregierung wider: Im Mittelpunkt steht das Opfer.
Herr Kollege Jäger ist dankenswerterweise in seiner Einbringungsrede genauer auf den Inhalt des Antrages eingegangen, sodass ich in dieser Vielfältigkeit das nicht wiederholen möchte. Ich möchte mich im Folgenden auf
den meine Arbeit betreffenden Bereich der Unterstützungsstrukturen für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt beschränken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die bereits erwähnte Anhörung hat ergeben, dass Mecklenburg-Vorpommern im Bereich Opferschutz und Opferunterstützungseinrichtungen für von häuslicher und sexualisierter Gewalt Betroffene gut aufgestellt ist. Wir verfügen für die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Kinder neben zahlreichen anderen Beratungsstellen über fünf spezialisierte Kinder- und Jugendberatungsstellen sowie fünf Fachberatungsstellen für Opfer von sexualisierter Gewalt, die in enger Zusammenarbeit mit den Beratern und Beraterinnen der psychosozialen Prozessbegleitung, den Jugendämtern und anderen Institutionen eine wirklich gute Arbeit leisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte an dieser Stelle vor allen Dingen auch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in diesen Beratungseinrichtungen ganz herzlich für ihre umsichtige, engagierte, oft bis an den Rand der persönlichen Leistungsfähigkeit gehende Arbeit danken. Sie leisten diese Arbeit, und darauf möchte ich hinweisen, schon sehr lange und nicht erst, seit das Thema von Gewalt in katholischen Einrichtungen oder in DDRHeimen auf die Tagesordnung gesetzt wird,
und Sie können mir glauben, dass ich auch ohne diese Anhörung, sondern aufgrund meiner ganz engen Kontakte zu diesen Beraterinnen und Beratern schon lange wusste, welches Leid und welche Folgen sexualisierte Gewalt für Kinder und für Frauen ein ganzes Leben lang bedeutet. Und das war auch mein Antrieb, mit dafür zu sorgen, dass wir hier in Mecklenburg-Vorpommern gerade hinsichtlich der Unterstützungs- und Beratungsstrukturen gut aufgebaut sind.
Der jüngste von mir überreichte Evaluierungsbericht – ich stimme übrigens zu, wir sollten diese Einrichtungen oder auch das, was wir machen, weiter evaluieren,
wir haben damit jetzt einen Anfang gemacht –, also der jüngste überreichte Evaluationsbericht der Landesregierung über das bestehende Beratungs- und Hilfesystem bestätigt, dass unsere Herangehensweise richtig und gut war. Es ist weder über- noch unterdimensioniert.
Die Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt leisten nicht nur eine hervorragende Unterstützungsarbeit für Betroffene, sondern, und das ist ebenso wichtig, eine gezielte Aufklärungsarbeit und Präventionsmaßnahmen in der Öffentlichkeit und auch für vereinzelte Berufsgruppen, wie Erzieherpersonal, Lehrkräfte, Personal in Jugendämtern, Polizeikräfte und Ärzteschaft. Sie bieten fachspezifische Fort- und Weiterbildungen für diese Berufsgruppen an und erfüllen somit ein breites Spektrum an notwendigen Maßnahmen, um Opfer zu unterstützen, aber auch, das hatte ich vorhin gesagt, um neue Taten zu verhindern.
Neben den Opferunterstützungseinrichtungen, da gebe ich Frau Ministerin Schwesig recht, sind aber auch die Täterberatungsstellen überaus wichtig, denn gezielte Täterarbeit bedeutet letztendlich praktizierten Opferschutz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, all diese Maßnahmen dienen dazu, Betroffene möglichst umfangreich
zu unterstützen und neue Taten zu verhindern, denn gerade Opfer sexualisierter Gewalt sind stark traumatisiert. In den meisten Fällen, da haben wir auch schon häufig drüber gesprochen, ist es nicht der Fremde im Park, der der Täter ist, sondern die überwiegenden Fälle sexualisierter Gewalt finden zu Hause im engen Familien- und Bekanntenkreis statt, einem Ort, der eigentlich Schutz und Sicherheit bieten sollte. Für die Opfer, häufig Kinder, stellt sich jedoch der eigentliche Ort des Schutzes und der Sicherheit schlicht als Hölle dar. Gerade in Fällen sexualisierter Gewalt, das haben die ganzen Jahre mir gezeigt, ist es nicht selten, dass die Betroffenen sich erst Jahre später melden. Und dass die Opfer von sexualisierter Gewalt in DDR-Heimen sich erst nach so langer Zeit gemeldet haben, entspricht eben auch diesen Erfahrungen.
Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Angst, Scham, Verzweiflung, der fehlende Glaube an Gerechtigkeit, das sollte uns auch zu denken geben, oder ganz einfach verdrängen, um überleben zu können, sind nur einige Stichworte. Deshalb ist es besonders wichtig, dass mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit den Betroffenen die Scheu genommen wird, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das heißt, die Öffentlichkeitsarbeit muss trotz der bereits auf diesem Gebiet geleisteten Arbeit konsequent weitergeführt oder, ich finde, sogar noch verstärkt werden.
Die Landesregierung, Kommunen, Vereine und Verbände müssen gemeinsam mit Partnern, wie Ärztinnen und Ärzten, Pädagogen, Jugendeinrichtungen, alle Möglichkeiten nutzen, um die Menschen über die bestehenden Angebote zu informieren. Und ich habe vor Kurzem noch ein Faltblatt – Anlass waren auch die Berichterstattungen – mit Informationen über die bestehenden Einrichtungen einschließlich Erreichbarkeit herausgegeben. Und ich hoffe einfach, dass das auch noch ein Stück weit helfen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fachberatungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt stehen allen Opfern offen, unabhängig vom Geschlecht – das ist auch ganz wichtig, auch Jungen können sich dort hinwenden –, vom Alter, wann oder wo oder von wem die Tat erfolgt ist. Das heißt, auch Opfer von DDR-Heimen können sich zur Beratung an diese Opferberatungsstellen wenden, und deshalb war es mir so wichtig, auch gleich den Kontakt zur Beauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit herzustellen, weil dort sich viele Opfer zunächst mal melden. Die brauchen für die Rehabilitation die Hilfe der Stasiunterlagenbeauftragten,
die brauchen aber für die Aufarbeitung der Probleme, für die psychische Aufarbeitung die Opferberatungsstellen. Und wir haben zum Beispiel vereinbart, dass der Bürgerbeauftragte und auch die Stasiunterlagenbeauftragte einmal im Jahr zu einer größeren Beratung meiner Einrichtung mit hinzugezogen werden, um sich über Probleme, natürlich auch über Erfolge auszutauschen, um sich schlicht abzustimmen.
Parallel zu den Beratungsunterstützungsangeboten für Betroffene ist es für viele Opfer ebenfalls sehr wichtig, dass die Täter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Da, wie bereits erwähnt, sich aber viele Opfer erst sehr spät öffnen und die Strafverfolgungsbehörden hinzuziehen, ist es, darauf hat Herr Dr. Jäger hingewiesen, erforderlich, die Verjährungsfristen zu verlängern. Ich finde es sehr gut, dass auch dieser Punkt mit
in den Antrag aufgenommen worden ist, denn für viele Opfer ist es wichtig, dass die Täter vor Gericht kommen, um endlich einen Schlussstrich ziehen zu können. Ihnen geht es nicht mal so sehr um die Bestrafung, sondern für sie ist das beendet, wenn sie den Eindruck haben, auch vor Gericht wird ihnen geglaubt.
