Birgit Monteiro

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts des Antrags der Piraten unternahm ich den Versuch, mich auf der Homepage der BVG zum Sachstand kundig zu machen. Die BVG schreibt dort zur Barrierefreiheit der Straßenbahnen, dass das Ersetzen der alten Fahrzeuge durch die neuen zu Betriebskostensenkungen sowie zu einer wesentlichen Steigerung der Attraktivität für die Fahrgäste führe und mittelfristig eine hundertprozentige Barrierefreiheit im Straßenbahnnetz Berlins herstelle.
Zwei Dinge finde ich an dieser Aussage bemerkenswert. Erstens: Maßnahmen für Barrierefreiheit und zugleich Kostensenkungen sind möglich. Das Beispiel sollte Schule machen.
Zweitens: Es besteht eine Unklarheit darüber, was der Begriff „barrierefrei“ eigentlich bedeutet. Die begriffliche Unklarheit verwundert mich, ist Barrierefreiheit doch in § 4 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen folgendermaßen definiert:
Barrierefrei sind bauliche uns sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Leider können Blinde, Sehschwache und Analphabeten bisher Busse und Straßenbahnen nicht ohne fremde Hilfe nutzen, bzw. wird für sie jede Fahrt zu einer Fahrt ins Unbekannte. Diese Beschreibung ist nicht übertrieben, angesichts von 1 000 Fällen von betrieblichen Anweisungen zur Veränderung der Linienführung pro Jahr. Herr Spies hat schon darauf hingewiesen sowie auf die Anfrage der Piraten. Ursachen hierfür sind Sport- und Großveranstaltungen, Straßenfeste, Bauarbeiten, Maßnahmen aufgrund extern bedingter Umleitungen. Diese Veränderung der Linienführungen dauert manchmal nur ein paar Tage, manchmal ganze Monate und betrifft jeweils eine Vielzahl von Haltestellen.
Laut BVG haben alle Straßenbahnen Außenlautsprecher, die manuell durch das Fahrpersonal bedient werden können. Die BVG erklärt dazu, dass das Fahrpersonal bei der Straßenbahn angewiesen ist, bei Erkennbarkeit von sehschwachen oder blinden Fahrgästen an den Haltestellen
(Alexander Spies)
der Straßenbahnen, Linie und Ziel über Mikrofon anzusagen. Wie erkennt ein Straßenbahnfahrer einen sehschwachen Fahrgast und wie einen Analphabeten? Das weckt bei mir traurige Erinnerungen an die Debatte über Selbstbestimmung und das sogenannte Bedarfskneeling. Die rund 1 300 Busse der BVG haben bisher keine Außenlautsprecher. Hier wird der Handlungsbedarf besonders deutlich.
Spätestens seit 1992 und den Leitlinien zum Ausbau Berlins als behindertengerechte Stadt arbeiten wir uns an dem Thema Außenansagen von Fahrziel und Liniennummer ab. Der Antrag der Piraten nimmt nun noch einmal die alte und sehr berechtigte Forderung des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins Berlin auf. Vielen Dank dafür!
Für die weitere Diskussion des Antrags in den Fachausschüssen möchte ich uns drei Aspekte mit auf den Weg geben. Wir als Parlament sollten der BVG sehr genaue Vorgaben machen, was sie wann und wie mit wem erprobt und uns die Frage beantworten, ob die weitere Erprobung von sprechenden Haltestellen noch sinnvoll ist. Ich bin da eher bei Herrn Spies und seinem Pilotprojekt zur Erprobung von sprechenden Bussen und Straßenbahnen.
Ich könnte mir zweitens vorstellen, dass wir uns in einer Anhörung zum Thema Erfahrungsberichte aus Kassel, Gera, Erfurt, München, Schwerin und Hannover anhören, die offensichtlich das Problem rund um den § 33 StVO gelöst haben und auch die Frage der Finanzierung.
Damit bin ich beim dritten und letzten Hinweis für heute. Eine Beschlussfassung im Sinne einer Einführung sprechender Busse und Straßenbahnen bedarf einer Verankerung im nächsten Haushaltsplan. – Vielen Dank!
Manche Wege sind lang. Manche Wege sind Irrwege. Und manchmal ist der Weg wegen parkender Fahrzeuge oder nicht beräumten Schnees nicht befahrbar. Wir wollen unser Ziel des barrierefreien öffentlichen Personennahverkehrs trotz aller Schwierigkeiten erreichen. Dabei helfen Erinnerungen, denn Erinnerungen funktionieren wie Rampen, sie verbinden die Vergangenheit mit dem Heute und helfen dort, wo Denk- oder reale Barrieren verhindern, das Fahrtziel zu erreichen. Erinnern wir uns also gemeinsam: Im Jahr 1992 wurden die behindertenpolitischen Leitlinien des Senats verabschiedet. In ihnen sind zwei Einstiegsmöglichkeiten für Rollstuhlfahrer in den rollstuhlgerechten Niederflur-Eindeckerbussen festgeschrieben, eine an der Vordertür und eine zusätzliche Rampe an der Mitteltür. An der Vordertür war damals noch eine Hubplattform vorgesehen, die sich als sehr störanfällig erwies, weshalb sie ab Mitte 1996 aus der Ausrüstungsliste, dem sog. Pflichtenheft, entfernt und stattdessen eine manuelle Klapprampe an der ersten und auch an der zweiten Tür aufgenommen wurde.
(Alexander Spies)
Diese Grundsatzentscheidung wurde in „15 Jahre Leitlinien zum Ausbau Berlins als behindertengerechte Stadt“ 2007 und in den Eckpunkten für den Nahverkehrsplan 2010-2014 fortgeschrieben. Im Nahverkehrsplan 20102014 heißt es außerdem:
Das Thema Barrierefreiheit ist ein Querschnittsthema. Alle diesbezüglichen Maßnahmen und Standards des NVP 2010-2014 werden mit dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung und den Behindertenverbänden abgestimmt.
Zu dieser Abstimmung dient u. a. die „AG Bauen und Verkehr – barrierefrei –„ in der Senatsverwaltung für Verkehr. Hier wurde im April 2011 durch die BVG angekündigt, bei der nächsten Ausschreibung für neue Busse die vordere Rampe nicht mehr ins Pflichtenheft aufnehmen zu wollen. Die Begründung lautete, damit gebe es drei Sitzplätze mehr, die besonders mobilitätseingeschränkten Fahrgästen zugutekämen, die gerne vorne säßen. Es gab sofort Widerspruch der Betroffenen. Zeitgleich mit der Ankündigung der Abschaffung der zweiten Rampe wurde das automatische Kneeling in Frage gestellt. Die Vertreter der Menschen mit Behinderten hatten also zur gleichen Zeit zwei Abwehrkämpfe zu bestehen, um Verschlechterungen des Istzustandes zu verhindern. Wie beim Kneeling wechselten auch bei der Frage der Abschaffung der Rampe an der vorderen Bustür die Argumentationsmuster der BVG.
Wurden zuerst Interessen der mobilitätseingeschränkten Menschen zur Begründung angeführt, waren es im Juni 2012 dann sehbehinderte und blinde Menschen, die Einstieg und Sitzplatz an der vorderen Tür bevorzugen würden. Schade, dass diese Argumentation der BVG nicht dazu führte, die ablehnende Positionierung zu Außenansagen an Bussen zu überdenken. Der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin jedenfalls ließ sich nicht vereinnahmen und blieb bei seiner ablehnenden Haltung zur Abschaffung der vorderen Rampe.
