Brigitte Lange
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Last Statements
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion um das Kirchner-Bild drehte sich in den letzten Wochen zum großen Teil darum: Sind die Erben überhaupt anspruchsberechtigt? – Ich persönlich fühle mich nicht in der Lage – und ich will es auch nicht – zu beurteilen, wie viel Leid und Druck die Menschen ausgesetzt waren oder wie wir das bemessen wollen. Tatsache ist – und davor können wir uns nicht wegducken –, dass uns unsere Vergangenheit immer wieder einholt und das Nazi-Regime schuld ist, dass uns diese Fragen immer wieder beschäftigen, weil durch dieses Regime – neben allen anderen Gräueltaten – brutal Kunstsammlungen geraubt und Menschen damit unter Druck gesetzt worden sind.
Über eine erfolgte Bezahlung gibt es keinen Beleg. Vielleicht wurde auch bezahlt und der Betrag als Reichsfluchtsteuer wieder eingezogen. Solange wir nicht beweisen können, dass dieses Bild 1936 freiwillig verkauft und angemessen bezahlt wurde, bleibt die moralische Verpflichtung, und wir müssen dieses Bild zurückgeben, weil es uns nicht gehört.
Ich bin froh, dass wir keine Sondersitzung des Kulturausschusses anberaumt haben, denn die Ausführungen der Kritiker, die sich unisono vom Verkauf überrascht zeigten, brachten außer Mutmaßungen und absurden Vergleichen keine neuen Erkenntnisse zutage und belegten nicht, dass die Verkäufe freiwillig stattgefunden hatten. Zweifel oder Indizien reichen nicht, um eine Rückgabe auszuschließen.
Dass solche Verhandlungen – wie jetzt zur Restitution dieses Bildes – nicht öffentlich geführt werden können, ist völlig klar. Allerdings wäre Transparenz zum Schluss doch nötig gewesen. Das Bild hätte man vielleicht noch einmal prominent in der Stadt ausstellen können. Vielleicht hätten wir auch eine Welle bürgerschaftlichen Engagements in Gang setzen können.
Das ist nicht geschehen. Das ist bedauerlich. Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass wir dieses Bild bei dieser Beweislage zurückgeben mussten.
Das rechtfertigt auf keinen Fall diesen Missbilligungsantrag. Herr Lehmann-Brauns! Es macht umso deutlicher, dass Sie diesen Fall – vielleicht nicht Sie persönlich – als Wahlkampfschaumschlägerei benutzen wollen. Ich kann Sie davor nur warnen. Sie bewegen sich auf sehr dünnem Eis. Ich bin entsetzt über die Impertinenz, mit der versucht wird, die Verfolgungsgeschichte dieser Familie zu relativieren.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch nie zuvor hat ein Senat so viel auf den Weg gebracht, um an das SED-Unrecht zu erinnern. Allein in diesem Jahr fließen mehr als 10 Millionen € für die Mauer, deren Erhaltung und für Aufklärungsarbeit – das ist mehr als in den letzten 15 Jahren insgesamt. Jetzt hat der Senat ein Mauergedenkkonzept beschlossen, das sogar bundesweit große Zustimmung findet.
Vor fast 17 Jahren wurde die Berliner Mauer durch friedlichen, aber entschlossenen Protest der Menschen in der DDR zu Fall gebracht. Sie teilte nicht nur auf brutale Art und Weise die Stadt, sondern auch Familien, Lebensläufe, Freundschaften und war das sichtbarste Symbol der menschenverachtenden Politik der SED-Diktatur. Leider ist nicht mehr viel an authentischen Zeugnissen vorhanden. Aber erinnern wir uns: Wer von uns wollte dieses grauenhafte Bauwerk Anfang der 90er Jahre noch im Stadtbild sehen? – Deshalb ist es umso wichtiger, dass das, was jetzt noch vorhanden ist, gesichert wird und authentische Orte bewahrt werden.
auf die Verantwortlichen der SED, die Rolle der Stasi und deren ehrenamtlichen Zuträgern. Vor allem der Missbrauch durch diese Zuträger hat das System ermöglicht.
Wie wichtig die Aufarbeitung ist, zeigen die Vorkommnisse der letzten Wochen, als sich die Stasi-Kader – gut organisiert und ohne Unrechtsbewusstsein – selbstgerecht und ideologisch verblendet in die Öffentlichkeit trauten, im Übrigen auch sehr gut alimentiert vom ehemals bekämpften Klassenfeind, während die Opfer immer noch um eine Rente kämpfen müssen.
Die Bernauer Straße ist mit ihren authentischen Zeugnissen deshalb der ideale Lernort. Dort können die Spuren der Grausamkeit der Teilung dargestellt werden. Das Konzept sieht auch eine touristische Erschließung vor. Vom Pariser Platz werden die Besucherinnen und Besucher mittels eines roten Fadens zu den anderen Orten des Mauergedenken gelenkt, und die Bernauer Straße ist lediglich drei Stationen vom Pariser Platz entfernt, also auch zentral gelegen. Dazu gehört auch die wissenschaftliche Aufarbeitung und Dokumentation und vor allem die Vermittlungsarbeit. Kaum ein Schüler weiß heute noch, wo die Mauer stand und wie die DDR ausgesehen hat. Zur Aufklärung reichen meiner Meinung nach Wandertage nicht mehr aus. Wir brauchen pädagogische Konzepte und authentische Lernorte wie die Bernauer Straße, um
)
Nun zur Finanzierung: Da sind nämlich auch die Damen und Herren der CDU-Fraktion gefragt, ihren Kulturstaatsminister davon zu überzeugen, dass der Bund in die
ser Frage handeln muss. Wir in Berlin kommen diesbezüglich schon seit einigen Jahren – und mit der Vorlage des Mauergedenkkonzeptes – unserer Verantwortung nach. Wir erbringen hier eine große Leistung auch für die gesamte Bundesrepublik. Verehrte Kollegen von der CDU: Vielleicht können Sie Ihrem Kulturstaatsminister etwas Nachhilfeunterricht erteilen, vielleicht hat er noch nicht richtig mitbekommen, wie wichtig die Frage der Gedenkstätten in Berlin ist. – Vielen Dank!
Nein!
und es würde Ihrem komischen Herrn Pflüger auch gar nicht helfen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Meister! Ich glaube auch, dass Künstlerinnen und Künstler sehr flexibel sind und alles das, was wir von einem modernen Arbeitnehmer erwünschen, bereits realisieren. Allerdings ist es nicht so, dass bereits alle betriebswirtschaftliche Kenntnisse hätten. Das sagt der Bericht, und wenn man in der Praxis mit den Künstlern zu tun hat, dann weiß man auch, dass da große Mängel vorhanden sind.
Der Kulturwirtschaftsbericht liegt vor und zeigt, dass Kultur nicht nur kostet, sondern auch Arbeitsplätze schafft. Die Kulturwirtschaft in unserer Stadt erreicht 11 % des Bruttoinlandsproduktes, und das zeigt, dass es sich hierbei um einen nicht zu unterschätzenden Schlüsselsektor handelt. Aber – ich versäume es nicht, immer wieder darauf hinzuweisen – es geht nicht nur um den Wirtschaftsfaktor, sondern auch um die grundsätzliche Frage, welchen Stellenwert wir der Kultur in einer modernen Gesellschaft zuweisen. Kultur ist ein öffentliches Gut, und dieses müssen wir schützen und pflegen. Das dürfen wir über diesem großen Begriff „Wirtschaftsfaktor“ nicht vergessen. Gerade in Zeiten der Liberalisierung von Dienstleistungen ist immer wieder zu betonen, dass es bei kulturellen Gütern und Dienstleistungen nicht um Dienstleistungen im allgemeinen Sinne geht. Das sage ich gerade im Hinblick auf GATS.
Die Kulturwirtschaft ist zurzeit der kreativste und innovativste Bereich in Berlin. Die besondere Mischung in unserer Stadt macht dieses aus – eine Mischung aus Kulturerbe, Kunst und Medien und interkulturellen Einflüssen verschafft uns diese herausragende Position, die uns in eine Reihe mit anderen Metropolen stellt. Es ist schon gesagt worden: Mehr als 18 000 zumeist kleine und mittelständische Unternehmen erwirtschaften einen Umsatz von 8 Milliarden € und erreichen damit das Niveau des verarbeitenden Gewerbes. Mehr als 90 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten in diesem Bereich.
Allerdings muss ich Wasser in den Wein gießen: Wenn man sich die Einkommenssituation dieser so genannten Selbstständigen genauer ansieht, dann merkt man, dass sie zum Teil kaum das Existenzminimum erwirtschaften können, dass sie nicht immer das Glück haben, in die Künstlersozialkasse aufgenommen zu werden, dass viele von der Hand in den Mund leben und sich von Projekt zu Projekt hangeln und dass manche auch gar nicht freiwillig selbstständig sind. Das darf man auch nicht vergessen. Hier brauchen wir eine starke Allianz zwischen Verwaltung, Berufsverbänden und Hochschulen. Der Bericht zeigt, dass gerade zur Professionalisierung betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Marketingkenntnisse fehlen – vielleicht nicht bei allen, aber doch bei einem Teil.
