Protocol of the Session on July 1, 2011

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 127. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 37: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Erfolgreiche Konversionspartnerschaft kontinuierlich ausgestalten und fortsetzen, Drucksache 5/4405. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/4462 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Erfolgreiche Konversionspartnerschaft kontinuierlich ausgestalten und fortsetzen – Drucksache 5/4405 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/4462 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Schwarz von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als in den 90er-Jahren die hier auf ehemaligem DDR-Boden stationierte Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte abgezogen wurde, war Konversion ein rein ostdeutsches Problem. Als Peter Struck als Verteidigungsminister die erste Bundeswehrstrukturreform, ich sag mal, auf den Weg brachte, war es ein gesamtdeutsches Problem.

Die rot-rote Landesregierung hat in den Jahren 2002 und 2006 die Kommunen mit dieser großen Aufgabe nicht alleine dastehen lassen, sondern sie hat wirkungsvolle Hilfe geleistet, nicht nur in finanzieller Art, in Richtung Bauleitplanungen, Konversionsmanagement oder Begleitung, sondern die Landesregierung hat sich bereiterklärt, eine Konversionspartnerschaft einzugehen. Und zwar wurde die Konversionspartnerschaft 2005 seitens der Kommunen ins Gespräch gebracht, wurde damals in Demen – ich vergesse das nie – im Herbst geboren und im Jahre 2006 drüben in der Staatskanzlei Ende Januar besiegelt, und zwar besiegelt von allen betroffenen Ebenen, das heißt einerseits der Bund, das Land, die Bundeswehr und die Kommunen. Und ich erinnere auch gern daran, dass der damalige Ministerpräsident Harald Ringstorff bei der Strukturreform alles getan hat, um die Auswirkungen so gering als möglich zu halten. Das ist ihm gelungen, denn Mecklenburg-Vorpommern hat nach wie vor die zweitstärkste Verkehrs… – Verkehrsdichte wollte ich sagen, Entschuldigung –, Stationierungsdichte der Bundeswehr pro Kopf gesehen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Die Große Koalition hat diese Grundlage der Konversionspartnerschaft als Anlass genommen und diese Arbeit konstruktiv weitergeführt. Und ich erinnere noch einmal daran: Es gab viele Fachtagungen, es gab viele Veranstaltungen, wie zum Beispiel der 1. Konversions- und Wirtschaftstag in Neuruppin, wo sich die Kommunen intensiv ausgetauscht haben. Am Anfang lief es etwas holprig, aber dann, kann ich aus unserer Sicht sagen, hat die Konversionspartnerschaft gegriffen. Im Jahre 2011 wurde ebenfalls in Demen eine Bilanz dieser Konversionspartnerschaft gezogen und alle Unterschriftsleistenden sind dagewesen – der Ministerpräsident, der Bund, die Kommunen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist alles in Ordnung.)

Bürgermeister und Kommunalvertreter aus Torgelow, aus Stavenhagen und aus Demen haben vor Ort noch mal dargestellt, wie Konversion gelaufen ist. Und es wurde von allen Beteiligten, sei es denn von der Wehrbereichsleitung Nord in Kiel, von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Ministerpräsident und den dort darstellenden kommunalen Vertretern, eine sehr positive Bilanz über diese Partnerschaft gezogen. Es sind eine Reihe von Arbeitsplätzen entstanden, gerade Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Und ich glaube, Arbeitsplätze sind die beste Antwort auf Hartz IV, denn wir können die Sozialausgaben noch so weit erhöhen, wir können Wohlfahrtsbürokratie betreiben, es wird diese großen Probleme des Landes nicht lösen. Meine Antwort darauf sind Arbeitsplätze, Arbeitsplätze im ländlichen Raum,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Arbeitsplätze, von denen man leben kann.

