Torsten Koplin
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Last Statements
Danke für die Möglichkeit.
Herr Albrecht, Sie hatten in Ihrer Rede gesagt, dass Sie Personen kennen, die vier bis fünf Umschulungen durchgemacht haben und jetzt in Rente gegangen sind. Würden Sie mir Recht geben, wenn ich daraus ableite, dass dann mindestens vier Umschulungen in der Zeit der KohlRegierung stattgefunden haben müssen?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mir eben das Okay von meiner Fraktionschefin geholt,
weil ich selbstverständlich nicht unreflektiert lassen möchte, was Sie eben an Nachdenklichkeit und tiefem Sinn hier gesagt haben. Frau Beyer, Ihnen und allen, die hier dieser Tage die letzten Reden halten, alles Gute und herzlichen Dank vor allen Dingen für die schwere Arbeit in den ersten Stunden unmittelbar nach der Wende. Das kann man nicht hoch genug würdigen, denke ich.
Und auch inhaltlich freue ich mich, sagen zu können, Frau Beyer, unsere Intentionen zu diesem Thema sind sehr nah beieinander. Wir sehen es genauso wie Sie. Es ist der richtige Zeitpunkt und der richtige Ort, dieses Thema hier und heute zu behandeln. Und ich freue mich auch, dass Herr Albrecht so oft in seiner Rede Frau Borchardt Recht gegeben hat.
Was mich dabei dann aber in der Folge verwunderte, war, dass es so viele Widersprüche in der Rede gab. Einerseits sagten Sie, die ABM sind von Übel
und man müsse öffentlich geförderte Beschäftigung ablehnen, und andererseits sagten Sie dann wiederum, ABM brauchen wir, was wir selbstverständlich auch so sehen,
aber die Schwierigkeit, die sich für mich daraus ergibt, ist, es ist keine Schlüssigkeit in den Ausführungen, es ist keine Logik in Ihren Ausführungen. Diese Unlogik erlebe ich an anderer Stelle auch.
Vor einigen Tagen hatte die IHK zu Neubrandenburg Herrn Lothar Späth eingeladen. Dieser Einladung sind unter anderem auch Herr Prachtl, Herr Grams, ein weiterer CDU-Abgeordneter und ich gefolgt und wir haben mit Interesse die Ausführungen von Herrn Späth auch zu strukturpolitischen Vorstellungen gehört. Das war zwei Tage vor seiner Ernennung in das so genannte Kompetenzteam.
Sowohl die Kollegen von der CDU als auch ich haben applaudiert. Offenkundig auch zur Verwunderung meiner
CDU-Kollegen hatte ich applaudiert, nur muss ich eins dazusagen, die Motive, warum wir applaudiert haben, waren offenkundig sehr unterschiedliche. Während die CDU-Abgeordneten vermutlich sich sehr mit den Ausführungen von Herrn Späth identifiziert haben, habe ich applaudiert, weil ich den Unterhaltungswert seiner Rede so toll fand.
Das war Politentertainment bester Sorte.
Ansonsten hatte Herr Späth zwei kolossale logische Fehler in seinen Ausführungen und die können Sie auch im „Nordkurier“-Interview – das muss etwa vor vier Wochen auch abgedruckt worden sein – wiederlesen. Er ist weit weg. Es ist die Gefahr, die viele Wirtschaftleute haben, dass Betriebswirte nicht unbedingt gute Volkswirte sein müssen.
Da gibt es...
Wissen Sie, ich möchte mich gar nicht so sehr an den Personen aufreiben, sondern gerne auf die Widersprüche im Denken hinweisen, das ist das Entscheidende, denn die lassen tief schließen auch auf politisches Verhalten von diesen Personen und den Getreuen dieser Personen. Zum einen sagen sie nämlich, das hat Herr Späth dort auch offeriert, das Konsumverhalten muss angereizt werden. Und im gleichen Atemzug, im gleichen Interview sagt er, aber der Niedriglohnsektor muss ausgebaut werden. Das ist ein Widerspruch in sich.
Wenn ich wenig Einkommen habe, kann ich weniger konsumieren,
weniger nachfragen und dann funktioniert der Markt nicht.
Und der zweite Widerspruch ist: Er sagt, wir haben keinen Spielraum für Neuverschuldung, und im gleichen Atemzug sagt er, wir müssen drei mal vierzig die Steuern senken. Drei mal vierzig die Steuern senken heißt, die Einnahmen werden geringer. Wer bezahlt die Zeche?
Spätestens seit der DDR wissen wir, dass es niemandem in der Politik gelingt, ökonomische Gesetze auszuhebeln.
Sie wollen, und das ist der Weisheit letzter Schluss an dieser Stelle, Sie wollen die kleinen Leute bluten lassen und den Sozialstaat unterhöhlen!
Das Tragische ist nur, und jetzt muss ich meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die ich sehr schätze, ansprechen, dass nicht nur die CDU, sondern auch die
SPD/Bündnis90-Bundesregierung am Szenario einer Abschaffung des Sozialstaates arbeitet. Ich habe das sehr wohl vernommen, was Frau Beyer hier sagte, die Verschlechterung der Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird es mit den Sozialdemokraten nicht geben.
Ich möchte Ihnen gerne an dieser Stelle den Rücken stärken. Ich frage mich nur, wie sich diese Aussage verträgt zum Beispiel mit den Angriffen auf das Rentenversicherungssystem, da sind die Messen gesungen, wie es sich verträgt mit einigen Szenarien, die ich erlebe in Bezug auf die Gesundheitsreform. Da freue ich mich, dass die Gesundheitsministerin Frau Schmidt diese Ausführung tätigt. Da hat sie unsere Unterstützung. Ich nehme aber sehr wohl aufmerksam zur Kenntnis, dass auf die Frage an den Bundeskanzler Schröder, wen er denn in seinem nächsten Kabinett gerne wiedersehen möchte, gerade diese Ministerin nicht namentlich erwähnt wird.
Ist da die Tür einen Spalt weit offen?
Das ist etwas, was mich sehr wohl beschäftigt,...
Aber das ist der tiefe Sinn des Themas.
Selbstverständlich.
... die sozialstaatlichen Sicherungssysteme Rente, Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung.
Die Verantwortung zum sozialen Bereich hat sich keine Regierung großzügigerweise selbst auferlegt, sondern diese Verantwortung ist im allerersten und obersten Gesetz diesen Staates und da gleich in seinem ersten Artikel fixiert, der da lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Diese Verantwortung ist auch nicht nur per Wählervotum, unter anderem auch von mehr als zwei Millionen Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern und mehr als vier Millionen Arbeitssuchenden in diesem Land, der Bundesrepublik Deutschland übertragen worden, sondern wird eben auch in Form von Steuern und Sozialabgaben dieser Wählerinnen und Wähler finanziert. Die Transferleistungen aus dem Sozialversicherungssystem sind eben keine Almosen, sondern erworbene Ansprüche. Statt durch gesetzliche Regelung, Begünstigung und Unterlassung die Zahl der Reichen, die Zahl derer, die Mechanismen, die bewirken, dass die Reichen immer reicher werden, sozusagen zu begrenzen beziehungsweise abzuschaffen, sollte diese Regierung etwas dafür tun, um Sozialhilfe überflüssig und Existenzangst und Armut in diesem Land, einem der reichsten Länder der Erde, zu beseitigen.
Und nun also kommt aus unserer Sicht – und da sind wir in großer Sorge – der Angriff auf das dritte Element des Sozialstaates, die Arbeitslosenversicherung, hinzu. Sie beinhaltet nicht nur die unternehmerische Ausrichtung der Bundesanstalt für Arbeit, sondern mehr auch den Wettbewerb. Und da stelle ich mal die Frage – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, diesen offenkundigen Widerspruch: Eine Bundesbehörde soll in den Wettbewerb mit der freien Wirtschaft treten. Auch die geplante Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe – der Minister Holter hat darüber gesprochen –, die faktisch auf die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und die Absenkung der Leistung für die Betroffenen auf Sozialhilfeniveau hinausläuft, sind ein weiterer Schritt zur mittel- oder langfristigen Demontage der Arbeitslosenversicherung.
