Ralf Christoffers
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Vogel, ich gebe Ihnen Recht, die Unruhe unter den Fraktionen ist das Geringste aller Probleme in diesem Zusammenhang.
Insofern ist das wirklich nicht relevant.
Herr Bretz, ich möchte einen Punkt ganz offensiv zurückwei sen: Ich glaube, dass wir in dieser Legislaturperiode politisch eine neue Kultur eingeführt haben, auch was die Wertschät zung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes betrifft. Ich weiß nicht, wie viele Runden wir auch hier im Landtag gedreht haben, nicht nur, was die Besoldung und Bezahlung angeht,
sondern auch, was eine Reihe von weiteren Sachverhalten der Arbeit des öffentlichen Dienstes betrifft. Insofern kann ich für die Fraktion DIE LINKE und sicher auch für unseren Koalitionspartner nur sagen: Wertschätzung der Tätigkeit unse rer Beschäftigten der Landesregierung und nicht nur der Landesregierung ist bei uns ein politisches Gebot der ersten Stunde.
Ich glaube auch nicht, dass wir im MWFK ein Feuerwerk der Ideen entfachen müssen;
denn gerade dieses Haus hat in der Vergangenheit bewiesen, dass es sehr viele Ideen gibt, die durchaus auch Gegenstand der parlamentarischen Beratungen gewesen sind. Um auch das klar zu sagen: Das MWFK leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, dass wir den Veränderungsnotwendigkeiten zum Beispiel auch im Bereich der Hochschullandschaft entsprechen können.
Insofern geht es hier nicht um ein Entfachen eines Feuerwerks von Ideen, sondern es geht schlicht und ergreifend darum, dass wir mit der Entscheidung bzw. dem Sachverhalt konfrontiert sind, ein neues Standortkonzept zu erarbeiten.
Meine Damen und Herren, um es klar zu sagen: Die zu späte Einbeziehung der Personalvertretung war ein Fehler.
Zweitens: Ein neues Standortkonzept - der Kollege Schmidt wies darauf hin - ist durch den Haushaltskontrollausschuss sozusagen bereits mitentschieden worden. Es ist ein Auftrag. Es gibt nun eine Entscheidung der Landesregierung, die jetzt untersetzt wird. Man kann sich lange darüber streiten, ob man sie nicht vorher hätte untersetzen müssen, aber irgendwann muss man eine Entscheidung treffen.
Diese Entscheidung wird jetzt geprüft, sie wird untersetzt, und, meine Damen und Herren, wir alle wissen, sie wird erst nach dieser Legislaturperiode endgültig entschieden.
Aber welchen Handlungsdruck wir haben, ist heute bereits mehrfach gesagt worden: Die Ansiedlung, Herr Vogel, von weiteren Beschäftigten des Bundespräsidiums der Polizei muss bis Ende des Jahres als Standortkonzept vorliegen. Insofern ergab und ergibt sich ein bestimmter Handlungsdruck. Ob es politisch sinnvoll ist, ob es sachlich geboten ist, ein Ministeri um in eine andere Stadt zu verlegen, das werden wir als neuer Landtag sicherlich nach der Untersetzung der Entscheidung zu beraten und zu diskutieren haben.
Richtig ist eins: Die Stärkung aller Regionen des Landes, nicht nur von Cottbus, durch öffentliche Einrichtungen, durch Be hörden, durch Institutionen ist ein Gebot der Stunde. Dabei geht es nicht nur um Cottbus, nicht nur um die 5 980 Beschäfti gen, die dort sind, wir haben auch öffentliche Institutionen und Beschäftigte in Frankfurt (Oder), in Brandenburg, in Eberswal de, dort sind bereits seit längerer Zeit Teile des Forstbetriebes
tätig. Wir werden darüber reden müssen, wie wir in diesen Städten auch durch die Verlagerung von Institutionen Regional entwicklung unterstützen können. Dazu - noch einmal - gibt es jetzt einen Auftrag, er wird jetzt geprüft und eine Entscheidung wird dann in den nächsten Jahren zu treffen sein. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bretz, ich habe nicht von spontanem Handlungsdruck gesprochen. Ich habe gesagt, dass die Ansiedlung des Präsidiums der Bundes polizei zu einem Handlungsdruck geführt hat - das ist etwas völlig anderes. Auch die Vereinbarungen mit dem Bund wurden zu einem Zeitpunkt geschlossen, an dem Handlungs druck entstanden war.
Zweitens: Manchmal ist der Wunsch Vater oder Mutter des Gedankens. Was Sie als Zerfallsprozess charakterisieren - ich wäre da an Ihrer Stelle politisch sehr zurückhaltend, denn wir sind als Koalition angetreten und werden als Koalition im Sep
tember unsere Bilanz vorlegen und uns den Wählern stellen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Rot-Rot in diesem Land politisch einiges bewegt und viel auf den Weg gebracht hat,
in dem Wissen darum, dass Herausforderungen vor uns liegen, aus verschiedenen Gründen nicht alle Entscheidungen getrof fen werden konnten, und vor allem, dass wir uns in der neuen Legislaturperiode neuen Bedingungen zu stellen haben.
Meine Damen und Herren, uns wurde schon sehr oft Zerfall und Chaos unterstellt.
Im Prinzip haben wir als Koalition immer einen Weg gefunden und den Beweis dafür angetreten, dass wir gemeinsam hand lungsfähig sind.
Drittens und letztens: Der Finanzminister hat deutlich gemacht, dass es jetzt eine Prüfung, eine weitere Untersetzung eines Beschlusses gibt. Völlig klar ist, dass das mit der Beschluss fassung zum jetzigen Doppelhaushalt noch gar nicht berück sichtigt werden konnte. Natürlich wird es Aufgabe eines neuen Parlaments sein, eine Abwägung nachzuvollziehen oder zu einer anderen Abwägung zu kommen, aber dazu muss es erst einmal eine Abwägung geben. Insofern ist das sicherlich ein Auftrag an die Politik, den sie in der nächsten Legislatur periode auch erfüllen wird. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben zwar erst die 2. Lesung zur Änderung der Verfassung, aber ich glau be, es ist trotzdem ein bedeutender Moment im politischen Agieren dieses Parlaments: So oft verändern wir die Verfas sung nicht. Wir reden heute über den Bericht des Hauptaus schusses. Zur Änderung des Artikels 103 ist schon viel gesagt worden. Ähnlich wie Sie, Kollege Schmidt, gehe ich davon aus, dass wir bei der Umsetzung der Schuldenbremse bundes weit eine Debatte haben werden, ob und inwieweit sie das rich tige Instrument ist oder aber ob es noch Veränderungen in der Auslegung geben muss. Die Diskussion läuft bereits, insofern bleibt abzuwarten, wie es sich entwickelt. Ich teile Ihre Auffas sung: Mit der Aufnahme der Schuldenbremse in die Verfassung haben wir eine Wertigkeit betont. Deswegen gehe ich davon aus, dass die technische Umsetzung in der Landeshaushalts ordnung auch so erfolgen wird.
Aber, meine Damen und Herren, wir verändern nicht nur den Artikel 103, sondern wir verändern auch die Artikel 72, 78 und 55. Lassen Sie mich besonders auf Artikel 55 eingehen. Wir stellen damit in der Verfassung den Stellenwert des Parlaments noch deutlicher heraus. Zentral ist hier, dass das Parlament an der Willensbildung zu bundes-, europa- und landespolitischen Aufgaben beiträgt.
Wir verändern in der Verfassung also auch die Stellung und die Rolle des Parlaments. Ich finde das angemessen, ich finde es richtig, und es macht deutlich, mit welcher Verantwortung jeder Einzelne von uns agiert.
Meine Damen und Herren, wir ziehen die Konsequenzen aus der bisherigen Tätigkeit von Untersuchungsausschüssen und aus dem Einleiten und dem Ergebnis von Volksinitiativen und Volksbegehren. Auch das war immer ein politisches Anliegen hier im Parlament. Wir verlängern die Fristen für die Einlei tung von Volksbegehren, um so Zeit und Raum zu schaffen, Sachverhalte miteinander zu kombinieren, und wir stellen die Rolle und Funktion von Untersuchungsausschüssen noch ein mal klar und deutlich dar. Zugleich ist mit dem zweiten und dritten Gesetz zu parlamentsrechtlichen Vorschriften ebenso
die technische Umsetzung dieser beiden Punkte aus der Verfas sung in der Diskussion. Insofern werden wir in der heutigen und morgigen Lesung der Verfassung fraktionsübergreifend zu einer qualifizierten Mehrheit kommen. Ich kann mich Herrn Bretz nur anschließen und mich bei allen Kollegen für die gute Zusammenarbeit bedanken.
Wir werden mit diesen Änderungen die Demokratie im Land Brandenburg weiterentwickeln und mit diesem Gesetz auch die Rolle und die Funktion des Parlaments weiter stärken. Ich fin de, das ist vor dem Hintergrund von Debatten um den weiteren Ausbau von Demokratie und demokratischer Mitsprache ein wichtiges Signal. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Genilke! Von der Aktivität oder der Tätigkeit des MIL und der Koalition wird mehr übrig bleiben, als Sie gesagt haben.
Das Problem, über das wir hier zu reden haben, ist ernst genug, und wir sollten andere Sachverhalte, die wir im Wahlkampf sicherlich hervorragend miteinander bereden können, ausklam mern, wenn wir zu einer Lösung kommen wollen.
Zweitens: Das Problem ist bekannt. Seit längerer Zeit wird öffentlich klargestellt, dass ein Boot ein Boot ist und ein Haus ein Haus. Herr Genilke, seit wann gilt eine gesetzliche Rege lung für einen Sachverhalt, obwohl er nicht einbezogen ist? Aus meiner Sicht ist es richtig, dass wir mit dem Entschlie ßungsantrag die Landesregierung auffordern, das einfach noch einmal klarzustellen und das Problem zu lösen, denn Sie und auch Herr Loehr haben recht: Es ist viel Verunsicherung ent standen, und angesichts des Schleusenausbaus und all dessen, was wir im Zusammenhang mit dem Wassertourismus in der
letzten Zeit zu bewältigen hatten, ist das ein Problem, das schnell lösbar ist. Dazu dient unser Entschließungsantrag, und deswegen werbe ich für ihn.
