Roswitha Schier

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Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Wir sehen uns heute mit einem sehr umfangreichen An trag der AfD-Fraktion konfrontiert. Thematisch legt dieser An trag durchaus den Finger in eine offene Wunde. Das weiß auch die Koalition. Deshalb gab es vor etwa einem Jahr den Antrag „Gute Ausbildung für alle - Berufsausbildungsbeihilfe novel lieren und gesetzliche Mindestausbildungsvergütung einfüh ren“; wir haben darüber hier in diesem Hause gesprochen. Der aus diesem Antrag hervorgehende Bericht der Landesregierung zur Situation der Auszubildenden ist sehr aufschlussreich und stellt unter anderem dar, dass die Vertragslösungsquote mit 32 % leider deutlich über derjenigen in der gesamten Republik, nämlich 25,8 %, liegt.
Die Landesregierung stellt oftmals darauf ab, dass die Ausbil dungsvergütung das Problem bei der Ausbildung sei. Das, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, stimmt in den meisten Fällen nicht. Ich vertraue auf die Weitsicht der Unternehmen. Sie haben längst erkannt, dass die jungen Leute bestimmte An sprüche an ihre Ausbildung stellen; sie sind nämlich selbstbe wusster geworden. Jedem und jeder Auszubildenden ist vor Antritt der Ausbildung klar, was er oder sie als Vergütung be kommt - zumal die IHK mir bei einem Gespräch versicherte, dass die Unternehmen sehr wohl wissen, was sie zu zahlen ha ben, um vernünftiges Personal akquirieren zu können. Und je der von uns, der Ausbildungsmessen besucht, hört im Vorbei gehen immer mal: „Wir bezahlen Ihnen den Führerschein“, „Brauchen Sie eine Wohnung? Wir übernehmen für die Dauer der Ausbildung die Miete“ - die Unternehmer sind da sehr er finderisch. Heute sind andere Faktoren im Betrieb wichtig, et wa Gesundheitsmanagement, Freizeitausgleich, flexible Ar beitszeiten usw.
Wenn ich auf die Aufgaben einer Landesregierung blicke, fällt mir hierzu die Bildungspolitik ein. Das ist ein Politikfeld, auf dem Sie in der Vergangenheit viel Verunsicherung geschaffen haben. Und ich rede jetzt nicht nur über die Eltern, sondern auch über die Lehrerinnen und Lehrer sowie insbesondere über die Schüler. Sie sollten keine Noten mehr bekommen, werden zu einem großen Teil nur noch von Quereinsteigern unterrich tet; sie beenden im besten Fall die Schule, wissen dann aber nicht, wie weiter. An dieser Stelle benötigen wir erfolgreiche Modelle der Berufsorientierung. Dazu zählen insbesondere Praktika und das Praxislernen sowie zum Beispiel - wie heute Morgen in der Fragestunde thematisiert - der Ausbau der Be rufseinstiegsbegleitung.
Vor allem dürfen wir die Mobilität nicht vergessen. Das 365-Euro-Ticket muss auch für Schüler und die Freiwilligen dienste gelten,
denn dann könnten auch sie größere Distanzen zurücklegen, um zum Beispiel zu einer Praktikumsstelle zu kommen.
Inhaltlich liegt die AfD aus Sicht der CDU-Fraktion in nicht allen Punkten richtig. Aus diesem Grund haben wir uns für ei nen Entschließungsantrag entschieden. Wir wissen bereits rela tiv gut, was funktioniert - und vor allem, was wir benötigen: Wir brauchen starke Oberschulen, ausreichend und gutes Per sonal sowie ein starkes Netzwerk von Oberstufenzentren. Da her haben wir diese Maßnahmen in unserem Entschließungsan trag verankert. Der Ausbildungskonsens aus dem Jahr 2003, der zwar im letzten Jahr bis zum Jahr 2020 verlängert wurde, gehört trotzdem überarbeitet. Fakt ist doch wohl eins: Seit 2009, seit dem Auftakt von Rot-Rot, ist die Anzahl der Ausbil dungsverträge um ein Drittel gesunken - nämlich von 15 000 auf 10 000.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie verkennen auch, wie viele Jugendliche keinen Schulabschluss haben. Allein in Potsdam-Mittelmark ist die Zahl binnen der letzten zwei Jahre um 30 % gestiegen. Der Ausbau der Jugendberufsagenturen liegt mir besonders am Herzen. Die rechtskreisübergreifende Arbeit lohnt sich wirklich. Von mir aus können wir die Arbeit der Agenturen vorab auch noch einmal extern evaluieren las sen. Tatsache ist aber, dass wir hier als starker Staat junge Menschen an die Hand nehmen, sie für die Zukunft, für den Arbeitsmarkt fit und attraktiv machen.
Brandenburg kann es sich nicht leisten, Ausbildungsplätze un besetzt zu lassen. Wir konkurrieren einfach mit zu vielen ande ren Regionen um attraktive Arbeitsplätze und somit auch um Fachkräfte. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem An trag. - Ich danke für Ihr Zuhören.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Herr Büchel hat schon etwas poetisch ausgeführt: Ja, wir waren uns im Aus schuss ziemlich einig. Wir haben acht staatlich anerkannte Kurorte und Heilbäder sowie 16 staatlich anerkannte Erho lungsorte. Sie unterliegen Kriterien, von denen wir uns nicht entfernen sollten, weil wir im internationalen Wettbewerb ste hen. Das sind Attraktivität, Kreativität und Innovation. Diese Kriterien sollten wir gut beachten.
Mit dem heutigen Beschluss geht es einerseits um die Betten zahl, andererseits darum, dass wir es Orten, die in Kurorte ein gebettet sind, ermöglichen, den Gästen eine Kurkarte auszu stellen, damit sie den öffentlichen Personennahverkehr kosten frei nutzen können. Das ist eine wichtige Sache für die ältere Generation, die gern reist, aber natürlich auch für Familien. Letzten Endes ist es ein Beitrag zum Klimaschutz.
Was im Ausschuss angerissen wurde - deshalb haben wir einen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf eingebracht -, ist die Diskussion, ob man Kurbeiträge nicht auch für Gäste erheben kann, die dort nicht übernachten, sondern nur Tagesgäste sind. Ich kenne diese Forderung aus Burg im Spreewald. In Mecklen burg-Vorpommern gibt es eine entsprechende Kann-Regelung. Man muss sich über das Kosten-Nutzen-Verhältnis unterhalten. Wenn ich beispielsweise erst einmal Parkuhren anschaffen muss, muss ich fragen, wie lange es dauert, bis sie sich refinan zieren. Wir wollen den Kommunen die Möglichkeit geben, das selbst zu entscheiden. Diejenigen, die das machen und kontrol lieren wollen, sollen es gern tun. Die anderen, die sich dagegen entscheiden - gut, die machen es dann eben nicht.
Unser Änderungsantrag ist für die Erholungsgebiete ein Entge genkommen, und ich bitte sehr darum, dass Sie ihm zustim men. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kollegen! In diesem Gesetz werden di verse Regelungen und Begrifflichkeiten geändert. Aber es geht auch darum, die Qualitätssicherung in der stationären Versor gung weiterhin durch die Landesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung zu ermöglichen. Anlass der Neuregelung ist die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses - G-BA - vom Dezember 2016.
Für die Datenvalidierung bedarf es einer gesetzlichen Grundla ge für die Akteneinsicht, die andere Länder bereits umgesetzt haben. Wir werden uns daher dem Anliegen auch mit Blick auf die Frist der Kassen zur Umsetzung zum 30.06.2018 nicht ver sperren. Alle anderen Punkte sprach Kollegin Lehmann bereits an.
Ich muss aber etwas Wasser in den Wein gießen und darauf hin weisen, was uns nicht noch einmal passieren darf. Ich sprach von einer Regelung aus dem Jahr 2016, die wir im Heilberufs gesetz geändert haben. Aufgrund der Tatsache, dass wir nur schriftlich angehört haben, standen wir unter enormem Zeit druck. Ich empfinde eine Anhörung, in der bestimmte Kriterien auch zur Sprache kommen, anhand derer man seine Entschei dung eventuell noch einmal überdenkt, immer als Bereiche rung. Da gab es eine schlechte Vorbereitung, Frau Ministerin, den Vorwurf muss ich Ihnen machen. Ich will das auch noch einmal in Bezug auf das Bundesteilhabegesetz anbringen. Da warten wir auf ein Ausführungsgesetz, und ich hoffe, dass wir nicht noch einmal unter solchen Zeitdruck geraten. Eine Anhö rung gehört zu einer Gesetzeseinbringung und dient auch dem Wissensgewinn. Deswegen hoffe ich, dass wir bei den nächsten Gesetzentwürfen nicht mehr solche Eile haben. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Frau Ministerin, ich habe mit Wohlwollen verfolgt, dass Sie dafür sind, den Mindestlohn in der Pflege an zugleichen. Allerdings bin ich sicher, dass ein Mindestlohn von
10,55 Euro die Pflege überhaupt nicht bezahlt. Wahrscheinlich wird man heute schon für diesen Lohn keine Pflegekraft mehr finden.
Da Sie das auf der Ministerkonferenz besprochen haben: Haben Sie auch über die Folgen gesprochen? Kürzlich hat die AWO einen Tarifvertrag ausgehandelt, den ich übrigens begrüße, demzufolge Folgekosten auf die Bewohner oder deren Angehö rige zukommen werden. Wenn man das eine will, muss man das andere bedenken. War das Thema der Ministerkonferenz?
Das Gesetz zur Ausführung der Insolvenzordnung und in die sem Zusammenhang die Verbraucherinsolvenzfinanzierungs verordnung, insbesondere die Erhöhung der Fallpauschalen, sollen überarbeitet werden.
Ich frage die Landesregierung: Wie ist der Sachstand der Über arbeitung?
Vielen Dank. - Frau Staatssekretärin, Sie sagten, zum Januar 2017 sind die 11 % in Kraft. Oder geht es generell darum, sie neu zu verhandeln?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Al ter, ich muss Sie ein bisschen korrigieren. Ich habe mich über diesen Antrag der AfD sehr gewundert, der dem Motto folgt: Wenn ich nicht mehr weiterweiß, bilde ich einen Arbeitskreis. - Aber im November 2014 haben wir den gleichen Antrag ge stellt: „Konzept zur zielgerichteten Bekämpfung von Armut vorlegen“.
