Kristin Brinker

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Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erleben aktuell eine Zeit größter Verunsicherung. Angst bestimmt das Leben vieler Menschen: Angst vor der Zukunft, vor Erkrankung, vor Vereinsamung, vor Arbeitslosigkeit, Existenzangst.
Politik soll und muss den Menschen Mut machen und ihnen die Ängste nehmen, den Menschen Wege und Möglichkeiten aufzeigen, wie auch in schweren Zeiten das Leben in normalen Bahnen weitergehen kann. Politik muss und soll den gesetzlichen Rahmen setzen, in dem sich die Menschen ohne Angst bewegen können, ohne ihre grundgesetzlichen Freiheitsrechte einzuschränken.
Bis heute sind die getroffenen Maßnahmen unausgewogen, unverhältnismäßig und irrational. Es fehlt nach wie vor für die vielen Verbote eine evidenzbasierte Grundlage, ein interdisziplinäres Expertengremium, das nicht nur aus Virologen, sondern auch aus Wissenschaftlern anderer Fachbereiche besteht. Wo ist der Wettbewerb der kritischen Intelligenz?
Mit dem vorliegenden Nachtragshaushalt sollte und müsste in finanzieller Hinsicht die Grundlage für einen
angstfreien Blick in die Zukunft gelegt werden. Das Gegenteil ist leider der Fall. Berlin ist mit diesem zweiten Nachtragshaushalt auf bestem Wege, in eine neue, exorbitante Schuldenfalle zu tappen. Die Aussetzung der Schuldenbremse und die geplante Neuverschuldung Berlins mit nun insgesamt über 7 Milliarden Euro in 2020 sprengen jedes Maß.
Wenn wir haushälterisch in einer Krise gegensteuern wollen, müssen wir zwingend auch in die Zukunft schauen und uns überlegen, welche Lasten wir den zukünftigen Generationen aufbürden. Die finanziellen Folgen der Coronakrise mit hohen Steuerausfällen einerseits und großen Hilfspaketen andererseits werden uns über die kommenden Jahre dauerhaft begleiten. Wir stellen jetzt die Weichen für die finanzielle Tragfähigkeit und Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte in den kommenden Jahren. Leider ist der vorgelegte Nachtragshaushalt alles andere als nachhaltig und auf die Zukunft ausgerichtet, auch wenn insbesondere die Linken an das Schuldenmärchen der „Neuen Monetären Theorie“ glauben.
Es wird seitens der Koalition behauptet, dass man auf Sicht fahre. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie fahren nicht auf Sicht, sondern Sie fahren regelrecht im Blindflug in eine finanzielle Katastrophe.
Warum bewerten wir das so? – Die Coronakrise trifft auf eine verschleppte Euro-, Banken- und Staatschuldenkrise, deren Auswirkungen idealerweise mit der Dauerausrede Corona verschleiert werden.
Was ist die Folge? – Die Märkte werden mit Geld geflutet, immer mehr Staatsanleihen aufgekauft und wir erleben eine Asset-Inflation sondergleichen – also eine Inflation der Vermögenspreise wie Immobilien, Aktienkurse usw.
Für die Herrschaften auf der linken und grünen Seite dieses Saales: Die Immobilienpreise in Berlin sind nicht wegen vermeintlich böser Investoren oder Vermieter gestiegen, sondern aufgrund der desolaten Eurorettungspolitik. Wenn ich die Märkte mit Geld flute, kommt es zwangsläufig zu einem Anlagenotstand und zur Verteuerung der Immobilien. Da können Sie sich noch so oft für den verfassungswidrigen Mietendeckel auf die Schultern klopfen, mehr Wohnungen entstehen in Berlin damit ganz sicher nicht.
Den Fonds für Vorkaufsrechte aufzustocken, geht deshalb an der Realität vorbei. Es geht auch – wie von Herrn Zillich heute schon angesprochen – an der Realität
(Torsten Schneider)
vorbei, eine Vermögensabgabe zu fordern, denn Sie schwächen damit genau diejenigen, die unser Wirtschaftsmotor sind und die Arbeitsplätze schaffen.
Schauen wir uns den Nachtragshaushalt nun genauer an: Wir ermächtigen mit diesem Haushalt den Senat, in diesem Jahr insgesamt 7 Milliarden Euro aufzunehmen und das, obwohl nach wie vor nicht klar ist, wofür genau die Gelder gebraucht werden. Da hilft auch nicht der Umweg über einen sogenannten Investitionsförderfonds oder das Versprechen, nicht verausgabte Schuldengelder in die Tilgung fließen zu lassen. Abgesehen davon kann überhaupt keine Rede von einer relevanten Tilgung sein. Mit dem geplanten Tilgungsplan über 27 Jahre wird Berlin seinen Haushaltsnotstand für die nächsten Jahrzehnte fortführen und sich sämtlicher finanzieller Handlungsspielräume berauben.
In unserem Änderungsantrag zeigen wir auf, was besser zu tun wäre: Die Notsituation nach dem Schuldenbremsengesetz muss zwingend klar definiert werden. Es kann nicht sein, dass einfach ein leichter oder harter Lockdown ausgerufen wird, ohne zu wissen, welche Konsequenzen daraus folgen. Bevor neue Schulden aufgenommen werden, muss definiert werden, wie viel Geld coronabedingt tatsächlich für welchen genauen Zweck benötigt wird. Diese Definition muss zwingend regelmäßig erfolgen, um notfalls weitere Nachtragshaushalte ableiten zu können. Es ist immer besser, mehrere Nachtragshaushalte auf Basis konkreter Finanzplanungen zu beraten, als eine einmalige exorbitante Schuldenexplosion hinzunehmen. Das wäre auch im Sinne einer demokratischen Legitimation.
Wir können uns keinen dauerhaften Lockdown leisten. Wir wissen bis heute über Corona nicht annähernd genug; viele Maßnahmen erscheinen deshalb willkürlich. Wir wissen, dass Corona bei älteren Menschen offenbar gravierendere Folgen hat als bei Jüngeren. Warum wurde darauf bisher nicht politisch annähernd reagiert? Wo sind die Konzepte, insbesondere Alte und Vorerkrankte, also Risikogruppen, zu schützen? Warum wurde die Sommerpause nicht genutzt, um spezifische Konzepte zu erarbeiten und diese jetzt umzusetzen, so wie es offenbar Boris Palmer in Tübingen getan hat? Warum gibt es faktisch ein Berufsverbot für diejenigen Selbstständigen und Unternehmer, die sich alle Mühe gegeben haben, ihre Betriebe mit Schutzmaßnahmen auszustatten? Die vielen Restaurants, Kneipen, Hotels, Theater, Opernhäuser, Konzertsäle, Kosmetikstudios, Fitnessstudios, Saunen usw. – wo und wann wurde nachgewiesen, dass die genannten Unternehmensbereiche jemals als Virenhotspots in Erscheinung getreten sind?
Ist es nicht vielmehr so, dass Hotspots eher im privaten Bereich oder in Alten- und Pflegeheimen zu finden sind? Auf welcher Grundlage werden dann Lockdownentscheidungen getroffen, die zu nachhaltigen Einnahmeausfällen sowohl für die Unternehmer als auch für den Staat führen?
Es ist seit Jahren bekannt, dass die Intensivstationen in den Krankenhäusern einen massiven Personalnotstand haben. Das ist nicht erst seit diesem Jahr so. Müssen deshalb jetzt andere Branchen dafür haften und büßen, dass es die Politik nicht geschafft hat, hier rechtzeitig gegenzusteuern? Politische Versäumnisse im Gesundheitswesen werden jetzt auf die gesamte Bevölkerung zu Lasten der Steuerzahler und zu Lasten der öffentlichen Haushalte abgewälzt.
Und das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht. Das Aussetzen des Insolvenzrechts führt doch dazu, dass wir eine riesige Bugwelle an Insolvenzen vor uns herschieben, die uns spätestens im kommenden Jahr zu überrollen droht.
Alleine die landeseigenen Unternehmen Berlins werden absehbar Hunderte Millionen Euro an Unterstützungsleistungen benötigen. Den Anfang macht bereits die Flughafengesellschaft mit sage und schreibe 550 Millionen Euro nur für 2021. Die BVG braucht vorerst mindestens 190 Millionen Euro; ein Ende ist nicht absehbar. Die Messe Berlin kann nach wie vor kein einträgliches Geschäft vorbereiten und wird auch Millionen benötigen. Das alles muss in die Waagschale über die Entscheidung über den Berliner Landeshaushalt geworfen werden.
Wir müssen uns auch das SIWA ansehen und Projekte, die nicht umgesetzt werden können, rechtzeitig streichen. Mit unserem Änderungsantrag haben wir aufbauend auf den ersten Nachtragshaushalt gezeigt, dass Einsparungen sehr wohl sehr möglich sind, wenn man denn will. Es geht nicht an, dass wir exorbitant teure Wahlgeschenke finanzieren, die wir uns schon jetzt nicht mehr leisten können. Und – ich wiederhole noch mal – das heißt nicht, dass nicht mehr investiert werden kann oder soll. Ganz im Gegenteil: Investitionen sind Konjunkturprogramm.
Allerdings müssen hier die Prioritäten richtig gesetzt werden. Was nützt es uns, wenn wir teure E-Busse kaufen, wir diese aber auf lange Sicht nicht adäquat refinanziert bekommen? Was nützt es, wenn wir nach wie vor nicht wissen, wie hoch der Investitionsstau in Berlin tatsächlich ist und keine Prioritätenliste vorliegt? Es reicht nicht, die Geldschleusen in EZB-Manier zu öffnen und zu schauen, wo was hängenbleibt. Investitionen und Geldströme müssen nachhaltig und seriös geleitet und gelenkt werden. Ohne vernünftige politische Leitplanken ist das schlicht nicht möglich.