Und nun möchte ich etwas sagen zu den Erkenntnissen aus der Hartz-Kommission. Noch am 18. Januar diesen Jahres ließ Bundesminister Riester verlauten: „Eine Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld wird nicht in Erwägung gezogen.“ Nunmehr heißt es, und ich beziehe mich auf Veröffentlichungen der jüngsten Tage: „Das Arbeitslosengeld wird künftig während der ersten sechs Monate in drei Pauschalbeträgen ausgezahlt, die in etwa die bisherige Einkommenssituation widerspiegeln.“ Und nun sage ich mir, abgesehen davon, dass es sich hier um einen Eingriff in die Eigentumsrechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern handelt, haben wir dann wieder diese Situation, die darauf hinausläuft, dass die sozial Benachteiligten im System noch zu den Schuldigen werden. Und an ihrem Schicksal werden sie sozusagen abgestempelt und obendrauf noch sozial schlechter gestellt. Und das kann nicht sein! Das kann beim besten Willen nicht sein!
Das Schärfste aus meiner Sicht ist jedoch folgende Vorstellung, und da möchte ich einmal zitieren aus dem bereits erwähnten „Spiegel“, Nummer 26/2002: „Die Arbeitsämter, die bisher die Erwerbslosigkeit mehr verwaltet als bekämpft haben, werden nach modernen Managementmethoden zu Beschäftigungsagenturen umgebaut, die mit erfolgreicher Stellenvermittlung sogar Geld verdienen und womöglich später an die Börse gehen könnten.“ Das möge man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Hier soll offenbar den bestehenden Verhältnissen die Krone aufgesetzt werden. Nicht nur, dass die Arbeitskraft eine Ware ist, nun soll ein Teil des erschufteten Geldes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum staatlich sanktionierten Zocken verwendet werden. Und das kann nicht sein!
Auf uns wirken die Vorschläge der Hartz-Kommission. Wir nehmen sie sachlich zur Kenntnis und wir prüfen. Da gibt es positive Ansätze, aber es gibt auch Ansätze, die uns hochgradig beunruhigen. Auf uns wirken sie. Aber Herr Holter sagte, es ist vernünftig, darauf zu schauen, sie vom Ergebnis her zu betrachten. Wenn ich aber die Betrachtungen und die Optik habe, das Ergebnis heißt, ich bereinige die Arbeitslosenstatistik, hat das ganz andere Auswirkungen auf die davor geschaltete Reform, als wenn ich sage, ich vermittele in Arbeit. Und dieses Vermitteln in Arbeit vermisse ich. In allen bisherigen Ausführungen ist nicht gesagt worden, wohin vermittelt wird, mit einer kleinen Ausnahme, mit einer kleinen Andeutung von Herrn Hartz selber in dem Interview im „Spiegel“, in dem er sagt: Fensterputzer, Gartenpfleger und Hausmeister. Das ist aus meiner Sicht auch nicht logisch, weil es nur
der konsumtive Bereich ist. Auf mich persönlich wirkt das wie das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Der Kaiser ist nackt, die Arbeitslosenstatistik wird bereinigt. Wohin werden die Arbeitslosen aber vermittelt? Die Logik stimmt nicht und ich sage Ihnen, wohin die Arbeitslosen vermittelt werden, wenn nicht andere Ideen auf den Tisch kommen. Die Arbeitslosen stehen dann auf dem Verschiebebahnhof und der Zug fährt in Richtung Kommunen.
Ich möchte an Sie alle, insbesondere an die Kolleginnen und Kollegen von der SPD, appellieren und Frau Beyer hat ja angedeutet, dass dieser Appell auf fruchtbaren Boden fällt: Nehmen Sie diese Pläne nicht widerspruchslos hin, die dort geboren werden! Tun Sie es nicht im Interesse der Menschen in diesem Land, im Interesse des sozialen Friedens und im Interesse der Zukunftsfähigkeit unseres Gemeinwesens!
Als PDS wollen wir uns da einbringen. Wir haben am 5. Juni dieses Jahres eine Broschüre aufgelegt „Beschäftigungspolitisches Programm der PDS“. Da haben wir unsere alternativen Überlegungen mit schlüssigem Finanzierungskonzept aufgelistet. Zu denen gehört, die öffentliche Investition vorzuziehen und auszuweiten, kleinere und mittlere Unternehmen gezielt und effizient zu stärken, den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, Herr Glawe, auszubauen, daran halten wir fest, gar keine Frage,
die Bildung zu verbessern, Arbeit umzuverteilen und den Aufbau Ost voranzubringen. Das ist, denke ich mal, aber unsere gemeinsame Sache. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde jetzt in die gleiche Kerbe schlagen, weil ich zu meinen Ausführungen zwei Vorbemerkungen machen möchte. Ich denke, Polemik ist belebend für dieses Haus, aber Unredlichkeit ist nicht belebend.
Zu den Auffassungen, die Sie hier wiedergegeben haben und die den Eindruck erwecken, als wäre das Auffassung des Ausschusses, muss ich Ihnen sagen, dieser Ausschuss hat festgestellt im Fall von Teterow und im Fall auch von Blähton, der damalige Wirtschaftsminister und heutige Ministerpräsident hat eine vorzügliche Arbeit geleistet und um jeden Standort gekämpft.
Ja, und zweitens, während ich da saß, habe ich mal überlegt, wie würde es mir gehen, wenn ich im Ausschusssekretariat gearbeitet hätte all die Zeit,
hier zu Beginn Lob erfahre und anschließend nur die Arbeit mies gemacht wird und gesagt wird, war sinnlos, war Verschwendung.
Das ist ein aus meiner Sicht vergiftetes Lob
und das haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sekretariats und auch unserer Fraktionen nicht verdient.
Es wäre, sehr geehrte Damen und Herren, töricht und überheblich, wollte man mit heutigen Erkenntnissen über historische Ereignisse ein Urteil abgeben. Das gilt auch für die Privatisierung ehemals volkseigener Betriebe. In keiner Zeugenbefragung und auch nicht bei der Erarbeitung der Beschlussempfehlung hat die PDS die damalige Situation missachtet. Die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Mecklenburg-Vorpommern, egal welcher politischer Couleur, standen unter einem ungeheueren Druck. Reihenweise sind Arbeitsplätze weggebrochen. Es gab eine geringe Arbeitsproduktivität, veraltete Infrastruktur, ungeklärte Eigentumsverhältnisse, ungesicherte Finanzausstattung, Schwierigkeiten im Umgang mit dem Recht der Bundesrepublik Deutschland und Umweltprobleme. Es ließe sich also noch fortsetzen, was damals alles sozusagen an Aufgaben und Herausforderungen vor den Akteuren stand.