Der zweite Punkt betrifft die Langzeitarbeitslosen. Wir haben gerade heute im Pressespiegel gelesen: In Brandenburg sind 15 700 Menschen mehr in Beschäftigung. Aber wir haben eine Anzahl von Langzeitarbeitslosen, die wir nicht reduzieren kön nen. Und wir geben so viel Geld dafür aus. Wir müssen es ein fach schaffen, erstens mit der Wirtschaft zu reden: Wofür kann ich die Leute ausbilden? - Zweitens muss man sie peu à peu an die Arbeit heranführen, zum Beispiel sollten sie früh um 7 Uhr da sein, dann vier, sechs oder acht Stunden arbeiten. Wir geben dafür Mittel der EU aus, wir geben insgesamt so viel Geld da für aus. Die Betreffenden gehen in eine Maßnahme, drei Mo nate, sechs Monate und kehren in ihre Häuslichkeit zurück. Das ist moralisch und finanziell falsch.
Diese beiden Bausteine sind wirklich wichtig für uns, um Ar mut zu bekämpfen. Es gäbe noch so viel dazu zu sagen. Ob es Alters- oder Kinderarmut ist: Armut ist ein Teufelskreis und
hat etwas damit zu tun, dass man sich sozial nicht mehr enga gieren kann und nicht mehr angenommen wird.
Lassen Sie uns also dafür kämpfen und stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Februar 2017 waren 31,77 Millionen Menschen sozialversi cherungspflichtig beschäftigt. Das sind gegenüber dem Vorjahr 717 000 Menschen mehr. Unserer Republik geht es gut. Die Bürger investieren. Die Wirtschaft floriert. Und Brandenburg? Liegt die Arbeitslosenquote in Deutschland bei 5,8 %, so ist sie in Brandenburg bei 7,1 %.
Wenn wir über Herausforderungen und Chancen sprechen, brauchen wir eine Bestandsaufnahme. Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben. Im Jahr 2016 ist eine richtig schöne urige Kneipe - eine Gaststätte - im Spreewald abgebrannt. Viele Ge werke waren am Wiederaufbau beteiligt: Rohrleger, Tischler, Schreiner, Maler, Fliesenleger, Installateure und viele mehr.
Die Handwerker hatten etwas gemeinsam: Sie waren alle über 50 Jahre alt. Lehrlinge für das Handwerk sind schwer zu fin den, Nachfolger erst recht. Handwerk heißt oft auch körperlich arbeiten in Staub und Geruch. Da stellt sich die Frage: Was ist eigentlich, wenn diese Handwerker in Rente gehen?
Die Gaststätte ist wieder geöffnet - es ist ein guter Hinweis, wer es nachher wissen will -, aber jetzt geht der Ärger weiter. Sie suchen Servicekräfte. Sie haben keine Servicekräfte. Ich könnte jetzt beliebig fortfahren für das Handwerk, für die In dustrie. Ich glaube, jeder von Ihnen könnte ein Beispiel dazu beitragen. Dem stehen 6 815 Arbeitslose im Alter von 15 bis 25 Jahren gegenüber. Das ist eine Quote von 8,5 %. Meine lie ben Kollegen, können wir uns das leisten?
Jede Person ohne Arbeit ist eine zu viel. Deshalb müssen wir alle Anstrengungen darin investieren, die Menschen zu moti vieren und ihnen Arbeit zu verschaffen. Was die SPD auf Bun desebene hier im Moment macht, halte ich für kontraproduktiv, nämlich das Arbeitslosengeld verlängern zu wollen. Statt über längere Arbeitslosenzeiten nachzudenken, wäre es wohl schlau er, sozialer und wirtschaftlicher, die Menschen ganz schnell wieder in Arbeit zu vermitteln.
Im fraktionsübergreifenden familienpolitischen Gespräch wa ren wir uns mit Elisabeth Alter einig, dass eine teilweise unmo tivierte Generation in unserem Land heranwächst. Dagegen müssen wir etwas tun, und zwar schnell, damit sich das nicht verfestigt.
Im Kern gibt es aus meiner Sicht zwei wesentliche Baustellen. Die eine sind Langzeitarbeitslose, die andere sind Jugendliche ohne Jobs. Wir haben 66 729 Langzeitarbeitslose in unserem Land und schaffen es nicht, sie durch Qualifizierung und ver schiedene Bildungsgänge für den Arbeitsmarkt fit zu machen. Das versuchen wir mit sehr viel Geld seit den 90er-Jahren, und es klappt nicht. Damals haben die Arbeits- und Ausbildungs plätze gefehlt. Heute haben wir 20 487 gemeldete offene Stel len bei der BA. Für eine Neuorientierung ist es aus meiner Sicht nie zu spät. Es ist eine große Chance, dieses Potenzial zu wecken.
Und die Jugend? Nach dem Ende der Schulzeit dürfen die Ju gendlichen uns nicht verloren gehen. Ein Jahr Auszeit nach der Schule oder „ach, erst mal sehen“ darf nicht vorkommen. Wenn sich die Schultür hinter den jungen Leuten schließt, müs sen alle Akteure - alle - vor ihnen stehen: Handwerkskammern, IHKs, Bildungsträger, das Angebot eines freiwilligen sozialen Jahres und auch die von uns in der letzten Plenartagung gefor derten Jugendberufsagenturen. Der Antrag liegt im Bildungs ausschuss. Da wird es eine Anhörung geben, auf die ich sehr gespannt bin.
Wenn wir es schaffen, unsere Menschen in Jobs zu bringen, tun wir nicht nur ihnen etwas Gutes. Arbeit ist ein Bedürfnis. Ar beit ist Erfüllung von Wünschen. Arbeit ist Teilhabe. Arbeit ist soziale Integration. Arbeit ist Zufriedenheit und Vorbild für die heranwachsende Generation.
Was also sind die Herausforderungen? Erstens: Wir brauchen starke Eltern. Sie sind es, die der jungen Generation und ihren Kindern vorleben müssen: Leistung lohnt sich. Sie sind es, die den Grundstein legen, indem sie in der Badewanne Kettenauf gaben lösen, beim Autofahren das Einmaleins üben - habe ich alles mit meinen Kindern gemacht. Starke Eltern mit einem festen Willen sind der Grundstein.
Zweitens: Wir brauchen eine berufs- und praxisorientierte Schule. Kinder müssen, nachdem sie eine Schule verlassen, zu mindest in groben Zügen wissen: Was für eine Vorstellung ha be ich von meinem Leben? Absolviere ich ein Studium? Mache ich eine Lehre? Was für eine Lehre mache ich? Also: Wir brau chen praxisorientierte Schulen.
Drittens: Wir benötigen ein innovatives Unternehmertum. Die jungen Unternehmer brauchen Fördermöglichkeiten, um den Einstieg zu schaffen. Da kann es nicht sein, dass man sagt, die Fördermöglichkeiten gibt es nicht, sondern man muss fragen: Wie kann ich die Fördermittel so stricken, dass sie bei den Jungunternehmern ankommen?
Viertens: Langzeitarbeitslose müssen Schritt für Schritt in den Arbeitsmarkt integriert werden. Sechs Monate bei einem Bil dungsträger und dann in die alten Muster zurückschicken, das geht nicht. Step by step müssen sie für den Arbeitsmarkt fitge macht werden.
Fünftens: Wir benötigen eine noch bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Familie und Pflege. Das ist eine Quer
schnittsaufgabe. Wir müssen viel besser werden, um die Res sourcen zu wecken.
Sechstens: Wir benötigen eine lukrative Ansiedlungspolitik, damit die Leute nicht weggehen. Ich denke an die Lausitz. Die jungen Leute, die vor einem Strukturwandel stehen, müssen wir halten. Dort vor Ort müssen Arbeitsplätze geschaffen wer den, damit wir nicht eine Wanderungsbewegung wie in den 90er-Jahren bekommen.
Siebtens: Wir brauchen ein vernünftiges Konzept für den ÖPNV. 2015 pendelten im Schnitt 270 000 Menschen zu ihrem Arbeitsplatz nach Berlin. Bei den Flächenländern nimmt Bran denburg den Spitzenplatz ein. Darauf sind weder Berlin noch Brandenburg vorbereitet. Überall klemmt es. Wir brauchen dringend andere Lösungen und Anbindungen. Ich möchte an dieser Stelle meinem Kollegen Genilke danken, der mit unse rem Konzeptvorschlag hierzu momentan durch das ganze Land fährt und dafür wirbt.
Ich kann mir einen Seitenhieb nicht verkneifen. Es kann nicht sein, dass junge Leute in den ländlichen Raum ziehen, eine Fa milie gründen, berechnet haben, dass sie eine Stunde mit dem Zug nach Berlin brauchen, und dann die Bahnhalte geschlos sen werden: Raddusch, Kolkwitz.
Sie sehen: Die Liste ist lang und sie ließe sich fortführen. Wenn wir die Herausforderungen annehmen, haben wir alle Chancen, nicht nur bei der Arbeitslosenquote aufzuholen. Dann hätten beispielsweise auch die Handwerker, die ich eingangs nannte, eine bessere Perspektive.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kenne viele Men schen, die vor vielen Jahren aufgrund von Perspektivlosigkeit unser Land verlassen haben. Mittlerweile hat sich deren Le bensmittelpunkt zurück in ihre Heimat verlagert - das ist gut so -, gerade im ländlichen Raum. Deswegen finde ich es ein bisschen traurig, dass Sie, meine lieben Kollegen von der Koa lition, in Ihrem Entschließungsantrag einen Zungenschlag ha ben, der mir nicht gefällt. Sie sagen nämlich, dass wir die Rückkehrer brauchen - in der Zivilgesellschaft im Engage ment, in der sozialen Infrastruktur, vor allem in der ländlich geprägten Region. Die ländlich geprägte Region sind nicht Ar beitslose, Alte und Kranke, sondern auch da brauchen wir In novation und junge Arbeitskräfte. Auch dort wollen die Men schen ihrem Arbeitsleben nachgehen.