Das Thema wurde bis Dezember 2013 insgesamt vier Mal in der „AG Bauen und Verkehr – barrierefrei – “ aufgerufen. Jedes Mal gab es Widerspruch der Behindertenverbände und des Landesbehindertenbeauftragten. Am 10. Dezember 2013 wurden die Anwesenden schließlich informiert, dass die neuen Busse ohne zweite Rampe inzwischen bestellt worden seien. Wie lässt sich dieser Vorgang interpretieren? Die BVG hat sich entgegen der Festlegungen im Nahverkehrsplan nicht mit den Verbänden und dem Landesbehindertenbeauftragten abgestimmt, sondern diese lediglich informiert. Der Entwurf des Nahverkehrsplans 2014-2018 geht bereits auf den Wegfall der vorderen Rampe und die damit verbundenen Probleme ein. Er fordert „eine besondere Haltestellengestaltung und die Sicherstellung der Freihaltung der Haltestellenbereiche bzw. das Vorhandensein von Buskaps“, um der durch den Wegfall der Rampe geänderten Situation gerecht zu werden.
Ich muss zugeben, ich bin sehr skeptisch, was die praktische Umsetzung dieser Festlegungen betrifft, und mich interessiert die Positionierung der Verbände von Menschen mit Behinderung. Die möchte ich gern im Ausschuss dazu anhören. Ich sehe außerdem dringenden Handlungsbedarf bei den Mitbestimmungs- und Beteiligungsinstrumentarien für Menschen mit Behinderung sowie für die Etablierung eines geordneten Verfahrens der Entscheidungsfindung beim Auftreten von Zielkonflikten. Aus der in der Praxis seitens der BVG kaum beachteten Mitbestimmung muss eine Mitentscheidung werden.
Ich frage den Senat nach dem aktuellen Stand beim VBBBegleitservice, der im Sommer seine Begleitzeiten von 20 Uhr auf 16 Uhr reduziert hatte und damit mündige Bürger mit Behinderung, die diesen Service brauchen, dazu gezwungen hat, die Wohnung nach 16 Uhr nicht mehr zu verlassen. – Wie ist der aktuelle Stand, Frau Senatorin?
(Senator Dr. Ulrich Nußbaum)
Herzlichen Dank, für Ihren Einsatz, Frau Senatorin! – Ich habe eine Nachfrage: Ab wann genau ist die Begleitung nach 16 Uhr wieder möglich? – Auf der Homepage des VBB-Begleitservice steht immer noch, dass nur bis 16 Uhr die Begleitung anzumelden ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Bürgerinnen und Bürger, die Sie noch nicht restlos von Politik und Politikern verdrossen sind!
Als die große Koalition ihren Gesetzesentwurf zum Mindestlohn vorlegte, gab es in ihm keine Ausnahmen.
Ich spreche vom Jahr 2012, als die große Koalition in Thüringen ihren Antrag auf einen Mindestlohngesetz in den Bundesrat einbrachte. Obwohl es sich bei den Müttern und Vätern des Gesetzes um Christdemokraten und Sozialdemokraten handelte, waren beide Mutterparteien nicht besonders erfreut über den Vorstoß. In der CDU war man sich noch uneins in der Frage, ob man überhaupt einen Mindestlohn wolle. Die SPD handelte damals nach der Devise größer, besser, weiter und brachte einen eigenen Gesetzentwurf ebenfalls ohne Ausnahmen ein. Der Bundesrat stimmte diesem Mindestlohngesetz ohne Ausnahmen am 1. März 2013 mit Mehrheit zu.
Trotzdem verhinderte die damalige schwarz-gelbe Bundestagsmehrheit die Zustimmung des Deutschen Bundestags und damit das Inkrafttreten des Gesetzes. Im Bundestagswahlkampf war die Hauptforderung der SPD die Einführung eines allgemeinen, flächendeckenden und
bundeseinheitlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro.
Die SPD wurde leider nur zweiter Sieger. Die Mehrheit des SPD-Wirs entschied sich in dieser Situation für den Tandempartner CDU mit einem Kampfgewicht von 41,5 zu 25,7 Prozent der SPD.
Nein! – Sind Sie schon einmal Tandem bei einer solchen Gewichtsverteilung gefahren?
Angesichts dieses Kräfteverhältnisses und des gespaltenen Verhältnisses der CDU zum Mindestlohn war es ein ungeheurer Kraftakt und auch das Ergebnis eines Kompromisses, ein Tarifautonomiestärkungsgesetz mit dem Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro auf den Weg zu bringen.
Andrea Nahles gelang dies. Respekt! Dieses Gesetz stärkt die Tarifautonomie und bringt konkrete Verbesserungen für 3,7 Millionen Geringverdiener. Das gefällt nicht allen in diesem Land.
Deshalb begannen harte Attacken am Wegesrand – auch heute wieder, ich danke Ihnen –, Attacken von Lobbyisten, von Zeitungsverlegern, Taxiverbänden, Lieferdiensten, Gastronomen, Akteuren der Landwirtschaft, kurz gesagt, von Branchen, die zumindest teilweise auf eine Bezahlung der Arbeit unter Wert setzen und dafür den Staat, das heißt, alle Bürgerinnen und Bürger, in Haftung nehmen.
Bei der Forderung nach weiteren Übergangsregelungen konnten sich zwei Gruppen leider durchsetzen: Zeitungsverleger und Landwirte. Entgegen anderslautender Propaganda
wird die Demokratie nicht durch den Mindestlohn für Zeitungszusteller gefährdet, sondern durch Sonderkonditionen für Meinungsmacher.
(Elke Breitenbach)
Die Demokratie leidet außerdem, wenn Kompromisse zulasten besonders Schwacher,
zulasten der Beschäftigten in der Landwirtschaft geschlossen werden. Das ist besonders brisant, da die hier Beschäftigten zu 90 Prozent nicht bei Bundestagswahlen wahlberechtigt sind.
Sonderregelungen produzieren Widersprüche, Ausweichverhalten, Unzufriedenheit und Ungerechtigkeiten.
Sie haben nichts mit Gerechtigkeit und dem Wert der Arbeit zu tun, nichts, aber auch gar nichts. Mich ärgert deshalb jede einzelne der vereinbarten Ausnahmen. Und ich stehe nicht allein.
Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat sich am Dienstag erneut gegen Ausnahmen beim Mindestlohn ausgesprochen.
In Berlin haben wir mit dem Landesmindestlohngesetz erfolgreich bewiesen, wie eine starke SPD diese Haltung ein praktisches Handeln übersetzt.
Das Berliner Landesmindestlohngesetz gilt selbstverständlich auch für Langzeitarbeitslose und unter Achtzehnjährige, und das ist auch gut so.
Nein, immer noch nicht. – Der vorliegende Antrag der Opposition weist auf reale Probleme hin.
Sie, liebe Opposition, sitzen aber auf drei verschiedenen Rädern. Sie können Ihre Lenker wild umherreißen, bremsen, beschleunigen, aber Sie können nicht die Fahrt des Tandems beschleunigen oder umlenken, das können nur die Akteure auf dem Tandem selbst.
