Jochen Haußmann
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich den Titel der Debatte sehe, dann fällt mir zur SPD immer ein: Lieber keine Arbeit, bevor man eine kritische Arbeit macht.
Im zweiten Teil komme ich darauf noch zurück.
Ich höre immer gern Vorträge von Menschen, die sich sehr in tensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben und noch auseinandersetzen. Vor zwei Jahren habe ich einen sehr guten Vortrag von Wolfgang Clement gehört. Inzwischen wird er von der SPD ein bisschen verdrängt. Da gibt es Erinnerungs lücken. Er hat bei einem Vortrag beim Verband Spedition und Logistik in Kornwestheim die fünf Erfolgsfaktoren der deut schen Wirtschaft beschrieben.
Zum einen haben wir eine Fertigungstiefe, eine Industrietie fe in Baden-Württemberg, die weltweit einmalig ist. Einer der Erfolgsfaktoren sind auch die starken mittelständischen fami liengeführten Unternehmen. Wir haben das duale Ausbil dungssystem mit den beruflichen Schulen und mit den Betrie ben, die ausbilden. Wir haben auch Tarifpartnerschaften, die dafür gesorgt haben – sehen wir einmal von der Bahn ab –, dass wir die wenigsten Streiktage in Europa haben. Besonders betont hat er, dass wir flexible Arbeitsmärkte haben, die Un ternehmen helfen, arbeitsteilig und konjunkturabhängig tätig zu werden.
Bemerkenswerterweise hat er noch gesagt, er sei sehr ent täuscht, dass man in der Politik inzwischen wieder zurückge he, die Flexibilität Zug um Zug beschneide und den Unter nehmen in Baden-Württemberg und in Deutschland mehr und mehr die Luft nehme, die sie benötigten, um dynamisch und beweglich auch konjunkturabhängige oder projektbezogene Tätigkeiten durchzuführen.
Dieser Flexibilität geht es mit der SPD in Baden-Württem berg richtig an den Kragen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Es geht um einen massiven Eingriff in bewährte und beste hende Regelungen zur Zeitarbeit sowie in die unternehmeri sche Freiheit. Er beschränkt die Tarifautonomie und greift in den Arbeitnehmerbegriff derart ein, dass legale Vertragsge staltungen mit Soloselbstständigen oder Werkvertragsunter nehmen zukünftig illegal werden.
Sie hatten diese Debatte 2013 schon einmal hier im Landtag beantragt. Wir haben im Sozialausschuss über diese Themen diskutiert. Es ist auch richtig, dies im Sozialausschuss zu tun. Inzwischen verlagern jedoch einige Unternehmen bestimmte Tätigkeiten schon ins Ausland. Deswegen sage ich: Der SPD ist offensichtlich keine Arbeit lieber, als sich damit intensiv auseinanderzusetzen.
Diese Neuregelung ist ein Hemmschuh für die Unternehmen in Baden-Württemberg. Bei der guten Entwicklung, die wir verzeichnen, liebe Frau Sitzmann, sind wir nicht auf Rosen gebettet. Wir haben historisch niedrige Zinsen. Wir haben ei nen schwachen Euro, was dem Export hilft, und wir haben günstige Ölpreise, die die Unternehmen im Moment auch un terstützen. Aber das ist nicht in Stein gemeißelt; es bleibt nicht so. Wenn Sie die letzte Ausgabe des Informationsdienstes des
Instituts der deutschen Wirtschaft vom 11. Februar lesen, dann sehen Sie: Zwei Drittel der Unternehmen erwarten eine schwächere wirtschaftliche Entwicklung in Zukunft, und sie führen das auf den Fachkräftemangel, auf hohe Arbeitskosten und auf starke Regulierungen zurück. Das sind Dinge, die Sie in den letzten Jahren permanent betrieben haben. Damit ha ben Sie die Schwierigkeiten für die Unternehmen zunehmend vergrößert.
Dazu gehört auch das Mindestlohngesetz in dieser Ausfüh rung. Aber Sie kümmern sich ja nicht um diese Themen. Wä ren Sie beispielsweise, wie ich, gestern bei einem Weinbau verband im Remstal gewesen, hätten die Ihnen etwas zu der unsäglichen Bürokratie erzählt,
die der Mindestlohn mit sich bringt. Das ist wirklich unsäg lich.
Das führt nämlich dazu – ich erwähne das, da Sie bei solchen Themen vielleicht gar nicht so sehr an der Basis sind –, dass man inzwischen selbst Schulklassen, die in die Weinberge ge hen, um dort ein Projekt zu machen, wegen 30 € anmelden muss. Das ist so unsinnig, dass eine Riesenfrustration auch in diesen Bereichen entsteht, und dafür trägt die SPD die Haupt verantwortung.
Sie leisten Existenzgründern und Start-up-Unternehmen ei nen Bärendienst. Diese müssen nämlich möglicherweise am Anfang mit einem Arbeitgeber zurechtkommen, und Sie fan gen dann an, in diesem Bereich die Axt anzusetzen, sodass Existenzgründungen zunehmend unmöglich werden. Auch da für trägt die SPD die Verantwortung,
wenn wir bei den Existenzgründungen in Baden-Württemberg nicht so gut vorankommen, wie es sinnvoll wäre.
Sie legen an die Erfolgsfaktoren der deutschen Wirtschaft und auch hier in Baden-Württemberg Hand an.
Herzlichen Dank.
Wenn man den zwölf ten Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der Zeitar beit liest, dann kann man erkennen, dass die Zeitarbeit ihre Kernaufgaben erfüllt hat. Sie ist Beschäftigungsmotor und bietet Beschäftigungschancen für Menschen, die erst wieder in den Arbeitsmarkt kommen müssen. Etwa 2 % der Erwerbs tätigen befinden sich in der Zeitarbeit, und etwa 30 % davon haben keine Berufsausbildung. Wenn man die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit erhebt, sollte man auch da rüber nachdenken, es zu unterstützen, wenn jemand aus der Langzeitarbeitslosigkeit über die Leiharbeit wieder Fuß fasst.
Aber wenn Sie die Schrauben zu sehr anziehen, bewirken Sie vielleicht noch mehr Arbeitslosigkeit und noch mehr Lang zeitarbeitslosigkeit. Deswegen sind die bestehenden Regelun gen aus unserer Sicht ausreichend.
Wenn Sie nicht gelesen haben, was das Institut der deutschen Wirtschaft geschrieben hat, dann empfehle ich Ihnen zur Lek türe, was auch der Landesverband der Baden-Württembergi schen Industrie sagt: „Aufgrund der Entwicklung der Büro kratie, der Lohnkosten haben wir viel zu wenig Investitionen im Land Baden-Württemberg.“ Auf Bundesebene – die Arbeit der Großen Koalition – werden in dieser Legislaturperiode 8 Milliarden € für die Rente zusätzlich ausgegeben. Gleich zeitig müssen wir immer mehr Straßen sperren, weil wir sie nicht sanieren, weil wir Brücken nicht sanieren.
Da gibt es verschiedene Straßen. Denken Sie einmal an ver schiedene Brücken, deren Tragkraft man reduziert. Wir soll ten in die Zukunft unseres Landes investieren. Das sollten wir auch nicht vergessen.
Wir dürfen die Herausforderungen der Flüchtlingssituation nicht vergessen, wofür wir erhebliche Mittel investieren und auch flexible Instrumente benötigen.
Lieber Kollege Hinderer, Sie sind bei diesem Thema immer sehr aktiv bei Bundesratsinitiativen.
Ich will abschließend noch einen Punkt ansprechen, der mir auch als Sozialpolitiker in dieser Legislaturperiode sehr wich tig war. Das ist das Thema „24-Stunden-Betreuung im häus
lichen Umfeld“. Sie wissen, dass ich mich damit sehr inten siv beschäftigt habe. Wir haben bei diesem Thema eine „Grau zone“ von bis zu 300 000 osteuropäischen Frauen, die in Deutschland im privaten Umfeld tätig sind – teilweise zu Be dingungen, die mir Sorge machen.
Wir haben uns eingebracht und angeregt, dazu auch eine Bun desratsinitiative zu machen. Sie waren ebenfalls mit dem So zialausschuss in Österreich, wo wir uns dieses Modell ange schaut haben. Dazu hat die FDP/DVP ein Positionspapier er stellt. Sie haben das Ganze auf die Enquetekommission ver schoben, weil man es im Sozialausschuss nicht weiterbehan deln wollte. Dann haben wir das Thema wieder in die En quetekommission eingebracht und geraten, dazu eine Bundes ratsinitiative zu machen, damit wir diesen osteuropäischen Frauen – ähnlich, wie es Österreich gemacht hat – die Chan ce geben, zu guter Arbeit zu kommen.