Es fehlen Untersuchungen über Geldströme im Kulturbereich. Wie hoch ist die Rendite, wenn man kulturbedingte Ausgaben in das Verhältnis zur öffentlichen Förderung setzt? – Wir brauchen auch dringend ein tourismusorientiertes Marketing. Damit tun sich ganz besonders unsere öffentlichen Kultureinrichtungen schwer. Ich brauche hierbei nur an die Opernstiftung zu erinnern. Es gilt als fast unanständig, sich mit dem Thema Marketing zu befassen. Da muss noch sehr viel getan werden, damit eine Unzahl von Bussen vor den Opern stehen, wie es in der letzten Woche gerade bei der Deutschen Oper der Fall war. Da war es mal wieder so, wie es früher war. Dort standen mindestens fünf Busse, und das hat gezeigt: So könnte es immer sein.
Besonders die Vielfalt des kulturellen Reichtums ist eine der Grundlagen in der Stadt. Keine andere deutsche Stadt hat so viel über die jüngste deutsche Geschichte zu zeigen. Deswegen muss der Kulturtourismus angekurbelt werden.
Berlin ist größter Galerienstandort Europas, Aufenthaltsort von ungefähr 5 000 bildenden Künstlerinnen und Künstlern. Der Umsatz des Kunsthandels allerdings liegt hinter dem anderer europäischer Metropolen zurück. Insbesondere für den Markt der zeitgenössischen Bildenden Kunst gilt: 50 % des weltweiten Umsatzes werden in den USA gemacht, 25 % in Großbritannien. Das zeigt, dass wir hier tätig werden und zum Beispiel die Außenwirtschaftsförderung für die Galeristen öffnen müssen. – Vielen Dank!
Vielleicht sollten wir alle zusammen einmal auf den Woelffer-Bühnen auftreten. Das wäre doch mal was.
Worum geht es? – Das Ku’damm-Karree ist nicht ausgelastet. Es gibt einen 30-prozentigen Leerstand. Dass sich daran etwas ändern muss, ist klar. Jeder, der abends durch diese Hallen geht, weiß, wie gruselig es da ist. Es muss wirklich etwas passieren.
Zusätzlich steckt der Immobilienfonds in Schwierigkeiten. Das ist nicht den Theatern anzulasten, sondern dem Versagen des Managements. Vielleicht wissen Manager mit Dollarzeichen in den Augen nicht,
wie sich Kunst und Markt gegenseitig inspirieren. Schon historisch gesehen gibt es genügend Beispiele dafür, wie sich Immobilien und die Ansiedelung von Kulturbetrieben wechselseitig bedingen können.
Hören Sie mal zu, Herr Lindner! – Ein Blick nach Paris zeigt das. Der Begriff „Boulevard“ entstand durch die Ansiedelung von bürgerlichem Lachtheater an einem Straßenzug in Paris. Dies hatte durchaus das Ziel, die Immobilienspekulation voranzubringen. Wer darüber mehr wissen möchte, kann das bei Prof. Siebenhaar im Institut für Kulturmanagement nachlesen.
)
Für uns, für die Stadt Berlin, geht es um die Rettung dieser beiden renommierten Theater und um nichts weni
ger. Sie sind in den berühmten zwanziger Jahren entstanden. Ich erinnere an die Rede von Reich-Ranicki vor drei Tagen in der Freien Universität, in der er sich selbst und diese Stadt mit den zwanziger Jahren identifiziert hat. Um so mehr bedauere ich, dass offenbar niemand vom Senat und vom Parlamentspräsidium anwesend war. Immerhin hat die Rede auch gezeigt, wie wichtig die Bewahrung dieser Theater für die Stadt und ihre Gegenwart ist.
Sollte dieser brutale Plan in der Tat verwirklicht werden, so führt das zu einer Verarmung eines nicht ganz unbekannten Boulevards, dessen Mythos aus einer Melange aus Luxus, Genuss, Einzelhandel und Kultur lebt, eines Boulevards, in dem sich die Attraktivität dieser Stadt spiegelt und den man banalisiert, Herr Lindner, wenn man ihm den Faktor Kultur fortnimmt.
Wie sieht nun das bevorstehende Szenario aus? – Vielleicht nehmen Sie das dann etwas ernster. – An irgendeinem schönen Donnerstag werden die Bagger
(D
anrücken. Die Abrissbirne knallt zunächst gegen den Bühneneingang, dann ist die Kasse dran, dann das Foyer, dann kommen die Theatersessel an die Reihe – wir wissen, die kann man leicht abschrauben –, dann Kronleuchter, Seitenlichter, die weinroten Wände, bis man die Bühne erreicht hat, auf der Tausende Stücke gespielt worden sind, auf der Tausende Schauspielerinnen und Schauspieler auftraten. Tut nichts, dieses Material wird zu Kleinholz verarbeitet. Dann passiert dasselbe noch einmal in dem anderen Theater, in der Komödie.
Ein weiteres Beispiel ist die Berliner Friedrichstraße. Auch hier verhalf die Ansiedelung von Kultureinrichtungen der Straße zum Aufstieg. Nicht zuletzt trug auch Max Reinhardts Theater am Kurfürstendamm zum Renommee des Kurfürstendamms bei. Markt und Kultur, das waren und sind die Motoren für eine wirtschaftliche Entwicklung, und sie tragen zu einem urbanen Lebensumfeld bei.
Nein! Ich möchte zu Ende reden.
Brauchen wir wirklich ein x-tes Einkaufszentrum? Ist es nicht genauso wichtig, dass Anita Kupsch, Herbert Herrmann, Mutter und Tochter Thalbach und wie sie alle heißen, uns in den beiden Theatern den Alltag vergessen lassen? – Ich habe in den vergangenen dreißig Jahren immer wieder die beiden Theater besucht und dabei erlebt, wie die Touristen nach Karten angestanden haben. Komödie und Kurfürstendamm-Theater sind in Deutschland bekannt für bestes Boulevardtheater. Die Deutsche Bank muss sich jetzt ihrer kulturellen Verantwortung bewusst werden, ansonsten verspielt sie jegliche Glaubwürdigkeit und entpuppt sich als Investor ohne ein Gespür für die Bedürfnisse unserer Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Was können wir tun? – Der Regierende Bürgermeister hat es ja schon deutlich gesagt, dass der Senat jede mögliche Unterstützung liefert. Was können wir als Abgeordnete tun? – Wir können nur Druck aufbauen. Es ist ein privates Vorhaben, es geht nicht anders als über Druck. Wir sind auch Kunden. Es gibt Banken, die eine andere Geschäftspolitik verfolgen.
Ich komme zurück auf Curth Flatows Erfolgsstück „Das Geld liegt auf der Bank“. Die Frage ist zukünftig, auf welcher. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Grütters! Da haben Sie ganz schön um den heißen Brei herumgeredet.
Wenn ich die Presse richtig gelesen habe, dann habe ich Ihr vehementes Eintreten gegen die Pläne des Herrn Lammert aber sehr vermisst.
Das hätte ich mir gewünscht, wenn Sie hier sagen, Sie seien die Retterin der Berliner Kultur. Ich habe es nicht erkennen können, dass Sie dafür vehement eingetreten wären. Von einer Retterin der Berliner Kultur hätte ich ein anderes Engagement erwartet.
Ein paar Tage vor der Wahl lässt die CDU die Katze aus dem Sack.
Statt einer Streichelliste für die Kultur gibt es eine Streichliste. Und diese Katze will mit geschärften Krallen gegen die Berliner Kulturlandschaft vorgehen.
Da wird verkündet, der Hauptstadtkulturfonds sei eine Unwucht. Eine geheimnisvolle Liste der Lichtgestalt Kirchhof mit 418 Streichpunkten wird von den Gralshütern der CDU unter Verschluss gehalten.
Unter anderem soll darin der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für die Kultur angehoben werden. Für die, die es nicht wissen: Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz ist ein wichtiges Instrument der Kulturförderung. Für Bücher, für Zeitungen, Zeitschriften und Kunst, z. B. auch für Theaterkarten gilt dieser ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 %, an dem wir natürlich festhalten werden.
Plötzlich taucht wie durch ein Wunder eine so genannte Giftliste aus dem Bundesfinanzministerium auf nach dem Motto: Herr Lehrer, ich weiß was. – Es ist nicht auszuschließen, dass die berüchtigte Kirchhof-Liste, die wir alle nicht genau kennen, plötzlich unter anderem Namen jetzt aus dem Bundesfinanzministerium kommt.
Frau Grütters! Vielleicht waren die Punkte, die Sie eben zitiert haben, aus dieser Kirchhof-Liste, die, wie wir mittlerweile wissen, wahrscheinlich von bienenfleißigen Beamten mit einem bestimmten Parteibuch angefertigt wurde. Da kann ich mich nur fragen, wer bestimmte Interessen verfolgt.
Jetzt ist Herr Lindner nicht da, aber mir hat es vorhin sehr gut gefallen, dass er Herrn Sarrazin als die rote Reclam-Ausgabe des Herrn Kirchhof bezeichnet hat.
Aber ich finde, wenn Herr Sarrazin eine rote ReclamAusgabe ist, dann ist Herr Kirchhof ein dickes schwarzes Buch mit sieben Siegeln.
Und bei einer Reclam-Ausgabe kann man immer nachlesen, um was es geht. Bei Thilo Sarrazin weiß man auch immer, was er will und was er meint.
Nein, ich habe heute noch sehr viel zu sagen.