Diese Rahmenbedingungen haben wir in der Ausschussarbeit ständig im Hinterkopf gehabt. Gleichwohl,
auf die Leimrute der CDU sind wir nicht getreten. Sie bringt alles auf eine einfache und schlichte Formel, die da heißt: Wer die Drucksituation von der damaligen Zeit her anerkennt, der respektiert, ein anderes Handeln war überhaupt nicht möglich. Und das, sage ich, ist in zweierlei Hinsicht falsch, ganz zu schweigen davon, dass wir hier von Menschenschicksalen sprechen. Es ist zum einen falsch, weil es immer Alternativen gibt. Und zum Zweiten ist es falsch – Frau Monegel hat darauf schon hingewiesen –, weil die Realität hier bewiesen hat, unter anderem auch durch die Herausarbeitung des Ausschusses, es gab faktische Einflussmöglichkeiten der Landesregierung. Es gab im Wirtschaftsministerium ein eigenes Referat, es gab in Treuhandgremien die Anwesenheit von Beamten und es gab Einflussmöglichkeiten über die Bundesorgane, so gering sie auch waren, aber es gab sie.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Anspruch der PDS an das Wirken des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses deckt sich mit dem Einsetzungsbeschluss. Im Kern ging es um zwei Dinge – das Handeln der Landesregierung zu untersuchen und im Speziellen den Umgang mit den Fördermitteln. Und für uns stand die Frage, warum sind die Privatisierungen gescheitert. Ganz sachlich: Was war daran politisch begründet? Was war strukturell bedingt? Und wo gab es menschliches Versagen? Und lassen Sie mich sagen, wir saßen nicht zu Tribunal, wir haben auch nicht die Säge mitgebracht, um irgendwelche Posten abzusägen. Das ist gar nicht der Anspruch gewesen. Uns interessierte, welche Lehren lassen sich auch heute noch ziehen und was lässt sich auch heute noch besser machen. Dabei nahmen wir uns bei der Analyse immer die Sicht der Betroffenen vor. Und eine Sicht der Betroffenen bestätigt einen weisen Spruch von Bertolt Brecht. Er hat im Stück „Die Mutter“ geschrieben – da ging es um das immer weniger werdende Geld: „Über das F l e i s ch, das euch in der Küche fehlt, wird nicht in der Küche entschieden.“
Eine solche Erkenntnis, eine solche Optik führt schnell zum Kern der Dinge. Und das weiß auch Herr Dr. Born und greift zu einem Trick, der funktioniert zuweilen und äußerst sich darin, dass Dr. Born immer gesagt hat: Dieser Ausschuss hat sinnlose Arbeit geleistet und das war die reine Mittelverschwendung. Und, Herr Dr. Born, lassen Sie mich etwas Persönliches sagen: Unbestreitbar, Ihre Stärken haben mich schon fasziniert und ich hab also die Methodik der Fragestellung von Ihnen immer ein bisschen ablauschen wollen. Aber auch eine Schwäche möchte ich Ihnen heute mal sagen. Ihre Schwäche ist, wer sich die Mühe macht, erkennt schnell, dass Sie leicht zu durchschauen sind. Und diese Durchschaubarkeit zeigt sich aus meiner Sicht darin, dass Sie mit dem Märchen von der sinnlosen Ausschussarbeit drei Ziele verfolgen:
Das erste Ziel ist, Sie wollen ablenken von der eigenen Verantwortung.
Die Lage nach der Wende war nicht nur Erblast der Ökonomie der DDR. Das war sie sehr wohl, aber nicht nur, sondern Ergebnis einer Politik, die auf Selbstheilung des Marktes hoffte. Und bereitwillig haben Sie die Treuhandanstalt Weichen stellen lassen in den ersten Jahren nach der Wende. Und die Ergebnisse einer solchen Politik
haben Sie sich sogar selbst noch attestiert. Im Wirtschaftsbericht des damaligen Wirtschaftsministers Herrn Lehment im Jahre 1994 ist nachzulesen: Die Industriedichte, also die Anzahl der Beschäftigten in der Industrie auf tausend Erwerbstätige, ging im Zeitraum von 1990 bis 1994 von 85 auf 28 Prozent zurück und es ist ein Arbeitsplatzdefizit zu verzeichnen von 39,2 Prozent. Auf die damalige Zeit umgerechnet sind das 294.200 Arbeitsplätze. Heute instrumentalisieren Sie politisch das Thema Abwanderung. Und das halte ich ausdrücklich für unaufrichtig,
denn die Abwanderung ist heute maßgeblich die Auswirkung Ihrer eigenen Politik, Ihrer eigenen Verantwortungslosigkeit von damals.
Und da bitte ich Sie ganz einfach, sich mal an Ihren eigenen Größen zu orientieren. Franz Josef Strauß sagte mal: Eine Wirtschaft wirkt wie ein Supertanker auf hoher See.
Wenn der einmal,
wenn der einmal auf Kurs gebracht ist, dann ist er schwer wieder umzumanövrieren und erst nach vielen Seemeilen wieder umzusteuern. Und das ist mir klar, dass Sie jetzt an dieser Stelle aufbegehren – getroffene Hunde bellen.
Das zweite Ziel, das zweite Ziel, was Sie verfolgen:
Sie wollen vertuschen, dass Sie mit verstaubten und gescheiterten Konzepten wieder regieren wollen. Ihr Programm „3 mal 40“ bedeutet, der Markt wird es schon richten. Und Sie wollen Niedriglohnjobs schaffen, wie Sie schreiben, um den Weg aus der Arbeitslosigkeit zu erleichtern. Aber ich frag noch mal: Wie sind denn die Menschen arbeitslos geworden? Der Markt funktioniert nicht! Er funktioniert nicht, weil die Nachfrage fehlt. Und diese fehlt, weil unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern ein Niedriglohnsektor vorhanden ist. Und dann muss ich mal Folgendes sagen: Wer darin ein Allheilmittel sucht, wenn Niedriglohn ein Heilmittel wäre für die Wirtschaft, hätten wir in Mecklenburg-Vorpommern doch schon wesentlich mehr Arbeitsplätze als zum Beispiel in Baden-Württemberg.
Und da gibt es auch noch eine Gefahr: Der Niedriglohnsektor vertieft die 2-Klassen-Ökonomie. Und eine 2-Klassen-Ökonomie in einem Staat bildet einen erstrangigen politischen Sprengsatz. Und vor Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, kann man nur warnen: Ihre Politik setzt Mecklenburg-Vorpommern wieder auf ein Pulverfass!
Ihr drittes Ziel, was Sie mit dem Märchen von der Sinnlosigkeit der Ausschussarbeit verfolgen, halte ich für das gefährlichste. Sie reden den Leuten mit dem Märchen von der Sinnlosigkeit des Ausschusses ein, dass die Anwendung demokratischer Rechte nicht unbedingt sinnvoll wäre.
Und dort fördert es Ohnmachtsgefühle. Und ich weiß nicht, wie Ihnen das geht, an den Infoständen in den Innenstädten, ob das im Uecker-Randow-Kreis ist oder in Neubrandenburg, erfahre ich immer mehr und da werden wir alle als Politikerinnen und Politiker über einen Kamm geschert, da heißt es immer: Ihr könnt doch so und so nichts ändern. Und das ist die schlimmste Haltung – die Demokratie ist ja permanent gefährdet –, das ist aber die schlimmste Haltung, die Menschen einnehmen können, wenn sie meinen, nichts mehr bewirken zu können, und es auch den Politikern nicht mehr zutrauen, die Verhältnisse zu verändern. Damit gefährden Sie die Demokratie, anstatt sie zu stärken. Und das ist schlimm.
Sehr geehrte Damen und Herren, aus Sicht der PDS hat der Ausschuss eine wertvolle Arbeit geleistet. Er hat Impulse für effiziente Fördermittelpolitik gegeben und er hat Hinweise für wirkungsvollere Fördermittelkontrollen erbracht. Und weil Fördermittelkontrollen immer Folgekosten vereiteln, sind sie bares Geld wert.
Und um Ihrem Argument, Herr Dr. Born, auch wenn Sie jetzt in der Nische sind,
entgegenzuhalten, Sie bringen immer an, dass jemand gesagt hat, also der Zwischenbericht hätte keine Rolle gespielt: Ein Zeuge, ein Zeuge, und da müssen wir beim Text bleiben, hat bekannt, dass er den Zwischenbericht nicht hat. Das heißt erstens nicht, dass er ihn nicht gelesen hat, und zweitens, dass die Erfahrungen aus dem Zwischenbericht keine Rolle gespielt haben, hat dieser Zeuge damit nicht gesagt.
Im Weiteren hat der Ausschuss Anhaltspunkte für die Koordination der Investorensuche nach einem Konkurs herausgearbeitet. Die kann man sicherlich so oder so interpretieren, aber er hat sie herausgearbeitet. Der Ausschuss hat die Arbeit der Staatsanwaltschaft befruchtet, er hat Fingerzeige für die Begleitung einheimischer Existenzgründerinnen und Existenzgründer gegeben. Ich denke da mal an das Gut Pritzier, die Auseinandersetzung Management-Buy-out oder eben ein externer potentieller Investor. Das führt schon zu Erkenntnissen, wenn man sich damit auseinander setzt. Und er hatte herausgearbeitet, wie wertvoll es ist, sich landesseitig gegenüber den Bundesbehörden stark zu machen und auch auf Bundesebene mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen.
