Klaus Bochow
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Datei „Gewalttäter Sport“ des BKA ist unter Fußballfans umstritten, weil sich unter den dort erfassten Personen nicht nur Hooligans und Gewalttäter befinden, sondern beispielsweise auch viele Bürger, bei denen lediglich Personalien erfasst wurden, weil sie sich in der Nähe befanden, als Straftaten begangen wurden. Bis heute
ist keine Verurteilung erforderlich, um in die Datei aufgenommen zu werden. Gleichwohl können sich für die Betroffenen Konsequenzen ergeben, beispielsweise Meldeauflagen. Unlängst gab das Verwaltungsgericht Hannover einem Fußballfan Recht, der auf Löschung seiner Daten geklagt hatte, und begründete dies damit, dass die Datei „Gewalttäter Sport“ als Verbunddatei einer Grundlage in Form einer Rechtsverordnung bedürfe, die es jedoch bislang nicht gebe. Dieser Rechtsstreit wird voraussichtlich in die nächste Instanz gehen.
Ich frage die Landesregierung: Sieht sie vor dem Hintergrund des genannten Rechtsstreits sowie aufgrund der Tatsache, dass derzeit auch unbescholtene Bürger in polizeiliche Eingriffsmaßnahmen gelangen, die Notwendigkeit, die Datei „Gewalttäter Sport“ einer Überarbeitung zu unterziehen?
Das „Neue“ deutet ja darauf hin, dass hier schon öfter über diese Problematik gesprochen wurde.
Die Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Rockerbanden in Brandenburg und Berlin sorgen immer wieder für Schlagzeilen. So kam es beispielsweise kürzlich zu einem Zwischenfall in Cottbus, bei dem auch eine Schusswaffe zum Einsatz kam.
Ich frage die Landesregierung: Wie schätzt sie die derzeitige Gefährdungslage im Hinblick auf gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Rockergruppierungen ein?
Aufgrund eines Abkommens zwischen der EU und den USA werden heute für jeden Flugpassagier, der in die USA einreist, umfangreiche Daten wie Name, Kreditkartennummer und Essgewohnheiten an die US-Behörden übermittelt. Kürzlich hat EU-Kommissar Frattini Pläne vorgestellt, wonach ein solches System der „Passenger Name Records“ auch für die EU selbst eingeführt werden soll.
Kritisiert wird dieses Vorhaben unter anderem unter dem Aspekt, dass bislang keine hinreichenden Erkenntnisse über die Auswirkungen solcher Maßnahmen sowohl auf die Sicherheits
lage als auch auf die Privatsphäre der betroffenen Bürger vorliegen, weil das Abkommen mit den USA noch keiner Bewertung unterzogen wurde.
Ich frage die Landesregierung: Teilt sie die Einschätzung, dass eine umfassende Bewertung des Abkommens zwischen der EU und den USA über die Weitergabe von Flugpassagierdaten vorgenommen werden sollte, bevor die EU das Projekt eines eigenen PNR-Systems verfolgt?
Mit Rundschreiben vom 19.02.2008 hat der Innenminister darauf hingewiesen, dass mit dem Grundsatzurteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg nunmehr Grundstücke von sogenannten Altanliegern, die vor dem Inkrafttreten des KAG an eine leitungsgebundene Wasserver- bzw. Abwasserentsorgungseinrichtung angeschlossen oder anschließbar waren, zu Anschlussbeiträgen herangezogen werden können.
Ich frage die Landesregierung: Sollte aus ihrer Sicht der Vollzug von § 8 KAG gegenüber Altanschließern ausgesetzt werden, bis auf Landesebene das Urteil ausgewertet ist, auch um unbillige Härten und nachteilige Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen gegebenenfalls zu verhindern?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die EU-Osterweiterung ist ein historisches Glück für den Kontinent Europa. Sie bietet uns die Chance, friedlich zusammenzuleben, uns gegenseitig besser kennenzulernen und zu erfahren, was Freiheit bedeutet, und zwar nicht nur die Freiheit zu reisen, sondern auch die Freiheit zu studieren, zu leben und zu arbeiten, wo immer man möchte. Auch für das Land Brandenburg ergeben sich neue Chancen. Brandenburg befindet sich seit einigen Jahren nicht mehr am Rand, sondern in einer zentralen Lage, mitten in einer größer gewordenen EU.
In dieser historischen Situation gewinnt selbstverständlich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eine immer größere Bedeutung; denn wenn Grenzen den Horizont politischer und wirtschaftlicher Akteure bestimmen, dann ist die Gefahr groß, dass Chancen vertan werden. Gerade vor dem Hintergrund der historischen Belastung hat Brandenburg glücklicherweise schon frühzeitig erkannt, wie wichtig es ist, das Verhältnis zu unseren polnischen Nachbarn zu pflegen, Brücken zu bauen, und zwar nicht nur aus Stein, Frau Kaiser, sondern auch solche, die Menschen einander näherbringen. Das sind ganz wichtige Brücken.
Es wurde ebenfalls erkannt, welche Chancen sich für beide Seiten ergeben, an der Entstehung eines Wirtschaftsraums mitzuwirken, der sich entlang der Oder erstreckt. Wir werden es uns also kaum leisten können, auch im globaleren Maßstab gesehen, auf diese Chancen zu verzichten. Die Oder ist ein bedeutsamer Teil der deutsch-polnischen Grenze. Es gehört zu den Leistungen der europäischen Einigung, dass sie Grenzen durchlässig macht, aber ganz verschwinden lässt sie Grenzen nicht, zumal dann nicht, wenn sie durch eine geographische Gegebenheit so deutlich gemacht wird, und zwar über 285 Jahre lang, wie wir eben gehört haben.
Daraus folgt: Wenn wir die Potenziale des Wirtschaftsraums beiderseits der Oder nutzen wollen, so benötigen wir nicht nur mutiges und vorausschauendes unternehmerisches Handeln, wir benötigen auch einen politischen Abstimmungsprozess, der hierfür geeignete Rahmenbedingungen schafft. Mit der OderPartnerschaft gibt es nun einen neuen, vielversprechenden Ansatz, dessen Ziel darin besteht, die Region zu einem integrierten Wirtschaftsraum zu entwickeln. Den - wenn Sie so wollen offiziellen Auftakt hierfür bildete die schon mehrfach erwähnte Wirtschaftskonferenz im April 2006. Es gab natürlich eine Reihe von Vorarbeiten. Am 15. und 16. Januar hat in Genshagen ein Workshop stattgefunden. Sachsen hat sein Interesse an der aktiveren Mitarbeit erklärt. Ich denke, dass wir von der Landesregierung zu diesem Workshop heute einiges hören werden.
Es geht also darum, durch politisches Handeln, das heißt vor allem durch konkrete Kooperationsprojekte, einen geeigneten Rahmen für unternehmerisches Handeln zu schaffen. Die zen
tralen Themenfelder der Kooperation - Innovation, Technologietransfer, Tourismus und Infrastruktur - sind bekannt. Die Kooperation mit Polen erfolgt heute in vielen Politikbereichen und auf vielen Kanälen. Es gibt die deutsch-polnische Regierungskommission und den Ausschuss für grenznahe Zusammenarbeit. Es gibt bilaterale Beziehungen zu einzelnen Woiwodschaften. Es gibt die Euro-Region. Es gibt Städte- und Schulpartnerschaften und vielfältige Wirtschaftsbeziehungen. Nun kommt die Oder-Partnerschaft noch hinzu. Es stellt sich die Frage, wie man diese ausfüllt.
Wer regelmäßig die Berichterstattung der Landesregierung zur Kenntnis nimmt - beispielsweise die Antwort auf die Frage 1813 -, der weiß, wie umfangreich und vielfältig die Zusammenarbeit in der Grenzregion mittlerweile ist. Hier gilt es dann, Parallelstrukturen zu vermeiden, ein Gegeneinander von Strukturen zu verhindern und Transparenz zu schaffen. Insofern ist es auch plausibel, wenn die Landesregierung die Oder-Partnerschaft als Informations- und Gesprächsplattform sieht, unter deren Dach sich Initiativen und Projekte verwirklichen lassen, obwohl sie keine eigene Verwaltungsstruktur und Finanzmittel hat - ich glaube, das würde auch sehr vieles erschweren - und deren Koordinierung über Netzwerke erfolgt.
Es ist klar, dass es bei einzelnen Problemen immer zum Haken kommen kann. Das wissen wir von anderen, vielleicht viel einfacheren Projekten auch. Die Gesamtbilanz kann sich dennoch sehen lassen. Ich glaube, das wird auch von Ihrer Fraktion nicht infrage gestellt. Wenn doch, dann werden wir es vielleicht in der zweiten Runde hören. Wir sollten bei einer Bewertung des erreichten Standards auch berücksichtigen, dass sich die deutsch-polnischen Beziehungen in den vergangenen Jahren durch eine schwierige Phase gearbeitet haben.
Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE hat danach gefragt, was der Landtag tun könne, um die Oder-Partnerschaft zu befördern. Ich denke, wir sollten auf jeden Fall der Versuchung widerstehen, hier exekutives Handeln übernehmen zu wollen. Unsere Rolle im Rahmen der Oder-Partnerschaft sollte sich vielmehr auf unsere Funktion beschränken. Wir sollten die erprobten Handlungsinstrumentarien nutzen, indem wir Öffentlichkeit für dieses Thema herstellen, und zwar nicht nur einmal, sondern ständig. Wir sollten unser Fragerecht intensiv dazu nutzen, die entsprechenden Informationen zu erhalten. Und wenn wir Vorschläge haben, sollten wir hier über sie diskutieren und sie zur Abstimmung bringen. Wir sollten zu den Partnerwoiwodschaften direkte Kontakte pflegen - Frau Kaiser, Sie hatten das angesprochen. Wir wollen das jetzt beginnen und sind, wie ich glaube, auf einem guten Weg. Über die Schwierigkeiten, die wir in der Zeit davor hatten, wollen wir hier nicht mehr reden.
Es ist wichtig, den Bürgern in unserem eigenen Land aufzuzeigen, welche Chancen sich bieten, und ihnen Unterstützung anzubieten. Schließlich kommt es darauf an, eine aktive Informationspolitik zu betreiben, das heißt, aktiv zu sein und dabei insbesondere bestehende Vorurteile und kontraproduktive Haltungen aufzuarbeiten.Hierin sehe ich eines unserer wichtigen - eigentlich das wichtigste - Betätigungsfelder.