Diese Wahl ist eine Richtungsentscheidung. Das gilt auch für die bundesdeutsche Kulturpolitik. Seit 1998 sah sich die Bundesregierung in einer besonderen Verpflichtung gegenüber der Hauptstadt Berlin. Die Bundesregierung hat diese Verpflichtung mit großem Engagement wahrgenommen. Das Staatsministerium für Kultur und Medien und ein eigenständiger Ausschuss für Kultur und Medien wurden 1998 von Rot-Grün etabliert und ist seitdem eine Geschichte des kulturellen Aufbruchs, mit der der Bund kulturpolitischen Einsatz gezeigt hat. Dabei ging es um die grundsätzliche Frage, welcher Stellenwert der Kultur in einer modernen Gesellschaft eingeräumt wird. Wir haben hier Flagge gezeigt. Kultur ist ein öffentliches Gut und gerade in einem Land wie dem unseren, das sich als Kulturnation versteht, ist es Aufgabe des Staats, Kunst und Kultur zu pflegen und als gesellschaftliche Kraft zu schützen und zu fördern. Wie andere Metropolen auch definiert sich Berlin wesentlich über die Kultur. Die Vielfalt und der Erhalt des kulturellen Reichtums sind von entscheidender Bedeutung für unsere Hauptstadt.
Die Kulturwirtschaft ist inzwischen eine unserer wichtigsten Lebensadern. Damit dies so bleibt, braucht Berlin die Förderung des Bundes und der Länder. Das Geld ist gut angelegt, auf der Museumsinsel genauso wie im Haus der Kulturen der Welt oder im Jüdischen Museum, bei den Festspielen oder bei der Akademie der Künste und natürlich auch beim Hauptstadtkulturfonds als besonders flexiblem Instrument zur Förderung von Kultur in Berlin.
Worauf kommt es nun in den nächsten Jahren an? – Wir brauchen die Leuchtturmförderung genauso wie die Förderung durch den Hauptstadtkulturfonds. Warum brauchen wir den Hauptstadtkulturfonds? – Der Haupt
stadtkulturfonds ist für die Hauptstadt unverzichtbar. Er beinhaltet die Förderung von Projekten und Veranstaltungen, die für die Hauptstadt und das ganze Bundesgebiet bedeutsam sind und nationale und internationale Ausstrahlung haben. Deshalb beteiligen sich z. B. auch sehr viele Botschaften finanziell an den Projekten. Es gibt eine enge Kooperation mit Goethe-Instituten, mit dem Auswärtigen Amt und mit vielen Stiftungen aus der Wirtschaft.
Und natürlich besonders für die freie Szene hat der Hauptstadtkulturfonds eine sinnstiftende und wichtige Bedeutung. Viele internationale Künstlerinnen und Künstler kommen nach Berlin, um hier zu arbeiten. Dies schafft eine nationale und internationale Ausstrahlung, von der auch die Bundesländer profitieren. Durch den Hauptstadtkulturfonds wurden nicht zuletzt auch durch künstlerische Projekte Fragen an die Politik gestellt, die wichtige, auch kontroverse gesellschaftliche Debatten ausgelöst haben.
Ich habe es vorhin schon einmal gesagt, nun hat Herr Lammert die Katze aus dem Sack gelassen. Zitat:
Der Hauptstadtkulturfonds ist eine Unwucht, über die man reden muss.
Dies zeigt ein provinzielles Kulturverständnis ersten Ranges. Dies zeigt ein Kulturverständnis, das lediglich Wert auf das Repräsentative legt, das Subversive, das Provokante und Experimentelle an der Kunst ist nicht gewünscht. Hier werden alte Rezepte aus der Zeit der Regierung Kohl aus dem Mülleimer der Geschichte geholt, die längst Makulatur sein sollten.
Allerdings – manches, was die CDU fördern will, brauchen wir wirklich nicht in Berlin. Das ist z. B. das Zentrum gegen Vertreibungen in Regie des Bundes der Vertriebenen.
Das ist ein Rückschritt auf den engen nationalen Blick und gegen Verständigung und Versöhnung mit unseren osteuropäischen Nachbarn gerichtet.
Ich fordere daher besonders alle CDU-Politikerinnen und -politiker auf, sich vehement für die Erhaltung der Hauptstadtkulturförderung und besonders für den Erhalt des Hauptstadtkulturfonds einzusetzen. Allerdings muss ich auch sagen, ich finde es nicht besonders hilfreich, wenn unser eigener Kultursenator dem Bund einen Kuhhandel anbietet, den Hauptstadtkulturfonds gegen die Sanierung der Staatsoper einzutauschen. Sie kennen doch das Gleichnis von dem Linsengericht, Herr Senator!
Ich bin sicher, dass es auch möglich sein wird, die Länder von der Hauptstadtkulturförderung zu überzeugen. Die
Hauptstadt ist die Bühne der Länder und die wichtigste Visitenkarte unseres Landes. Warum soll es nicht möglich sein, z. B. den Gropius-Bau als die Ausstellungshalle der Länder zu benutzen? Warum soll es nicht möglich sein, die Kunstausstellung von Nordrhein-Westfalen, die Kunstsammlungen anderer Länder im Gropius-Bau zu zeigen?
Was auch immer uns parteipolitisch unterscheiden mag, was den Erhalt und die Pflege unserer kulturellen Vielfalt in unserer Hauptstadt angeht, müssen wir an einem Strang ziehen. In diesem Sinne bitte ich Sie, unseren Einsatz für die Hauptstadtkulturförderung zu unterstützen. Machen wir allen Raubkatzen in unserem Land klar, dass Kultur ohne Mäuse nicht auskommt. – Vielen Dank!
Wissen Sie, Herr Hahn, bei uns ist es Usus, dass jeder selber für sich antwortet. Ich würde Ihnen empfehlen, Herrn Sarrazin direkt zu fragen und die Frage beantworten zu lassen, die Sie an mich gerichtet haben. – Was ich zu dem Zentrum gegen Vertreibungen sagen wollte: Wir finden, dass dieses Netzwerk, das die Kulturstaatsministerin initiiert hat, auf europäischer Ebene, unterstützt werden soll und dass dann die betroffenen Länder selbst entscheiden sollen, wo ein solches Zentrum gegen Vertreibungen angesiedelt sein soll. Mir ist wichtig, dass auch bei einem solchen Zentrum gegen Vertreibungen nicht vergessen werden darf, was Ursache und was Wirkung war.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Priorität für uns ist: Der Tränenpalast als historischer Ort und als Ort für Kulturveranstaltungen muss erhalten bleiben.
Darum wird die kulturelle Nutzung für 25 Jahre im Kaufvertrag festgeschrieben. Das Gebäude selbst steht unter Denkmalschutz. Die jetzigen Betreiber haben kulturell erfolgreich gearbeitet. Es muss an dieser Stelle auch gesagt werden: Dass der Tränenpalast als Gebäude von stadtgeschichtlicher Bedeutung erhalten bleiben konnte, ist auch den jetzigen Betreibern zu verdanken.
In dem neuen Vertrag werden die Nachbarrechte festgeschrieben. Das heißt, der Investor muss sich verpflichten, bei Abendveranstaltungen für entsprechende Ruhe zu sorgen und eine eigene Zuwegung zu gewährleisten, auch während der Bauphase. Sollte der Tränenpalast durch den Bau zu Schaden kommen, was wir nicht hoffen wollen, soll der Investor verpflichtet werden, das Gebäude wiederherzustellen. Auch bei Weiterverkauf geht die Verpflichtung der kulturellen Nutzung auf den neuen Käufer über.
Jetzt haben die Betreiber anscheinend ökonomische Probleme und Insolvenz angemeldet. Wie es zu dieser Insolvenz gekommen ist, kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall waren die Tränenpalastbetreiber jetzt nicht in der Lage, das Grundstück zu erwerben.
Bei der Veräußerung der Nachbargrundstücke wurde dem Investor ein Vorkaufsrecht für den Fall zugesichert, dass der Tränenpalastbetreiber das Grundstück nicht erwirbt, mit der Denkmal- und der kulturellen Zweckbindung, so dass nun der Investor der Bewerber ist.
Ich muss noch sagen, dass es mir nach wie vor unerklärlich ist, wie eine Finanzverwaltung im Jahr 2000 einen Vertrag abschließen kann, dessen Bestandteile zum Teil Grundstücke sind, die dem Land nicht gehören. Das kann man nennen, wie man will. Ich sage, es ist nach wie vor nicht zu verstehen. Aber noch schlimmer finde ich, wenn dann die, die dieses Problem lösen müssen, beschimpft werden.
Es stimmt nicht, dass sich der Kultursenator nicht stark engagiert hätte. Noch im Herbst ist ein langfristiger Mietvertrag angeboten worden. In Ihrem Antrag sprechen
Sie von einem langfristigen Mietvertrag, äußern sich aber nicht dazu, was Sie als langfristig verstehen.
Aus der Presse konnte ich entnehmen, dass Sie als langfristig 20 Jahre mit einer Mietpreisbindung verstehen.
Es ist zu hoffen, dass der jetzige Betreiber bis 2008 seine ökonomischen Probleme lösen kann, dass die Insolvenz bald vom Tisch ist und die Situation sich bis 2008 stabilisiert hat und dass auch die Arbeitsplätze und Lehrstellen dann erhalten werden können.
Herr Schruoffeneger! Wir können alle Hilfe anbieten, die zur Bewältigung dieser Insolvenz nötig ist, aber Sie können mir nicht erzählen, dass die Investoren nicht im Hintergrund stehen, nur weil der Mietvertrag jetzt nur noch 3 Jahre läuft und nicht 15 Jahre, wie Sie das gern hätten. Wenn es so ist, kann man auch davon ausgehen, dass sich bis 2008, 2007 oder vielleicht schon im nächsten Jahr die Situation bereinigt hat.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lehmann-Brauns! Am Anfang Ihrer Rede war ich angenehm überrascht und dachte: Toll! Respekt vor Ihnen! Sie bleiben sachlich heute, nicht so wie im Kulturausschuss!
