Protocol of the Session on March 25, 2015

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 124. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Würt temberg.

Keiner von uns kann heute und keiner von uns will heute das parlamentarische Tagwerk geschäftsmäßig beginnen. Wir sind über die Nachricht von dem Flugzeugabsturz in den französi schen Alpen zutiefst erschüttert.

Gestern Vormittag mussten 144 Passagiere und sechs Besat zungsmitglieder auf ihrer Reise von Barcelona nach Düssel dorf ihr Leben lassen. Unter den Opfern sind wohl 67 Deut sche, darunter auch 16 Schüler und zwei Lehrerinnen eines Gymnasiums im westfälischen Haltern.

Wir trauern um alle Opfer. Unser Mitgefühl gilt ihren Fami lien, Freunden und allen, die ihnen nahestanden. Sie tragen in diesen Stunden ein schweres Schicksal, das ihnen niemand abzunehmen vermag. Möge Gott sie auf diesem schwierigen Weg begleiten.

Unsere Gedanken sind ebenso bei den Soldaten der Gendar merie, den Feuerwehrleuten und den Rettungskräften, die rund um den Absturzort in den südostfranzösischen Alpen im Ein satz sind.

Ich bitte Sie, sich zum Gedenken an die Opfer des Flugzeug absturzes von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Ich danke Ihnen.

(Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Wir kommen nun zu den üblichen Bekanntgaben:

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Katrin Schütz, Herrn Abg. Georg Nelius, Herrn Abg. Helmut Rau und Herrn Abg. Peter Schneider erteilt.

Krankgemeldet sind Frau Abg. Charlotte Schneidewind-Hart nagel, Herr Abg. Hans Heribert Blättgen, Herr Abg. Dr. Rein hard Löffler, Herr Abg. Helmut Walter Rüeck und Herr Abg. Willi Stächele.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Frau Vizepräsidentin Brigitte Lösch und Frau Ministerin Bil kay Öney.

Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung des Ministe riums für Finanzen und Wirtschaft vom 18. März 2015 – Vier teljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsaus

gaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Druck sache 6/1993, vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziffer II Nr. 6, und vom 16. Oktober 2014, Drucksachen 15/5376 und 15/5731); Bericht für das Haushaltsjahr 2014 – Drucksache 15/6626. Bei dieser Mitteilung ist keine Aus schussüberweisung vorgesehen. – Sie nehmen von der Mit teilung Kenntnis.

Auf Ihren Tischen finden Sie einen Vorschlag der Fraktion der SPD für Umbesetzungen in verschiedenen Ausschüssen (An lage). – Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbe setzungen zustimmen.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Minister Bonde unterliegt im Kartell verfahren um das Einheitsforstamt – beantragt von der Fraktion der CDU

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Das Wort für die CDU-Fraktion erhält Kollege Dr. Rapp.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige von Ihnen haben sich heute Morgen schon die Frage gestellt, warum ausgerechnet das Nischenthema „Kartellverfahren gegen das Land BadenWürttemberg im Hinblick auf die Forstwirtschaft“ heute auf der Tagesordnung steht, und das auch noch für eine Aktuelle Debatte.

Dies will ich einleitend gern erklären. Es geht um nichts an deres als um den Erhalt einer nachhaltig funktionierenden Forstwirtschaft, die Bedeutung hat für die Natur, für die Res sourcenbereitstellung, für das Klima, für die Ökonomie und für die Struktur, und zwar aller Waldflächen in Baden-Würt temberg in vergleichbarer Qualität, und für alle Waldbesitzer. Es geht um die Struktur der Forstwirtschaft in diesem Land.

Die jüngere Geschichte, insbesondere das Verhalten des zu ständigen Ressortministers im Hinblick auf das Kartellverfah ren, gibt aus unserer Sicht Anlass zur Diskussion. Ich glaube, hier im Parlament, aber auch bei den Waldbesitzern, bei den Gemeinden, bei den Landkreisen, bei den forstlichen Fach

verbänden sowie bei den betroffenen Forstleuten ist es einhel lige Meinung, dass die Forderungen, die das Kartellamt dem Land Baden-Württemberg auferlegt, viel zu weitgehend sind.