Meine Redezeit ist leider zu Ende. Ich wünsche mir, dass wir die 95 000 qualifizierten Arbeitskräfte, die für das Jahr 2020 prog nostiziert sind, schaffen, dass wir viele kleine Schritte gehen, um den Menschen, die ohne Arbeit sind, aber auch denen, die sich neu orientieren wollen, eine Zukunftsperspektive in unserem Land zu geben. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu allererst möchte ich mich beim Minister und bei Staatssekretä rin Frau Dr. Schilde ausdrücklich dafür bedanken, dass die Umweltministerkonferenz in Bad Saarow vor zwei Wochen einstimmig beschlossen hat, eine länderoffene Arbeitsgruppe unter der Federführung Brandenburgs einzurichten. Sie soll sich mit dem günstigen Erhaltungszustand des Wolfes sowie der Definition und dem Umgang mit Problemwölfen befassen.
Die Antwort auf die Frage, ab wie vielen Wölfen der günstigste Erhaltungszustand erreicht ist, ist insofern von Bedeutung, als damit einerseits die Frage geklärt wird, zu welcher Population die Wölfe in Deutschland gehören. Andererseits muss aber auch beantwortet werden, ob wir den Artenschutz weiterhin statisch denken oder es nicht langsam an der Zeit ist, bedrohte Arten zu schützen und Arten, die sich aufgrund des strengen Schutzes positiv entwickelt haben, so zu regulieren, dass ein vernünftiges Miteinander von Mensch, Nutztierhaltung und Artenschutz in unserer Kulturlandschaft möglich ist, ohne den günstigen Erhaltungszustand erneut zu gefährden. Diese Auf gabe ist zweifelsohne keine leichte, und beim Wolf wird sie sehr langfristig sein.
Doch auch kurzfristig und unter Anerkennung des derzeitigen strengen Schutzstatus der Wölfe in Deutschland lassen sich mit
Blick auf den Umgang mit Problemwölfen bereits heute Maß nahmen ergreifen, die wir zum Schutz der Weidehaltung neben Prävention und Schadensausgleich mit unserem Antrag aufzei gen.
Das Umweltministerium arbeitet derzeit an der Fortschreibung des Managementplans für den Wolf für die Zeit nach 2017. Pa rallel dazu wird eine Wolfsverordnung - analog zur Biberver ordnung - erarbeitet. Sie soll Maßnahmen zur Vergrämung, zum Fang und zur Entnahme von Wölfen mit problematischem Verhalten gegenüber Menschen ermöglichen. Dass wir damit eine schnelle und landeseinheitliche Vorgehensweise ermögli chen, ist absolut richtig und findet unsere volle Unterstützung. Das hat auch der Wolf in Rathenow gezeigt, der sich nicht nur mehrmals in der Stadt aufhielt, sondern auch den Menschen ziemlich nahekam.
Auf der anderen Seite stehen aber auch die Weidetierhalter vor großen Herausforderungen. Auch sie darf die Politik im Um gang mit Problemwölfen nicht alleine lassen. Genau aus die sem Grund muss die Wolfsverordnung des Landes Maßnahmen zum Umgang mit Problemwölfen gegenüber Nutztierhaltern beinhalten. Wir können und dürfen nicht bis zur nächsten Um weltkonferenz im November - hier in Potsdam - und auf den Bericht zum Umgang mit Problemwölfen warten. Die betroffe nen Landwirte und Weidetierhalter verlangen jetzt Antworten und geeignete Maßnahmen. Das hat auch das letzte Wolfsple num eindrucksvoll gezeigt, und die Stimmung auf dem Land, das wissen wir, ist schlecht.
Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie in der Wolfs verordnung genaue Tatbestände definiert, die eine zügige und landesweit einheitliche Entnahme von Wölfen mit problemati schem Verhalten gegenüber Nutz- und Weidetieren ermögli chen. Die Verordnung muss also genau festlegen, ab wann ein Wolf ein Problemwolf ist, zum Beispiel dann, wenn Wölfe Herdenschutzmaßnahmen überwinden. Das machen sie näm lich, wenn sie es einmal können, immer wieder. Wo der Min destschutz und damit die Prävention zur Abwehr von Wolfs übergriffen scheitern oder Gefahr in Verzug ist, muss die Wolfsverordnung die Möglichkeiten des Artenschutzrechts der FFH-Richtlinie vollständig ausschöpfen. Dazu gehört auch die Entnahme von Wölfen durch sogenannte Schutzjagden.
Wie diese Schutzjagden europarechtskonform auf der Grundla ge des Artikels 16 der FFH-Richtlinie umgesetzt werden kön nen, zeigt unser Antrag. Auf der Basis eines aussagekräftigen Monitorings und eines Populationsmodells ist zunächst der tat sächliche Zuwachs an Wölfen in Brandenburg zu ermitteln.
Auf der Grundlage dieses bekannten Zuwachses kann dann ei ne Zahl von Tieren durch die Oberste Naturschutzbehörde be stimmt werden, die der Population im Zuge von Schutzjagden entnommen werden darf, ohne die positive Bestandsentwick lung der Wölfe hin zu einem günstigen Erhaltungszustand der Art zu gefährden. Diese ermittelte Quote ist sozusagen das mögliche Maximum, um nicht Obergrenze zu sagen.
Mithilfe der klar beschriebenen Tatbestände, ab wann ein Wolf ein Problemwolf ist, ist es den Unteren Naturschutz- und Jagd behörden dann möglich, innerhalb der Quote Schutzjagden auf den Problemwolf zu genehmigen. Um dem Artenschutzrecht
der FFH-Richtlinie sowie der Rechtsprechung des Europäi schen Gerichtshofes zu entsprechen, muss für jede einzelne Entnahme von Problemwölfen innerhalb der Quote anschlie ßend eine Erfolgskontrolle durchgeführt und die ganze Ent scheidungskette dokumentiert werden.
Das Instrument der Schutzjagden hat sich auch in anderen eu ropäischen Ländern wie Schweden und Finnland bewährt. Ob wohl auch dort der günstige Erhaltungszustand der skandinavi schen Wolfspopulation bislang noch nicht erreicht ist, billigt die EU-Kommission dieses Vorgehen ausdrücklich. Auch der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil aus dem Jahr 2007 die Vereinbarkeit der Schutzjagden in Finnland mit dem Gemeinschaftsrecht nicht bemängelt. Vielmehr schrieben die Richter Finnland ins Stammbuch, dass bei jeder einzelnen Ent scheidung für oder gegen eine Entnahme eine Beurteilung des Erhaltungszustands der Art zugrunde zu legen ist und der Er folg der Maßnahme dokumentiert werden muss.
Sie sehen, das Verfahren ist ziemlich aufwendig. Das ist der Einordnung des Wolfs in die Anhänge II und IV der FFHRichtlinie - also einmal den Lebensraum und einmal den Ar tenschutz betreffend - geschuldet, weshalb wir als CDU seit Langem dafür plädieren, den günstigen Erhaltungszustand des Wolfs zu definieren und ihn - wenn dieser erreicht ist - in den Anhang V aufzunehmen. Schutzjagden auf Problemwölfe nach dem beschriebenen Verfahren sind aber derzeit möglich, das gestatten uns das Europäische Artenschutzrecht und der stren ge Schutzstatus des Wolfs.
Dennoch sollten wir den Weg mit der Wolfsverordnung gehen. Es kann nicht sein, dass wir ausschließlich auf Prävention und den Bau von wolfssicheren Hochsicherheitszäunen setzen, die sowieso überwunden werden. Auch die schnelle Entnahme von Problemwölfen muss in Zukunft zum Schutz der Menschen, aber auch der Weidetiere möglich sein. Wir brauchen die Schä fer und Mutterkuhhalter, auch um unsere Verpflichtungen zum Erhalt ökologisch wichtiger Lebensräume - wie Dauergrünland oder Trockenrasen - zu erfüllen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, ich habe einen Rundumschlag gemacht. Ich finde es wichtig, auf der ei nen Seite die Art bzw. den Wolf und auf der anderen Seite Mensch und Tierhalter vor Schäden zu schützen. Das ist unsere Aufgabe. Ich denke, es ist eine gute Sache, wenn wir unseren Antrag in den Ausschuss überweisen und dort darüber diskutie ren, wie wir weiter vorgehen wollen. - Ich bedanke mich fürs Zuhören.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte bei diesem Haushalt ganz kurz auf drei Aspekte eingehen. Das Erste ist - Kollegin Lehmann hat es gerade angesprochen -: Ich freue mich, dass es den Koalitionsfraktionen und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gelungen ist, einen gemeinsa men Antrag über die Errichtung eines Hilfesystems für Men schen, die als Kinder und Jugendliche in stationären Einrich tungen der Behindertenhilfe oder in stationären psychiatrischen Einrichtungen Leid und Unrecht erfahren haben, zu erarbeiten. Brandenburgs Anteil in Höhe von knapp 8 Millionen Euro ist ein notwendiger Beitrag, der Geschehenes nicht aufheben, aber vielleicht ein wenig dazu beitragen kann, das Geschehene er träglicher zu machen oder zu mildern. Dafür ein herzliches Dankeschön.
Der zweite Aspekt betrifft das arbeitsmarktpolitische Programm und in dem Zusammenhang die LASA. Die Kolleginnen und Kollegen, die schon länger hier im Landtag sind, wissen, dass die LASA die ESF-Mittel verwaltet und abgerechnet sowie die jenigen, die solche beantragt und in Anspruch genommen haben,
beraten hat. Wir empfanden dabei als Manko, dass 4,9 Millionen Euro jährlich für die LASA aufgewendet wurden, was zu viel war, wie wir auch gesagt haben. Insofern haben wir uns darauf verständigt, die LASA peu à peu aufzulösen; wir sind noch da bei. Künftig wird die ILB die Aufgaben übernehmen, was 11,5 Millionen Euro kosten wird. 4,9 Millionen Euro zu 11,5 Millio nen Euro - ich denke, das sollten wir noch einmal ganz genau betrachten. Schließlich kann nicht Sinn der Übung gewesen sein, ein Landesamt aufzulösen und dann mehr als das Doppelte für die Aufgabenerledigung zu bezahlen. Darauf sollten wir auch im Ausschuss noch einmal ein Augenmerk legen und uns erklären lassen, wie es zu dieser Kostensteigerung kommen konnte.