Aber ich habe mich getäuscht. Sie wollen ständig den Kalten Krieg ausgraben. Ich muss doch bitten, auch in der zukünftigen Diskussion eine sachliche Ebene einzuhalten, sonst kommen wir nicht weiter.
Mittlerweile hat sich ein großes Interesse an den Spuren der historischen Teilung in Berlin entwickelt. Wer sich für die jüngste Zeitgeschichte interessiert, kann dies in keiner anderen Stadt so erfahren wie in Berlin. Viele Touristen kommen nach Berlin, auf der Suche nach diesen Orten. Das jetzt vorliegende Konzept ist ein Baustein für den gesamten Bereich der Aufarbeitung der DDRGeschichte und SED-Diktatur.
Wir reden heute nicht über die Zeit nach 1945, sondern über die Berliner Mauer. Der Kultursenator geht in die richtige Richtung. Es ist gut und richtig, dass nun darüber diskutiert werden kann, wie die Mauergedenkstätten, die noch vorhandenen Mauerteile und Mauerreste, in ein Gedenkkonzept einbezogen werden können, und es ist höchste Zeit, dass wir uns dieser Aufgabe stellen. Besonders junge Menschen, die den Todesstreifen, die Mauer, die menschenverachtenden Abfertigungssysteme aus eigener Anschauung nicht mehr kennen, müssen die Möglichkeit haben, sich damit auseinander zu setzen. Wir
brauchen dazu besondere zeitgemäße pädagogische Konzepte, um die Vermittlungsarbeit zu konzipieren. Gedenkorte als Lernorte für Demokratie und das Erinnern als Prävention, um die kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Dimensionen und Kenntnisse zu vermitteln – Wandertage in den Schulen reichen dafür nicht aus.
Das Konzept nennt zwei Schwerpunkte: Die Bernauer Straße und den Checkpoint Charlie. Die Bernauer Straße als zentraler Ort zum Gedenken an die Mauer und die Opfer. Es ist unserer Meinung nach der richtige Ansatz, die Bernauer Straße als zentrales Gedenkstättengelände bis zum Nordbahnhof einzubeziehen. Wenn wir allerdings wollen, dass die Menschen mit den Füßen für die Bernauer Straße abstimmen, dann müssen Emotionen und Sinne angesprochen werden. – Berlin im Kalten Krieg: Man muss sehen und fühlen können, was nach dem Mauerbau die Welt erschütterte, wie Menschen sich aus den Fenstern stürzten oder abseilten – in die Freiheit oder in den Tod, in einer Straße, wo die Häuser im Osten standen und der Bürgersteig zum Westen gehörte –, viele wissen das gar nicht mehr. Dieses muss sinnlich erfahrbar gemacht werden.
Gerade an der Bernauer Straße kann unter Einbeziehung der noch vorhandenen Mauerreste mit Rekonstruktionen gearbeitet werden. Dort kann dargestellt werden, wie eine der brutalsten Grenzen der Welt mit mörderischen Sperranlagen ausgestattet war.
Nein, jetzt nicht.
Dazu gehört das Erinnern an die Opfer, das Erzählen von Fluchtgeschichten, die im Laufe von 28 Jahren stattfanden, aber auch das Erinnern an Leid und Elend getrennter Familien. Ich kann mich noch sehr gut an Menschen verachtende Situationen erinnern, als ich mit meinem Mann und unserem ersten Kind auf einer Aussichtsplattform stand und auf der anderen Seite, im Osten und weit entfernt, die Großeltern standen, die ihr Enkelkind nicht sehen durften.
Bei einem Ort der Information darf auch der Blick auf die Täter nicht fehlen, auf Grenztruppen, Mauerschützen und die politisch Verantwortlichen, und ich finde, es kann einen auch ruhig gruseln. Genau das ist im Museum am Checkpoint Charlie auf ganz vielen Ebenen erfahrbar – sinnliche, anfassbare Geschichte.
Allerdings darf das Gedenken am Checkpoint Charlie nicht privater Initiative überlassen werden. Es kann nicht sein, dass dort jemand sein privates Freiheitsdenkmal aufstellt.
Dr. Lehmann-Brauns
Diese Kreuze-Installation ist historisch unangemessen und ästhetisch äußerst fragwürdig, mit theatralischen Mitteln und Theaterdonner zum Totenacker aufgemischt – ein selbstgebasteltes Disneyland des Schreckens. Der Checkpoint Charlie ist ein wichtiger Ort von nationaler und internationaler Bedeutung. Dieser Ort kann nicht privaten, touristischen und finanziellen Interessen überlassen werden.
Es sind noch einige Fragen offen: An der Bernauer Straße müssen z. B. noch Grundstücksfragen geklärt werden und bezüglich der Finanzierung muss sich der Bund seiner besonderen Verantwortung bewusst werden. Ein Großteil der Gedenkstätten der SED-Diktatur befindet sich in Berlin, d. h. dass wir große Probleme mit der 50-prozentigen Finanzierung haben werden, die das Gedenkstättenkonzept des Bundes voraussetzt. Die Enquetekommission des Bundes empfiehlt, dass wegen der besonderen Bedeutung der Gedenkstätten in Berlin diese im Hauptstadtkulturvertrag berücksichtigt werden sollten. Hier ist dringend eine Weiterentwicklung geboten.
Ich will die wesentlichen Punkte noch einmal zusammenfassen: Die Spuren der Grausamkeit der Teilung sind für die Sinne darzustellen, und die wissenschaftliche Arbeit und die Dokumentationen sind fortzuführen. Es sind zeitgemäße Formen der Vermittlungsarbeit – besonders für junge Menschen – anzustreben. Die Finanzierung ist mit dem Bund zu klären, und das Vorhandene ist dauerhaft zu sichern und erkennbar zu vernetzen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Grütters! Ich habe gerade die Auslastungszahlen unserer landeseigenen Bühnen gelesen: 10 % an Restkarten, die günstig abgegeben werden könnten, sind immer drin – wenn nicht sogar noch mehr.
Das mag sein, aber es gibt genug andere, wo man die Restkarten erwerben kann.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Merken Sie es auch? – Es wird Frühling, die Hormone werden auf Trab gebracht, und die CDU entdeckt den Hunger auf Kultur,
nicht nur den Hunger auf Kultur, sondern den Hunger auf Kultur für Arme. „Kultur offensiv“ heißt es plötzlich. Der Senat wird aufgefordert, einen Berliner Kulturpass zu initiieren, der bedürftigen Berlinerinnen und Berlinern einen kostenlosen Besuch kultureller Einrichtungen ermöglicht. Finanziert werden soll die langfristige Aktion durch Spenden von Besuchern kultureller Einrichtungen, von Privatpersonen, Institutionen und Firmen.
Da kann ich nur sagen: Halleluja! – Da fällt mir doch sofort das Gleichnis vom armen Lazarus ein, der vergeblich auf Brotkrümel vom Tisch des reichen Prassers hoffte. Was Sie wollen, sind Almosen, und das könnte für Menschen mit schmalem Geldbeutel beschämend sein.
Richtig ist, dass es leider immer mehr Menschen gibt, die in die soziale Bedürftigkeit gerutscht sind.
Sie hatten zehn Jahre Zeit, das zu ändern!
Wir fördern unsere Kunst und Kultur in Berlin nicht nur für Wohlhabende. Das sind keine Almosen, sondern es ist ein Grundsatz von sozialer Gerechtigkeit, dass alle daran teilhaben können. Bei Ihren Recherchen haben Sie wahrscheinlich vergessen, dass es schon sehr viele Ermäßigungen gibt, angefangen von kostenlosen Eintritten in unsere landeseigenen und die staatlichen Museen, aber auch private Initiativen gewähren freien Eintritt. So bietet z. B. die Deutsche Guggenheim montags freien Eintritt in ihre Dependance Unter den Linden. Es muss gerechterweise daran erinnert werden, dass es schon lange Vergünstigungen für Kunst- und Kulturgenuss z. B. für Erwerbslose, Sozialhilfeempfänger, Jugendliche, Studierende und Rentner gibt. Nur einige Beispiele: Bei den Staatlichen Museen sind Kinder unter 16 Jahren generell frei, und donnerstags sind die letzten vier Stunden entgeltfrei für alle. Die Schaubühne bietet am so genannten Theatertag reduzierte Karten für 5,50 € an, das Maxim-Gorki-Theater nach Verfügbarkeit und Nachweis Karten für 8 €. Die Volksbühne ermäßigt um 50 %, verlangt aber mindestens 6 €. In der Opernstiftung gibt es auch sehr viele Ermäßigungen. Natürlich kann man noch Verbesserungen anstreben. So ist es z. B. unserer Meinung nach wichtig, dass gerade allen Schülerinnen und Schülern im Rahmen von kulturellen Bildungsangeboten Besuche in unseren Theatern und Konzerthäusern ermöglicht werden. Was aber als Allererstes gemacht werden muss – das ist meiner Meinung nach die einfachste Übung –, ist eine Zusammenstellung aller Vergünstigungen, die es im Kulturbereich gibt. Dann muss man überlegen, wie die Ermäßigungsberechtigten an diese Informationen kommen, und da könnte man z. B. an die Arbeitsagenturen, an die Sozial- und Bezirksämter denken. Das wäre der erste Schritt. Im Übrigen ist der Kultursenator schon sehr lange dabei, in Zusammenarbeit mit den Intendanten und Kultureinrichtungen zu überlegen, wie die Restkarten günstig abgegeben werden können. Das finde ich eine gute Initiative. Wie man das logistisch macht, muss natürlich geklärt werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion! Ihr Modell, das Wiener Modell, kann nur das letzte Glied in der Kette und nur ergänzend sein, und vor allen Dingen sollte dies ohne mediale Effekthascherei passieren.