Ja, natürlich.
Sehr geehrter Herr Kollege, die Fraktionen haben etwas unter nommen: Die Klarstellung, was in der Bauordnung gilt oder nicht, ist mehrfach öffentlich gemacht geworden. Ob das im Ausschuss oder bei den IHKs gewesen ist: Diese Klarstellung ist erfolgt. Insofern gehe ich davon aus, dass wir mit dem jetzi gen Entschließungsantrag ein Problem beenden können, das für große Beunruhigung gesorgt hat und einfach zu lösen ist. Dazu brauche ich keine Gesetzesänderung, sondern einen Runderlass oder eine Weisung, und ich gehe davon aus, dass der Entschließungsantrag genau diese Konsequenz hat. - Vie len Dank.
Frau Präsidentin! Herr Kollege, die Ministerin hat sich an die IHK gewandt, weil die IHK in einer Mail ein Schreiben ge schickt hat, das zu beantworten war. Ich finde, das ist eine rich tige Geste.
Zweitens: Herr Genilke, ich teile Ihre Auffassung, dass dieses Problem schon länger aus der Welt hätte geschafft sein können. Deswegen haben wir diesen Entschließungsantrag gestellt; das ist der kürzeste Weg. Sie wissen genauso gut wie ich: Bis Juni eine Veränderung der Bauordnung zu erwirken ist mehr als schwierig. Deswegen kann ich nur an alle, die ein Interesse daran haben, dass das Problem gelöst wird, appellieren: Stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu! Ich gehe da von aus, dass wir damit diesen Sachverhalt endlich politisch erledigen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor ich zum Inhalt des Gesetzentwurfs und der Diskussion dazu komme, deutlich machen, worüber wir heute entscheiden. Wir fassen das Gesetz zur Regionalplanung an und entsprechen damit der wachsenden Bedeutung Regionaler Planungsge meinschaften, vor allem ihrer inhaltlichen Tätigkeit. Denn die Festlegung, dass integrierte Regionalpläne zu erstellen sind, ist aus meiner Sicht ein sehr großer Fortschritt, weil wir sowohl bei der Infrastruktur als auch bei der Wohnraumentwicklung, der Bodenschatzsicherung und eben der Windkraft vor einer Reihe von neuen Herausforderungen stehen, die, wie ich glau be, mit diesem Gesetz besser umgesetzt werden können, als es vorher der Fall war.
Insofern unterstreiche ich an dieser Stelle, dass die Regionalen Planungsgemeinschaften und die Regionalplanung einen be deutenden Beitrag zur Entwicklung des Landes leisten. Ich fin de, diese ehrenamtliche Tätigkeit ist nicht nur mit einem Dan keschön zu versehen, sondern muss auch gewürdigt werden, was auch geschieht.
Zum vorliegenden Gesetzentwurf und vor allem zur Diskussi on, die wir dazu hatten: Lassen Sie mich zunächst auf den An trag der CDU, die Einwohnergrenze aufzuheben, eingehen. Herr Genilke, ich komme aus der Regionalen Planungsgemein schaft Uckermark-Barnim. Bei uns hat die kleinste Gemeinde zwei Regionalräte. Ich finde, es liegt in der Verantwortung von Kreistagen, zu entscheiden, wie eine ausgeglichene Berück sichtigung der Gemeinden in ihrer Region erfolgt.
Aus dieser Verantwortung sollte man sie nicht entlassen, denn es gibt nun einmal die kommunale Hoheit, und die Kreise sind Träger der Regionalplanung. Richtig war, dass wir im Gesetz die geborene Mitgliedschaft für Gemeinden mit mindestens 5 000 Einwohnern verankert haben; das war schlicht und er greifend zwingend. Weitere Sachverhalte bzw. Probleme könn te man beispielsweise über interkommunale Zusammenarbeit lösen.
Herr Genilke, ich verstehe eines nicht: Sie haben ein Konzept vorgelegt, das zeigen soll, dass die interkommunale Zusam menarbeit möglicherweise alle Probleme dieses Landes löst. Warum setzen Sie nicht auch in diesem Fall darauf, dass Kom munen ihre Eigenverantwortung wahrnehmen können und die Träger der Regionalplanung, also die Landkreise, verantwor tungsbewusst zu handeln haben und handeln können?
Zweitens: Ich glaube, es ist ein Fehler, so zu tun, als hätten kommunale Vereinigungen bzw. Institutionen wie die von Ih nen genannten die gleichen Aufgaben wie die Regionalpla nung.
- Oder ähnliche. - Es gibt schon heute die Möglichkeit, Aus schüsse zu bilden. Auch in unserer Regionalen Planungsge meinschaft gibt es Ausschüsse. Das ist nichts Neues. Aber wenn Sie ehrenamtlich Tätige zwingen, in einem Gremium tä tig zu sein, in dem allein vom Umfang her Interessenabwägun gen nicht oder nur sehr schwer zustande zu bringen sind, sage ich Ihnen voraus, dass es Beratungen der Regionalräte oder Regionalversammlungen mit einer Länge von zwei bis drei Ta gen geben wird.
Außerdem, Herr Genilke, gibt es nicht nur die Prignitz. Sie ha ben einen Änderungsantrag eingebracht, der die Zusammenset zung nach Maßgabe des Gesetzes vorsieht. Die Gesamtzahl der Regionalräte soll sich nach den Maßstäben des vorliegenden Gesetzentwurfs richten. Das werden wir in der Prignitz aller dings niemals umsetzen können. Wenn man Ihrem Antrag folg te, hätte man etwa 110 Regionalräte.
Insofern glaube ich, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzent wurf eine Variante gefunden haben, den Bedarf zu decken, eine Interessenabwägung zu ermöglichen und zugleich den Emp fehlungen der Enquetekommission - die eine Reihe von Dis kussionen dazu geführt hat - zu entsprechen.
Wir werden zu diesem Gesetzentwurf und auch zur Regional planung in der nächsten Legislaturperiode mit Sicherheit in ei nen Abwägungsprozess treten. Ich finde, zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das ein ausgewogener Entwurf, und wir sollten ihn hier und heute auf den Weg bringen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Redmann, Sie haben mich überrascht. Ich hoffe sehr, dass Ihre politische Linie die bestimmende Linie auf Bundesebene im Umgang mit dem vorgelegten Entwurf des Kollegen Seehofer sein wird.
Das wäre ein Stück weit politische Innovation. Auf Ihre Argu mentation werde ich in meiner Rede noch eingehen.
Meine Damen und Herren, die Koalition hat in ihrem Koaliti onsvertrag vereinbart, dass ein umfassender Sicherheitsbericht gegeben wird. Wir haben immer deutlich gesagt, dass wir den Zusammenhang zwischen sozialer und innerer Sicherheit ge meinsam ausgestalten wollen.
Naturgemäß fällt einem das bei der Frage sozialer Sicherheit leichter. Wenn ich mir die Wahlprogramme oder die Entwürfe der demokratischen Parteien ansehe, scheint es ein genereller
Trend zu sein, sich hier relativ zeitnah über Sachverhalte eini gen zu können.
Bei der inneren Sicherheit ist es selbstverständlich etwas kon fliktreicher. Wir reden über die Sicherheitsarchitektur, die wir für notwendig erachten, um neben sozialer Sicherheit auch in nere Sicherheit zu gewährleisten. Wir alle kennen den Diskus sionsprozess, der nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern geführt wird.
Ich darf daran erinnern: Nach dem Attentat von Breivik in Nor wegen hatte der damalige norwegische Ministerpräsident ge sagt: Wir sind nicht naiv, aber wir lassen uns unsere Freiheit auch nicht nehmen.
Dieser Kontext, einschließlich des Handelns der neuseeländi schen Premierministerin nach dem verheerenden Terroran schlag, macht deutlich, dass es nicht einfach darum geht - das hat die Koalition auch nicht vorgehabt -, über eine Verschär fung von Sicherheitsgesetzen zu reden, sondern einen Abwä gungsprozess in Gang zu setzen.
Wir alle wissen - und ich bin davon überzeugt -, dass die De batte über den Verfassungsschutz kontrovers und auch poli tisch intensiv betrieben wird. Hintergrund dieser politischen Kontroverse ist ein Punkt, den Claus Leggewie, bis 2017 Di rektor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen, in einer Analyse so gefasst hat:
„Wenige Jahre nach dem Ende des Naziregimes, das von außen herbeigeführt werden musste, war keineswegs si cher, ob die Deutschen die demokratische Staatsform zu ihrer Sache machen würden. […] Im vorbeugenden Kampf gegen die ‚Feinde der Demokratie‘ glaubte man, wirkli che Gefahren gar nicht erst abwarten zu dürfen - also machte man den bloßen politischen Verdacht zur allge meinen Geschäftsgrundlage des Verfassungsschutzes. Er wurde der institutionelle Arm eines westdeutschen Son derweges, wie er in keiner westlichen Demokratie exis tiert.“
Meine Damen und Herren, ausgehend von der Entwicklung der letzten Jahrzehnte wird diese Analyse unterschiedlich beant wortet. Die Diskussion darüber wird auch weiter anhalten. Trotzdem bin ich sehr froh und möchte mich herzlich bei allen Gesprächspartnern bedanken, dass es uns als Koalition gelun gen ist, einen Weg zu finden, der einerseits unterschiedliche Interessenlagen aufnimmt und andererseits eine Entwicklung der Sicherheitsarchitektur zulässt. Herzlichen Dank dafür, auch weil die Gespräche - und das ist kein Geheimnis - nicht immer einfach waren.
Die Diskussion und der Streit darüber gehören zur Demokratie. Das, was manchmal an die Öffentlichkeit gedrungen ist, ist kein Ausdruck von Schwäche, sondern im Prinzip ein Aus druck von Stärke, dass man unterschiedliche Positionen mitei nander abgleichen kann und so zu einem Lösungsweg kommt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich etwas zu ersten Er gebnissen des NSU-Untersuchungsausschusses sagen; Herr
Dr. Redmann hat bereits einige Anregungen gegeben. Was ist geregelt? Wir haben die Frage der Innenrevision. Wir haben die Regelungen für den Einsatz von V-Leuten im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben. Wir haben die Whistleblower-Re gelung ganz bewusst anders gefasst als auf Bundesebene. Wir haben den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Wir haben die Entwicklung der PKK. Wir haben Neuregelun gen für Observationen. Wir haben Berichtspflichten. Wir haben das Trennungsgebot abschließend geregelt.