Das gilt auch für Vorsorgemaßnahmen: Wenn im vorliegenden Haushalt die Zuführungen an die Pensionsrückstellung aufgehoben werden, verschärft das die zukünftige Haushaltslage Berlins dramatisch. Die aktuell 57 Milliarden Euro Pensionsverpflichtungen des Landes Berlin werden immer mehr zum Damoklesschwert zukünftiger Haushalte. Die Pensionsverpflichtungen sollen bis 2024, also in vier Jahren, auf 68 Milliarden Euro steigen. Keine Rückstellung zu bilden, ist grob fahrlässig und gefährdet die finanzielle Handlungsfähigkeit Berlins. Werden explizite und implizite Schulden mit dem bisher bekannten Investitionsstau addiert, bewegen wir uns schon im dreistelligen Milliardenbereich. Realistisch betrachtet, wäre Berlin damit ein Fall für den Insolvenzverwalter.
Wir nehmen uns mit diesem Nachtragshaushalt die Chance, in Zukunft angemessen auf Notstände finanziell reagieren zu können, wenn wir jetzt derart maßlos agieren. Nehmen Sie sich bitte die Hildesheimer Erklärung des Bundesrechnungshofes und der Landesrechnungshöfe zu Herzen, in der dringend angemahnt wird, wieder auf den Pfad der Konsolidierung zurückzukehren und inhaltliche Prioritäten zu setzen. Wir brauchen Transparenz, Verhältnismäßigkeit und Weitsicht, damit Berlin die aktuelle Krise übersteht. Der vorliegende Nachtragshaushalt bildet das leider nicht ab. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben bereits häufiger in diesem Plenum über die Vorgänge rund um die DIESE eG debattiert, zuletzt zu unserem AfD-Antrag, in dem wir gefordert
hatten, die Geschäfte der DIESE eG auf den Prüfstand zu stellen und mögliche Schäden zu begrenzen.
Zwischenzeitlich haben wir bei allen beteiligten Verwaltungen Akteneinsicht genommen, bei der Senatsverwaltung für Finanzen, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, dem Bezirksamt FriedrichshainKreuzberg und dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg. Jeder, der sich diese Akten vollständig angesehen hat, weiß, welcher Druck seitens der Verantwortlichen der DIESE eG, aber auch aus dem Rathaus FriedrichshainKreuzberg und den Reihen der Grünen auf die Senatsverwaltungen ausgeübt wurde, um die Finanzierungen der Ankäufe irgendwie darzustellen. Ich sage ganz bewusst „irgendwie darzustellen“, denn die Akten strotzen nur so vor Listen mit teils abenteuerlichen Berechnungen zur angeblichen Finanzierbarkeit.
Inzwischen hat auch der Landesrechnungshof die Ausübung der Vorkaufsrechte geprüft und dem Handeln des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg ein katastrophales Zeugnis ausgestellt. Der Rechnungshof schreibt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:
Die Vorkaufsausübungen begründeten eine gesamtschuldnerische Haftung des Bezirks von mehr als 27 Mio. €, die mit einem außerordentlich hohen Eintrittsrisiko behaftet war.
Zitat Ende. – In der Tat sind bereits jetzt Kosten zulasten des Bezirks in Höhe von 270 000 Euro entstanden. Warum sind die Vorgänge rund um die DIESE eG zwingend aufklärungsbedürftig? – Ich kann mich da nur wiederholen: Wir haben es hier mit einer völlig wahnwitzigen Konstruktion zu tun, die am Ende sowohl in einem Desaster für die Mieter und Genossenschaftler enden kann als auch in einer gewaltigen Verschwendung von Steuergeldern.
Warum? – Die Liste der Punkte ist lang: zu hohe Kaufpreise, defizitäre Bewirtschaftung, hoher Instandhaltungsrückstau, kein Eigenkapital, keine gesicherte Finanzierungsbasis und keinerlei Erfahrung in der Bewirtschaftung von Miethäusern sind nur einige der Prämissen der grünen Immobilienträume. Hinzu kommen ein Genossenschaftsvorsitzender, der praktischerweise in einer Genossenschaftsbank arbeitet und dessen Bank erstrangig Hypothekenkredite ausgibt, und ein Senat, der Zuschüsse aus Steuergeldern zu diesem wackligen Immobiliendeal zu geben bereit ist und offenbar IBB-Manager in diesem Zusammenhang von der Haftung freistellen will, weil denen der Deal zu fragwürdig erschien.
Da dieses wacklige Konstrukt zu kippen drohte, wurde kurzerhand eine weitere Genossenschaft hinzugezogen; die sprang für die quasi insolvente DIESE eG ein. Welche Genossenschaft tut so etwas und setzt sich allen genannten Risiken aus? – Aufsichtsratsvorsitzende dieser
(Torsten Schneider)
rettenden Genossenschaft ist wiederum eine ehemalige Baustadträtin der Grünen.
Genau! – Ob deren Genossenschaftsmitglieder mit diesem Deal einverstanden waren, steht in den Sternen. Damit immer noch nicht genug der Story: Trotz aller in Bewegung gesetzter Hebel kann die DIESE eG die Finanzierung nicht stemmen und findet – oh Wunder! – einen Investor für die überlebenswichtige Zwischenfinanzierung. Ausgerechnet dieser Investor plant sowohl in Friedrichhain-Kreuzberg als auch in Schöneberg Großprojekte.
Klingt nach einer – ich sage es mal vorsichtig – interessanten Konstellation. Alles in allem Stoff für einen grün verfilzten Wirtschaftskrimi, nur leider hier in der Realität.
Wenn jetzt die DIESE eG ihren Mietern noch nicht einmal die Miete nach dem Mietendeckelgesetz absenken wollte, beweist das nur eines: Die DIESE eG braucht jeden Cent, um wirtschaftlich überleben zu können. – Ja, die Vorgänge rund um die ausgeübten Vorkäufe und den Erwerb mehrerer Mietobjekte durch die DIESE eG bedürfen dringend der Aufklärung. Grüne Klientelpolitik darf nicht auf die Schultern aller Steuerzahler abgewälzt werden.
Auch wenn die Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode knapp bemessen ist, bedarf es der Trockenlegung dieses grünen Finanzsumpfes. Sowohl Mieter als auch Genossenschaftsmitglieder müssen vor solchen Machenschaften geschützt werden. Die Grünen sollten besser darüber nachdenken, wie man mehr und schneller Wohnungen baut, als Mieter und Genossenschaftsmitglieder mit abenteuerlichen Finanzkonstruktionen in den möglichen Ruin zu stürzen. Deshalb stimmen wir der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Klingen! Wir haben heute die Premiere erlebt. Das erste Mal durfte ein Präsident, respektive eine Präsidentin, hier sprechen und den aktuellen Bericht vorstellen. Am 20. August dieses Jahres haben wir das Rederecht hier beschlossen mit einem Plenarantrag, der ursprünglich auf uns zurückzuführen war. Wir haben nämlich schon im September 2019 das Rederecht hier gefordert. Jetzt ist es durchgeführt und beschlossen.
Der Landesrechnungshof ist ein wichtiges Korrektiv hinsichtlich der Bewertung und Beurteilung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Berlin. Welche Bedeutung dem Rechnungshof zukommt, beweist der vorliegende Jahresbericht. An dieser Stelle gilt auch unser Dank den Mitarbeitern des Rechnungshofs für ihre in der Tat in schwierigen Zeiten geleistete Arbeit.
Kommen wir jetzt aber zum Bericht bzw. zu einer kurzen Antwort auf den Kollegen Heinemann, der der Meinung ist, dass der Rechnungshofbericht dicker wäre, wenn die Opposition in der Verantwortung wäre. Da muss ich Sie enttäuschen, Herr Heinemann. So würde es nicht sein, denn wir würden keine Schuldenorgie veranstalten, sondern würden mit Augenmaß und Vernunft auch notwendige Investitionen einführen, was bei Ihnen offenbar nicht funktioniert.
Jetzt aber zum Bericht: Der Rechnungshof hat sich dezidiert zu den finanzpolitischen Maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise geäußert. Über die Kritik am Umgang mit der Schuldenbremse haben wir hier schon häufiger debattiert. Wir sind dem Rechnungshof sehr dankbar, dass er ebenso wie wir als AfD-Fraktion die Schuldenbremse lieber in der Verfassung verankert hätte denn als einfaches Recht in der Landeshaushaltsordnung.
Der derzeitige Umgang mit der Schuldenbremse wird zu Recht vom Rechnungshof kritisiert. Die Kritikpunkte im Einzelnen: Erstens gibt es keine ausreichende Trennung zwischen konjunkturbedingter Kreditaufnahme und dem Finanzbedarf in einer Notsituation. Zweitens erfolgt eine Feststellung der außergewöhnlichen Notsituationen ohne zeitliche Begrenzung und ohne Jährlichkeit. Drittens entspricht die Neuverschuldung über 6 Milliarden Euro 15 Prozent des gesamten Haushaltsvolumens und das ohne konkrete Verwendungsangaben. Viertens wird eine Rücklage ohne Bezug für coronabedingte Ausgaben gebildet. Fünftens gibt es mit 27 Jahren einen viel zu langen Tilgungszeitraum der Neuverschuldung. Sechstens fehlt eine Grenze zwischen Schulden des Kernhaushalts und der Extrahaushalte.
In diesem Zusammenhang wird zu Recht auf den sehr hohen Schuldenstand Berlins im Vergleich zu den anderen Bundesländern hingewiesen und darauf, dass Berlin noch nie höhere Schulden hatte als aktuell. Der Höchststand von 2011 wird mit der aktuellen Neuverschuldung überschritten. Bemerkenswert ist der Schuldenvergleich zwischen Hamburg und Berlin. Aus jedem Blickwinkel auch unter Berücksichtigung der Extrahaushalte und landeseigenen Unternehmen ist der Schuldenstand Berlins deutlich höher als der in Hamburg. Das sollte uns allen eine Warnung sein.