Ich persönlich wollte auch nicht gern davon abhängig sein, dass reiche Leute gnädig ihre Schatullen öffnen, ein paar Klunker herausholen und unter den Tisch fallen lassen, damit ich in ein Theater gehen kann. Nein, vielen Dank!
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Ich finde, wir brauchen uns gar nicht so anzuätzen, sondern sollten uns überlegen, ob erstens die Ein-EuroKarte für Bedürftige als – ich nenne es mal – Last-LastMinute-Karte – etwa für Alg-II-Empfänger – möglich ist. Zweitens ist zu überlegen, ob man nicht einen Kulturpass analog dem Sozialpass für die BVG ermöglicht, der nicht mehr als dieser kosten sollte und für alle Karten eine 50prozentige Reduzierung beim Erwerb in einem Theater, Museum usw. erbringt. Allerdings ist die Frage: Wie kann man dies kompensieren? –, denn man muss natürlich sehen, wie die Erträge aus diesem Kulturpass verteilt werden und ob das reicht, um dann die Einnahmeverzichte der Theater zu kompensieren. Die dritte Möglichkeit ist – nur als ergänzendes Modell – das eben besprochene so genannte Wiener Modell. Das hat aber nur bei sehr gut besuchten Häusern Sinn, die im Grunde immer ausgelastet sind, wo eben dann die Last-Last-Minute-Karte keinen Sinn hat. Da, finde ich, kann man dieses Modell aus Wien übernehmen und sagen: Damit bei Häusern, die immer ausverkauft sind – z. B. bei Konzerten der Berliner Philharmoniker –, erwerbslose Menschen eine Chance haben, daran teilzunehmen, wird eine bürgerschaftliche Aktivität gefördert, durch die es uns gelingt, hier in Einzelfällen ein Kontingent freizuschaufeln, das bezahlt wird, insofern
kein Einnahmerisiko für die Häuser darstellt und an dem eben auch die einnahmeschwache Bevölkerung teilhaben kann. Man muss nicht das Eine gegen das Andere ausspielen. Aus meiner Sicht könnten sich die Initiativen ergänzen.
Die heutige Debatte geht zurück auf Überlegungen beziehungsweise ein Konzept aus dem Arbeitslosenbereich, das unter dem Dach des DGB entstanden ist. Wenn der ansonsten nicht besonders erfolgsverwöhnte Senator dies aufgreift, sollten wir ihn unterstützen und sehen, ob es ein realistisches Modell ist. Wir müssen es ernst nehmen, dass allen Bedürftigen, die Interesse an Kunst und Kultur haben, die Teilhabe ermöglicht wird. Es ist deshalb nicht sinnvoll, sich jetzt gegenseitig zu beschimpfen. Vielmehr müssen wir sehen, dass Menschen, für die selbst 8 € Eintrittsgeld für ein Theater unerschwinglich sind, Frau Lange, tatsächlich eine Chance eingeräumt wird, nicht ausgeschlossen zu sein. Das ist gesellschaftspolitisch, aber auch für die Heranbildung eines neuen, jungen Publikums sinnvoll. Wir wissen, wie viele Kinder in sozial schwachen Familien leben. Deshalb sollten wir versuchen, da wir genügend freie Platzkapazitäten in den Berliner Kultureinrichtungen haben, diese sinnvoll zu nutzen. Ich glaube, dass wir zu einer guten Lösung gelangen können.
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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Spitzentanz oder lahme Ente? – Frau Ströver! Nicht jeder hat Ihr Temperament, ich denke, das sollten wir einfach akzeptieren. Ich stelle noch einmal fest, dass wir heute zum Spitzentanz in Berlin reden.
Vorweg habe ich mir aus Ihrer Begründung einen Satz gemerkt, in dem Sie gesagt haben, dass zu weiteren Kürzungen im Kulturbereich aufgerufen werde. Uns ist außerhalb der mittelfristigen Finanzplanung nichts bekannt, das möchte ich feststellen. Wir reden zum Spitzentanz in Berlin. Dabei sollten wir uns nicht gegenseitig auf der Nase herumtanzen, sondern die Fakten klarstellen, und zwar ohne Schnörkel und Tütü. Ich hätte es besser gefunden, wenn wir uns zunächst im Ausschuss mit einer Anhörung ein Bild zur Situation des zeitgenössischen Tanzes hätten machen können. Wir haben dazu mehrere Besprechungspunkte angemeldet. Dieses nur vorweg, das finde ich schade.
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Dafür sind drei Punkte wesentlich: Die Präsenz auf der Bühne muss gewährleistet sein; das Tanzstudio muss zur Verfügung stehen, und es werden einige artists’ and residents’ rooms gebraucht. Der „Tanz im August“ als Berlins größtes Tanzfestival bringt viel Publikum ins Haus. Um die Qualität dieses Festivals halten zu können, reicht es meiner Meinung nach nicht aus, dem „Tanz im August“ nur im Monat August einen festen Aufführungsort zu geben. Beide Partner im Podewil müssen jetzt miteinander darüber reden, wie sich das Verhältnis untereinander klären lässt. Das Podewil bekommt ein neues Profil, daran müssen beide Partner arbeiten, die Tanzwerkstatt
und die neuen Betreiber. Es wird übrigens manchmal berichtet, dass sich die Szene nicht einig wäre. Ich kann das nicht bestätigen. Zum Beispiel war dieses Jahr der „Tanz im August“ nicht zuletzt deswegen ein großer Erfolg, weil die Tanzwerkstatt und das Haus sehr gut zusammengearbeitet haben.
Ansonsten hört man jedoch immer wieder, dass insgesamt Proben- und Produktionsräume fehlen. Die Gruppen bekommen für das Einstudieren von Stücken zwar Fördermittel, aber sie müssen viel Zeit aufwenden, um Probenräume zu finden. Das hat der Herr Senator bestätigt, das bestätigen Sie, Frau Ströver. Es gibt vielfach temporäre Angebote für die Dauer von einigen Stunden in Turnhallen oder in leerstehenden Fabrikräumen. Das ist gut, aber das reicht nicht. Mitunter müssen die Künstlerinnen und Künstler sich täglich neue Probenräume suchen. Manchmal ließ sich kein Probenraum finden, so dass die Fördersumme zurückgegeben werden musste. Der zeitgenössische Tanz interessiert sich gerade für außergewöhnliche Aufführungsorte. Eine gewöhnliche GuckkastenLösung wird nicht mehr bevorzugt. Vielleicht kann der Liegenschaftsfonds mit seinen vielen leerstehenden Gebäuden eine Lösung anbieten.
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Wenn es tatsächlich so ist, dass bei dem großen Projekt „Tanzplan Deutschland“, den die Kulturstiftung des Bundes mit 2,5 Millionen € jährlich umsetzt, auch ein Choreographiezentrum geplant ist, dann verstehe ich nicht, warum wir uns in Berlin nicht darum reißen, dieses Zentrum zu bekommen.
Als Erstes ist festzustellen, dass von einem Niedergang des Tanzes oder gar von einem Totentanz in Berlin nicht gesprochen werden kann. Der Tanz führt in Berlin mit einer Förderung von mehr als 3 Millionen € aus Mitteln des Landes und des Hauptstadtkulturfonds wirklich kein Aschenputteldasein. Wir haben in der Stiftung „Oper in Berlin“ das Staatsballett mit 88 Tänzerinnen und Tänzer, das, obwohl in Berlin reduziert, zurzeit in der Bundesrepublik die größte Ballettcompagnie ist. Wir haben mit Herrn Malakhov einen weltberühmten Künstler, der uns mit einem Vertrag bis 2009 Weltklasse bieten wird. Das Ballett hat einen Etat von 12 Millionen €, in dieser Spielzeit bietet es rund 100 Vorstellungen an. Darauf, Frau Ströver, müssten Sie doch stolz sein, dass wir Herrn Malakhov in Berlin haben. Schließlich haben Sie den Vertrag mit ihm unterzeichnet. Bei allen schmerzhaften Entscheidungen, die das Ballett betraf, bei allen Schwierigkeiten, die noch zu überwinden sind, darf das nicht schlecht geredet werden. Das schadet vor allen Dingen dem kulturellen Image unserer Stadt.
Wir können weiter nicht erkennen, dass der Stellenwert des klassischen und des modernen Tanzes in der Stadt abnimmt. Bei uns leben und arbeiten weltweit bekannte Künstlerinnen und Künstler, Berliner Künstlerinnen und Künstler arbeiten international.
Es gibt allerdings auch noch einige Punkte, die zumindest der Nachfrage bedürfen. Zum Beispiel das Kunsthaus Podewil. Der künstlerische Betrieb des Podewil in Mitte ist vor kurzem vergeben worden. Leider hatten die Betreiber der Tanzwerkstatt mit ihrer Konzeption keinen Erfolg. Ich bedauere das sehr, denn das hätte eine feine, kleine Lösung für ein Tanzhaus sein können.