Sie haben dies abgelehnt, weil – das ist bemerkenswert – viel leicht Regularien zu treffen wären, die nicht in Ihr Schema F passen. Warum? Sie bräuchten flexible Arbeitszeitregelungen. Österreich hat dies auch erkannt. Wenn man die Frauen aus der kritischen Beschäftigungsstruktur herausholen möchte, braucht man flexible Arbeitszeitregelungen.
Man braucht auch den Mut, über den Mindestlohn in diesem Bereich im Zusammenhang mit Kost und Logis und mit Heim fahrt nachzudenken. Wir waren dort bei Einrichtungen; das haben wir alles besprochen. Das hat die SPD auch nicht mit getragen.
Insofern verstehe ich Ihre Haltung nicht. Sie reden hier im mer von guter Arbeit, aber wenn etwas nicht in Ihr Schema passt, blenden Sie das einfach aus und tun so, als ob es das nicht gäbe. Das finde ich sehr verwerflich.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verabschieden heute ein reines Ausführungsgesetz und starten keine Grund satzdebatte über die Zuwanderung von Menschen aus Bulga
rien oder Rumänien. Es geht darum, mit diesem Gesetz den Sonderzuschuss von landesweit 3,791 Millionen € – bundes weit sind es 25 Millionen € – auf die Stadt- und Landkreise aufzuteilen. Insofern gibt es da inhaltlich keine Unterschiede. Auch unsere Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen.
Ich hatte im Sozialausschuss angemerkt – das will ich auch hier anmerken –, dass insbesondere die Stadt Mannheim ei nen starken Zuwachs bei der Zahl der Menschen aus Bulga rien und Rumänien im Bereich der SGB-II-Leistungen zu ver zeichnen hat. Dieser Zuwachs beträgt mehr als das 1,5-Fache: 2014 waren es 1 052 Personen, während es im Jahr zuvor noch 426 Personen gewesen sind.
Bei dem gewählten Aufteilungsschlüssel kann sich wahr scheinlich kein Stadt- oder Landkreis beschweren. Denn es ist sehr genau – auf 16 Stellen hinter dem Komma – gerech net worden. Genauer kann man es, glaube ich, nicht machen. Man braucht schon einen besonderen Taschenrechner, um das zu ermitteln.
Es zeigt die Leistungsfähigkeit unserer Verwaltung, dass sie den Wert auf 16 Stellen hinter dem Komma ausrechnet. Inso fern bin ich einmal mehr von der Präzision der Arbeit unserer Verwaltung beeindruckt.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja vor ei nigen Monaten im Sozialausschuss den Bilanzbericht 2015 zum Chancengleichheitsgesetz bearbeitet, durchgesprochen
und verabschiedet. Es war ganz interessant, zu lesen, dass sich die Gesamtsituation von Frauen in der öffentlichen Verwal tung in Baden-Württemberg weiter verbessert hat.
Zum Stichtag 30. Juni 2013 hatten wir einen Frauenanteil in den öffentlichen Verwaltungen von insgesamt 58,3 %. Bei den obersten Landesbehörden beträgt der Frauenanteil in den Ein stiegsämtern 51,7 bis 55,4 %, bei den Städten und Gemein den – Frau Kollegin Wölfle hat es auch ausgeführt – gibt es in Baden-Württemberg insgesamt einen Frauenanteil von 64 %, und im Führungsbereich – das haben Sie richtigerweise ange sprochen – liegt er bei 40 %. Im höheren Dienst in den obers ten Landesbehörden sind ein Drittel der Beamten – das haben Sie, Frau Schneidewind-Hartnagel, angesprochen – Frauen. Bei den Angestellten sind es 49,5 %.
Teilweise bestehen in den Startpositionen Perspektiven, die sicherlich dazu beitragen, dass in Zukunft auch im Führungs bereich die Parität erreicht wird oder der Frauenanteil viel leicht sogar noch über 50 % liegt. Im Prinzip wäre es sogar fast so, dass nach dem Chancengleichheitsgesetz bei manchen Einstellungsverfahren die Chancengleichheitsbeauftragten gar nicht mehr anwesend sein dürften aufgrund der Situation, dass der Frauenanteil teilweise schon über 50 % beträgt. So weit zu diesem Bilanzbericht.
Sie haben auch den Gemeindetag angesprochen. Ich möchte nur einen Satz aus seiner Stellungnahme zitieren:
Dem Gesetzentwurf liegt erkennbar eine einseitige, über holte Sicht der Gleichstellungspolitik zugrunde, die na hezu ausschließlich die Frauenförderung zum Ziel hat und dabei nicht mehr zeitgemäße Instrumente einsetzt.
Mir ist natürlich Frauenförderung genauso wichtig. In meiner Funktion als frauenpolitischer Sprecher habe ich, denke ich, auch in den letzten Jahren einiges dafür getan, und zwar nicht nur in der FDP, sondern auch hier im Landtag.
Dennoch stellt sich mir eine Frage: Man wollte das tatsäch lich flächendeckend machen. Die Sozialministerin wird mir sicherlich erklären können, warum gerade Gemeinden ab 50 000 Einwohnern verpflichtet werden, Gleichstellungsbe auftragte zu bestellen. Sind es monetäre Gründe – weil eben die 2,1 Millionen € das Limit waren –, oder gibt es tatsäch lich Gründe? Diese würden mich auch als ehemaligen Perso nalverantwortlichen aus dem Mittelstand interessieren. Liegt der Grund tatsächlich in der Einwohnerzahl von 50 000, oder sind es rein monetäre Gründe? Ich vermute das.
Man müsste sie eigentlich auch in Gemeinden einsetzen, die weniger als 50 000 Einwohner haben. Nachdem in 19 der 22 betroffenen Kommunen – Frau Gurr-Hirsch hat es auch ange sprochen – bereits Gleichstellungsbeauftragte eingesetzt sind und diese Aufgabe wahrnehmen, frage ich mich natürlich, wa rum das Land hier noch einmal 2,1 Millionen € – mit dyna mischer Entwicklung – zuschießen muss. Wir loben ja immer auch hier im Landtag die Kommunen, wie selbstständig sie arbeiten und wie eigenverantwortlich sie unterwegs sind.
Warum muss der Landtag von Baden-Württemberg den Kom munen vorschreiben, ab wann und wie sie die betreffende Auf gabe fortführen? Ich denke, wir haben verantwortliche Füh rungskräfte in den Kommunen Baden-Württembergs, sodass
wir es ihnen überlassen können, wie sie in diesem Bereich tä tig sind.
Warum sollen die Landkreise sozusagen auch auf die Städte und Gemeinden einwirken und die Koordinierung überneh men? Das ist für mich ein völliges Rätsel. Auch als jemand, der viele Jahre im Mittelstand tätig war, der selbst auch ver antwortlich Frauen gefördert hat und einiges für die Förde rung getan hat – ich weiß auch, was die Industrie in diesem Bereich tut –, frage ich mich schon: Warum muss die freie Wirtschaft diese Dinge mitfinanzieren, was im Grunde genom men die Verwaltungen und die Kommunen selbst machen kön nen? Um diese Themen voranzutreiben, muss das Land nicht Steuergelder einsetzen. Der Bilanzbericht zeigt das ganz gut.
Abschließend: In der eigenen Landesverwaltung – Amtsleiter oder in anderen Bereichen –, denke ich, bestünde durchaus auch noch Potenzial, mehr zu tun, um Frauen in Führungs funktionen entsprechend zu fördern. Da ist noch Luft nach oben.
Auf jeden Fall wird die FDP/DVP-Landtagsfraktion dieses Gesetz ablehnen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein umfassendes Werk mit vielen verschiedenen Aspekten der Pflege haben wir dem Landtag heute vorgelegt. Zwölf, wie ich finde, spannen de Anhörungen, 57 Sachverständige haben wesentlich dazu beigetragen, dass wir das Thema „Pflege in Baden-Württem berg“ in dieser Breite bearbeitet haben. Ich denke, für alle, die mitgewirkt haben, war es beeindruckend, die Dimensionen der Pflege zu erfassen.
Das Ziel, das wir mit diesem Bericht verfolgen, ist auch, das Thema Pflege stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen. Ich denke, dass wir es insbesondere durch die öffent lichen Anhörungen geschafft haben, das schon während der Arbeit der Enquetekommission nach außen zu tragen.
Die Zahl der Besucherinnen und Besucher unterschiedlichs ter Berufsgruppen, unterschiedlichster Altersgruppen – bis hin zu Demonstrationen vor und während der Sitzungen – zeigt auch ein Stück weit, dass die Enquetekommission in der Öf fentlichkeit wahrgenommen wurde.