Der nächste Punkt ist der Umgang mit SIWA, dem Sondervermögen für Investitionen in die wachsende Stadt, in das über 4 Milliarden Euro eingestellt wurden. In Zeiten von Haushaltsüberschüssen war SIWA ein durchaus probates Mittel, Investitionsgelder wie in einer überdimensionalen Spardose zu parken. Wir wissen alle, dass die Gelder zum großen Teil nicht zeitnah abgerufen
(Sven Heinemann)
werden. Besonders zu danken ist dem Rechnungshof, der in seinem Bericht auf die fehlerhafte Berichterstattung, inkonsistente Daten und erheblich verzögerte Planvorlagen verweist. Alles in allem ist es sinnvoll, über eine Auflösung des SIWA und seine Überführung in den Kernhaushalt zu debattieren. Es wäre zumindest ein Schritt in Richtung Transparenz.
Kommen wir jetzt zu einzelnen Prüfungsfeldern, die aus unserer Sicht relevant sind, gravierende Strukturprobleme offenlegen und vor allem die derzeit wichtigsten Themenfelder ansprechen, wie Schulbauoffensive, IT-Sicherheit, Öffentlicher Gesundheitsdienst, die Wahrnehmung von Vorkaufsrechten und die Beauftragung externer Berater. Die Schulbauoffensive ist hier schon angesprochen worden. Wir alle wissen, 5,5 Milliarden Euro reichen nicht aus. Wir reden inzwischen von Dimensionen von mindestens 11 Milliarden Euro. Warum gibt es diesen Kostensprung? Es gibt ihn, weil die Baubedarfe nur oberflächlich ermittelt wurden, keine systematische Klärung von Bedarfen, Zielen und vor allem Prioritäten stattgefunden hat. Genau das ist das Problem, das wir seit Jahren sehen. Ohne klare Bestandsanalyse des gesamten Investitionsbedarfs ist schlicht keine Priorisierung möglich. So gut die Idee der Schulbauoffensive grundsätzlich ist, ist deren Umsetzung mehr als zweifelhaft.
Vergleichbares gilt für die überprüfte IT-Sicherheit in der Berliner Verwaltung. Wir alle kennen Emotet, das Virus, dass das Kammergericht lahmgelegt hat. Vom Rechnungshof wurde aktuell das Bezirksamt Mitte und die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft geprüft mit dem Ergebnis: fehlerhafte IT-Konzepte, fehlerhafte IT-Sicherheitskonzepte und ein fehlendes ITNotfallmanagement. Der Angriff auf das Kammergericht sollte allen öffentlichen Stellen eine Warnung sein. Wenn wir gerade jetzt verstärkt digitale Mittel für Kommunikation nutzen wollen, müssen alle Verwaltungsebenen auch sensibilisiert werden.
Der nächste Punkt betrifft die Kritik am öffentlichen Gesundheitsdienst und zwar genau an der fehlenden Planung und Steuerung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, des fehlenden Berichtswesens und der daraus resultierenden nicht vorhandenen Datenlage. Wenn der Rechnungshof das am Beispiel der Ersthausbesuche als Kinderschutzmaßnahme darlegt, stellt sich schon die Frage, warum zum Beispiel gerade beim Kinderschutz nicht auf ein verbindliches System Wert gelegt wird. Gerade in der aktuellen Zeit kommt dem ÖGD eine besondere Aufgabe zu, die er nur erfüllen kann, wenn klare Handlungsanweisungen vorliegen, ein erheblicher Missstand, der dank des Rechnungshofs endlich klar aufgedeckt und formuliert wurde.
Jetzt kommen wir zum Lieblingsbeispiel, das gerade schon der Kollege Evers angesprochen hat, das Thema Vorkaufsrecht und das bezirkliche Finanzharakiri von
Friedrichshain-Kreuzberg beim Erwerb diverser Mietshäuser durch die DIESE eG dank tatkräftiger Unterstützung des grünen Baustadtrats. Der finanzielle Schaden ist bereits eingetreten und liegt bei ca. 270 000 Euro zulasten des Bezirkes. Ich danke an dieser Stelle vor allem dem Rechnungshof für die sehr schnelle Umsetzung der Prüfung und der sehr schnellen Aufnahme des Sachverhalts in den vorliegenden Bericht.
Steuergeldverschwendung ist kein Kavaliersdelikt, das sollte klar sein, auch wenn Steuergeldverschwendung nach wie vor nicht strafbar ist, solange Vorsatz nicht nachgewiesen werden kann. Aber Amtshaftung ist hier das Stichwort. Um die sollte es gehen, und die sollte eingeführt werden, damit wir endlich Steuergeldverschwendung auch zu einem Straftatbestand machen können.
Wenn Fernsehmagazine und Publikationen aller Art aktuell über den Bezirk Spandau berichten, verheißt das nichts Gutes, geht es doch um die Beauftragung einer Beraterfirma ohne Ausschreibung, die eine kostengünstigere Reinigung von Schulgebäuden eruieren sollte. Wenn diese Firma dann zu dem durchschlagenden Ergebnis kommt, dass statt an fünf Tagen nur noch an vier Tagen pro Woche gereinigt werden soll und dafür ca. 680 000 Euro kassiert, wünscht sich wahrscheinlich jeder hier im Saal, einen solchen Auftrag jemals zu bekommen. Ein Paradebeispiel der Steuergeldverschwendung.
Dem Rechnungshof sei gedankt für die intensive und erfolgreiche Prüfungstätigkeit. Dem Senat und Rot-RotGrün sei geraten, die Mahnungen des Rechnungshofes ernst zu nehmen und endlich den Worten Taten folgen zu lassen. Berlin darf nicht wieder in die schlimmen Zeiten des hausgemachten Finanznotstandes zurückfallen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die 2009 im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ersetzte den damaligen Artikel 115 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz der Bundesrepublik zur Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Bereits 2007 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass sich das bisherige Regelungskonzept als nicht wirksam erwiesen hatte, und der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums kam 2008 zu folgendem Ergebnis – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
Das Bundesverfassungsgericht hat … den Finger in eine offene Wunde gelegt: Seit Langem legen Politiker die im Grundgesetz und in den Länderverfassungen enthaltenen Regeln und Begrenzungen der Verschuldung so extensiv wie möglich
aus, weil sich Vorschläge für zusätzliche Ausgaben politisch leichter durchsetzen lassen, wenn zur Finanzierung Kredite aufgenommen werden können und daher weder eine Kürzung anderer Ausgaben noch Steuererhöhungen in Erwägung gezogen werden müssen.
Hier lohnt ein Rückblick in die Entstehungsgeschichte: Berlin musste damals den Haushaltsnotstand ausrufen. Strukturelle Defizite und ganz besonders die Auswirkungen des Berliner Bankenskandals hatten dramatische und bis heute spürbare Folgen für Berlin. Berlin erhielt – im Gegensatz zu Griechenland 2010 – keinen Bail-out, also keine Rettungsgelder vom Bund. Das damalige Berliner Haushaltsdesaster hatte sich schon Jahre zuvor angekündigt. Zunächst wagte es die Berliner Politik nicht, die strukturellen Defizite im Zuge der Wiedervereinigung anzugehen und häufte stattdessen enorme, nicht tragfähige Schulden an. Das führte dazu, dass Berlin bereits im Jahr 2003 seine erste Finanzkrise erlebte und durch Ausrufung der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts schmerzhafte Einschnitte vermeiden wollte. Ziel war es, den finanziellen Problemen weiterhin durch immer höhere Schulden auszuweichen.
Dem machte nun das Landesverfassungsgericht einen Strich durch die Rechnung. Der Berliner Haushalt 2002/2003 wurde als verfassungswidrig deklariert. Die damaligen Haushaltsgesetzgeber hatten für beide Jahre eine Neuverschuldung geplant, die deutlich über den veranschlagten Investitionen lag. Das war damals nur erlaubt, wenn eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts für ganz Deutschland vorlag, nicht nur isoliert für ein Bundesland. Die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts zeigte die konzeptionellen Schwächen dieses unbestimmten Rechtsbegriffs auf. Auf Basis des neuen Konzeptes der automatischen Stabilisatoren entstand dann die Schuldenbremse. In Berlin blieb besagter Artikel 87 Abs. 2 Satz 2 Verfassung von Berlin trotzdem als totes Recht in der Landesverfassung enthalten.
Wir, die AfD-Fraktion, hatten uns intensiv in die Ausarbeitung der Berliner Schuldenbremse eingebracht, die Streichung toter Paragrafen aber dem Senat überlassen. Rot-Rot-Grün hat trotz Mahnungen des Landesrechnungshofes die Schuldenbremse nicht in der Verfassung verankert und deshalb offenbar vergessen, den toten Artikel aus der Verfassung zu streichen. Rot-Rot-Grün begründete nun aktuell die Feststellung der außergewöhnlichen Notsituation im Zuge des Coronanachtragshaushalts mit dem § 2 des Berliner Schuldenbremsegesetzes als auch mit dem Vorliegen der Voraussetzungen dieses toten Paragrafen – Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nach Berliner Landesverfassung. Laut Rechnungshof widersprechen sich diese Regelungen. Es braucht also dringend eine rechtshygienisch saubere Landesverfassung. Besonders nach der neuesten Finanzplanung muss aktuell möglicherweise mit jährlich bis zu 2 Milliarden Euro strukturellen Defiziten in den nächsten
(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)
Jahren kalkuliert werden. Wir stehen, ausgelöst durch die unverhältnismäßigen Lockdown-Maßnahmen, vor dramatischen Zeiten. Die Verlockungen der Politik sind größer denn je, alle Probleme über neue Schulden zu lösen. Das zeigt auch der aktuelle Bundeshaushaltsentwurf, der nach Einschätzung der AfD bereits verfassungswidrig ist.