Die aktuellen Schlachten müssen von den zwei Partnern auf Zeit auf dem Tandem, also zwischen SPD und CDU, geschlagen werden. Wir als SPD sollten meines Erachtens jede Narbe aus dem Schlagabtausch mit der CDU selbstbewusst tragen und nicht verstecken.
Denn trotz aller Schläge und Rückschläge sind wir der Taktgeber und werden uns von Bremsmanövern jeder Art nicht von unserem Ziel abbringen lassen, reale Verbesserungen für das Leben der Mehrheit der Menschen in diesem Land zu erkämpfen.
Im Bundestag haben heute in namentlicher Abstimmung 535 Abgeordnete für das von der SPD initiierte Mindestlohngesetz gestimmt. 5 Abgeordnete stimmten dagegen. 61 Parlamentarier enthielten sich. Diese übergroße Zustimmung sollten wir auch hier im Abgeordnetenhaus von Berlin zur Kenntnis nehmen. Die SPD regiert, der Mindestlohn kommt.
Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die Leistung des Sonderfahrdienstes für Menschen mit Behinderung zu den besonders nachgefragten Zeiten an den Weihnachtsfeiertagen und an Silvester?
2. Welche Verbesserungen des Sonderfahrdienstangebotes gab es 2013, und wird der Senat diese Leistungen auch künftig bedarfsgerecht erhalten?
(Christopher Lauer)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine nicht minder geschätzten Damen und Herren! Wir beschließen heute nichts weniger als das Berliner Landesmindestlohngesetz. Bestenfalls werden alle Fraktionen diesem Gesetz zustimmen, mindestens aber die Fraktionen von SPD und CDU. Dieses Gesetz hat mehr als diese Mindestzustimmung verdient, deshalb freue ich mich besonders über zustimmende Signale der Grünen, die die Gesetzesdebatte für einen Landesmindestlohn in Berlin von Anfang an begleitet, mehr noch, energisch vorangetrieben haben. Herzlichen Dank, Frau Bangert!
Das Gesetz wird – Achtung! – ab Januar 2014 in Berlin gelten, nicht erst ab 2015 oder 2017. Wie wir spätestens seit den noch immer andauernden Tagen und Nächten der Entscheidung im Bund wissen, ist dies ein ganz besonderer Erfolg und keine Selbstverständlichkeit. Bei der Anhörung im Arbeitsausschuss gab es zu der quasi sofortigen Einführung des Landesmindestlohns keine Proteste, auch nicht von den Gewerkschaften.
Die Gewerkschaften wiesen aber auf einen anderen wichtigen Punkt hin, den wir aufgenommen haben. Aus der Kann-Regelung zur Einbeziehung der Spitzenorganisationen der Tarifparteien ist eine verbindliche Regelung geworden. Das Berliner Landesmindestlohngesetz ist das, was das Land Berlin im Sinne einer absoluten Untergrenze tun kann und muss. Es sichert die Zahlung eines Mindestlohns in der Berliner Verwaltung, in den Beteiligungsunternehmen des Landes, bei den Zuwendungsempfängern, bei sozialrechtlichen Entgeltvereinbarungen und bei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsmaßnahmen.
Das Landesmindestlohngesetz ist eine sinnvolle Ergänzung des Berliner Ausschreibe- und Vergabegesetzes. Es schließt Regelungslücken und trifft Vorsorge für den Fall von Umwandlungen und Veräußerungen von Einrichtungen des Landes. Manche fragen sich, ob dies überhaupt noch notwendig sei, ob alle genannten Akteure nicht sowieso bereits mindestens 8,50 Euro pro Stunde zahlen.
Wer hier glaubt, dass Lebensrealität und Darstellung in diesen oder jenen Berichten absolut identisch seien, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.
Ich möchte wenige Beispiele nennen, wo das Gesetz jetzt greifen wird: Der Botanische Garten gehört zur Freien Universität und zahlt für Beschäftigte im Wachdienst auch heute noch weniger als 8,50 Euro.
Gleiches gilt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wachdienstes bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Auch hier kann die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales erst tätig werden, wenn das Gesetz in Kraft ist. Und letztes Beispiel: Bei den entgeltfinanzierten sozialen Dienstleistungen, bei den Menschen, die in Küche, Verwaltung, Haustechnik und Reinigung tätig sind, auch dort wird teilweise noch weniger als 8,50 Euro bezahlt. Hier wird und muss es ab dem 1. Januar 2014 Änderungen geben.
Neben seiner Signalwirkung – das Land Berlin meint es ernst mit guter Arbeit und sichert deren Mindestkriterium, die Zahlung eines Mindestlohns – bringt das Gesetz konkrete Verbesserungen für sehr reale Menschen. Um etwas Wichtigeres kann es der Politik gar nicht gehen.
Übrigens – letzter Satz – wurde das Landesmindestlohngesetz nicht vom Senat vorgelegt, sondern es kommt aus der Mitte des Parlaments. Der Senat von Berlin unterstützt in seiner Stellungnahme ausdrücklich den Antrag auf Schaffung eines Landesmindestlohngesetzes. Ich verstehe das als Ermutigung, diesen Weg auch 2014 weiterzugehen, –
und wünsche uns allen in diesem Sinne ein erfolgreiches Jahr 2014. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Menschen in diesem Haus, aber auch außerhalb des Parlaments ist es ein persönliches Anliegen, die Welt, Deutschland, Berlin, die Arbeitswelt gerechter zu machen. Ich gehöre zu diesen Menschen, und zur Gerechtigkeit gehört für mich, dass Menschen von ihrer Arbeit auch leben können. Mit meiner Lebens- und Parlamentserfahrung weiß ich, dass eine Resolution „Für eine gerechtere Welt“ wenig bis gar nichts bewegt. Auch das Warten auf den SanktNimmerleins-Tag oder die Zeit nach den Bundestagswahlen hilft uns nicht. Es braucht viele kleine, aber ganz konkrete Schritte, die vorbereitet, diskutiert, beschlossen und am Ende auch gegangen werden müssen, Schritte, die einen Rahmen setzen, der unserer Gesellschaft nach oben und nach unten Grenzen vorgibt und zugleich Freiraum für Eigenverantwortung und das Handeln der Tarifpartner lässt.
Eine dieser notwendigen Grenzen nach unten ist ein Mindestlohn. Natürlich brauchen wir einen bundeseinheitlichen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser ist besser und wirksamer als ein Landesmindestlohn. Aber ein Landesmindestlohn ist um vieles besser als gar kein Mindestlohn. Er ist eine freiwillige Selbstbindung des Landes Berlin, ein Zwischenschritt und zugleich eine Weichenstellung in einer Zeit, in der Tarifbindungen rückläufig sind.
Frau Breitenbach! Ihnen möchte ich zwei Dinge sagen: Bis vor zehn Tagen hätten Sie nicht gedacht, dass SPD und CDU heute so einen Gesetzesantrag einbringen werden. Und schon fangen Sie an zu mäkeln und geben uns helfende Hinweise.
Ich habe es gerade draußen beim RBB von Ihnen gehört. Da war ich dieselbe Person – Sie vielleicht nicht!
Zweitens: Es gibt keinerlei Erkenntnisse, dass ein Landesmindestlohngesetz negative Auswirkungen auf Tariftreue hätte. Mindestlohn und Tariflohn sind zwei Seiten einer Medaille, die wir aber nicht in einem einzigen Gesetz regeln wollen. Also verzichten Sie bitte einfach mal auf diese Unterstellungen heute, und vergessen Sie nicht unsere bereits getroffenen Regelungen zur Tariftreue im Berliner Ausschreibe- und Vergabegesetz!