Der Ministerpräsident hat vor einiger Zeit anlässlich eines Vortrags in Polen völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass wesentliche Teile der deutschen Gesellschaft immer noch ein wenig
mit dem Rücken zu Polen stehen, wenn auch nicht aus Bosheit, sondern aus Gedankenlosigkeit. Wenn wir als Parlamentarier mit unseren Möglichkeiten für einen Mentalitätswechsel werben, dann leisten wir einen wichtigen Beitrag für eine echte Oder-Partnerschaft.
Das gilt übrigens über die Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit hinaus.
Lassen Sie mich abschließend noch ein paar Worte zu dem Thema der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Frage der Übergangsfristen anbringen; denn auch das gehört in diesem Rahmen zur Vertrauensbildung. Ich meine, dass wir die Dinge hier ganz offensiv angehen müssen. Dabei dürfen wir das Thema Mindestlohn allerdings nicht einfach beiseiteschieben; denn es gehört in das Gesamtthema hinein.
Die Diskussion über den polnischen Klempner, der in Frankreich bei 6 000 freien Klempnerstellen eine Gefahr darstellen soll, sollten wir ganz schnell vergessen.
Es gäbe noch viel zu sagen, aber meine Redezeit ist abgelaufen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Mit dem Bedeutungszuwachs des Internets geht auch eine vermehrte Nutzung dieses Mediums durch Kriminelle einher. So sehen sich beispielsweise immer mehr Verbraucher mit Zahlungsaufforderungen konfrontiert, nachdem sie Internetseiten besucht haben, die sie für kostenlos gehalten haben und auch halten durften. Die Verbraucherzentrale Brandenburg hat in ihrem jüngsten Verbraucherreport auf dieses Problem hingewiesen, die „Märkische Allgemeine Zeitung“ heute auch.
Ich frage die Landesregierung: Teilt sie meine Auffassung, dass ein besserer rechtlicher Schutz der Verbraucher vor Internetabzocke erforderlich ist?
Was hält die Landesregierung von dem Vorschlag, dass Internetverträge einer nochmaligen ausdrücklichen Zustimmung durch den Verbraucher bedürfen, bevor sie überhaupt wirksam werden? Sie haben einige Maßnahmen aufgezählt, aber meiner Meinung nach wäre es durchaus sinnvoll, einen Schritt vorher einzuschreiten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir behandeln an dieser Stelle in der Tat ein wichtiges Thema, und ich hoffe auf die dem Thema angemessene Aufmerksamkeit im Plenum und in der öffentlichen Wahrnehmung; denn darum geht es ja.
In Richtung des Antragstellers möchte ich sagen, dass ich das Problem, das in diesem Antrag mehr oder weniger offensichtlich ist, auch sehe. Sofern das Ziel des Antrags also tatsächlich darin besteht, mehr Menschen auf europäische Fragen aufmerksam zu machen, so findet dieses Anliegen meine ungeteilte Sympathie. Grundsätzlich ist es aber so, dass die Forderung nach Referenden auch immer taktischer Natur sein kann, weil man nämlich davon ausgeht, mithilfe von Referenden seine politischen Ziele durchsetzen zu können, was wiederum voraussetzt, dass man davon ausgeht, die öffentliche Meinung im eigenen Sinne beeinflussen zu können. Bevor Sie an dieser Stelle
einhaken: Ich will Ihnen das nicht unterstellen, möchte diesen Punkt aber nicht unerwähnt lassen.
Um die Frage beantworten zu können, ob eine Volksabstimmung über geänderte Verträge ein geeignetes Mittel ist, um die Öffentlichkeit für europäische Themen zu sensibilisieren und den Bürgern Mitwirkungsmöglichkeiten zu eröffnen, müssen wir uns auch mit den Aspekten befassen, die dagegen sprechen; denn alles andere wäre blauäugig.
Dagegen spricht übrigens nicht, dass das gesamt Projekt nicht mehr „Verfassung“ heißt. Der Name ist an dieser Stelle nicht entscheidend. Unter Europarechtlern ist die Ansicht weit verbreitet, dass die Europäischen Verträge, das sogenannte Primärrecht, bei allen Unterschieden zur nationalen Verfassung zumindest auch Merkmale einer Verfassung aufweisen, weil sie nämlich für die europäische Ebene Dinge regeln, die auf staatlicher Ebene in den Verfassungen enthalten sind. Insofern ist es sehr fragwürdig, wenn Sie in Ihrer Begründung schreiben, dass ein Scheitern des Verfassungsprojektes festgestellt werden musste.
Nicht durchsetzbar war ein konkreter Plan, wie die Verträge weiterentwickelt werden sollten. Ein Verfassungsprojekt im weiteren Sinne gibt es auf europäischer Ebene indes seit über 50 Jahren. Wenn die jetzt gültigen Verträge Verfassungsmerkmale aufweisen, so wird dies auch bei den geänderten bzw. neuen Verträgen der Fall sein, und zwar unabhängig von dem zwischenzeitlich gescheiterten Entwurf für einen Verfassungsvertrag. Deswegen muss es übrigens noch lange nicht klug sein, das Konstrukt auch „Verfassung“ zu nennen; aber das nur nebenbei.
Was spricht nun aber wirklich gegen Ihren Antrag? - Zunächst einmal scheint mir der darin zum Ausdruck kommende Optimismus nicht gerechtfertigt zu sein. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Konvent, dessen Arbeit nicht nur öffentlich, sondern auch von zahlreichen Bemühungen begleitet war, die Bürger zu informieren und aktiv einzubinden. Diese Möglichkeiten wurden von den Adressaten leider in nur sehr bescheidenem Umfang genutzt. Sie waren den meisten Bürgern sogar unbekannt, weil oftmals das elementare Interesse an dieser Frage fehlte. Das ist bedauerlich aber das ist so. Es stellt sich die Frage: Hat sich daran fundamental etwas geändert? Sind das geeignete Voraussetzungen für eine Volksabstimmung? - Meine Fraktion hat daran jedenfalls Zweifel.
Das zweite Argument knüpft an die Erfahrungen des französischen und des niederländischen Referendums an. Auch in dieser Hinsicht findet sich in der Begründung Ihres Antrags übrigens ein bemerkenswerter Fehler, aber vielleicht ist es auch nur eine freudsche Fehlleistung. Denn es ist eine überaus freie Interpretation - um nicht zu sagen: es ist schlichtweg falsch -, wenn Sie dort schreiben, dass eine Mehrheit in diesen Ländern, also Frankreich und Niederlande, die Grundausrichtung der Verfassung nicht teilt. Nach allem, was wir über die Gründe wissen, die zur Ablehnung des ursprünglichen Entwurfs in den genannten Ländern führten, so waren diese nur zu einem Teil auf Europa bezogen und davon wiederum nur zu einem Teil auf den Verfassungsvertrag.
Hier setzt nun das zweite Argument an. Wer ein solches Referendum will, der muss auch klar sagen, wie er dafür Sorge tra
gen will, dass die Menschen sich tatsächlich mit dem befassen, was zur Abstimmung steht, dass sie nicht zum Beispiel - wie gehabt - die Gelegenheit nutzen, ihrer Regierung eins auszuwischen, was im Einzelfall zwar verständlich sein kann, aber eben nicht zur Abstimmung steht.
Ich möchte zu Ende reden; ich habe Frau Stobrawa auch ausreden lassen.
Derjenige muss auch sagen, wie er dafür Sorge tragen will, dass die Menschen nicht den Demagogen und Scharfmachern auf den Leim gehen. Ich finde es sehr bedauerlich, dass sich in Ihrem Antrag dazu keine Ausführungen finden; denn es gilt andersherum: Nur wer insgeheim darauf setzt, dass die Verträge abgelehnt werden, kann dieses Problem getrost auch sich selbst überlassen.
Damit komme ich zum dritten und aus meiner Sicht entscheidenden Argument. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland hat eine Grundentscheidung zugunsten der repräsentativen Demokratie getroffen. Dafür gab es damals gute Gründe, so wie es heute gute Gründe geben mag, über ergänzende Instrumente direkter Demokratie nachzudenken. Wer nun aber direktdemokratische Elemente ins Grundgesetz einfügen will, der muss bereit sein, eine grundsätzliche, das heißt, gerade nicht an kurzfristigen Fragen orientierte Diskussion über die Vor- und Nachteile, die Chancen und Risiken zu führen. Eine solche Verfassungsänderung hätte weitreichende Konsequenzen und will daher wohlvorbereitet und wohlbegründet sein. Es kann jedoch nicht darum gehen, ad hoc, weil es einem gerade in den Kram passt und man gerade das passende Thema bei der Hand hat, die Verfassung zu ändern. Darauf läuft Ihr Antrag nun einmal hinaus.
Herr Präsident, ich hätte dazu noch einiges zu sagen, aber ich sehe, ich habe die Redezeit schon um eine Minute überzogen. Dann bleibt mir nur noch zu sagen übrig: Danke für die Aufmerksamkeit, und danke für die Hilfe, Herr Klein.
Presseberichten zufolge, zum Beispiel in der „Welt“ vom
30.11.2007, erwägt EU-Kommissar Frattini die Schaffung einer „Europäischen Sport- bzw. Fußballpolizei“. Er reagierte damit auf Forderungen von UEFA-Präsident Platini, der Hilfe beim Kampf gegen den durch Fußballveranstaltungen veranlassten Gewalttourismus gefordert hatte.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie den Vorschlag, eine europäische Fußballpolizei einzurichten, insbesondere vor dem Hintergrund des Subsidiaritätsprinzips?
Zum Jahresende 2002 hat die österreichische Heraklith GmbH die Produktion am Standort Sperenberg eingestellt. Wie die Landesregierung auf mehrmalige Nachfragen des Kollegen Schulze und mir erklärt hat, gestaltet sich die Suche nach einem neuen Investor für diesen Standort schwierig. Letztmalig am 19. Januar 2005 hat Minister Junghanns diesbezüglich gesagt: „Ich hoffe, dass diese Beharrlichkeit letztlich doch noch zu einem befriedigenden Ansiedlungserfolg führen wird.“
Ich frage die Landesregierung: Welche neuen Entwicklungen gibt es bei der Suche nach einem Investor für das ehemalige Heraklith-Werk in Sperenberg?
Das ist wenig befriedigend, Herr Minister. Eventuell können Sie zu den Perspektiven von Sperenberg in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung etwas sagen. In der Presse hatten Sie auch Ausführungen dazu gemacht.
Presseberichten zufolge ist es in der Kiesgrube „Lindower Heide“ bei Malterhausen in größerem Umfang zu einer illegalen Müllentsorgung gekommen. Hinweise auf eine nicht sachgerechte Verfüllung der Kiesgrube soll es jedoch bereits frühzeitig gegeben haben.