Im Antrag werden Sie erkennen können, dass wir bei der Begründung differenziert vorgegangen sind.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das heißt, nicht einfach sagen, wir wollen mal so weitermachen wie bisher, sondern wir haben natürlich auch nachhaltig darüber nachgedacht, denn die Gelder werden weniger werden. Das heißt also, dass wir Schwerpunkte setzen müssen, und ein Schwerpunkt zum Beispiel sind Investitionen und Arbeitsplätze.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wir haben auch darauf hingewirkt, dass der Bund – jetzt im September will ja Thomas de Maizière die Strukturreform, ich sage mal, öffentlich machen und sagen, welche Standorte es betreffen wird – eine transparente Politik betreibt. In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Schwarz.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Herr Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, so ist das im Leben. Das Wort „Reform“ begleitet einen halt immer, so auch im Bereich der Bundeswehr. Vor uns steht eine Bundeswehrstrukturreform, die genau wie die Reformen 2001 und 2004 Auswirkungen auf unser Land MecklenburgVorpommern haben wird. Wir müssen davon ausgehen, dass einige der 23 Standorte mit rund 15.000 Dienstposten in Mecklenburg-Vorpommern betroffen sein werden. Ich habe da jetzt gar keine nähere Kenntnis, will gar keine konkrete Sorge verbreiten, aber wir werden nicht ohne Kürzungen über diese Reform kommen, und insofern müssen wir uns mit Konversion beschäftigen.

Das Thema ist und bleibt sehr wichtig. Und dass natürlich Gemeinden, die vor das Problem gestellt werden,

dort Riesenschwierigkeiten zunächst einmal sehen, wenn man von einer solchen Reform Kenntnis bekommt, ist ganz klar. Insofern kann die Antwort auch nur sein, dass man sich hier zusammentut und die Möglichkeiten, wie man so schön sagt, in seinem Leben dann bündelt. Diesen Prozess oder diese Prozesse, sagen wir es besser so, zu begleiten, ist gemeinsame Aufgabe der Kommunen, des Landes, des Bundes und natürlich auch der Flächeneigentümer, wobei das ja in der Regel der Bund ist.

Für die strukturpolitische Umgestaltung haben wir in den letzten Jahren, Herr Schwarz hat darauf hingewiesen, eine, wie ich finde, in der Tat auch gute Zusammenarbeit gefunden. Und jede Regierung, Herr Schwarz, ist gut beraten, eine Zusammenarbeit, die gut ist, dann auch weiterzuführen. Ich verweise auch auf die Anfang 2006 unterzeichnete Rahmenvereinbarung. Durch das koordinierte Bemühen im jeweiligen Aufgabenbereich soll frühzeitig eine Vorbereitung auf die zivile Anschlussnutzung, möglichst natürlich noch vor Schließung der Bundeswehrstandorte, ermöglicht werden. Wir alle wissen, dass, wenn es erst mal zu Leerstand kommt, dann der Verfall auch nicht lange dauert und, wie gesagt, die materiellen Möglichkeiten immer schwieriger werden.

Meine Damen und Herren, in der Tat kann man sagen – und wir gehen ja so ungefähr auf fünf Jahre Bestehen der Konversionspartnerschaft hinaus –, dass hier eine erfolgreiche Arbeit geleistet wurde. Wir können heute davon ausgehen – das kann man besichtigen –, dass bei einem großen Teil frei gewordener militärischer Liegenschaften eine zivile Nachnutzung erreicht werden konnte. Es gibt dafür viele Beispiele. Ich nenne mal die Gemeinden Dabel, Demen, Boltenhagen, aber eben auch Stavenhagen, wo ich mich unlängst noch einmal vor Ort davon überzeugen konnte. Und auch dort gibt es weitere Überlegungen, wie man diese Konversionspartnerschaft mit neuem Leben erfüllen kann.

(Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Daher ist der vorliegende Antrag, der ja eine Weiterführung der bisherigen Aktivitäten zum Inhalt hat, zu begrüßen.

Meine Damen und Herren, ich muss natürlich sagen, dass wir immer wieder überlegen müssen, wie wir die jeweilige Förderpraxis dann auch den gegebenen finanziellen Möglichkeiten anpassen. Dass da die Blütenträume auch nicht in den Himmel wachsen, wird Ihnen nicht ganz neu sein. Während es so war, dass im Zeitraum 1993 bis 1999 insbesondere die EU-Gemeinschaftsinitiative KONVER I/II genutzt werden konnte, um zum Beispiel den Abriss, die Sanierung von Anlagen, Altlastenstudien, Konversionsmanagement zu fördern, wandelte sich dies im Zeitraum der EU-Förderperiode 2000/2006. Auf der Grundlage der Standortkonversionsrichtlinie wurden Abriss, Beräumung, Entsiegelung, Renaturierung, aber auch Vorbereitung oder Wiederherstellung der Infrastruktur gefördert.

