Esther Schröder

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Brandenburger Adler, der sich Anfang der 90er Jahre so stolz in die Lüfte schwang, befindet sich im Sinkflug und droht abzustürzen, wenn es keinen Auftrieb gibt. Hauptursache dafür ist unübersehbar ein Politikversagen sowohl aufseiten der Landesregierung als auch aufseiten des Landtages. Exemplarisch dafür steht die Chipfabrik.
Brandenburg ist nicht an einem wirtschaftlich sinnvollen Projekt gescheitert. Nicht weil es fehl schlug, sind dem Land 1 300 Arbeitsplätze entgangen. Diese Chance hat es nie gegeben. Darum habe ich im Parlament gegen die Notoperation einer Landesbeteiligung in Höhe von 38 Millionen Euro gestimmt, weil der Patient längst tot war. Hätten wir auch nur annähernd die im SPD-geführten Wirtschaftsressort der Bundesregierung vorhandenen Kompetenzen im CDU-geführten Wirtschaftsressort in Brandenburg besessen, wären uns an dieser Stelle nicht nur etwa 100 Millionen Euro verschwendete Fördergelder erspart geblieben, sondern auch der beispiellose Ausverkauf von wertvollen IHP-Patenten.
Welche Lehre müssen wir hieraus ziehen? Erstens: Regierung und Opposition müssen sich künftig davor hüten, bei großen Investitionsvorhaben die Augen vor Realität und Marktlogik zu verschließen.
Zweitens: Öffentliche Gelder dürfen grundsätzlich nicht in privatwirtschaftliche Projekte fließen, die keinen Investor haben. Scheininvestoren sind Fördermittel zu versagen.
Drittens: Das Parlament darf bei öffentlichen Förderprojekten seine vornehmste Aufgabe, nämlich die wirksame Kontrolle der Regierung, niemals aufgeben. Nur so kann es Schaden vom Land abwenden.
Ein Satz hat mich heute Morgen nachdenklich gestimmt: Die negative Wahrnehmung entspreche nicht der Wirklichkeit. - Sie entspricht den Tatsachen und vor allem der ganz konkreten Lebenssituation der Menschen im Land, die gekennzeichnet ist durch die höchste Steigerung der Arbeitslosenzahlen, die Besorgnis erregende Zunahme von Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit, die Zahl der Sozialhilfeempfänger und die damit einhergehende Kinder- und Altersarmut.
Eine Position der Landesregierung zu sozialen Härten habe ich in der Regierungserklärung vermisst. Welcher Verantwortung stellt sich die Landesregierung in dieser Hinsicht? Diese Frage wurde heute leider nicht beantwortet.
Meine Damen und Herren! Schon Goethe hat bemerkt, dass wir das Vergangene nicht zurückholen können, über die Zukunft aber sind wir eher Meister, wenn wir gut und klug sind. In diesem Sinne unterstütze ich Sie, Herr Ministerpräsident, in Ihrem Anliegen, nach vorn zu schauen. Dazu gehört, die Brü
cken zu einer fruchtlosen Wirtschaftspolitik endlich abzubrechen gemäß Ihrer Einschätzung, dass der Staat kein Ersatzunternehmer ist.
Die Zeit der Großprojekte ist vorbei, ja. Die Trennlinie, um die es heute aber geht, verläuft nicht zwingend zwischen großen und kleinen Projekten. Sie verläuft zwischen wirtschaftlich tragfähigen und wirtschaftlich nicht tragfähigen Konzepten.
Der bloße Verweis auf den Mittelstand reicht hier nicht aus. Auch hier müssen wir schauen, welche Konzepte tragfähig sind und welche nicht. Dies zu erkennen braucht es den unbedingten Willen, Fördermittel unter strengsten Effizienzkriterien auszureichen. Auch darin unterstütze ich Sie, Herr Ministerpräsident.
Fördern und fordern - dieser Grundsatz, der so selbstverständlich für Arbeitslose gilt, muss als Maßstab an jedes Politikfeld angelegt werden, zuallererst an die Wirtschaftsförderung; denn wenn es heißt, alles was Arbeit schafft, ist sozial, dann gilt auch umgekehrt: Alles was Arbeitslosigkeit schafft, ist unsozial.
Die beste Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik kann eben nicht richten, was verfehlte Wirtschaftspolitik in diesem Lande anrichtet. Nur: Mit welchem Pfund können wir noch wuchern? Ich sehe hier vor allem die hohe Selbstständigenquote, eine überdurchschnittliche Gründungsintensität und ein qualifiziertes Arbeitskräfteangebot. Diese Potenziale müssen durch Landespolitik aber auch gezielt begleitet und gefördert werden.