Gerade jetzt brauchen wir eine starke Schuldenbremse, die in Krisenzeiten eine sinnvolle und tragfähige Neuverschuldung mit angemessenen Tilgungsplänen zulässt, aber in konjunkturellen Hochphasen auch Schuldentilgung und Reserveaufbau einfordert – das, was wir seit Jahren in Berlin anmahnen.
Wir können und sollten uns nicht noch eine Verwirrung durch Bezug auf tote Paragrafen leisten, wie es bereits einmütig im Hauptausschuss besprochen wurde. Deswegen sollten wir diesen formalen Akt der Streichung endlich nachholen und bitten um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Kollege Heinemann, ich musste mich jetzt doch noch mal melden, weil Sie gerade behauptet haben, dass wir nur sparen wollen und keine Einsparvorschläge gebracht haben. Ich bitte Sie inständig, sich noch einmal zurückzuerinnern: Vor der Sommerpause, das ist wahrlich nicht lange her, haben wir Ihnen eine dicke Einsparliste – die ist jederzeit nachzu
lesen –, über sage und schreibe 3,5 Milliarden Euro vorgelegt und haben nachgewiesen, dass es sehr wohl möglich ist, gerade bei ideologisch orientierten Projekten zu sparen und Investitionen sinnvoll für die Zukunft Berlins einzusetzen.
Insofern bitte ich das noch einmal nachzulesen, damit Sie etwas lernen können. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Klingen! Uns liegt heute ein Antrag vor, der getarnt zwischen diversen Genderismen im Gesetz über den Rechnungshof von Berlin folgende Passage enthält. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
… der Präsident des Rechnungshofs erhält zum Jahresbericht des Rechnungshofs im Abgeordnetenhaus das Wort; das Nähere wird durch die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin geregelt.
Dieser Satz lässt sich so interpretieren, dass der Rechnungshof künftig seinen Jahresbericht im Plenum vortragen darf. Damit wäre auch ein Teil der Forderungen aus unserem AfD-Antrag – Gesetz zur Stärkung der Rechte des Rechnungshofs von Berlin –, Drucksache18/2161 umgesetzt. Darin haben wir bereits im September 2019 gefordert, dass, ich zitiere,
… der Rechnungshof zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit seiner Aufgabenerfüllung stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an das Abgeordnetenhaus oder einen seiner Ausschüsse, den Senat, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten …
kann und der Rechnungshof berechtigt sei, vor dem Parlament oder dem betreffenden Ausschuss hierzu zu reden.
Der Antrag von Rot-Rot-Grün ist bei näherer Betrachtung sehr vage, sodass sich das Ganze auch noch als Nebelkerze erweisen könnte, denn das Nähere soll noch durch die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin geregelt werden. Bis wann und wie konkret – dazu kein Wort; alles kann, nichts muss. Ausgerechnet in Coronazeiten, wo ein besonders kritischer Blick auf die Umtriebe von Rot-Rot-Grün gelegt werden müsste, gibt es Zuckerbrot und Peitsche für den Rechnungshof. Aber: Hoffen wir das Beste!
Lassen Sie mich noch kurz etwas zu den vielen Genderismen im Antrag sagen. Das den bisher männlichen Formen auch ein weibliches Pendant hinzugefügt wird – geschenkt. Skurril wird es allerdings in § 6 – Ernennung; Vereidigung. Da wird aus einem „freien Bewerber“ für eine Mitgliedschaft im Rechnungshof kurzerhand „ freie Bewerbende“. Mit Verlaub: In der deutschen Sprache gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen einem Bewerber und einem Bewerbenden. Der Bewerber bewirbt sich selbst, der Bewerbende bewirbt etwas, also eine Sache.
(Dr. Manuela Schmidt)
Schlimm genug, wenn sich Ihre geliebten Genderismen zur sprachlichen Stolperfalle entwickeln, wie es vor geraumer Zeit auch Frau Baerbock von den Grünen gelungen ist. Sie deklinierte in einer Fernsehsendung den Bund der Steuerzahler als „Bund der Steuer*innenzahler“. Frau Will begnügte sich wenigstens noch mit dem „Bund der Steuerzahler/-innen“.
Hören Sie endlich auf mit diesem Neusprech à la Orwell! Konzentrieren Sie sich auf die wirklich relevanten Themen,
und setzen Sie das Rederecht des Landesrechnungshofs im Parlament schnellstmöglich in die Tat um! Wir werden dem Antrag auf jeden Fall zustimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Ich frage den Senat: Wie erklärt der Senat den Berlinern, dass es für die Bürger derzeit wieder zu einer schweren Geduldsprobe wird, wenn nicht zu einem Ding der Unmöglichkeit, einen Termin bei einem Bürgeramt zu erhaschen?
Vielen Dank! – Das Bezirksamt CharlottenburgWilmersdorf erklärt laut einem Artikel der „B.Z.“, dass nur wenige Termine vergeben werden, um die Einhaltung der Coronaabstandsregelungen in den Warteräumen zu gewährleisten. Warum werden hierfür nicht andere Maßnahmen ergriffen, beispielsweise die Regulierung der Besucherzahlen durch Sicherheitsdienste, wie es in den Geschäften längst Praxis und üblich ist?
Vielen Dank! – Was können Sie denn den Bürgern mitteilen, wann die Bürgerämter tatsächlich wieder voll einsatzfähig sein werden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schneider! Ihr flammendes Plädoyer für quasi unendliche Schulden sollten Sie vielleicht auch mal dahin gehend überdenken, wie hoch unsere Pro-Kopf-Verschuldung ist. Die Debatte hatten wir schon mal kurz im Hauptausschuss. Die Pro-KopfVerschuldung Berlins wird durch Ihre Art der Politik wieder in exorbitante Höhen getrieben. Da sieht der Ländervergleich, den Sie hier so schön gezeichnet haben, schon wieder ganz anders aus. – Das nur zu Beginn!
Es ist mittlerweile eingetreten, wovor das ifo-Institut vor drei Monaten gewarnt hat. Der aus unserer Sicht zu weit gehende Shutdown hat mittlerweile einen volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe angerichtet. Deutschland hat infolgedessen über 7 Millionen Kurzarbeiter, millionenfache Arbeitslosigkeit droht, und das, obwohl die Ansteckungsrate laut offizieller Statistik seit 21. März, also zwei Tage vor Ausrufung des Lockdowns, bereits unter dem R-Wert eins lag.
Weder hat es der Senat geschafft, ein interdisziplinäres Expertengremium einzusetzen, noch gab es einen Wettbewerb kritischer Intelligenz, wie von Mathias Döpfner zu Beginn der Coronakrise angemahnt. Wie u. a. die unsägliche Studie zur Corona-Ansteckungsgefahr von Kindern des Herrn Virologen Drosten zeigt, wäre dies bitter nötig, um von einer allzu einseitigen Betrachtungsweise Abstand zu bekommen. „Bild“-Chef Julian Reichelt hat in einem bemerkenswerten Kommentar konstatiert – ich wiederhole es aus meiner letzten Rede und zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
Unsere Wirtschaft ist schon jetzt so massiv und teilweise irreparabel geschädigt, dass unsere Regierung sich kaum noch erlauben kann, zuzugeben, in ihrer Schärfe überzogen zu haben.
Die Experten müssen Recht behalten, weil sie nicht falsch liegen dürfen. … Deswegen erleben wir zunehmend Sturheit, Starrsinn und Rechthaberei …
Genau das ist leider auch in der Fiskal- und Geldpolitik zu beobachten. Die beste Hilfe gegen die aktuellen wirtschaftlichen Ungleichgewichte wäre, wie von der AfDBundestagsfraktion schon gefordert, den Shutdown sofort zu beenden und vor allem den willkürlichen Flickenteppich in Deutschland hinsichtlich Verboten, Geboten und Vorschriften endlich zu beseitigen.
(Torsten Schneider)
Das wäre vernunftgeprägte Politik im Sinne der Bürger. Die Coronakrise wird dagegen zunehmend zur Umsetzung aller in sozialistischen Kreisen kursierenden geld- und fiskalpolitischen Utopien missbraucht.
So ist es, meine Herrschaften von links! – Ich nenne nur einige: erstens die New-Modern-Money-Theory, zweitens das Helikoptergeld, drittens die Einführung von direkten oder indirekten Eurobonds, viertens die Aufweichung des ESM, fünftens der verstärkte Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen,
sechstens die anhaltend negativen Zinsen und siebtens die schleichende Abschaffung des Bargeldes usw. Ich möchte auch Sie, Herr Schneider, daran erinnern, dass die aktuelle Coronakrise auf eine bisher ungelöste europäische Banken-, Staatsschulden- und Eurokrise trifft.
Genau das ist das Problem, es droht nämlich ein Abdriften der EU-Mitgliedsländer, insbesondere der Eurostaaten, in griechische Verhältnisse. Ausgerechnet das strukturschwache, vom Länderfinanzausgleich abhängige Berlin ist auf dem besten Wege dahin. Die Bundesregierung hat sich gestern auf konjunkturstützende Maßnahmen in Höhe von 130 Milliarden Euro geeinigt –
Nein, danke! –, wohlgemerkt zusätzlich zum 750-Milliarden-Euro-Programm der EU-Kommission, zusätzlich zum bisherigen Bundesnachtragshaushalt von 156 Milliarden Euro, zusätzlich zu den Darlehensermächtigungen der KfW. Da diese Gelder auch zur Unterstützung von Kommunen geplant sind, dürfte Berlin natürlich etwas vom großen Kuchen abbekommen. Der Journalist Gabor Steingart kommt zu folgendem Schluss – ich zitiere –:
Das sind die größten Ausgabenprogramme der europäischen Geschichte – für die es gleichwohl keinerlei parlamentarische Vorbereitung, keine Expertenanhörung und keine Alternativplanung gibt. … Diese Rettungspolitik trägt aufreizend autoritäre Züge.