Dass wir diese Erkenntnisse erarbeiten konnten, verdanken wir überwiegend der emsigen Arbeit des Ausschusssekretariats und unseren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und deshalb möchte ich auch namens der PDS-Fraktion hier herzlich Dank sagen
an Sie, Herr Schneider-Brinkert, an Sie, Frau Böttcher, Herr Dr. Anderko, Frau Keßler und Herr Schulz.
Sehr geehrte Damen und Herren, die hier behandelte Drucksache trägt den Namen Abschlussbericht. Die PDS verbindet dies nicht mit dem Prädikat „für erledigt erklärt“. Ein Beispiel hierfür ist die Fördermittelvergabe in Höhe von 2,8 Millionen DM durch das Wirtschaftsministerium an die Zweiterwerber der Blähton im Juni 1998. Dieses Geld ist nicht nur widerrechtlich ausgereicht, sondern auch auf dubiose Weise und mit Duldung der Landesbehörden nach Lichtenstein transferiert worden. Und an diesem spannenden Punkt der Untersuchungen griff die CDU zum Bremsseil. Herr Dr. Born, während Sie in Ihrer Rede genau heute vor einem Jahr im Zwischenbericht sagten, Sie wünschen sich in den weiteren Untersuchungen mehr zeitnahe Bezüge, war an dieser Stelle Schluss mit Lustig. Ob das wohl damit zusammenhängt, dass der Wirtschaftsminister, um dessen Amtszeit es hier ging, Herr Seidel hieß? Die PDS wird der Sache weiter nachgehen, das kann ich hier versprechen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Ausschussarbeit war tiefgründig und solide. Ob Erkenntnisse im Alltag umgesetzt werden, liegt an uns, liegt an uns selbst und liegt an denjenigen, die nach uns in die Verantwortung gewählt werden. Der Entwicklung unseres Landes wäre es sehr förderlich, wenn diese Erkenntnisse einfließen in den Alltag. Ich danke nochmals für die Zusammenarbeit im Ausschuss und bedanke mich zugleich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag „Fachkräftesicherung für soziale Bedarfe“ berührt ein hochaktuelles Thema. Es gibt keinen sozialen Bereich, in dem sich die dortigen Akteurinnen und Akteure nicht Gedanken machen über die Zukunft der fachlichen Leistungen und somit auch über die Fachkräftesicherung. Die Diskussion wird nahezu ausnahmslos bei allen Leistungserbringern mit großer Ernsthaftigkeit geführt. Aber leider gibt es auch hier Ausnahmen. Der Oppositionsführer in diesem Hause hat in der Debatte um die demographische Entwicklung gestern die Thematik der Fachkräftesicherung für soziale Bedarfe in unzulässiger und unseriöser Weise lediglich auf die ärztliche Versorgung reduziert. Das Ergebnis eines solchen Umgangs mit dem Thema ist nichts anderes als politische Brunnenvergiftung.
Die Akteurinnen und Akteure im sozialen Bereich und die, die für ihre Rahmenbedingungen Sorge tragen, werden gegeneinander aufgezählt. An die Stelle des Suchens nach gemeinsamen Lösungen tritt das Anprangern aus rein politischem Kalkül. Die Frage der Fachkräftesicherung ist jedoch zu wichtig, als dass sie auf der Wahlkampfbühne der CDU verkommt.
Sehr geehrte Damen und Herren, Gesundheits- und Sozialpolitik ist elementare Daseinsvorsorge. Deshalb ist Fachkräftesicherung für soziale Bedarfe eine existentielle Frage für den Erhalt und die Verbesserung der Lebensqualität in unserem Land. Wir können in MecklenburgVorpommern auf eine solide soziale Infrastruktur verweisen. Und ich möchte noch mal exemplarisch einige Beispiele nennen. Das ist imposant genug, was ich Ihnen jetzt hier zusammenstellen darf. Hierzu zählen:
die Kindertagesstätten
die Krankenhäuser
die Pflegeheime
die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte
die Selbsthilfegruppen
die Integrationsfachdienste
die Sozial-, Gesundheits- und Jugendämter
der Kommunale Sozialverband
Werkstätten für Behinderte
Unterkünfte für Menschen ohne Obdach
betreutes Wohnen
Begegnungsstätten für psychisch Kranke
die verschiedenartigsten Beratungs- und Betreuungsstellen, zum Beispiel Schwangerschaftsberatungsbeziehungsweise Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, Beratungsstellen für Menschen mit Behinderungen, Schuldnerberatung, Suchtberatung, allgemeine soziale Beratungsstellen, Familienberatungsstellen, Beratung für Wohnungsnotfälle, Erziehungsberatungsstellen, Beratungsstellen für Arbeitssuchende und Beratungsstellen für Schwule, Lesben und deren Angehörige
Diese Aufzählung ist immer noch unvollständig, denn hinzu kämen noch viele Strukturbestandteile im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik beziehungsweise der Sportpolitik. Es ist uns seitens der PDS und SPD an dieser Stelle ein tiefes Bedürfnis, all denjenigen, die sich tagaus, tagein für das Schicksal ihrer Mitmenschen aufopferungsvoll engagieren, recht herzlich zu danken.
Auch wenn wir auf eine solide soziale Infrastruktur verweisen können, gibt es aktuell – und noch mehr mit Blick auf die Zukunft – Herausforderungen, die gemeistert werden müssen. Diesbezüglich möchte ich auf die Erkenntnisse aus zwei Gesprächen der Obleute des Sozialausschusses am 11. April diesen Jahres verweisen. Wir wurden darin durch die Liga der Wohlfahrt über die Situation im Pflegebereich informiert. Sie hatten im Vorfeld – die Vertreterinnen und Vertreter der Liga – der Zusammenkunft in 50 ihrer Einrichtungen eine Blitzumfrage über die Struktur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen durchgeführt. So wurde erhoben, dass in den Pflegedienstleistungen sich niemand befindet, der jünger als 30 Jahre ist. Hingegen ist jede vierte Pflegedienstleiterin beziehungsweise jeder vierte Pflegedienstleiter älter als 50 Jahre. Unter den examinierten Pflegekräften mit dreijähriger Ausbildung sind lediglich zehn Prozent jünger als 30 Jahre, dafür ist fast jede zweite Pflegekraft älter als 45 Jahre. Unter den Pflegekräften mit einjähriger Ausbildung sind keine zehn Prozent jünger als 30 Jahre.
Das alles weist darauf hin, dass wir in den nächsten drei bis fünf Jahren, so wir nicht durch unser aller Bemühen erfolgreich sind, vor einem echten Generationsproblem im sozialen Bereich stehen. Der Anspruch, um das klarzustellen, muss in einer ausgewogenen Struktur aus Erfahrung und Wissen verbunden mit Kreativität und frischen Ideen bestehen.
Ein zweites Gespräch am selben Tag, das die Obleute mit dem Virchow-Bund, also den Fachärzten führten, beleuchtete die Situation der Facharztpraxen im Land. So haben wir beispielsweise die Situation, dass in Schweriner Orthopädien die Zahl der Praxen rückläufig, die der zu behandelnden Patientinnen und Patienten zugleich stark ansteigend ist. Hatte eine Orthopädie Mitte der 90er Jahre etwa 1.200 bis 1.400 Patientinnen und Patienten zu ver
sorgen, so sind es mittlerweile weit über 2.000. Ernst zu nehmende Recherchen verweisen darauf, dass Fachärztinnen und Fachärzte durchschnittlich 15 Prozent mehr Arbeitszeit in der Praxis verbringen als ihre Kolleginnen und Kollegen in den alten Bundesländern, hierfür jedoch 23 Prozent weniger Honorar erhalten. Allein an diesen wenigen Beispielen wird erkennbar, vor welchen Herausforderungen wir gemeinsam stehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, von den Einzelbeispielen absehend gibt es vier Hauptgründe, warum wir uns mit der Fachkräftesicherung für soziale Bedarfe beschäftigen müssen:
Erstens. Aufgrund der ökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen hieße es, Eulen nach Athen zu tragen, wenn ich hier beispielsweise vertiefend über den medizinischen, den medizintechnischen oder pharmakologischen Fortschritt sprechen würde. Aber diese Fragen bilden den Hintergrund für ökonomische und gesellschaftliche Veränderungen ebenso wie die wachsende Bedeutung von Prävention und Fürsorge oder die Qualifikations- und Kooperationsansprüche in unserer Gesellschaft. Herausforderungen ergeben sich an dieser Stelle auch aus der Tatsache, dass die Globalisierung der Wirtschaft bei gleichzeitiger Flexibilisierung des gesellschaftlichen Lebens des Einzelnen mit sozialem Stress und gesellschaftlichen Spannungen einhergehen.