Ich frage die Landesregierung: Wann sind ihr erste Hinweise auf eine möglicherweise nicht sachgerechte Verfüllung zur Kenntnis gelangt?
Herr Minister, wenn ich das recht in Erinnerung habe, dann haben Sie den Termin „Anfang 2006“ genannt.
Können Sie definitiv ausschließen, dass beim Bergbauamt vor 2006 Hinweise, in welcher Form auch immer, eingegangen sind, die darauf schließen ließen, dass dort Illegales passiert?
Sind Sie denn bereit, das zu prüfen und uns das Ergebnis mitzuteilen?
Vor wenigen Tagen hat die Landesregierung der Öffentlichkeit die Grundsätze ihrer zukünftigen europapolitischen Kommunikation zur Kenntnis gegeben. Auch wenn die europapolitische Kommunikation der Landesregierung naturgemäß nur einen Bruchteil der europäischen Meinungs- und Willensbildung im Land Brandenburg ausmachen kann, ist es sicherlich richtig, wenn diese Kommunikation regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Vor diesem Hintergrund ist es insbesondere zu begrüßen, dass in diesen Grundsätzen explizit eine Evaluierung der geförderten Veranstaltungen und Projekte vorgesehen ist, mit deren Hilfe geklärt werden soll, ob die gesetzten europapolitischen Ziele erreicht und ob die Zielgruppen angesprochen wurden.
Ich frage die Landesregierung: Aus welchen Gründen hat sie sich gegen eine externe, das heißt unabhängige Evaluierung ihrer europapolitischen Kommunikation entschieden?
Die Beeinträchtigung oder der Ausfall kritischer Infrastrukturen hat erhebliche Auswirkungen auf das Leben in modernen
Gesellschaften. Da solche Infrastrukturen, beispielsweise Stromnetze, in vielen Fällen auch grenzüberschreitenden Charakter haben, stellt ihr Schutz auch für die Europäische Union ein Thema dar. Die Europäische Kommission hat am 12. Dezember 2006 mit der Vorlage einer Mitteilung sowie eines Richtlinienvorschlags versucht, ein politisches Maßnahmenpaket zum Schutz kritischer Infrastrukturen auf den Weg zu bringen. Dies war auch Gegenstand von Beratungen des Bundesrats anhand der Drucksache 938/06.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Bemühungen der EU im Hinblick auf den Schutz kritischer Infrastrukturen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum wiederholten Male befasst sich heute das Plenum des brandenburgischen Landtags mit besagter Dienstleistungsrichtlinie. Man braucht kein Prophet zu sein, um zu wissen, dass es nicht das letzte Mal sein wird. Hierfür sind aus meiner Sicht drei Faktoren verantwortlich, die eng miteinander zusammenhängen.
Erstens gehört die Dienstleistungsfreiheit, die Gegenstand der vorliegenden Richtlinie ist, zu den vier Freiheiten des Binnenmarktes und zählt somit zu den Fundamenten der europäischen Einigung. Das bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht, dass die Freiheiten des Binnenmarktes das einzige Fundament sind, wie es manchmal von einigen suggeriert wird.
Zweitens sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass wichtige europäische Vorhaben zum Gegenstand nationaler Debatten gemacht werden. Eine solche Diskussion, wie sie über die Dienstleistungsrichtlinie geführt wurde, ist jedoch leider bisher eher die Ausnahme als die Regel.
Dafür ist - drittens - der Umstand verantwortlich, dass eine große Zahl der Diskussionsteilnehmer bewusst mit Ängsten operiert hat, wie es übrigens auch beim Verfassungsvertrag der Fall war. Über die Frage, ob diese Ängste berechtigt sind oder nicht, kann man im Einzelfall sicherlich streiten. In jedem Fall finde ich es aber bedauerlich, dass man mit Schreckensszenarien operieren muss, um die Leute bei europäischen Themen hinter dem Ofen hervorzulocken. Gerade dann, wenn Ängste mit im Spiel sind, fangen wir an zu diskutieren. Das zeigt mir, dass in den Mitgliedsstaaten das europäische Bewusstsein oftmals noch sehr entwicklungsfähig ist - um es einmal sehr, sehr vorsichtig zu formulieren.
Meine Damen und Herren, heute liegen uns zwei Anträge vor, ein Antrag der Koalitionsfraktionen, der vorrangig die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie zum Gegenstand hat und ein Antrag der Linkspartei.PDS, der zugleich nach den Auswirkungen dieser Richtlinie fragt. Die Umsetzung dieser Richtlinie sowie deren Auswirkungen sind jedoch zwei verschiedene
Dinge. Auch wenn sie natürlich miteinander zusammenhängen, halte ich es dennoch für klug, sie nicht allzu voreilig miteinander zu vermengen. Zudem ist es fraglich, ob man zu einem so frühen Zeitpunkt bereits die Auswirkungen der Richtlinie hinreichend konkret darstellen kann. Da man zum gegenwärtigen Zeitpunkt weitgehend auf Schätzungen und Projektionen angewiesen ist, möchte ich an dieser Stelle sehr zur Zurückhaltung mahnen.
Auf der einen Seite können solche Projektionen mehr oder weniger plausibel sein, auf der anderen Seite aber ist die Versuchung sehr groß, vermeintliche Gewissheiten politisch zu instrumentalisieren. Vor diesem Hintergrund fragt der Antrag der Koalitionsfraktionen wohlweislich nicht nach den Auswirkungen der Dienstleistungsrichtlinie, sondern vielmehr nach möglichen Effekten. Für diese Betonung haben wir uns mit Bedacht entschieden.
Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass die Dienstleistungsrichtlinie zum Gegenstand sehr emotionaler Debatten wurde, in denen - wie ich bereits erwähnte - von verschiedenen Seiten mit Ängsten gespielt wurde. Mit der Angst ist es wie mit vielen anderen Dingen im Leben. In der richtigen Dosis und an der richtigen Stelle eingesetzt, kann sie durchaus nützlich sein. Übertreibt man es jedoch, verkehrt sich die Wirkung sehr schnell ins Gegenteil. Vor diesem Hintergrund dürfte der Wunsch meiner Fraktion, eine rationale Debatte zu führen, verständlich sein.
Derzeit stellt die Europäische Union leider eine ideale Projektionsfläche für Ängste dar. Ich habe den Eindruck, dass sich vor allem jene diesen Umstand zunutze machen, die die EU nur dann zu akzeptieren bereit sind, wenn sich dort ihre eigenen gesellschaftspolitischen Vorstellungen verwirklichen lassen.
Aber, meine Damen und Herren, auch wenn die demokratischen Strukturen der EU durchaus noch verbesserungsfähig und verbesserungswürdig sind, wobei im Übrigen der Verfassungsvertrag sehr helfen würde, so sind die politischen Mehrheitsverhältnisse in der EU doch mitnichten das Ergebnis von Lotterien. Insofern muss man die Ergebnisse europäischer Rechtsetzung zwar nicht in jedem Fall mögen, aber man sollte sie zumindest respektieren. Dazu gehört wiederum auch, dass sie mit dem notwendigen Verantwortungsbewusstsein und Augenmaß umzusetzen sind.
Wir alle tragen Verantwortung für Europa, also ausdrücklich auch die deutschen Bundesländer, deren Landesregierungen und Landesparlamente. Es zeigt sich nicht zuletzt bei der Umsetzung europäischer Rechtsakte, ob und wie man dieser Verantwortung gerecht wird. Dies gilt im besonderen Maße bei einem so symbolträchtigen Thema wie der Dienstleistungsrichtlinie. Eine solche Umsetzung europäischer Vorhaben bietet ja immer auch die Chance, Aufklärung zu betreiben, wobei ich hier Verständnis von Aufklärung im Kopf habe, das sich an Fakten orientiert, nicht an wilden Spekulationen oder gar Panikmache.
Als selbstbewusstes Parlament sollten wir uns dieser Aufgabe stellen. Daher fordert der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen die Landesregierung auf, detailliert über die verschiedenen Aspekte der Umsetzung der Richtlinie zu berichten. Als Termin für den Bericht ist der März des kommenden Jahres vorgesehen.
Meine Fraktion und ich hätten gern einen früheren Termin gesetzt, was jedoch am Willen des Koalitionspartners gescheitert ist. Aber wenn die Landesregierung an dieser Stelle mehr Zeit zur Verfügung hat, dürfte der Bericht umso aussagekräftiger ausfallen, und darauf freuen wir uns schon.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Meine Fraktion und die Koalition werden den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS ablehnen. - Vielen Dank.
Vor einigen Wochen wurde in der Tagespresse vor möglichen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Rockergruppierungen gewarnt; unter anderem in der „Berliner Morgenpost“ vom 23.10.2006. Dass dies keine nur theoretische Gefahr darstellt, zeigt ein Polizeieinsatz in Cottbus, mit dem eine offensichtlich geplante Auseinandersetzung gerade noch unterbunden werden konnte.
Ich frage die Landesregierung: Wie schätzt sie die derzeitige Gefährdungslage im Hinblick auf gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden „Rocker“-Gruppierungen ein?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Osterweiterung der Europäischen Union ist ohne Zweifel ein historisch einzigartiges Projekt. Sie war ein entscheidender Beitrag zur Überwindung der Spaltung unseres Kontinents, wozu beide Seiten - alte und neue Mitglieder - ihren Beitrag geleistet haben.
Die Osterweiterung war und ist ein großes, schwieriges Projekt. Es wäre vermessen zu glauben, dass das Zusammenwachsen der alten und der neuen Mitgliedsstaaten quasi über Nacht erfolgen könne oder müsse, wie es der vorliegende Antrag in meinen Augen suggeriert. Ich vermag der Einstellung des Antragstellers, der vor allem die Schwierigkeiten, jedoch nicht die Fortschritte betont, jedenfalls nicht zu folgen.
Ich darf vielmehr daran erinnern, dass die Europäische Union die Aufnahme neuer Mitglieder aus Mittel- und Osteuropa aktiv gefördert hat. Sie hat damit nicht zuletzt dem Transformationsprozess in diesen Ländern ein Ziel und eine Richtung gegeben. Zu diesem Zweck hat sie unter anderem die sogenannten Kopenhagener Kriterien formuliert, welche von den Beitrittskandidaten erfüllt werden müssen. Die Umsetzung dieser Kriterien war für alle Kandidatenländer durchaus schwierig das gebe ich gern zu -, und doch war die Formulierung dieser Kriterien alles andere als eine Schikane, sondern diente letztlich dazu, das Funktionieren einer erweiterten Union sicherzustellen.