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nehmen wir im Mindestlohnbereich Verantwortung dort wahr, wo wir es können, überall dort, wo wir, umgangssprachlich gesagt, unser Geld reinstecken.
Dazu komme ich gleich, kleinen Moment, nicht so ungeduldig! – Wir haben uns die Gesetzgebungsverfahren in Bremen und in Hamburg angeschaut und die dort gemachten Erfahrungen aufgegriffen.
Vielleicht lesen Sie es einfach mal selbst! Dann können Sie sich selbst korrigieren, die Chance möchte ich Ihnen gern einräumen. Unser Gesetz liegt vor. – Unser Gesetz sieht vor, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Berliner Verwaltung, der Landesunternehmen und der Berliner Beteiligungen mindestens einen Lohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde erhalten. Berlin ist immerhin an 56 Gesellschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie an 140 Tochterfirmen beteiligt.
Das Gesetz sieht weiterhin vor, dass alle Empfänger von Zuwendungen den Mindestlohn zahlen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Leistungserbringer im Sozialrecht den Mindestlohn erhalten und dass die Menschen, die über einen Arbeitsvertrag in Beschäftigungsmaßnahmen wie Bürgerarbeit oder FAV – Förderung von Arbeitsverhältnissen – tätig sind, den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Es geht um einen Mindestlohn, um eine absolute Lohnuntergrenze, um nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Den Wettlauf mit anderen Mitbewerbern um den höchsten Mindestlohn werden und wollen wir nicht gewinnen. Wir orientieren uns – das ist die Stärke der SPDFraktion – am Machbaren. Die Höhe des Berliner Mindestlohns soll alle zwei Jahre vom Senat überprüft und bei veränderten wirtschaftlichen und sozialen Erfordernissen entsprechend angepasst werden. Damit folgen wir der Systematik des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes, bei dem ebenfalls der Senat über die Höhe des Mindestlohns entscheidet.
Aber wir gehen noch einen Schritt weiter, indem wir die Zweijahresfrist zur Überprüfung der Höhe des Mindestlohns zwingend vorsehen.
Nein, ich möchte jetzt zum Ende kommen, ich bin auch fast durch. – Das Landesmindestlohngesetz ist kein Allheilmittel. Es löst weder das Problem einer generellen tariflichen Entlohnung noch das Problem der Entlohnung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Da müssen wir, glaube ich, bundesweit herangehen. Wir werden die Probleme ebenfalls anpacken, aber lassen Sie uns zu
allererst das Landesmindestlohngesetz in trockene Tücher bringen und dann weitere Schritte gehen.
Ich bin glücklich, dass wir heute hier das Landesmindestlohngesetz in erster Lesung behandeln. Ich bedanke mich bei den Grünen und ganz besonders bei Frau Bangert für das Einbringen des Bremer Landesmindestlohngesetzentwurfs in Berlin und den Nachdruck, den dies ohne Zweifel erzeugt hat. Ich bedanke mich sehr bei der CDUFaktion für den großen Sprung über den sprichwörtlichen Schatten, was gewiss nicht leicht, aber immer ehrenvoll ist. Ich danke der SPD-Fraktion für die Unterstützung. Ich wünsche dem Landesmindestlohngesetz viele stolze Mütter und Väter,
Patentanten und -onkel, Menschen, die es gemeinsam auf die Welt bringen, kritisch begleiten, wachsen und gedeihen lassen. – Vielen Dank!
Frau Breitenbach! Haben Sie sich einmal den Gesetzesvollzug in Bremen und Hamburg angesehen? Sie haben uns vorgeworfen, etwas abgeschrieben zu haben. Dann müsste ja die Umsetzung in etwa ähnlich sein. Was ist Ihnen da aufgefallen zu Teilnehmenden an Beschäftigungsmaßnahmen?
Uns liegt ein interessanter Antrag der Grünen vor, der den Senat auffordert, etwas abzuschaffen, was er nicht abschaffen kann. Die Positivliste für Arbeitsgelegenheiten ist ein Gemeinschaftsprojekt zur Unterstützung der Arbeit der Jobcenter. Sie wurde im Jahr 2006 unter Federführung der Handwerkskammer in Abstimmung mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, der Industrie- und Handelskammer Berlin und dem Unternehmerverband Berlin erarbeitet.
Bei der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten hat das zuständige Jobcenter vorab u. a. die Wettbewerbsneutralität zu prüfen. Die Positivliste hilft bei dieser Prüfung und trägt damit zur Erleichterung und Beschleunigung der Bewilligungsverfahren bei den Jobcentern bei. Sie wurde in den letzten Jahren mehrfach überarbeitet. Die Positivliste ist nicht perfekt. Sie ist in ihrer Kleinteiligkeit teilweise unübersichtlich. Auch wenn sie bisweilen eine ausschließende Wirkung zu haben scheint, ist sie nicht abschließend. In Zweifelsfällen können Unbedenklichkeitsbescheinigungen regionaler Wirtschaftsverbände eingeholt werden.
Die Positivliste gibt einen Rahmen vor, und sie ist ein Kompromiss derer, die sich auf sie verständigt haben. Änderungen und Verbesserungen lassen sich nicht verordnen, sondern nur im Dialog und unter Beteiligung der Akteure erreichen. Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag der Grünen zur Abschaffung der Positivliste für Arbeitsgelegenheiten ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement, kurz KGSt, wurde von der Senatsverwaltung, damals noch von der für Integration, Arbeit und Soziales, am 2. November 2010 mit einer umfassenden Evaluation der Organisation und Steuerung in der Grundsicherung für Arbeitssuchende in Berlin beauftragt. Unzählige Menschen und Institutionen waren in einem knapp zweijährigen Prozess am Entstehen der Studie beteiligt. Frau Bangert wies bereits darauf hin.
Uns allen liegt die Studie mit 488 Seiten vor. Und uns liegt heute dazu ein – Achtung, Aufmerksamkeit, große Zahl, bitte ob der Komplexität nicht den Überblick verlieren – Vierzeilenantrag der Grünen vor. Äußerst detail- und kenntnisreich fordern die Grünen in ihrem Vierzeilenantrag den Senat auf, die Empfehlungen der KGStStudie umgehend umzusetzen.
Zur Erinnerung – ich würde gern weitersprechen –: Die KGSt hat 21 Empfehlungen ausgesprochen, und da lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen.
An vielen Stellen werden in der Studie Handlungsvarianten benannt und abgewogen. Bei 17 Empfehlungen wird keine Aussage zum erforderlichen Personalaufwand getroffen. Die benannten monetären Aufwendungen sind entweder nicht bekannt bzw. liegen bei den 15 Empfehlungen, bei denen der monetäre Aufwand beziffert wird, zwischen 5 500 und 500 000 Euro je Empfehlung. Demgegenüber stehen erhebliche positive Effekte durch eine optimierte Steuerung und Verbesserung der Kommunikationsstruktur und vor allem ganz am Ende des Prozesses
und darum geht es ja eigentlich – die Möglichkeit einer schnelleren Integration der Menschen in den ersten Arbeitsmarkt.