Meine Damen und Herren, ich kenne kein Verfassungsschutz gesetz eines Bundeslandes, das die Gesamtheit dieser Regelun gen aufweist. In den verschiedenen Verfassungsschutzgesetzen findet sich das eine oder andere Element mehr oder weniger ausgeprägt, aber nicht in dieser Systematik.
Deshalb ist es richtig, an dieser Stelle zu sagen - Herr Dr. Red mann, da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu -, dass der Einsatz von V-Leuten nur die Ultima Ratio darstellt. Gerade deshalb haben wir geregelt, wann der Abbruch einer Tätigkeit als V-Mann erfolgen muss.
Ich komme zur Regelung hinsichtlich der PKK, einschließlich des Sonderbeauftragten. Wir werden darüber reden müssen - das ist zutreffend -, wie sich die Kontrollmöglichkeiten der PKK tatsächlich entwickeln. Das hängt immer von den Perso nen ab, die zur PKK delegiert worden sind; das hängt aber auch von der Person des Sonderbeauftragten ab, der dann beru fen wird.
All dies sind Dinge, bei denen wir weiter gemeinsam lernen werden. Ich bin insgesamt davon überzeugt, dass wir auf die sem Weg bereits erste Schritte in der Auswertung des NSUUntersuchungsausschusses unternommen haben und dass in diesem Kontext ein personeller Ausbau des Verfassungsschut zes notwendig ist. Darüber besteht Einigkeit.
Der Gesetzentwurf sowie der Personalantrag liegen nun zur Überweisung vor. Es geht jetzt darum, den Weg für die parla mentarischen Beratungen freizumachen. Ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss. Wir werden sicherlich eine Lö sung finden für diesen Sachverhalt, bei dem es eine breit gefä cherte politische Interessenlage gibt und bei dem es notwendig ist, dass die demokratischen Parteien zu einer Einigung kom men. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Aktuelle Stunde zu einem Thema, dessen Inhalt in den letzten Wochen und Monaten gesellschaftlich sehr breit disku tiert wurde. Wir befinden uns in einer Situation, in der wir in der gesamten Bundesrepublik Deutschland - und auch darüber hin aus - eine Grundsatzdebatte darüber führen, welche sozialen Bindungskräfte in der Gesellschaft wirken, ob Liberalität, sozi ale Entwicklung, Weltoffenheit und Toleranz einen politischen Stellenwert haben, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Insofern, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, mit Blick auf die Ereignisse - auch auf Bundesebene - deutlich zu machen: Es ist unverantwortlich, mit welcher poli tischen Härte - wie es der Bundespräsident sagte - Parteien die ses Thema instrumentalisieren.
Meine Damen und Herren, ich empfinde es als schwierig, wenn ein CSU-Landesvorstand kurz vor der Landtagswahl Leitlinien europäischer Politik fast dominiert. Insofern geht es in der heuti gen Debatte nicht mehr nur um Migration bzw. Flüchtlingspolitik, sondern es geht um den Kern eines Werteverständnisses in Euro pa, also unsere politische Fähigkeit, Europa im Sinne eines sozia len und liberalen Werteverständnisses weiter auszugestalten.
Meine Damen und Herren, 20 Jahre „Tolerantes Brandenburg“: Einige im Saal erinnern sich noch an den Hintergrund, warum sich die Landesregierung und das Parlament letztendlich in Brandenburg entschieden haben, hier ein derartiges Vorgehen gesellschaftlich zu initiieren. Sie wissen, wir hatten damals die sogenannten „national befreiten Zonen“. Sie wissen, wir stan den in einem massiven gesellschaftlichen Dialog und Abwehr kampf gegen Rechtsextremismus und Radikalismus. Ich finde, dass in dieser Zeit zivilgesellschaftliche Strukturen entstanden sind, die sich gegen Nationalismus und eine rückwärtsgewand te Politik und für einen sozialen Zusammenhalt aussprechen und dies auch durch ihr Agieren unterstreichen. Es war und ist ein Zeichen, dass Zivilgesellschaft in der Lage ist, mit Konflik ten umzugehen und auch eine Bewegungsform zu finden, die sicherstellt, dass Toleranz, Mitgefühl und vor allen Dingen auch soziales Verständnis zu bestimmenden Faktoren werden.
Diejenigen, die als Person oder Institution in diesem Bereich tätig sind, sind nicht die Weltfremden oder Gutmenschen. Sie sind nicht diejenigen, die Konflikte kleinreden, sondern sie nehmen sie auf und versuchen, Lösungen zu schaffen, und lie fern damit ein Beispiel, wie Gesellschaft mit sozialen, politi schen und auch religiösen Konflikten umgehen könnte. Das Agieren des „Toleranten Brandenburgs“ ist auch ein Beispiel dafür, dass Politik und Zivilgesellschaft gemeinsam die Kon flikte in der Gesellschaft lösen können. Dafür gebührt allen Be teiligten ein herzlicher Dank.
Daraus leitet sich eine weitere Schlussfolgerung ab: Das Bei spiel, wie hier Konflikte gelöst werden bzw. mit Konflikten um gegangen wird, wird zunehmend auch für andere Politikberei che relevant. Wir wissen, dass wir in der Gesellschaft soziale Fragen neu zu beantworten und neu zu lösen haben. Das wird nur gelingen, wenn wir uns ein Beispiel daran nehmen, mög lichst viele soziale Gruppen und Institutionen in einen gesell schaftlichen Dialog einzubeziehen. Wir sollten das Beispiel „Tolerantes Brandenburg“ in seiner Wirkung als Institution nehmen, um hier zu Entscheidungen zu gelangen, die nicht nur für die Zukunftsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch Ihnen wichtig sind. Das „Tolerante Brandenburg“ kann als Beispiel dafür stehen, wie sich Politik entwickeln kann und muss. Insofern geht die heutige Aktuelle Stunde weit über die Glückwünsche zum 20. Jubiläum „Tolerantes Branden burg“ hinaus.
Meine Damen und Herren, ich kann nur hoffen, dass die sozia len und politischen Auseinandersetzungen, die mittlerweile bis weit in die Mitte der Gesellschaft reichen, dazu führen, dass die Fragen von liberalen Grundwerten und sozialer Entwicklung, aber auch von wirtschaftlicher Vernunft gesellschaftlich so be antwortet werden, dass wir keine Zunahme von Konflikten und keine Ausgrenzung, sondern ein Miteinander haben. Dieses Miteinander schließt ausdrücklich ein, dass längst vorhandene Konflikte - niemand sagt, dass das ein reibungsfreier Prozess ist - sowohl angesprochen als auch gelöst werden, aber immer im Sinne des Erhalts der Weltoffenheit und Solidarität, weil sie Grundwerte unserer Demokratie darstellen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich versuchen, zunächst auf einige Beiträge der heutigen Debatte einzugehen. Herr Senftleben, richtigerweise waren einige der zentralen Punkte Ihrer Rede die Frage der Glaubwürdigkeit und die Frage der Nachhaltigkeit und Nachvollziehbarkeit von Politik. Auf einige der Punkte, die Sie genannt haben, möchte ich eingehen.
Die Nahverkehrsplanung ist als eine zentrale Frage der Mobili tätssicherung - eines der Grundrechte im Land Brandenburg - perspektivisch zu gestalten. Sie haben einen Vorschlag vorge legt. Ich habe ihn gelesen. In dem Vorschlag stehen aber keine Maßnahmen, die dringend notwendig sind, durch die heute bis 2020, möglichst ab 2018, bereits Entlastungswirkungen eintre ten können.
Des Weiteren wollen Sie das Bestellen von Zügen noch einmal um zwei Jahre verschieben, wobei ich zu der Auffassung kom me, dass wir zwei Jahre später, also 2024, nicht mehr belastba re Daten für die Verkehrsentwicklung haben als heute. Insofern ist dies keine Beschleunigung. Auch das gehört zur Wahrheit.
Das heißt nicht, dass in Ihrem Konzept nicht eine ganze Reihe von bedenkenswerten Vorschlägen enthalten ist. Aber Sie ken nen den Unterschied zwischen einem Parlamentsbeschluss und der Arbeit einer Landesregierung, die zu Recht die Pflicht hat, auch Beteiligungsverfahren in Gang zu setzen.
Wir haben dazu eine umfassende Debatte im ganzen Land ge habt. Wir werden auch mit dem Nahverkehrsplan nicht alle Wünsche abdecken können. Aber das zentrale Anliegen unse rer Politik, Mobilität in der Perspektive in diesem Land flä chendeckend zu gewährleisten, werden wir umsetzen.
Ein weiterer Punkt hat auch meine persönliche Glaubwürdig keit ein Stück weit berührt. Herr Vogel und ich waren bei der Forst. Wir haben dort auf einem Podium gesessen und frak tions- und parteiübergreifend zwei Zusagen gemacht: Wir wer den uns gemeinsam darum kümmern, dass es einen Einstel lungskorridor geben wird und dass die Altersteilzeit auf die Tagesordnung kommt. Ich habe bereits auf dieser Veranstal tung gesagt, dass das kein Thema für den damaligen Haushalts plan 2017, sondern das Thema für die Beratungen und Ver handlungen im TV-Umbau sei, die gegenwärtig laufen. Genau zu diesen beiden Punkten wird mit den beiden Gewerkschaften verhandelt. Ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg, das umzusetzen.
Insofern wollte ich nur deutlich machen: Bei dem, was die Ko alition und auch die Linken öffentlich gemacht haben, und
zwar nach Absage der Verwaltungsstrukturreform, dass wir an Elementen festhalten und sie umsetzen, bleiben wir. Wir sind bei der Umsetzung der Elemente, die wir im Zusammenhang mit der Verwaltungsstrukturreform genannt und die wir dem Land zugesagt haben.
Meine Damen und Herren! Unsere heutige Debatte mag ein bisschen den Eindruck erwecken, es gäbe eine Zäsur. Das ist vielleicht auch nicht ganz falsch. Aber es sollte nicht den Blick auf eines verstellen: Wir stehen unverändert vor der Herausfor derung, jetzt und heute unser Land so zu organisieren, so zu strukturieren und die Ressourcen so einzuteilen, dass wir auch in 10 oder 15 Jahren auf der Höhe der Aufgaben sind.