Um die strafrechtliche Verfolgung der Täter auch nach Jahren noch erfolgreich durchführen zu können, ist eine fachlich fundierte Verletzungsdokumentation zur Beweisführung unerlässlich. Und deshalb habe ich mich sehr dafür eingesetzt, dass an den Rechtsmedizinischen Instituten in Greifswald und Rostock ein Modellprojekt, das Modellprojekt der Opferambulanzen initiiert wurde. Ich freue mich sehr, dass das Parlament zu dem Schluss kommt, dass diese Opferambulanzen weiter bestehen bleiben müssen und auch weiter finanziert werden müssen.
Aber für ein Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern sind zwei Opferambulanzen sowie deren Außenstellen in Schwerin und Neubrandenburg für eine flächendeckende Versorgung meines Erachtens nicht ausreichend. Ich möchte aber, dass alle Opfer unabhängig davon, ob sie im unmittelbaren Einzugsgebiet der Rechtsmedizinischen Institute leben oder in Sassnitz, Plau oder Gägelow, die Möglichkeit haben, in ihrer Nähe eine Anlaufstelle für eine fachgerechte Befunddokumentation aufsuchen zu können.
Die unter meiner Federführung laufende Arbeitsgruppe „Gewalt und Gesundheit“, an der unter anderem auch Medizinerinnen und Mediziner und Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner teilnehmen, bereitet deshalb derzeit erneut eine Ärztefortbildung vor, die im Januar 2012 durchgeführt wird. Deren Ziel ist es, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zu gewinnen, um sich durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rechtsmedizinischen Institute qualifizieren zu lassen, sodass sie rechtsmedizinische Befunddokumentationen in ihren Praxen vornehmen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Schutz und die Unterstützung der Opfer sexualisierter Gewalt ist eine wichtige Aufgabe für uns. Beratungsstellen mit ausreichend qualifiziertem Personal sind ein wichtiger Baustein, die Betroffenen zu stabilisieren und ihnen zu helfen, in ein normales Leben zurückzufinden. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, den Opfern die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie benötigen. Stimmen Sie dem vorliegenden Antrag zu! Ich beantrage namens der demokratischen Fraktionen namentliche Abstimmung. – Vielen Dank.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! „Frauen in die Aufsichtsräte“ – wir beschäftigen uns nicht das erste Mal mit dem Thema.
Im November 2010 haben wir uns bereits mit dem Antrag von SPD und CDU – Frauenanteil in Aufsichtsratsgremien landeseigener Unternehmen erhöhen – beschäftigt und ich kann Ihnen sagen, dass wir vonseiten der Landesregierung in dem Zusammenhang auch bereits tätig geworden sind. Die Konferenz der Leiter der allgemeinen Abteilung hat bereits geprüft, inwieweit der Landtagsantrag umgesetzt werden kann. Da gibt es zwei Möglichkeiten:
Entweder wir koppeln die Besetzung der Aufsichtsräte vom Hauptamt ab. Das wird derzeit geprüft und soll bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten auch so umgesetzt werden.
Die zweite Möglichkeit ist, das können wir natürlich nicht sofort machen, dass man das Hauptamt auch entsprechend anders besetzt, also mehr Frauen in Hauptämter als Staatssekretäre und Abteilungsleiter. Auch dort hat der Ministerpräsident angekündigt, dass demnächst etwas passieren soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zum Antrag der Fraktion DIE LINKE und der dazugehörigen Beschlussempfehlung und damit zur Bundesebene. Frauenquote in Aufsichtsräten – das Thema ist Dauerbrenner auf Bundesebene. Frau von der Leyen sagt hü, die Bundeskanzlerin und die Frauenministerin sagen hott und das ist natürlich was für die Medien. Nun ist das nicht wie zum Teil bei Juristen, drei Juristen, drei Meinungen,
sondern immerhin zwei Frauen in Führungspositionen, zwei Meinungen. Das hilft natürlich vor allem der Wirtschaft nicht, dieses Hin und Her oder Hü und Hott, wie ich es eben benannt habe,
und hilft auch den betroffenen Frauen nicht.
Im Gegenteil, laut DIW-Führungskräfte-Monitor 2010 waren 2008 17 Prozent Frauen in Führungspositionen, also allgemein gesehen in Führungspositionen, seit 2001 war ein Rückgang zu verzeichnen. Bei den Vorständen größerer Unternehmen sieht es noch schwieriger aus. In den Vorständen dieser Unternehmen ist nur jedes zehnte Mitglied weiblich und dann zum größten Teil noch entsendet von der Arbeitnehmerseite.
Diese hochgelobte Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Privatwirtschaft zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen aus 2010 hat also nicht geholfen. Ich bin mir sicher, dass eine erneute freiwillige Selbstverpflichtung bei Festlegung der jeweiligen Quote durch das einzelne Unternehmen auch ins Leere gehen wird.
Was soll denn dabei herauskommen, meine sehr geehrten Damen und Herren? Diejenigen, die aufgrund ihrer Machtposition jahrelang schon längst hätten etwas ändern können, sollen nun festlegen, wie viele Frauen die Chance erhalten, eine Führungsposition zu bekommen? Haben wir dann statt 17 irgendwann 20 Prozent oder, wenn es diesen Entscheidungsträgern persönlich beliebt, vielleicht 25 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt? Almosen, statt die Bedeutung auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu erkennen und danach zu handeln?
Tatsache ist, dass mehr als 50 Prozent derjenigen, die jährlich Abitur machen, Mädchen sind. Ich frage mich schon lange, wie können wir es uns als Wirtschaftsstandort Deutschland eigentlich leisten, das Know-how dieser hoch qualifizierten Frauengeneration einfach brachliegen zu lassen und nicht zu nutzen.
Das Gutachten der Sachverständigenkommission für den Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellt dann auch ernüchternd fest, ich zitiere: „Der derzeit in den Medien und Publikationen gepriesene ‚Vormarsch qualifizierter Frauen‘ entspricht nicht der Wirklichkeit in den Führungspositionen deutscher Unternehmen, weder auf den Leitungsebenen noch in den Aufsichtsräten und Vorständen. … Unter Berücksichtigung der sich wandelnden Arbeits- und Erwerbsverhältnisse im 21. Jahrhundert und unter dem Fokus einer Gleichstellung über den Lebensverlauf ist der gegenwärtige Zustand als desaströs zu bewerten.“ Zitatende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen ist bekannt, dass ich mich bereits seit Langem für die Einführung einer gesetzlichen Geschlechterquote insbesondere in Spitzenpositionen einsetze, nicht, weil ich eine Quote besonders schick finde, sondern deshalb, weil ich davon überzeugt bin, dass ohne die weiche Quote, das heißt, wenn Mann und Frau fachlich gleich qualifiziert und befähigt sind, viele befähigte Frauen keine Chance bekommen, überhaupt zu zeigen, was sie können. Für mich ist die Quote also eine Hilfskrücke, solange bestimmte Positionen nicht wirklich nach Leistung, sondern nach Geschlecht besetzt werden.