Vor einigen Jahren ist das Podewil mit sehr viel Geld zu einem Ort des Tanzes umgebaut worden. Es gibt zwei Probebühnen, vier Probenräume, eine Bühne und ein sehr gutes Tanzstudio, das für viel Geld mit einem speziellen, tanzgeeigneten Boden ausgestattet wurde. Im Podewil soll nun mediale Performance-, Klang- und Medienkunst stattfinden. Es heißt weiter, dass die operative Basis für die Tanzwerkstatt im Podewil erhalten bleiben solle. Was heißt das? – Es kann heißen, dass es ein Büro gibt; es könnte aber auch heißen, dass die Tanzwerkstatt ein gleichberechtigtes Dasein im Podewil führen kann. Ich plädiere für das letztere.
Ein Zentrum, in dem der Tanz gefördert wird, in der Ausbildung, Forschung, Dokumentation, Produktion, Aufführung und Vertrieb unter einem Dach arbeiten. So ein Ort gibt Raum für neue Tanzformen, institutionalisiert und belebt als Koproduzent und Bindeglied im internationalen Austausch und bündelt die Szene inhaltlich und finanziell. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir bereits jetzt mehr als 3 Millionen € unter anderem auch für die Spielstättenförderung zur Verfügung haben. Mit der Förderung des Bundes oder Mitteln aus dem Projekt der Kulturstiftung würden wir nicht mehr Geld dafür benötigen. Die Ressourcen müssen nur gebündelt werden, dann hätten wir einen weiteren Leuchtturm, der international ausstrahlt.
Wir haben alle Zutaten dafür. Der „Tanz im August“ hat es gezeigt: In Berlin trifft sich die internationale Tanzwelt. Der letzte „Tanz im August“ hatte eine Auslastung von 88 % und mehr als 130 000 Besucherinnen und Besucher. Davon können unsere Opern nur träumen. Ich habe selbst versucht Karten zu bekommen, aber ich habe keine mehr erhalten.
Noch einmal zusammengefasst: Der Tanz in Berlin führt kein Schattendasein in der Stadt, aber es kann vieles gebündelt und verbessert werden. Es müssen noch einige
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Ich weiß nicht, wer von Ihnen vor ein paar Jahren auf der Berlinale den wunderbaren Eröffnungsfilm „I will dance“ gesehen hat, der von einem englischen Jungen aus einer entsetzlichen Gegend handelte, wo die „Industriekultur“ aus wirklichem Klassenkampf und aus Streiks besteht, die im Grunde bürgerkriegsähnlich ausgetragen werden. Aus diesem Elend tanzt sich dieses Kind – von der spießigen Gegend angefeindet als halber Schwuler – nach oben, wird einer freier Mensch. Ich glaube, dass wir in Berlin unendlich Bedarf nach Kulturformen haben, die so offen sind, dass Menschen aus ganz verschiedenen Kulturen, aus armen und reichen, die Bürgerskinder aus Zehlendorf und die anderen aus Neukölln, in einer gemeinsamen Sprache zusammenkommen, die Tanz heißen könnte.
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Das heißt jetzt nicht, dass ich die Tanzfrage ins Pädagogischen oder Soziokulturelle hinüberschieben möchte, sondern alles Soziale beginnt mit den Vorbildern, den großen, leuchtenden Dingen, den großen Institutionen und Bühnen. Was dort oben nicht stattfindet, kommt auch unten in der sozialen Wirklichkeit nicht an. Darum meine ich, dass wir alle Kräfte zusammennehmen sollten zur Verbesserung der zum Teil provinziellen, unzulänglichen Probensituation – eigentlich ganz unmöglich und undenkbar in einer Stadt, die das Privileg hat, leider durch eine Wirtschaftskrise unendlich viel Platz zu haben, wo man in der Tat sagen würde, hier muss der Staat zugreifen und helfen.
Nüsse geknackt werden. Wir sollten nur aufpassen, dass wie in Tschaikowskys Ballett der Nussknacker gewinnt und nicht der Mäusekönig.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schruoffeneger! Dringlich ist – um auf Ihre polemische Rede zu antworten –, dass unser Antrag nicht rückwärtsgewandt auf der Suche nach Schuldigen ist, sondern nach vorne guckt.
Es ist richtig und wichtig, dass es endlich Klarheit für die Stiftung Topographie des Terrors gibt, dass die unsägliche Situation an dem authentischen Ort der Täter jetzt endlich beendet wird. Wir wissen alle um die nationale und internationale Bedeutung dieses Ortes der Täter, dieses Ortes, von dem die Vernichtungsmaschinerie der Nazis in Gang gesetzt wurde. Es gibt einen breiten gesellschaftlichen Konsens, diesen Ort, an dem die Zentrale des Reichssicherheitshauptamtes war, an dem die Geheime Staatspolizei und die SS ihre Schreckenstaten geplant haben, als Ort der Erinnerung und gegen das Vergessen zu erhalten. Was sich auf diesem Gelände ab 1933 ereignet hat, gehört zum dunkelsten Kapitel in unserer Geschichte. Deshalb ist die Geschichte der letzten zehn Jahre des Baus des Dokumentations- und Besucherzentrums nicht
besonders rühmlich. Im Gegenteil, sie ist eine Niederlage. Hier nutzt es auch nichts, etwas zu beschönigen.
Aber dieser Misserfolg hat viele Eltern in seiner zehnjährigen Geschichte. Die Entscheidungen hat niemand allein getroffen. Dazu gehören der Bund, der Senat in wechselnder Besetzung, der Architekt, mangelnde Abstimmung zwischen der Stiftung und dem Architekten, die Pleiten der Baufirmen und vieles mehr. Bei Bund und Land hat es noch bis vor einem Jahr berechtigte Hoffnungen gegeben, dass der Bau des Dokumentationszentrums durch eine Reduzierung der Technik zügig und im vorgegebenen Kostenrahmen erfolgen könnte. Doch die Studie zur technischen Machbarkeit hat Risiken in einer Größenordnung offen gelegt, die ohne Beispiel waren, z. B. einen sehr hohen Technikeinsatz, hohe Betriebskosten usw. Dies rechtfertigt unseres Erachtens die Tatsache, den Zumthorbau nicht weiterzubauen. Es ist müßig, rückblickend nach Schuldigen zu suchen. Der Antrag der Grünen wurde von uns daher im Kulturausschuss abgelehnt. Auch den Antrag der FDP, der ebenfalls wenig Neues ergibt und nicht vorwärtsgerichtet ist, lehnen wir ab.
Wichtig ist, zwischen Stiftung und Bau zu differenzieren. Der Problemfall war der Bau und nicht die Stiftung.
Trotz aller Missstände und Behinderungen um den Bau hat die Stiftung in den letzten Jahren großartige Arbeit geleistet. 300 000 Menschen besuchten das Gelände im letzten Jahr. Mehr als 1 000 Führungen fanden statt. Deshalb ist es die Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass jetzt alle Maßnahmen ergriffen werden, damit das Bauvorhaben unverzüglich realisiert wird. Die Stiftung Topographie des Terrors muss umfassend in alle Planungen und in die Realisierung einbezogen werden. Durch Symposien und einen neuen Wettbewerb sollen die Bedürfnisse aktualisiert werden. Jetzt muss genau herausgefunden werden, was für die Arbeit der Stiftung wichtig ist.
Für uns ist wichtig, dass die Arbeit der Stiftung umfassend dargestellt wird und Raum findet. Zu berücksichtigen sind das Gedenkstättenreferat, die Bibliotheksarbeit, Räume für Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen, für den internationalen wissenschaftlichen Austausch und vor allen Dingen für die Forschungsarbeit. Die Forschungsarbeit wird in ihrer Bedeutung durch die EU-Osterweiterung eine neue Dimension bekommen.
Nein, jetzt nicht!
Eine unseres Erachtens zentrale Aufgabe ist es, die pädagogische Arbeit in diesem Konzept als Lernerfahrung für ein demokratisch-politisches System zu sichern. Dieser Aufgabe kann die Stiftung nur
Schruoffeneger
nachkommen, wenn ausreichende Räume zur Diskussion mit den vielen Schulklassen zur Verfügung stehen.
Nach den Erfahrungen der letzten Jahre brauchen wir kein neues Denkmal, keine architektonische Selbstverwirklichung, sondern Baulichkeiten, die das Gelände für sich sprechen lassen und der Stiftung die satzungsgerechte Arbeit ermöglichen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ströver! Unterschiedliche Sichtweisen gehören zum Wesen der Demokratie. Darin sind wir uns doch einig. Diejenigen, die geehrt werden sollen, werden aus der Mitte der Berliner Bevölkerung vorgeschlagen, und es liegt an uns und an Ihnen, die zu Ehrenden vorzuschlagen. Zu sagen, der Regierende Bürgermeister wähle hierbei aus, das weise ich energisch zurück.
Kuriosität. Als einziges Bundesland verleiht es den „Professor ehrenhalber“, einen wissenschaftlichen Titel, der bei uns auf Vorschlag und durch den Regierenden Bürgermeister verliehen wird.
Wir meinen, dass wissenschaftliche Titel, auch wenn sie ehrenhalber vergeben werden, von wissenschaftlichen Einrichtungen vergeben werden sollten, aber nicht vom Regierenden Bürgermeister.
Ja, es ist eine Berufsbezeichnung. Aber schauen Sie sich einmal die Vergaberegelung an! Dort wird es als Ehrung verstanden und als sonst nichts, Herr Hahn!
Wir wollen diesem Unfug ein Ende bereiten und die Vergabe der Professur ausschließlich an die Hochschulen im Land Berlin zurückgeben.
Völlig absonderlich wird es, wenn man sieht, wer in diesem Land bestimmte Orden und Ehrungen bekommt. Wenn man sich die betreffenden Listen anschaut, muss man erkennen, dass mehr politische Kumpanei als echte Leistung für die Gesellschaft Vergabekriterium für den einen Orden oder die andere Auszeichnung ist.