Der Berliner Senat setzt sich im Überbietungswettbewerb als Trittbrettfahrer der Europleiteländer an die Spitze der Bewegung und lässt aktuell jede Haushaltsdisziplin fah
ren, und das entgegen dem Rat des eigenen Finanzsenators.
Kurzfristige Wahlgeschenke gehen offensichtlich vor strategische Haushaltsdisziplin. Erstens: Senator Kollatz forderte zaghafte Einsparungen im Haushalt. Rot-RotGrün will nicht sparen, sondern hebelt Berlin wieder in Richtung Spitzenreiter in Sachen Pro-Kopf-Verschuldung.
Zweitens: Senator Kollatz forderte, mit der Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation gemäß Berliner Schuldenbremsengesetz bis zur Steuerschätzung im September zu warten. Sehr vernünftig! R2G will stattdessen einen Blankoscheck neuer Schulden von 6 Milliarden Euro in die Hand bekommen.
Drittens: Senator Kollatz forderte außerdem für die Nettoneuverschuldung einen Tilgungsplan von maximal zehn Jahren. Nun sollen es nach Rot-Rot-Grün 27 Jahre werden. Was passiert eigentlich, wenn die Zinsen wieder steigen? – Gute Frage! Wer hat die Antwort?
Enteignungen über direkte und indirekte Vermögensabgaben und insbesondere die Monetarisierung der Staatsschulden durch die Notenpresse der EZB scheinen die große Hoffnung von Rot-Rot-Grün zu sein. EZB-Präsidentin Lagarde, ehemals französische Finanzministerin, soll es nun richten, und Ursula von der Leyen und Frau Merkel helfen dabei kräftig mit. Dabei wird eine Frage nicht gestellt: Wer soll das bitte alles, die milliardenschweren Konjunkturprogramme, die exorbitante Neuverschuldung, irgendwann mal bezahlen? Welche Lasten übergeben wir den nachfolgenden Generationen? Wo bleiben denn unsere Freitagsschulschwänzer? – Offenbar ist es einfacher, über das vermeintlich böse Kohlendioxid zu fabulieren, als auszurechnen, mit welcher Schuldenlast sie irgendwann zu kämpfen haben.
Es ist richtig, dass wir massiv investieren müssen und unterlassene Investitionen auch eine Art von Schulden sind. Wir wissen aber auch, dass seit Jahren bereitgestellte Mittel nicht adäquat investiert werden. Um diese Art der impliziten Schulden bewältigen zu können, müsste der Senat endlich den gesamten Erhaltungs- und Investitionsbedarf der öffentlichen Finanzwirtschaft Berlins ermitteln, um endlich priorisieren zu können. Dazu wäre die Doppik, wie in Hamburg bereits angewandt, extrem hilfreich. Beides verweigert Rot-Rot-Grün seit Jahren konsequent. Liebe Kollegen von Rot-Rot-Grün! Sie brauchen den Berliner Haushalt nicht zu ruinieren. Folgen Sie einfach unseren Streichungsvorschlägen!
Und wir könnten trotz künstlich verlängerter Coronakrise Berlin auf einen guten Weg bringen. Die Liste liegt üb
rigens draußen vor der Tür aus. Sie können sie sich gerne abholen und durchlesen.
Die AfD-Fraktion hat, ohne schmerzhafte Einschnitte vornehmen zu müssen, eine Streichungsliste zusammengestellt. Wir kommen auf ein Einsparungspotenzial von über 3,5 Milliarden Euro. Wie geht das? – Einfach das ideologisch aufgeladene Gerümpel von Rot-Rot-Grün über Bord werfen, Haushaltsdisziplin walten lassen, und schon kann das Haushaltsschiff auch den Coronasturm überstehen.
Für Konjunkturprogramme ist bekanntlich der Bund zuständig, und coronabedingte Schulden sind aus unserer Sicht in maximal zehn Jahren zurückzuzahlen. Die Leistungsträger der Gesellschaft, die das alles bezahlen müssen, sind nicht noch stärker zu belasten. Wie gesagt, unsere Einsparungsliste können Sie ganz in Ruhe durchsehen, ich will darauf gar nicht im Detail eingehen.
Dem Senat darf auf keinen Fall ein Schuldenblankoscheck ausgestellt werden. Es ist zunächst die Steuerschätzung im September 2020 abzuwarten, um den endgültigen Neuverschuldungsbedarf in Verbindung mit den realisierbaren Einsparungen zu ermitteln. Insbesondere unsere sozialistisch geprägten Altparteien neigen dazu, sich kurzfristige Wahlerfolge durch langfristige Schulden zu erkaufen.
Die Folge sind meist Überschuldungskrisen mit einer Verzögerung von 10 Jahren. Wie das Beispiel des Berliner Finanznotstands der Zweitausenderjahre und die Finanznotlage Griechenlands in den ZweitausendzehnerJahren zeigen. Das darf sich nicht wiederholen.
Wir brauchen Transparenz, Verhältnismäßigkeit und Weitsicht, ansonsten kann Berlin nicht von der Armuts- zur Hauptstadt des Wohlstands werden. – Vielen Dank!
[Beifall bei der AfD –
Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) –
Vielen Dank! – Wir wissen aus der aktuellen Berichterstattung, dass der zweite Nachtragshaushalt einen Umfang von 5 bis 6 Milliarden Euro haben wird. Ich frage den Senat: Welche Ergebnisse wurden gestern beim Spitzentreffen der Koalition mit dem Finanzsenator hinsichtlich Neuverschuldung und Haushaltskürzungen im Zuge der Coronakrise erzielt?
Vielen Dank! – Nun wissen wir ja, dass im Senat und in der Koalition durchaus unterschiedliche Auffassungen über die Größenordnungen der Neuverschuldung und Einsparmaßnahmen bestehen. Deshalb meine Frage an den Senat: Welche personellen Konsequenzen stehen denn im Senat zur Diskussion, wenn es dabei bleibt, dass der Finanzsenator mit seinen aus unserer Sicht teilweise vernünftigen Vorschlägen zum Thema keine Mehrheit in der Koalition findet?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie unschwer ersichtlich, haben wir es hier mit einem Stapel unterschiedlichster Gesetze zu tun. Erstens: Die Änderungen des Kindertagesfördergesetzes und der entsprechenden Verordnungen sind natürlich unterstützenswert. Sie bieten endlich Lösungen für lange bekannte Probleme. Hielte sich Berlin nicht an den Vertrag mit dem Bund zum Gute-Kita-Gesetz, insbesondere zur Verbesserung des Leitungsschlüssels, wären Nachverhandlungen mit dem Bund fällig. Das kann keiner wollen.
Zweitens: Die Verlängerung des Einlösezeitraums für Kitagutscheine ist ebenso eine Maßnahme, die unterstützenswert ist. Gleiches gilt für zusätzliche Anleitungsstunden in der Ausbildung.
Drittens geht es um die Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes, auch das war schon bei meinen Vorrednern ausführlich Thema. Die Einführung der Hauptstadtzulage, um die weitere Abwanderung von Personal von Landes- zu Bundesbehörden, und damit das Ausbluten unserer Verwaltung zu verhindern, haben wir immer unterstützt. Keine Frage! Allerdings ist die staatliche Lenkung via kostenlosem ÖPNV-Ticket für Beamte aus unserer Sicht unnötig und kaschiert nur das Loch, das Rot-Rot-Grün bei der BVG für unnötige, anderweitige Wahlgeschenke aufgerissen hat.
Das ist aus unserer Sicht klassische Gießkannenpolitik.
Wer mit mit Graffiti vollgeschmierten U-Bahnen zur Arbeit fahren will, tut dies auch ohne dieses finanzielle Anstupsen.
Herr Schneider! Dass ich Sie so schnell nervös mache, das finde ich ja interessant!
Nächstes Thema: Die Zulagen für Brennpunktschulen hören sich erst einmal gut und richtig an, schaut man sich aber den Themenkomplex näher an, stellt man schnell fest, dass hier Symptom- und Ursachenbekämpfung vertauscht werden. Es ist ja noch nicht einmal klar, was eine Schule zu einer Brennpunktschule qualifiziert. Ab wie viel Gewalt an einer Schule wird diese zu einer Brennpunktschule? – Ohne die seit Jahren verfehlte Bildungs- und Einwanderungspolitik, die an den Realitäten der Menschen vorbeigehen, gäbe es keine derartigen Brennpunkte.
Mit der Vermittlung von Selbstdisziplin, Fähigkeiten und Gemeinschaftssinn brennen auch Lehrer an Schulen in sozial schwachen Gegenden nicht aus. Lehrer sollten eigentlich zu Motivatoren ihrer Schüler werden, stattdessen müssen sie selbst mit einer Schmerzenszulage motiviert werden. Verkehrte Welt, meine Damen und Herren!
Ähnlich ist es bei den Punkten 4 und 5, dem Straßenreinigungs- und dem Berliner Betriebe-Gesetz gelagert: wieder eine Verkennung der Realitäten und falsche Schwerpunktsetzung. Der allseits betreuende und überwachende Nannystaat will, dass Hundebesitzer auf Anforderung des Ordnungsamtes ihr Schäufelchen und ihr Tütchen für den mitzunehmenden Hundekot vorweisen. Was soll das? – Gibt es nicht schon genug Gesetze, deren Einhaltung kaum überprüft werden kann? Jetzt noch eines? – Solange der Senat nicht in der Lage ist, bestehendes Recht tatsächlich durchzusetzen bzw. es einfach nicht tut, sollte er sich mit neuen, weiteren Gesetzes zurückhalten. Außerdem sollte der Senat zuerst dafür sorgen, dass Hundehalter ihre vollen Beutelchen auch entsorgen können. Nicht umsonst – das hat Frau Klein auch gesagt – liegen überall verknotete Tütchen in den Büschen. Es fehlen Mülleimer, vor allem in den Parks, ganz einfache graue und grüne Tonnen würden reichen, genauso wie spezielle Behälter für Grillasche und benutzte Einweggrills.