Dass die Einführung einer gesetzlichen Regelung rechtlich möglich und damit zulässig ist, dafür gibt es mittlerweile mehrere Gutachten, unter anderem von Herrn Professor Dr. Joachim Wieland von der Verwaltungshochschule Speyer. Darüber, darauf ist Herr Schulte eingegangen, hatte ich dem Wirtschaftsausschuss bereits am 3. März berichtet.
Ebenso hat mein Bereich auf Anforderung des Wirtschaftsausschusses die in den Niederlanden, Frankreich und Spanien existierenden Gesetze übersetzt – eine ganz neue Erfahrung, dass wir auch dafür zuständig sind – und dem Parlament zur Verfügung gestellt, sodass auch die Rechtslage in anderen europäischen Ländern jedem bekannt sein dürfte. Zwischenzeitlich hat, wie gesagt, die Justizministerinnen- und Justizministerkonferenz bestätigt, dass grundsätzlich die Implementierung einer Genderquote möglich ist.
Ich kann nur sagen, auch wenn das ganze Verfahren für mich ziemlich aufwendig war: Es geht doch, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, am 16. und 17. Juni des Jahres habe ich das Land auf der 21. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder vertreten. Ein wichtiger Tagesordnungspunkt war der Antrag aus Nordrhein-Westfalen zum Thema „Frauen in Führungspositionen“. Während Nordrhein-Westfalen und eine Vielzahl anderer Länder konkrete Festlegungen zur Einführung einer gesetzlichen Frauenquote favorisierten, versuchte, wie konnte es anderes sein, Bayern in einem völlig verwässerten Antrag, die Lösung des Problems erneut der Beliebigkeit anheimzustellen.
Mecklenburg-Vorpommern war maßgeblich daran beteiligt, dass A- und B-Länder, also die SPD- und CDUgeführten Länder, sich mehrheitlich in einem Kompromissantrag für eine gesetzliche Quotenregelung bei Spitzenpositionen und damit auch in Aufsichtsräten deutscher Aktiengesellschaften ausgesprochen haben.
Wörtlich heißt es in dem Beschluss unter den Punkten 2 und 3:
„Die GFMK hält eine angemessene Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen nicht nur aus rechtlichen Gründen, sondern auch unter ökonomischen Aspekten für notwendig. Erforderlich ist eine Abkehr von unzureichenden Erklärungsmustern hin zu einem konsistenten Politikansatz, der Frauen gleiche Verwirklichungschancen gibt. Die GFMK bittet die Bundesregierung daher, die im Sachverständigengutachten auch für dieses Handlungsfeld relevanten grundsätzlichen Empfehlungen aufzugreifen und weiterzuentwickeln.“
Unter 3. heißt es weiter: „Dabei spricht sich die Kommission nicht nur für Förderprogramme auf unteren Führungsebenen, sondern darüber hinaus für eine gesetzliche Quotenregelung bei Spitzenpositionen zugunsten von Frauen aus. Die GFMK unterstützt dies nachdrücklich und spricht sich dafür aus, dass eine gesetzliche Regelung bis zum Jahr 2017 wirksam werden muss, wenn sie bis dahin durch die Selbstverpflichtungen der Unternehmen entbehrlich geworden ist.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Beschluss ist, wie gesagt, ein Kompromiss. Wir brauchen laut Geschäftsordnung der GFMK 13 von 16 Bundesländern für die Zustimmung zu einem Antrag. Dennoch, mit diesem Kompromiss sind wir einen wesentlichen Schritt weitergekommen. Es liegt in eigener Verantwortung der Unternehmen, bis 2017 zu handeln, und ansonsten, jetzt haben wir endlich mal eine konkrete Jahreszahl, werden gesetzliche Vorgaben greifen. Das ist meines Erachtens ein wirklicher Schritt nach vorne.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen im Wirtschaftsausschuss, ich danke Ihnen für Ihre Beschlussempfehlung. Sie deckt sich im Wesentlichen mit dem, was das Land und die GFMK gemacht haben, und Sie sehen, die Landesregierung hat sich bereits auf Bundesebene deutlich für die Einführung einer gesetzlichen Geschlechterquote auch in Aufsichtsräten positioniert. Sie können sich sicher sein, dass ich die Umsetzung des GFMK-Beschlusses und auch der JMK weiter mit Nachdruck verfolgen und einfordern werde.
Ich danke dem Wirtschaftsausschuss, dass er sich so tiefgründig und differenziert mit dem Thema auseinandergesetzt und die vorliegende Beschlussempfehlung in großer Übereinstimmung zwischen allen demokratischen Fraktionen verabschiedet hat. Dabei, meine Herren, wenn ich Sie mir so angucke, bin ich mir ganz sicher, dass Sie nicht, wie der stellvertretende Pressesprecher im Bildungsministerium Torsten Heil auf webMoritz.de, aufgrund der Quotendiskussion ganz verzweifelt die Sinnfrage Ihres männlichen Daseins gestellt haben. Ich zitiere: „So befindet sich der Mann von heute in einem scheinbar unlösbaren Dilemma. Was soll er nun sein, Macho oder Softie?“ Kein Kommentar meinerseits, meine Herren und Damen.
Dafür vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Unterstützen Sie bitte die Beschlussempfehlung!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete!
Sehr geehrter Herr Kollege Ritter, dass der Nutzen von Gender Budgeting ein wirklicher Beitrag oder ein wirkungsvoller Beitrag zur Umsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern ist, ist, denke ich, unstreitig. Da sage auch ich ganz deutlich, das ist eine Grundlage zur Umsetzung von Gender-Mainstreaming. Es geht sogar noch darüber hinaus, denn Gender Budgeting schafft mehr Transparenz hinsichtlich der Kriterien, die den haushaltspolitischen Entscheidungen zugrunde liegen, ermöglicht eine größere Zielgenauigkeit und Nachhaltigkeit.
Gender Budgeting ist eine Anwendung des GenderMainstreaming im Haushaltsprozess.
Es bedeutet eine geschlechterbezogene Bewertung von Haushalten und integriert eine Geschlechterperspektive in allen Ebenen des Haushaltsprozesses. Das bedeutet die systematische Prüfung aller Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsprozess bei der Aufstellung, Ausführung und Rechnungslegung sowie aller haushaltsbezogenen Maßnahmen auf den ökonomischen Effekt auf Frauen und Männer sowie auf die gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse.
Haushaltsgesetz und Haushaltsplan in der öffentlichen Haushaltspolitik sind in weiten Teilen schon durch Gesetze, Beschlüsse, Programme und anderes vorbestimmt. Eine genderbezogene Analyse und gleichstel
lungsorientierte Ressourcenverwendung muss sich auch auf alle diese Entscheidungen folglich beziehen. Also dieser Prozess muss gut überlegt, gut vorbereitet und vor allem von allen gewollt sein.
Was Sie wollen, interessiert doch keinen Menschen. Haben Sie das noch nicht gemerkt?