An zahlreichen Stellen lese ich allerdings auch: Voraussetzung ist die Klärung rechtlicher Rahmenbedingungen. – Und die Studie benennt auch deutlich die Vielfalt der Akteure im Bereich der Grundsicherung für Arbeitslose, die es unter einen Hut zu bekommen gilt, was auch nicht gerade zur Beschleunigung beiträgt: die Bundesagentur für Arbeit, die zwölf Jobcenter mit ihren Schnittstellen zu den Bezirksämtern und freien Trägern, die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen.
Das Abgeordnetenhaus kann Beschlüsse fassen und den Senat zu diesem oder jenem auffordern. Das Abgeordnetenhaus kann auch in einen Zustand der Dauererregung verfallen, wie wir das von den Grünen oft erleben. Ich warne aber vor einer parteipolitischen Instrumentalisierung – nicht aus Empfindlichkeit, sondern weil wir die Defizite, die es auf Landesebene, in den Bezirken und Arbeitsagenturen gibt, nur gemeinsam abbauen können. Es gibt einen enormen Abstimmungs- und Kommunikationsbedarf, und das ist keine Floskel.
Ich greife zwei Beispiele aus der KGSt-Studie heraus: Wie können Maßnahmen der Arbeitsförderung und sozialintegrative Leistungen in Bezug auf die Ziele des SGB II, die in der Verantwortung der Bezirksämter erbracht werden, sinnvoll aufeinander abgestimmt werden? – Sie müssen inhaltlich verzahnt werden. Dies kann beispielsweise durch die Entwicklung von Beratungsangeboten erreicht werden, die gemeinsam von den Beschäftigten der Bezirksämter, der Jobcenter, der freien Träger und der Fachdienste konzipiert werden. – Man sieht schon, solche Prozesse können etwas länger dauern.
Zweites Beispiel: Die KGSt empfiehlt, das kommunale Personal in einem einzigen Servicecenter zu zentralisieren, um eine überbezirkliche Steuerung und die Qualität eines flexiblen Personaleinsatzes zu gewährleisten und auch, um das gesamtstädtische Interesse besser wahrnehmen zu können. Meine Frage: Wissen das die Bezirke und vor allem, wollen sie das?
Diese Aufzählung macht – so glaube ich – deutlich, dass ein gemeinsamer Arbeits- und Umstrukturierungsprozess aller Akteure notwendig ist. Ja, der Senat soll und wird zuerst und verstärkt die Empfehlungen in den Blick nehmen, bei denen der Löwenanteil in seinem Verantwortungsbereich liegt bzw. wo es seiner einladenden und koordinierenden Aufgabenwahrnehmung bedarf. Und der Senat soll und wird sich dabei an den Erfahrungen orientieren, die er bei der berlinspezifischen Organisation zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets gemacht
hat und die die KGSt sehr positiv in der Studie hervorhebt. Leider geht das in der Berichterstattung meistens unter.
Das Grobkonzept des Senats mit der Lenkungsgruppe und den drei Arbeitsgruppen wurde gestern auf der Sondersitzung des Arbeitsausschusses vorgetragen. Die Fraktion der Grünen wird sich im weiteren Verfahren folgende Fragen beantworten müssen – erstens: Tragen Sie auch da, wo Sie in Bezirken in Verantwortung stehen, die Umsetzung der KGSt-Empfehlungen so lautstark und entschieden mit, wie Sie es auf Landesebene tun? Zweitens: Sind Sie bereit, den Holzhammer, den Sie auch heute wieder in der Hand hatten, Frau Bangert, für den langwierigen Prozess der Umsetzung der Empfehlung aus der Hand zu legen? Sind Sie bereit, sich konstruktiv einzubringen? – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Wann tagt die Arbeitsgruppe „Menschen mit Behinderung“ das nächste Mal in der Senatsverwaltung Arbeit, Integration und Frauen?
2. Welche Barrieren hat der Senat in den Bereichen Arbeit, Integration und Frauen identifiziert, deren Abbau er prioritär gemeinsam mit den Experten in eigener Sache, den Menschen mit Behinderung, anpacken will?
Vielen Dank, Frau Senatorin! – Das ist ein guter Tag für Menschen mit Behinderung und den Landesbehindertenbeirat. – Meine Nachfrage: Welche praktischen Ansätze gibt es in Berlin, um Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren? Gibt es da Erfahrungen?
Ich frage den Senat:
1. Wann tagt die Arbeitsgruppe „Menschen mit Behinderung“, das erprobte Mitwirkungsgremium von Landesbehindertenbeirat und den verschiedenen Senatsverwaltungen, das nächste Mal gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport?
2. Welche Barrieren hat der Senat in den Bereichen Inneres und Sport identifiziert, deren Abbau er prioritär gemeinsam mit den Experten in eigener Sache, den Menschen mit Behinderung, anpacken will?
Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung meiner Fragen! Sie haben gesagt, das Nichttagen der Arbeitsgruppe sei von niemandem moniert worden. Ich würde nun den Landesbehindertenbeirat und den Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen nicht als „niemand“ bezeichnen. Wie erklären Sie sich, dass tatsächlich das Fehlen dort festgestellt wird, aber dieser Sachverhalt anscheinend bei Ihnen nicht angekommen ist? Fehlt es möglicherweise doch an der notwendigen Kommunikation?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In seinen „Ratschlägen für einen schlechten Redner“ empfiehlt Tucholsky, viel Statistik zu verwenden. Dies belebe eine Rede ungemein, da jeder mühelos imstande sei, sich zehn verschiedene Zahlen zu merken.
Zahl eins: 217 507 Menschen waren in Berlin im Februar dieses Jahres arbeitslos. – Zahl zwei: Das sind 10 630 weniger als vor einem Jahr. – Zahl drei: Die Arbeitslosenquote beträgt derzeit 12,3 Prozent. – Zahl vier: Das sind 0,9 Prozent weniger als vor einem Jahr. – Fünftens bis zehntens: Es geht aufwärts, langsam, das gebe ich zu,
aber es geht aufwärts. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse steigt. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen sinkt. Die Zahl arbeitsloser Jugendlicher unter 25 Jahren sinkt – nur minimal, aber sie sinkt. Im Vergleich der Bundesländer hat Berlin mittlerweile Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt hinter sich gelassen. Das ist im Ländervergleich ein positives Signal für Berlin. Zudem gelang es keinem anderen Bundesland, innerhalb eines Jahres, von Februar 2012 bis Februar 2013, mehr Arbeitslosigkeit abzubauen.
Kleine Schritte sind besser als große Worte, sagte Egon Bahr. In der gegenwärtigen Situation in Europa sind diese kleinen Schritte ein beachtlicher Erfolg, auf dem wir uns nicht ausruhen dürfen. Das tun wir allerdings auch nicht. Unser Programm Berlin-Arbeit geht bewusst kleine Schritte, aber dafür konsequent und nachhaltig. Wir setzen auf eine Arbeitsmarktintegration mit längerem Atem, das heißt, bessere Beratung, bessere Aktivierung, Qualifizierung zur Erhöhung der Arbeitsmarktchancen und Begleitung des Einstiegs in Arbeit durch gezielte Zuschüsse, Coaching und Qualifizierung zur Festigung des Arbeitsverhältnisses. Das alles für Arbeitslose, die es besonders schwer haben, wieder in der Arbeitswelt Fuß zu fassen.