Die Verwaltungsreform - das haben wir immer betont - war und ist dabei nur eine der zentralen Handlungsaufgaben, die wir zu erfüllen haben. Wir haben immer gesagt: Für die perspektivi sche Entwicklung des Landes Brandenburg ist der gemeinsame Entwicklungsplan mit Berlin eine zentrale Herausforderung.
Herr Vogel, Sie haben dies angesprochen. Ich nehme an, Sie kennen den zweiten Entwurf. Dann kann ich nur sagen: Die Ab bildung der Funktionalität von ländlichen Räumen hat sich ge genüber dem ersten Entwurf radikal verändert, gerade weil ein Beteiligungsverfahren stattgefunden hat, weil Dutzende Veran staltungen im Land Brandenburg genau dazu durchgeführt wor den sind. Die grundfunktionalen Schwerpunktorte, also die ehe maligen Grundzentren, sind darin enthalten. Ich bin froh über das Regelwerk, dass die Regionalen Planungsgemeinschaften in einem Beteiligungsprozess genau diese grundfunktionalen Schwerpunkte für die Landkreise auswählen sollen. Selbstver ständlich ergibt sich daraus eine Aufgabe. Wir werden beim Fi nanzausgleichsgesetz auf die Ausfinanzierung achten müssen.
Damit bin ich bei der zweiten zentralen Säule. Wir haben das Finanzausgleichsgesetz immer erwähnt. Der Ausgleich der Fi nanzen zwischen Land und Kommunen ist ja kein Gnadenakt, sondern wir sichern mit der Finanzierung eine stabile wirt schaftliche, soziale und infrastrukturelle Entwicklung. Wenn sich Steuereinnahmen verändern, muss selbstverständlich nach justiert werden; wenn die Notwendigkeit gegeben ist, muss die Verbundquote erhöht werden. Aber sie wird nicht allein auf Beschluss des Landtages erhöht, sondern dazu gibt es - auch das ist vorgeschrieben, und das ist richtig so - einen Beirat, der die Entscheidungen trifft oder einen Vorschlag macht, über den dann politisch zu entscheiden ist. Die Gutachten dazu sind in Auftrag gegeben, sie werden vorliegen.
Wir werden uns dann gemeinsam politisch dazu verständigen müssen, wie das FAG strukturell in der Perspektive aussieht. Ei nen der zentralen Punkte habe ich schon genannt. Die grund funktionalen Zentren werden ausfinanziert werden müssen, weil die öffentliche Daseinsvorsorge in der Fläche des Landes von der Verwaltung sonst nicht strukturell abgesichert werden kann.
Es ist sozusagen gelebte Praxis, dass die Fläche des Landes in seiner Unterschiedlichkeit
von uns politisch aufgenommen und zu den Zeitpunkten ent schieden wird, wenn entschieden werden muss.
Meine Damen und Herren, wir werden uns - da haben Sie völ lig Recht, Herr Vogel - auch sehr intensiv mit dem Soziallas tenausgleich zu befassen haben. Denn es ist nicht absehbar, dass die Sozialkosten von kreisfreien Städten und Landkreisen exorbitant sinken. Wir werden nach der Absage der Verwal tungsstrukturreform Mittel und Wege suchen. Sie hatte ja auch den Hintergrund, die Belastungen, die unter anderem in Kom munen und Landkreisen entstehen, in andere wirtschaftliche und verwaltungsbezogene Strukturen zu überführen, um hand lungsfähig zu bleiben.
Wir werden uns jetzt darüber verständigen müssen, wie mit dieser Situation umgegangen werden kann. Ich glaube, wir werden uns in dieser Legislaturperiode auch darüber verständi gen müssen, ob es beispielsweise noch zeitgemäß ist, dass das Land bei der Kita-Betreuung Geld für einen Betreuungsum fang von sechs Stunden überweist, während die Lebenswirk lichkeit bei den Betreuungszeiten zwischen acht und zehn Stunden liegt.
Da werden wir uns verständigen müssen, und ich sage einmal - meine Vorredner brachten das schon zum Ausdruck: Wir sind bereit und auch in der Lage dazu, die Frage der Qualifizierung in den Kitas selbst, aber auch die der Entlastung der Eltern ge meinsam politisch zu stemmen. Ich meine, wir werden das auch in unserem Haushalt deutlich machen können.
Es bleibt dabei, dass unsere öffentlichen Verwaltungen - das haben wir immer gesagt - auch in künftigen Zeiten demografi scher Umbrüche oder finanzieller Einschnitte handlungsfähig, effizient und bürgernah sein müssen. Deswegen werden wir als ein Element der Verwaltungsstrukturreform die Unterstützung von freiwilligen Zusammenschlüssen weiterführen. Nach der Zahl, die mir bekannt ist, sind gegenwärtig mehr als 25 Ge meinden des Landes Brandenburg in einem intensiven Bera tungsprozess, ob das, was auch Sie angesprochen haben - Mit verwaltungsmodell oder Amtsgemeindemodell -, für sie eine bessere verwaltungstechnische Lösung ist. Selbstverständlich werden wir das auch finanziell begleiten und, wo es notwendig ist, auch in diesem Bereich teilentschulden.
Aber der Respekt, den Sie zu Recht eingefordert haben, Herr Vogel, erfordert jetzt eins: Nach dem politischen Einschnitt des Zurückziehens beider Gesetze wird man mit den Akteuren re den müssen, um gemeinsam auszuloten, was geht, und darf keine Schnellschüsse veranstalten und keine Zeitpläne aufstel len, dass im Dezember die ersten Anträge zur Änderung von Gesetzentwürfen kommen.
Wir werden also - das ist, glaube ich, auch in der Rede des Mi nisterpräsidenten deutlich geworden - offen in diese Gespräche gehen, in dem Wissen darum - das will ich an der Stelle auch noch einmal sagen -, dass das 2014 geänderte Gesetz zur kom munalen Gemeinschaftsarbeit bereits heute eine umfassende freiwillige Zusammenarbeit erlaubt. Die umfassende freiwilli ge Zusammenarbeit hat aber in den letzten Jahren nicht dazu geführt, dass in jedem Fall sozusagen strukturelle Entlastungen
aufgetreten sind, und wir werden uns jetzt gemeinsam mit den Akteuren überlegen müssen, ob bzw. wie das Modell weiter entwickelt werden kann. Aber auch das wird nicht von heute auf morgen gehen und schon gar nicht die notwendige Entlas tungswirkung in zwei oder drei Jahren zeigen. Das wird ein dauerhafter Prozess werden.
Migration und Integration: Es war und ist eines der zentralen Handlungsfelder, die langfristig sind und bleiben. Wir haben doch in einem ersten Schritt die Herausforderung der Migration im Land Brandenburg insoweit gemeistert - auch unter Einbezie hung vieler Akteure, auch mit einem parteiübergreifenden politi schen Konsens mit Ausnahme der AfD hier im Landtag -, als wir die Aufnahme und Unterbringung zunächst regeln konnten.
Jetzt stehen wir sozusagen vor dem zweiten Schritt: Integration heißt mehr als Aufnahme. Integration heißt Arbeitswelt, Schu le, Wohnungsbau - viele Bereiche. Genau vor diesem Schritt stehen wir, und deswegen wird das Integrationskonzept des Landes Brandenburg auch weiterentwickelt. Natürlich ist das eine der zentralen Herausforderungen. Sie wird auch darüber entscheiden, wie demokratisch und vor allen Dingen wie welt offen verfasst dieses Land Brandenburg ist, und darum ist es für uns eine zentrale Herausforderung.
Keiner der Handlungsstränge, die ich genannt habe und wo wir als Linke die Verwaltungsstrukturreform politisch immer ein geordnet haben, ist mit dem Rückzug der Gesetze von der Ta gesordnung. Politische Entscheidungen haben den Sinn, in der gesellschaftlichen Entwicklung eine mehrheitlich getragene Option für ein gutes und sicheres Leben der Menschen zu er öffnen und dafür verlässliche und funktionierende Strukturen sowie ein solides Regelwerk zu schaffen. Gerade in unserer heutigen Debatte sollten wir diesen Ansatz im Zentrum unserer Aufmerksamkeit behalten. Wir, die rot-rote Koalition, haben mit diesem Ansatz - im Übrigen im gemeinsamen Diskurs aller Fraktionen in der Enquetekommission 5/2 - zunächst den In halt oder die Form einer Verwaltungsstrukturreform entwi ckelt.
Mit demselben Ansatz haben wir uns jetzt entschieden, die Re form in dieser Form zu stoppen. Die Gründe, die sie notwendig gemacht haben, und die Absichten, die wir damit verfolgt ha ben, bestehen weiter. Aber der Weg - das ist heute mehrfach deutlich gesagt worden -, auf dem wir uns letztlich alle befun den haben, hat sich als nicht weiter gangbar erwiesen. Was vor lag, fand vor allem bei den kommunalen Akteuren keine aktive Mehrheit.
Es ist dann kein Zeichen von Schwäche, sondern normales po litisches Handwerkszeug, dass ich mir, wenn ich feststelle, dass trotz eines intensiven Diskurses eine politische Entschei dung - auch aufgrund eigener Fehler - nicht umsetzbar ist, über die Form Gedanken mache, das Ganze zurückziehe, verändere und neue Wege suche.
Insofern, Herr Vogel, bin ich dankbar für Ihre Unterscheidung zwischen Demut und Demütigung, die ich inhaltlich einfach teile, weil wir mit dem Rückzug der beiden Gesetzentwürfe durch die Landesregierung uns als Koalition, als Parlament,
aber auch als Gesellschaft in Brandenburg die Möglichkeit er öffnet haben, einen offenen Diskurs neu anzufangen - neu an zufangen in dem Wissen darum, dass die Problemlagen, die zu unserer Einschätzung geführt haben, dass eine Verwaltungs strukturreform notwendig ist, bleiben. Insofern bin ich auf den Dialog gespannt.
Ich hätte mir auch gewünscht, dass der Landkreistag sich in seiner Sitzung für eine aktive Rolle als Institution entschieden und diese Entscheidung nicht wieder ein Stück weit zurückge holt hätte. Ich will nur sagen: Wir als Linke, wir als Koalition sind offen für Gespräche. Wir erwarten das natürlich auch von unseren Gesprächspartnern - auch das ist ein Punkt, den man hier ansprechen muss.