Aus frauen- und gleichstellungspolitischer Sicht ist das Gender Budgeting grundsätzlich als ein Teilinstrument von Gender-Mainstreaming zu befürworten,
um auch bei der Verteilung von Haushaltsmitteln die Lebenssituation von Frauen und Männern zu berücksichtigen und vor allem Gerechtigkeit bei der Verteilung zu erreichen. So weit, so gut.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber auch wenn wir einige Projekte oder Teilprojekte haben, es gibt letztendlich erst wenige Erfahrungen bei der Umsetzung von Gender Budgeting, wie zum Beispiel in den Ländern, von denen Sie eben gesprochen haben, insbesondere von Berlin, Herr Ritter. Ich sage ganz bewusst „erste Erfahrungen“. Deswegen beschäftigt sich die GFMK mit diesem Problem auch, weil wir die Erfahrungen erst mal auswerten wollen.
In Berlin wurde 2002/2003 der Beschluss zum Gender Budgeting gefasst. Bilanzierend wurde auf einer Konferenz 2010, also nach sieben Jahren, festgestellt, dass es positiv sei, dass der Prozess weiter bestünde und politisch unterstützt sowie gesetzlich verankert wurde. In den sieben Jahren seien das lokale konkrete und fachkundige Expertinnen- und Expertenwissen sowie Genderkompetenz und Genderbewusstsein weiter ausgebildet worden. Auch die Datenbasis konnte inzwischen verbessert werden und nach und nach werden immer mehr Bereiche erfasst.
Das heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind auch in Berlin noch längst nicht am Ziel angekommen und auch dort bestehen viele Unwägbarkeiten. So viel also zu den zeitlichen Relationen.
Gender Budgeting ist demzufolge – ich habe ein Interesse, dass wir es dann auch wirklich umsetzen – ein sehr aufwendiges und komplexes Verfahren, das auf einer Genderwirkungsanalyse basiert und Genderkompetenz bei allen Beteiligten voraussetzt. Das GenderKompetenzZentrum Berlin beschreibt sieben Schritte oder Tools, die umgesetzt werden müssen. Und ich bitte Sie, mal hinzuhören, was wir in dem Zusammenhang machen müssten:
„1. Gleichstellungsorientierte Bewertung politischer/ökonomischer Strategien (durch Gleichstellungsakteure)
2. Gendersensible Abfrage und Analyse individueller wirtschaftlicher Prioritäten“
Diese beiden Ansätze sorgen für die Einbeziehung der Genderperspektive in haushaltsrelevante Prozesse auf der Akteursebene.
„3. Gender-bezogene Aufschlüsselung der Nutzung der öffentlichen Leistungen“
Damit sind die Ausgaben gemeint.
„4. Gender-bezogene Aufschlüsselung der öffentlichen Einnahmen
5. Gender-bezogene Aufschlüsselung des Einflusses öffentlicher Ausgaben auf Zeitnutzung
6. Gleichstellungsorientierung in der mittelfristigen Finanzplanung...
7. Gleichstellungsorientierte Haushaltserklärung“
Der letzte Punkt beinhaltet eine Rechenschaftslegung und ist somit bereits eine Form des Controllings.
Und, meine Damen und Herren, nicht zuletzt müssen Instrumente und Handlungsschritte, die auf diesen Gender-Budgeting-Ansätzen basieren, auf die nationalen und regionalen Gegebenheiten und auf die einzelnen Handlungsfelder, Sachgebiete und Fachabteilungen in den Verwaltungen zugeschnitten werden.
Ist doch alles ganz einfach, meine sehr geehrten Damen und Herren von den LINKEN! Das machen wir jetzt mal ganz zum Schluss, am Ende der Legislaturperiode, das setzen wir jetzt alles um, wo wir schon in der Haushaltsaufstellung für den nächsten Doppelhaushalt sind.
Tatsache ist, die Bedingungen des Haushaltes und die Anforderungen für eine sinnvolle Umsetzung von Gender Budgeting stehen dem derzeit teils konträr gegenüber. Und wir haben noch nicht mal die Vorarbeiten dafür gemacht, dass wir jetzt im laufenden Haushaltsaufstellungsverfahren diesen Prozess überhaupt in die Gänge bringen können.
Ich erinnere mich noch an die Klausurtagung des Landesfrauenrates im Herbst letzten Jahres. Also nageln Sie mich jetzt nicht fest, lieber Herr Kollege Ritter, aber ich glaube, es war vom DGB Frau Straka, die die gleichstellungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der demokratischen Fraktionen fragte, wie wir es denn mit Gender Budgeting halten. Und ich erinnere mich auch, dass sie sogar nachfragte, ob das in den Regierungsprogrammen ist. Nun weiß ich nicht, ich werde mal nachgucken, ich habe es nicht gemacht, ob das in die Wahlprogramme mit reinkommen soll. Ich werde mal reingucken, ob es in Ihrem Wahlprogramm steht. Zu dem Zeitpunkt haben wir noch eine Diskussion geführt, Herr Ritter, dort auf der Klausurtagung, was überhaupt Gender Budgeting ist.
Insofern wundert mich das jetzt, wenn Sie in der drittletzten Landtagssitzung diesen Antrag stellen,
den wir nicht mal mehr im Ansatz und von den Grundlagen umsetzen können.
Genderinformationen im Haushaltsverfahren sind sinnvoll, wenn sie aussagekräftig und fachlich qualifiziert die wichtigsten Ergebnisse der Genderwirkungsanalyse darstellen.
Hierfür muss ein Weg gefunden werden, dass das Haushaltsverfahren nicht mit zu detaillierten Informationen und einem zu aufwendigen Prozess belastet wird. Die Technik der Haushaltsführung erschwert generell die Ermittlung der tatsächlich anfallenden Kosten für öffentliche Leistungen und damit fehlt schlicht derzeit eine wichtige Voraussetzung für eine regelmäßige Analyse der Nutzung öffentlicher Ausgaben.
Klar ist auch, eine geschlechtersensible Haushaltspolitik kann auf lange Sicht nicht funktionieren, wenn sie als bloße technokratische Übung begriffen wird. Eine gendersensible Haushaltspolitik ist immer eine Haushaltspolitik für Menschen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Leben von Menschen verläuft nicht statisch, sondern unterliegt ständigen Veränderungen. Auch die Angebote und Leistungen müssen folglich den Veränderungen angepasst werden.
Eine bloße Zählung der Köpfe reicht eben nicht, wenn man das als Datenbasis nehmen will. Sicherlich braucht man als ersten Teilschritt entsprechende Daten zum Anteil von Frauen und Männern. Doch diese müssen mit dem Nutzungsverhalten öffentlicher Leistungen durch Frauen und Männer verbunden und die praktischen Auswirkungen öffentlicher Ausgaben auf die Lebenslagen der Menschen abgeschätzt werden.
Nicht nur die Verwaltung muss die entsprechende Genderkompetenz dafür aufweisen, sondern alle anderen beteiligten Personen. Und das machen wir jetzt mal schnell zum Ende der Legislaturperiode, denn wir reden heute über diesen Antrag und nicht zu Beginn der Legislatur.
Darum geht es doch gar nicht. Aber vielleicht kann ich es ein bisschen kürzer machen.
Ich glaube, wir haben uns in der Gleichstellungspolitik in den letzten Jahren dadurch ausgezeichnet,
dass wir sehr solide vorgegangen sind.