Es geht um das Auszeichnen des Holzes als klassische Wald bautätigkeit. Es geht aber auch um hoheitliche Aufgaben, die jetzt in diesem Kartellamtsbeschlussentwurf eigentlich wirt schaftlichen Tätigkeiten zugeordnet werden. Das wiederum ist – wie ich meine, besteht auch hierin Konsens – nicht zwin gend notwendig für das Erreichen des Ziels, den Nadelstamm holzverkauf zu verändern.

Aus diesem Grund ist es auch spannend, wie die Landesregie rung, konkret Minister Bonde, sich für die Forstwirtschaft im Land einsetzt. In Ihrem Koalitionsvertrag gibt es immerhin eine Aussage, wonach Sie die Forstwirtschaft in Baden-Würt temberg aufgabengerecht stärken wollen.

Diese Landesregierung kann also in zwei Handlungsfeldern, zwei Optionsschienen agieren. Zum einen sind dies die direk ten Verhandlungen mit dem Kartellamt. Zum anderen ist es die Vertretung der Interessen des Landes Baden-Württemberg mit Blick auf die Forstwirtschaft beim Bund, und zwar im Hinblick auf die Änderung des Bundeswaldgesetzes. Die Än derung eines Artikels kann dazu führen, dass das Forstamts modell, wie wir es in Baden-Württemberg haben, das Ein heitsforstamt, erhalten bleiben kann.

Zum ersten Punkt: Minister Bonde hat mehrere Monate lang verhandelt. Am Ende dieser Verhandlungen stand eine Ver pflichtungszusage. Als allerdings erneut eine Stellungnahme des Kartellamts vorlag, war auch klar, dass sich inhaltlich nichts geändert hat. Unseres Erachtens ist die entsprechende Eingriffstiefe nach wie vor viel zu hoch. Minister Bonde hat dann die Verpflichtungszusage des Landes, das Entgegenkom men des Landes, wieder zurückgezogen und will nun den Rechtsweg beschreiten.

Erstaunlicherweise ist dies zur gleichen Zeit passiert, zu der sich der Präsident des Kartellamts, Herr Mundt, in Freiburg am Rande einer forstwirtschaftlichen Tagung dahin gehend geäußert hat, dass er durchaus kompromissbereit sei und dass er durchaus auch die Notwendigkeit sehe, hier noch einmal miteinander ins Gespräch zu kommen. Herr Bonde will aber den Rechtsweg beschreiten. Das ist jetzt zwei Monate her.

Seither haben wir darüber, was nun passiert, weder etwas ge hört noch gelesen. Draußen bei den Forstämtern, den Forst leuten, aber auch in den Landkreisen herrscht mittlerweile große Unsicherheit darüber, wohin es gehen soll.

Der zweite Weg besteht in einem Kompromiss. Die forstli chen Fachverbände, aber auch Teile der Politik haben sich um einen Kompromissvorschlag bemüht. Durch eine Änderung eines Artikels im Bundeswaldgesetz könnte erreicht werden, dass der Erhalt der Struktur der Wälder in Baden-Württem berg und in anderen Bundesländern, die in ähnlicher Weise betroffen sind, durchaus möglich wäre.

Das Bundesforstministerium unterstützt diesen Vorschlag. Al lerdings stellt sich erstaunlicherweise das SPD-geführte Bun desumweltministerium quer und will wesentlich mehr ändern. Dies wird sich aber wiederum sehr negativ für viele Waldbe sitzer in Baden-Württemberg, in ganz Deutschland auswir ken.