Der dritte Aspekt, den ich erwähnen möchte - Sie werden es mir nachsehen -, ist mein Hauptaugenmerk: Es geht um die Pflege. Die „Märkische Allgemeine Zeitung“ titelte am Mon tag dieser Woche: „Schon in 15 Jahren droht massiver Pflege notstand.“ In der Enquetekommission sind Worte gefallen wie: Es macht Sorge, wie im Jahr 2030 die Pflege im ländlichen Raum abgesichert werden kann. - Dazu muss ich Ihnen sagen: Da brauchen wir gar nicht über 2030 zu sprechen. Der größte Pflegedienst unseres Landes, aber auch in der gesamten Repu blik sind die Familien. 70 % der Pflegebedürftigen werden der zeit von den Familien gepflegt, was sich, denke ich, ändern wird. Der Landesregierung sind diese Zahlen bekannt. Meines Erachtens tun wir einfach zu wenig dafür.
Ich nenne einmal einige Forderungen, zunächst die Forderung nach der Einführung einer Pflegekammer, wenigstens die Prü fung der Einführung einer Pflegekammer.
1 % der im Haushalt eingestellten Mittel sind dafür ausgegeben worden - 1 %!
Des Weiteren sollte das Land unbedingt darüber nachdenken, ein neues Investitionsprogramm für Alten- und Pflegeheime aufzulegen. Damit könnte man erstens Wartelisten abschaffen, und zweitens hilft es den Einrichtungen, die ausbilden und die damit einen Wettbewerbsnachteil haben. Das ist eine weitere unserer Forderungen.
Außerdem - Kollegin Lehmann ist bereits darauf eingegangen - brauchen wir unbedingt mehr Ausbildungsplätze, vor allen Dingen in der Altenpflegehilfe. Das Geld, das Sie eingestellt haben, ist zwar gut, aber erstens zu wenig, und zweitens ist es „schön“, wenn man die Ideen anderer als eigene verkauft. Ich erinnere mich an das Gespräch mit Frau Böttcher, der Landes geschäftsführerin der AWO, die dringend darum gebeten hat, einen niedrigschwelligen Einstieg für die Altenpflegehelfer zu finden, die nach einem Jahr Ausbildung vielleicht sagen: Men schenskinder, das ist etwas für mich, ich hänge noch die Fach kraftausbildung bzw. die zweijährige Ausbildung an!
Sie sehen, es gibt gerade in der Pflege sehr viel zu tun. Es ist nicht 5 vor 12, sondern schon fast 12 Uhr, wenn nicht gar zwei Minuten nach 12. Der Haushalt ist eine Frage der Prioritäten setzung, und da ist noch Luft nach oben. - Vielen Dank.
Derzeit erarbeitet das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft einen Erlass, um ab dem 1. Januar 2017 grundsätzlich nur noch Elektromotoren für Spreewald kähne im Biosphärenreservat Spreewald zuzulassen. Aller dings sieht der Erlassentwurf auch eine Reihe von Ausnahmen für das Führen von motorgetriebenen Spreewaldkähnen vor, für die der Landkreis Oberspreewald-Lausitz eine Genehmi gung für den Zeitraum von zehn Jahren erteilen kann, wenn vom Antragsteller ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden kann. In der Sitzung des Kuratoriums des Biosphären reservats Spreewald am 17. Oktober 2016 wurde angekündigt, dass der vorliegende Entwurf des Erlasses noch einmal überar beitet wird.
Deshalb will ich von der Landesregierung wissen: Welche kon kreten Inhalte des Erlasses zur Anwendung der Ausnahmerege lungen für das Befahren mit motorgetriebenen Wasserfahrzeu gen im Biosphärenreservat Spreewald wurden bzw. werden im Nachgang der Kuratoriumssitzung wie geändert?
Herr Minister, wer wurde an der Erarbeitung des Erlasses be teiligt?
Zweite Frage: Wie erfahren die Kuratoriumsmitglieder von den Änderungen bzw. Wünschen? Geschieht dies vor der Veröf fentlichung?
Seit dem vergangenen Jahr sind die allermeisten Bahnhalte auf der Linie des Regionalexpresses 2 in Raddusch, Kunersdorf und Kolkwitz gestrichen und damit die Region zwischen Lüb
benau und Cottbus in weiten Teilen vom Regionalverkehr der Deutschen Bahn abgekoppelt. Seitens der Landesregierung wurde stets eine vollständige Reaktivierung dieser Bahnhalte nach Fertigstellung der Baumaßnahmen im Jahr 2018 in Aus sicht gestellt.
Ich frage die Landesregierung: Werden die Haltepunkte Rad dusch, Kunersdorf und Kolkwitz ab 2018 wieder wie vor Be ginn der Baumaßnahmen bedient?
Frau Ministerin, wenn man betroffen ist und sich damit befasst, wird man selbst fast zum Experten. Die Experten, mit denen ich in Raddusch, Kunersdorf und Kolkwitz spreche, sagen: Das Vorhaben, eine Regionalbahnlinie zusätzlich zum jetzigen Ver kehr zu installieren, ist fast unmöglich umsetzbar.
Angesichts dessen, dass sich die Pünktlichkeit wie jetzt entwi ckelt, haben Sie einmal in Betracht gezogen, einen der drei ge nannten Halte wieder aufzumachen, um zu sehen, ob sich das auf diesem Niveau einpegelt?
Die für Arbeit zuständige Ministerin hat am 15.09.2016 das Betriebspanel Brandenburg 2015 vorgestellt. Dort wurde unter anderem aufgezeigt, dass im Land Brandenburg im Zehnjah resvergleich ein Zuwachs sozialversicherungspflichtiger Be schäftigung um 14 % zu verzeichnen ist. Ferner wurde darge stellt, dass sich der Bruttodurchschnittslohn im Jahr 2015 um weitere drei Prozentpunkte auf 78 % des Westniveaus entwi ckelt hat. Vor allem im Wettbewerb um Pflegefachkräfte - ins besondere mit dem Land Berlin - ist die Entlohnung ein ent scheidender Schlüssel zur Bekämpfung des Fachkräfteman gels. Daher frage ich die Landesregierung: Wie hat sich das Lohngefüge für Pflegekräfte entwickelt?
Vielen Dank, Frau Ministerin. Die Zahlen hätte ich gerne, weil sie wirklich kompakt dargestellt sind.
Trotzdem habe ich eine Nachfrage. Wir befinden uns gerade in der Haushaltsberatung, und ich habe im Haushalt für das Jahr 2016 in der Rubrik, in der die Pflegekammer genannt wird, fol gende Zahl gefunden: 50 900 Euro. Wofür wurde das Geld ent nommen? Wurde es eventuell für die Pflegekammer genom men? Sie wissen, dass ich ein Fan der Pflegekammer bin. Wel che Auswirkungen, glauben Sie, hätte eine Pflegekammer auf das Lohngefüge in dieser Branche?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Mak, ich möchte Ihnen als Sorbenratsvorsitzendem für Ihre kriti sche Betrachtung des Maßnahmenplanes ganz herzlich dan ken. Ich möchte zuallererst dem Sorbenrat danken, der sich in regelmäßigen Abständen aller Probleme und Sorgen annimmt, der ehrenamtlich arbeitet und eine gute Vertretung der 20 000 Sorben, die es in unserem Land gibt, ist. Herr Mak, bitte geben Sie das herzliche Dankeschön für die Arbeit an Ih ren Rat weiter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin froh, dass die Men schen in der Lausitz die sorbische/wendische Sprache und Tra dition bis heute bewahrt haben. In dem vorgelegten Landesplan geht es um die Stärkung der sorbischen/wendischen Sprache. Grundsätzlich freue ich mich, dass wir heute über einen Vorha benplan sprechen, der die Einmaligkeit unserer Region im Spreewald und in der Lausitz stärken soll.
Der Auftrag für diesen Plan fand damals auch - und mit Nach druck - die Zustimmung der CDU. War der damalige Antrag recht allgemein gehalten, so ist der vorliegende Plan dagegen sehr kleinteilig. Zunächst war ich erstaunt, wie umfangreich der Maßnahmenplan ist. Ich meine, auf immerhin 39 Seiten sind die Maßnahmen beschrieben. Allerdings - da muss ich ein bisschen Wasser in den Wein gießen - sind es Maßnahmen, die bereits abgeschlossen sind, Maßnahmen, die im Fluss sind, und, wie Herr Mak auch schon sagte, viele Maßnahmen, die mit einem Prüfauftrag versehen sind. Man kann nur hoffen, dass die Prüfung nicht ewig dauert.
Ich musste dann doch schmunzeln, als ich unter Punkt 3.3.1 las:
„Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung wer den sich in geeigneten Situationen [... ] positiv auf Mehr sprachigkeit beziehen, entsprechende Beispiele erwähnen und zum Gebrauch der niedersorbischen Sprache ermun tern.“
Da musste ich ein bisschen lachen. Das hört sich so an, als ob die Sorben und Wenden erst irgendwann einmal kommen oder bei uns neu sind. Es hat so den Touch, dass es dabei um etwas Neues geht. Aber wir reden über eine Menschengruppe, die es bei uns im Land Brandenburg schon seit vielen Jahrzehnten gibt.
Weitaus weniger amüsant ist die Tatsache, dass ein ganz zent raler Punkt im Gesamtkonzept fehlt: Das sind die Lehrer, also diejenigen, die die sorbische Sprache in Schule und Kita ver mitteln sollen. Dabei rede ich nicht über die Sorben-(Wenden)Schulverordnung, die ein Dauerbrenner im Rat für Angelegen heiten der Sorben/Wenden ist.
Am Institut für Sorabistik an der Uni Leipzig, dem einzigen Institut dieser Art überhaupt, beginnen zwar pro Semester sie ben junge Leute ein Studium. Die Zahl ist aber zu gering, um den Bedarf zu decken. Mindestens 20 neue Studenten bräuchte es regelmäßig, um die sorbischen Schulen in der Lausitz mit Lehrern zu versorgen.
Zu diesem gesamten Thema findet sich in dem Vorhabenplan nichts. Hierzu hätte ich mir schon einige Aussagen und Hin weise gewünscht. Ebenso fehlt mir der Hinweis auf die Zusam menarbeit mit dem Sorbischen Schulverein, der die Interessen auf dem Gebiet der zweisprachigen Vorschulerziehung und des zwei- und mehrsprachigen Bildungswesens von der Kita bis zum Gymnasium, ja bis zur universitären Ausbildung vertritt.