Zweitens. Die Notwendigkeit der Fachkräftesicherung beruht auf sozialen Wandlungen in der Gesellschaft. Wir haben es mit tiefgreifenden Veränderungen in den sozialen Beziehungen zu tun. Ich verweise auf die Zunahme der Singlehaushalte quer durch alle Generationen oder darauf, dass viele Vereine und Verbände über die tendenziell nachlassende Bereitschaft, Verantwortung für andere zu übernehmen, sich einzubringen, klagen, oder aber darauf, dass in zunehmendem Maße die heranwachsende Generation Schwierigkeiten damit hat, den sozialen Alltag zu bewältigen. Mehr und mehr Menschen sind nicht konfliktfähig. Daraus erwächst in logischer Konsequenz eine Zunahme von Beratungs- und Betreuungsnotwendigkeiten. Eine fehlende Professionalität dieser Beratungs- und Betreuungsleistungen würde bestehende Probleme nicht lösen, sondern eher noch verschärfen.
Drittens. Die Wichtigkeit der Fachkräftesicherung für soziale Bedarfe erwächst aus dem demographischen Wandel. Da wir am gestrigen Tag ausreichend Beispiele für die demographischen Veränderungen in unserer Gesellschaft aufgeführt haben, möchte ich hier auf Zahlen und Fakten verzichten.
Viertens. Die Absicherung der fachlichen Leistungen im Sozial- und Gesundheitsbereich sind auch in quantitativer und qualitativer Hinsicht zu gewährleisten. Dabei verweise ich auf zahlreiche Argumente, die dieser Tage im Umfeld des Ärztetages in Rostock eine Rolle spielten. Wichtig erscheint mir aber an dieser Stelle nicht nur, auf ein unausgewogenes Netz der ambulanten Versorgung hinzuweisen, sondern vor allen Dingen über qualitative Aspekte zu sprechen.
Zur Fachkräftesicherung gehört in besonderem Maße zum Beispiel auch die ärztliche Weiterbildung. So gibt es einen hohen Bedarf darin, dass Ärztinnen und Ärzte in der Lage sind, somatische Erkrankungen – auch aus geriatrischer Sicht – zu beurteilen und zu behandeln. Einen älteren Patienten zum Beispiel nicht nur in Hinblick auf seine Lungenerkrankung zu behandeln, sondern seinen Ge
sundheitsstatus ganzheitlich zu betrachten und eine Anschlussheilbehandlung in Form einer geriatrischen Rehabilitation zu veranlassen, ist nicht zuletzt eine Frage der sozialen Kompetenz des Arztes oder der Ärztin. Und darum geht es.
Wir halten die Anregung des Sachverständigenrates für eine konzertierte Aktion des Gesundheitswesens, um einen weiteren Gedanken anzuknüpfen,
dass Hausärztinnen und Hausärzte während ihrer Weiterbildung zum Beispiel auch in Hospizen, Herr Prachtl, tätig werden, für sehr sinnvoll.
Fachkräftesicherung ist, das sehen Sie daran, nicht nur eine Frage der Zahl von zu besetzenden oder unbesetzten Stellen, sondern geht inhaltlich viel weiter. Das Ziel muss immer die Befriedigung des sozialen Bedarfs sein. Unter Befriedigung des sozialen Bedarfs verstehen wir jede Handlung, die dazu beiträgt, dass die Bürgerinnen und Bürger in ihrem sozialen Umfeld ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden erhalten, stärken beziehungsweise wiederherstellen können.
Die Familie ist da mit eingeschlossen.
Sehr geehrte Damen und Herren, unser Ansinnen, die Landesregierung zu beauftragen, den Bedarf an Fachkräften im sozialen Bereich einerseits zu analysieren und andererseits Schlussfolgerungen zur Absicherung der Fachlichkeit vorzulegen, berücksichtigt selbstverständlich die Frage ihrer Zuständigkeit und ihres Handlungsspielraumes. Nach Vorlage der Analyse wird es vor allen Dingen darum gehen, mit den Akteuren im sozialen Bereich – so, wie in jüngster Zeit hier auch in der öffentlichen Wahrnehmung belegbar – gemeinsame Lösungen anzustreben. Dabei kommt es vor allem auf die Moderation durch die Landesregierung an, denn die Zuständigkeiten im sozialen Bereich sind im Einzelnen sehr gestreut. Sie liegen auf kommunaler Ebene, wenn es um Beratungs- und Betreuungsangebote geht. Sie liegen auf Bundesebene, wenn es zum Beispiel um die Pflegeausbildung geht. Und sie liegen bei Selbstverwaltungen, wie etwa den Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigung, wenn es um entsprechende Interessenvertretung geht.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich bitte Sie um die Zustimmung zum Antrag „Fachkräftesicherung für soziale Bedarfe“ und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Frau Vizepräsidentin.
Auf dem Herweg bin ich gebeten worden, mich kurz zu fassen. Und das ärgert mich, dass ich mich kurz fassen soll,
weil, wenn Herr Albrecht etwas Vernünftiges in seiner Rede gesagt hat, dann ist es sozusagen die Energie von uns Abgeordneten, die hier sind und sich diesem Thema widmen.
Dazu zähle ich mich auch und ich möchte natürlich gern dazu reden.
Denn im Gegensatz zu meinem Vorredner bin ich der Meinung, dass wir wahrlich hier unserem Mandat genüge tun, wenn wir uns diesem Thema widmen.
Und da verweise ich noch mal ganz besonders auch auf die Beschlussempfehlung. Zum einen, denke ich, ist das darin begründet, dass wir damit unseren Verfassungsauftrag erfüllen. Und ich trete sicherlich offene Türen ein, wenn ich darauf verweise, dass wir im Artikel 5 unserer Landesverfassung niedergeschrieben haben beziehungsweise sich daraus ableitet, das Recht auf Leben und die körperliche Unversehrtheit zu garantieren. Und im Artik e l 14 wird dieser Anspruch noch mal konkretisiert und ausgeformt. Er besagt, dass Kinder und Jugendliche vor der Gefährdung ihrer körperlichen und seelischen Entwicklung besonders zu schützen sind. Und zum anderen, meine ich, werden wir hier unserem Mandat gerecht, weil wir uns aus politischer Sicht einer Herausforderung der ökonomischen Entwicklung stellen. Ich bin also betrübt darüber, erfahren zu haben von Herrn Albrecht, dass er substantiell in den meisten Punkten mitgeht, aber an einer Stelle dann stehen bleibt und sagt, das ist eine Frage der Zuständigkeit.
Und jetzt muss ich noch mal auf etwas zurückkommen, was Herr Dr. Ebnet vorhin gesagt hat. Er hat mir so aus dem Herzen gesprochen: Es ist ein Demaskieren Ihres Anliegens von vorhin, soeben geschehen, weil die demographische Entwicklung ganz konkret etwas mit Gesundheit zu tun hat. Das haben wir, denke ich mal, vorhin auch festgestellt. Und jetzt, wenn es um gesundheitliche Belange und Gesundheitsschutz geht, jetzt wird’s konkret und bezogen – Herr Dr. Rißmann hat das ausführlich dargelegt – auf das Handeln unseres Landes, da verweigern Sie sich und sagen, das ist Bundessache.
Und Sie nutzen Ihre Argumentation oder versuchen es zumindest, da den Keil reinzutreiben zwischen Bundespolitik und Landespolitik. Und an dieser Stelle gelingt Ihnen das nicht.