Sorgen wir dafür, dass die Menschen in diesem Lande endlich einer lebenswerten Zukunft entgegensehen können! Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen, unsere Aufgabe, für die wir alle hier gewählt worden sind.
Brandenburg ist eben nicht nur Sumpf und Sand. Unsere Landeshymne weist uns den Weg: Steige hoch, du roter Adler. - Geben wir ihm gemeinsam den notwendigen Auftrieb. - Vielen Dank.
Nach Presseberichten vom Wochenende prognostiziert der Brandenburger Arbeits- und Sozialminister ab 2004 ein deutliches Beschäftigungswachstum. Dem widerspricht das Herbstgutachten der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute. Die Wissenschaftler gehen dabei für 2004 zwar von einer
leichten Besserung der Konjunktur aus, diese würde sich aber auf dem Arbeitsmarkt vorerst nicht bemerkbar machen. Die Institute erwarten sogar, dass die Zahl der Arbeitslosen im kommenden Jahr zunächst um 500 000 auf durchschnittlich 4,45 Millionen steigt.
Ich frage die Landesregierung: Auf welche Tatsachen und Annahmen stützt der Brandenburger Arbeitsminister seine außergewöhnlich positive Arbeitsmarktprognose für das Jahr 2004?
Die ZukunftsAgentur Brandenburg - ZAB - will im Land Brandenburg mit sechs regionalen Servicecentern unter anderem ein kompetenter Ansprechpartner für Gründer und Gründungsinteressierte sein. In jüngster Zeit häufen sich bei mir jedoch Beschwerden über die unzureichende Qualität der von der Landesregierung mit erheblichen öffentlichen Geldern geförderten Existenzgründungsberatung. Die ZAB berät zum Beispiel Gründer, die sich an ihre Berater wenden, entweder überhaupt nicht oder nach Auskunft der Betroffenen nicht angemessen. Die Stiftung Warentest hat die Existenzgründungsberatung der ZAB als mittelmäßig bis niedrig eingestuft.
Ich frage daher die Landesregierung: Warum führt die ZukunftsAgentur Brandenburg für ihre Serviceleistungen kein Qualitätsmanagement bzw. keine Zertifizierung durch, um eine hohe Qualität ihrer Beratungsleistungen - zum Beispiel für Existenzgründer - sicherzustellen?
Herr Minister, da mir die Studie der Stiftung Warentest im Detail nicht bekannt ist, frage ich Sie: Welche Kriterien konkret wurden von der Stiftung Warentest herangezogen, bei welchen Kriterien schnitt die ZAB besonders schlecht ab und bis wann wird die von Ihnen eben angekündigte Gesamtzertifizierung für die ZAB sichergestellt?
Herr Minister, da Sie nicht die Zusagen des Jahres 2001, sondern die aktuellen zu verantworten haben, frage ich Sie:
Auf welchen Arbeitsplatzprognosen, technologischen, wirtschaftlichen und finanziellen Annahmen basiert das neue Stufenkonzept für eine kleinere Produktionsstätte der Chipfabrik? Ich bitte Sie, wenn möglich, in die Details zu gehen.
Ist es zutreffend, wie „Die Welt“ heute vermeldet, dass das Eigenkapital von Communicant weitgehend aufgezehrt ist und das Finanzierungskonzept trotz Stufenmodell weiterhin nicht schlüssig ist?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt wieder zu ernsthafteren Themen.
Die Exportquote ist ein wichtiger Indikator der Wirtschaftskraft eines Landes. Diese besagt für Brandenburg Folgendes: Im Jahr 2002 erzielte das produzierende Gewerbe weniger als ein Fünftel - genau: 18 % - seines Umsatzes im Ausland. Das bedeutet für Brandenburg im bundesweiten Vergleich Platz 14 unter 16 Ländern. Das im Auslandsgeschäft erwirtschaftete Umsatzfünftel wurde wiederum zu 90 % von den wenigen Großunternehmen im Land bestritten, die aber über eigene Auslandsbüros verfügen. Der Brandenburger Außenhandel entspricht also nicht dem einer entwickelten Industrienation. Die überwiegende Zahl - 85 bis 90 % - der Firmen hat weniger als 20 Beschäftigte und große Schwierigkeiten, sich mit niedrigen Preisen, zum Teil unter dem Selbstkostenpreis, auf internationalen Märkten überhaupt zu bewegen.