Ich darf auch meinen Dank ausdrücken – Kollege Hinderer hat das umfassend gemacht; Sie gestatten mir, dass ich es dann ein bisschen kürzer fasse –: Herzlichen Dank an alle, die mit gewirkt haben, die im Vorfeld auch immer dafür gesorgt ha ben, dass die Sitzungen gut vorbereitet waren, dass die Anhö rungen gut vorbereitet waren. Einen Dank an Herrn Kollegen Rüeck und an Herrn Lucha als seinen Stellvertreter: Gut ge macht, gut moderiert! Ich sage einen herzlichen Dank an Sie und Ihr Team in der Verwaltung der Enquete, die die Vorbe reitungen getroffen haben, aber natürlich auch an die Mitar beiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen, an die Experten und auch an die vielen Menschen, die sich gemeldet und auch beteiligt haben.
600 Handlungsempfehlungen wurden erarbeitet. Es liegt ein Arbeitspapier, ein Auftrag für die nächste Landesregierung vor, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Ich will es einmal so sagen: Wir kommen in der nächsten Legislaturperiode nicht darum herum, uns auch intensiv mit dem Thema Pflege zu be schäftigen. Da hilft es uns, immer wieder in den Abschluss bericht hineinzuschauen und entsprechend darauf hinzuwei sen, welche Aufgaben vor uns stehen.
Zentrale Themen sind – das hört man auch immer in den ent sprechenden Passagen – das Thema Personal und auch das Thema Finanzierung. Auch wenn wir heute den Bericht ge meinsam verabschieden, haben wir natürlich auch unter schiedliche Positionen. Ich denke, wir haben einen guten Weg gefunden, indem wir festgelegt haben, dass die Fraktionen auch ihre Voten abgeben können. Das führt dazu, dass wir die einzelnen Positionen dokumentiert haben, aber heute dann ge meinsam entscheiden können. Alle Fraktionen haben sich
nicht an Kleinigkeiten aufgehalten, sondern wirklich nur die wesentlichen Punkte aufgenommen.
Das Thema Personal – das wurde auch schon ausgeführt – wird das entscheidende Thema sein. Da geht es nicht nur um die Bezahlung; es geht auch um die Arbeitszeit, die Flexibili tät, die physische und die psychische Belastung. Es geht auch um das Thema „Image der Pflege“. Denn ähnlich wie im Be reich der Krankenhäuser gilt auch im Bereich der Pflege: Wenn wir immer darüber sprechen, wie schwierig es ist, in diesem Beruf aktiv zu werden, dann hilft dies natürlich nicht, junge Menschen zu finden, die diesen Beruf ergreifen wollen. Es ist auch eine Aufgabe für die Politik und für die Gesell schaft, dafür zu sorgen, dass man nicht von vornherein ver mittelt: „Wenn du in diesen Beruf gehst, wird das alles ganz schwierig und wahrscheinlich nicht zukunftsfähig sein.“
Nein, wir müssen in die andere Richtung gehen, indem wir darstellen, dass sich dieser Beruf lohnt und dass es sich auch lohnt, sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Eine der wesentlichen Aufgaben wird sein, im Bereich des Nachwuch ses dafür zu sorgen, dass sich das Image der Pflege verbessert. Ich denke, wir sind dazu aufgefordert – auch in der nächsten Legislaturperiode –, uns einiges einfallen zu lassen, wie der Landtag, wie die Politik dazu beitragen kann, die Pflege zu verbessern.
Es ist ganz spannend, auch einmal über die Landesgrenze hi nauszublicken. Ich will nur ein Stichwort nennen: Schweden hat ein Modellprojekt, in dem man die Arbeitszeit reduziert hat. Ich finde es spannend, sich auch solche Modelle im Hin blick darauf anzusehen, ob sie auch für uns Möglichkeiten bieten, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege neue Impulse zu setzen. Deswegen, denke ich, wird es auch wichtig sein, einmal zu schauen, was andere Länder machen. Schweden ist mit einem guten Impuls unterwegs, den wir im Auge behalten sollten.
Ich will auf einige Punkte eingehen, die wir auch bei den Min derheitsvoten angesprochen haben. Die Zahl der Menschen mit Pflegebedarf in der Bundesrepublik ist in den letzten Jah ren stark gestiegen und wird auch weiter stark ansteigen. 2009 gab es 2,34 Millionen Menschen mit Pflegebedarf. Die Zah len gehen in die Richtung, dass es bis 2030 zusätzlich eine Million Menschen mit Pflegebedarf geben wird. Das ist dann etwa die Ära, in der sich die Babyboomer-Generation im per sönlichen Empfinden mit diesem Thema auseinandersetzen wird. Die Herausforderung wird sich dann auch ab 2030 ff. in unserer Pflegeversicherung ganz entscheidend niederschla gen.
Wir haben es in den Zweitausenderjahren geschafft, durch die Landesheimförderung die Zahl der stationären Pflegeplätze um 23 600 geförderte Plätze auf etwas über 100 000 stationä re Plätze zu erhöhen. Es war wichtig, diese Impulse zu setzen. Es wurden über 510 Millionen € in die Heimförderung inves tiert, die dann im Jahr 2010 ausgelaufen ist. Wir müssen in den nächsten Jahren darauf achten, wie sich diese Entwick lung fortsetzt. Denn ich trage ein wenig die Sorge, dass wir insbesondere unter Anwendung einer strengen Übergangsre gelung eine größere Platzzahl möglicherweise nicht mehr er setzen können.
Es spielen auch andere Faktoren eine Rolle, die gar nichts mit der Pflegepolitik zu tun haben. Schauen Sie sich die Entwick lung der Baukosten in den letzten Jahren an. Diese Entwick lung geht auch am Bau von einem Pflegeheim oder von einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft nicht vorbei. Insofern müssen wir darauf achten, dass wir immer noch Einrichtun gen finden, die auch in den Bereich der stationären Pflege in vestieren. Da habe ich ein wenig Sorge. Deswegen haben wir uns dafür ausgesprochen, gerade die Übergangsfristen mode rat zu gestalten. Daher war der Ansatz, als das entsprechende Gesetz gemacht wurde, darauf zu achten, nicht zu viele Plät ze zu verlieren, indem die Regelung zu starr angewendet wird. Damit werden wir uns in den nächsten zwei Jahren sehr in tensiv beschäftigen, weil der Druck bis 2019 natürlich zu nimmt.
Genauso sehe ich auch eine Evaluierung des Wohn-, Teilha be- und Pflegegesetzes, WTPG, als notwendig an. Wir haben gerade einen Antrag dazu erstellt. Ich meine, dass auch da die Regelungen zu unflexibel sind, um die nötige Dynamik zu ent falten. Das werden wir sicherlich auch im nächsten Jahr noch einmal intensiv diskutieren. Aber aus unserer Sicht sind im Gesetz Regelungen enthalten, die nicht von Gott gegeben sind, sondern die die Politik gemacht hat, die wir ändern können, um hier mehr Dynamik zu bekommen.
Das Gleiche gilt auch für die Prüfungen der Heimaufsicht und des Medizinischen Dienstes. Auch da sollten wir über Modell projekte hinweg konkretere Maßnahmen ergreifen, damit es keine Doppelprüfungen mehr gibt. Dazu brauchen wir die Un terstützung der Politik, der Landkreise und der Krankenkas sen. Aber wir müssen an dieses Thema herangehen, weil hier Potenzial liegt. Deswegen erwarte ich, dass wir da entspre chend etwas umsetzen können.
Es wurde auch – ganz wichtig – der Ausbau der Tagespflege und der Kurzzeitpflege angesprochen. Wenn wir daran arbei ten wollen, die Angehörigen zu entlasten, dann gehört das na türlich auch dazu. Deswegen wird es auch im Hinblick auf ei ne Quartiersentwicklung notwendig sein, diese Bereiche mög licherweise stärker finanziell zu unterstützen.
Wichtige Themen sind auch „Reha vor Pflege“ und „Geriat rische Versorgung“. Es muss Aufgabe sein, die Rehabilitati on so auszustatten, dass wir Pflegebedürftigkeit hinauszögern, dass wir uns stärker um die Rehabilitation kümmern.
Dazu gehört auch der Einsatz innovativer Altersassistenzsys teme und der Telemedizin, ein Thema, bei dem wir in BadenWürttemberg von den Unternehmen her innovativ sind. Mit Einrichtungen wie dem Lebensphasenhaus in Tübingen, das ja vom Sozialministerium unterstützt wird, machen wir uns, glaube ich, auf den richtigen Weg. Denn damit schaffen wir es, dass Menschen länger zu Hause leben können. Das ist das, was sich die Menschen auch vorstellen.