So ist das in der Politik: Einem Ansatz können diametral entge gengesetzte Entscheidungen entspringen - nicht, weil Regie rungen schizophren oder Politiker Opportunisten sind oder weil es immer nur eine Wahrheit gibt und diese Wahrheit im mer im Besitz der Opposition ist. Nein, das ist so, weil Politik auch Ausgleich und Abwägung sein und auf gesellschaftlichen Mehrheiten beruhen soll.
Dabei hat sie zugleich eine zweite Funktion: Mehrheiten stel len sich nicht von selbst ein. Wenn man zu der Entscheidung kommt, dass eine politische Ausrichtung richtig und notwendig ist, dann muss man auch um Mehrheiten ringen. Ansonsten macht man Politik nach Umfragen, und ich glaube, das ist falsch.
Und wenn man feststellt, dass Mehrheiten auf einem Weg nicht herstellbar sind, dann ist irgendwann der Zeitpunkt zu sagen: Die Form, mit der man Mehrheiten finden wollte, war viel leicht nicht die richtige, und deswegen werden wir uns andere Formen ausdenken, weil das Problem weiter besteht.
Meine Damen und Herren! Worum es heute geht, ist sicherlich einerseits die Absage der Verwaltungsstrukturreform, und an derseits geht es aber auch weiter - und heute erst recht - um die nächsten Entscheidungen und Weichenstellungen der gesell schaftlichen Entwicklung, um mehrheitlich getragene Optio nen für ein gutes und sicheres Leben der Menschen zu eröffnen und dafür verlässliche Strukturen und Institutionen zu schaf fen. Ich will versuchen, mich vor allem dieser Frage zu wid men.
Wir haben in der nächsten Zeit Strukturwandelprozesse vielfäl tiger Art zu bewältigen - oftmals kompakter und dynamischer, als noch vor einigen Jahren gedacht -, die zum Teil auch unvor hersehbare Elemente in sich tragen.
Zur Energiewende in der Lausitz: Herr Vogel, niemand stellt die Energiewende infrage. Ich glaube, was politisch geleistet werden muss, ist, dass die Energiewende mit sozialen Perspek tiven, infrastrukturellen Perspektiven, kommunalen Perspekti ven in der Lausitz, aber auch in allen anderen Regionen, die ebenfalls von diesem Strukturwandel betroffen sind, verbun den wird. Wir haben erlebt, welche Zeiträume Strukturwandel prozesse brauchen. Wir haben es in der Lausitz, in Ostdeutsch land hautnah erlebt. Es bedarf einer gemeinsamen Kraftan
strengung von Land, Bund, aber auch der Region, um das Pro blem tatsächlich zu lösen.
Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass wir über Zeit räume von 15 oder 20 Jahren reden. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass es eines ständigen Monitoringprozes ses bedarf, um Entscheidungen, die einmal getroffen sind, zu überprüfen und, wenn es denn notwendig ist, auch zu korrigie ren.
Aber unterhalb dieser Zeitschwelle wird es nicht gehen. Ich finde, dass die Landesregierung bzw. die Koalition in den letz ten sieben bis acht Jahren sehr viel versucht hat, um den Struk turwandel in der Lausitz zu begleiten. Es ist doch nicht so, dass wir erst jetzt damit anfangen.
Das Problem, vor dem wir stehen, ist, dass er sich beschleu nigt. Diese Beschleunigung muss politisch begleitet werden, damit es nicht zu sozialen Verwerfungen kommt.
Meine Damen und Herren! In einem Punkt, Herr Vogel, kann ich Ihnen nicht ganz zustimmen: Brandenburg ist nicht nur ein Kohleland.
Das, was wir im Bereich erneuerbare Energien, im Bereich Energiewende, und zwar in ihrer Einheit von Verkehrswende, der Wende bei der Erzeugung bis hin zum Wohnungsbau - Stichwort: Wärmemarkt -, geleistet haben, kann sich bundes weit sehen lassen. Unabhängig davon werden wir jetzt vor der Frage stehen, wie wir gemeinsam - hoffentlich gemeinsam; ich möchte das betonen - mit dem Bund zu weiteren Schritten kommen.
Das ist also eine lange Linie unserer eigenen politischen Ab sichten, die die Koalition bzw. die Linke verfolgt, und insofern gibt es auch eine Perspektive. Wir werden mit den neuen Ak teuren darüber reden müssen, wie sie umgesetzt werden kann.
Meine Damen und Herren! Die Stabilität von Institutionen liegt im Interesse aller Beteiligten, und umso wichtiger ist es, die Erfahrungen der letzten Jahre zu bedenken. Wir wissen, wie schnell aus einem politischen Klima des Ausgleichs, der Toleranz und des Dialogs ein Klima der Polarisierung, der Ver einseitigung, des Du-oder-ich, eine Situation von Blockaden und Bewegungsunfähigkeit entstehen kann. Wir wissen aber auch, dass es ohne all das in Brandenburg besser läuft. Ich glaube, wir sind alle aufgefordert, diesen alten Grundsatz, den wir alle kennen, in der Perspektive wieder zu beherzigen.
Destruktive Politikansätze haben demokratischen Parteien mit telfristig noch nie geholfen, denn dann wird das Original ge wählt und nicht der möglicherweise neue Politikansatz einer demokratischen Partei. Insofern ist das hier und heute viel leicht auch die Stunde, um in den nächsten beiden Tagen zu ei nem politischen Ansatz zurückzufinden, wo man hart mitein ander um politische Lösungen ringt - aber eben um Lösungen
und nicht wie beim destruktiven Ansatz nur ringt, um etwas zu verhindern, weil sich eine politische Machtfrage gestellt hat. Insofern ist das ein Punkt, den wir heute mit berücksichtigen könnten.
Meine Damen und Herren! Etwas anderes wird von den Bran denburgerinnen und Brandenburgern in ihrer Mehrheit auch nicht goutiert. Auch diesbezüglich haben wir viele Erfahrun gen. Sie wissen anscheinend besser als mancher hier im Haus, dass in der repräsentativen Demokratie die politische Verant wortung für unser Land für fünf Jahre übertragen wird - im Grundvertrauen darauf, dass insbesondere die Regierenden im Einklang mit der Gesellschaft agieren. Ich glaube - Herr Vogel hat es gesagt -, Neuwahlen wären in der jetzigen Situation kei ne Lösung. Nicht, weil ich Angst vor Wahlen oder politischen Auseinandersetzungen - mit wem auch immer - habe, aber die Folge wäre eine Destabilität, die nicht vernünftig und zuträg lich wäre. Offensichtlich ist das ein Punkt, dem die Mehrheit der Brandenburgerinnen und Brandenburger folgt. Deswegen lehnen wir Neuwahlen ab.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es richtig und wichtig wäre, wenn wir uns landespolitisch nicht weiter lähm ten. Auch noch so gut ausgestattete Ehrenamtskarten könnten eine politische Lähmung des Landes Brandenburg nicht aus gleichen. Ein weiterer Vertrauensverlust würde eintreten. Es würde nichts zur politischen Kultur beitragen. Insofern ist heu te der Punkt erreicht, wo man zum gemeinsamen politischen Diskurs zurückkehren kann.
Wir werden - das haben meine Vorredner mehrfach deutlich gemacht - an einigen Punkten der aufgeworfenen Fragen der Verwaltungsstrukturreform festhalten, unter anderem an der Stärkung des Ehrenamtes in den Kreistagsfraktionen. Ich will an dieser Stelle deutlich machen: Das war für uns als Koalition eigentlich niemals nur an die Kreisgebietsreform gebunden. Wir haben die Situation, dass uns in der Fläche des Landes zum Teil politische und staatliche Strukturen fehlen. Natürlich kann durch eine verstärkte ehrenamtliche Unterstützung der Arbeit von Kreistagsfraktionen ein politisches Gegengewicht aufgebaut werden. Das war der Hintergrund, vor dem wir uns dafür ausgesprochen haben, diesen Bereich in die Verwaltungs strukturreform aufzunehmen. Natürlich werden wir das umset zen.
Zu weiteren Punkten wie dem Finanzausgleichsgesetz oder auch der Förderung von freiwilligen Zusammenschlüssen habe ich schon etwas gesagt. Deswegen war auch der Diskurs in den letzten zwei Jahren nicht sinnlos oder sinnentleert, sondern er hat viele Punkte aufgezeigt, die wir auf die politische Agenda nehmen müssen - unabhängig von der Zusammenlegung von Landkreisen.
Meine Damen und Herren! Niemand wird jetzt einfach so wei termachen können wie bisher. Niemand kann jetzt einfach so zur Tagesordnung übergehen. Welche sollte das auch sein? Der
Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung eine Reihe von zukünftigen Schwerpunkten genannt. In der Diskussion hier und heute sind ebenfalls weitere Punkte genannt worden.
Notwendig ist es, das, was wir heute begonnen haben, bzw. die mit der Absage der Kreisgebietsreform entstandene Lage zu diskutieren, zu bewerten und zu Schlussfolgerungen für die Zukunft zu kommen. Es ist nicht die Zeit, den Schwarzen Peter hin- und herzuschieben. Es dient dem Land in keiner Art und Weise, wenn Blockaden aufrechterhalten und neue errichtet werden, genauso wenig, wie jetzt überstürzt zur Tagesordnung überzugehen oder überhastete Vorschläge auf den Tisch zu le gen. Wir werden offen ausloten, welche Handlungsmöglichkei ten bestehen und vor allem auch welche Handlungsbereitschaft vorhanden ist, um bestimmte Notwendigkeiten weiterhin um zusetzen. Unstrittig ist wohl im Ergebnis der Enquetekommis sion der vergangenen Legislaturperiode als auch im jetzigen Diskussionsprozess, dass es Veränderungsbedarf gibt. Das wur de an der Vielzahl der Vorschläge, die gemacht worden sind, deutlich. Wir werden weiterhin dafür streiten, sich langfristig auf demografische Veränderungen einzustellen, und dafür, Brandenburg in allen Landesteilen lebenswert zu machen - egal, ob im Speckgürtel, im Berliner Umland oder im ländlichen Raum.