Dessen ungeachtet gab und gibt es beim Zusammenwachsen von alten und neuen Mitgliedern naturgemäß viele Schwierigkeiten. Oftmals liegen die Schwierigkeiten im Detail, manchmal sind es auch Verstimmungen auf diplomatischer Ebene. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass diese Schwierigkeiten überwunden werden können, mitunter schon durch Gesten des guten Willens, oftmals durch sachbezogene und kleinteilige Arbeit, immer jedoch durch die Bereitschaft zur Verständigung sowie durch eine konstruktive Herangehensweise.
Vor allem aber, meine Damen und Herren von der PDS, sollte man bei allen Schwierigkeiten Folgendes nicht vergessen: Seit dem 1. Mai 2004 sind zehn neue Staaten Mitglied der Europäischen Union. Das heißt doch nicht zuletzt, dass sie in den europäischen Institutionen vertreten sind, also unter anderem auch im Rat und im Europäischen Parlament, was wiederum heißt, dass in den europäischen Institutionen permanent ein Dialog zwischen den Mitgliedern - nämlich zwischen den alten und den neuen - stattfindet.
Hinzu kommen die zahlreichen bi- und multilateralen Beziehungen zum Beispiel zwischen Deutschland und Polen, zwischen Brandenburg und Polen. Herr Hammer hat gerade ein Beispiel auf der kommunalen Ebene beschrieben. Auf dieser Ebene gibt es einen institutionalisierten Dialog, zum Beispiel im Ausschuss für grenznahe Zusammenarbeit oder in den Euroregionen. Vor diesem Hintergrund frage ich, wozu die plakative Forderung nach mehr Dialog gut sein soll. Sie unterstellt nämlich völlig zu Unrecht, dass es einen solchen Dialog bislang nicht gab oder nicht gibt.
Es trifft schlicht nicht zu, dass nur geschwiegen wird. Es trifft auch nicht zu, dass nur Monologe geführt werden. Eine wichtige Erkenntnis der jüngeren Vergangenheit lautet meines Erachtens: Immer da, wo es Verstimmungen gab, gibt es auch Bemühungen, das Verhältnis wieder zu entkrampfen. Vor allem jedoch gibt es Arenen, in denen sich solche Bemühungen entfalten können.
Was das Verhältnis zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten angeht, so hat gerade Deutschland schon wichtige Beiträge ge
leistet. Hier sei nur an die Einigung zum EU-Finanzrahmen der Jahre 2007 bis 2013 erinnert. Das ist durchaus als Erfolg zu sehen.
Ich erinnere gern daran, dass die Mitgliedschaft Deutschlands in der Europäischen Union heute bei allen maßgeblichen politischen Gruppierungen unumstritten ist, ja geradezu einen Eckpfeiler deutscher Politik darstellt, und zwar auch - das muss man fairerweise sagen - aus wohlverstandenem Eigeninteresse.
Erst vor wenigen Tagen war Bundesaußenminister Steinmeier anlässlich der Eröffnung des akademischen Jahres an der Europa-Universität Viadrina zu Gast. In seiner Festrede hat er unter anderem festgestellt:
„Die Europäische Union ist die politische Antwort auf die Herausforderungen, die an unseren Kontinent im 21. Jahrhundert gestellt werden.“
Dies ist ein einfacher, klarer und zugleich weit reichender Satz, mit dem ich den Bogen zur deutschen Ratspräsidentschaft schlage. Deutschland wird auch während seiner Präsidentschaft wieder unter Beweis stellen, dass es seinen Beitrag zur fortschreitenden Einigung des Kontinents leisten kann, und Deutschland wird dies leisten. Die Entwicklung der vergangenen Jahre und Monate hat es so gewollt, dass der deutsche Beitrag wieder ein besonderer Beitrag sein wird; denn wie Ihnen bekannt ist, soll die deutsche Ratspräsidentschaft einen Bericht darüber verfassen, wie das Verfassungsprojekt weitergeführt werden kann. - Da die Lampe nun blinkt, müssen wir die Auseinandersetzung über dieses Thema im Dialog weiterführen, Herr Hammer.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren, die europäische Integration ist ein Prozess. Übertriebene Erwartungen sind dabei ebenso wenig hilfreich wie weit übertriebener Pessimismus oder gar Passivität. Was wir benötigen, sind Sachorientierung, ein Anerkennen von legitimen Interessen des anderen, Kompromissbereitschaft und nicht zuletzt auch ein wenig Optimismus. Der vorliegende Antrag enthält von allem, was ich hier ausgeführt habe, zu wenig, weswegen ihn meine Fraktion ablehnen wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir befassen uns jetzt mit einem Thema, dessen Bedeutung wir zu keinem Zeitpunkt unterschätzen sollten, auch wenn es heute schon ziemlich spät ist; ich meine, für dieses Thema.
Im Kern geht es beim Thema Subsidiarität und deren Kontrolle nämlich darum, dass politische Entscheidungen so bürgernah wie möglich getroffen werden. Die Verankerung des Subsidiaritätsgrundsatzes im derzeit gültigen europäischen Primärrecht sowie im vorliegenden Verfassungsvertrag zeigt im Übrigen, dass diesem Grundsatz von allen derzeitigen Mitgliedsstaaten eine grundsätzliche Bedeutung zugeschrieben wird. Wenn man dem Subsidiaritätsprinzip jedoch eine grundsätzliche Bedeutung zuschreibt, so umfasst die naturgemäß auch die Frage, inwieweit dieses Prinzip tatsächlich berücksichtigt bzw. inwiefern es durch konkrete gesetzgeberische Maßnahmen ausgehöhlt wird. Oder anders formuliert: Wenn Subsidiarität eine grundsätzliche Bedeutung hat, kann deren Kontrolle nicht bedeutungslos sein.
Bislang hat das Subsidiaritätsprinzip noch nicht die gewünschte Wirkung erzielt, was vor allem daran lag, dass es an geeigneten Mechanismen zu seiner Durchsetzung fehlte. Dies könnte sich jedoch nun mit dem Verfassungsvertrag oder durch adäquate anderweitige Regelungen ändern. Wie das funktionieren soll, verrät ein Blick in das Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, das zu den Anhängen des oben genannten Vertrages zählt.
Ich möchte kurz die wichtigsten Bestimmungen skizzieren; denn auch wenn die Zukunft des Verfassungsvertrages derzeit noch offen ist, wurde doch immerhin politische Einigung darüber erzielt, dass die Subsidiaritätskontrolle zukünftig ausgestaltet werden soll. So wurde unter anderem festgelegt, dass Gesetzentwürfe der europäischen Ebene automatisch den nationalen Parlamenten und auch den zweiten Kammern übermittelt werden. Jeder Vorschlag soll mit einem Vermerk darüber versehen werden, wie er mit den Grundsätzen der Subsidiarität und
der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Innerhalb von sechs Wochen können die nationalen Parlamente in einer begründeten Stellungnahme darlegen, warum ihrer Ansicht nach der Subsidiaritätsgrundsatz verletzt ist. Wird ein entsprechendes Quorum in den Stellungnahmen erreicht, muss der Vorschlag überprüft werden, was jedoch nicht zwingend eine Änderung des Vorschlags zur Folge hat; denn abhängig vom jeweiligen Verlauf des Verfahrens ist dann nicht zuletzt auch die gerichtliche Überprüfung möglich, ob der oben genannte Grundsatz eingehalten wurde oder nicht.
In dem oben genannten Protokoll ist nicht zwingend vorgeschrieben, dass die zweiten Kammern der Parlamente, zum Beispiel bei uns der Bundesrat, die regionalen Parlamente, also uns, konsultieren. Eine entsprechende Möglichkeit wird jedoch ausdrücklich eingeräumt. Für Deutschland gilt zunächst - ich sage bewusst: zunächst -, dass die Subsidiaritätskontrolle aus Sicht der Länder dem Bundesrat obliegt. Gerade aus Sicht der Landesparlamente ist die Geschichte damit jedoch noch lange nicht erledigt; denn natürlich sind auch und gerade die Regionalparlamente, also bei uns die Landtage, von den Aus- und Rückwirkungen der europäischen Integration betroffen, nämlich zum Beispiel dann, wenn sich europäische Gesetzgebungsvorhaben auf Bereiche erstrecken, die in der Vergangenheit ganz oder teilweise der Gesetzgebungskompetenz der regionalen Gebietskörperschaften unterlagen. Es ist ein Fakt, dass es in der Geschichte der europäischen Integration zu einer schrittweisen Verlagerung von Kompetenzen auf die europäische Ebene gekommen ist. Auch die europäische Verfassung, so sie denn in Kraft tritt, sieht ein nicht unbeträchtliches Spektrum europäischer Kompetenzen vor.
Vor diesem Hintergrund spielt es in der politischen Praxis eine wichtige Rolle, ob die Europäische Union ihre Kompetenzen in Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsgrundsatz wahrnimmt oder nicht. Auch die deutschen Landtage geht diese Frage sehr wohl etwas an. Aber, meine Damen und Herren, noch etwas anderes kommt hinzu. Ich bin der Ansicht, dass Akzeptanz und Vertrauen in die europäische Integration nicht allein in Brüssel, sondern vor allem in der Fläche geschaffen werden müssen. Gerade die Landtage stehen in einer vergleichsweise engen Beziehung zu den Bürgerinnen und Bürgern, die auch für das Thema Europa genutzt werden kann und muss. Dies betrifft die Vermittlung europäischer Themen, aber auch die Beantwortung der Frage, welche politische Ebene mit welchen Aufgaben betraut ist. Mit einer wirksamen Subsidiaritätskontrolle kann durchaus ein Beitrag zu Transparenz darüber geleistet werden, wer in Europa wofür zuständig ist und wer sich wofür zu verantworten hat. Die Frage der Kontrolle ist für den Brandenburger Landtag also ebenso wie für die Parlamente der anderen Bundesländer von grundsätzlicher Bedeutung. Damit muss sich der Brandenburger Landtag befassen, aber auch mit der Frage, auf welche Weise er in das Verfahren dieser Kontrolle eingebunden werden möchte. Dies umfasst zum einen den Erhalt von Informationen über europäische Gesetzgebungsvorhaben, zum anderen gegebenenfalls die Formulierung eigener Positionen dazu, ob das Subsidiaritätsprinzip eingehalten wurde oder nicht.