Ein Wort möchte ich noch zu dem Thema „Betreuung durch ausländische Betreuungskräfte, 24-Stunden-Hausbetreuung“ sagen. An diesem Thema zeigt sich: Wenn es konkret wird, wird es halt doch etwas schwierig, tatsächliche Veränderun gen zu vollziehen. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass wir
uns endlich mit dieser Grauzone, die es in Deutschland gibt und die wir in der Politik bisher ein bisschen auf die Seite schieben, intensiver beschäftigen. Wir waren mit dem Sozial ausschuss in Wien und haben uns das angeschaut. Jeder sagt, es ist wichtig, da etwas zu tun. Aber die FDP/DVP war die einzige Fraktion, die das auch im Enquetebericht auf die Agenda genommen hat. Alle reden darüber. Wir haben das in zwischen in unser Landtagswahlprogramm aufgenommen, weil wir da etwas tun wollen, nicht nur für die Menschen mit Pflegebedarf und für die Angehörigen, sondern ebenso auch für die Betreuungskräfte, die oftmals schlecht bezahlt in Deutschland arbeiten. Das ist ein Zustand, der für uns nicht zu akzeptieren ist. Deswegen haben wir dazu konkrete Vor schläge gemacht.
Fazit: Die Arbeit der Enquetekommission hat sich gelohnt. Ich wünsche mir, dass die Aussage von Herrn Rüeck wahr wird, dass wir in zwei, drei Jahren rückblickend sagen: Es wa ren nicht nur über 1 000 Seiten, sondern wir haben einige der Handlungsempfehlungen zugunsten der Pflege und der Men schen in Baden-Württemberg umgesetzt. Dann, denke ich, hat sich unser Einsatz gelohnt. Dafür haben wir uns auch gern ein gesetzt. Insofern sage ich noch einmal ein ganz herzliches Dankeschön an alle, die mitgewirkt haben.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vor Kur zem im Sozialausschuss den Bilanzbericht 2015 zum Chan cengleichheitsgesetz behandelt, der im September vorgestellt wurde und die Jahre der Geltung des Chancengleichheitsge setzes bis 2013 bewertet. Wenn man die Zusammenfassung
anschaut, kann man sehen, dass einiges erreicht wurde, was meine Vorrednerinnen angesprochen haben, dass wir aber durchaus noch nicht da sind, wo man hinkommen muss.
Ich ziehe – in aller Kürze – einige Punkte heraus. Da heißt es:
In der Landesverwaltung Baden-Württemberg sind mehr Frauen als Männer beschäftigt.... Auch in den Kommu nalverwaltungen ist nach den Gesamtzahlen Geschlech terparität gegeben. Der Frauenanteil ist angestiegen von 61,3 %... auf nunmehr 63,7 %.
Der Anteil von 61,3 % bezieht sich auf 2013. Ich zitiere wei ter:
Die Gesamtsituation von Frauen in der öffentlichen Ver waltung Baden-Württembergs hat sich im Berichtszeit raum weiter verbessert. So hat sich in sämtlichen Lauf bahngruppen der Beamtinnen und Beamten der Frauen anteil im Berichtszeitraum erhöht.
Im höheren Dienst beträgt er 48,2 %, hier ist der deut lichste Anstieg um knapp 5 Prozentpunkte zu verzeichnen. Im gehobenen Dienst liegt der Frauenanteil bei 63,9 %. Demgegenüber ist bei den vergleichbaren Angestellten des höheren Dienstes der Frauenanteil mit 49,7 % nahe zu gleich geblieben.
Selbstverständlich.
Das müssten wir jetzt aus dem Bilanzbericht herausziehen, weil ich das in der Zu sammenfassung nicht habe. Wir können das aber gern nach her einmal durchschauen; es steht im Bilanzbericht drin.
In der Zusammenfassung steht noch drin – da will ich ab schließend aus dem Bilanzbericht berichten –, dass Frauen im höheren Dienst in den obersten Landesbehörden nach wie vor unterrepräsentiert sind: Bei den Beamtinnen und Beamten liegt der Frauenanteil bei 33 %, bei vergleichbaren Angestell ten liegt er bei 49,4 %. Das sind die Zahlenangaben, bei de nen man im Bilanzbericht sieht, dass es eben noch Hausauf gaben gibt. Das ist auch der Anlass für die grün-rote Landes regierung, das Gesetz zu novellieren.
Ich erinnere mich auch noch an die Diskussionen zu Beginn der Legislaturperiode, als man gesagt hat, es sollte eigentlich ab 8 000 oder 9 000 Einwohnern mit Hauptamtlichen losge
hen. Dann haben Sie gerechnet und gemerkt, dass das unheim lich viel Geld kostet. Man ist dann irgendwann bei 50 000 ge landet. Vielleicht hätten Sie die Zahl bei 500 000 festlegen sollen; dann wäre es noch günstiger gewesen.
Die Kollegin Gurr-Hirsch hat darauf hingewiesen: 19 der 22 Städte mit über 50 000 Einwohnern haben Chancengleich heitsbeauftragte. Darüber hinaus gibt es aber auch Kommu nen mit weniger Einwohnern, die hervorragende Mitarbeite rinnen haben, die diese Aufgabe sehr verantwortungsvoll übernehmen. Insofern stellt sich schon die Frage: Erreichen Sie die Effekte, die Sie sich wünschen?
Ich will noch einen anderen Punkt in die Diskussion einbrin gen. Letztendlich geht es immer um Steuergelder. Steuergel der müssen erwirtschaftet werden. Ich frage mich, ob wir nicht die Gemeinden und Kreise privilegieren; denn finanzieren müssen das die Frauen und Männer aus der privaten Wirt schaft, die diese Möglichkeiten nicht haben, bzw. die Unter nehmen, die das selbst machen, wofür es beste Beispiele gibt. Deswegen diskriminieren Sie mit diesem Gesetz die Privat wirtschaft.
Wenn Sie einmal zu uns in das Dachgeschoss kommen, sehen Sie: Da hängt die Schuldenuhr, die auf meine Initiative hin aufgehängt wurde. Heute Morgen zeigte sie an: Wir haben Schulden in Höhe von 48 936 Millionen €.
Gibt es da irgendetwas, worüber man lachen könnte?
Das ist kein Plakat, Herr Präsident. Wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, dass das ei ne Schuldenuhr vom Bund der Steuerzahler ist, die sich im Dachgeschoss befindet. Ich finde es nämlich nicht so lustig, dass der Bund der Steuerzahler zu diesem Gesetzentwurf nicht angehört wurde. Wir haben 48 936 Millionen € Schulden. Aus diesem Blick heraus sollte man auch eine Verantwortung für die nachfolgenden Generationen entwickeln.
Aus diesem Grund haben wir, weil wir entsprechende Kosten produziert hätten, damals auch der Installierung eines haupt amtlichen Landes-Behindertenbeauftragten nicht zugestimmt. Denn wir haben auch Verantwortung für die nachfolgenden Generationen.
Deswegen glaube ich, dass wir mit diesen Ausgaben in Höhe von 2,4 Millionen € plus Dynamisierung in den nächsten Jah ren nicht die Effekte erreichen, die wir anstreben, sondern Sie erfüllen damit Wünsche von Verbänden, die das gern umge setzt hätten. Deswegen stehen wir da auch in entsprechender Verantwortung. Über die Details können wir noch im Aus schuss reden.
Wenn ich die §§ 10 und 11 anschaue, sehe ich: Dort stehen Dinge drin, die ohnehin vom Allgemeinen Gleichbehand lungsgesetz abgedeckt sind. Fragen nach einer Schwanger schaft stellt man bei Bewerbungen schon lange nicht mehr; das gehört da nicht hinein.
Schwierig wird es bei § 11 Absatz 3, wo es heißt:
Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leis tung können Frauenförderung und Behinderteneigen schaft als zusätzliche Hilfskriterien berücksichtigt wer den.
Das heißt, da werden Frauen auf der einen Seite und Männer mit Behinderung auf der anderen Seite gegeneinander ausge spielt. Ich bin gespannt, wie in der Praxis die Bewertung ab läuft.
Sie schütteln den Kopf, aber so steht es drin. So ist es wahr scheinlich nicht gedacht, aber so steht es im Gesetz. Da gibt es also auch einige handwerkliche Dinge, die man überarbei ten kann.
Insofern empfehlen wir, diesem Gesetz nicht zuzustimmen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Regierungs befragung haben wir das Thema Wohnungsbaupolitik aufge griffen. Aktueller kann es gar nicht sein. Heute stand in der „Heilbronner Stimme“ unter dem Titel „Kretschmann will Bauen erleichtern“ – ich darf den Ministerpräsidenten zitie ren –:
Wir müssen die Flächen zur Verfügung stellen, die ge braucht werden.... Da müssen wir mit Augenmaß beim Kampf gegen den Flächenfraß pausieren.