In den Zeiten zurückgehender Finanzen haben natürlich für uns – und man muss die Prioritäten immer wieder richtig setzen – Investitionen für Arbeitsplätze in Unternehmen höchste Priorität. Insofern auch folgerichtig erfolgte in der aktuellen Strukturfondsperiode 2007 bis 2013 die Konversionsförderung meines Ministeriums auf der Grundlage der Gemeinschaftsaufgabe auf der einen Seite, also Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur, und Nutzung des EFRE, also des Europäischen

Fonds für Regionalentwicklung. Danach ist die Förderung möglich, wenn eine wirtschaftsnahe Infrastruktur geschaffen oder erweitert wird. Hier wollen wir immer wieder Voraussetzungen für gewerbliche Investitionen schaffen, die dann Arbeitsplätze zur Folge haben.

Ich muss darauf hinweisen, dass eine reine Altlastenberäumung, ich werde damit oft konfrontiert, aus diesen Fonds so ohne Weiteres nicht möglich ist. Wir müssen sicherstellen, dass eine wirtschaftliche Nutzung erfolgt, und das muss auch nachgewiesen werden, das muss ich sagen. Es geht nicht mehr so einfach, dass man sagt, ja, ich rede da mal mit einer Firma, sondern wir müssen wissen, dass dies dann auch zielgerichtet und ergebnisorientiert, wie man das so ausdrückt, erfolgen kann.

Meine Damen und Herren, natürlich können auch Fördermittel anderer Ressorts zum Einsatz kommen, wenn sie zur Verfügung stehen. Also ich nenne hier nur Städtebau- oder Wohnungsbauförderung. Aber auch dort wissen Sie, dass wir in den nächsten Jahren eher mit Kürzungen zu rechnen haben. Wenn wir GA nicht einsetzen können, ich sagte schon, können wir prüfen, ob EFRE möglich ist. Hierfür haben wir uns mit der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von wirtschaftsnahen Infrastrukturmaßnahmen außerhalb der Gemeinschaftsaufgabe“ selbst ein Instrument gegeben. Wir wollen das in der Zukunft so handhaben, dass die Interministerielle Arbeitsgruppe Konversion zur Unterstützung der betroffenen Gemeinden weiterhin aktiv bleibt. Sie bietet den Kommunen die notwendige Plattform, die Probleme zu diskutieren und ressortübergreifend zu beraten, um zu schnellen Problemlösungen zu kommen.

Ich will mal ein Beispiel erwähnen: Zuletzt war es so, dass im März 2010 die Gemeinde Peenemünde in der von mir genannten IMAG ihre Situation, ihre schwierige Situation dargestellt hat. Wer die Gemeinde kennt, weiß, dass dort sehr viele Ruinen waren, die sich in Privateigentum befinden.

(Regine Lück, DIE LINKE: Schlimm!)

Aber ich glaube, dass wir dort auch demonstrieren können, heute demonstrieren können, dass, wenn wir uns zusammensetzen, wir auch Lösungen finden. Und wenn Sie es dort sehen, die ersten Schandflecke sind beseitigt. Ich werde mir das demnächst noch mal anschauen. Ich glaube, dass sich also damit auch die Zukunftsperspektiven in diesem Ort verbessern. Wir sind noch lange nicht am Ziel, aber dort kann man „handgreifliche“ Verbesserungen wirklich inzwischen besichtigen.

Die frühzeitige Vorbereitung des Umwandlungsprozesses ist immer eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg. Das zeigen alle positiv gelaufenen Beispiele. Verweisen möchte ich auch auf die Forderung der Ministerpräsidenten auf ihrer Sitzung am 9. Juni 2011 gegenüber der Bundesregierung, die Bundesländer vor allen Dingen frühzeitig auch in die Standortplanung mit einzubeziehen. Das ist ja immer ein sehr streitiger Prozess, wie wir wissen, nicht mehr benötigte Liegenschaften dann kostengünstig an die Kommunen abzugeben und auch, das wäre natürlich unsere Forderung oder bleibt auch unsere Forderung, ein Konversionsprogramm für strukturschwache Regionen aufzulegen. Das würde uns natürlich sehr helfen. Aber man muss sehen, wie die Dinge sich entwickeln.