Wozu und wofür brauchen wir also teure Auslandsplattformen, wo ist das Potenzial? Diese Frage konnte mir bis heute niemand plausibel beantworten. Was wir im Hinblick auf Auslandsplattformen zuerst brauchten, wäre eine florierende Industrie, eine dynamische Exportwirtschaft, wie zum Beispiel im Bundesland Bremen. Das produzierende Gewerbe erzielte dort im Jahr 2002 mehr als die Hälfte seines Umsatzes im Auslandsgeschäft. Auch im Saarland, in Bayern, in Rheinland-Pfalz, in Baden-Württemberg oder in Niedersachsen lag die Exportquote im produzierenden Gewerbe im Jahr 2002 über 40 %. Den größten Sprung seit 1995 machte allerdings Sachsen. Dort legte die Exportquote der Industrie um gut 18 Prozentpunkte auf rund 29 % zu.
Von solch einer Entwicklung ist das Land Brandenburg mit seiner überwiegend kleinteiligen Wirtschaft weit entfernt. Was wir daher zunächst brauchten, wäre eine vernünftige Konzeption der Landesregierung für Industrieansiedlungen, die bis heute fehlt. Ohne eine leistungsfähige Exportindustrie machen Auslandsplattformen keinen Sinn. Den Beweis, dass die vier bestehenden Auslandsbüros Industrieansiedlungen in Brandenburg und die Brandenburger Außenwirtschaft nachhaltig ankurbeln, ist uns der Wirtschaftsminister bis heute schuldig geblieben. Zwar jongliert er gern mit Zahlen über Anbahnungen und Ansiedlungen, die sich bei konkreter Nachfrage aber zumeist in Luft auflösen.
Ich meine daher, dass die Auslandsplattformen in ihrer jetzigen Form Geldverschwendung sind. Sie haben in Brandenburg kein industrielles Hinterland, keinen wirtschaftlichen Boden. Ihnen fehlt eine ausgewogene Kosten-Nutzen-Relation. Sie suggerieren einen florierenden Außenhandel für kleine und mittlere Brandenburger Betriebe, den es nachweislich - ich deute noch einmal auf die Exportquote - überhaupt nicht gibt.
Manche sagen mir Kompromisslosigkeit nach. An dieser Stelle möchte ich einmal meine Kompromissbereitschaft unter Beweis stellen. So begrüße ich den Entschließungsantrag von SPD und CDU, wenn er am Ende dazu führt, dass die Geheimniskrämerei um die Auswahl und die Verträge der Leiter von Auslandsplattformen endlich ein Ende findet. Die EU-Kommission fordert hier zu Recht Transparenz, die Offenlegung dieser Verträge und die Beachtung der EU-Regeln bei der Vergabe solcher Dienstleistungen.
Lassen wir uns also recht zeitnah unter Beachtung der Kündigungsfristen vor allem über Vertragsgestaltung, Effizienz und Evaluierungsergebnisse im Wirtschaftsausschuss vom Wirtschaftsminister unterrichten.
Ich plädiere - das will ich hier auch noch einmal sagen - für eine Kündigung der Verträge, bei denen es möglich ist, zum 31. Dezember 2003 und für eine gleichzeitige öffentliche Ausschreibung der Verträge mit den Leitern von Auslandsplattformen, und zwar zum einen, um eine Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts bei der Vergabe solcher Dienstleistungen seitens des Landes Brandenburg für die Zukunft definitiv auszuschließen, und zum anderen, um die Kosten des Landes für solche Plattformen, wenn sie schon nicht abgeschafft werden, durch Transparenz und Wettbewerb der Anbieter wenigstens erheblich zu senken. - Vielen Dank.
Erstens: Herr Kollege, was macht Sie so sicher, dass die Außenhandelskammerbüros entsprechende Dienste für die brandenburgischen Unternehmen nicht in angemessener Qualität anbieten können?
Zweitens: Sind Sie mit mir nicht einer Meinung, dass wir zunächst einmal ein Potenzial im Lande brauchen? Ich habe ausgeführt, dass der Export zu 80 bis 90 % über die wenigen Großbetriebe, die über eigene Büros verfügen, abgewickelt wird. Sagen Sie mir also bitte, wo das Potenzial ist! Wir müssen doch ein Angebot und eine Nachfrage haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung: Politik darf in Zeiten knapper Kassen und Rekordarbeitslosigkeit nicht erpressbar werden durch falsche Arbeitsplatzversprechen eigennütziger Investoren. Politik darf nicht blind werden, muss Risiken erkennen und ermessen und Folgeabschätzungen vornehmen. Das Projekt Chipfabrik ist hierfür exemplarisch.
Zur Sache: Nach Selbstauskunft des IHP soll die dort entwickelte Silizium-Germanium-Technologie inzwischen mit 200 Gigahertz takten. Damit hätten die Forscher des Instituts einen Geschwindigkeitsrekord für diese Silizium-Germanium-Bipolartechnologie erreicht.