Am 14. Oktober 2015 fand im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft unter der Leitung des Finanz- und Wirtschaftsmi nisters Dr. Schmid ein Wohnungsbaugipfel statt. Dort wurde darauf hingewiesen, wie im Ergebnisprotokoll zu lesen ist, dass wir einen Bedarf von 40 000 bis 45 000 Wohnungen pro Jahr in Baden-Württemberg haben und infolge des Flücht lingsstroms sicher über 15 000, bis zu 30 000 weitere Woh nungen pro Jahr brauchen. Um das einzuordnen: Im Land wurden nach einigen Jahren der Stagnation im letzten Jahr knapp 35 000 Wohnungen fertiggestellt. Daran kann man er sehen, vor welchen Herausforderungen wir stehen.
Der Wohnungsbaugipfel hat vier Leitlinien. Die Frage ist: Wie weit sind die Umsetzungen dieser Leitlinien vorangekommen? Dabei geht es um die Themen „Steuerliche Anreize“, Wohn raumförderung, „Ausnahmen von Bauvorschriften“ und „Aus weisung von Bauflächen“. Deshalb die Nachfrage: Wie ist bei diesen vier Leitthemen der Stand der Umsetzung?
Herzlichen Dank.
Herr Staatssekretär, noch einige Nachfragen. Wir haben gerade das Thema Getto isierung gehabt. In der letzten Woche dürfte das Finanzminis terium die Nachfrage einer Kreisbaugesellschaft aus dem Landkreis, aus dem ich komme, erreicht haben, eine mittel bare Belegung bei den Förderprogrammen zuzulassen, wenn man Unterkünfte für Flüchtlinge realisiert – eben dennoch ei ne mittelbare Belegung. Ich entnehme Ihren Worten, dass das wohl auf den Weg gebracht werden kann. Da bitte ich noch einmal um Auskunft.
Auch zu Ausnahmen von Bauvorschriften habe ich eine Nach frage. In der Leitlinie stand:
Ausnahmen, Abweichungen und Befreiungen von bau rechtlichen Bestimmungen in der Landesbauordnung müssen zeitlich befristet zugelassen werden.
Können Sie dazu schon Konkreteres sagen?
Mich würde auch interessieren: Die Bundesbauministerin Bar bara Hendricks hatte Ende November einen Zehnpunkteplan für eine Wohnungsbauoffensive vorgeschlagen. Ziel ist u. a., eine Musterbauordnung zu machen. Wie bewerten Sie diesen Zehnpunkteplan im Hinblick auf die Zielsetzung auf dem Wohnungsbaugipfel? Welche Punkte könnte man nach Ihrer Vorstellung aus diesem Zehnpunkteprogramm übernehmen?
Herr Staatssekretär, im ersten Statement haben Sie von einer Stärkung der Mieter rechte gesprochen. Im Gespräch mit Vermietern, insbesonde re mit privaten Vermietern – diese machen in Baden-Würt temberg einen Anteil von über 70 % aus –, stelle ich immer wieder fest, dass es ihnen zunehmend schwerfällt, in dem Di ckicht der Anforderungen – Mietspiegel, Mietpreisbremse, Zweckentfremdungsverbotsgesetz – noch den Durchblick zu haben. Zunehmend sagen sie: „Für mich wird das jetzt alles unüberschaubar. Ich möchte hier nicht mehr investieren.“ Das ist nun ein politisches Thema. Darum geht es mir jetzt gar nicht.
Es gibt aber Anzeichen, dass kommunale Wohnungsbauge sellschaften nun sagen: „Wir wollen versuchen, einen Bürger fonds aufzulegen, um den privaten Investoren das Ganze, was politisch im Bund und im Land umgesetzt wird und was ih nen langsam über den Kopf wächst, abzunehmen.“
Deswegen frage ich, ob sich die Landesregierung vorstellen kann, sich an solchen Bürgerfonds, die man auflegt, um Woh nungen für Flüchtlinge, aber auch für andere Mieter zu schaf fen, zu beteiligen und sie auf den Weg zu bringen, um solche Best-Practice-Modelle umzusetzen.
Herr Staatssekretär, ich habe noch eine Frage zur steuerlichen Förderung. Sie hatten angesprochen, dass Sie hier den Bund in der Pflicht sehen. Da zu möchte ich wissen: Welche Initiativen ergreift die Landes regierung, um hinsichtlich steuerlicher Förderungen auf den Bund einzuwirken?
Dann gibt es durchaus auch Themen, die nicht immer nur auf den Bund gemünzt werden können, sondern mit denen sich das Land selbst beschäftigen sollte. Die grün-rote Landesre gierung hat die Grunderwerbsteuer von 3,5 % im Jahr 2011 auf 5 % im Jahr 2012, also um 43 %, erhöht. Die Mehrein nahmen von 2014 verglichen mit 2011 betragen 580 Millio nen €.
Deswegen meine Frage an Sie: Wenn man gegenüber dem Bund Forderungen erhebt, muss man vielleicht auch mit gu tem Beispiel vorangehen. Denken Sie darüber nach, die Grund erwerbsteuer zumindest zeitlich befristet für solche Projekte zu reduzieren?
Sehr geehrter Herr Mi nister! Unter dem Stichwort Rheintalbahn ist ja viel erreicht worden: Beispiele sind der Offenburger Tunnel, der Rastatter Tunnel, der Katzenbergtunnel in der Ortenau. Da hat man viel gemacht.
Im Markgräflerland gibt es aber noch einen Bereich, in dem natürlich zu Recht der Lärmschutz anerkanntermaßen mit zu sätzlichen Landesmitteln über das ursprünglich vorgesehene Niveau hinaus verbessert wird. Es gibt jedoch noch viele an dere Themen, die man in anderen Regionen besser gelöst hat, beispielsweise wenn es um das Landschaftsbild oder die Ge fahrgutsicherheit geht. Die Initiative hat zu Recht darauf hin gewiesen, dass es sinnvoll ist, in dieser Richtung noch einmal einzuwirken.
Deswegen auch die Frage, inwieweit Sie als Verkehrsminis ter dieses Thema noch einmal aufgreifen. Das Markgräfler land wird über viele Kilometer durch eine bis zu 8 m oder noch höhere Lärmschutzwand durchschnitten, aber es gibt über das Thema Lärmschutz hinaus noch viele weitere The men, die man nicht aufgegriffen hat. Deswegen noch einmal die Frage – gerade auch im Hinblick auf die anderen Maßnah men bei der Rheintalbahn –, inwieweit Sie sich dafür einset zen, auch im Markgräflerland eine beste Lösung zu erreichen.
Ich möchte gern noch einen anderen Punkt ansprechen. Bei der Ministerpräsiden tenkonferenz ist, zumindest was den Länderfinanzausgleich angeht, ein Durchbruch in Sicht. Ich will aber auf das Thema Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und das LGVFG ein gehen. Zumindest so, wie wir es vernommen haben, soll auch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz über 2019 hinaus fortgesetzt werden. Wir haben aber nichts zu den Mitteln für das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gefunden. Deswegen die Frage, Herr Minister Hermann, wie es mit die sen Mitteln für das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsge setz aussieht, ob wir davon ausgehen müssen, dass es 2019 beendet wird, oder ob es in diesem Paket ebenfalls mitverhan delt wurde.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben zwei Ge setzentwürfe, die heute in Zweiter Beratung zur Entscheidung stehen. Ich beginne mit dem Gesetz über den öffentlichen Ge
sundheitsdienst, zu dem unsere Fraktion ebenfalls Zustim mung signalisieren kann. Vorgesehen sind ein neuer Zuschnitt für die Aufgaben der Gesundheitsämter, mehr Aufgaben des Gesundheitsschutzes, und es geht um Fragen der öffentlichen Gesundheit.
Ich bin dankbar, dass man in den Ausschussberatungen die von uns angeregte Thematik nun in einem gemeinsamen Än derungsantrag aufgenommen hat, nämlich die Regelungen, wenn es darum geht, ärztliche Untersuchungen und die Erstel lung ärztlicher Zeugnisse im Sinne des Beamtenrechts durch zuführen, damit nicht jeder Landkreis eigene Regelungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung treffen muss, sondern wir es wirklich im Sinne des Bürokratieabbaus, der Bürokratie einsparung in einem einheitlichen Vertrag regeln. Das macht Sinn. Es ist eine sinnvolle Forderung der Kassenärztlichen Vereinigung und des Landkreistags, die wir auch unterstüt zen. Insofern herzlichen Dank an alle Fraktionen, dass sie die sen Änderungsantrag mittragen.
Nicht zustimmen werden wir dem Landesgesundheitsgesetz, und zwar nicht deshalb, weil wir das Thema Gesundheit nicht für wichtig erachteten. Das Gegenteil ist der Fall: Es ist uns ein Herzensanliegen. Wenn man das Wort „Landesgesund heitsgesetz“ hört, hat man schon eine relativ große Erwartung. Wenn ich dann hineinschaue, muss ich mich als jemand, der sich dafür einsetzt, dass die Bürokratie in Baden-Württem berg überschaubar bleibt, fragen: Wofür brauchen wir dieses Gesetz?