Also, meine Damen und Herren, ich glaube, dass die Antworten auch zukünftig nur die sein können, die wir heute

praktiziert haben – gemeinsam zielorientiert arbeiten, die Möglichkeiten, die wir haben, sehr effizient nutzen. Es hat sich immer wieder gezeigt, wenn wir dies tun, kommen wir auch zu Erfolgen, zugegebenermaßen vielleicht nicht immer so schnell, wie sich jeder das wünscht, aber, ich hätte fast gesagt, so ist das halt im Leben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister! In der Tat ist es so, bei der Konversionspolitik sind schnelle Erfolge nicht zu erwarten. Dennoch ist Konversionspolitik in Mecklenburg-Vorpommern ein Erfolg, aber, Herr Seidel, nicht erst seit fünf Jahren. Konversion oder die neue Konversion läuft in diesem Land seit zehn Jahren, nämlich seit 2001 und 2002. Ich komme an anderer Stelle darauf zurück.

Dass sich die Koalition am Ende der Wahlperiode aber mit diesem Erfolg schmückt, ist nachvollziehbar. Allzu viele Erfolge dieser Art gibt es ja nach fünf Jahren nicht.

(Heinz Müller, SPD: Ach!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Erfolgsgeschichte „Konversion in Mecklenburg-Vorpommern“ gäbe es aber nicht, hätte die damalige PDS-Fraktion in den Jahren 2001 und 2002 nicht die Initiative ergriffen und die Weichenstellung für eine moderne Konversionspolitik gestellt.

(Ute Schildt, SPD: Na ja, Thomas Schwarz hat ja tüchtig …)

Erinnern wir uns, liebe Kollegin Schildt: Als der damalige SPD-Verteidigungsminister die Bundeswehrstrukturreform verkündete, war an den betroffenen Standorten das Entsetzen groß, war doch die Bundeswehr in den strukturschwachen Regionen oft der bedeutendste wirtschaftliche und strukturpolitische Faktor.

Die damalige CDU-Fraktion in der Opposition kannte als Reaktion auf diese Entscheidung nur eins: Anträge im Landtag einzubringen, in denen die rot-rote Landesregierung aufgefordert wurde, bei der Bundesregierung auf das Entschiedenste gegen diese Reform zu protestieren. Solche Aufrufe und Anträge seitens der CDU hört man heute nicht, schließlich ist es ja ihr Verteidigungsminister, der die nächste Stufe der Bundeswehrstrukturreform zu verantworten hat. Die Auswirkungen auf die Standorte sind heute jedoch die gleichen wie 2001/2002. Nehmen wir es daher als positiven Fakt, dass die CDU dazugelernt und begriffen hat, dass Strukturentscheidungen der Bundeswehr einer anderen Logik folgen. Landes- oder gar kommunalpolitische Belange spielen dabei jedenfalls keine Rolle.

Und auch bei der SPD, liebe Kollegin Schildt, war ein Erkenntnisprozess notwendig. Ich erinnere mich noch gut, wie sich der damalige Wirtschaftsminister gewehrt hat, als die Zuständigkeit für Konversion vom Innen- ins Wirtschaftsressort übertragen wurde. Aber spätestens als Wirtschaftsminister Ebnet merkte, dass man auch bei Konversionsvorhaben prima Bändchen durchschneiden und Fördermittelbescheide übergeben kann, wuchs

das Verständnis für Konversion als Einheit von ökonomischen, städtebaulichen und landesplanerischen arbeitsmarkt- und umweltpolitischen Zielstellungen. Und, liebe Kollegin Schildt, unbestritten ist, dass der Fakt, dass die SPD-Fraktion einen von Standortschließungen betroffenen Bürgermeister in ihren Reihen hat, diesen Erkenntnisprozess beschleunigte.