Denn sicherlich gibt es Bundesregelungen, das haben wir in der Anhörung auch gehört, da gibt es ja die Übereinkunft der Spitzenverbände mit den sechs Mobilfunkbetreibern, aber die Sendeantennen und die konkreten Auswirkungen der Sendeantennen sind vor Ort spürbar, sie betreffen die Lebensqualität der Menschen und deswegen geht uns das natürlich was an.
Und Sie haben ausgeführt, dass die Kommunen lediglich aus baurechtlichen Gründen hier involviert sind. Genau das ist ja der springende Punkt: lediglich aus baurechtlichen Gründen. Die gesundheitspolitischen Aspekte bleiben völlig außen vor. Und auch die Regulierungsbehörde, die Sie hier ins Feld führen, ist sozusagen nicht damit befasst, gesundheitspolitische Aspekte zu betrachten und hier entsprechend zu agieren. Das ist dann schon unsere Sache und dafür kriegen wir letztendlich hier auch unser Geld, um uns dem zu widmen.
Die PDS sagt, für eine wirksame Umwelt- und Gesundheitsschutzpolitik muss das Vorsorgeprinzip gelten. Herr Dr. Rißmann hat das Vorsorgeprinzip ebenfalls erwähnt. Vorsorge, das möchte ich hier noch mal vertiefen, ist notwendig, wenn ein späterer Schadenseintritt nicht hinreichend ausgeschlossen werden kann. Und das Vorsorgeprinzip ist in der Anwendung notwendig, wenn Verursachungszusammenhänge nicht hinreichend bekannt sind. Und beides, beides ist in Bezug auf unser heutiges Thema der Fall. Wichtig ist also, vorsorglich aufzuklären, zu informieren und die Forschung zu koordinieren.
Und ich hab, weil ich hier ja zu diesem Thema reden wollte, mich vorgestern mit Schülerinnen und Schülern in Neubrandenburg unterhalten und hab sie gefragt, was sie denn so im Zusammenhang mit Mobilfunk und Sendeantennen wissen beziehungsweise was ihnen da durch den Kopf geht. Und da erfuhr ich natürlich erst einmal etwas von der Faszination Handy. Ein Handy, das in ist, wurde mir gesagt, ist anschließbar ans Internet. Damit kann man nicht nur telefonieren, sondern auch Radio hören und es als Diktiergerät benutzen und, und, und. Aber gleichzeitig habe ich festgestellt im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern, die waren zwischen 16 und 18 Jahre, dass es eine ganz enorme Sorg- und Ahnungslosigkeit hinsichtlich möglicher gesundheitlicher Auswirkungen gibt. Wörtlich sagte die eine: „Wenn ich ein Handy in der Hand hab, denke ich doch nicht an Gesundheit.“
Und neben der Faszination der Technik wirkt Werbung – das ist die Schlussfolgerung daraus, aus dem Gespräch, eine der Schlussfolgerungen –, sie wirkt motivierend und manipulierend zugleich. Angesichts der Dominanz der Werbung gehen Untersuchungsergebnisse, so, wie sie Herr Dr. Rißmann hier aufgeführt hat, rasch unter.
Ich möchte eine weitere anfügen, wir haben sie auch in der Anhörung behandelt, und zwar die Ergebnisse einer repräsentativen italienischen Studie. Die Italiener haben herausgefunden, dass im Umkreis von zwei Kilometern um die Sendemasten herum das Leukämierisiko bei Kindern doppelt so hoch war wie gewöhnlich. Und das, denke ich mal, ist doch Alarmsignal genug. Welche Beweise wollen wir denn noch heranführen, um die Ernsthaftigkeit und Wichtigkeit unserer Thematik zu begründen? Mögliche Gesundheitsfolgen zu dramatisieren ist wohl unangemessen, das mag sein, aber eine Stellungnahme eines Mobilfunkbetreibers zu Kriterien der Standortauswahl – sie befindet sich im Übrigen auch in unseren Unterlagen – spricht Bände, ist bezeichnend und macht gleichzeitig nachdenklich.
Woran messen die Mobilfunkbetreiber die Auswahl ihrer Standorte für diese Sendemasten:
1. funktechnische Eignung
2. langfristige Verfügbarkeit
3. optische Verträglichkeit
4. bautechnische Eignung und
5. Wirtschaftlichkeit
Gesundheitspolitische Betrachtungen, meine Damen und Herren, spielen überhaupt keine Rolle und das geben die Herrschaften auch zu. Gerade an dieser Stelle ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass nicht alles, was sich rechnet, volkswirtschaftlich auch sinnvoll ist.
Da komme ich zu einer ökonomischen Betrachtung, weil Sie sich ja ausgelassen haben, Herr Albrecht, zu den UMTSLizenzen, also die vor zwei Jahren im Auktionsverfahren für die Bundesregierung ersteigerten 50 Milliarden Euro.
Herr Eichel braucht das Geld, um zu entschulden, das steht außer Zweifel, und doch ist Herr Eichel, der Bundeshaushalt, nicht der Gewinner.
Ich sage Ihnen, wer der Gewinner dieser ganzen Auktion ist: Das sind die Banken. Die Banken sind die Gewinner, denn das Geld ist ja nie geflossen.
Es hat sich nur verlagert von dem einen Schuldner zum anderen Schuldner. Aber ich kann Ihnen auch sagen, wer die Verlierer sind: Die Verlierer sind die Steuerzahler und die Kleinaktionäre. Durch bereits vorgenommene Abschreibungen
auf die gebotenen 50 Milliarden Euro der Betreiber, 50 Milliarden haben sie angekündigt zu zahlen …
Darf ich mal um die Aufmerksamkeit der verbliebenen Herrschaften der CDU bitten?!
Aus den vorderen Reihen.
Von den 50 Milliarden Euro, die sozusagen jetzt verbindlich zugesichert sind, haben sich die Mobilfunkkonzerne mit 4,8 Milliarden Euro schon verabschiedet, weil sie die steuerlich abschreiben. Und diese steuerliche Abschreibung geht letztendlich zu Lasten der Gemeinschaft. Milliardenschwere Kapitalvernichtung, das kommt noch hinzu, nichts anderes passiert im Moment an den Börsen, trifft vor allem die Kleinaktionäre. Und das Bedrohliche, und deswegen erwähne ich das hier letztendlich, ist, dass sich die Finanzgeschäfte von der direkten Absicherung der Industrie und des Handels, wozu das Aktiengesetz mal initiiert wurde, gelöst haben und es besteht die ernste Gefahr, dass die soziale Substanz unseres Gemeinwesens verzehrt wird.
Ja, ein großer Bogen, weil es in einem großen Zusammenhang letztendlich zu sehen ist.
Und um dem entgegenzusteuern, muss man Maßnahmen ergreifen. Und ich sage, Maßnahmen sind zum Beispiel, die demokratische Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen zu stärken. Dazu gehört, dass die Europäische Zentralbank und die Zentralbanken unter öffentliche Kontrolle zu stellen sind …
Das gehört auch zum Antrag, das gehört zur Lebensqualität, mit der wir hier natürlich zu tun haben.
… und die Devisentransaktionen sind zu versteuern im europäischen Raum.
Eine einheitliche Zinseinkommenssteuer und Kapitalgewinnsteuer sind notwendig.
Sehr geehrte Damen und Herren, die PDS-Fraktion bekräftigt aus umweltpolitischen und gesundheitspolitischen Erwägungen die Beschlussempfehlung.
Wir brauchen eine koordinierte Forschung, wir brauchen landesweite Datenbanken über die Standorte und wir brauchen vor allem in den Kommunen, dort, wo die Menschen leben, einvernehmliche Lösungen zwischen Kommunen und Betreibern.
Und es wäre fahrlässig, auf eine kritische Bewertung der Wirkung von Mobilfunkanlagen zu verzichten,
es wäre fahrlässig, wenn Sie hier nicht zustimmen, das sage ich Ihnen.
Wenn ich sie denn beantworten kann.