Es orientiert sich am Gesundheitsleitbild Baden-Württemberg. Daraus sind bereits die entsprechenden kommunalen Gesund heitskonferenzen entstanden. Die gibt es schon, und die sind auch sehr gut aufgestellt. Es ist aus meiner Sicht völlig unnö tig, dass wir die Stadt- und Landkreise sozusagen in ein Kor sett hineinzwängen. Anstatt fachliche Impulse hineinzugeben, macht es viel mehr Sinn, den Landkreisen die Verantwortung zu übertragen. Dafür, meine sehr geehrten Damen und Her ren, brauchen wir aber kein Gesetz, in dem diese Strukturen zementiert sind.
Das ist für mich wieder ein schönes Beispiel, wie man Büro kratie in Baden-Württemberg aufbaut, obwohl es wirklich gar nicht notwendig ist, weil wir verantwortliche Landkreise ha ben, die sehr wohl wissen, wie man damit umzugehen hat.
Ich will einmal zwei Beispiele nennen. In § 5 steht:
Die Kommunale Gesundheitskonferenz setzt sich insbe sondere aus delegierten Vertretungen der örtlichen Insti tutionen und Einrichtungen aus Gesundheitsförderung und Prävention, der medizinischen Versorgung, der Pfle ge, der Selbsthilfe, des Patientenschutzes, der oder des kommunalen Behindertenbeauftragten, der oder des kom munalen Suchtbeauftragten und weiteren Institutionen des Sozialbereichs, die Berührungspunkte mit dem zu bera tenden Thema haben, zusammen. Themenspezifische Netz werke werden in den Kommunalen Gesundheitskonferen zen beteiligt. Bürgerinnen und Bürger können an der Be ratung gesundheitspolitischer Fragestellungen mit örtli chem Bezug beteiligt werden.
Vollkommen in Ordnung; das können wir auch durchführen. Aber dafür brauchen wir kein Gesetz, denn mit diesem The ma laden Sie sich wieder mühevoll einiges auf.
Das Ganze wird dadurch noch spannender, dass Sie eine Ge schlechterparität vorschreiben. Das unterstütze ich auch. Doch wenn Sie es gesetzlich festschreiben, dann frage ich mich: In welcher Reihenfolge wollen Sie die Ämter eigentlich beset zen? Muss jetzt der Suchtbeauftragte weiblich sein, nur weil eben der Behindertenbeauftragte männlich ist? Das will ich damit ansprechen.
Sie bauen eine Bürokratie auf, die im Grunde genommen we nig bringt. Besser wäre es, Impulse für das Thema „Gesund heit in Baden-Württemberg“ zu setzen und die Landkreise ent sprechend zu unterstützen, anstatt sie in ein Korsett hineinzu zwingen, das einfach nicht notwendig ist.
Spannend ist ein Blick auf § 10: Wenn ich sehe, dass so etwas wie die Überprüfung untergesetzlicher Gremien in ein Gesetz aufgenommen wird, dann muss ich schon sagen: Es wird Zeit, dass die Weihnachtstage kommen. Ich zitiere:
Themenspezifische Beiräte, Arbeitsgruppen sowie weite re untergesetzliche Gremien im Geschäftsbereich des für das Gesundheitswesen zuständigen Ministeriums sollen ein zeitlich längstens für die Dauer einer Wahlperiode... begrenztes Mandat erhalten. Auf eine effiziente Gremien struktur ist zu achten. Zu Beginn jeder Wahlperiode sind die bestehenden Gremien auf ihre Notwendigkeit und ih ren Auftrag hin zu überprüfen.
Sind wir etwa so weit gekommen, in ein Gesetz schreiben zu müssen, dass man auf eine effiziente Gremienstruktur zu ach ten hat? Und Sie nennen das dann „Landesgesundheitsgesetz“, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können nicht im Wahlkampf davon reden, Bürokratie abzubauen, und dann hier im Landtag nicht die Verantwortung übernehmen. So kann man nicht vorgehen. Deswegen werden wir diesem Gesetz entwurf nicht zustimmen.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Graner, diesen Wunsch kann ich Ihnen gern erfüllen.
Weihnachten steht vor der Tür.
Es geht um das Gesetz zur Änderung des Heilberufe-Kam mergesetzes. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben das bereits ausführlich dargestellt. Ich will mich deshalb auch gar nicht mehr explizit darauf einlassen. Es sind einige Dinge ge nannt worden: Aufbewahrungspflicht für die Patientenakten, die Ermächtigung der Kammern, Sprachprüfungen durchzu führen, wobei es um Anpassungen geht.
Zum Zweiten haben wir die Regelung für unbegleitete Kin der und Jugendliche in Form des Omnibus-Gesetzes gefasst. Wenn man die Zahlen derjenigen hört, die in Baden-Württem berg zu betreuen sind – bis Ende November 4 680 unbeglei tete Jugendliche; Kollege Poreski hat die Zahl von 8 500 ge nannt –, wissen wir, welche Bedeutung es hat, das auf eine rechtlich einwandfreie Grundlage zu stellen. Insofern können wir von unserer Seite beiden Gesetzen zustimmen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ziel der Erklärung über die Rechte der Menschen mit Behinderung und der UNBehindertenrechtskonvention war und ist die Beseitigung von Diskriminierung, und es ist die gleichberechtigte Teilhabe für alle Menschen mit Behinderung.
Diskriminierung beginnt schon mit der Sprache. Noch immer ist es nicht selbstverständlich, den Menschen mit all seinen Talenten im Vordergrund zu sehen und sich bewusst zu sein, dass Behinderung eben nur ein Merkmal von vielen ist. Viel zu häufig wird nicht von Menschen mit Behinderungen ge sprochen, sondern von Behinderten. Wenn man den Titel der Aktuelle Debatte sieht, dann erkennt man, dass auch die SPD noch ein wenig Nachholbedarf hat, diesem Bewusstseinswan del gerecht zu werden. Wir sollten uns angewöhnen, von Men schen mit Behinderungen zu sprechen und nicht von Behin derten.
Die FDP/DVP Baden-Württemberg hat 2010 in Offenburg ei nen Leitantrag beschlossen: „Barrierefrei statt Hürdenlauf – Grundsätze einer liberalen Politik für Menschen mit Behin derung“. Ich zitiere daraus:
Die FDP/DVP Baden-Württemberg bekennt sich zu einer freien und vielfältigen Gesellschaft, in der sich Menschen mit und ohne Behinderung frei entfalten können und res pektvoll miteinander leben und umgehen. Das Recht auf selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe an allen Bereichen des Lebens darf niemandem aufgrund körper licher, geistiger oder seelischer Einschränkungen ver wehrt bleiben. Im Vordergrund steht die Achtung der Wür de, der Entscheidungsfreiheit sowie der Unabhängigkeit aller Menschen. Auf der Grundlage dieser individuellen Autonomie muss das Zusammenleben in der Gesellschaft freiheitlich gestaltet werden. Die in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung veran kerten Ziele und Grundsätze bestimmen unser Handeln.... Daher ist der Gedanke der sozialen Inklusion Leitbild unserer Politik.
Meine Kolleginnen und Kollegen, vieles ist in den letzten Jahrzehnten erreicht worden, aber es stehen noch viele Her ausforderungen an. Meine Vorrednerinnen und Vorredner ha ben das auch schon ausgeführt. Ich will noch einige Stichwor te nennen.
Inklusion an Schulen: Eigentlich hätte es im Interesse aller im Landtag vertretenen Fraktionen sein müssen, ein gemeinsa mes Inklusionskonzept zu entwickeln. Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe mit externen Sachverständigen hatte die FDP/ DVP-Fraktion dazu vorgeschlagen. Obwohl sich alle Sach
verständigen im Grundsatz zur Inklusion bekannt hatten, ha ben aber die kritischen und besorgten Stimmen bei Weitem überwogen, und zahlreiche Stimmen haben Nachbesserungs bedarf angemahnt.
Landes-Behindertengleichstellungsgesetz: Es sind viele gute Schritte in das Gesetz aufgenommen worden, aber es bleiben viele Fragen der Finanzierung noch offen. Unsere Fraktion hat kritisiert, die hauptamtlichen Behindertenbeauftragten in den Stadt- und Landkreisen zu implementieren, zu institutio nalisieren. Wir werden jedes Jahr 3 Millionen € für die insti tutionelle Förderung aufbringen müssen.
Wenn ich ein konkretes Beispiel ansprechen darf, dann möch te ich einmal auf Folgendes hinweisen: Seit ich im Landtag bin, fordere ich z. B. massiv die Barrierefreiheit an unseren S-Bahn-Haltestellen. Aber auch hier wird immer das Thema Finanzierung in den Mittelpunkt gestellt. Angesichts dessen möchte ich meine Forderung wiederholen, dass wir darauf achten müssen, dass wir nicht verstärkt in Institutionen inves tieren, sondern dass wir entsprechend in die Projekte inves tieren.