Auch die Art und Weise, wie manche Menschen dabei behandelt werden, gibt zu denken. Ich möchte nur darauf hinweisen, wie die jüngste Liste zur Vergabe der Stadtältesten würde zu Stande gekommen ist. Bei diesen Vorschlägen darf das Parlament zustimmen. Da findet sich eine Persönlichkeit wie Jutta Limbach neben dem einen oder anderen Bezirkspolitiker, bei dem die Begründung für die Vergabe darin besteht, dass er einen parteiinternen Arbeitskreis geleitet hat. Meine Damen und Herren! Halten Sie das für ein transparentes Verfahren? – Wir jedenfalls nicht.
Schamrot haben die Damen von PDS und SPD im Ausschuss nach unten geschaut, als sie bemerkt haben, wie hoch der Anteil der Frauen bei all diesen Ehrungen ist. Summa summarum liegt er bei 10 %.
Nein, jetzt nicht!
Viele Frauen haben diese Stadt mitgeprägt, haben herausgehobene Leistungen in der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und geistigen Arbeit erbracht und sich besondere Verdienste um Berlin erworben. Eine Möglichkeit für die Ehrung von Frauen besteht z. B. in der Benennung von Straßen und Plätzen in Berlin. Aber auch hierbei sind Frauen im Stadtbild unterrepräsentiert, und auch hier gilt es zu handeln.
Das Gleiche gilt auch für die Berlinerinnen und Berliner, die nicht aus Deutschland stammen oder die im Ostteil der Stadt aufgewachsen sind. Aber auch hier liegt es an uns, Vorschläge und entsprechende Anregungen zu unterbreiten. Insgesamt jedoch sehen wir keinen Bedarf für Verwaltungshandeln. Ich meine, die Senatskanzlei hat in der Tat wichtigere Dinge zu erledigen. Darin sind wir uns in der Koalition einig.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Ströver! Ich danke Ihnen für die Anregung, dass die beste Unterstützung für die Opern der Kauf einer Eintrittskarte ist. Ich kann dazu von einem Projekt aus der Sozialdemokratie berichten. Wir haben ein Projekt gestartet: Genossen in die Oper. Wir waren in der Deutschen Oper und haben fast 100 Karten gekauft. Wir werden auch in die anderen Opern und Theater gehen. Ich kann es nur zur Nachahmung für die anderen Parteien empfehlen.
Im November wurde vom BAT-Forschungsinstitut in Hamburg eine Statistik veröffentlich, wonach Berlin nach Auffassung von 71 % der Bundesbürger die Stadt mit der größten kulturellen Attraktivität in Deutschland ist. Damit rangieren wir vor München, Hamburg und Dresden. Wenn wir uns heute für die Opernstiftung entscheiden, beweist diese Koalition, dass der Erhalt der kulturellen Substanz kein Lippenbekenntnis ist und wir die langfristige Entwicklung eines kulturellen Profils als europäische Metropole wollen.
Außerdem werden wir in Berlin ein Modell entwickeln, das wegweisend für die gesamte Kulturlandschaft der Bundesrepublik sein kann. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal allen danken, die an diesem Projekt beteiligt waren, ganz besonders aber der Kulturstaatsministerin Frau Dr. Christina Weiss!
Dann gilt es auch endlich, ein gemeinsames Ticket- und Marketing einzuführen. Die lange Nacht der Museen beispielsweise wurde von Berlin aus in der ganzen Republik kopiert. Warum soll nicht eine lange Nacht der Oper in Berlin stattfinden? Das Publikum ist da.
Was den Zuwendungsvertrag angeht, muss ich doch noch einmal Kritik üben: Sehr gegehrter Herr Senator, wenn uns der Zuwendungsvertrag rechtzeitig vorgelegen hätte – zumindest in Eckpunkten –, hätten wir uns viel Arbeit und Ärger erspart.
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die per Gesetz zur Stiftung übergehen, gilt der Berliner Anwendungstarifvertrag. Diese tarifliche Bindung kann nicht vor Ablauf von zwei Jahren geändert werden. Es wird dann ein Bündnis für die Bühnen geben. In diesem Zusammenhang muss auch mit den Orchestermusikern verhandelt werden. Angebote liegen bereits auf dem Tisch.
Mit der Errichtung des Ballettbetriebes werden die Rahmenbedingungen für Ballett und Tanz geschaffen, damit sich dieses große künstlerische Potential in der Stadt entfalten kann. Gestern Abend, bei der Verleihung des Kulturgroschens an William Forsyth, wurde von der Befreiung des Tanzes von der Oper gesprochen. Hier in Berlin braucht der Tanz unsere Unterstützung, um sich als künstlerisch autonome Sparte entwickeln zu können.
Ja, da kann man ruhig einmal klatschen. – Interessant ist, dass es ganz neu einen Lehrstuhl für Tanz an der FU
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Die CDU war deshalb aus grundsätzlichen Erwägungen und im Interesse der Opern bereit, dem Gesetz zur Errichtung dieser Stiftung im Parlament zuzustimmen, wenn einige sehr erhebliche Mängel des vorliegenden Gesetzentwurfes noch beseitigt worden wären.
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Zum einen: Die Stiftung kann nur dann erfolgreich arbeiten, wenn sie nicht mit voraussehbar unzureichenden Zuwendungen arbeiten muss oder gar mit Altschulden belastet wird. Unsere Zweifel in Bezug auf die Altschulden, lieber Herr Senator, konnten Sie allerdings leider nicht ausräumen. Wir können nur hoffen, dass Sie dafür allem Anschein zum Trotz noch eine Lösung finden. Anderenfalls muss man erwarten, dass die Finanzausstattung notgedrungen früher oder später zur Fusion zwingt. Dann wäre die schöne Stiftung nur ein Alibi.
gibt. Hier entwickeln sich spannende Synergien zwischen Wissenschaft und Kunst in Theorie und Praxis.
Von der Opposition wird bemängelt, dass der Finanzsenator im Stiftungsrat sitzt. Ich kann damit leben. Es ist doch immerhin die große Chance damit verbunden als Bildungsmaßnahme für den Finanzsenator, der größte Opernfan aller Zeiten zu werden. Das ist doch alles noch offen.
Die Stiftung ist ein Modell für die Zukunftsfähigkeit der Kultur in unserer Stadt. Durch die Unterstützung des Bundes kommt zusätzliches Geld. Okay, wir hätten noch mehr Geld gebrauchen können, aber in Zeiten von Haushaltsnotlagen ist kein Platz für Luftschlösser und Wunschkonzerte. Die Stadtkasse ist leer, und darum bin ich froh, dass wir aus Verantwortung nicht das Tafelsilber unserer Stadt, unsere kulturellen Schätze, aufs Spiel setzen.
Wir brauchen jetzt alle Kräfte, um diese Arbeit zu Ende zu bringen. Wir brauchen jetzt den Rückenwind. Ich glaube, wir können neugierig und gespannt sein, wie sich das Stiftungsmodell entwickelt. Wir brauchen publikumswirksames klassisches Musiktheater, aber wir brauchen auch Raum für künstlerische Experimente an unseren drei Opern. In diesem Sinne: Vorhang auf und Bühne frei. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Erstaunen habe ich heute Morgen die dringlichen Änderungsanträge der Opposition zur Kenntnis genommen. Ich finde es erstaunlich, welch harter Konkurrenzkampf zwischen der Opposition deutlich wird – in allen Politikfeldern und nun auch noch in der Kulturpolitik. Von der Opernlandschaft zur Seifenoper, kann ich dazu nur sagen. Die Vorschläge gehen von mehreren Stiftungen, zwei, drei Stiftungen, mit AG darunter, aus, eine konzeptionelle Verbesserung des vorgelegten Opernkonzeptes kann ich darin nicht erkennen.
Ganz verrückt ist es, die Idee aufzuwärmen, die Staatsoper dem Bund zu übergeben – jetzt, nachdem viele Monate um ein Modell gerungen wurde, das von allen getragen werden kann, finde ich es unseriös und populistisch, in der Öffentlichkeit zu vermitteln, der Bund könnte die Staatsoper übernehmen. Frau Weiß hat in harten Kämpfen mit Herrn Eichel darum gerungen, 22 Millionen € für die Opernstiftung zu erhalten. Die Staatsoper kostet 44 Millionen €, plus einer Summe x für den Sanierungsbedarf. Dieses Geld ist beim Bund schlicht und einfach nicht vorhanden, das muss auch die Opposition hier und im Bund zur Kenntnis nehmen.
„Sammelsurium statt Systematik – Senat hat kein Konzept für die Hauptstadtkultur“ oder „Fällt die Kulturmetropole in ein Haushaltsloch“? Allein schon die Vorstellung ist grausig. Ein Haushaltsloch ist eine elende Behausung für eine Metropole.
Wie man sieht, hat Kassandra Konjunktur: Die Zahl der Schwarzmaler steigt täglich. Ist das Glas halb voll oder halb leer? Ist die Stadt am Ende? – Da fragen wir uns doch lieber, welche Stärken und welche Zukunftschancen unsere Stadt hat.
Wir haben nicht nur ein interessantes kulturelles Angebot, wir haben auch ausreichende und preiswerte Wohnungen,
gute Bildungsangebote und ausreichende Kitaplätze, die immer noch im Verhältnis zu anderen Kommunen bezahlbar sind. Berlin zählt zudem mit seiner Historie, seiner kulturellen Vielfalt und seiner geographischen Lage zu einer der interessantesten europäischen Hauptstädte.
Auf jeden Fall hat das Urteil eines bewirkt: Wir alle sind in der politischen Verantwortung. Darum sind auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, aufgefordert, mitzutun.
Konfrontation bringt uns nichts.
Wir bieten die Zusammenarbeit an. Es wird keine Liebesheirat sein, die wir Ihnen anbieten. –
Das finde ich auch, aber es geht nicht anders, Herr Lindner! – Dass Sie als einzige Mitgift das Verfassungsurteil mitbringen, ist ein bisschen wenig für eine Liebesheirat, und so kann es nur eine Vernunftehe auf Zeit sein.
Nebenbei gesagt: Wir Kulturpolitikerinnen und -politiker haben es nicht so schwer, miteinander zu arbeiten, da wir in allen Fraktionen als Paradiesvögel gelten, sehr oft gegen Windmühlen kämpfen und gemeinsame Interessen haben. Also, meine Damen und Herren: Unser Angebot steht.
Das Motto ist: Alles bleibt anders. Karl Valentin hatte Recht, als er sagte: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. – Es hat viel Arbeit gemacht, unsere drei Opernhäuser in Berlin zu erhalten, und eines will ich an dieser Stelle sehr klar sagen: Berlin leistet sich nicht drei Opernhäuser, sondern Berlin hat drei Opernhäuser.
Trotz aller Kritik sollten wir uns freuen, dass die Stiftung endlich auf den Weg gebracht wurde. Die destruktive Debatte der letzten Jahre hat der Opernlandschaft in Berlin und damit der Kultur insgesamt geschadet. Jahrelang haben sich alle Kultursenatoren an der so genannten Bühnenstrukturreform versucht. Offensichtlich nicht ins Gelingen verliebt, ließen sie meterlange Studien ausarbeiten, unzählige Kommissionen zusammentreten und blieben immer erfolglos.
Kultur ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor geworden. Kultur schafft Arbeitsplätze, und das gilt gerade für Berlin. Deshalb sollten wir dringend überlegen, wie Existenzgründung und Beschäftigungsprogramme auf die Belange und Bedingungen der Kulturwirtschaft zugeschnitten werden können. Unsere Kultureinrichtungen kosten nicht nur, sie erwirtschaften auch einiges. Kulturwirtschaft in Berlin, privat oder öffentlich, ist ein ökonomischer Schlüsselsektor.
Wir tragen die Verantwortung für dieses kulturelle historische Erbe, gemeinsam mit der Unterstützung des Bundes.
Dennoch kann nichts so bleiben, wie es ist. Das gilt nicht nur für die Opern, sondern auch für die Theater. Wir müssen die Weichen für die Zukunft stellen. Für die Beteiligten heißt das, dass sie sich auf veränderte Bedingungen einstellen müssen. Dies beinhaltet Kostensenkung durch Synergien und Einnahmesteigerungen durch entsprechende Marketingsteigerungen.
Durch die Stiftungsgründung sollen ökonomische und kulturelle Voraussetzungen für eine hochwertige und qualifizierte Profilbildung der Häuser geschaffen werden. Die Vorteile liegen in der Reduzierung der Aufgaben, vereinfachten Betriebsabläufen, einheitlichen Tarifverträgen und Zentralisierung von Serviceaufgaben.
Mit dieser Senatsvorlage stehen wir alle am Anfang eines langen Weges. Viele Fragen sind noch zu klären. Herr Senator Flierl, das Parlament erwartet von Ihnen noch ergänzende Informationen. Wir erwarten ein Modell, welches Quersubventionierungen ausschließt.
In den Wirtschaftsplänen muss für das Parlament schlüssig dargelegt werden, wie die geforderten Einsparungen umgesetzt werden. Wie werden zum Beispiel die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestärkt, zum Beispiel in Fragen der betrieblichen Mitbestimmung oder der Personalrückkehrrechte? Wie sieht das Konzept für die Service GmbH aus? Wie werden die Werkstätten die geforderten Einsparungen erbringen?
Und wie sieht das künstlerische Konzept der Ballett GmbH aus? Die vorgesehenen 88 Tänzer/-innenstellen müssen zwei Häuser bespielen. Hier stellt sich die Frage, ob eine eigene Ballett GmbH überhaupt erforderlich ist und ob es nicht sinnvoll ist, das Ballett an ein Haus zu binden und mittels Kooperationsverträgen an die anderen Häuser zu verpflichten. Sehr geehrter Herr Senator, wir brauchen diese ergänzenden Unterlagen, um dem Parlament eine qualifizierte Beratung zu ermöglichen und Änderungsvorschläge einzubringen.
Um den Kritikern die Sorge zu nehmen, dass eine Stiftungsgründung auf ewig sein muss, sei darauf hingewiesen, dass extra im Gesetz festgeschrieben wurde, dass diese Stiftung per Gesetz aufgelöst werden kann, und auch der Stiftungszweck kann per Gesetz geändert werden. Ich finde es auch gut und richtig, dass in diesen Fällen das Parlament mitredet.
Wir haben in Berlin drei Opern. Dies ist ein Faktor, den wir international einsetzen müssen. Das bedeutet, weltweit für Besuch in unseren Opern zu werben. Für die Opernlandschaft heißt dies aber wiederum, jeden Tag in der Woche und das ganze Jahr hindurch muss eines der drei Häuser bespielt werden.
Von dieser Koalition wird diese längst überfällige Reform systematisch vorangebracht.
Zu einer Systematisierung gehört jedoch die gesamte Kulturlandschaft, und wirkliche Sorgen müssen wir uns meiner Meinung nach um die freie Szene machen, die ja für die so genannte Hochkultur wesentliche künstlerische Impulse liefert. Ich verwende diesen Begriff der „Hochkultur“ wirklich ungern, weil ich der Meinung bin, dass es keine Hochkultur gibt, sondern nur viel Künste nebeneinander, die gleichberechtigt sind.
Ich behaupte sogar: Kürzungen im nichtinstitutionalisierten Bereich sind existenzbedrohend, und hier müssen wir gegensteuern.
Ja! – Aber auch die kulturelle Bildung ist für unsere Gesellschaft unverzichtbar, deshalb werde ich mich dafür einsetzen, dass der Bildungsauftrag unserer Theater und Opern auch für die Kindergärten und Schulen, für schulische und vorschulische Ganztagseinrichtungen gilt.
Wenn wir in die ästhetische Erziehung unserer Kinder nicht mehr investieren, dann wird später das Publikum für unsere teueren Opern fehlen. In diesem Sinne ist Kultur im besten Sinne des Wortes eine Zukunftsaufgabe.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Acht Bilder zum Nachdenken, ob es so weitergeht“, heißt ein Werk von Martin Kippenberger, das zur Sammlung Flick gehört und demnächst in Berlin zu sehen sein wird. Darauf kann man nur
bauen, dass dies auch so passiert. Wir sind der Meinung, dass die Geschichte dieses Erbes aufgearbeitet werden muss. Das kann man aus unserem Antrag erkennen. Wir wollen die gesellschaftliche Diskussion. Wenn Sie sagen, Frau Ströver, fünf Monate sei noch Zeit bis zur Eröffnung, dann kann auch in der Stiftung noch einiges passieren. Ich bin sicher, wenn wir unseren Antrag verabschiedet haben, dass dann auch die Arbeit losgeht.
Bei der Sammlung Flick handelt es sich einerseits um bedeutende Werke der zeitgenössischen Kunst, die eine sinnvolle Ergänzung und Bereicherung der vorhandenen Sammlungen moderner Kunst im Hamburger Bahnhof darstellen. Andererseits steht der Namen Flick wie kein anderer für die Verflechtung von Großkapital und Politik. Als Steigbügelhalter Adolf Hitlers machte der Großvater des Sammlers, Friedrich Flick, sein Vermögen mit Rüstungsgeschäften. Wir meinen, gerade in Berlin, wo mehr als 400 000 Menschen aus über 20 Nationen Zwangsarbeit leisten mussten, ist es besonders wichtig, diese Geschichte aufzuarbeiten. Dieser historischen Verantwortung kann sich der Flick-Erbe nicht entziehen, und ich bin sicher, er wird es auch nicht tun. Es geht nicht um die Illusion, die Kunst in ungestörten, reinen Verhältnissen zu zeigen. Aufarbeiten, auseinander setzen heißt nicht reinigen, sondern sich der Verantwortung stellen. Gerade Kunst konfrontiert uns gelegentlich mit dem Schmutzigen, dem Subversiven, der unschönen Wirklichkeit. Bekanntermaßen enthält die Sammlung Flick gerade Arbeiten solcher Künstlerinnen und Künstler, die tabuisierte Fragen stellen. Vielleicht ist auch die Art und Weise, mit der der Sammler seine Sammlung zusammengetragen hat, seine eigene Art, sich mit der Firmengeschichte auseinander zu setzen. Ich will das nicht beurteilen. Aber die Kunst, die gesammelt wurde, ist genau die Kunst, die von den Nazis als entartet hätte bezeichnet werden können.
auch schon diskutiert wurde, im Kontext der Ausstellung dokumentieren.
Nun habe ich mich vor der heutigen Abstimmung erkundigt und gefragt, was bisher passiert sei. Das Ergebnis ist: Es ist nichts passiert. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat bisher außer einem einzigen Gespräch nichts unternommen, um im Zusammenhang mit der Präsentation, die in fünf Monaten beginnen wird, etwas in Gang zu setzen. Das geht so nicht. Wir müssen die Rolle von belasteten Familien diskutieren müssen.