Also ich kann Ihnen da jetzt wenig technische Details nennen, ich kann Ihnen aber sagen, was sich im Moment europaweit auf dem Gebiet vollzieht. Es wird davon gesprochen, wortwörtlich, wir haben es mit einer EU-UMTS-Zeitbombe zu tun, weil die Unternehmen merken, dass dieses hohe Pokern, dieses virtuelle Geld, mit dem sie um sich geworfen haben, schwer wieder einbringbar ist. Und sie haben sich vorgenommen – ich verweise auf die „Wirtschaftswoche“, Ausgabe 22 dieses Jahres, da habe ich meine Kenntnisse h e r –, sie verweisen darauf, dass sie sich zusammenschließen müssen. Und zwar haben sie vor, in zwei Schritten vorzugehen: einmal von sechs Betreiber auf vier Betreiber zu reduzieren und dann auf drei Betreiber. Und da die Netze jeweils getrennt bestehen bleiben, werden sie gemeinsam die Sendeantennen nutzen. So viel vielleicht zu Ihrer Frage. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Herr Albrecht, ich gebe Ihnen gerne Auskunft darüber. Erst einmal möchte ich mich jedoch beziehen auf die Einbringungsrede von Herrn Glawe. Ich finde, Herr Glawe, Sie haben bis auf einige parteipolitische Entgleisungen
recht sachlich wiedergegeben, wie sich die Situation darstellt. Es ist nur auffällig, dass Sie sich lediglich mit den Symptomen des Geschehens auseinander gesetzt haben, viel weniger mit den eigentlichen Gründen, warum wir eine solche Debatte überhaupt führen müssen.
Ich behaupte ganz einfach mal, dass Sie diese eigentlichen Gründe bewusst nicht ansprechen, denn sie liegen in den Webfehlern rechtlicher Regelungen und Mechanismen, die Sie ausdrücklich unterstützt beziehungsweise seinerzeit auch selbst mit initiiert haben. Der Grund für die Probleme liegt in der gesellschaftlichen Sicht auf das Gesundheitswesen.
Um noch tiefer einzusteigen: Die PDS sagt, dass es für eine Gesellschaft mit einer humanistischen Grundorientierung inakzeptabel ist, an Gesundheit reinweg die ökonomische Messlatte anzusetzen.
Die Unvorhersehbarkeit des menschlichen Schicksals lässt sich nicht schadlos in ein noch so ausgeklügeltes Budget pressen. Und da sind wir bei grundsätzlichen Betrachtungsweisen zum Gesundheitswesen in dieser Gesellschaft. Wir reden also über dieses Thema, weil soziale Zusammenhänge von Gesundheit und Krankheit nicht ausreichend berücksichtigt werden, weil die Profitorientierung – leider haben Sie über solche Sachen nicht gesprochen, Herr Albrecht – der Medizinindustrie dominiert und weil die Einnahmeproblematik der gesetzlichen Krankenversicherung immer noch ungelöst ist,
wobei ich hier ausdrücklich sagen möchte, dass ich die neuesten Initiativen der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ausdrücklich unterstütze. Und wir reden über dieses Thema, weil soziale Prävention und Rehabilitation systematisch unterschätzt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Sicherung der geriatrischen Rehabilitation ist ein ernsthaftes Thema. Das sehen wir genauso wie Sie, die Sie den Antrag gestellt haben. Mit der gebotenen Seriosität – und das bedauere ich sehr – und Ernsthaftigkeit gehen Sie jedoch nicht an diese Problematik heran. Das möchte ich Ihnen gerne an zwei Punkten...
Nein. Ein Totschlagargument ist ein Argument, das sozusagen auf eine Behauptung keine Begründung folgen lässt. Ich will nicht genauso damit umgehen.
Ich möchte Ihnen gern beweisen, warum ich das so sehe.
Sie sagen, die Landesregierung soll die Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Versorgung in der geriatrischen Rehabilitation schaffen.
Lassen Sie sich das mal bitte auf der Zunge zergehen! Die Gegenfrage, die ich stellen möchte, ist: Soll die Landesregierung jetzt die Bundesgesetze beschließen?
Nein, nein. Es geht um die grundsätzlichen Rahmenbedingungen. Und die grundsätzlichen Rahmenbedingungen sind geregelt im SGB V. Wir sprechen über den Paragraphen 23 Absatz 8 des SGB V – Sie können ja gern nachfragen, Herr Glawe –
und der hat in der Tat einen Webfehler. Das sehen wir. Nach diesem Paragraphen ist die geriatrische Rehabilitation in das Gesamtbudget der medizinischen Rehabilitation eingeordnet. Und um das mal plastisch zu machen, wie sich sozusagen dieses Problem quantifiziert darstellt, ist zu sagen, dass der Basiswert demnach aus dem Jahre 1999 stammt und damals sind 71,37 DM für die stationäre Rehabilitation je Versicherten festgelegt worden. Dieser Basiswert ist dann dynamisiert worden und der Betrag wurde angesichts der medizinischen und demographischen Entwicklungen, die durchaus nachvollziehbar sind, aus unserer Sicht um 8,72 DM im vergangenen Jahr überschritten. Und diese Gesetzessystematik Paragraph 23 Absatz 8 SGB V sagt, was ihr in dem einen Jahr überschritten habt, müsst ihr – in diesem Fall im Jahre 2002 – vom eigentlich zustehenden System wieder abziehen. Also anstelle der eigentlichen 74,95 DM, die es hätten sein sollen je Versicherten, sind es nur noch 66,23 DM. Und darin quantifiziert zeigt sich das Defizit. Es ist letztendlich eine Abwärtsspirale, um die es geht.
Und das ist die widersinnige Situation, mit der wir es zu tun haben, dass wir einen Bedarf wegen der demographischen Entwicklung haben und gleichzeitig ein künstlich auf mathematischer Basis beruhendes abgesenktes Budget.
Wir haben im Übrigen im Gegensatz zu Ihnen dieses Budget nie verteidigt. Sie waren die Verteidiger eines Mechanismus, der jetzt wirkt, und dieser wirkt sich dann nun hier so konkret aus.
Und Sie wissen – das wird ja deutlich, auch an dem, was Sie zur Einbringung oder zur Diskussion gesagt
haben – um diese rechtliche Systematik und die parlamentarischen Mechanismen. Sie suggerieren aber gleichzeitig – und das werfe ich Ihnen eben vor –, die Landesregierung würde boshaft den Menschen die Heilbehandlung verwehren.
Mit Ihrem Antragstext liefern Sie den Beweis. Sie wollten hier nur den politischen Showeffekt. Sie wollten mal richtig auf die Pauke hauen
und dafür haben Sie sich den Rücken der Reha-Patienten dieses Landes ausgesucht. Und das ist mit uns nicht zu machen.
Zweitens. Ich habe ja gesagt, an zwei Punkten wollte ich das gern beweisen.
Sie erklären wörtlich, dass die Überprüfung des Geriatriekonzeptes notwendig sei. Da kommt es auf die Worte an, die Überprüfung wäre notwendig. Und deswegen, Herr Albrecht, das hatte ich vorhin gesagt, haben Sie richtig im Landesseniorenprogramm nachgelesen. Dort steht drin, nicht nur die Überprüfung, sondern das Geriatriekonzept wird zu überarbeiten sein. Die Ministerin hat über den Arbeitsstand und den Arbeitsprozess hier gesprochen.
Und weil Sie das gelesen haben, Sie haben es ja deutlich gemacht, ignorieren Sie letztendlich, dass die Landesregierung an einer Überarbeitung arbeitet.