Mit diesen beiden Aspekten müssen wir uns befassen. Daher müssen wir uns darüber klar werden, welchem Zweck die Formulierung eigener Positionen, sofern wir sie vornehmen wollen, letztlich dient. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, was nützt es uns, wenn wir feststellen, dass bestimmte EU-Vor
schläge, die ganz oder teilweise in den Kompetenzbereich der Länder fallen und zum Beispiel unsere Gesetzgebungsfunktion betreffen, gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen, wenn wir als Landtag in das Verfahren der Subsidiaritätskontrolle nicht oder nur unwesentlich eingebunden sind?
Dies sind Fragen, die dem vorliegenden Antrag zugrunde liegen. Der Antrag selbst zielt darauf ab, dass zunächst die verschiedenen Möglichkeiten der Einbindung ausgelotet werden sollen.
Wir befinden uns dabei übrigens in guter Gesellschaft, denn nicht nur in Brandenburg wird gegenwärtig nach Wegen gesucht, wie eine Einbindung der Landesparlamente in diese Kontrolle, das heißt, die Abstimmung der deutschen Landesparlamente untereinander bzw. die Abstimmung zwischen dem jeweiligen Landesparlament und der jeweiligen Landesregierung erfolgen kann.
Auch wenn derzeit das weitere Schicksal des Verfassungsvertrages und damit auch des von mir vorhin skizzierten Verfahrens der Subsidiaritätskontrolle unsicher ist, so sollte zu diesem Thema die Meinungsbildung innerhalb des Landtages, insbesondere im Europaausschuss, möglichst frühzeitig beginnen. Ich werbe daher für die Annahme des Antrags der Koalitionsfraktionen.
Was hingegen den Entschließungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS angeht, so kann ich diesem beim besten Willen nicht zustimmen. Dieser Antrag schießt meiner Ansicht nach zum gegenwärtigen Zeitpunkt deutlich über das Ziel hinaus. Dabei verkennt die Fraktion der Linkspartei.PDS unter anderem, dass der Europaausschuss schon jetzt seine Agenda selbst bestimmen kann und wir daher mitnichten beschließen müssen, uns künftig mit Grün- oder Weißbüchern zu beschäftigen, sondern wir tun es oder wir tun es nicht.
Ferner verkennt die Fraktion der Linkspartei.PDS, dass gemäß Artikel 94 der Landesverfassung schon jetzt eine Pflicht der Landesregierung zu frühzeitiger und umfassender Information des Landtages besteht, die sich unter anderem auf die Mitwirkung des Landes im Bundesrat sowie auf Angelegenheiten der Europäischen Union erstreckt, soweit es um Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung geht.
Insofern ist aus meiner Sicht zunächst einmal zu klären, für welche EU-Gesetzesvorhaben man von der erwähnten grundsätzlichen Bedeutung ausgehen kann, bei der ohnehin eine Informationspflicht seitens der Landesregierung besteht.
Zudem denke ich, dass der Grundsatz „Viel hilft viel“ in Fragen der Subsidiaritätskontrolle durch den Brandenburger Landtag nicht zwingend greift, dass es also nicht unbedingt die beste Idee ist, sich mit möglichst vielen Dokumenten eindecken zu lassen. Stattdessen dürfte es sich als sinnvoller und zielführender erweisen, wenn sich der Landtag überlegt, ob und wie er seine Kapazitäten auch in Fragen der Subsidiaritätskontrolle gezielt einsetzt und gegebenenfalls auch gezielt erweitert, beispielsweise durch externen Sachverstand.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der Linkspartei.PDS, ich denke, dass wir einen Schritt nach dem anderen gehen sollten. Ich würde mich freuen, wenn wir dies gemeinsam tun könnten. Die Frage der Subsidiaritätskontrolle ist so
wichtig, dass man eben nicht einfach nur einmal aus der Hüfte schießen sollte. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vieles ist gesagt. „Die Welt zu Gast bei Freunden“ - so lautet das Motto der Fußballweltmeisterschaft. Dieses Motto, denke ich, ist gut; wir alle wollen eine fröhliche WM, eine WM im Geiste des fairen sportlichen Wettbewerbs. Viele Menschen und Institutionen arbeiten seit geraumer Zeit daran, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht.
Jedoch dürfen wir nicht blauäugig sein. Wir wissen, dass eine sportliche Großveranstaltung auch immer Risiken birgt. Wir wissen auch, dass nicht alle Besucher und nicht alle Einheimischen nur gute Absichten bei solch einer Großveranstaltung verfolgen. Deswegen müssen wir umfassend vorbereitet und wachsam sein. Dies betrifft auch und insbesondere das Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution. Fakt ist, dass bei jeder großen Sportveranstaltung die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen dramatisch steigt. Das wird auch zur Fußballweltmeisterschaft in Deutschland so sein; viele Berichte deuten darauf hin.
Ich möchte dies gar nicht moralisch bewerten, und es geht mir auch nicht darum, normale Prostitution zu verbieten - Frau Kaiser hat darüber schon gesprochen -, sondern es geht allein um den Kampf gegen Zwangsprostitution. Schließlich ist das Geschäft mit der Ware Mensch mittlerweile oft lukrativer als der Handel mit Waffen oder Drogen. Die Vereinten Nationen schätzen den jährlichen Umsatz des Verbrechens auf 11 Milliarden Euro. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes bringt eine Frau ihrem Zuhälter je Jahr zwischen 35 000 und 100 000 Euro Gewinn ein. Dem steht die geringe Zahl von gerade einmal 972 Frauen gegenüber, die im Jahre 2004 in Deutschland offiziell als Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel erfasst wurden.
Aber, meine Damen und Herren, gerade hier warne ich vor voreiligen Schlussfolgerungen. Nur weil wir die eigentliche Dimension des Problems statistisch nicht erfassen können, dürfen wir nicht sagen, dass es von geringem Ausmaß ist. Mit der gleichen Logik könnte man ansonsten behaupten, die Welt wäre hinter dem Horizont zu Ende.
Fakt ist auch, dass sich die Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel oftmals nicht trauen, zur Polizei zu gehen, weil sie Angst vor einer Abschiebung oder vor weiteren Repressalien durch ihre Peiniger haben. Daher sind den Fahndern und der Polizei in sehr vielen Fällen die Hände gebunden.
Auch das Europaparlament hat sich dieses bedrückenden The
mas angenommen und sich in einer Entschließung der Kampagne des Deutschen Frauenrates angeschlossen. „Abpfiff Schluss mit Zwangsprostitution!“ lautet das Motto. Die EUAbgeordneten fordern die Mitgliedsstaaten auf, schnellstens eine gemeinsame Politik auf die Beine zu stellen, um die Zahl der Opfer des Menschenhandels innerhalb der EU in den nächsten zehn Jahren zu halbieren. Hierfür sollen Deutschland und die übrigen Mitgliedsstaaten unter anderem einen mehrsprachigen Telefondienst einrichten, um notwendige Informationen, Ratschläge und Rechtshilfe für Frauen und Kinder sowie weitere Opfer sicherzustellen, die zur Prostitution gezwungen werden.
In der Entschließung werden auch alle Mitgliedsstaaten dringend aufgefordert, die Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels zu ratifizieren, in der für den Schutz der Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung Mindeststandards festgesetzt werden. Ich möchte daran erinnern, dass erst 25 der 46 Europaratsmitglieder die Konvention unterzeichnet haben. Ich kann mich dem Beschluss des Europaparlaments nur anschließen; denn Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung ist Gewalt gegen Frauen, ist ein Verbrechen und eine Verletzung der Menschenrechte. Es ist eine der schlimmsten Formen der Diskriminierung von Frauen.
Um hier wirksame Abhilfe zu schaffen, ist europaweites Handeln nötig. Ich meine damit Maßnahmen zum Schutz von Opfern von Menschenhandel, gesicherte Aufenthaltsregelungen und verstärkte Zusammenarbeit in der Strafverfolgung. Noch in diesem Monat treffen sich die EU-Justizminister, um auch dieses Thema nochmals zu beraten. Der zuständige Kommissar Franco Frattini forderte bereits die vorübergehende Wiedereinführung der Visapflicht für Drittländer, die mögliche Herkunftsländer im Handel mit Frauen und Kindern sind. Dem stehe ich allerdings skeptisch gegenüber.
Wichtig ist aber auch die Aufklärungsarbeit bei den Freiern. Sie müssen wissen, wie sie Frauen erkennen können, die zur Prostitution gezwungen werden, und wie sie darauf reagieren können, ohne die Frauen oder sich selber zu gefährden. Dazu gehört sicherlich Zivilcourage, aber auch Wissen um die Handlungsmöglichkeiten. In gewisser Weise bietet diese WM also auch eine Chance; Frau Kaiser, Sie haben das auch angeführt. Wir können sie als Aufhänger nutzen, dieses brisante Thema wieder in der Öffentlichkeit zu verankern. Übrigens sitzt nach anfänglichem Zögern nun auch der DFB mit im Boot. Schirmherr von „Abpfiff - Schluss mit Zwangsprostitution“ ist Fußballpräsident Theo Zwanziger.
Ich hoffe, dass der vorliegende Antrag breite Unterstützung findet. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie heißt es so schön im Titel: „Nach dem EU-Finanzkompromiss von Brüssel:“ Nach dem Kompromiss ist vor dem Kompromiss. Meine Damen und Herren, in den Jahren 2000 bis 2006 haben wir rund 3,1 Milliarden Euro erhalten, wie Frau Abgeordnete Stobrawa sagte. In den Jahren 1994 bis 1999 waren es ca. 5 Milliarden Euro. Insgesamt haben wir damit ungefähr 8 Milliarden Euro erhalten. Für die Förderperiode 2007 bis 2013 ist
mit einer Zahlung in Höhe von rund 2,4 Milliarden Euro zu rechnen. Angesichts dieser Zahlen sollte über etwas Einigkeit bestehen: Die Europäische Union stellt enorme Finanzmittel zur Verfügung, damit sich Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensbedingungen in den verschiedenen Regionen in einem möglichen Maße angleichen.
In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass es in den letzten Jahren ein lautstarkes Lamento über die statistische Zweiteilung des Landes gab. Der unausgesprochene, mitunter auch ausgesprochene dahinter stehende Gedanke lautete stets: Brandenburg muss aus der EU-Mitgliedschaft Deutschlands in finanzieller Hinsicht das Maximale herausholen. Das ist durchaus legitim, solange man darüber nicht die berechtigten Interessen der europäischen Nachbarn und Partner vergisst. Ich warne davor, dieses Denken zu verabsolutieren und in einen Tunnelblick zu verfallen.