Und ich habe ein Problem damit, dass wir zum Ende der Legislaturperiode,
ich habe ein Problem damit, dass wir zum Ende der Legislaturperiode hier Anträge beschließen,
die wir nicht mal mehr im Ansatz umsetzen können.
Da kommen wir nicht mal dazu, darüber zu sprechen.
Das ist doch nicht wahr.
Wir sind in der Haushaltsaufstellung.
Wir sind in der Haushaltsaufstellung, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen die Voraussetzungen …
Wir brauchen, um diesen Antrag, das Gender Budgeting, umzusetzen, bestimmte Voraussetzungen. Deswegen habe ich eben darauf aufmerksam gemacht.
Diese Voraussetzungen haben wir hier in MecklenburgVorpommern nicht. Wir sind aber schon dabei, den Haushalt aufzustellen.
Wenn wir also nicht einen Antrag nur um des Antrags willen hier verabschieden wollen, sondern wenn wir wirklich in dem Bereich etwas erreichen wollen, dann sollte man die Chance – egal, in welcher Koalition – zu Beginn der nächsten Legislatur nutzen, sich zunächst mal über die Vorarbeiten, die wir dringend brauchen, verständigen und dann im Laufe der Legislatur
Gender Budgeting umsetzen.
Und ich habe extra das Beispiel Berlin genommen.
Es reicht noch nicht mal eine Legislatur, sondern Berlin ist schon sieben Jahre dabei und ist erst in einigen Teilbereichen vorangekommen.
Und deshalb bitte ich Sie mit Nachdruck:
Lassen Sie uns gemeinsam das Thema weiter besprechen, aber nicht zu diesem Zeitpunkt einen Antrag annehmen, der der Diskontinuität anheimfällt,
bevor wir uns überhaupt mit diesem wichtigen Thema beschäftigt haben.
Insofern sage ich ganz deutlich: Ich unterstütze Gender Budgeting.
Ich unterstütze namens der Landesregierung auch den Antrag auf der GFMK aus Schleswig-Holstein.
Aber ich lehne es ab, dass Sie hier einen Schnellschuss machen, womit wir überhaupt nichts anfangen können. Und wir zerreden hier was, was wirklich sehr wichtig ist, was wir umsetzen sollten. – Vielen Dank.
Warten Sie doch erst mal ab, was ich zu sagen habe, Frau Borchardt, bevor Sie sich schon äußern.
Erstens. Namens der SPD-Fraktion erkläre ich …
Ich habe Sie nicht angesprochen, Entschuldigung.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Erstens. Namens der SPD-Fraktion erkläre ich, dass die SPD-Fraktion die Einführung des Gender Budgeting grundsätzlich unterstützt,
Zweitens. Ich distanziere mich mit Nachdruck von den Aussagen unseres Koalitionspartners, das sage ich hier ganz ausdrücklich.
Das ist eigentlich eine Schande gewesen, was Sie hier geäußert haben.
Und drittens, meine Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, wir unterscheiden uns nur im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Einführung von Gender Budgeting. Während Sie der Auffassung sind, das lässt sich ganz schnell übers Knie brechen,
wir können einfach mal anfangen,
wir können einfach mal anfangen in bestimmten Bereichen,
bin ich der Auffassung, wenn man sich tiefgründig damit beschäftigt,
dass man erst Voraussetzungen dafür schaffen muss.
Und wir müssen zu Beginn der nächsten Legislatur die Voraussetzungen schaffen. Es ist eben nicht mit einem Datenfriedhof getan zum Beispiel.
Und deshalb sage ich ganz deutlich, die SPD-Fraktion will die Einführung von Gender Budgeting, aber wir können damit nicht jetzt anfangen, sondern wir müssen zu Beginn der Legislatur damit anfangen und das dann über die Jahre kontinuierlich verfolgen.
Und ich sagen Ihnen abschließend, wir werden das dann noch nicht mal, wenn wir das über die Legislatur machen, so hinkriegen, dass wir am Ende der Legislatur damit fertig sind, sondern das wird Jahre oder Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Deshalb sage ich noch mal: Gender Budgeting – ja, Einführung jetzt – nein.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Schutz der Opfer vor Gewalt – sei es vor häuslicher oder sexualisierter Gewalt, vor Menschenhandel, Zwangsprostitution, Stalking oder vor jeder anderen Form von Gewalt – ist ein wesentliches Ziel der SPD und der Landesregierung,
und, ich muss auch sagen, nicht erst seit dieser Legislaturperiode, sondern seit Mitte der 90er-Jahre in den verschiedenen Koalitionen, in denen wir tätig waren.
Die Landesregierung, und hier federführend mein Bereich, beschäftigt sich seit Langem intensiv mit dem Thema sexualisierte und häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder. Die in dieser Legislatur über das Justizministerium eingeleiteten Maßnahmen sind – und das, glaube ich, war eben auch gut an den Ausführungen der Justizministerin zu erkennen – eine sinnvolle Ergänzung zum Gesamtkonzept.
Sowohl aus den Berichten der Gleichstellungs- und Frauenministerinnenkonferenzen als auch aus den Berichten der Sozialministerin Schwesig vom Runden Tisch wurde immer wieder deutlich, dass Mecklenburg-Vorpommern im Bereich Opferschutz im Vergleich zu den anderen Bundesländern sehr gut dasteht. Das ist ein Ergebnis von uns allen, von den jeweiligen Landesregierungen, aber ich muss auch sagen, von den demokratischen Fraktionen im Parlament, denn – das weiß ich aus meiner eigenen Tätigkeit – ohne die Unterstützung des Parlaments wäre das, was im Bereich häuslicher und sexualisierter Gewalt geschaffen worden ist über die Jahre, nicht erreicht worden.
Und ich möchte den Dank, der eben an den WEISSEN RING gegeben wurde, noch erweitern, nämlich auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den jeweiligen Beratungsstellen, die wirklich aufopferungsvoll über die ganzen Jahre ihrer Tätigkeit nachgegangen sind, zum Teil bis zur Erschöpfung.
Die Landesregierung hat gemeinsam mit Expertinnen und Experten noch vor Inkrafttreten des Bundesgewaltschutzgesetzes bereits im Jahre 2001 den ersten Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder verabschiedet. Mecklenburg-Vorpommern gehörte auch zu den ersten Bundesländern, die das Sicherheits- und Ordnungsgesetz geändert und eine Wegweisung des Täters aus der gemeinsamen Wohnung bis zu 14 Tagen geregelt haben.
Mit dem Landesaktionsplan liegt seitdem ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder auf mehreren Ebenen vor. Zu dem Gesamtkonzept gehören unter anderem spezifische Maßnahmen bei der Bekämpfung von Gewalt wie umfangreiche Präventi
onsarbeit, Sensibilisierung der Öffentlichkeit – ich gebe Ihnen recht, Herr Kollege Jäger, leider wird dort dann immer sehr wenig über die Opfer berichtet oder es wird mal berichtet, wenn es einen spektakulären Fall gibt, der noch schön reißerisch ist, aber ansonsten findet man sehr wenig Berichte über die Situation der breiten Masse der Opfer –, die Einbeziehung des Themas in die Aus- und Fortbildung verschiedener Berufsgruppen sowie ein auf den individuellen Hilfebedarf ausgerichtetes Netz von Hilfeeinrichtungen für Opfer.