Beschäftigung schaffende Maßnahmen wie Bürgerarbeit, Förderung von Arbeitsverhältnissen und Arbeitsgelegenheiten werden dafür genutzt, marktferneren Arbeitslosen langfristig Perspektiven auf dem ersten Arbeitsmarkt zu eröffnen. Zusätzlich flankieren wir diese Maßnahmen mit einem Mix aus Coaching und anschlussfähiger Qualifizierung auf niedrigschwelligem Niveau und der Aufstockung des Arbeitsentgelts.
Derzeit wird Berlin-Arbeit weiter umgesetzt und mit Leben erfüllt. – Einige Beispiele: Das Rahmenarbeitsmarktprogramm mit der Regionaldirektion BerlinBrandenburg befindet sich in der Feinabstimmung. 3 800 Bürgerarbeitsplätze wurden besetzt. Die Umsetzung von FAV und Jobcoaching ist angelaufen. Wir haben sichergestellt, dass 2013 im Rahmen des Berliner Ausbildungsplatzprogramms 1 000 zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Mit einer Vorschaltmaßnahme ebnen wir unversorgten Lehrstellensuchenden Wege in Ausbildung. Unter dem Motto „Niemand geht verloren“ soll hier eine qualifizierte und gezielte Ausbildungserprobung durchgeführt werden.
Die berufsorientierenden Maßnahmen werden ausgebaut. Das Mentoring für Jugendliche, die Gefahr laufen, ihre Ausbildung abzubrechen, ist angelaufen. Die Verhandlungen mit dem DGB und den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg über eine Sozialpartnervereinbarung werden intensiv geführt. Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen ist in Sicht.
Das Berliner Handwerk ist in guter Stimmung. Auch der Konjunkturreport der Industrie- und Handelskammern in
Berlin und Brandenburg, der am 11. Februar dieses Jahres vorgestellt wurde, zeichnet ein positives Bild des Berliner Arbeitsmarkts. Damit haben wir die seltene Situation erreicht, dass Wirtschaft und Politik in ihrer Einschätzung bezüglich der Arbeitsmarktlage übereinstimmen.
Diese Partnerschaft wollen wir nutzen, um noch mehr Menschen als bisher in Arbeit zu bringen, von der sie auch leben können. Das erwarten die Menschen von uns. Für den Berliner Senat bedeutet das Schwerstarbeit. Ich finde, wir alle sollten ihn dabei kraftvoll unterstützen.
Ich frage den Senat:
1. Wie wird der Intention des Gesetzgebers, durch das persönliche Budget Assistenz und Pflege im Arbeitgebermodell zu ermöglichen und damit den Betroffenen ein hohes Maß an Selbstbestimmung und Eigenverantwortung zukommen zu lassen, im aktualisierten Rundschreiben über Hilfe im Arbeitgebermodell nach SGB XII Rechnung getragen?
2. Warum plant der Senat, die bewährte Sicherung der Ergebnisqualität aus Nutzerperspektive, wie sie bisher im Arbeitgebermodell gegeben ist, durch eine Aufweichung der Qualitätssicherung in Richtung Dokumentation der Prozessqualität auszuhöhlen, und wie positionieren sich die Arbeitgeber mit Behinderung dazu?
Ja, vielen Dank, Herr Präsident! – Welche konkrete Kritik gab es denn vom Rechnungshof? Sie haben in Ihrer Antwort gerade darauf hingewiesen. Wurden die geplanten Änderungen bereits mit dem Datenschutzbeauftragten vorabgestimmt?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Breitenbach! Die Opposition hat hier einen geschickten Antrag vorgelegt. Respekt den Antragstellern! Der Antrag ist kurz und allgemein gehalten.
Einiges bleibt auch offen, bewusst offen, nehme ich an. Zum Beispiel ist in dem Antrag nichts über die genaue Höhe des flächendeckenden Mindestlohns gesagt. Vermutlich gibt es darüber auch Differenzen bei den Antragstellern. Sie haben Ihre Position gerade vorgetragen, und die anderen Fraktionen werden bestimmt folgen.
Ich möchte schon wissen, ob Sie bereit sind – das ist eine weitere Frage –, für eine schnelle Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns auf eine Festschreibung einer Mindestlohnuntergrenze von 8,50 Euro zu verzichten. In Thüringen las ich etwas von 8,33 Euro, also so klar und geeint sind die 8,50 Euro noch lange nicht.
Ich empfinde den Antrag in seiner Offenheit als sehr nah an der Thüringer Bundesratsinitiative – ich hatte die Assoziation beim Lesen Ihres Antrags, vielleicht haben Sie ihn auch anders gemeint – und damit auch zugleich sehr nah an der Beschlussfassung des CDU-Landesvorstandes vom 3. September 2012.
Es braucht keine prophetische Gabe, um festzustellen: Die Zeit ist reif für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Er wird kommen; heute; oder morgen; oder spätestens im September! Die SPD steht ohne Wenn und Aber für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Die Gesellschaft entwickelt sich. Es vollziehen sich Lernprozesse, und die brauchen Zeit.
Ich möchte nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen, sondern diesen Lernprozess am Beispiel von SPD und Gewerkschaften deutlich machen. Für mich war es immer das größte Versäumnis der rot-grünen Bundesregierung, keinen flächendeckenden Mindestlohn eingeführt zu haben.
Allerdings gehört zur Entwicklung und Erinnerung auch, und ich stelle fest, dass es nahezu vergessen ist, deshalb trage ich es noch mal vor, dass im Jahr 2004, als das Thema auf der Tagesordnung stand, nicht nur die IG Metall einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn für problematisch hielt. Die Gewerkschaften insgesamt konnten sich nicht auf ein gemeinsames Modell für gesetzliche Mindestlöhne verständigen, und das sage ich gar nicht mit Häme oder entschuldigend, sondern einfach als Erinnerung. Noch 2006 lehnte die Bahngewerkschaft Transnet einen gesetzlichen Mindestlohn ab. Ab dem Jahr 2006 kann ich ihn bei der PDS als Forderung nachvollziehen, damals noch mit 8 Euro, inzwischen ist Die Linke bei 10 Euro angekommen. Ab 2009 waren es dann auch die Gewerkschaften, die diese Forderung nach einem flächendeckenden Mindestlohn nach vorne brachten.
Einige setzten ja eher auf die Vernunft des Marktes. Ich habe die Vernunft des Buchmarktes getestet und mit Stand von heute festgestellt: Im Buchhandel ist das Taschenbuch „Tarifautonomie statt Mindestlohn – 13 gute Gründe gegen einen gesetzlichen Mindestlohn“ derzeit nicht verfügbar. Die Gründe gegen einen gesetzlichen Mindestlohn sind aus und vorbei. Sie sind weder vermittel- noch verkaufbar.
Ich habe eine gesellschaftliche Entwicklung deutlich gemacht. Ich sehe hier auch Bewegung bei der CDU. Auch das sage ich ohne Häme, sondern mit Achtung und Respekt. Und ich sage, die SPD ist für die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns, aber im Unterschied zur CDU wollen wir die 8,50 Euro als absolute Untergrenze festschreiben.
Die Entwicklung geht weiter, auch das Lernen, auch die Diskussion im Ausschuss, und darauf freue ich mich.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an die Arbeitssenatorin Frau Kolat: Wie ist der aktuelle Sachstand bei der Sicherung der Arbeit des VBBBegleitservice, und welche Perspektiven sehen Sie?