Genauso ist es beim Landesaktionsplan. Darin befinden sich viele gute Ansätze; es ist ein guter Leitfaden. Aber eben auch dort sind sehr viele Finanzierungsfragen offen.
Die UN-Behindertenrechtskonvention beinhaltet sehr viele Absichtserklärungen. Aber wenn tatsächlich die Inklusion und die Optionen zur freien Wahl der Teilhabe – beispielsweise in der Schule, beim Wohnort oder bei den Wohnformen, beim Arbeitsplatz, bei der Gesundheitsversorgung und bei der Mo bilität – ausgeweitet werden sollen, scheitert es eben oft an ei ner ausreichenden Finanzierung.
Wir dürfen das gut ausgebaute System der wirksamen Behin dertenhilfe, das wir über viele Jahre aufgebaut haben, nicht ohne Not in ein Unterlassungssystem austauschen, das wir dann mit den Schlagworten Normalisierung, Inklusion und Selbstbestimmung erklären. Dieser Konversionsprozess, den wir eingeschlagen haben, erfordert eben mehr, als nur ein Wohnheim mit 24 Plätzen zu realisieren. Er erfordert auch die gesellschaftliche Integration in die Gemeinschaft der Kom munen, in die Barrierefreiheit, in die Kirchen, in die Vereine. Deswegen sind die Herausforderungen hier eben weitaus grö ßer. Das gilt auch dafür, die Voraussetzungen für eine finan zielle Auskömmlichkeit zu schaffen. Denn es bedarf erhebli cher Mittel für diesen Nachteilsausgleich, für diesen Konver sionsprozess; sonst bleiben wir auf halber Strecke stecken, und dann haben wir weder das eine richtig gemacht noch das andere getan. Das ist eine große Sorge, die derzeit die Kom plexträger in Baden-Württemberg umtreibt.
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Angehörigenvertretungen für Menschen mit geistiger Behinderung in Baden-Württem berg hat vor einigen Wochen eine Landeskonferenz durchge führt und die Ergebnisse einer Umfrage zu ihren Themenstel lungen vorgestellt. Ich will nur ein Stichwort ansprechen, und zwar den Bereich der Seniorenbetreuung. Viele Angehörige sehen hier inzwischen Verschlechterungen. Im Protokoll ist zu lesen, dass der Landes-Behindertenbeauftragte, Herr Wei mer, gesagt hat, die Ergebnisse der Umfrage machten ihn
nachdenklich. Das zeigt, dass hier noch viele Herausforderun gen bestehen.
Landesheimbauverordnung: Die Fragen der Finanzierung die ses großen Vorhabens sind derzeit ungeklärt. Ich mahne auch hier zu mehr Augenmaß in Baden-Württemberg, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die Landespersonalverordnung, die noch in diesem Jahr ver abschiedet werden soll, hat im ersten Entwurf einen erhebli chen Mehraufwand bei den Nachtwachen beschrieben und hat insbesondere viele Fragen der Binnendifferenzierung offen gelassen. Dazu gehört, ob diese pflegeintensiven Tätigkeiten dem Bereich der Pflege oder dem Bereich der Eingliederung zuzuordnen sind und jeweils unterschiedliche Personalbedar fe auslösen. Außerdem weist dieser Entwurf eine Leerstelle beim Personal aus, das für Teilhabeleistungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention einzusetzen wäre.
Das Thema Barrierefreiheit habe ich angesprochen. Das ist ei nes der wichtigsten Themen im Bereich der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Sowohl mit Blick auf Busse als auch auf Bahnen ist das ein wichtiges Thema, das wir in Baden-Württemberg nicht nur bei neuen Projekten, sondern auch beim Bestand unserer Infrastruktur beachten sollten.
Schutz vor Diskriminierung beinhaltet auch Schutz vor Ge walt und Schutz vor Zwangsheirat. Kaum im Bewusstsein ist bis heute, dass auch Frauen und Männer mit Behinderungen Opfer von Gewalt oder Zwangsheirat werden können. Dies wurde auch ganz aktuell auf einer Fachtagung des Integrati onsministeriums deutlich. Noch immer sind viele der Bera tungsstellen nicht barrierefrei und damit für Menschen mit Behinderungen nicht ohne Weiteres zugänglich. Es gibt ein zelne Angebote. Dazu gehört auch das bundesweite Hilfete lefon „Gewalt gegen Frauen“. Dafür haben u. a. auch libera le Frauen im Bundestag sehr engagiert gekämpft, dass dieses bundesweite Hilfetelefon inzwischen in Betrieb ist.
Menschen mit Behinderungen und Arbeit: Die Arbeitslosen quote bei Menschen mit Behinderungen ist immer noch deut lich höher als bei Menschen ohne Behinderungen. Auch das sollte uns eine Leitplanke sein bei unserer weiteren Arbeit zur Beseitigung von Diskriminierung von Menschen mit Behin derungen am Arbeitsplatz.
Fazit: Manches ist in vier Jahrzehnten erreicht worden, aber manche Barrieren bestehen immer noch – in den Köpfen, in Gebäuden, in der Sprache, bei Bussen und Bahnen. Es gibt noch einiges zu tun.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Zusammenhang mit den Organisations- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchun gen bei der Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg wur de dieser Tage in einer Zeitungsüberschrift die Note „Fünf“ vergeben. In diesem Zusammenhang ging es auch um die Füh rung des Verkehrsministers im Bereich des Straßenbaus, im Bereich der Straßenverkehrspolitik im MVI.
Rufen wir uns in Erinnerung: Im Koalitionsvertrag 2011 auf Seite 28 steht – ich zitiere –:
Wir werden schnellstmöglich prüfen, ob durch die Ein führung eines Landesbetriebes Straßen die Bewirtschaf tung der Bundes- und Landesstraßen wirtschaftlicher ge staltet werden kann als bisher.
„Schnellstmöglich“ heißt hier: Man hat zwei Jahre später, im Jahr 2013, einen Auftrag erteilt, das extern prüfen zu lassen. Der Verkehrsminister hat Erfahrung mit externen Gutachten; es ist üblich, alles extern prüfen zu lassen. 2013 hat man also das Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis kam jetzt En de 2015. Das ist ein Gutachten für über 600 000 €. Besonders pikant ist – ich zitiere den Verkehrsminister aus den „Stutt garter Nachrichten“ vom 7. Dezember 2015 –:
Das Erbe der dezentralen und teilweise intransparenten Verwaltungsstruktur auf und zwischen den unterschiedli chen Ebenen war uns von Anfang an bewusst.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte dieses Zi tat vor dem Hintergrund eines fünfjährigen Bewertungspro zesses schlicht und ergreifend für einen Skandal.
Wenn man offenbar wider besseres Wissen fünf Jahre nichts unternommen hat, dann ist das, glaube ich, nicht die Verkehrs politik, die wir für unsere Straßen in Baden-Württemberg brauchen.
Fazit des Verkehrsministers: „Wir müssen viel korrigieren.“ Der Reformbedarf muss offensichtlich im Verkehrsministeri um liegen, wenn der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Hans-Martin Haller, betont, dass die Straßenbauverwaltung des Landes leistungsfähig, erfahren, effektiv und effizient sei. Dann muss der Fehler im Verkehrsministerium liegen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Offensichtlich kann der Verkehrsminister sein Ministerium in diesem Bereich nicht ordentlich in Schuss halten.
Er zeigt damit, dass das Thema Straßenverkehr für ihn kaum einen Stellenwert hat. Da werden lieber Radmodenschauen, Radsternfahrten oder Fußverkehrswettbewerbe gemacht, als sich um die eigentliche Aufgabe zu kümmern, nämlich um die Straßenverkehrspolitik in Baden-Württemberg.
Uns interessiert, was nach Ansicht des Verkehrsministers kor rigiert werden soll. Brauchen wir wirklich einen Landesbe trieb? Das bezweifeln wir. Oder brauchen wir eine bessere Steuerung im Verkehrsministerium? Brauchen wir gar einen besseren Verkehrsminister für Baden-Württemberg?
Es stimmt aber nicht ganz, dass nichts unternommen wurde. Es wurde doch einiges unternommen. 2011 müssen wir abha ken. Da war keine Zeit für Straßenverkehr. Da musste man sich um das Thema Stuttgart 21 kümmern und gegen dieses Projekt agitieren. Da war keine Zeit für anderes. 2012 ging es weiter mit der Forderung nach einer Citymaut, was dann noch ergänzt wurde durch die Forderung nach einer blauen Plaket te und zuletzt nach eigenen Abgasmessungen auf baden-würt tembergischen Straßen.