Zu dem Netz gehören, meine sehr geehrten Damen und Herren, neun Frauenhäuser, verteilt über das ganze Land, acht Beratungsstellen für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen und Kinder, fünf Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt, zwei Beratungsstellen für gewalttätige Männer und fünf Interventionsstellen im Bereich der fünf ehemaligen Polizeidirektionen in Anklam, Neubrandenburg, Rostock, Schwerin und Stralsund.
Aber insbesondere möchte ich darauf hinweisen, dass es uns in dieser Legislatur gelungen ist, für Kinder, die direkt oder indirekt von Gewalt betroffen sind, ein eigenständiges Hilfeangebot zu unterbreiten. Seit dem 1. Mai 2008 ist an den fünf Interventionsstellen jeweils noch eine Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche in Fällen häuslicher Gewalt angeschlossen, denn zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Kinder, die immer wieder Gewalt direkt oder auch indirekt erleben, stark traumatisiert sind und im späteren Leben häufig das Verhalten der Erwachsenen nachahmen. Dabei versuchen Jungen gehäuft, Konflikte, egal auf welcher Ebene, mit Gewalt zu lösen, Mädchen begeben sich gehäuft in eine Opferrolle. Mit diesem sehr niedrigschwelligen Angebot wird zielgerichtet Kindern geholfen.
Insgesamt möchte ich auch noch darauf hinweisen, dass jährlich mittlerweile in unserer Beratungslandschaft über 3.000 erwachsene Opfer registriert werden und circa 2.300 Kinder, die entweder direkt oder indirekt betroffen sind, ich glaube, gerade im Zusammenhang mit Kindern eine erschreckend hohe Zahl. Deswegen war das auch richtig, dass wir aus diesem ehemaligen Modellprojekt jetzt eine feste Finanzierung gemacht haben, um Kindern die entsprechende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Darüber hinaus gehört seit Mai 2009 zu dem Netz noch eine Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, kurz ZORA. Da die Zwangsverheiratung junger Frauen und Männer mittlerweile auch in Mecklenburg-Vorpommern zu einem Thema geworden ist, sollen von ZORA künftig auch von Zwangsheirat Betroffene oder Bedrohte beraten und unterstützt werden.
Unter meiner Federführung wurde der Landesaktionsplan in jeder Legislatur fortgeschrieben und weiter umgesetzt. Der zweite Aktionsplan hatte unter anderem die Verbesserung der Kooperation zwischen staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen und die Fokussierung auf die Zielgruppen Kinder, Emigrantinnen, Frauen mit Behinderungen und Opfer von Frauenhandel zum Inhalt. Einige Maßnahmen daraus habe ich Ihnen eben gerade vorgestellt.
Im Hinblick darauf, dass die gesamte Gesellschaft die Verantwortung für die Bekämpfung von Gewalt trägt, ist ein weiteres wesentliches Ziel der Landesregierung, die Problematik an die betroffenen Berufsgruppen heranzutragen, so unter anderem an die Beschäftigten des
Gesundheitswesens. Zu diesem Zweck habe ich eine Arbeitsgruppe „Gewalt und Gesundheit“ gebildet. An dieser Arbeitsgruppe sind unter anderem Medizinerinnen und Mediziner, Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner sowie Vertreter/-innen der Frauenhäuser und Interventionsstellen beteiligt.
Von der Arbeitsgruppe wurde zum Beispiel ein Leitfaden für die medizinische Praxis mit dem Titel „Gesundheitliche Versorgung gewaltbetroffener Frauen in Mecklenburg-Vorpommern“ erarbeitet.
Die Arbeitsgruppe hat darüber hinaus angeregt, eine Fortbildung für die Medizinerinnen und Mediziner zu der Problematik zu konzipieren. Im Januar 2008 wurde daraufhin eine Fachtagung mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen – Zwischen Schweigepflicht und Strafanzeige“ von der Ärztekammer, der Zahnärztekammer, der Techniker Krankenkasse und mir durchgeführt.
Aufgrund der großen Resonanz – wir mussten damals leider Ärztinnen und Ärzte nach Hause schicken, weil wir sie nicht mehr in den Raum hineinbekommen haben, und das waren nicht nur Ärztinnen und Ärzte aus Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch aus anderen Bundesländern –, also wegen dieser großen Resonanz wurde am 31. Januar 2009 eine weitere Fachtagung zum Thema „Gewalt in der Familie“ – mit Fokus auf Kinder – „Richtig handeln“ durchgeführt.
Und für Januar 2012 ist bereits eine dritte Veranstaltung in Planung, die darauf zielt, Medizinerinnen und Mediziner dafür zu gewinnen, sich durch die gerichtsmedizinischen Institute der Universitäten Greifwald und Rostock dahin gehend fortbilden zu lassen, dass sie Gewaltverletzungen erkennen und auch gerichtsfester dokumentieren können.
Im Zusammenhang mit der gerichtsfesten Dokumentation von Verletzungen ist im Jahre 2010 ein Modellprojekt von mir auf den Weg gebracht worden, und zwar im Rechtsmedizinischen Institut der Universität Greifswald mit Unterstützung des Rechtsmedizinischen Instituts der Medizinischen Fakultät der Universität Rostock. Ziel des Modellprojektes ist die Implementierung von sogenannten Opferambulanzen an den Rechtsmedizinischen Instituten in Greifswald und Rostock sowie deren Zweigstellen in Schwerin und Neubrandenburg.
Und, Herr Dr. Jäger, Sie haben ja immer darauf hingewiesen, wie wichtig das ist, dass eine gerichtsfeste Dokumentation vorgenommen werden kann. Genau das versuchen wir damit zu erreichen.
Ich möchte hier insbesondere Frau Professor Dr. Bockholdt an der Universität Greifswald und Herrn Professor Dr. Büttner von der Universität Rostock für ihr Engagement danken, sie machen es wirklich, sage ich jetzt mal, kostenfrei in einem Modellprojekt. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir dieses Projekt irgendwann mal auf feste finanzielle Füße stellen.
Gerade vor dem Hintergrund einer stetig steigenden Zahl bekannter Fälle von sexualisierter Gewalt nimmt die professionelle Befunddokumentation einen hohen Stellenwert ein. Wir wissen, gerade diese Opfer melden sich erst nach Jahren oder Jahrzehnten. Das haben wir ja gerade mitgekriegt bei den Opfern aus DDR-Heimen. Wir müssen deshalb alles tun, um diese Opfer ambulant auch zu unterstützen. Das ist so eine Aufgabe, die, denke ich, wir uns als Parlament, aber wir auch als Landesregierung uns vornehmen müssen.
Die erwähnte Ärztefortbildung Anfang des nächsten Jahres soll wiederum dazu beitragen, und da besteht dann die Vernetzung, Gewaltopfern in der Fläche Anlaufstellen zu gerichtsfesten Befunddokumentationen ihrer Verletzungen zu schaffen. Denn nach Rostock und Greifswald kommt nicht jeder, aber wir können das Know-how, das wir in Rostock und Greifswald haben, nutzen, um es in die Fläche zu tragen und Anlaufstellen bei Ärztinnen und Ärzten in der Fläche zu schaffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Verbesserung der Kooperation zwischen staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen organisiert, empfiehlt und unterstützt die Landesregierung die Teilnahme von Staatsanwaltschaften und Gerichten an regionalen Kreisen und Workshops, die zum Ziel haben, einen Erfahrungsaustausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Beratungs- und Hilfeeinrichtungen im Zuständigkeitsbereich der Parlamentarischen Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung anzuregen.