Ist es wirklich eine Katastrophe, wenn die Zahlungen aus Brüssel geringer ausfallen als vorher? Man kann das aus zwei Blickwinkeln betrachten. Auf der einen Seite schmerzen sinkende Einnahmen natürlich immer. Das ist angesichts unserer Haushaltslage keine Frage. Auf der anderen Seite muss man das Wesen strukturpolitischer Maßnahmen begreifen und begreifen wollen. Bei der EU-Strukturfondsförderung geht es darum, Regionen mit Nachholbedarf ein Aufholen zu ermöglichen. Die finanzielle Unterstützung einer bestimmten Region zielt dementsprechend darauf, dass diese finanzielle Unterstützung überflüssig wird. Diesen Gedanken muss man im Hinterkopf behalten und sich von Zeit zu Zeit die Frage stellen, ob man nicht einmal den Punkt erreichen möchte, an dem weniger Hilfe nötig ist, allerdings ohne statistische Trickserei. Es lohnt sich zumindest, einmal darüber nachzudenken.
Meine Damen und Herren, die EU-Struktur- und Kohäsionspolitik steht vor neuen Aufgaben, die große Anstrengungen erfordern. Die Erweiterung der Europäischen Union hat dazu geführt, dass sich das Gefälle des Bruttoinlandsproduktes pro Kopf zwischen den wohlhabendsten und den ärmsten Regionen verdoppelt hat und dass 123 Millionen EU-Bürger in Regionen leben, in denen das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt weniger als 75 % des EU-Durchschnitts beträgt. Das sind Fakten. Die politischen Schlussfolgerungen, die man daraus zieht, sind etwas anderes.
Aus meiner Sicht resultiert daraus eine große Verantwortung für alle - das heißt, auch und gerade für die neuen Mitgliedsstaaten und deren Regionen. In Europa gibt es heute politische Diskussionen über die Verteilung finanzieller Mittel. Das mag bisweilen etwas lästig erscheinen, doch in Wahrheit ist es ein unbeschreibliches historisches Glück.
Wir sollten uns gemeinsam daran erinnern, dass es in der Vergangenheit auf diesem Kontinent Auseinandersetzungen gab, die mit ganz anderen Mitteln geführt worden sind. Glücklicherweise haben wir die historische Chance genutzt, die sich uns vor 16 Jahren bot. Der westliche Teil Europas hatte sehr richtig erkannt, dass er auch seinen Teil zur weiteren Entwicklung beitragen konnte und musste. Wir sollten für diese glückliche Fügung, die uns zu Privilegierten im ehemaligen Ostblock gemacht hat, dankbar sein. Daraus folgt zwangsläufig, dass wir die uns gewährte Hilfe bestmöglich nutzen sollten. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass das in Brandenburg in den vergangenen Jahren der Fall war. Als Beispiele nenne ich die Be
ratung und Schulung von Unternehmensgründern, die Erweiterung von Betriebsstätten, die Stadtentwicklung, Stadterneuerung sowie die Straßenerneuerung, die Erneuerung, Sanierung und Modernisierung von Schulen, die Zusammenarbeit in der Grenzregion Deutschland-Polen, touristische Projekte sowie weitere Projekte im ländlichen Raum. Darauf wird mein Kollege noch eingehen, sofern die Zeit noch reicht. Die Liste ließe sich beinahe endlos fortsetzen. Sie zeigt, dass die europäische Solidarität in Brandenburg an vielen Stellen sichtbar und greifbar wird.
Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, befindet sich die EU derzeit in einer Phase, in der es viele unbeantwortete Fragen gibt. Ihnen dürfte bekannt sein, dass zu diesen Fragen die künftige EU-Finanzierung zählt. Insofern geht auch der Titel dieser Aktuellen Stunde etwas fehl, denn nach dem Kompromiss, wie ich einleitend sagte, ist jetzt vor dem Kompromiss.
Unsere Kolleginnen und Kollegen in Brüssel, das Europaparlament, haben sich wohl etwas dabei gedacht, als sie den vorgelegten Kompromiss mit überwiegender Mehrheit ablehnten. Man kann diesbezüglich wohl nicht von einem Kurzzeitversagen der Europaparlamentarier sprechen. Infolge dieses Beschlusses besteht nun die Chance, mit dem Haushalt für die Jahre 2007 bis 2013 besser auf die anstehenden Herausforderungen zu reagieren, als dies bislang vorgesehen war.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass das EU-Parlament seine Ablehnung damit begründete, dass der Haushalt in der vorliegenden Form Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und Solidarität nicht ermöglicht. Vor allem Abstriche in den Bereichen Forschung, Ausbildung und Jugendförderung wurden heftig kritisiert. Gerade aus Brandenburger Sicht ist dieser kritische Hinweis entschieden zu begrüßen.
Die österreichische Präsidentschaft hat ein schwieriges Verhandlungsmandat erhalten. Ich bin zuversichtlich, dass bis zur Jahresmitte eine Lösung gefunden wird, die den geäußerten Bedenken in vertretbarer Weise Rechnung trägt.
Meine Damen und Herren, wenn wir Gelder aus Brüssel erhalten und sie bestmöglich einsetzen, helfen wir nicht nur uns selbst, sondern auch unseren europäischen Nachbarn. In Brandenburg als einer Region, die eine hohe Priorität in der EUFörderung genossen hat und genießt, sich weiterentwickelt, Wachstumspotenziale freisetzt und im Vergleich der europäischen Regionen aufholt, tragen wir zur Wirtschaftsentwicklung des gesamten EU-Raumes bei. Wenn sich dann noch unser Bedarf an der EU-Förderung verringert - an dieser Stelle muss man sich selbst gegenüber ehrlich sein -, werden zusätzliche Gelder frei, die nach dem europäischen Solidarprinzip anderen Regionen zum Aufschwung verhelfen können. Das wäre für uns alle nicht das Schlechteste.
- Es ist Ihr Titel. Schauen Sie, was Sie geschrieben haben.
In Vorbereitung auf die neue Förderperiode besteht die Aufgabe darin, die Erwartung der EU-Organe und den spezifischen Handlungsbedarf Brandenburgs auf einen Nenner zu bringen. Es wird vielleicht im Detail nicht immer leicht sein, aber ich bin davon überzeugt, dass es möglich ist. Das zeigt im
Übrigen auch, dass man in Brüssel die Dinge so flexibel handhaben kann, dass die Belange der Staaten und der Regionen berücksichtigt werden.
Für die bevorstehende Förderperiode 2007 bis 2013 kann das Land Brandenburg nach derzeitigem Stand insgesamt mit rund 2,4 Milliarden Euro rechnen. Allerdings bezieht sich diese Zahl nur auf EFRE und ESF, sodass sich die Summe der zu erhaltenden Mittel noch erhöht. Zwar steht noch nicht fest, wie die gesamte Summe von 2,4 Milliarden Euro - wenn es denn 2,4 Milliarden sind - zwischen den europäischen Fonds aufgeteilt wird, doch hat sich diese Aufteilung an den Zielen der neuen Förderpolitik der Landesregierung zu orientieren, so wie sich der gesamte Einsatz der Fonds an der Lissabonstrategie auszurichten hat.
Ergänzend möchte ich anmerken, dass aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion begrüßt wird, wenn zur Kofinanzierung auch private Mittel eingesetzt werden können, die dann auf den Landesanteil angerechnet werden. Wenn dies tatsächlich so kommt, ist es zweifelsohne im Interesse Brandenburgs.
Meine Damen und Herren, die von der Linkspartei.PDS geforderte Weichenstellung ist längst erfolgt. Längst erfolgt ist auch die Ausschreibung des Operationellen Programms, denn die Angebotsfrist endete für EFRE am 23. Januar.
Wir haben im Ausschuss gemeinsam mit dem Finanzausschuss begonnen mitzudiskutieren, wir haben die Ausschüsse aufgefordert, ihre Vorschläge zu unterbreiten und sie uns einzureichen. An dieser Stelle - so glaube ich - sind wir als Parlament gut aufgestellt und gut dabei. Mancher mag bedauern, dass es nicht mehr ist, doch dem Antragsteller sei gesagt, dass derzeit nicht nur in Brandenburg Weichen gestellt werden, sondern auch bei unseren europäischen Partnern. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
In der Wahrnehmung vieler Verkehrsteilnehmer geht von Lkws, insbesondere auf Autobahnen, ein hohes Potenzial an Gefährdungen und Behinderungen aus, insbesondere durch unvermitteltes Ausscheren und kilometerlange „Elefantenrennen“.
Ich frage die Landesregierung: Auf welche Weise kontrolliert die brandenburgische Polizei das Fahrverhalten von Lkw-Fahrern auf brandenburgischen Autobahnen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute Vormittag befassten wir uns bereits in Weiterung mit diesem Tagesord
nungspunkt, sodass wir nun eine nahtlose Anknüpfung haben. Wir kommen nicht um die Feststellung herum, dass die vorhin besprochenen Ereignisse hier durchschlagen. Da die Strukturund Kohäsionspolitik ein wesentliches Element des noch nicht vorhandenen, weil noch nicht beschlossenen Finanzpaketes ist, müssen wir an dieser Stelle noch für einige Zeit mit einigen unbekannten Größen rechnen. Ich komme sogleich zu Ihrem Antrag; dazu ist bereits vieles gesagt worden.
Allerdings trifft uns dies nicht gänzlich unvorbereitet, weil man sogar das Scheitern des vorweihnachtlichen Gipfels befürchten musste; der Ministerpräsident hat in seiner heutigen Rede darauf hingewiesen. Dass in dem Votum des Europäischen Parlaments eine große Chance liegt, zu einer zukunftsgerichteten Finanzplanung zu kommen, hatte ich bereits ausgeführt.
Der Sachstandsbericht der Landesregierung liegt uns seit einigen Wochen vor und ich gehe davon aus, dass Sie alle ihn aufmerksam studiert haben. Wir behandelten ihn - Frau Osten erwähnte es - in einer gemeinsamen Sitzung und baten die anderen Ausschüsse, sich mit den entsprechenden, dort angerissenen Themen zu beschäftigen, um sich hier ebenfalls zu der Behandlung und zu dem Entwurf der Operationellen Programme zu äußern.
Ergänzend ist anzumerken, dass die kommende Förderperiode bereits in den vergangenen Jahren mehrfach Gegenstand von Sitzungen unserer Ausschüsse war. Dabei wurden sowohl die Entwicklung auf europäischer Ebene als auch auf Bundesebene sowie die Aktivitäten der Landesregierung ausführlich thematisiert. Das setzten wir zu Beginn des Jahres 2006 fort und werden es über das gesamte Jahr hinweg begleiten.