Jetzt muss man sich die Frage stellen, warum man die Kolle gen von der SPD, die im Land und bei den forstlichen Fach verbänden die Unterstützung zusagen, in Berlin, wenn es zur Nagelprobe kommt, nur von hinten sieht. Vielleicht haben sie auch zu wenig Gewicht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Weil mich das Thema nicht nur als Parlamentarier, sondern auch als Forstwissenschaftler persönlich berührt und betrifft und weil ich auch weiß, welche Bedeutung die Wälder in un serem Land haben, habe ich zusammen mit der Freiburger Re gierungspräsidentin Bärbel Schäfer den Ministerpräsidenten letzten Sommer direkt auf den Lösungsweg einer Änderung des Bundeswaldgesetzes angesprochen und um die Unterstüt zung des Ministerpräsidenten gebeten. Wir haben jetzt März 2015; ich habe bis heute noch keine Antwort.

Erstaunlich ist dies vor allem aus dem Blickwinkel, dass an anderer Stelle von genau den gleichen Akteuren die Beispiel haftigkeit Baden-Württembergs in vielen Themenfeldern im mer besonders hervorgehoben wird. Jetzt nimmt auch die grü ne Partei für sich in Anspruch, Wirtschaftspartei zu sein.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, die Forstwirtschaft hat es ge schafft, Ökonomie, Ökologie und Soziales auf einer Fläche sinnhaft zu vereinen und nach vorn zu tragen, und genau in diesem Themenfeld versagen Sie.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das ma chen wir doch!)

Zum Thema Versagen: Herr Bonde hat verhandelt, und wenn ich Bilanz ziehe, wenn ich zusammenfasse: Das Ergebnis ist null. Hat er ähnlich verhandelt, wie er das bei der Einführung der FSC-Zertifizierung bei den Jägern gemacht hat – um bei den Forstthemen zu bleiben –, oder geht er jetzt auf Tauchsta tion, oder macht er es wie so oft, wenn es kein Wohlfühlthe ma ist? Wegducken. Meine Damen und Herren, das hat das Land nicht verdient, das hat die Forstwirtschaft nicht verdient, und das haben die Forstleute in Baden-Württemberg nicht ver dient.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich weiß auch, Herr Minister Bonde, dass Sie nachher in sal bungsvollen Ausführungen wortreich erklären werden, dass natürlich das Kartellamt allein schuld ist. Sollte das nicht ganz ausreichen, dann bleiben als Schuldige noch Ihre Kollegen in Berlin in den Fachministerien. Aber, Herr Bonde, kehren Sie doch zuerst einmal vor Ihrer eigenen Haustür. Erklären Sie uns z. B. auch einmal, warum denn bisher der Klageweg aus Ihrer Sicht aufgrund großer Haftungsrisiken nicht möglich war, Sie diesen Klageweg jetzt aber einschlagen wollen.

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Dr. Rapp, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Rösler?

Ja, selbstverständlich.

Bitte schön.

Kollege Rapp, gestehen Sie zu, dass bei der Agrarministerkonferenz alle 16 Bundes länder, also selbstverständlich auch Baden-Württemberg mit unserem Minister Bonde, dem Vorschlag, das Bundeswaldge setz entsprechend zu ändern, zugestimmt haben? Da hat sich Baden-Württemberg also sehr wohl bewegt. Stimmen Sie dem zu?

Und zweitens: Was sagen Sie denn dazu, dass es auf Bundes ebene im Augenblick für das Land Baden-Württemberg schwierig ist, zu verhandeln, wenn gleichzeitig ein Gerichts verfahren läuft? Gestehen Sie zu, dass ein Land vorsichtig in seinen öffentlichen Meinungsäußerungen sein sollte, wenn es sich in einem laufenden Kartellverfahren befindet?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist nicht wahr!)

Zur ersten Frage Ja, zu den zwei weiteren Fragen Nein. Ganz einfach: Wie peinlich ist es, wenn der Fachminister es nicht schafft, mit der oberen Fach behörde Kartellamt zu verhandeln und auf einen Konsens zu kommen?