Meine Damen und Herren! Ich sagte vorhin schon: Die ersten Schritte dazu sind eingeleitet, und wir werden diese Schritte konsequent gehen. Die Linke wie die Koalition insgesamt steht zu ihrer politischen Gestaltungsaufgabe, und wir erwarten von allen politischen kommunalen Akteuren ein ebenso verantwor tungsbewusstes Herangehen.
Klar ist: Neue Modelle sind notwendig, und sie können nur im Dialog mit den Kreisen, kreisfreien Städten und Kommunen entstehen. Ich betone noch einmal: Wir werden ohne Vorbedin gungen in die vom Ministerpräsidenten angekündigten Gesprä che gehen, denn Blockaden helfen niemandem.
Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat deutlich gemacht: Brandenburg hat gute Voraussetzungen, auch in Zu kunft gut voranzukommen. Wir stehen wirtschaftlich ver gleichsweise gut da, auch sozial. Dabei reden wir uns nichts schön. Wir freuen uns über die historisch niedrige Arbeitslo senzahl, über die Vielzahl neuer, zudem sozialversicherungs pflichtiger Jobs. Wir freuen uns auch über Verdienstzuwächse, aber wir wissen auch: Damit ist noch lange nicht der soziale Druck aus dem Alltagsleben vieler Familien raus. Wir wissen, dass viele der neuen Jobs keine Vollzeitstellen sind. Wir wis sen, dass es vor allem die Frauen im Land sind, die für weniger gut bezahlte und auf Teilzeit begrenzte Jobs aus dem Haus ge hen und zudem oft einen langen Weg zur Arbeit in Kauf neh men müssen. Wir wissen, dass noch viel für Mobilität und Da seinsvorsorge, für Kultur und Bildung zu tun ist und immer wieder neue Aufgaben entstehen.
Die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten hat deutlich gemacht, dass wir neben den Verwaltungsstrukturen, die in der Öffentlichkeit den Blick auf vieles verstellt haben, immer auch die Entwicklung des Landes in aller Breite vor Augen hatten und haben.
Ich will auf vier Schwerpunkte eingehen, die den Linken be sonders wichtig sind.
Erstens: Wenn wir in Brandenburg eine gute Zukunft ermögli chen wollen, dann betrifft das in erster Linie das Leben unserer Kinder, und zwar von heute an. Wer keine gute Kindheit hat, wer Spiel, Lernen und Geselligkeit nur eingeschränkt erleben und genießen kann, der leidet auch in späteren Jahren. Wir ha ben in diesem Sinne schon sehr viel getan - das ist heute schon gesagt worden -: Kitas, Schulen, Schüler-BAföG, die Entlas tung bei den Kitagebühren und, und, und. Wir werden jetzt nicht anfangen, auf der Stelle zu treten.
Brandenburg geht es derzeit gut, und es gibt im Land Branden burg eine hohe Bereitschaft zur Übernahme sozialer Verant wortung im Sinne eines solidarischen Miteinanders. Darauf wollen und werden wir aufbauen. Wir wissen aber auch, dass sozialer Stress und Kinderarmut nicht von heute auf morgen aus der Welt zu schaffen sind, und schon gar nicht allein auf landespolitischer Ebene. Aber wir ringen um eine Trendwende im Land: Nicht mehr, sondern weniger sozialer Stress und Kin derarmut. Uns geht es nicht um die Produktion statistischer Er folgsmeldungen, sondern um ein politisches Ziel, dem sich die Linke - und die Koalition - verpflichtet hat. Es geht auch um die Frage der sozialen Sicherheit, auch oder gerade in Zeiten von Globalisierung und ständiger Veränderung. Sowohl die Linke als auch die Koalition insgesamt haben in der Debatte um Jamaika oder Nicht-Jamaika eine politische Funktion: si cherzustellen, dass soziale Sicherheit und soziale Stabilität in den notwendigen Veränderungsprozessen, die aus der Globali sierung und anderen Sachverhalten entstehen, erhalten bleiben und mitgetragen werden. Meine Fraktion fühlt sich diesem Ziel verpflichtet, und der Koalitionsvertrag spiegelt diese Verpflich tung auch wider.
Insofern, meine Damen und Herren, bin ich sehr froh über die vielen landespolitischen Ansätze der Landesregierung - ob sie aus dem MASGF, dem MBJS oder anderen Häusern stam men -, den sozialen Stress von Familien zu vermindern, und darüber, dass wir hier in den nächsten zwei Jahren weitergehen werden, um sicherzustellen, dass diese zentrale Aufgabe auch erfüllt werden kann.
Zweitens: Wenn wir das, was wir wirtschaftlich und sozial er reicht haben, erhalten und zugunsten aller weiter entfalten wol len, müssen wir auf zweierlei achten. Einerseits dürfen wir von unvorhergesehenen Entwicklungen nicht überrollt und zurück geworfen werden - das haben wir nur bedingt in der Hand -, andererseits müssen wir bei neuen Entwicklungen Anschluss halten, das Niveau mitbestimmen und daraus Chancen für un ser Land ableiten. Ob Energiewende, ob Verkehrswende, ob EGovernment oder Bildungseinrichtungen - jeder kann sehen: Dieses Land steht vor einem erneuten großen Strukturwandel. Für viele Menschen ist das ein nachvollziehbarer Anlass zur Furcht. Aber, meine Damen und Herren, dieser Anlass besteht nur, weil die aktuellen technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungsschübe in der Politik eine viel zu geringe Rolle spielen, weil die Politik den sozial- und gesellschaftspoliti schen Herausforderungen nicht genügend Beachtung schenkt, weil sie sich oftmals zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Sie werden es mir verzeihen: Auch die derzeit laufenden JamaikaSondierungsgespräche sind dafür ein deutliches Beispiel.
Wenn wir den Menschen diese Furcht durch Erfahrung, durch einen entsprechenden politischen Ansatz nicht nehmen kön nen, dann werden Populisten weiter erstarken und die Proble me ungelöst bleiben.
Bevor wir aber über Details und Zielsetzungen im Struktur wandel reden, müssen wir uns über eines klar werden: Wer hier erfolgreich handeln und für Brandenburg etwas erreichen will, braucht eine neue Art demokratischer Politik. Die Debatte um die Verwaltungsstrukturreform hat ein weiteres Mal deutlich gemacht: Beteiligungsprozesse und Kommunikation müssen heute auf eine andere Art und Weise gestaltet werden, damit man ein politisches Anliegen auch verwirklichen kann. Beteili gungsprozesse sind nichts Neues; aber die Art und Weise, wie Akteure sich äußern und sich einbringen - sowohl in positiver als auch in negativer Art und Weise -, hat eine andere Qualität erreicht. Und Politikvermittlung heißt heute eben auch Akzep tanzvermittlung, und das heißt auch, eine neue Kommunikation - und zwar mit Inhalten und nicht in Form einer Werbe tour - auf die Agenda zu setzen.
Drittens: Mit Blick auf die Umbrüche, in denen wir bereits ste cken und die noch vor uns liegen, gibt es aus unserer Sicht eine zentrale Schlussfolgerung: Wir werden unseren sozial fundier ten Modernisierungskurs konsequent nicht nur weiterentwi ckeln, sondern auch forcieren - wirtschaftlich, technologisch, bezogen auf Infrastruktur, Mobilität, Bildung und Verwaltung.
In erster Linie wollen wir die Digitalisierung nutzbar machen und nicht außen vor lassen. Meine Damen und Herren, es ist angesprochen worden: Mehr als 400 Millionen Euro werden in den Breitbandausbau gesteckt. Aber der Breitbandausbau ist nur ein struktureller Aspekt der Digitalisierung. Digitalisierung ist viel mehr als Breitbandausbau; sie ist nicht nur ein techno logischer, sondern vor allen Dingen auch ein sozialer Prozess, weil sich mithilfe der Digitalisierung nicht nur Industrieprozes se verändern lassen, sondern auch Beteiligungsmöglichkeiten, verwaltungsbezogene Möglichkeiten und Bildungsmöglichkei ten ergeben und sich die soziale Kommunikation in der Gesell schaft insgesamt verändert. Dies zu gestalten ist die Herausfor derung, nicht bloß die Schaffung gleicher Benutzeroberflächen oder die Einführung neuer Software.
Ich bin dem MASGF ausgesprochen dankbar für die von ihm vor wenigen Wochen hier in Potsdam durchgeführte Konferenz zu Fragen der Digitalisierung. Das war die erste Konferenz zu dieser Thematik, auf der Sozialwissenschaftler deutlich ge macht haben, was die Digitalisierung über die technologische Entwicklung hinaus an Veränderungen mit sich bringt. Der Mi nisterpräsident hat es in seiner Regierungserklärung gesagt: Wenn wir im Bereich der Wirtschaftsförderung die Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft weiter herausstellen, wenn wir von einer Neuorganisierung der Verwaltung reden, wenn wir davon reden, dem Mittelstand im Land Brandenburg eine Chance, eine Entwicklungsperspektive zu geben - woran viele arbeiten -, dann stellt die Digitalisierung einen zentralen Schwerpunkt dar. Ich gehe davon aus, dass Jamaika - sollte es zustande kommen - auch hier einen Schwerpunkt setzen wird - egal in welcher Form. Mit dem angekündigten und bereits an
gesprochenen Investitionsfonds mit einem Volumen von mehr als 200 Millionen Euro gibt es auch ein finanzielles Hinterland, um mit solchen Prozessen nicht nur politisch umzugehen, son dern auch in der Umsetzung zu neuen Gestaltungsformen zu gelangen. Ich glaube, die Digitalisierung wird auch eine der zentralen Herausforderungen der Beratungen zum Doppel haushalt darstellen.
Meine Damen und Herren, über die Verwaltung ist heute schon viel geredet worden; deswegen möchte ich mich auf wenige Punkte beschränken. Wir alle wissen: Unabhängig von der Kreisgebietsreform müssen Kooperationsmöglichkeiten ausge lotet werden. Es ist aber so - und das sagte ich vorhin schon ansatzweise -, dass freiwillige Kooperationen bis jetzt keine strukturentlastende Wirkung erzielt haben. Von der Wissen schaft ist zu Recht auch in Zweifel gezogen worden, ob das überhaupt möglich ist. Deswegen noch einmal meine Bitte bzw. mein Appell an alle Akteure: Nur wenn es uns gelingt, in einem offenen Dialog zu einem klaren gesellschaftspolitischen Konsens zu kommen, wird es uns gelingen, diese Herausforde rungen gemeinsam zu bewältigen. Eine kreisfreie Stadt - ob Potsdam, Cottbus, Frankfurt (Oder) oder Brandenburg an der Havel - wird allein, ohne Begleitung, ohne Kooperation, ohne sich verwaltungstechnisch neu aufzustellen, wenig Perspekti ven haben. Insofern lastet auf uns allen ein Handlungsdruck.
Ich möchte zu einem vierten Punkt kommen, der für meine Fraktion und auch für die Koalition sehr wichtig ist und über den wir morgen im Rahmen der Aktuellen Stunde Gelegenheit haben, uns auszutauschen. Natürlich wird die Vertretung ost deutscher Interessen im politischen Handeln dieser Landesre gierung, dieser Koalition eine zentrale Rolle spielen müssen. Die Aufgabe, vor der wir jetzt gemeinsam stehen, ist, deutlich zu machen und auszuloten, in welchen Bereichen, mit welchen Handlungsansätzen und bezogen auf welche Inhalte ostdeut sche Interessen vertreten werden können. Da geht es um Bio grafien, ja; es geht aber auch um andere Aspekte. Wenn ich die Kassenkredite nehme, habe ich einen Gürtel von der polni schen Grenze bis nach Nordrhein-Westfalen; hier gibt es eine ganze Reihe notleidender Kommunen. Hier stellt sich zum Beispiel die Frage, wie man ostdeutsche Interessenlagen mit zentralen Politikansätzen auf Bundesebene verbinden kann, denn Handlungsfähigkeit in den vom Strukturumbruch betrof fenen Regionen heißt natürlich auch, dass Kommunen hand lungsfähig sein müssen. Wir stehen vor der Frage, wie wir Di gitalisierungsprozesse gerade in Flächenländern, die dünner besiedelt sind als andere, nicht nur technologisch, sondern auch gesellschaftspolitisch umsetzen können. Und wir stehen auch vor der Frage, wie Schulen - und Bildungsinfrastruktur im Allgemeinen - an den neuen Bedingungen ausgerichtet wer den können, sodass ein Höchstmaß an Bildungsqualität sicher gestellt wird.
Insofern, meine Damen und Herren, glaube ich, dass mit den vier genannten Punkten deutlich geworden ist, dass die Frakti on DIE LINKE und die Koalition insgesamt lange Linien in dieser Politik verfolgt, und wir werden die damit verbundenen Aufgaben auch umsetzen. Ich freue mich auf eine inhaltliche und auch strittige Debatte zu diesen und zu vielen anderen Punkten. Vor allen Dingen freue ich mich über einen Abbau
von Destruktivität und die Rückkehr zu einem gemeinsamen politischen Diskurs.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Redmann, es ist schon einigermaßen absurd, mich zur Begrün dung Ihres Antrags heranzuziehen.
Erstens: Ich habe heute Morgen mehrfach deutlich gemacht, dass wir immer noch Entscheidungen treffen, die Gott sei Dank
über die Legislaturperiode hinaus wirken. Und daran wird sich auch nichts ändern. Das ist, nebenbei bemerkt, Aufgabe von Politik.
Zweitens: Ich habe heute Morgen ausschließlich von Freiwil ligkeit in der Kooperationsbeziehung geredet. Pflichtkoopera tion - wissen Sie, welche hohe kommunalpolitische und verfas sungsrechtliche Hürde es dafür gibt?
Insofern, Herr Redmann, weise ich zurück, dass Sie mich als Kronzeugen für Ihren Antrag nutzen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf daran er innern: Wir reden über die Neuorganisation der Verwaltung und nicht über den Untergang des Abendlandes.
Wir reden nicht über die Schließung von Schulen und nicht über nichtleistungsfähige Verwaltungen.
Zweitens: Die Verwaltungsstrukturreform und die Funktional reform sind doch kein Selbstzweck. Sie ordnen sich in eine Reihe von zentralen Politikansätzen ein, die hier im Parlament breit debattiert worden sind und die die Koalition verfolgt. Ei nen davon haben wir mit dem Nahverkehrsplan heute Morgen gehabt. Das Zweite ist der Landesentwicklungsplan.
Es geht um das FAG, es geht um die Krankenhausplanung, all das, was wir in den nächsten Wochen hier entscheiden werden, wozu wir auch die Fähigkeit haben. Meine Damen und Herren, dafür ist die Verwaltungsstrukturreform ein Instrument, sie ist nicht der zentrale Gegenstand von Politikfindung, auch nicht dieser Koalition.
Was ich bis jetzt gehört habe, Herr Petke und Herr Vida, lässt ja förmlich den Verdacht aufkommen, dass sich irgendjemand im dunklen Hinterzimmer ausdenkt, wie man die Bevölkerung psychologisch austrickst und ihr das Fell über die Ohren zieht. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, nach anderthalb Jahren Debatte, nach anderthalb Jahren Diskussion mit einer breiten Öffentlichkeit - und diese Diskussionen sind nicht nur vergnü gungssteuerpflichtig, das ist doch völlig normal -, der man sich gestellt hat, nicht so zu tun, als wenn Bürgerwillen einfach ig noriert werden solle, als wenn Hinweise nicht aufgenommen worden seien - denn so hätte es den Gesetzentwurf der Landes regierung in dieser Form nicht gegeben. Und Frau Golze hat nicht gegen die Kreisgebietsreform gestimmt - es tut mir leid -, sondern sie hat gegen den Referentenentwurf gestimmt. Das haben viele gemacht.
Und gerade das war der Ausgangspunkt, dass Dinge aufge nommen wurden, die notwendigerweise zu Veränderungen im Gesetzentwurf geführt haben. Jetzt beginnen wir mit dem par lamentarischen Prozess. Und ich sage Ihnen: Im parlamentari schen Prozess wird es weitere Veränderungen geben. Da geht es eben auch um die Begleitung im Gesetzgebungsverfahren, damit die Arbeit der Kreistagsfraktionen weiter verbessert wer den kann. Da geht es um die Frage des Teilhabe- oder auch des Demokratiepakets, all das, was wir in den Gesetzentwurf ein pflegen werden und auch müssen.
Die politische Debatte zu diesem Vorhaben ist seit längerer Zeit - zumindest für Brandenburger Verhältnisse - ziemlich verhärtet und auch Wahlkampfgetöse. Bei allem Verständnis für Wahlkampf, auch für politische Auseinandersetzungen zur Kenntlichmachung von Standpunkten und unterschiedlichen Meinungen von Parteien, nochmals, meine Damen und Herren: Wir reden hier von der Neuorganisation der Verwaltung und von nichts anderem.
Diese Neuorganisation ordnet sich in die Entscheidungen ein, die wir als Parlament zu treffen haben und die Auswirkungen auf die nächsten 30 Jahre haben werden. Ohne diese inhaltliche
Unterfütterung würde es diese Verwaltungsstrukturreform nicht geben. Insofern bitte ich Sie, ein Stück weit zur Sachlichkeit zurückzukommen. Ich darf Ihnen eins versichern: Als Frakti onsvorsitzender habe ich noch an keiner Beratung im Hinter zimmer teilgenommen,
wo wir uns darüber verständigt haben, mit welchen psycholo gischen Tricks wir die Bevölkerung zur Zustimmung bringen können. Das wird es auch nicht geben, denn ich freue mich auf die breite Debatte. Ich weiß auch, dass diese Debatte nicht ein fach sein wird. Aber wissen Sie was? Ich bin mir sicher: Wir haben eine sehr gute Entwicklung als Land Brandenburg ge habt, und wir haben eine gute Perspektive. Diese gute Perspek tive werden wir politisch weiter umsetzen. - Vielen Dank.
Selbstverständlich.
Ich bitte um Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen.
Herr Dombrowski, wir kennen uns lange genug. Die Modera torin hat ihre Aufgabe eindeutig verfehlt, um es im Klartext zu sagen. Wir sind alle Bürger, und die Bürger sind daran betei ligt. Ich finde es aber auch für solche Diskussionsrunden sehr wichtig zu wissen: Aus welchen Berufsgruppen, aus welchen sozialen Bereichen sind Menschen im Saal?
Insofern ist die Grundlage völlig legitim. Aber davon auszuge hen, dass Abgeordnete oder Mandatsträger keine Bürger sind, ist natürlich Unsinn.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst lassen Sie mich eines feststellen: Wir beginnen doch nicht mit der parlamentarischen Debatte. Ich sagte vorhin, wir haben fast über ein Jahr eine öffentliche Debatte geführt. Deswegen gab es eine Reihe von Argumenten, die bereits ausgetauscht gewe sen sind.
Erstens: Wissen Sie, was mich an dieser Diskussion unange nehm berührt? - Man gewinnt den Eindruck, wenn man auf Kritiker zugeht, wenn man Argumente aufnimmt, dann ist man trotzdem undemokratisch, weil man dann Leute „spaltet“.
Wenn man sie nicht aufnimmt, dann ist man erst recht undemo kratisch. Daraus wird dann die Begründung gemacht, dass die se Reform eigentlich politisch nicht geht. Ich finde das sehr schwierig.
Zweitens: Frau Nonnemacher, ich freue mich auf die Debatte, die wir in den Ausschüssen haben werden. Denn mit Sicherheit gibt es Änderungsbedarf, gibt es auch Diskussionsbedarf. Das werden wir mit Sicherheit auch gemeinsam beraten können und werden.
Das Dritte ist, meine Damen und Herren: Ich bin manchmal überrascht, mit welcher Sorglosigkeit in Wahlzeiten mit politi schen Argumentationen umgegangen wird. Es geht hier wirk lich nicht um Finanzprognosen bis 2040. Ich gehe auch davon aus, dass die CDU möglicherweise nach der Bundestagswahl einen Beitrag dazu leisten wird, dass sich die Steuersituation der Länder nicht verbessert. Allein das, was Sie an Steuersen kungen angekündigt haben, sind 15 Milliarden Euro.
Nun kann man sich lange darüber streiten, ob das sinnvoll ist oder nicht, aber auf jeden Fall führt das ohne Kompensation für die Länder zu weniger Einnahmen.