Die Reinigung der Parks, Grün- und Waldflächen soll jetzt sukzessive von der BSR übernommen werden. Aus unserer Sicht ist das ein weiterer Schritt in Richtung Staatswirtschaft, da der BSR damit hoheitliche Aufgaben übertragen werden.
(Hendrikje Klein)
Sie stellt dafür letztlich keine separate Rechnung, sondern wird grundsätzlich von der Allgemeinheit bezahlt. Wohin solcher Staatsmonopolismus führt, sehen wir bei der Flughafengesellschaft – siehe heute die Aktuelle Stunde. Kostendisziplin spielt keine Rolle, der Steuerzahler wird es schon übernehmen.
FBB meine ich.
Jetzt zum Punkt 6: Die vorher beschriebene Kurzsichtigkeit des Gesetzgebers erleben wir auch gegenwärtig bei der Debatte um die Haushaltsdisziplin im Rahmen der Coronafolgekosten. Sparsamer Umgang mit Steuergeld und Schuldendisziplin sind für Rot-Rot-Grün und selbst die FDP offenbar Teufelszeug. Wie in den Neunzigerjahren sollen alle Probleme durch höhere Verschuldung in die Zukunft geschoben werden, bis es in zehn Jahren oder früher wieder zum großen Knall kommt. – Deutlicher Ausdruck dieser unverantwortlichen Vorgehensweise ist die Streichung der Aufstockung der Versorgungsrücklage um 63 Millionen Euro. So werden explizite durch implizite Schulden kaschiert.
Der wichtigste Schritt, um die sich anbahnende Schuldenpandemie der öffentlichen Haushalte nicht noch gefährlicher werden zu lassen, ist die sofortige Beendigung des Shutdowns. Ansonsten brauchen wir uns in einigen Monaten nicht mehr über Ordnungswidrigkeiten von Hundehaltern zu unterhalten, weil dann ganz andere Probleme auf der Tagesordnung stehen.
Alles in allem sind wir gespannt auf die Debatte. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist richtig, dass die beschlossene Neuregelung der Grundsteuer weder zu Steuererhöhungen führen darf noch dazu, dass bestimmte Gruppen von Immobiliennutzern unverhältnismäßig belastet werden. Das würde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen.
Zum Thema Grundsteuer sind aber noch weitere Aspekte zu berücksichtigen, die in dem vorliegenden Antrag aus unserer Sicht fehlen. Der Bund der Steuerzahler hat vor wenigen Tagen einen Wohnnebenkostenvergleich veröffentlicht, also einen Vergleich der sogenannten zweiten Miete. Deutschlandweiter Spitzenreiter ist Westberlin. Das heißt, Mieter im Westteil der Stadt zahlen die höchsten Nebenkosten in ganz Deutschland. Sie sind im Vergleich zur günstigsten Stadt Mainz um sage und schreibe mehr als 60 Prozent höher.
Einer der größten Kostentreiber dieser zweiten Miete ist hier in Berlin die Grundsteuer. Wir haben in der zurückliegenden Bundestagsdebatte zur Reform der Grundsteuer immer deutlich gemacht, dass wir eine vollständige Abschaffung der Grundsteuer präferieren, und haben dies auch gefordert.
Wir haben in der damaligen Debatte ebenso einen Gegenfinanzierungsvorschlag unterbreitet. Wenn wir uns nun aber über die aktuelle Umsetzung des beschlossenen Bundesgesetzes auf Landesebene unterhalten, sollte klar sein, dass sich der Finanzsenator an seinen Worten wird messen lassen müssen. In den zurückliegenden Debatten zur Grundsteuer wurde von ihm immer deutlich gesagt, dass er an einem aufkommensneutralen Modell arbeite, das heißt, keine in Summe höheren Steuereinnahmen aus der Grundsteuer für Berlin als bisher. Wir gehen davon aus, dass auch die Koalition hier im Haus diesen Gedanken mitträgt und nicht auf die fatale Idee kommt, die aktuellen coronabedingten Steuerausfälle mit abenteuerlichen Grundsteuerrechenmodellen kompensieren zu wollen.
Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU! Wenn Sie im vorliegenden Antrag ausführen, dass eine gesetzliche Regelung her muss, die einseitige Belastungsverschiebungen verhindern soll, dann frage ich mich: Wo ist denn der konkrete Vorschlag der CDU zu genau diesem Gesetz? Warum finden wir hier keine durchdachte und nachvollziehbare Ausführung? Alles in allem, mit Verlaub, ein Schaufensterantrag der CDU.
(Christian Gräff)
Natürlich ist die Intention des Antrags richtig, Eigentümer von selbstgenutztem Wohneigentum zu schützen bzw. gegenüber Mietern auch nicht zu benachteiligen. Selbstgenutztes Wohneigentum ist nicht nur eine direkte Art der Altersvorsorge, sondern dient auch dem individuellen persönlichen Vermögensaufbau. Die extrem geringe Eigentumsquote in Berlin ist beredtes Beispiel dafür, dass es hier auf keinen Fall zu exorbitanten Steigerungen und Ungleichbehandlungen kommen darf.
Allerdings gibt es in Berlin die Besonderheit des teilungsbedingten Ost-West-Gefälles bei der Berechnung der Grundsteuer. Das führt dazu, dass im Ostteil der Stadt bisher eine deutlich geringere Grundsteuer zu zahlen ist als im Westteil. Wenn also Mehrbelastungen für Steuerzahler vermieden werden sollen, dann wäre das nur über ein Grundsteuerbemessungssystem möglich, welches das Westniveau auf das Ostniveau senken würde. Dazu ließe sich die wertunabhängige Einfachgrundsteuer, die nur die Gebäude- und Grundstücksfläche einbezieht, verwenden. Das wiederum hätte erhebliche Steuermindereinnahmen zur Folge, die insbesondere auch vor dem Hintergrund der Coronakrise gegenfinanziert werden müssten. Wir sehen, alles in allem ein Antrag, der gut gemeint, aber viel zu wenig durchdacht ist. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir freuen uns ja immer über kreativ-pfiffige Vorschläge, die den Menschen das Leben leichter und die Welt gerechter machen. Das belebt den Ideenwettbewerb, aber dennoch sollten die Ideen zumindest ein Antragsstadium erreicht haben, bevor sie im Plenarbüro abgegeben werden. Der hier vorgelegte Antrag hat dieses Stadium definitiv nicht erreicht.
Schauen wir uns mal genauer an, was die hippe Start-upFDP sich da so ausgedacht hat: Zunächst einmal weist die Begrifflichkeit „Betriebseinnahmen“ darauf hin, dass wir uns im Einkommensteuerrecht befinden. Es ist zu vermuten, dass sich der Begriff „Vorjahresgewinn“ ebenfalls auf die steuerbilanzielle Ebene bezieht. So weit, so unklar formuliert! Handwerklich unsauber ist der Antrag aber auch dahingehend, dass hier bundesrechtliche Themen betroffen sind wie zum Beispiel das Einkommensteuergesetz, das wir auf Landesebene gar nicht ändern können. Außerdem ist unklar, ob sich Ihre Forderung nach Einstellung aller bisher bestehenden direkten Zahlungen zur Bekämpfung der finanziellen Folgen der Coronakrise nur auf Zuschüsse oder auch auf Darlehen bezieht.
Würde man dem vorliegenden FDP-Vorschlag folgen, würden abenteuerliche Summen in Milliardenhöhe für den Steuerzahler herauskommen. Die Unternehmen erhielten quasi eine kostenlose Umsatzausfallversicherung bzw. auch Sachschadenversicherung für den Pandemiefall, also etwas, was Versicherungen gar nicht anbieten, da es sich versicherungsmathematisch gar nicht abdecken lässt.
Schauen wir uns das jetzt mal genauer an: Der Gesamtumsatz der Berliner Unternehmen betrug 2018 laut Statista 256 Milliarden Euro. Ein Zwölftel des Vorjahresumsatzes der Berliner Unternehmen betrüge damit ca. 21 Milliarden Euro. Würde man nur mit 25 Prozent der Unternehmen kalkulieren, die das Hilfsprogramm in
(Harald Gindra)
Anspruch nehmen, müsste das Land Berlin monatlich 5 Milliarden Euro vorschießen.
Je nach weiterer Dauer und Intensität des Shutdowns in Berlin und darüber hinaus kann sich das Haushaltsdefizit schnell von 5 auf 10, auf 20 oder 40 Milliarden Euro erhöhen – verdoppeln, verdreifachen, was auch immer. Eine Vollkaskoversicherung für alle Unternehmen, eine Null-Risiko-Gesellschaft oder besser gesagt: Staatssozialismus meets Staatskapitalismus! – Die Sozialisten fordern bedingungsloses Grundeinkommen, und die Liberalen setzen nun einen drauf und fordern sogar bedingungsloses Volleinkommen für alle auf Staatskosten.
Am Ende würde da nur die totale Notenpresse helfen, und alles versinkt in Inflation. Bei allem Verständnis, aber das kann wahrlich nicht der Weg sein. Im Übrigen lädt dieses Modell geradezu zum Missbrauch ein, da nur auf erfolgswirksame Vorgänge in der Periode 2020, also in diesem Jahr, abgestellt wird. Ohne Vermögensbetrachtung ließe sich diese sogenannte Umsatzersatzleistung relativ einfach legal mitnehmen oder in Vollzuschüsse umwandeln. Wie? – Ganz einfach, die Gewinnabschöpfung wird durch vorgezogenen Aufwand, nicht zu aktivierende Beratungsleistungen oder Großeinkauf von geringwertigen Wirtschaftsgütern ausgehebelt – Tische, Stühle, Smartphones. Ganz schlaue Unternehmen könnten die Sachen im Folgejahr sogar gewinnbringend verkaufen.