Das Phänomen Stalking wurde ebenfalls in dieser Legislatur im Bereich Frauen und Gleichstellung mit thematisiert. So hat es im September 2007 auf meine Anregung hin gemeinsam mit Frau Justizministerin Kuder eine Fachtagung zum Stalking gegeben. Darüber hinaus wurde auf Bitten von Frau Justizministerin und mir beim Landespräventionsrat eine Arbeitsgruppe Stalking eingerichtet mit dem Ziel, Strategien im Umgang mit Stalking zu entwickeln. Die Arbeitsgruppe hat zwischenzeitlich ein Informationsblatt für Opfer von Stalking konzipiert, das Verhaltenstipps gibt und über rechtliche Schutzmöglichkeiten aufklärt. Darüber hinaus wurden Hinweise und Empfehlungen für Behörden, Einrichtungen und Organisationen erarbeitet. Am 22. September 2010 wurde zudem vom Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung ein interdisziplinärer Fachtag zu Stalking durchgeführt.
Im Beratungs- und Hilfenetz, also in meinem Bereich, beraten alle fünf Interventionsstellen seit Jahren auch Opfer von Stalking. So wurden in den Interventionsstellen im Jahre 2009 297 Fälle von Stalking behandelt und dazu 650 Beratungen durchgeführt. In 198 Fällen wurden die Opfer von der Polizei an die Interventionsstellen vermittelt. In 70 Fällen konnten die Interventionsstellen die Opfer an das Hilfe- und Beratungsnetz für Opfer von häuslicher Gewalt weitervermitteln.
Der Beratungsaufwand bei Stalking ist hoch, da Stalking ein langfristiger und beharrlicher Prozess ist, der nicht von heute auf morgen endet oder beendet werden kann. Im Durchschnitt werden Opfer zwischen ein und zwei Jahren gestalkt. Die meisten Betroffenen, die gestalkt werden, sind Frauen. Und in vielen dieser Fälle ist dem Stalking bereits häusliche Gewalt vorausgegangen beziehungsweise hat das Stalking schon in der Beziehung begonnen. Wenn das Stalking innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung einer Beziehung erfolgt, wird in Mecklenburg-Vorpommern das Stalking von ehemaligen Ehe- oder Lebenspartnerinnen und -partnern als häusliche Gewalt qualifiziert.
Gemäß dem sogenannten Stalkingerlass des Innenministeriums vom April 2009 werden in polizeilich bekannten Fällen von Stalking wie bereits in allen sonstigen Fällen von häuslicher Gewalt, in denen ein Polizeieinsatz erfolgt, die Daten der Betroffenen im Rahmen der Gefahrenabwehr an die zuständige Interventionsstelle übermittelt. Die Interventionsstellen, die entsprechend ihrer Gesamtkonzeption nach dem sogenannten proaktiven Ansatz arbeiten, nehmen dann Kontakt zu den Betroffe
nen auf. Diese Form der Kontaktaufnahme ist besonders effektiv und hat sich im Rahmen eines Modellprojektes Ende der 90er-Jahre in Rostock und Schwerin auch bewährt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch die in jüngster Vergangenheit bekannt gewordenen Missbrauchsfälle an Kindern und Jugendlichen ist das Thema sexualisierte Gewalt, insbesondere der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, zu einem Dauerthema in Politik, Medien und der Gesellschaft geworden. Gerade die Opfer sexualisierter Gewalt und vor allem Kinder und Jugendliche benötigen fachkundige Hilfe, um das Erlebte verarbeiten zu können. Viele Opfer können erst viele Jahre später über das Geschehene sprechen.
Die Landesregierung hat dies bereits frühzeitig erkannt. Bereits bevor dieses Thema so in den öffentlichen Fokus gerückt ist, wurden als Bestandteil des ersten Landesaktionsplanes im Beratungs- und Hilfenetz spezielle Fachberatungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt eingebettet. Fünf dieser spezialisierten Beratungsstellen stehen mit ihren geschulten Mitarbeiterinnen den Opfern unabhängig von Geschlecht, Alter oder Tatzeitpunkt offen. Daneben leisten sie dringend gebotene Aufklärung und Präventionsarbeit.
Zudem wurde im Juli 1999 durch zwei Mitarbeiterinnen des Vereins „Frauen helfen Frauen“ an der Beratungsstelle für sexualisierte Gewalt in Rostock ZeugInnenbegleitung angeboten und auch durchgeführt. Von 2000 bis 2002 wurde die ZeugInnenbegleitung sodann als Modellprojekt wissenschaftlich begleitet.
Also, Herr Kollege Dr. Jäger, erste Anfänge gab es bereits Ende der 90er/Anfang 2000.
Das Angebot richtete sich an Frauen und Kinder, die von Sexualstraftaten betroffen waren. Nach Abschluss der Modellphase wurde die ZeugInnenbegleitung in die Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt in Rostock und in die der anderen Fachberatungsstellen als Arbeitsschwerpunkte integriert.
Zusätzlich gibt es jetzt eben noch die Psychosoziale Prozessbegleitung für Kinder und Jugendliche. Und es ist vorhin die Abstimmung angesprochen worden. Wir sind auf gutem Wege, die Arbeitsebenen haben entsprechende Termine vereinbart, sodass ich denke, gerade die Absprache oder die notwendigen Kontakte, die ja zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Beratungsstellen geknüpft werden, müssen auch in Zukunft bestehen.
Außerdem, und darauf möchte ich hinweisen, wurde nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle von meinem Bereich auch sofort Kontakt mit der Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR aufgenommen und mit dem Bürgerbeauftragten und wir haben in der Zwischenzeit konkrete Gespräche auch zur Vernetzung geführt.
Die Landesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit steht im engen Kontakt mit der Koordinierungsstelle CORA und wird außerdem jährlich auch an dem Treffen, das ich mit meinen Beratungsstellen durchführe, eben teilnehmen, denn diese Opfer haben es ja nicht nur mit der Traumatisierung zu tun durch die sexuellen Übergriffe, sondern sie müssen zudem noch für ihre Rehabi
litierung kämpfen. Dafür brauchen sie die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, aber außerdem brauchen sie natürlich die Hilfe der Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu den Zielen der Landesregierung gehört es natürlich auch, den Tätern Hilfe zu geben. Aber auch das sage ich ganz deutlich, ich habe vorhin darauf hingewiesen, wir haben zwei Täterberatungsstellen unter Opferschutzaspekten. Denn mit jedem Täter, der sein falsches, gesetzwidriges Verhalten einsieht
und damit keine neuen Opfer sucht, ist jedem weiteren Opfer geholfen. Wir haben nämlich gerade aus den Frauenhäusern die Information, dass häufig Opfer dort Schutz suchen, die einen und den gleichen Täter haben. Das heißt, der Täter trennt sich von der Partnerin, sucht sich eine neue Partnerin, hat aber sein Verhalten nicht geändert. Und deshalb ist es ungeheuer wichtig, dass auch mit den Tätern gearbeitet wird. Und ich glaube, wir müssen auch in der Zukunft auf diese Gruppe ein größeres Gewicht legen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was ich hier vorgestellt habe, mag einigen sehr viel vorkommen. Das zeigt aber auch, dass wir in den ganzen Jahren
sehr viel getan haben. Sie sehen das an den detaillierten Ausführungen.