Vielen Dank! – Frau Senatorin! Können Sie noch etwas zu der Dauer sagen, in der das Projekt erst mal gesichert ist?
Liebe Menschen aller drei Geschlechter! Menschen suchen nach dem richtigen Weg. Abgeordnete sind Menschen in den Regierungsfraktionen, in der Opposition. Frau Bangert! Zu Ihrem Entschließungsantrag haben Sie jetzt nicht gesprochen. Das finde ich eigentlich ganz gut, weil dort doch mehr der Verweis auf den Bund im Mittelpunkt steht und zu den spezifischen Ansätzen nur am Rande etwas. Aber, wie gesagt, das war jetzt nicht Inhalt Ihrer Rede – was zu begrüßen ist.
Meine Fraktionskollegin Ülker Radziwill hatte in der ersten Lesung Ihren Antrag als das bezeichnet, was er ist, nämlich der Versuch, einen Keil zwischen die Koalitionspartner zu treiben. Natürlich kann man als Opposition aus jeder Kritik an der Bundesregierung einen Antrag für
das Berliner Parlament machen, natürlich können die Regierungsfraktionen jeden Antrag der Opposition wegstimmen. Was mich interessiert, ist folgende Frage: Wie schaffen wir es gemeinsam, aus Schein wieder Debatte und aus Ritualen zielführende Arbeit zu machen?
Richtig ist, dass weniger Bundesmittel eine aktive Arbeitsmarktpolitik in Berlin erschweren, und ebenso wahr ist, dass auch die doppelte Summe Geld keine Garantie dafür ist, Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Sie haben die Zahl selbst genannt: 88 Millionen Euro. Das ist keine geringe Summe. Ich kenne sehr viele Menschen, die reden, ohne etwas zu sagen zu haben. Insofern freue ich mich, dass die Senatorin den umgekehrten Weg geht und erst einmal die Arbeit macht und – wie sie es angekündigt hat – uns im April ihr Konzept für „BerlinArbeit“ vorstellt. Dabei ist sie übrigens in enger Abstimmung mit der Regionaldirektion der Bundesagentur, wie ich aus eigenen Gesprächen weiß.
Die Argumente zum Entschließungsantrag wurden in der ersten Lesung und der Ausschussberatung ausführlich ausgetauscht. Es ging um Berlins Kritik am Gesetzgebungsverfahren des Bundes, die Auswirkungen der Instrumentenreform, die Bedeutung von Qualifizierung und Unterstützung für Langzeitarbeitslose.
Eine kritische Opposition ist das Salz in der Suppe der Demokratie. Genauigkeit ist gefragt, beim Salzen, beim Regieren und beim Opponieren. Frau Bangert! Ich schätze Sie wirklich sehr, aber was Sie an Text und Argumentation im Antrag geliefert haben, das war alles andere als genau.
Ich habe ihn sehr genau gelesen, und deshalb weiß ich, dass da nicht nur Phrase an Phrase gereiht ist, sondern noch mehr an Ungenauigkeit. Bei der Benennung der Regierungsfraktion im Bund lassen Sie einfach die CSU unter den Tisch fallen – okay, das kann vorkommen –, bei Ihnen hat der Arbeitsmarkt Bedürfnisse, und der Bundesregierung wollen Sie durch Qualifikation, Unterstützung und Integration eine Perspektive eröffnen. Gerade letzteren Aspekt möchte ich Ihnen nicht ausreden, aber dennoch denke ich, Opposition und Regierung können und werden in den zweiten 100 Tagen noch besser werden. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Lesen hilft!“ sagt der Volksmund. Versuchen wir es einfach einmal gemeinsam! Werfen wir einen Blick in die Koalitionsvereinbarung!
Vielleicht können Sie einen Moment Ihr Temperament zügeln. Ich habe auch nicht die Spannung der Rede von Herrn Wolf kommentiert. – Ich zitiere:
Wird im Senat für die Abstimmung im Bundesrat zwischen den Koalitionspartnern keine Übereinstimmung erzielt, so enthält sich Berlin der Stimme.
Das war ein Zitat aus der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und PDS/Linkspartei für die Jahre 2006 bis 2010.
Auch in der letzten Wahlperiode hat sich das Land Berlin einige Male im Bundesrat enthalten. Bei einer ersten
Schnellsuche in den entsprechenden Protokollen fand ich mindestens drei solcher Fälle.
Es überrascht nicht wirklich, dass es einen ähnlichen Passus in der aktuellen Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD gibt.
Ich zitiere:
Sofern in Fragen, die nach Auffassung einer Koalitionsfraktion von grundsätzlicher Bedeutung sind, eine Einigung nicht erzielt werden kann, wird sich das Land der Stimme enthalten.
Für die Berliner Grünen trage ich den fast wortgleichen Passus aus der Koalitionsvereinbarung zwischen den Grünen und der SPD in Baden-Württemberg vor:
Sofern in Fragen, die nach Auffassung eines Koalitionspartners von grundsätzlicher Bedeutung sind, eine Einigung nicht erzielt werden kann, wird sich das Land der Stimme enthalten.
Hören Sie auch einmal zu! Das kann nicht schaden.
An dieser Stelle sei mir eine Bitte an die Piraten erlaubt: Sie wissen fast immer fast alles, und sicherlich ist es kuschelig, Teil einer großen Oppositionsfamilie zu sein, aber eigentlich sind Sie einmal mit dem Anspruch angetreten, sich von nichts und niemandem einlullen zu lassen und hinter die Phrasen zu schauen. Tun Sie das doch bitte einmal!
Ist die Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von grundsätzlicher Bedeutung? – Ja! Konnte in der Frage der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns eine Einigung erzielt werden? – Nein!
Offensichtlich nicht – leider nicht!
In diesem Moment setzte das große Grübeln und Stochern im Nebel ein. Die Linksfraktion musste erst einmal überlegen, und als dann das Geheimnis gelüftet war, reagierte die Linksfraktion mit einer spontanen Pressemitteilung. Es ist der 8. Februar 2012, an dem sich die übergroße, verwunderte Sorge der Linken um die SPD Bahn bricht. Ich zitiere:
Aus Sicht der Linksfraktion unterwirft sich die Berliner SPD damit ohne Not der CDU.
Dies verwundert umso mehr, als sich die CDU bisher in keiner wichtigen Frage durchsetzen konnte. Enthaltung
gleich Unterwerfung – nun gut, im Jargon der revolutionären Vorhut der Arbeiterklasse mag das so sein.
Bitte unterlassen Sie das Krähen! Das ist hier vorne sehr unangenehm.
Ich komme gleich zu Ihrer Frage. – Die Linksfraktion wolle der SPD Gelegenheit geben zu zeigen, dass sie es mit einem gesetzlichen Mindestlohn ernst meine. – Danke, liebe Linksfraktion! Ich muss gestehen, dass ich beim Lesen dieser Passage den Tränen der Rührung sehr nahe war.
Sorgen Sie sich nicht! Lesen Sie! Und wenn Sie nicht lesen, dann hören Sie heute zu!
Als realitätsfremd und Ausdruck einer unsozialen Politik hat der SPD-Landesvorsitzende, Michael Müller, die Verweigerung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns durch die schwarz-gelbe Bundesregierung bezeichnet.
Er hat klargestellt, dass die SPD ohne Wenn und Aber zur Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns steht.
Es wird Sie überraschen, liebe Linksfraktion, aber ich erkläre es Ihnen noch einmal: CDU und SPD sind zum Glück nicht ein Partei, sondern zwei.