Einen weiteren Aspekt blendet der Vorhabenplan weitgehend aus: die Verbindung von Sprache, Kultur und Tradition. Mir fehlen Maßnahmen, die dies gleichzeitig vermitteln. Die Maß nahmen, die hier beschrieben sind, beziehen sich auf Behör den, Ämter oder auf die Presse. Mir fehlt der Bezug zu den Menschen, die ihre Sprache mit Herzblut sprechen.
Ich war neulich in dem kleinen Spreewalddorf Dissen bei Burg. Die dortige Pfarrerin gestaltet den Gottesdienst zwei sprachig. Das macht richtig Mühe. Sie druckt die Predigt zwei sprachig aus, und so kann jeder die Predigt in seiner Sprache verfolgen. Sie erzählte mir aber auch etwas ganz Interessantes, und das geht in die Richtung der Ausführungen von Frau Kircheis: Es gibt eine Generation, die die Sprache im Moment nicht spricht. Die ganz Alten sprechen sie. Aber die Pfarrerin erzählte mir: Die Konfirmanden haben großen Wert darauf ge legt, sich auf Sorbisch vorzustellen, und haben die anderen in ihrer Gruppe animiert, Sorbisch zu sprechen. Ich finde es her vorragend, dass die junge Generation diesen Schatz wiederbe lebt. Für mich ist das ein hoffnungsvolles Zeichen für eine le bendige Kultur. Es sollte ein Vorbild auch für andere Dörfer und Städte des sorbischen/wendischen Siedlungsgebiets sein, diese Tradition so fortzusetzen.
So bleibt für mich die Erkenntnis, dass mit diesem Vorhaben plan durchaus der Wille gezeigt ist, etwas für die niedersorbi sche Sprache zu tun. Allerdings: Es gibt noch Luft nach oben. - Vielen Dank.
Zweitens: Wann wird der Bericht zur Evaluierung des „Witaj“Projekts vorliegen?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Freiwilli gendienste wertschätzen und stärker unterstützen - dieser An trag ist mir und der CDU-Fraktion eine Herzensangelegenheit, denn wir brauchen das freiwillige Engagement der vielen Bür gerinnen und Bürger in unserem Land. Dabei ist mir wichtig, hervorzuheben, dass dieses Engagement selbstbestimmt, also aus dem eigenen Interesse heraus, entsteht. Den Bürgern wird die Möglichkeit gegeben, das zwischenmenschliche Leben und somit eine gesellschaftliche Entwicklung positiv zu beeinflus sen, und zwar dort, wo sie es wollen und sich dafür interessie ren. Ich - und das wird auch auf Sie zutreffen - wurde schon oft gefragt, wo man sich als rüstiger Rentner engagieren kann, wenn man eine Beschäftigung sucht.
Trotz der bereits bestehenden Möglichkeiten muss sich das Land Brandenburg künftig noch stärker um diejenigen bemü hen, die bereit sind, sich zu engagieren, indem man Angebote veröffentlicht, Möglichkeiten für Engagement aufzeigt und dieses schließlich besser anerkennt. In den Kommunen, Krei sen und auch auf Landesebene gibt es bereits viele Instrumen te. Ich denke da an die Ehrenamtskarte, den Landesorden und diverse Ehrenamtsempfänge.
Wir begrüßen diese Anerkennungskultur und müssen dennoch feststellen, dass gerade im Bereich der Freiwilligendienste an der einen oder anderen Stelle Handlungsbedarf besteht. Aus
unserer Sicht ist es notwendig, die Freiwilligendienste fortan nachhaltig zu unterstützen. Wir wollen, dass das Land die Stel len der Freiwilligendienste ausbaut und die Finanzierung auch nach Auslaufen der ESF-Förderperiode auf sicheren Beinen steht.
Das bietet für alle Beteiligten Planungssicherheit und macht die Dienste insgesamt automatisch attraktiver. Wir wollen, dass die Landesregierung mit unterschiedlichen Partnern über Ver günstigungen verhandelt, und zwar auf allen Ebenen und - das ist besonders hervorzuheben - für alle Landesteile; denn es gibt wahrscheinlich große Unterschiede zwischen den Angeboten im Speckgürtel und denen im ländlichen Raum.
Ein richtiger Schritt ist die Förderrichtlinie des Landwirt schaftsministeriums, des Arbeitsministeriums und des Bil dungsministeriums für die Jugendfreiwilligendienste. Ich un terstütze ausdrücklich die Möglichkeit für junge Menschen, sich auszutesten und zum Beispiel nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in die Pflege zu gehen, aber eben auch, sich da gegen zu entscheiden. Allerdings muss die Landesregierung noch besser für diese Möglichkeit werben. Dafür muss vor al len Dingen in den Schulen intensiv Werbung betrieben wer den.
Der Bundesfreiwilligendienst ist eine ideale Einrichtung, um Menschen aller Altersgruppen die Möglichkeit zu eröffnen, sich für andere einzusetzen. Freiwilligendienste werden ge braucht und sind ausdrücklich erwünscht. Es wäre schön, wenn wir es schaffen würden, innerhalb Deutschlands, aber auch mit unseren polnischen Nachbarregionen Vergünstigungen für die Freiwilligendienste zu organisieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine Personengruppe ansprechen, die sich auch oder gerade in den Freiwilligendiensten engagieren könnte: die Flüchtlinge. Wir haben über den Bund die Möglichkeit, eine verbindliche und sinnvolle Integrationsarbeit vor Ort zu erzeugen. Diese Chance, meine sehr geehrten Damen und Herren, dürfen wir uns als Land einfach nicht entgehen lassen. Wir müssen die Menschen, die für einen längeren Zeitraum oder dauerhaft in unserem Land bleiben können, integrieren. Das dürfte die mit Abstand größte und bedeutendste Herausforderung sein.
Mit dem Bundesfreiwilligendienst haben wir in Deutschland eine Einrichtung, die etablierte Strukturen bietet, die viele der beschriebenen Probleme lösen können. Geflüchtete Menschen sollten als Bundesfreiwilligendienstler die Chance haben, dem Land, das ihnen Schutz bietet, etwas zurückzugeben. Das kön nen die Flüchtlinge und das wollen sie auch. Sie werden als Freiwillige in den sozialen Berufen benötigt und somit an den Arbeitsmarkt herangeführt, wie zum Beispiel in Behinderten einrichtungen, Seniorenheimen, Schulen, Krankenhäusern oder kulturellen Einrichtungen. Die Prämisse ist „Learning by Do ing“. Durch die Arbeit im Freiwilligendienst könnten sich auch die Sprachkenntnisse wunderbar entwickeln, sodass die Flücht linge viel schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden kön nen. Vor allem aber haben sie die Möglichkeit, etwas zu leisten und soziale Kontakte zu knüpfen, und das ist wohl die Voraus setzung für das gute Gelingen der Integration.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn an der einen oder anderen Stelle Verantwortlichkeiten verschmelzen, ist dieses Thema von herausragender Bedeutung. Insofern freue ich mich, dass wir mit unserer Initiative die Koalitionsfraktionen immerhin zu einem Entschließungsantrag bewegen konnten. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen, die sich in den Freiwilligendiensten engagieren, bedanken, egal in welchen Bereichen sie tätig sind. Sie sind oftmals an den Stel len der Kitt, an denen Hauptberufler nicht mehr weiterkom men. Sie übernehmen dort Aufgaben, die für unsere Gesell schaft ganz wichtig sind.
Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Der Antrag der Koalitionsfraktionen ist ausdrücklich zu begrüßen, aber uns fehlt dabei zum Beispiel die Verbindung zur Nachbarregion Polen oder auch die Einbindung benachteiligter Jugendlicher. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man Ihren Antrag liest, glaubt man, dass auf Landes- und Bundesebene in allen Bereichen der Sozialgesetzgebung Kürzungen zu befürchten seien. Ich habe auch Ihre Rede eben nicht verstanden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf die Koalition von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene ist Verlass. Sie stabilisiert gerade die sozialen Sicherungssysteme. Dazu komme ich noch.
Sie leiten Ihre Vorahnungen aus den Folgen der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen ab. Ich darf aus Ihrem Antrag zitieren:
„Unser Ziel ist es, dass weder Arbeitslose, Hartz-IVEmpfänger, Obdachlose, Familien in Armut noch Mi granten und Geflüchtete oder andere Teile der Gesell schaft gegeneinander ausgespielt werden.“
Wie kommen Sie darauf? Auf welches Niveau begeben Sie sich?
Überall im Land werden die großen Herausforderungen im Zu sammenhang mit der Flüchtlingspolitik beherzt und engagiert
angegangen. Auf Bundesebene wurde innerhalb kürzester Zeit ein neues Gesetzespaket beschlossen, das mehr Handlungs spielraum eröffnet und den Ländern zusätzliches Geld zur Ver fügung stellt.
Und Sie wollen mit vermuteten Kürzungen einen Keil in die Gesellschaft treiben? Ja, die Aufnahme und Integration wird Geld kosten - sehr viel Geld -; das wird uns aber gelingen. Uns ging es noch nie so gut wie heute: In der Bundesrepublik waren im Oktober dieses Jahres 43,4 Millionen Menschen sozialver sicherungspflichtig beschäftigt. Es wurden Menschen in Arbeit gebracht. Die Steuereinnahmen sind hoch. Die Arbeitslosen quote beträgt 6 %; wir hätten normalerweise kein Problem, sie noch weiter zu reduzieren. Bei der Bundesanstalt für Arbeit werden befristete Arbeitsverträge entfristet. Die Kreisverwal tungen stellen Personal ein. Nur bekommen sie auf dem Ar beitsmarkt weder Lehrer noch Sozialpädagogen. Man kann fast sagen: Die Flüchtlingswelle ist für einige Berufe ein Jobmotor. Von welchen Befürchtungen sprechen Sie eigentlich? Auf Bun desebene gibt es keine Bestrebungen, Änderungen in der Sozi algesetzgebung vorzunehmen oder Bürger in irgendeiner Wei se zu benachteiligen.