Vielleicht steckt hinter dem Antrag der FDP aber auch ein geheimer Plan, um die Flughafengesellschaft doch noch vor der Insolvenz zu retten und damit Rot-Rot-Grün und der CDU wegen ihres jahrelangen Missmanagements aus der Patsche zu helfen.
Ganz einfach: 90 Prozent Umsatzeinbußen der Flughafengesellschaft durch Direktüberweisung des Staates ausgleichen, dann die milliardenschweren Fehlinvestitionen am BER wahrheitsgetreu außerplanmäßig abschreiben, und fertig ist die Sanierung auf Staatskosten. Dann, liebe FDP, bitte aber auch als Gegenleistung Tegel dauerhaft offen halten!
Die beste Lösung ist noch immer Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung. Die Unternehmer sind in der Lage, selbst einzuschätzen, wie sie ihr Unternehmen auch in Coronazeiten durch die Krise führen. Ein Ende des Shutdowns ist die beste Medizin für Unternehmen und Selbstständige. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Schneider! Ich erkläre Ihnen gerne gleich in meiner Rede, worum es in dem Antrag geht, aber ganz ehrlich: Eigentlich erwarte ich, dass Sie als parlamentarischer Geschäftsführer zumindest wissen, was wir heute hier behandeln und besprechen, und dass Sie zumindest auch mal die Anträge lesen.
Wenn man den Antrag der CDU gelesen hat, hat man zumindest mal eine Idee bekommen, worum es möglicherweise gehen kann.
So, jetzt starte ich aber erst mal: Schon wieder müssen wir uns berechtigterweise mit seltsamen Vorgängen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg befassen. Waren es bisher völlig überteuerte Vorkäufe der DIESE eG und Merkwürdigkeiten rund um die private Stadtbodenstiftung, in denen der Stadtaktivist und Beamte auf Zeit Florian Schmidt eine tragende Rolle spielt, haben wir jetzt die nächste Verstrickung namens Projekt LokalBau. Den Zuschlag zum bezirklich ausgeschriebenen Projekt bekam eine Firma namens „studio adhoc“. Ziel des Projektes soll eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung sein.
Man würde meinen, dass entsprechende Büros sich bewerben und den Zuschlag bekommen würden, die sich mit den Themen Stadtentwicklung, Bauen, Bodenpolitik auskennen und eine entsprechende Expertise haben. Dem ist im Fall der Firma „studio adhoc“ offenbar nicht so. Die bisherigen Projekte der Firma waren, man höre: Fotodesign, Grafiken, Plakate, Logos usw.
Keine Zwischenfrage bitte! – Man stelle sich also vor: Diese Firma, die bisher nie etwas mit Stadtentwicklung zu tun hatte, soll in Zukunft im Auftrag des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg Stadtentwicklungs- und Bodenpolitik organisieren. – Was soll das?
Guckt man sich an, wer denn Verantwortlicher der beauftragten Firma „studio adhoc“ ist, findet sich ein Herr Magnus Hengge, der sich gleichermaßen wie Herr Schmidt als Stadtaktivist sieht, studierter Designer ist und namentlich in den einschlägig bekannten Initiativen, die sich dem vermeintlichen Gemeinwohl verschrieben haben wollen, auftaucht.
Ich nenne nur die Initiative „Deutsche Wohnen enteignen!“, Stadtbodenstiftung usw. Die persönlichen Verbindungen zwischen Schmidt und Hengge sind offensichtlich. Es riecht förmlich nach Filz und gegenseitiger Versorgung mit auf Zielpersonen zugeschnittenen Aufträgen.
Ich erinnere an dieser Stelle an den bekannten SPD-Filz bei SPI, AWO und Co. speziell in den Neunzigerjahren. Man kann gerne auch noch weiter zurückgehen in der Geschichte, in die Achtzigerjahre mit der Antes-Affäre, damals ein Desaster für die CDU. Jeweils immer unter anderen politischen Farben!
Können wir uns bitte auf den Antrag konzentrieren und über den Sachverhalt sprechen? Sie haben sich vorhin beschwert, Herr Schneider, jetzt kommen wir mal bitte zum Thema zurück.
Offenbar soll Berlin die Hauptstadt von Filz und Korruption bleiben, dieses Mal aber unter grüner Flagge. Die Grünen hatten auch ausreichend Zeit, von ihren Vorgängern zu lernen. Es sollte in der Tat dringend mindestens von der Bezirksaufsicht geprüft werden, erstens, wie die Vergabe erfolgt ist, zweitens, wie und von wem die Leistungsfähigkeit des Büros überprüft wurde, und drittens, welche Referenzen das Büro „studio adhoc“ vorgelegt hat.
In meiner Plenarrede am 16. Januar 2020 zu den Vorgängen rund um die DIESE eG habe ich bereits ausgeführt, dass die Machenschaften um Baustadtrat Schmidt wie ein grüner Klüngel mit ausgeprägtem Hang zum FinanzHarakiri wirken, für das am Ende Mieter und Steuerzahler haften müssen.
Im aktuellen Fall dürfen ebenfalls wieder die Steuerzahler für den grünen Filz im Bezirk tief in die Tasche greifen. Aufgabe des Senats ist es, diesem unseriösen Treiben ein Ende zu setzen. Deswegen sind sämtliche Verwaltungsvorgänge zur Auftragsvergabe zu prüfen. Insofern stimmen wir dem Antrag der CDU zu. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit März 2020 ist nichts mehr, wie es war. Corona regiert Berlin, Deutschland und die Welt. Niemand bleibt verschont. In Berlin werden wichtige Entscheidungen zur Aufhebung von Kontaktverboten und Öffnungen von Gastronomie und Dienstleistungsbetrieben leider Woche für Woche aufgeschoben, obwohl die
Ansteckungsrate laut offizieller Statistik seit 21. März – also zwei Tage vor Ausrufung des Lockdowns – unter 1 liegt. Hätte sich der Senat einem Wettbewerb kritischer Intelligenz geöffnet und sich von einem interdisziplinären Expertengremium beraten lassen, wäre den politischen Entscheidern dieser höchst kritische Umstand vermutlich früher aufgefallen. Leider fehlt es uns nach wie vor an der nötigen Transparenz, Verhältnismäßigkeit und Weitsicht.
Wozu führt das? – Wir steuern geradewegs in eine Wirtschafts- und Finanzkrise, deren Ausmaß sich heute noch gar nicht abschätzen lässt. Eines ist aber jetzt schon sicher: Viele Betriebe und Unternehmen stehen branchenweit vor dem Aus. „Bild“-Chef Julian Reichelt konstatiert dazu in einem Kommentar – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
Unsere Wirtschaft ist schon jetzt so massiv und teilweise irreparabel geschädigt, dass unsere Regierung sich kaum noch erlauben kann, zuzugeben, in ihrer Schärfe überzogen zu haben. Die Experten müssen Recht behalten, weil sie nicht falsch liegen dürfen. … Deswegen erleben wir zunehmend Sturheit, Starrsinn und Rechthaberei
Zitat Ende.
Dieser Kommentar drückt das ganze Dilemma der politischen Entscheidungsträger aus. Je länger der Shutdown anhält, umso gravierender werden die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen sein, umso entscheidender ist aber auch ein sorgsamer Umgang mit Steuergeldern.
Ins nicht mehr Tragfähige ausufern würden die Schuldenlasten, folgten wir zum Beispiel der Forderung der Senatsmitglieder Dr. Lederer und Dr. Kollatz, die die Einführung von Eurobonds propagieren. – Mit Verlaub: Wer sich für eine europäische Transfer-, Haftungs-, und Schuldenunion einsetzt, setzt sich gegen ein stabiles Geldsystem und gegen die Achtung der Souveränität der EU-Mitgliedsstaaten ein. Er fordert letztlich die Missachtung des Prinzips der Eigenverantwortlichkeit und der Subsidiarität. Deutschland ist jetzt schon größter Nettozahler der EU – reicht das nicht schon?
Wir erleben gerade eine beispiellose Einschränkung unserer Freiheitsrechte. Seriöse Wissenschaftler und freiheitsorientierte Politiker, die aktuelle Zahlen hinterfragen oder sich erlauben, an den politischen Coronamaßnahmen Kritik zu äußern, werden als „enthemmt“ diffamiert. Enthemmt sind aber diejenigen, die unter dem Deckmantel der Coronakrise die Umsetzung ihrer sozialistischen Utopien vorantreiben und die jeden, der noch den Mut zur Wahrheit hat, als Nazi oder Verschwörungstheoretiker verunglimpfen.
(Steffen Zillich)
Unsere freiheitlich demokratische Grundordnung ist nicht verhandelbar. Dazu gehören auch eine stabile Geldordnung sowie nachhaltig tragfähige Staatshaushalte.
Nicht der Steuerzahler, dem der wirtschaftliche Ruin droht und der anfängt, kritische Fragen zu stellen, hat sich zu rechtfertigen, sondern der Staat, die Politik hat eine Bringschuld zur Rechtfertigung aktueller Entscheidungen.
All das spiegelt sich auch im vorliegenden Nachtragshaushalt wider. Wir möchten eine Transparenztabelle vom Senat vorgelegt bekommen, aus der klare Zahlen, Daten und Fakten herauszulesen sind. Wir hoffen, diese in der nächsten Hauptausschusssitzung vorliegen zu haben. Im vorliegenden ersten Nachtragshaushalt sind im Wesentlichen die bereits im März beschlossenen Kosten für medizinische Beschaffungen, das 1000-BettenCoronabehandlungszentrum und die ökonomischen Sofortmaßnahmen zur Abfederung des Shutdowns abgebildet.
Diesen Maßnahmen hatten wir im Vorfeld im Grundsatz zugestimmt mit der Maßgabe, jede einzelne Maßnahme regelmäßig zu überprüfen und zeitlich zu begrenzen. Wir waren uns in der Tat parteiübergreifend einig: Soforthilfen mussten schnellstmöglich auf den Weg gebracht und die vom Senat prognostizierten Versorgungsengpässe bei medizinisch-technischem Equipment mussten beseitigt werden. Es bleibt aber zu klären, warum überhaupt so wenige Materialien vorrätig waren und wie sich die Vorratshaltung in Zukunft gestalten sollte.