Überall gab es Rückzieher. Selbst OB Kuhn hatte den Ver kehrsminister im Regen stehen lassen. Auch für die Abgas messungen von Fahrzeugen gab es in der Verkehrsminister konferenz eine Abfuhr für den Verkehrsminister. Dort wurde gesagt – was auch richtig ist –, dass dies Bundesaufgabe sei. Stellen Sie sich vor, dass jedes Bundesland mit eigenen Ab gasmessungen anfinge.
Dann hätten wir viel zu tun, und wir kämen in der Straßen baupolitik nicht vorwärts.
Mit all diesen Themen schadet er dem Automobilstandort Ba den-Württemberg massiv. Das führt zu einer großen Verunsi cherung und Verärgerung der Autofahrerinnen und Autofah rer in Baden-Württemberg, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zuletzt soll es ein vierjähriges Projekt zum Thema „Tem po 120 auf der Autobahn“ für die A 81 und die A 96 geben. Das ist bemerkenswert. Denn im Koalitionsvertrag steht aus drücklich, dass die Einführung eines Tempolimits kein The ma der Koalition ist, sondern dass dies Bundesaufgabe ist. Auf eine Anfrage, die wir gleich zu Beginn der Legislaturperiode gestellt hatten, wurde vom Verkehrsminister geantwortet – ich zitiere –:
Es wäre schon komisch gewesen, wenn ich als Bundes tagsabgeordneter in den vergangenen 13 Jahren nicht ge merkt hätte, dass nicht das Land, sondern der Bund da für zuständig ist. Deswegen unternehmen wir in diesem Bereich nichts. Denn das wäre ziemlich dumm.
Ziemlich dumm ist es, jetzt ohne triftigen Grund ein Tempo limit über eine Strecke von 80 km für eine vierjährige Ver suchsphase einzuführen. Das hat nichts mit der Problematik in Geisingen an der A 81 zu tun. Das ist pure Schikane.
Der Verkehrsminister will hier zum Ausdruck bringen, was er vom Straßenverkehr in Baden-Württemberg hält – nämlich überhaupt nichts.
Ein weiteres Beispiel sind die vierjährigen Bemühungen, den Feldversuch Lang-Lkws zu bekämpfen.
Da musste erst der Ministerpräsident kommen und auf ihn ein wirken, damit er nachgegeben und eine wichtige Maßnahme, nämlich den Feldversuch für die Lang-Lkws, auch in BadenWürttemberg zugelassen hat.
Das ist ein schönes Beispiel.
Es wird natürlich immer deutlich, dass der Verkehrsminister einfach seine Schwierigkeiten mit dem Auto, mit dem Stra ßenverkehr hat. Ich darf aus einem Interview zum autonomen Verkehr aus dem „Reutlinger General-Anzeiger“ vom 14. Ap ril 2015 zitieren:
Deswegen werden sich in Zukunft rational denkende Men schen kein Auto mehr kaufen müssen.
Ich habe dennoch eine gewisse Hoffnung, dass wir doch noch zu einer vernünftigen Straßenverkehrspolitik in Baden-Würt temberg kommen. Der Verkehrsminister hat sich jetzt näm lich eine Modelleisenbahn für das Verkehrsministerium zuge legt.
Ich freue mich, Herr Schmiedel, in der Pressemitteilung zu le sen: Neben Zügen und Bahnen sind auch Straßen mit Autos auf dieser Modelleisenbahn.
Das stimmt mich positiv. Dennoch sollte sich unser Verkehrs minister im Bereich der Straßenverkehrspolitik jetzt darum kümmern, was eigentlich in Baden-Württemberg notwendig ist.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verkehrsminister Hermann hat die Verwaltungsstrukturreform 2005 angespro chen. Wir halten es auch für richtig, nach einer solchen Pha se eine Reform zu evaluieren. Es gibt ja viele andere Berei che, in denen wir ebenfalls eine Veränderung, eine Struktur reform hatten. Deswegen ist es auch richtig, das in diesem Be reich durchzuführen.
Aber wenn Sie in den Koalitionsvertrag hineinschreiben, Sie würden es schnellstmöglich untersuchen, und heute sagen – wir entnehmen das Ihrem Interview in der Zeitung –: „Wir ha ben von Anfang an große Defizite gesehen“, dann frage ich mich: Haben Sie nicht in den letzten Jahren die falschen Schwerpunkte gesetzt, wenn Sie schon wussten, dass es De fizite gibt und wo sie sind?
Dann beschäftigen Sie sich offensichtlich mit anderen The men wie Tempolimit und solchen Themen, bei denen man sagt, es wäre sinnvoller, sich auf die wichtigen Themen in der Organisation in Ihrem Ministerium zu konzentrieren.
Sie haben uns gesagt, wir hätten alte Denkweisen, wir seien noch in den Siebzigerjahren. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir vor zwei Jahren mit der „Mobilitätsoffensive Baden-Würt temberg 23“ schon sehr konkret benannt haben, welche Schwer punkte die FDP in Baden-Württemberg sieht. Ich will nur die Stichworte Verkehrsmanagement, Zukunftstechnologien, Mo bilitätsdienste und Logistik erwähnen. Das sind Schwerpunk te, die wir sehen, und da gehören auch die Themen dazu, die die Luftreinhaltung beinhalten. Das vermisse ich. In der ganz heitlichen Betrachtung haben wir das bereits vor zwei Jahren vorgelegt. Da hätten Sie ruhig einmal hineinschauen können; einige Punkte davon hätten Sie auch für Ihre Verkehrspolitik übernehmen können.
Wir sehen in unserem Landtagswahlprogramm eine Impulsof fensive Infrastruktur für den Straßenbau und für den Breit bandausbau vor. Wir wollen dort in den nächsten Jahren 200 Millionen € pro Jahr zusätzlich, also insgesamt 1 Milliarde €, investieren. Das sind konkrete Vorschläge, wie man Verkehrs politik in Baden-Württemberg zukunftsorientiert ausrichtet. Daher braucht man uns, glaube ich, nicht alte Denkweisen vorzuwerfen. Wir haben sehr wohl sehr konkrete Beispiele genannt.
Es bleibt ein Dissens zwischen der SPD und den Grünen.
Das wurde jetzt auch noch einmal durch das Gutachten deut lich.
Ich will bewusst auch noch einmal das Thema Bundesfern straßengesellschaft ansprechen. Es liegt ein Kompromissvor schlag vor. Wir sollten uns wirklich noch einmal offen mit die sem Thema auseinandersetzen. Auch hier vermisse ich die Of fenheit. Man hat Denkblockaden. Wir sollten uns gerade mit diesem Gutachten offen auseinandersetzen.
Schauen Sie sich an, welche Kostenplanabweichungen wir bei Bundesfernstraßenprojekten, aber auch bei Landesstraßen ha ben. Dazu haben wir nämlich auch einen Antrag gestellt. Wenn ich sehe, dass die Kosten für die Maßnahme auf der A 6 zwi schen Sinsheim-Steinsfurt und Bad Rappenau im Jahr 1995 bei 26 Millionen € lagen und in der Kostenfortschreibung 2009 bei 65 Millionen € liegen, dann vermisse ich bei diesem Verkehrsminister auch, sich wirklich einmal konkret um die Themen zu kümmern. Sie kümmern sich dann um Neben kriegsschauplätze – um Citymaut, um Tempo 120 –, und die eigentlich wichtigen Themen vernachlässigen Sie sträflich.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein guter Schluss ziert alles. Danke für die Blumen, lieber Herr Funk.
Minister Gall hat es gesagt: Das Ziel dieses Gesetzes ist eine Verbesserung der Notfallversorgung. Aus eigener langjähri ger Erfahrung als Mitglied im Kreistag und Mitglied im So zialausschuss des Landkreises weiß ich, dass wir eigentlich immer ausschließlich über die Hilfsfristen diskutiert haben. Insofern, denke ich, ist es jetzt sicherlich ein richtiger und wichtiger Schritt, die gesamte Bandbreite und nicht nur die Bewertung, ob 95 % dieser Hilfsfristen erreicht werden, in den Blick zu nehmen. Der Blick muss geweitet und eine um fangreichere Betrachtung vorgenommen werden.
Der Bereichsausschuss als maßgebliches Planungskriterium der Rettungsdienststrukturen in den Land- und Stadtkreisen wird stärker in die Verantwortung genommen. Die Bereichs ausschüsse haben künftig nicht nur die Hilfsfristen, sondern
im Rahmen der Beobachtung und Beratung der Angelegen heiten des Rettungsdienstes sowie bei der Planung den gesam ten Einsatzablauf vom Eingang der Notrufmeldung in der Leitstelle bis zur Übergabe des Patienten an das medizinische Personal im Krankenhaus in den Blick zu nehmen, zu bewer ten und Optimierungspotenziale zu prüfen bzw. zu nutzen, um die einzelnen Teilbereiche des Einsatzablaufs möglichst kurz zu halten.