Ich vermute Bewegung in der CDU, mal in die eine und mal in die andere Richtung, Pendel hin oder her. Im Koalitionsvertrag gibt es die konkrete Festlegung zu den Lohnuntergrenzen im Vergabegesetz mit 8,50 Euro pro Stunde. Ich wünsche mir weitere Schritte der CDU in diese Richtung, aber ich glaube nicht, dass solche Anträge dazu beitragen. Vielmehr muss es eine Debatte innerhalb der CDU geben.
Lassen Sie Ihren moralischen Zeigefinger einfach einmal in der Tasche! Wenn Sie wirklich wollen, dass ein Bundesland mit der Position der Mehrheitsfraktion abstimmt, dann müssen Sie einen entsprechenden Antrag einbringen. – Vielen Dank!
Herr Wolf! Sie sind zwar eine wichtige Person, aber Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich mich in meinem Redebeitrag nicht nur auf Ihre zuvor gehaltenen Rede beziehe, sondern zu allen Mitgliedern dieses Hauses spreche.
Zweite Bemerkung: Ein bisschen weniger Selbstgerechtigkeit würde der Linksfraktion nach diesem Wahlergebnis vielleicht ganz gut zu Gesicht stehen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mir liegen der Antrag der Grünen vom 18. Januar 2007 – Ombudsstelle für ALG-II-Empfänger/-innen – und der Antrag der Grünen vom 18. Januar 2012 – Ombudsstelle für ALG-II-Empfänger/-innen – vor. Die Überschriften sind einschließlich des Bindestrichs und großen I deckungsgleich, die Inhalte der Anträge unterscheiden sich. Die Aufgaben der Ombudsstelle wurden inzwischen entschlackt. Waren es 2007 noch sechs umfangreiche Aufgabenfelder, heißt es nunmehr:
Der Senat wird aufgefordert, eine unabhängige Ombudsstelle einzurichten, welche in Konfliktfällen für eine schnelle Vermittlung zwischen den Job-Centern und den ALG-II-Empfänger/-innen sorgt.
Ombudsstellen: In Jena wurde im Jahr 2005 unter einer Koalition aus CDU und SPD eine Ombudsstelle eingerichtet, allerdings nicht bei der Stadt oder dem Jobcenter, sondern bei einem Verein. In Berlin stimmten 2007 SPD, Linke und FDP gegen den Antrag der Grünen, die CDU enthielt sich.
Die Debatte zur Einrichtung der Ombudsstelle war damals nicht besonders tiefgründig, da mehrere Anträge zu ÖBS und Jobcentern gemeinsam beraten wurden. Bei Tacheles Sozialhilfe fand ich im Netz zu jenem fernen Jahr 2007 folgende Notiz:
Paradox ist das Verhalten der Grünen allerdings in dem von ihnen regierten Bezirk FriedrichshainKreuzberg. Gemeinsam mit SPD und Linkspartei.PDS lehnten sie im Jobcenterausschuss der Bezirksverordnetenversammlung kürzlich einen von der Wahlalternative WASG eingebrachten Antrag zur Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle ab.
Ab 2007 war der Sozialexperte und Sozialdemokrat Dietrich Schoch als bundesweit erster Ombudsmann in einer städtischen Hartz-IV-Verwaltung, nämlich in der ARGE Duisburg tätig. Als er anderthalb Jahre später seine Tätigkeit beenden musste, resümierte er, dass durch seine Arbeit 50 Prozent der als nicht korrekt empfundenen Bescheide korrigiert worden seien. 2009 brachte die Ratsfraktion, die Linke/DKP in Essen, einen Antrag auf Einrichtung einer Ombudsstelle ein. Die praktische Umsetzung in Essen wurde dann allerdings von ihr als „PRGag“ heftig kritisiert. Ende 2010 fordert die FDP unter anderem in Oldenburg einen Ombudsmann für ALG-II-Empfänger.
Die Positionen aller Parteien sind:
ja, nein, vielleicht! Das mag am Nebeneinander der verschiedenen Institutionen liegen. Petitionsausschuss, Widerspruchsstellen, Sozialgericht, Kundenreaktionsmanagement, Widerspruchspräventionsmanagement, Ombudsrat, Ombudsstellen – wer weiß schon, welche Stelle wofür zuständig ist und vor allem, wofür nicht. Wilhelm Uhl, seit vier Jahren Ombudsmann bei MainArbeit in Offenbach, gibt uns für unsere heutige Beratung mit auf den Weg:
Ich denke, dass eine solche Stelle deswegen wichtig ist, weil hier in einem frühen Stadium der Dampf zum Teil schon unter Hochdruck abgelassen werden kann und eine Befriedung noch möglich ist und auch eintritt. Man kann das auch anders regeln, auch mit einer Widerspruchsstelle. Sie hat den Nachteil, dass sie bei der Behörde angesiedelt ist und nicht unabhängig wie ich agieren kann.
Bevor wir entscheiden, brauchen wir Antworten auf wesentliche Fragen: Wie wirkt sich die Arbeit von Ombudsstellen auf die Qualität der ALG-II-Bescheide und die Zahl der Klagen aus? Welche Aufgaben haben die Ombudsstellen da, wo sie existieren? Was läuft gut, was weniger gut? Was kann ein ehrenamtlich arbeitendes Gremium angesichts der riesigen Zahl von zu bearbeitenden Fällen bewirken? Allein im Land Berlin wurden im Jahr 2011 über 30 000 Hartz-IV-Klagen neu eingereicht.
Unter welchen Bedingungen befürworten Jobcenter die Einrichtung von Ombudsstellen? Warum lehnen andere diese vehement ab? Wohin gehört eine Ombudsstelle? Soll es eine pro Jobcenter geben oder eine für das gesamte Land Berlin? Der Fragen sind genug gestellt, stellen wir sie den Richtigen, den Experten, den Praktikern, im Ausschuss für Arbeit und Integration!
Herr Spies! Damit sich kein falscher Eindruck festsetzt: Sie hatten gesagt, ich hätte nicht erwähnt, dass der Duisburger Ombudsmann die Tätigkeit einstellen musste. Darauf habe ich hingewiesen. Er musste sie beenden, allerdings haben alle Nachredner vergessen, darauf hinzuweisen, dass dort ein anderer Ombudsmann die Tätigkeit inzwischen fortgesetzt hat. Also kann man das Modell dort nicht als gescheitert betrachten, sondern es gab eine andere Lösung mit einer anderen Person. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie beurteilt der Senat die Chance von Arbeitgebern, geeignete Assistenten im Arbeitgebermodell zu finden, wenn künftig Assistenzdienste einen Stundenlohn in gleicher Höhe zahlen?
2. Wie gedenkt der Senat, den Widerspruch zwischen dem Rundschreiben I Nr. 06/2010 und dem Schreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales vom 1. Dezember 2011 an die Bezirksämter im Sinne der Menschen mit Behinderung aufzulösen?
Da Herr Senator Czaja gerade gesagt hat, er sei für das Lösen von Widersprüchen und Problemen zuständig, freue ich mich auf seine Antwort.
Vielen Dank, Herr Czaja! Nur noch einmal zur Bestätigung: Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Arbeitgeber im Arbeitgebermodell weiterhin einen etwas höheren Stundenlohn zahlen können als die Assistenzdienste?