Im Gegenteil! Ich will es einmal am Beispiel der Pflege fest machen: Für viele demente oder pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige wird es ab dem nächsten Jahr wesent lich bessere strukturelle und finanzielle Unterstützung geben. Auf Landesebene, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Linken, haben Sie es doch selbst in der Hand! Sie können und müssen das Geld des Bundes 1:1 an die Kreise weitergeben.
Sie sind auch diejenigen, die durch Bereitstellung von genü gend Erstaufnahmeplätzen verhindern könnten, dass beispiel weise Sporthallen belegt werden und Kindern aus armen Fami lien die Möglichkeit des Sporttreibens genommen wird.
- Ja, das wollen Sie nicht hören, das ist mir klar.
Da verbieten sich auch Äußerungen, dass Menschen, die in Einrichtungen leben, kein Landespflegegeld ausgezahlt wer den kann, weil es zunehmend andere Verpflichtungen gibt. Da mit spielt man Menschen gegeneinander aus. Ich könnte in die sem Zusammenhang auch über Lehrer reden, aber ich möchte es einmal dabei belassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Ihrer Überschrift fordern Sie „Soziale Sicherheit für alle!“ Was ist das über haupt? Die drei Prinzipien und Grundelemente der sozialen Si cherheit in Deutschland sind erstens Subsidiarität und Solidari tät, zweitens Fürsorge, Versorgung und Versicherung, drittens das soziale Netz. Als die Gründungsväter im Jahr 1949 das Grundgesetz erarbeiteten, waren sie vorausschauend weise.
Diese drei Grundpfeiler funktionieren seit 66 Jahren und wer den es auch künftig tun.
Keinem Arbeitslosen, keiner Familie, keinem Obdachlosen und übrigens auch keinem Rentner - die haben Sie in Ihrer Auf zählung anscheinend vergessen - wird es aufgrund der Flücht lingssituation schlechter gehen. Wenn es diese Ängste in der Bevölkerung gibt, so sollte man sie nicht zusätzlich nähren. Denn dadurch trägt man dazu bei, dass sich Ansichten radikali sieren. Von der Linken hätte ich etwas anderes erwartet, näm lich dass sie sich darauf besinnt, dass sie Regierungsverant wortung trägt. Nicht jammern, was alles nicht geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern Verantwortung überneh men! Ich greife das Wort von Ministerpräsident Woidke auf, der am gestrigen Tage sagte: Für die sozialen Probleme in un serem Land können wir nicht die Flüchtlinge verantwortlich machen. - Vielen Dank.
Berichten zufolge bereitet die Gewerkschaft Nahrung-GenussGaststätten für das Jahr 2018 einen Flächentarifvertrag Ost für Brandenburg vor, der sich an den tarifvertraglichen Rege lungen in Mecklenburg-Vorpommern orientiert.
Ich frage die Landesregierung: Ist sie der Ansicht, dass ein Flä chentarifvertrag Ost 25 Jahre nach der deutschen Wiederverei nigung noch zeitgemäß ist?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob Sie diese Werbung kennen: Das Bild ist zweigeteilt, ein älterer Herr in einer Pflegeeinrichtung setzt sich die Insu linspritze, ein anderer Herr zieht sich die Laufschuhe an. Bei de sind gleich alt. - Ich fand diese Werbung gut. Ich weiß nicht mehr, wo ich sie gesehen habe, vielleicht einmal im Ki no. Für jeden dieser Herren brauchen wir eine Lösung, wenn wir darüber reden, dass das Leben im Alter lebenswert blei ben soll.
Es ist schon erstaunlich, wie wir uns in einer dynamischen Ge sellschaft verändern. Wir achten auf unsere Ernährung, wir treiben Sport, interessieren uns für dieses und jenes, und wenn wir dann in Rente gehen, strotzen wir geradezu vor Energie.
Ich habe das jedenfalls vor.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, seit 2007 gibt es die Seniorenpolitischen Leitlinien für Brandenburg. Es han delt sich um neun Handlungsfelder, die unterschiedliche Le bensbereiche betreffen. Die Handlungsfelder sollten Leitlinien für eine ressortübergreifende Seniorenpolitik sein. Untersetzt wurden die Leitlinien durch ein Seniorenpolitisches Maßnah menpaket, über dessen Umsetzung 2014 - Kollegin Lehmann hat es gerade gesagt - letztmalig beraten wurde. Bereits 2014 waren nämlich 19 der 40 Maßnahmen abgeschlossen. Daher kann man sich einmal die Frage stellen: Warum kommen wir erst jetzt aus dem Mustopf und reden erst jetzt über neue Maß nahmen? Aber ich will mich gern an dieser Diskussion beteili gen und möchte drei oder vier Punkte aus dem Antrag heraus greifen, den die Regierungskoalition gestellt hat:
Altersgerechte Anforderungen an den ÖPNV - sehr richtig. Im Moment gibt es noch eine Generation, in der nicht alle Frauen einen Führerschein haben und Auto fahren können. Sie sind auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, um einzukaufen, um zum Arzt zu fahren oder ihre Kinder zu besuchen. Es ist deshalb vollkommen unverständlich, dass wir in den länd lichen Regionen, nämlich zurzeit in Raddusch, Kunersdorf und Kolkwitz, die Haltepunkte der Bahn AG gegen Schienen ersatzverkehr austauschen. Da hätte man etwas machen kön nen.
Zweitens, die stärkere Einbindung der Pflegepolitik: Die Bun desregierung hat mit den Pflegestärkungsgesetzen I und II rich tige Entscheidungen getroffen. Wir werden Pflegegrade und eine bessere Versorgung von Demenzkranken haben. Den Pfle geschlüssel besser zu verhandeln und dafür zu sorgen, dass die
Pflegekräfte eine Lobby bekommen, zum Beispiel durch eine Pflegekammer, ist Sache des Landes.
Drittens - dieser Punkt fehlt uns, und darüber lassen Sie uns heute bitte noch einmal reden -: pflegebedürftige Menschen mit Behinderung. Dieses Problem haben wir schon einige Male an dieser Stelle diskutiert. Es muss nach dem Ausscheiden aus der geschützten Werkstatt eine sinnvolle Lösung für diese Menschen gefunden werden.
Ich glaube, dies sollten wir in das Maßnahmenpaket aufneh men. Weiter geht es um die Gewährleistung einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung. Laut Kassenärztlicher Vereini gung beträgt das Durchschnittsalter aller brandenburgischen Vertragsärzte 53,3 Jahre. Bei den Hausärzten sind 27,2 % älter als 60 Jahre. Fachärzte sind auf dem flachen Land kaum zu fin den. Die Landesregierung ist hier in der Pflicht, gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung neue Wege zu beschrei ten, um Ärzte in die Region zu holen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, die Leitlinien kann man überarbeiten. Sie sind aber vor allem mit neuen Maßnahmen zu untersetzen, und zwar mit ganz konkreten Aufgaben, die alle Ministerien betreffen. Das wäre sogar in kürzerer Zeit möglich gewesen, denn die neuen Leitlinien sollen, wenn ich Sie richtig verstehe, erst in einem Jahr vorgestellt werden, und dann auch erst im Ausschuss. Man muss also sehen, wie man damit um geht. Ich freue mich jedenfalls auf diese Diskussion. Wir wer den diesem Antrag zustimmen.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich habe zwei Fragen. Die erste lautet: Wie viele Leute brauchten wir beim BAMF mehr, um die Zielzahl „drei Monate“ zu erreichen? Können Sie das in Personalzahlen beziffern.
Die zweite Frage lautet: Können Sie Ihre Aussage bitte konkretisieren? Sie haben gesagt, es sollen vier Stellen eingerichtet werden, unterteilt nach Asylbewerbern, die als Flüchtlinge anerkannt, und anderen, die eventuell schneller in ihre Heimat zurückgeführt werden. Planen Sie innerhalb von Brandenburg eine Verteilung auf die Erstaufnahmeeinrichtungen? Habe ich das richtig verstanden?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Mehrsprachigkeit und Sprachenvielfalt in Brandenburg ausbauen“ das ist ein sehr schöner Titel für Ihren Antrag, der aber auch viel fordert.
In unserem Land Brandenburg leben etwa 20 000 Sorben und Wenden - eine Minderheit, die wir hegen und pflegen und noch viel deutlicher als einen Schatz herausstellen sollten. Mit dem Sorben/Wenden-Gesetz vom Februar 2014 haben wir ein sehr modernes Gesetz geschaffen. Wir haben zum ersten Mal den Rat für Angelegenheiten der Sorben/Wenden direkt gewählt, und es hat sich in der gestrigen Sitzung herausgestellt, dass dieses Gesetz einige Lücken hat. Ich hoffe, Kollegin Dannenberg, dass ein Punkt in Ihrem Maßnahmenpaket sein wird, diese Lücken zu schließen.
Die Traditionspflege ist ein Selbstläufer: Die Fastnacht wird in der Lausitz fast überall gefeiert. Im Spreewald gehört der Trachtenumzug genauso dazu wie das Hahnrupfen bei Dorffesten; junge Leute pflegen Gott sei Dank wieder vermehrt diese Traditionen. Und ich will daran erinnern: Die Männer ziehen sich einen Anzug an; wenn die Frauen aber eine Tracht anlegen, brauchen sie Stunden, weil sie mit Nadeln gesteckt wird - dann darf man ihnen auch nicht zu nahe kommen.
Da wird also großer Aufwand betrieben.
Aber es ist nicht die Traditionspflege allein. Wie von Kollegin Dannenberg bereits angesprochen, geht es auch um die öffentlichen Behörden. Ich erinnere mich an folgendes Beispiel: Ein Ratsmitglied hat seine Steuererklärung immer auf Sorbisch verfasst. Da hat die Behörde gesagt: Sie müssen das nicht auf Sorbisch machen. - Und er hat geantwortet: Das muss ich nicht, aber das möchte ich gerne. - Es muss also auch ein anderes Bewusstsein in den Behörden geben.
Wenn wir Mehrsprachigkeit fördern wollen, müssen wir dort ansetzen, wo es lebendige Sprache gibt. Da es eher selten vorkommt, dass jemand mit 35 Jahren plötzlich den glühenden Wunsch verspürt, Sorbisch zu lernen, heißt das: Wir müssen den Spracherwerb bereits in Kitas und Schulen fördern.