An dieser Stelle muss ich Ihnen wirklich dann mangelnde Seriosität vorwerfen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir verschließen uns aber selbstverständlich nicht dem Problem. Das wäre ja auch fahrlässig und unverantwortlich. Drei Probleme müssen aus unserer Sicht betrachtet und sie müssen dringend und rasch gelöst werden:
a) die Frage der Budgetierung Da sind wir wieder beim Paragraphen 23.
b) die Einweisungspraxis Das kann ich fachlich nicht besser darlegen als mein geschätzter Kollege Herr Dr. Rißmann.
c) die Verweildauer in der geriatrischen Rehabilitation
Zur Budgetierung. Die PDS – ich möchte Ihnen nämlich deutlich sagen, wofür wir stehen und wie wir damit umzugehen gedenken – spricht sich dafür aus, dass die geriatrische Rehabilitation im Prozess der Planung und Bereitstellung finanzieller Mittel durch die Kostenträger ein eige
nes Budget erhält, solange es noch Budgets gibt. Dazu muss das SGB V novelliert werden und die geriatrische Rehabilitation muss einen höheren Stellenwert erhalten.
Zur Einweisungspraxis. Mit dem fortgeschriebenen Geriatriekonzept muss die Einweisungspraxis verändert werden. Es kann nicht sein – das ist hier deutlich gemacht worden –, dass der Hausarzt nicht verantwortungsvoll direkt zuweisen kann, denn wenn...
Wegen der Bayern. Warum sollen wir nicht darauf verweisen, darauf Bezug nehmen?
Die Idee haben wir nicht aus Bayern, die haben wir aus der Lebenssituation der Menschen hier vor Ort, dass sozusagen bei der Verschlechterung eines Gesundheitsstatusses eines Patienten der Hausarzt sagen kann, er kann nicht direkt einweisen. Dann verschlechtert sich der Zustand gegebenenfalls noch mehr. Es muss über ein Akutkrankenhaus gegangen werden und wenn die Sache so weit gediehen ist, dann erst kommt sozusagen die Überweisung in eine Reha. Und das ist eigentlich widersinnig in Bezug auf die Ökonomisierung, von der ja dann letztendlich doch geredet wird.
Und zur Verweildauer möchte ich Ihnen sagen, dass die bisherige Erstbefristung der Verweildauer von 20 Tagen auf – Herr Glawe, und da sind wir uns wieder nahe – das Bundesniveau von 25 Tagen angehoben werden sollte. Notwendig ist, dass die geriatrische Rehabilitation einen eigenen gesetzlichen Status bekommt, und die geriatrischen Kliniken sollten die Möglichkeit erhalten, auch andere Versorgungsverträge abzuschließen. Das können sie bislang nicht. Es gibt so genannte Streubetten, wenn die Bettenauslastung so nicht gegeben ist, dass gegebenenfalls über Kurzzeitpflege auch die Wirtschaftlichkeit geregelt wird.
Und das muss auch wiederum gesetzlich geklärt werden.
Darüber hinaus spricht sich die PDS für eine Stärkung der Aus- und Fortbildung in der Geriatrie aus. Wir unterstützen die Forderung aus dem Hamburger Geriatriemanifest vom 10. Oktober vergangenen Jahres, das die Errichtung weiterer Lehrstühle für Geriatrie an den Medizinischen Fakultäten fordert. Des Weiteren sind wir der Meinung, dass durch Stärkung der Fortbildung herkömmliche Fachabteilungen befähigt werden müssen, geriatrisches Fachwissen umzusetzen. Und mit dem fortgeschriebenen Geriatriekonzept muss das geriatrische Konzil gestärkt werden. Es kann seiner aus unserer Sicht Leit- und Ausstrahlungsfunktion nicht umfassend gerecht werden, wenn lediglich in Stralsund 2,5, in Neubrandenburg eine, in Schwerin 0,5 und in Rostock 1,5 Stellen hierfür in unserem Flächenland zur Verfügung stehen.
Wir werden seitens der PDS die laufenden Aktivitäten der Sozialministerin konstruktiv und kritisch begleiten, so, wie es bislang auch der Fall war und, wie gesagt, sein wird.
Und eine Initiative der PDS zur Novellierung des SGB V – darauf kommt es sehr an – im Zuge der für 2003 angekündigten Gesundheitsreform
kündige ich hiermit seitens der PDS an. Ihren Antrag lehnen wir jedoch aus den besagten Gründen ab.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Herr Glawe, ich wollte Ihre Freude dann doch noch ein ganz klein wenig trüben.
Ja, aber nicht Wasser in den Wein, den Wermutstropfen, den Sie selbst geliefert haben, denn Sie verhalten sich einfach unseriös.
Erstens. Sie ignorieren die Zuständigkeiten im Gesundheitswesen und versuchen hier glaubhaft zu machen, es würde nichts getan werden.
Und zweitens suggerieren Sie Handlungsverweigerung im Sozialministerium, die es einfach nicht gibt.
Dann jetzt noch mal die Zeitschiene – das Problem ist präsent, das ist uns hier auch noch mal jetzt von allen dargelegt worden.
Im Oktober ist zum Landesseniorenplan darüber bereits gesprochen worden, dass dieses Konzept überarbeitet wird.
Und die Ministerin hat eben noch mal deutlich gemacht, dass es sowohl im März als auch im April
eine entsprechende Verhandlung an ihrem Tisch gegeben hat. Aber ich will Ihnen ganz gern sagen, wie ich das bewerte, was die da tun. Sie initiieren ja die Probleme, Sie initiieren sie.
Nein, nein, nicht Sie. Aber Sie initiieren sie anhand der Pflege. Wir werden nachher noch darüber reden. Dann melden bestimmte Kreise ihren kreislichen Pflegeplan nicht...
Nein, nein. Sie melden ihn nicht, sie springen drauf und sagen, es gibt den Landespflegeplan deshalb nicht.
Wissen Sie, ich will Ihnen mal sagen, wie ich das ganz einfach sehe, und werde daran erinnert, wie Goethe seine Zeitgenossen in jungen Jahren mal reflektierte, als er ganz verwundert gesagt hat, er trifft immer wieder auf Menschen, die irgend etwas in Erfahrung bringen und gleichzeitig schon glauben, dass Sie es verstanden haben.
Und mir scheint, solche Zeitgenossen sind Sie wohl. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe meine Rede am Platz gelassen, weil das Entscheidende, was hier gesagt werden musste, durch Frau Dr. Bunge und Frau Dr. Seemann gesagt wurde.
Kurz datieren möchte ich zumindest eins: Sie besuchten – ich glaube, Herr Glawe, Sie waren es – den UeckerRandow-Kreis, der, das sagte die Ministerin hier völlig zu Recht, aus politischen Gründen seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Kein Wort der Kritik an dem Verhalten des Landrates ist über Ihre Lippen gekommen. Sie sind aber mit wehenden Fahnen zum „Nordkurier“ gezogen und haben geklagt, dass es noch keinen Landespflegeplan gibt. Und das lässt mich dann denken an das alte Sprichwort, das da heißt: „Haltet den Dieb, schrie der Dieb.“
Worum es eigentlich geht – und das ist von Frau Dr. Seemann gesagt worden –, ist die Planung, die entscheidungsrelevant, was die haushalterische Seite betrifft, für die Jahre 2004 und folgende gilt. Und diesen Haushalt entscheiden wir naturgemäß nicht in diesem Jahr. Was in diesem Jahr noch entschieden und behandelt werden muss, wird geschehen, die Ministerin hat darauf verwiesen. Am 6. Mai tritt der Ausschuss zusammen, es werden Vereinbarungen getroffen und im Juni werden wir eine Entscheidungsgrundlage im Ausschuss debattieren. Also, sage ich mal, wir sind völlig im Zeitrahmen. Und, wie gesagt, die relevante Entscheidung wird mit dem Haushaltsplan getroffen.
Und was Sie mit dem Antrag noch bezweckten, eine Analyse zu bekommen über die bisherige Situation, da muss ich sagen: Warum wollen Sie doppelt moppeln? Sie
haben das im Grunde genommen vorliegen. Sie haben selbst eine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Auf Drucksache 3/2797 vom 26. März liegen Ihnen alle Analysen und statistischen Angaben über Mittelabflüsse in diesem Bereich vor. Wir sind somit round about bestens informiert und insofern stößt Ihr Antrag ins Leere. Wir werden ihn ablehnen und ich sehe mit gesundem Optimismus der Debatte im Sozialausschuss im Juni entgegen. – Ich danke für Ihr Interesse.