Ich habe vom Parlament den Auftrag gekriegt, eine Evaluation der Beratungslandschaft durchzuführen in meinem Verantwortungsbereich. Die Evaluation läuft auch, sie wird Ihnen in dieser Legislaturperiode noch zugehen und ich glaube, dann haben wir alle noch Gelegenheit, noch mal ausführlicher über das Problemfeld zu sprechen.
Und im Übrigen freue ich mich auch schon auf die weiteren Beratungen im Rechtsausschuss. Mit diesem Antrag sollten natürlich nicht die Beratungen im Rechtsausschuss ad acta gelegt werden, sondern ich habe da noch zugearbeitet entsprechend, so, wie Sie das gefordert haben, und ich denke, die Auswertung steht ja auch noch an. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordnete und Kolleginnen Abgeordnete!
Ich danke Ihnen, sehr geehrte Herren von der FDP, für diesen Antrag.
Ich danke Ihnen, weil Sie erstens mir mit Ihrem Antrag und vor allen Dingen, Herr Roolf, Sie mit Ihrer Pressearbeit noch einmal die Gelegenheit geben, ganz deutlich zu machen, dass sich Gleichstellungspolitik in diesem Bundesland konsequent an der Umsetzung des Artikels 3 Absätze 2 und 3 Grundgesetz orientiert, sich hierbei an Beschlüsse der Weltfrauenkonferenzen und Vorgaben der EU hält und nicht der von Ihnen geforderten Beliebigkeit anheimfällt,
zweitens, weil Sie mit Ihrem Antrag unmissverständlich zum Ausdruck bringen – und es tut mir leid, dass gerade der Kollege Grabow dazu geredet hat –, dass Sie eigent
lich immer noch nicht verstanden haben, was Gleichstellungspolitik in der Doppelstrategie bedeutet, in der Doppelstrategie des Gender-Mainstreaming-Ansatzes,
nämlich Ausgleich bestehender Nachteile für Männer und Frauen und Verhinderung künftiger Nachteile,
drittens, weil Sie mit Ihrem Antrag zeigen, dass Sie, außer polemisch zu agieren und Worte zu zählen – ich hätte keinmal das Wort „Männer“ genommen, Herr Roolf –, keine eigenen Konzepte und Ideen haben,
viertens, weil der Antrag verdeutlicht, dass Sie scheinbar nicht einmal in der Lage sind, Einfluss auf Entscheidungen Ihrer FDP-Bundesminister zu nehmen,
und fünftens, weil Ihre Aussagen zur „Überförderung von Frauen und Mädchen“, wörtlich Herr Roolf, „Überförderung von Frauen und Mädchen“, glaube ich, interessante Informationen für den Landesfrauenrat mit seinen über 40 Mitgliederorganisationen und mehr als 200.000 Mitgliedern – vor allem für Alleinerziehende, in der Mehrheit sind das Frauen – sind.
Ich darf mal zitieren. Ich habe gestern per Fax ein Schreiben des Landesfrauenrates aufgrund Ihrer sehr interessanten Pressearbeit zugeschickt gekriegt. Ich darf mal auszugsweise zitieren, Zitat: „Der Vorstoß der FDP geht weit an der Realität vorbei. Herr Roolf hat das erreicht, was er vorgibt, nicht zu wollen, nämlich die Geschlechter gegeneinander auszuspielen, und diskreditiert die erfolgreiche Frauen- und Gleichstellungsarbeit im Land. Der Landesfrauenrat fordert die FDP auf, ihr Augenmerk auf beide Geschlechter zu richten und anzuerkennen, dass Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen noch immer stärker benachteiligt sind als Männer.“ So weit ein Auszug aus dem Schreiben des Landesfrauenrates.
Also vielen Dank, meine Damen und Herren von der FDP, für diesen Antrag.
Und, Herr Roolf, kennen Sie das Kinderspiel „Schiffe versenken“? Kennen Sie das?
Da versenkt man ja eigentlich immer die Schiffe der Mitspieler. Ich habe den Eindruck, Sie versenken gerade Ihr eigenes Schiff mit solchen Anträgen und vor allen Dingen mit solchen Pressemitteilungen.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, in Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz heißt es: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“
„Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Das Grundgesetz gibt damit vor, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte, Pflichten und Chancen im tatsächlichen Leben und nicht nur auf dem Papier haben sollen.
Um aber zu erkennen, wo Frauen benachteiligt werden, muss ich wissen, wie die Situation von Männern ist. Um Nachteile von Männern aufzudecken, muss ich wissen,
wie die Situation von Frauen ist. Und hierbei wird die von der EU vorgegebene Strategie Gender Mainstreaming angewendet, die immer einen doppelten Ansatz, so, wie ich das eben dargestellt habe, verfolgt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist genau die Herangehensweise der Landesregierung bei der Umsetzung des Auftrages des Grundgesetzes. Daraus Einseitigkeit abzuleiten, wie Sie es, Herr Roolf, namens Ihrer Fraktion machen, zeugt entweder von Nicht-verstehen-Können oder Nicht-verstehen-Wollen.
Ich glaube, Letzteres ist wohl eher der Fall.
So tagte auf meine Einladung vor einigen Tagen wieder die Arbeitsgruppe zur geschlechtersensiblen Berufsfrühorientierung, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft und Sozialpartner, also der Wirtschaftsverbände, Herr Roolf – denen stehen Sie doch angeblich so nahe –, sowie der Landeskoordinierungsstelle für den „Girls’Day – Mädchen-Zukunftstag“,
der betroffenen Ministerien und der demokratischen Fraktionen.
Thema waren vor allem, Herr Roolf, Thema waren vor allem Angebote für die geschlechtergerechte Berufsfrühorientierung von Jungen. Alle demokratischen Fraktionen waren vertreten, Frau Schlupp war auch mit anwesend, nur die FDP-Fraktion hat gefehlt.
Statt sich also konkret einzubringen
und was für Jungen zu machen,
verplempern Sie Zeit – ich möchte jetzt keine Zeit verplempern, Herr Grabow –, um mit nachweislich falschen Behauptungen platten Wahlkampf zu machen.
Nun schauen wir uns einmal stichpunktartig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit – ich habe nicht stundenlang Zeit, Gott sei Dank, wie sicherlich einige empfinden –
die Situation von Frauen und Männern in Deutschland an.
Frauen erhalten bei gleicher und gleichwertiger Arbeit pro Stunde im Durchschnitt 23 Prozent weniger Lohn als Männer. Frauen machen die besseren Bildungsabschlüsse...
Nein, das geht von meiner Zeit ab und das möchte ich nicht.
... und erhalten schwieriger einen Job als Männer. Männer hingegen haben durchschnittlich schlechtere Bildungsabschlüsse, erhalten aber leichter einen Job als Frauen.