Dabei wurde immer wieder deutlich, dass sich diese Thematik im Fluss befindet. Insofern kann im Rahmen der Information durch die Landesregierung immer nur der jeweilige Sachstand wiedergegeben werden. Vor diesem Hintergrund möchte ich zu den einzelnen Abschnitten des vorliegenden Antrags einige Anmerkungen machen.
Der erste Abschnitt ist entbehrlich; denn es ist selbstverständlich, dass wir die Operationellen Programme ernst nehmen. An dieser Stelle benötigen wir demnach keine Selbstvergewisserung.
Des Weiteren gehe ich davon aus, dass die Landesregierung den Artikel 94 der Landesverfassung - wie die anderen Bestimmungen der Verfassung auch - kennt und sich danach richtet.
Das soeben Gesagte gilt im Wesentlichen auch für den dritten und letzten Abschnitt Ihres Antrags. Ich hege keine Zweifel daran, dass im Zuge der Unterrichtung durch die Landesregierung auch die unter Abschnitt 3 von Ihnen aufgeworfenen Fragen thematisiert werden. Sofern im Zusammenhang mit dem Bewertungsverfahren ein konkretes Interesse besteht, können Sie es jederzeit geltend machen. Eines Landtagsbeschlusses hierzu bedarf es nicht. Vielmehr handelt es sich um einen normalen Vorgang der Information, der in den zuständigen Parlamentsausschüssen richtig angesiedelt ist. Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass eine Bewertung bisheriger Maßnahmen erst nach deren Abschluss möglich ist.
Ich komme zum zweiten und längsten Abschnitt des vorliegenden Antrags. Dieser Abschnitt enthält einen bemerkenswert
ausführlichen Wunschzettel der Fraktion der Linkspartei.PDS. Meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, dass ein solch umfangreicher Katalog von Wünschen, wie Sie ihn vorgelegt haben, ohne Diskussion und gegebenenfalls mit einigen Änderungen verabschiedet wird, ist unwahrscheinlich. Das muss Ihnen klar sein. Der Staatssekretär hat zu dem Verfahren schon gesprochen. Insofern käme allenfalls eine Überweisung an den Ausschuss infrage. Bis dieser Katalog letztlich im Konsens verabschiedet wäre, ginge kostbare Zeit ins Land.
Insofern ist die von Ihnen gewünschte Vorgehensweise mit einem Zeitverlust verbunden und nicht durchsetzbar. Bis auf weiteres hätte Ihr Papier die Diskussion zu den Operationellen Programmen in den Ausschüssen allenfalls als Arbeitspapier ohne den Status eines Beschlusses - begleiten können. Da dies aber auch auf einem direkten Weg möglich wäre, frage ich Sie: Warum stellen Sie diesen Wunschzettel überhaupt zur Abstimmung? - Wir haben in der gemeinsamen Sitzung, Frau Osten, einen Weg gesucht und gefunden; diesen sollten wir weitergehen. Ich denke, die einzelnen Ausschüsse gehen diesen Weg mit, sodass wir dort noch die entsprechenden Vorschläge einbringen können.
Die Aufstellung der Operationellen Programme ist die Aufgabe der vollziehenden Gewalt. Ich gehe davon aus, dass Ihnen dies voll bewusst war. Falls nicht, so hat es Ihnen der Staatssekretär erklärt. Anders kann ich mir zumindest nicht erklären, dass Sie keine politischen Forderungen aufmachen, sondern die Landesregierung um etwas ersuchen. Mit der Formulierung machen Sie deutlich, dass es keine verfassungsmäßige Grundlage für diesen Teil Ihres Antrags gibt. Es gehört zur guten Tradition, dass solche Vorschläge, wie Sie sie vorgelegt haben, in den Arbeitsgremien diskutiert werden. So hätten Sie es auch in diesem Fall tun können. Was dann in den Ausschüssen mit Ihrem Katalog geschieht, bleibt abzuwarten. Der Staatssekretär hat die Weiterleitung Ihrer Vorschläge ja schon zugesagt.
Ich halte an dieser Stelle fest: Weder in der Sache noch unter dem zeitlichen Aspekt erleiden Sie durch die Ablehnung dieses Abschnittes Ihres Antrags einen Nachteil. Ich habe zwar ein gewisses Verständnis für den Wunsch der Opposition, auf diese Weise ein wenig mitzuregieren, und erkenne auch gern an, dass Sie sich Gedanken zum Thema gemacht haben; jedoch ist das, was Sie hier vorgelegt haben, aus Sicht meiner Fraktion kein geeigneter Gegenstand für einen Beschluss des Landtags.
Frau Präsidentin, ich komme zum Ende.
Wir lehnen daher den Antrag ab. Einer Überweisung würden wir ebenfalls nicht zustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits vor einigen Monaten hat sich dieses Haus mit der geplanten Dienstleistungsrichtlinie beschäftigt, sich dazu positioniert. Dem heuti
gen Antragsteller schien das damals auch sehr gefallen zu haben, denn in seinem Antrag wird mehrfach auf diese Drucksache Bezug genommen. Es ist schön, dass wir uns so weit einig sind. Meine Fraktion sieht aber keinen Anlass, von dem damals gefassten Beschluss abzuweichen. Ebenso wenig sieht sie einen Anlass, jenen Beschluss von damals noch einmal durch einen Beschluss von heute zu bekräftigen; denn es liegen Entwicklungen vor, die wir hier vielleicht auch einmal ansprechen müssen.
Zum derzeitigen Verfahrensstand ist Folgendes zu sagen: Inzwischen hat sich der federführende Ausschuss der EU, der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, mit den rund 1 600 Änderungsanträgen befasst und am 22. November, also erst vor wenigen Tagen - Herr Christoffers, Sie wissen das genauso gut wie ich -, einer geänderten Version der Richtlinie zugestimmt. Die jetzt vorliegende Version muss allerdings noch einige Hürden überwinden. Selbst eine Antwort auf die Frage, ob die 1. Lesung im Europäischen Parlament im Januar oder Februar 2006 stattfindet, steht noch in den Sternen.
Inhaltlich ist zu sagen: Die Bedenken, die in den Mitgliedsstaaten geäußert worden sind, wurden von den europäischen Gremien mit sehr viel Interesse aufgenommen. Vieles davon findet sich in dem geänderten Vorschlag des besagten EP-Ausschusses auch wieder. Dies betrifft insbesondere den Geltungsbereich der Richtlinie selbst. Hiervon sind beim gegenwärtigen Sachstand unter anderem ausgenommen: audiovisuelle Dienstleistungen, Gewinnspiele, Tätigkeiten von Rechtsanwälten und Notaren. Bei den Tätigkeiten von Rechtsanwälten ist hinzuzufügen - ich zitiere -: „... sofern sie nicht von anderen Gemeinschaftsinstrumenten geregelt werden“. Bei „Notaren“ kann man die Gerichtsvollzieher mit einordnen, sie sind dort mit erfasst. Des Weiteren sind die Gesundheitsdienste zu nennen. Dies sind nur die jüngsten Beispiele.
Sie hatten in Ihrem Beitrag Daseinsvorsorge, Wasser, Abwasser sowie Elektrizität angeführt. Diese Bereiche sind in der Richtlinie genannt. Aber es ist auch ausdrücklich gesagt, dass dort Grenzen eingezogen sind bzw. eingezogen werden können. Andererseits ist auch klar, dass sich nicht alle Ideen, Vorschläge und Konzepte in der derzeitigen Version des Richtlinienentwurfs wiederfinden können. Das liegt in der Natur der Sache. Aber für bestimmte Anliegen finden sich auch auf der europäischen Ebene keine Mehrheiten.
Eines, meine Damen und Herren, kann man im Hinblick auf die Dienstleistungsrichtlinie mit Sicherheit nicht sagen: dass hier ein europäisches Projekt hinter verschlossenen Türen einfach durchgewinkt werden soll. Das zeigt ja die Diskussion. In Anbetracht des Gesagten darf es niemanden überraschen, dass meine Fraktion den vorliegenden Antrag ablehnen wird.
Abschließend möchte ich jedoch einen allgemeinen Gedanken äußern. Die Schaffung eines einheitlichen Marktes für Dienstleistungen ist Bestandteil des Binnenmarktes und damit auch des Einigungsprozesses. Dieses Projekt einschließlich seiner Vorläufer ist bereits gut 50 Jahre alt. Es ist in den Verträgen verankert, denen alle Mitgliedsstaaten zugestimmt haben, und gehört damit zum Kernbestand der Integration. Angesichts dessen - so könnte man zumindest meinen - dürften wir mehr oder weniger nur über die Details streiten. Das tun wir aber nicht. Ich - und nicht nur ich - habe den Eindruck, dass der eine oder andere hier eine grundsätzliche Diskussion lostreten und dabei
auch den Inhalt der Verträge, also die Geschäftsgrundlage der EU, infrage stellen möchte. Das kann so nicht gehen, das darf so nicht gehen und das wird so nicht gehen.
Meine Damen und Herren, der erste Entwurf für eine Dienstleistungsrichtlinie liegt seit Januar 2004 vor. Seit dieser Zeit versuchen interessierte Kreise sie als Anschlag auf das europäische Sozialmodell zu verkaufen und den Bürgerinnen und Bürgern damit Angst einzujagen. Als wesentliches Argument diente und dient hierbei das Herkunftslandprinzip, das wir auch in diesem Hause - übrigens gemeinsam - als nicht ganz unproblematisch erkannt haben. Der eine oder andere, wenn Sie wollen, die eine oder andere Seite oder Partei, verschweigt dabei jedoch geflissentlich, für wie viele Bereiche - darunter sind sehr sensible Bereiche - das Herkunftslandprinzip inzwischen schon nicht mehr gelten soll. Ebenso verschwiegen werden die positiven Effekte, die mit der Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit verbunden sind. Gerade diese Einseitigkeit der Diskussion müssen wir durchbrechen.
Meine Damen und Herren, man kann natürlich den freien Verkehr von Dienstleistungen von vornherein so weit beschränken, dass nichts mehr davon übrig bleibt und jeder Wettbewerb ausgeschlossen ist. Der eine oder der andere mag das wollen. Ich möchte das nicht, meine Fraktion will das nicht. Wir stehen zu den vier Freiheiten des Binnenmarktes. Wir haben den Beschluss dieses Hauses vom März mitgetragen, wir haben ihn initiiert. Wir stehen heute zu diesem Beschluss und zur europäischen Integration. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum vorliegenden Gesetzentwurf ist von meiner Fraktion gestern alles gesagt worden. Ich wiederhole mein Bedauern darüber, Herr Scharfenberg, dass wir nicht mehr Zeit hatten, darüber zu debattieren. Vielleicht sollten Sie sich - gerade wenn es um solch sachliche Auseinandersetzungen geht - überlegen, Ihr Anliegen früher einzubringen. Wir haben uns darüber gestern ausgetauscht.