Hier nenne ich vor allem das WITAJ-Projekt, das seit dem Start im Jahr 1998 ein Erfolgsprojekt ist. Damals sind zwölf Kinder in das WITAJ-Projekt eingestiegen. Heute existieren in Brandenburg neun Kitas mit sorbischem Sprachangebot. Wir haben 23 Grundschulen, eine Gesamtschule, ein Oberstufenzentrum. Am Niedersorbischen Gymnasium in Cottbus wird bilingual unterrichtet. Wir sorgen mit diesen Schulen dafür, dass die sorbische Sprache nicht nur in der Kita gelernt, sondern ihr Erwerb weiterverfolgt wird. Insbesondere das Niedersorbische Gymnasium, welches das einzige Gymnasium ist, in dem in niedersorbischer Sprache unterrichtet wird, verdient eine Würdigung. Das hat sich gestern auch im Sorben/WendenRat herauskristallisiert. Deshalb ist es für mich vollkommen unverständlich, warum das Niedersorbische Gymnasium nicht in die Lage versetzt wird, eine 4. Klasse einzurichten.
- Ja, da kann man ruhig einmal klatschen.
Das war gestern Thema, weil zehn Kinder an ein anderes Gymnasium weitergeleitet wurden. Das finde ich sehr schade. Dort ist die sorbische Sprache nicht als weitere Fremdsprache ausgewählt. Im Niedersorbischen Gymnasium ist man quasi eine große Familie; da werden nicht nur die Sprache und die Tradi
tion gepflegt. Ich gehe davon aus, dass diese zehn Kinder, die an ein anderes Gymnasium verwiesen wurden, nun eher weniger in der sorbischen Sprache gefördert werden.
Liebe Kollegen, ich bin gespannt, wie der Maßnahmenplan zur Stärkung der niedersorbischen Sprache aussehen wird. Sie halten Ihren Antrag ziemlich allgemein.
Laut Antwort der Landesregierung auf meine Anfrage vom 20. Mai 2015 gibt es keine Bewerber für das Fach Sorbisch im Studienseminar Cottbus. Für eine effektive Förderung der sorbischen Sprache in Brandenburg wäre es sicherlich auch hilfreich, wenn die Attraktivität des Faches im Studienseminar Cottbus so gestärkt würde, dass es wieder Bewerber gibt. Schon, um eine ausreichende Anzahl qualifizierter SorbischLehrer zu garantieren, sollte die Landesregierung dringend entsprechende Schritte unternehmen.
Wir haben einen direkt gewählten Sorben/Wenden-Rat, in dem es gute Ansprechpartner und geballtes Wissen gibt. Meine Fraktion unterstützt diesen Antrag ausdrücklich. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesrepublik steht vor großen Herausforderungen bei der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen. Besonderes Augenmerk müssen wir auf alleinreisende Kinder und Jugendliche legen. Kinder geben sich oft als Erwachsene aus, um in Ruhe gelassen zu werden. Ältere suchen Schutz im Jungsein. Das hängt wohl mit den unterschiedlichen Traumata zusammen. Viele der minderjährigen Flüchtlinge haben Dinge erlebt, die wir uns kaum vorstellen können und wollen.
Der Antrag, der uns vorliegt, zielt auf eine schnelle und individuelle Hilfe ab, das ist gut so. Aber wenn wir bis 18-Jährige in Einrichtungen der Jugendhilfe unterbringen wollen, brauchen wir Plätze, mehr Plätze. Oft haben unsere Einrichtungen Jugendliche aus anderen Bundesländern aufgenommen. Die Frage ist also: Wo schaffen wir neue Einrichtungen?
Außerdem wäre zu klären: Ist es besser, Einrichtungen der Jugendhilfe nur für Flüchtlingskinder zu schaffen? Wegen der unterschiedlichen Traumata ist das eine Überlegung wert. Wollen wir wegen der Sprachförderung und Integration eher eine Einrichtung, in der deutsche Kinder und Flüchtlingskinder untergebracht werden? Da die Zahl dieser Flüchtlingskinder schnell steigen wird, weil wir sie demnächst nach dem Königsteiner Schlüssel zugewiesen bekommen, brauchen wir schnelle Antworten.
Es muss auch die Frage geklärt werden, wie schnell ein Vormund bestellt wird. Wie viele haben wir eigentlich? Wie werden die Kinder beschult und ausgebildet? Wird das Bildungs
ministerium als oberste Behörde und überörtlicher Träger einen Ansprechpartner ähnlich dem Koordinator im Sozialministerium einsetzen?
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, jeder Anstrich im Antrag kann guten Gewissens von uns mitgetragen werden. Wir haben viele Fragen und Vorhaben, die nicht morgen erledigt sein werden, aber eigentlich schon gestern gebraucht wurden. Die Kreise und Kommunen machen schon fast nichts anderes mehr, als sich mit der Unterbringung von Flüchtlingen zu befassen. Meine Bitte ist, pragmatisch und schnell zu Lösungen zu kommen, ohne die kommunale Ebene noch mehr zu belasten.
Ich will an dieser Stelle auch noch einmal meine Forderung aufmachen, einen runden Tisch einzuberufen. Die vielen neuen Fragen, die ich nur in diesem Redebeitrag gestellt habe, erfordern einen intensiven Dialog aller Beteiligten. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Lehmann, ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll. „Die Landesregierung hat sich längst auf den Weg gemacht“: Am 06.11.2013 hat die CDU den Antrag gestellt, zu prüfen, ob
eine Pflegekammer in Brandenburg gegründet werden soll. Die Antwort der damaligen Ministerin lautete:
„Wir sind in Verabredung mit Berlin, um die Bedingungen zu besprechen, auszutesten, eine gemeinsame Umfrage mit Berlin macht Sinn …“
Was ist seit 2013 passiert, Kollegin Lehmann? Nichts, aber auch gar nichts!
Wir haben den Antrag - gemeinsam mit den Grünen - eingebracht, die Landesregierung aufzufordern, zeitnah eine Befragung zu initiieren. Berlin ist laut der damaligen Ministerin der Partner gewesen und man war in Abstimmung, aber man hat das lediglich gesagt und es nicht weiter verfolgt.
Ich habe im letzten Jahr eine Pflegetour gemacht und 40 stationäre und ambulante Einrichtungen besucht.
In der Tat gibt es ganz unterschiedliche Auffassungen. Die einen haben gesagt: Frau Schier, ich bin sofort dafür und würde es machen. Die anderen sagen: Lassen Sie mich bloß in Ruhe eine Verkammerung will ich nicht.
Übrigens zur Verkammerung im Hinblick auf die Angestellten: Herr Schierack sagte gerade, dass über die Hälfte der Ärzte angestellte Ärzte sind. Das ist also kein Argument gegen die Pflegekammer.
Es ist aber auch überhaupt nicht unser Ansinnen - weder das von den Grünen noch das von der CDU - zu sagen: Wir brauchen die Pflegekammer. Wir wollen die Befragung. Wir wollen, dass die Pflegekräfte und die Einrichtungen sagen: Ja oder Nein.
Möglicherweise sagen in Brandenburg weniger als 50 % Ja, dann errichten wir die Pflegekammer nicht. Aber machen wir es doch endlich!
Nun komme ich zu Ihrem Entschließungsantrag und der Stelle, die Kollegin Nonnemacher auch angesprochen hat. Berlin hat für die Befragung sieben Monate gebraucht. Sie wollen eine Informationskampagne konzipieren. Das ist zunächst ganz gut. Dann wollen Sie unter Berücksichtigung bereits vorliegender Erfahrungen ein Konzept erstellen. Dann wird eine unabhängige Institution mit der Durchführung und Auswertung beauftragt, und erst dann reden wir im Fachausschuss darüber. In wie vielen Jahren ist das dann bitte? Was schwebt Ihnen da so vor?
Ihr Entschließungsantrag trägt ja den Namen „Errichtung einer Pflegekammer nur im breiten Konsens mit den Betroffenen“; da bin ich durchaus bei Ihnen. Wenn Sie mir sagen, in fünf Mi
nuten ist das alles, was Sie hier auflisten, erledigt, dann würden wir Ihrem Entschließungsantrag zustimmen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen
geht, wenn Sie abends die Nachrichten einschalten. Man könnte meinen, die ganze Welt ist verrückt geworden: Kriege, Aufstände, Glaubenskriege von Radikalen usw. Überall auf der Welt sind Männer, Frauen und Kinder betroffen, die im wahrsten Sinne des Wortes ihre Haut retten und fliehen.
In Brandenburg haben in der Zeit von Januar bis September 3 914 Menschen Asyl gesucht. Das sind jetzt schon über 600 Menschen mehr als im gesamten Vorjahr. Zudem wurde bereits eine Zahl von 6 100 Asylsuchenden für dieses Jahr prognostiziert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, kein Verantwortungsträger in den Kreisen und kreisfreien Städten hatte Zeit, sich auf diese veränderte Situation vorzubereiten. Die Hilfsbereitschaft ist dennoch groß. Es ist jedoch realitätsfremd, zu erwarten, dass sich geeignete Unterkünfte mal eben so aus dem Boden stampfen lassen.
Natürlich sind auch wir für die zügige Unterbringung im innerstädtischen Bereich. Richtigerweise müsste es in Ihrem Antrag aber heißen: „vorrangig im innerstädtischen Bereich“, denn es gibt wahrscheinlich in den wenigsten Kommunen die Möglichkeit, zahlreiche Flüchtlinge in den Wohnungen der Innenstädte unterzubringen. Insofern wird man in den Kreisen, in denen es keine geeigneten Möglichkeiten gibt, nach anderen Lösungen suchen müssen.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage 639 heißt es:
„Im IV. Quartal werden 2 300 Unterbringungsmöglichkeiten neu geschaffen.“
2 300! Jede neue Unterkunft bedeutet für die Kommunen einen großen Kraftakt. Die Investitionspauschale von 2 300 Euro pro Platz war bislang eher gering bemessen und auch die zusätzlichen 5 Millionen Euro im Nachtragshaushalt 2013/2014 reichen dort bei weitem nicht aus. Hier geraten unsere zum Teil hochverschuldeten Kreise in große Schwierigkeiten. Auf der einen Seite arbeiten sie mit einem Haushaltssicherungskonzept und auf der anderen Seite müssen sie für den Bau von Unterbringungsmöglichkeiten einen Kredit aufnehmen.