Nun zu den Details des Nachtragshaushalts. Erstens: Aus den ursprünglich 700 Millionen Euro für Soforthilfe II sind mittlerweile laut Antwort auf meine schriftliche Anfrage 1,7 Milliarden Euro geworden; der Finanzsenator hat sie mir auch noch mal erläutert. Insgesamt wurden 210 000 Anträge gestellt, davon 200 000 bewilligt. Durchschnittlich bekam jeder Antragsteller 8 560 Euro.
Mittlerweile mehren sich leider die Informationen zu erheblichem Missbrauch. Laut „Tagesspiegel“ sollen mindestens 250 Anträge zu einschlägig bekannten Clanadressen geführt haben. Die Wahrscheinlichkeit ist mehr als groß, dass diese unberechtigt Soforthilfe kassiert haben.
Danke, ich möchte lieber ausführen. – Es ist davon auszugehen, dass die bisher bekannten Fälle nur die Spitze
des Eisbergs sind. Wie wir alle wissen, fanden leider keinerlei Plausibilitätsprüfungen statt, nicht einmal stichprobenhaft. Das ist purer Leichtsinn – Leichtsinn im Umgang mit Steuergeldern.
Zweitens: Für die Beschaffung von medizinischem Material sind bereits über 50 Millionen Euro bewilligt. Beim Einkauf – das hat der Kollege Goiny auch schon feststellen müssen – kam es offenbar zu erheblichen Problemen im Umgang mit „seriösen“ Anbietern und Lieferanten. Von zuständigen Senatsstellen wurde an den Bund verwiesen, der Bund wiederum verwies an den Senat. Hier scheint die rechte Hand nicht zu wissen, was die linke tut und umgekehrt – auch leider keine Ruhmesblatt für den Senat.
Drittens: Schon jetzt ist zweifelhaft, ob das 100 Millionen Euro teure Coronabehandlungszentrum in der Jafféstraße tatsächlich gebraucht wird. Offenbar ist nur ein Bruchteil der Intensivstationsbetten in Berlin mit Covid-19Patienten belegt. Es stehen jede Menge Krankenhauskapazitäten zur Verfügung, Krankenhausmitarbeitern droht mittlerweile sogar Kurzarbeit. Ein völlig unverständlicher Vorgang.
Viertens dürfte das Geld zur Sicherung der Liquidität der landeseigenen Unternehmen bei Weitem nicht reichen. Alleine die Flughafengesellschaft wurde gestern mit einem Fehlbetrag von bis zu 1,8 Milliarden Euro zum akuten Sanierungsfall erklärt. Charité und Vivantes haben mit erheblichen Umsatzeinbußen zu kämpfen, ebenfalls die Bäder-Betriebe, die Kultureinrichtungen und so weiter.
Schlussendlich – fünftens – fordert der Senat quasi einen Blankoscheck über 100 Millionen Euro für die Coronapandemiebekämpfung ohne nähere Spezifizierung. Auch das sehen wir extrem kritisch.
Die Gegenfinanzierung kommt in der Tat vom Bund mit 2,6 Milliarden Euro, aber das dicke Ende kommt noch. Wie erwartet prognostizierte die Bundesregierung gestern einen katastrophalen Wirtschaftseinbruch von über 6 Prozent für dieses Jahr. Um die erheblichen Steuereinnahmeausfälle und Ausgabensteigerungen ausgleichen zu können, dürfte der Senat den Notfallmodus der Berliner Schuldenbremse auslösen und die zukünftigen Haushaltsdefizite durch neue Schulden finanzieren. Der Berliner Haushalt steht damit zukünftig, wie befürchtet, auf extrem wackligen Füßen. Früher als gedacht bricht damit die rot-rot-grüne Mogelpackung in sich zusammen. – Hätten Sie bei den Haushaltsberatungen der letzten Jahre auf die AfD gehört und in guten Zeiten mehr Gelder zurückgelegt und die strukturellen Ausgaben nicht für teure Wahlgeschenke um Milliarden aufgebläht, stünde Berlin jetzt besser da.
Es ist richtig, dass die mittelständischen Unternehmen Hilfe brauchen. Die beste Hilfe ist die Hilfe zur Eigenverantwortung. Lassen Sie den Handel, die Dienstleistungsbetriebe, die verantwortlichen Unternehmer ihre Geschäfte öffnen. Diese Unternehmer sind in der Lage, selber einzuschätzen, wie sie mit der Coronakrise und dem Schutz ihrer Kunden und Gäste umgehen können. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir befinden uns in einer historischen Ausnahmesituation. Wie es dazu kommen konnte, wird noch aufzuarbeiten sein. Nach allem, was wir bisher hören, plant der Berliner Senat, mit einem Nachtragshaushaltsvolumen von ca. 2,6 Milliarden Euro sowohl die medizinischen Kosten als auch die ökonomischen Kosten des Shutdowns abzufedern. Im Grundsatz haben wir den ersten Hilfsmaßnahmen zugestimmt, um die Soforthilfen schnellstmöglich auf den Weg zu bringen und die Versorgungsengpässe bei dem medizinisch-technischen
Equipment und den entsprechenden Materialien zu beseitigen. Allerdings darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Coronakrise auf eine verschleppte Euro-, Banken- und Staatsschuldenkrise in Europa trifft.
Dadurch wird die Gesamtlage zusätzlich verschärft und erst recht explosiv. Nach den Berechnungen des ifo Instituts erreichen die Kosten des coronabedingten Shutdowns für ganz Deutschland bei einer Dauer von ca. zwei Monaten bis zu knapp 500 Milliarden Euro und bei drei Monaten bis zu 730 Milliarden Euro, was einem Wachstumsverlust von 10 bis 20 Prozent entsprechen würde. Zudem könnten bis zu 1,8 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze wegfallen sowie mehr als 6 Millionen Arbeitnehmer in der Kurzarbeit landen.
Was bedeutet das für uns? – Der bereits vorerkrankte Patient, unsere Volkswirtschaft, liegt nun wegen Corona auf der Intensivstation. Jeder Tag, jede Woche zählt. Das ist wichtig zu verstehen, um die Angemessenheit der wirtschaftlichen und fiskalischen Maßnahmen richtig bewerten zu können, denn: Die Medizin darf nicht gefährlicher sein als die Krankheit. Inzwischen mehren sich Stimmen, die zunehmend die Frage nach der Verhältnismäßigkeit sowie die Systemfrage stellen. Darunter sind Persönlichkeiten wie Clemens Fuest, Thomas Straubhaar oder Daniel Stelter, um nur einige zu nennen.
Der der Kanzlerin nahestehende Vorstandsvorsitzende des Springer-Verlags, Herr Döpfner, geht noch weiter. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
… wir begehen … Selbstmord aus Angst vor dem Sterben.
Und:
Wir brauchen keine zentralstaatliche Propaganda, sondern einen Wettbewerb kritischer Intelligenz.
Das ist zwar hart formuliert, aber richtig im Denkansatz.
Sehr geehrte Senatsmitglieder! Lassen Sie diesen Wettbewerb kritischer Intelligenz zu! Lassen Sie sich von einem Expertengremium beraten, das nicht nur aus Virologen und Medizinern besteht, sondern auch aus Ökonomen, Finanzwissenschaftlern, Zukunftsforschern! Überprüfen Sie sämtliche Coronamaßnahmen wöchentlich auf ihre Sinnhaftigkeit, Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit! Sämtliche Sondermaßnahmen müssen temporär befristet werden. Verstehen Sie diese Krise auch als Chance! Nutzen Sie den Shutdown, um leerstehende öffentliche Gebäude wie Kitas, Schulen, Universitäten, Theater zu sanieren und baulich zu ertüchtigen! Helfen Sie damit gleichzeitig der Berliner Bauwirtschaft!
Ja, das ist auch eine Forderung der CDU, aber wir sehen es genauso; wir erweitern es sogar – wir denken sogar an die Theater, stellen Sie sich vor, Herr Schneider. – Verkürzen Sie zwingend umständliche und zeitraubende Ausschreibungsverfahren auf die wirklich wesentlichen Rahmenbedingungen!
Bauen Sie auch in Ihrem eigenen Interesse bürokratische Hürden und Investitionshemmnisse ab, und vor allem: Legen Sie uns und den Berlinern eine Strategie für den Ausstieg aus dem Shutdown vor! Denn was hilft es uns und den Menschen, wenn wir am Ende des Jahres eine Gesellschaft vorfinden, die verarmt ist und deren Mortalitätsrate aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Situation höher ist als jemals zuvor?
Jan Fleischhauer warnte am vergangenen Sonntag und schrieb, dass – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
Auch die Politik der Epidemiologie produziert Tote. Man sieht diese Toten nur nicht gleich.
Der Absturz einer Gesellschaft führt erst in die kollektive Verarmung und treibt dann die Sterblichkeit nach oben. – Zitat Ende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wägen Sie sorgfältig ab! Lassen Sie den systemrelevanten Wettbewerb kritischer Intelligenz zu! Es gilt das Gebot der Verhältnismäßigkeit, damit wir unsere freiheitliche Grundordnung nicht auf dem Altar der Panik opfern. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich begrüßt die AfD-Fraktion Initiativen, die die Möglichkeiten der direkten Demokratie nutzen, ausdrücklich. Mehr direkte Demokratie ist auch uns ein wesentliches programmatisches Anliegen. Deshalb hat unsere Fraktion auch der Initiative „Bucht für alle“, die die notwendigen Unterschriften gesammelt hat, in der Anhörung aufmerksam zugehört und ihr Anliegen interessiert zur Kenntnis genommen.