Der vierte Punkt, den ich ansprechen möchte:
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch zu einer Debat tenkultur und zu einem Debatteninhalt zurückkommen, damit es aufhört, die Verwaltungsstrukturreform zu vereinzeln, und so getan wird, als wenn das der einzige politische Ansatz in diesem Land ist, den es umzusetzen gilt,
und dabei vergessen wird, dass genau diese Verwaltungsstruk turreform nur ein Instrument ist. Das wissen Sie, das weiß ich,
und ich glaube, das kann man in der Diskussion mit der Bevöl kerung auch durchaus darstellen. Insofern fand ich die Rede des Ministerpräsidenten nicht inhaltsleer, sondern sie hat ein fach deutlich gemacht, dass wir hier eine Breite von Aufgaben zu lösen haben. Genau das werden wir auch tun.
Herr Petke, ich weiß nicht, woher es kommt, dass Sie meine Vorstellung von Digitalisierung - wenn ich Sie richtig verstan den habe - kennen: Ohne die Digitalisierung wäre diese Re form überhaupt nicht möglich.
Das, was wir vorhaben, wäre vor 15 Jahren überhaupt noch nicht gegangen. Deswegen sage ich: Ich stimme Ihnen zu, dass wir Nachholbedarf haben. Und diesen Nachholbedarf werden wir auch aufarbeiten - selbstverständlich -, …
… weil das eine Voraussetzung ist. Insofern freue ich mich auf die weitere Debatte. Ich gehe davon aus, wir werden uns an dieser Stelle über diese Fragen noch sehr oft miteinander unter halten. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um das gleich klarzustellen: Bei mir zu Hause machen meine Frau und ich das gleichberechtigt, zumindest im Umgang mit der Haushalts führung.
Meine Damen und Herren, wenn ich vielleicht auch einen Wunsch zu Weihnachten äußern dürfte, der wahrscheinlich nie in Erfüllung gehen wird: Ich wünsche mir, dass Haushaltsbera tungen nicht nach Schema F ablaufen. Das Schema F lautet so zusagen: Die eine Seite kritisiert, die andere meint möglicher weise, nichts sei mehr zu verändern. - Ich finde, Herr Senftle ben, was wir heute von Ihnen gehört haben, passte in dieses traditionelle Schema. Ich will das auch an drei oder vier Din gen verdeutlichen und versuchen, den Hintergrund dessen zu beschreiben, was Sie aus meiner Sicht falsch dargestellt haben.
Ich fange mit einem gravierenden Vorwurf an: Sie sagen, RotRot schränke die Altersvorsorge ein. Meine Damen und Her ren, es ist ein Kernstück sowohl der SPD als auch der Linken, bundesweit soziale Sicherheit zu gestalten.
Und als Beispiel ziehen Sie die Nichteinzahlung in den Pensionsfonds heran.
Dann erkläre ich Ihnen jetzt mal, was der Hintergrund ist - da habe ich mit dem Präsidenten des Landesrechnungshofs eine inhaltliche Differenz, über die wir auch schon gesprochen ha ben. Der Hintergrund ist, dass wir, wenn wir gegenwärtig Geld in den Pensionsfonds einzahlen, keine Zinsen erwirtschaften. Zu dem Beispiel mit den 3 %: Das sind Altkredite, das ist nicht neu angelegtes Geld.
Insofern halte ich diese Entscheidung für richtig. Wenn Sie jetzt ausgeführt hätten, dass man diese Entscheidung überden ken müsste, wenn sich die Geld- und Zinspolitik verändert, würde ich Ihnen hundertprozentig zustimmen.
Nur leider - oder Gott sei Dank, je nachdem, wie man das se hen will - weist die Politik der EZB nicht darauf hin; und ob die amerikanische Notenbank tatsächlich einen anderen Zins kurs einschlägt, das werden wir sehen.
Insofern: Hören Sie auf, an diesem Beispiel zu konstruieren, dass die Altersvorsorge von Beamtinnen und Beamten nicht gesichert sei. Das ist ein gesetzlicher Anspruch, und dieser ge setzliche Anspruch wird umgesetzt.
Der Pensionsfonds ist ein zusätzliches Instrument. Dieses zu sätzliche Instrument wird dann wieder in Ansatz gebracht wer den, wenn wir damit auch tatsächlich zusätzliches Geld gene rieren können. So einfach ist das.
Niemand braucht hier Angst zu haben, dass Rot-Rot die Pensi onen der Angestellten und Beamten dieses Landes Branden burg nicht sicherstellt.
- Dieser Vorwurf ist eigentlich ungeheuerlich, weil dies bedeu ten würde, wir hielten uns hier nicht an Recht und Gesetz.
Das Zweite, auf das ich zumindest eingehen möchte, weil mich das sehr stark berührt hat: Sie sprachen von untergehenden Landkreisen und untergehenden kreisfreien Städten.
- Nein, Sie haben davon gesprochen.
Hier geht niemand unter,
sondern wir haben starke Städte und Landkreise, wir haben ef fektiv arbeitende öffentliche Verwaltungen. Und hier wird nie mandem die Heimat genommen!
Es geht darum, gemeinsam einen Weg zu finden - und zwar nicht für jetzt, sondern ab 2030 -, eine effiziente Verwaltung aufzubauen. Das ist ein schwieriger Weg, das wissen wir. Er wird auch nicht einfacher werden, auch das wissen wir. Aber so zu tun, als gäbe es keine Handlungsnotwendigkeiten, halte ich vor dem Hintergrund, dass die finanzielle Situation einiger kreisfreier Städte so ist, dass sie praktisch handlungsunfähig sind - was nicht nur etwas damit zu tun hat, dass die Finanzen neu geordneten werden müssen, sondern ein strukturelles Pro blem ist -, nicht für verantwortbar.
Drittens: Altanschließer. Herr Senftleben, ich habe hier im Landtag mehrfach gesagt, ich hätte mir eine Entscheidung zu den Altanschließern vor der Sommerpause gewünscht. Da kri tisieren Sie uns zu Recht. Wo Sie uns aber zu Unrecht kritisie ren, ist ein ganz anderer Punkt. Das, was wir jetzt als Paket vorgelegt haben,
sichert allen Verbänden den Zugang, sodass sie in der Lage sind, selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen, wie weit sie auszahlen wollen. Und das ist mit diesem Paket sichergestellt.
Und hier wird das Land nicht gespalten, sondern wir stehen vor einer ganz anderen Herausforderung: Meine Damen und Her ren, wenn wir auf Dauer Wasserver- und Abwasserentsorgung sicherstellen wollen, werden wir um eine Veränderung von Verbandsstrukturen nicht herumkommen.
Herr Senftleben, Sie wissen das: Insbesondere bei Ihnen im Sü den, aber nicht nur bei Ihnen, sondern auch in anderen Regionen des Landes, werden wir wirtschaftlich tragfähige Verbandsstruk turen aufbauen müssen. Dazu sind auch Gelder zur Unterstüt zung bereitgestellt worden. Wenn wir das jetzt nicht miteinander koppeln, befürchte ich, wird es uns niemals gelingen,
im Wissen darum, dass es kommunale Hoheit ist, im Wissen darum, dass man so etwas nur mit gemeinsamen Gesprächen umsetzen kann. Aber wir müssen uns auch entscheiden, diesen Weg zu gehen.
Meine Damen und Herren, wenn wir als Koalitionsfraktionen keine Änderungsanträge vorgelegt hätten, hätte sich mögli cherweise die Opposition vorn ans Pult gestellt und gesagt: Sie haben keine eigenen Ideen! - Legen wir Änderungsanträge vor, ist es ein „schlampig gemachter Haushalt“.
Da sage ich Ihnen: Nein, der Haushaltsentwurf, den die Lan desregierung vorgelegt hat, bildet im Prinzip das Mengenge rüst 2017/18 dieser Koalition ab:
das, was wir als Koalitionsfraktionen in politischer Verantwor tung gemacht haben, das, wo es uns notwendig schien, Akzente auszubauen, bzw. wo wir auch auf neue Entwicklungen reagiert haben. Insofern trifft der Vorwurf schlicht und ergreifend nicht zu, dass dieser Doppelhaushalt einfach nur ein Geldausgeben sei.
Ich glaube, er hat einen Vierklangcharakter. Es ist ein Vier klang, der einmal von Vorsorge gekennzeichnet ist, von Vorsor ge in verschiedensten Bereichen: was den Straßenbau betrifft, was die kommunale Investitionsfähigkeit betrifft, was den erstmaligen Einsatz von Landesmitteln im Bereich ÖPNV betrifft - auch das ist abgebildet -,
was den Kitabereich betrifft, was den Schulbereich betrifft und auch was die Ausbildung von zukünftigen Angestellten hier im Land Brandenburg betrifft - um nur einige Beispiele zu nennen.
Er ist auch davon gekennzeichnet, dass wir Investitionen sicher stellen. Da hätte ich mir gewünscht, dass wir heute vielleicht auch einmal eine Debatte darüber führen, was uns eigentlich ab 2020 erwartet, wenn tatsächlich die Schuldenbremse greift und möglicherweise eine Politik der schwarzen Null weiterhin den Schwerpunkt von Finanzpolitik bildet. Es ist nicht nur bei den Linken, sondern auch in der Wirtschaftswissenschaft und allen Parteien angekommen, dass man trotz Schuldenbremse, trotz der sicherlich richtigen politischen Fokussierung auf einen wei teren Schuldenabbau natürlich auch die Kapitalbilanz eines Landes lesen muss. Sie wissen, dass die Kapitalbilanz der Bun desrepublik Deutschland sozusagen negativ ist. Das weist dar auf hin, dass wir ein Investitionsproblem haben. Ich glaube, niemand in diesem Saal wird bestreiten, dass wir bundesweit einen Investitionsstau zu verzeichnen haben, und zwar in Grö ßenordnungen. Mit diesem Haushalt legen wir auch die Bau steine dafür, im Land Brandenburg verantwortlich mit dieser Situation umzugehen, und das Grundgerüst dafür, dass Investi tionen im Land Brandenburg weiterhin gewährleistet sind und ausgebaut werden können, was ich ausdrücklich begrüße, weil wir anders die Frage der wirtschaftlichen und sozialen Entwick lung des Landes Brandenburg nicht beantworten können.