Vor dem Hintergrund nicht ausreichender Kapazitäten ist auch die Diskussion über Qualitätsstandards sehr schwierig. Setzt man die Quadratmeterzahl hoch, verringern sich so die dringend benötigten Plätze.
Die Schulpflicht für Kinder aus Flüchtlingsfamilien besteht bereits. Sie werden bereits in der Erstaufnahmeeinrichtung beschult und selbstverständlich auch nach ihrer Verteilung auf die Kreise und kreisfreien Städte. Das sollten Sie, meine lieben Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eigentlich wissen; denn Sie waren ja auch in Eisenhüttenstadt.
Dass bei der Unterbringung zunächst geeignete Bestandsimmobilien geprüft werden sollen, sehen wir auch so; denn das ist klar. Diesbezüglich vermisse ich aber auch die Unterstützung des Landes. Wie kann es sein, dass einerseits mit Fördermitteln Wohnblöcke abgerissen werden und andererseits Neubauten entstehen müssen?
Die integrierten Stadtumbaukonzepte, die sogenannten INSEKs,
müssen dringend überarbeitet werden, um dort auf veränderte Bedarfe reagieren zu können. Die Programme des sozialen Städte- und Wohnungsbaus kann man allenfalls auch nutzen. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort „auch“.
Die Ausschließlichkeit Ihrer Formulierung ist nicht akzeptabel; denn wir sprechen seit geraumer Zeit über die Bezahlbarkeit von Wohnraum und eine Mietpreisbremse. Auch die bisherigen Einwohner einer Kommune müssen die Chance haben, bezahlbaren Wohnraum zu mieten.
Ihr Antrag rückt die Kommunen in ein schlechtes Licht, wobei ich nicht denke, dass das Ihr Ansinnen war. Frau Ministerin Golze, wir stehen bei der Unterbringung von Flüchtlingen vor einem enormen Kraftakt - nicht irgendwann, sondern sofort. Wir fordern Sie auf: Rufen Sie einen Runden Tisch ins Leben, an dem vor allem die Kommunen zu Wort kommen, und sorgen Sie für eine sofortige Unterstützung - ideell sowieso, aber auch materiell.
Meine Fraktion hat sich des Themas Flüchtlinge mit großer Ernsthaftigkeit angenommen. Dazu gehören unser Besuch in der Erstaufnahmeeinrichtung am letzten Dienstag
wir hatten sogar den Innenminister dabei, Kollegin Lehmann -,
unsere Große Anfrage zum Thema Flüchtlinge und Gespräche mit Vertretern der Bundespolitik und den Verantwortlichen in den Kreisen. Wir wollen neue Erkenntnisse gewinnen, wie die Prozesse günstiger gestaltet werden können und wie wir vor allem die Bürger vor Ort mitnehmen, um eine tatsächliche Willkommenskultur zu erreichen. Wir erreichen sie nur, wenn es eine hohe Akzeptanz vor Ort gibt.
Jetzt leuchtet hier die rote Lampe. - Liebe Kollegen von den Koalitionsfraktionen, Ihr Entschließungsantrag ist ein bisschen flach, aber gibt auch das wieder, was wir wollen, nämlich den Bau von Unterkünften in Gewerbegebieten, wenn nichts anderes mehr geht. Auch wenn ich mir - wenn Sie schon einen Entschließungsantrag stellen - zum Beispiel noch ein Wort zu den Kommunen gewünscht hätte, werden wir Ihrem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mehrere Berichte über die Zunahme insbesondere der Kinderarmut in Brandenburg waren für uns Anlass, das Sozialwissenschaftliche Forschungszentrum Berlin-Brandenburg e. V. mit der Erstellung einer Expertise zu diesem Thema zu beauftragen. Dabei ging es uns nicht nur um die Gründe der Zunahme der Armut, sondern vor allem um mögliche Ansätze der Armutsbekämpfung. Dass Armut und Armutsbekämpfung wichtige Themen sind, haben weitere aktuelle Berichterstattungen Ende Oktober/Anfang November untermauert - da ging es um die Zunahme der Anzahl der Sozialhilfeempfänger. Darüber hinaus wurde darüber berichtet, dass auch zahlreiche Senioren künftig nur eine Rente auf Hartz-IV-Niveau haben werden.
Liebe Kollegen! Das Sozialwissenschaftliche Forschungszentrum Berlin-Brandenburg mit der Erstellung der Expertise zu beauftragen hatte einen guten Grund. Auftraggeber waren bereits die Bundesregierung und mehrere Landesregierungen, so auch die Landesregierung in Brandenburg. Mit unserer Auswahl wollten wir verhindern, dass es seitens der Landesregierung zu Zweifeln an den Ergebnissen der Befragung kommt, und prompt war - ich erinnere mich - im August dann auch zu lesen: Keine neuen Erkenntnisse, das wissen wir alles. - Warum wurde dann nichts dagegen getan?
Lassen Sie mich nun zu einigen Aussagen kommen, die in der Expertise getroffen wurden. Es wurde festgestellt, dass 11 % der Menschen in Brandenburg von Armut betroffen sind. Übrigens gibt es heute eine dpa-Meldung, nach der es nicht 11 %, sondern 14,3 % sind und für weitere 7 % ein Armutsrisiko besteht. Das sind 4,2 % mehr als im Jahr 2009, da waren es 13,8 %. Gemessen am Bundesmaßstab beträgt das Armutsrisiko in Brandenburg 22 %, und die Menschen empfinden das auch so. Mehr als die Hälfte der Befragten sagt, dass sich die Situation verschärft hat, und es wird sogar eine weitere Zunahme der Armut befürchtet - das betrifft besonders die berlinfernen Regionen.
Erstaunlich ist - das hat mich wirklich verwundert -, dass sich 31 % der von Armut Betroffenen nicht als arm einschätzen, während 12 % nicht Betroffener sich als arm empfinden. Das verdeutlicht, dass es um weit mehr geht als nur materielle Armut. Erstaunt hat uns auch die Feststellung, dass die Mehrheit der von Armut Betroffenen nicht weiß, wohin sie sich wenden oder wo sie Hilfe erwarten kann. Weniger verwunderlich ist die Tatsache, dass insbesondere Arbeitslose und Alleinerziehende von Armut betroffen sind und dass als weiterer wesentlicher Armutsfaktor eine geringe Bildung benannt wird.
Es gibt zahlreiche Leistungen für Familien wie Mutterschaftsgeld, Kindergeld, Elterngeld, Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss, bezahlte Familienferien oder das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder aus einkommensschwachen Familien, um nur einige zu nennen. Aber das Land ist auch in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Armut zu verhindern. Die Koalitionsfraktionen wollen sich lediglich dafür einsetzen, dass die Regelleistungen für Kinder nach dem SGB II und dem SGB XII eigenständig ermittelt werden. Klar, ist doch ganz prima, wenn man immer Forderungen an Dritte stellen kann! Es fehlen eigene Ansätze zur Armutsbekämpfung, was eigentlich ein bisschen unverständlich ist, weil die Kollegen aus der Linksfraktion, als sie noch in der Opposition waren, jedes Thema mit Armut verbunden haben. Es wird immer wieder belegt, dass der Ursprung für Armut fehlende Bildung ist, und oft wird folgendes Sprichwort angeführt - das kennen Sie alle -: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierungskoalition, wo ist die Verbesserung des Personalschlüssels für unsere Kleinsten, um ihnen die bestmögliche Bildung von Anfang an zu bieten?
Es war ein Wahlversprechen von Ihnen, das jetzt vage 2016/2017 umgesetzt werden soll. Die Arbeitsmarktprogramme wurden viel zu lange nach der Teilnehmerzahl anstatt nach Erfolgsquoten bewertet. Die fehlende Begleitung von Jugendlichen ohne Berufsabschluss ist hier genauso zu nennen wie die fehlende Unterstützung von Betrieben, um jungen Menschen eine Chance zu geben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie erinnern sich sicher an Aussagen wie „Wir lassen kein Kind zurück“ und „Gute Bildung von Anfang an“. Unser Antrag fordert Sie auf, Ihren Worten Taten folgen zu lassen. Ich erinnere daran, dass die Armut in unserem Land seit 2009, seit der rot-roten Regierung, um 4,2 % gestiegen ist.
Das sollte Ihnen zu denken geben, Kollegin Lehmann. Machen Sie sich Gedanken darüber, wie unterschiedliche Hilfen besser verzahnt und vor allem bekannter gemacht werden. Mit Arbeitsmarktprogrammen zur zielgerichteten Förderung Unausgebildeter oder derjenigen, die aus anderen Gründen eine große Arbeitsmarktferne aufweisen, mit einer Verbesserung der Schulabschlussquote, mit Unterstützungsmaßnahmen bei der Ausbildung und dem lebenslangen Lernen gelingt es, Arbeitslosigkeit zu beenden oder ihr vorzubeugen. Es gilt deshalb, Antworten zu geben, und zwar auf die Frage, wie die Landesregierung mit der Zunahme der tatsächlichen und gefühlten Armut umgehen will und wie sie den Menschen ihre Zukunftsängste nehmen möchte.
Der beste Ansatz, Armut zu verhindern, ist, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Erst wenn Armut nicht zu verhindern war, müssen die Hilfsmaßnahmen greifen, und davon gibt es in einem reichen Land wie der Bundesrepublik Deutschland und Brandenburg zahlreiche. Sie müssen, wie schon erwähnt, bekannt gemacht werden.
Gewünscht haben sich die Befragten der Expertise auch, dass es in der Kommune einen zentralen Ansprechpartner für in Not geratene Menschen geben soll. Einige Kommunen haben Vereine oder Verbände bereits mit dieser Aufgabe betraut. Wir erwarten von der Landesregierung, dass das Problem zunehmender Armut nicht länger ignoriert wird. Mögliche Ansatzpunkte haben wir aufgrund der Erkenntnisse aus der Expertise benannt. Wir fordern Sie auf, Maßnahmen in einem entsprechenden Maßnahmenpaket zu bündeln und dann zielgerichtet umzusetzen.