Punkt 3 Ihres Antrags hatte sich übrigens erledigt. Ich habe heute im Ausschuss gesagt, dass die notwendige Sorgfalt vorherrschen muss. Darüber wurde Einigkeit erzielt. Ich hoffe, dass es in Zukunft so sein wird.
Ich würde mir des Weiteren wünschen, dass die Nickeligkeiten und der Kleinkrieg innerhalb des Ausschusses irgendwann ein Ende finden und wir komplett zur Sachlichkeit übergehen. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Unsere Fraktion wird dem Gesetzentwurf in 3. Lesung zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion bekennt sich zu dem Leitbild starker und handlungsfähiger Gemeinden. Sie können das auch unter Punkt 4.4 in der Koalitionsvereinbarung nachlesen. Dennoch wird - so viel kann ich vorwegnehmen - meine Fraktion den vorliegenden Antrag ablehnen.
Mit dem Antrag soll die Landesregierung aufgefordert werden, bis zum Jahresende einen Gesetzentwurf für die Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts vorzulegen. Herr Theel, Sie haben Recht; Ihrem Anliegen kann ich in gewisser Weise sogar folgen. Es gibt gute Gründe, sich der jetzigen Rechtslage mit einem prüfenden Blick anzunehmen. Eine solche Novelle ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Es gibt Gründe, die dagegen sprechen.
Nicht alles, was möglich ist, ist auch sinnvoll. Problematisch an dem vorliegenden Antrag ist insbesondere das enge Zeitfenster, das für die Vorlage des Gesetzentwurfs vorgegeben werden soll. Tatsächlich fehlen wichtige Voraussetzungen für ein gezieltes gesetzgeberisches Tätigwerden. So fehlt zum Beispiel das Weißbuch der Europäischen Kommission als Basisdokument zu den öffentlich-privaten Partnerschaften.
Der Rechtsrahmen, in dem sich wirtschaftliche Tätigkeit abspielt, entspringt zu weiten Teilen europäischer Gesetzgebung, und zwar europäischem Wettbewerbsrecht. Das gilt auch für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen. Allerdings wird dieses Thema auf der europäischen Ebene zurzeit kontrovers diskutiert, und zwar insbesondere im Zusammenhang mit der so genannten Daseinsvorsorge. Nicht abzusehen ist, wie der europäische Rechtsrahmen letztlich aussehen wird und welcher Raum für nationale und regionale Regelungen verbleibt.
Ich erinnere meine Kollegen aus dem Europaausschuss an den Vortrag des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Die Fragen, die dort aufgeworfen wurden, haben wir - zumindest einige von uns - mit dem stellvertretenden Direktor des Europabüros des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Dr. Zimmermann, ausführlich diskutiert.
Herr Theel, auch das Thema Zweckverbände oder überörtliche Betätigung wird uns mit Sicherheit auf der europäischen Ebene
noch beschäftigen. Wir können uns gerne nachher über die Dokumente austauschen. Frau Stobrawa kann sie Ihnen zur Verfügung stellen, sie hat dort heftig mitdiskutiert.
Es ist also im Moment wenig sinnvoll, ad hoc ein neues Landesgesetz zu erarbeiten. Dies wäre, wie schon beim jüngsten Antrag der PDS-Fraktion zur Weiterführung der Funktionalreform, nichts anderes als ein Handeln nach dem Prinzip Hoffnung. Das ist mit meiner Fraktion jedoch nicht zu machen.
Sie werden sich daran erinnern - Herr Theel hat es erwähnt -, dass wir das Thema Gemeindewirtschaft vor ungefähr anderthalb Jahren an diesem Ort diskutiert haben. Damals wurde ausgeführt, wie sich der Grundkonflikt in dieser Frage gestaltet. Auf der einen Seite steht der schon erwähnte Wunsch der Kommunen nach Erfüllung ihrer wirtschaftlichen Aufgaben, der mit dem Wunsch der Bürger nach qualitativ hochwertiger und bezahlbarer Daseinsvorsorge korrespondiert. Wir wissen, was alles passieren kann, wenn es nicht bei der Daseinsvorsorge der Kommunen bleibt; ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Wasserversorgung in London.
Die Berechtigung dieses Anliegens dürfte in diesem Haus kaum umstritten sein. Auf der anderen Seite hingegen steht die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung, wenn kommunale Unternehmen mithilfe von Steuermitteln am Markt agieren und mit den freien Handwerksbetrieben konkurrieren. So sehen es jedenfalls andere.
Wenn diese beiden Aspekte im Zusammenhang betrachtet werden, kommen, je nach Betrachter, gänzlich unterschiedliche Positionen heraus. Wir brauchen also nicht so zu tun, als gäbe es schon eine Entscheidung in der politischen Auseinandersetzung. Das Gegenteil ist der Fall.
Wenn Sie die Diskussion um die Daseinsvorsorge in den vergangenen Wochen und Monaten verfolgt haben, wissen Sie, dass wir von einem Durchbruch noch ein Stück entfernt sind. Weil es hier um eine europäische Rahmenregelung geht, ist diese Debatte naturgemäß auf die politischen Institutionen der Europäischen Union fokussiert; die Europaabgeordneten sollten gemeinsam eng dranbleiben.
Die Debatte ist trotzdem notwendig und wichtig; denn sie kann und wird dazu beitragen, dass die Kommunen im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Betätigung letztendlich die Planungssicherheit erhalten, die sie benötigen. Solange auf europäischer Ebene kein verbindlicher Rechtsrahmen vorgegeben werden kann, wird sich an der bestehenden Planungsunsicherheit nichts ändern, egal, was wir tun.
Sie sehen also, dass die Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts einiger Voraussetzungen bedarf, die wir auf Landesebene nicht schaffen können. Solange dies der Fall ist, hat das Hantieren mit Landesgesetzen bestenfalls symbolische Bedeutung. Damit ist freilich niemandem geholfen, auch Ihnen als Antragsteller nicht. Es gilt auch hier, was ich vor gut einem Monat im Hinblick auf die Funktionalreform sagte: Gut meinen und gut machen sind zwei verschiedene Dinge.
Ich komme zum Schluss. Die SPD-Fraktion ist der Meinung, dass die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen ein Feld ist, auf dem Handlungsbedarf besteht. Wir werden das Thema daher auf der Agenda belassen. Angesichts der derzeitigen
Rahmenbedingungen sieht meine Fraktion jedoch keinen Grund, sich durch unrealistische Zeitvorgaben selbst unter Druck zu setzen. Dass dies die Erfolgsaussichten des vorliegenden Antrags negativ beeinflusst, habe ich bereits erwähnt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Scharfenberg, Ihren Änderungsantrag mit heutigem Eingangsdatum hätte ich gern etwas früher erhalten, um darüber diskutieren zu können; denn bei verschiedenen Positionen liegen wir nicht sehr weit auseinander. Da uns Ihr Änderungsantrag aber erst heute Morgen zuging, ist es leider etwas kurzfristig.
(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Es ist bei Ihnen gang und gäbe, dass wir Anträge auf diese Art erhalten! - Gegenruf von der CDU: Lassen Sie ihn ausreden, Frau Enkel- mann!)
- Ich darf bitte ausreden!
Über den Gesetzentwurf, der uns am 4. Januar 2005 zugeleitet wurde, haben wir sehr lange debattiert. Die vier Punkte gemäß Ihrem jetzigen Änderungsantrag hätten wir dabei auch noch diskutieren können.
Sie wollen § 90 der Haushaltsordnung streichen. Diese Vorschrift regelt jedoch - wenn ich es in der Kürze der Zeit richtig gelesen habe - den Inhalt der Prüfung. Wahrscheinlich meinen Sie § 89.
- Wir können nachher darüber diskutieren; ich habe es vor mir liegen. - In § 89 heißt es: „Der Landesrechnungshof prüft insbesondere...“
Einen § 90 a, den Sie in der Begründung Ihres Antrags erwähnen, habe ich nicht gefunden; es gibt ihn wohl nicht.
Nun kommen wir zu dem, was zwischen dem 26.05. und dem heutigen Tag geschehen ist: Mit der Zusammenführung von überörtlicher Prüfung und allgemeiner Kommunalaufsicht verwirklichen die Koalitionsfraktionen ein Anliegen aus der Koalitionsvereinbarung. Das bestehende Nebeneinander dieser bei
den bei verschiedenen Institutionen angesiedelten Aufgabenbereiche wird durch eine - wie ich jedenfalls hoffe - effizientere Lösung ersetzt.
Dieses Vorhaben war nicht unumstritten, was sicherlich mit einigen Details des von der Landesregierung ursprünglich vorgelegten Gesetzentwurfs zusammenhing. Sie, Herr Dr. Scharfenberg, haben darauf hingewiesen.
Ich freue mich, dass wir mit dem vorliegenden Vorschlag des Ausschusses für Inneres eine Lösung gefunden haben, die dem Anliegen des Gesetzentwurfs Rechnung trägt - die Stichworte lauten „Effizienz“ und „Synergie“ - und zugleich die Unabhängigkeit der Prüfung gewährleistet.
Das war auch das zentrale Anliegen meiner Fraktion. Die kommunalen Spitzenverbände haben bereits vor geraumer Zeit klar gemacht, dass aus Ihrer Sicht die Unabhängigkeit der Prüfung in jedem Fall gewahrt sein muss. Die im Ausschuss für Inneres durchgeführte Anhörung hat ebenfalls verdeutlicht, dass der ursprünglich vom Innenministerium vorgelegte Vorschlag im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Prüfung nicht unerhebliche Defizite aufwies. Die Fraktionen von SPD und CDU haben diesem Umstand Rechnung getragen und sich auf Änderungen am ursprünglichen Entwurf verständigt, mit denen die geäußerten Bedenken ausgeräumt werden können.
Wenn dem Beschlussvorschlag des Ausschusses gefolgt wird daran zweifele ich nicht -, so wird beim Ministerium des Innern ein kommunales Prüfungsamt eingerichtet, dem die überörtliche Prüfung obliegen wird. Die Unabhängigkeit der Prüfung ist durch eine entsprechende Regelung in der Gemeindeordnung auch in Zukunft sichergestellt. Sie lautet: