Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 22. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie alle, insbesondere unsere Gäste und Zuhörer, den Senat von Berlin sowie in besonderer Weise die Medienvertreter. Ich freue mich, dass Sie alle gekommen sind.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich einiges Geschäftliches mitzuteilen. Am Montag sind vier Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:
1. Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS zum Thema: „Abfallentsorgungsplan auf der Kippe, falsche Gebührenabrechnungen, zu hohe Sanierungsrückstellungen – die Probleme bei der BSR lösen!“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Rekordarbeitslosigkeit, Pleitenwelle, Steuer- und Abgabenerhöhung – Senat ignoriert die Sorgen der Arbeitnehmer und Unternehmen“,
3. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Jetzt auch Sony? Wirtschaftsstandort Berlin in der Krise – neue Wege braucht das Land!“,
4. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Unverschuldete Haushaltsnotlage und Millionenverschwendung – wie passt das zusammen?“.
Im Ältestenrat haben die Fraktion der SPD und die Fraktion der PDS sowie die Fraktion der Grünen ihre Aktuellen Stunden zurückgezogen und sich für die Behandlung des Antrags der Fraktion der FDP ausgesprochen. Gestern hat auch die Fraktion der CDU ihren Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Stunde zurückgezogen, sodass ich unter dem Tagesordnungspunkt 2 heute die Aktuelle Stunde mit dem Thema auf Antrag der FDP aufrufen werde.
Dann möchte ich Sie wieder auf die Ihnen vorliegende Konsensliste und auf das Verzeichnis der eingegangenen Dringlichkeiten hinweisen. Sofern sich gegen die Konsensliste bis zum Aufruf des entsprechenden Tagesordnungspunkts kein Widerspruch erhebt, gelten die Vorschläge als angenommen. – Über die Anerkennung der Dringlichkeit wird dann wieder jeweils an entsprechender Stelle der Tagesordnung entschieden.
rer heutigen Sitzung die nachstehenden Mitglieder des Senats entschuldigen: Der Regierende Bürgermeister wird ab etwa 20.20 Uhr abwesend sein, weil er zur Vorbesprechung der Ministerpräsidenten für die am Freitag stattfindende Bundesratssitzung gehen muss. Der Herr Bürgermeister und Senator Wolf wird eventuell ab 19.00 Uhr abwesend sein, weil es ein Spitzengespräch beim Deut
schen Industrie- und Handelskammertag geben wird. Herr Senator Körting wird ab 19.00 Uhr abwesend sein, um am Festakt anlässlich der Verleihung des Heinz-GalinskiPreises an den Vizekanzler und Bundesaußenminister Joschka Fischer teilnehmen zu können. Und Herr Senator Böger ist ganztätig abwesend, um an der Sportministerkonferenz in Saarbrücken teilzunehmen.
Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat der Abgeordnete Ralf Wieland von der Fraktion der SPD über
1. Trifft es zu, dass die RoncalliGruppe im April 2002 ein Konzept für die Nutzung des Gendarmenmarktes für einen historischen Weihnachtsmarkt im Bezirksamt Mitte eingereicht hat und bis heute noch keine Entscheidung getroffen wurde?
2. Wie bewertet der Senat die Auswirkungen dieses langsamen Vorgehens seitens des Bezirkes für das Land Berlin in Bezug auf den Tourismusstandort Berlin und auf den Wirtschaftsstandort Berlin?
Danke schön, Herr Abgeordneter! – Für den Senat beantwortet diese Anfrage Herr Senator Strieder. – Bitte schön, Herr Strieder, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! In der Tat plant das Unternehmen Roncalli auf dem Gendarmenmarkt einen Weihnachtsmarkt, im historischen Gewand. Das Bezirksamt Mitte hat uns mitgeteilt, dass mit der Firma Roncalli besprochen worden sei, dass das positiv gesehen werde, dass aber gegenwärtig die Modalitäten noch im Einzelnen abgestimmt werden. Da ein solcher Weihnachtsmarkt auch eine Vorlaufzeit braucht – in der Organisation, in der Ausgestaltung und in der Bewerbung –, wäre es sicherlich hilfreich, wenn nun endgültig alles klargemacht würde und das Bezirksamt Mitte dem Unternehmen mitteilte, dass man die Initiative sehr gern sieht und dass man jeden Beitrag zur Belebung der Innenstadt unterstützt.
Herr Senator Strieder! Würden Sie mir folgen können, dass dieses Verhalten des Bezirksamtes, das sich auch an anderen Punkten wie der Lichterkette oder der Genehmigung der Eisbahn Unter den Linden deutlich macht, unnötigerweise den Leuten Vorschub leistet, die die Kompetenzen der Bezirke begrenzen wollen?
Herr Abgeordneter! Es ist in der Tat ärgerlich, dass zum Beispiel das Projekt der Beleuchtung von 386 Linden auf der Straße Unter den Linden mit der Eisbahn wieder so ins Gerede gekommen ist, weil der Bezirk Mitte es abgelehnt hat. Sie wissen, dass wir das genehmigt haben. Gegenwärtig wird von den Berlinerinnen und Berlinern mit den Füßen darüber abgestimmt. Ich kann jedem empfehlen, dort mal abends hinzugehen. Es ist eine sehr schöne Stimmung, viele Leute gehen dort hin und erfreuen sich daran. Ich meine aber nicht, dass man wegen eines einzelnen Bezirksamts die Bezirke und deren Kompetenzen gleich in Frage stellen sollte. Wir brauchen die Bezirke, sie leisten wichtige Arbeit.
Aber es wäre schon hilfreich, wenn alle Bezirke bei der Belebung der Innenstadt mit dem Senat an einem Strang zögen. Berlin attraktiv zu machen, das hat etwas mit Wirtschaft und Arbeitsplätzen zu tun, und da können wir uns nicht eine dauernde Bedenkenträgerei leisten, sondern müssen auch in den Bezirken viel schneller entscheiden.
1. Ist dem Senat bekannt, dass die letzte Tarifanhebung im öffentlichen Personennahverkehr nicht die erhofften Mehreinnahmen gebracht, sondern im Gegenteil erhebliche Verluste verursacht hat, und wenn ja, wie hoch sind diese Verluste voraussichtlich?
2. Ist es richtig, dass die Verkehrsunternehmen in Berlin insbesondere durch die von Senator Strieder durchgesetzten neuen Tarifmaßnahmen – Berlin-Ticket etc. – erhebliche finanzielle Verluste erlitten haben, weil entgegen der Erwartung von Senator Strieder dadurch keine zusätzlichen Fahrgäste gewonnen werden konnten?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Die Anfrage beruht auf falschen Annahmen. Die Tarifpolitik des Senats ist seit dem Jahr 2000 innovativ und erfolgreich. Wir haben bei BVG und S-Bahn seit dem Jahr 2000 17 Millionen mehr Fahrgäste. Das ist, glaube ich, der bes
te Beweis dafür, dass die Unternehmen gut arbeiten und dass die Tarifpolitik auch angenommen wird. Durch die Senkung der Preise für die Schülertickets und die Einführung der Geschwisterkarte haben wir allein in diesem Bereich eine Steigerung von 26 % zu verzeichnen. 357 000 Tickets sind an die Schülerinnen und Schüler zusätzlich verkauft worden. Dies ist nicht nur ein wirtschaftlicher Erfolg, sondern das prägt natürlich auch das Mobilitätsverhalten künftiger Generationen, die jetzt lernen, sich mit Bussen und Bahnen durch die Stadt zu bewegen. Die Berechnung der BVG ist im übrigen diesbezüglich falsch: Die BVG sagt, sie habe trotz der Steigerung, wegen der Kostenabsenkung Einnahmeverluste von 4 Millionen €. In Wirklichkeit hat die BVG aber eine Steigerung von 13 Millionen € durch die Zuschüsse des Landes Berlin nach § 45 a Personenbeförderungsgesetz erhalten, so dass sich diese Tarifmaßnahme am Ende positiv für BVG und S-Bahn ausgewirkt hat.
Die Tarifpolitik des Senats hat im übrigen dazu geführt, dass es endlich gelungen ist, das Semesterticket an den Universitäten einzuführen. Auch an der HumboldtUniversität hat die Studentenschaft gegen die Studentenvertretung entschieden, sich am Semesterticket zu beteiligen – auch das ist ein Erfolg.
Die neu eingeführte Welcome-Card der BVG und der S-Bahn hat eine Steigerung von 199,7 % gebracht. Die 7Tageskarte ist um 35,2 % gestiegen. Sie wissen, dass die BVG – und nicht wir! – die Kleingruppenkarte abgeschafft hat. Das führte zu einem Einnahmeausfall von 7,9 Millionen €, und genau das ist der Betrag, um den die Einnahmen von BVG und S-Bahn allein aus dem Ticketverkauf gesunken sind. Nimmt man die Steigerungen der Zuschüsse des Landes Berlin für die Schülerbeförderung mit dazu, so gibt es eine Steigerung der Einnahmen.
In der Tat ist einzuräumen – und das wird auch von der BVG so gesehen –, dass das Berlin-Ticket nicht ordentlich beworben worden ist. Wenn man für den neuen Fahrausweis nur gegenüber den schon vorhandenen Fahrgästen wirbt, dann erreicht man natürlich nur ein Umsteigen auf einen anderen Tarif. Man hat damit keine neuen Kunden richtig akquiriert, denn dazu müsste man außerhalb von Bussen und Bahnen Werbung betreiben. Dies ist leider unterlassen worden, und das muss jetzt geschehen.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Akzeptanz des neuen Tarifsystems sich an den erhöhten Fahrgastzahlen zeigt, und dass es keine Einnahmeausfälle bei der BVG gibt, wenn man die Zuschüsse des Landes Berlin hinzurechnet. Die Einnahmen der BVG liegen derzeit schon 20 Millionen € über den kalkulierten Einnahmen nach dem Sanierungskonzept BSU 2000. Auf der Einnahmeseite hat die BVG kein Problem. Wenn sie ein Problem hat, so liegt dieses auf der Ausgabenseite. Darüber sind wir mit der BVG intensiv im Gespräch. Es geht nicht an, den Kunden, die auf Busse und Bahnen angewiesen sind, immer nur zu sagen: Wir erhöhen eure Preise, aber intern machen wir nicht genügend. Die BVG hat
mehr Einnahmen erzielt als im Sanierungskonzept unterstellt ist. Sie bleibt mit der Ausgabenreduzierung hinter dem Sanierungskonzept zurück. Das ist eine Leistung, die die BVG noch nachholen muss und nicht eine Frage der Tarifpolitik des Senats.
Herr Senator Strieder, Sie haben meine Frage nur partiell beantwortet. Sie reden immer nur von der BVG. Sollten Sie tatsächlich so schlecht informiert sein, dass Sie nicht wissen, dass bei beiden großen Verkehrsträgern, der S-Bahn und der BVG, die Einnahmen etwa 30 Millionen € unter der Planung, die bei der Tariferhöhung angestellt wurde, liegen? Sollten Sie diese Zahlen tatsächlich nicht kennen?
Verehrter Herr Abgeordneter! Ihre Fehlinformationen sind einfach Fehlinformationen. Von August 2000 bis Juli 2001 wurden durch Verkauf und Fahrgeldeinnahmen bei BVG und S-Bahn im Bartarifbereich 214 Millionen € erzielt. Das ist gesunken auf 206,4 Millionen €. Das sind 7,6 Millionen € weniger. Die Kleingruppenkarte, die von der BVG abgeschafft worden ist, trägt dabei zu einem Einnahmeausfall von 7,87 Millionen € bei. Die Kleingruppenkarte abzuschaffen ist ein Anliegen der BVG gewesen, kein Vorschlag von uns! Wäre sie nicht abgeschafft worden, gäbe es diese Einnahmereduktion nicht. Da die BVG aber von den Zuschüssen für Schülerinnen und Schüler nach § 45 a Personenbeförderungsgesetz profitiert, gibt es auch bei den Einnahmen insgesamt kein Absinken. Vielmehr sind die Einnahmen wie in der Zeit zuvor erreicht worden. Dass die BVG und S-Bahn gern noch mehr Tarifsteigerungen hätten, um dadurch mehr einnehmen zu können, liegt auf der Hand. Am Beispiel der BVG und des Sanierungskonzeptes habe ich Ihnen dargelegt, dass dies nicht nötig ist. Es wird keine Politik dieses Senats geben, wonach gesagt wird: Egal, was passiert, Sie können die Preise steigern, da die Kunden sich nicht dagegen wehren können. Das Sanierungskonzept sieht eine bestimmte Einnahmeerwartung vor. Diese Einnahmeerwartung ist erfüllt.
Herr Senator Strieder, Sie werden sicherlich mit mir konform gehen, dass eine solche Tarifmaßnahme nur dann erfolgreich sein kann, wenn man neue Fahrgäste gewinnt und nicht nur Fahrgäste aus bisherigen Tarifen auf billigere Tarife umbucht. Daher noch einmal die Frage, die Sie vielleicht freundlicherweise dann doch beantworten: Wie viele tatsächlich neue Fahrgäste wurden durch diese Tarifmaßnahmen – und