Doch das IHP wird damit ganz sicherlich nicht ins Guinnessbuch der Rekorde eingehen; denn inzwischen erproben IBM, Infineon und andere bereits eine Betriebsfrequenz von 210 bis 230 Gigahertz. Das IHP ist hier also keineswegs allein führend.
Das IHP behauptet auch, einen kompletten BiCMOS-Prozess mit 200 Gigahertz- Bipolartransistoren beherrschen und externen Kunden zur Prototypherstellung zur Verfügung stellen zu können. Ein Prototyp ist jedoch keine Serienproduktion, so wie das Modell eines Hauses noch kein bewohnbares Haus ist. Ein Prototyp ist ein Urbild, ein Muster, ein erstes Modell - weiter nichts. Daraus werden noch keine 1 300 Arbeitsplätze.
Die vom Institut für Halbleiterphysik entwickelte Produktionstechnologie wurde bisher nur in einer Pilotlinie getestet. Sie ist bis heute in der Massenproduktion nicht erprobt. Daher ist überhaupt nicht sicher, dass sich diese spezielle Technologie im Wettbewerb mit alternativen Verfahren auch wirklich durchsetzen kann. Nach nunmehr drei Jahren nutzlos verstrichener Zeit kann deshalb nicht mehr von einem wettbewerbsrelevanten Technologievorsprung ausgegangen werden.
Das alles sind Faktoren, die immer wieder ausgeblendet werden. Ich bezweifle daher, dass Communicant ab 2004 marktfähige Chips in Serienproduktion wirtschaftlich und kostengünstig herstellen und Gewinn bringend verwerten kann. Das jedoch wäre die Voraussetzung für die versprochenen 1 300 Arbeitsplätze am Standort Frankfurt (Oder).
Die Chipfabrik entpuppt sich also heute mehr denn je als eine schillernde Seifenblase zweier CDU-Wirtschaftsminister, deren fehlenden Inhalt sie ihren SPD-Ministerkollegen durch immer neue unhaltbare Versprechen schmackhaft machen wollen. Dabei ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann diese Seifenblase mit lautem Knall zerplatzt.
Meine Damen und Herren, nach Einschätzung von Lizenzexperten und Branchenkennern wird Communicant nie und nimmer wirtschaftlichen Nutzen aus dem IHP-Know-how ziehen können, selbst dann nicht, wenn die entwickelte Technologie tatsächlich in eine effiziente Massenfertigung überführbar wäre.
Erstens: Communicant muss im Falle der wirtschaftlichen Umsetzung des Prozesses an Intel in jedem Fall 6 % vom Umsatz nicht etwa vom Gewinn - abführen, und zwar ohne jegliche Kündigungsmöglichkeit.
Zweitens: Communicant erhielt von Intel zudem keine Lizenz,
Chipsätze zu entwickeln und zu verkaufen, die mit IntelMikroprozessoren kompatibel sind. In einem solchen Fall fielen zusätzliche Lizenzgebühren an Intel an. Andernfalls könnte Intel Communicant verklagen, Patentrechte des Marktführers zu verletzen.
Drittens: Die Tatsache, dass Communicant nach den vorliegenden Verträgen nur Chips fertigen darf, die nicht mit Intel-Chips kompatibel sind, bedeutet, dass die Betreiberfirma neben Intel so gut wie keine Marktchancen hat.
Viertens: Aus der Klausel, dass Intel den Vertrag für die IHPChipproduktion zum 1. April 2004 kündigen kann, wenn Communicant bis dahin keine kommerzielle Fertigung aufnimmt, ergeben sich im Umkehrschluss Schadensersatzansprüche des Marktführers auf entgangenen Gewinn so lange, bis die kommerzielle Produktion endlich startet.
Als Landtagsabgeordnete müssen wir im Interesse der Entwicklung unseres Landes all diese Fakten und Bedenken ernst nehmen; denn wir sind es, die die Verantwortung für die Freigabe und Kontrolle öffentlicher Fördergelder tragen. Über das Projekt Chipfabrik wurde Brandenburg durch die noch unter Obhut von CDU-Wirtschaftsminister Fürniß geschlossenen Verträge in ein wirtschaftliches Risiko manövriert, aus dem es anscheinend keinen Ausweg gibt. Verfolgt das Land das sinnlose Projekt weiter, ist der Verlust öffentlicher Gelder im dreistelligen Millionenbereich unvermeidbar. Stoppt der Wirtschaftsausschuss das Projekt, ist nicht auszuschließen, dass Brandenburg als Mitgesellschafter von Communicant mit millionenschweren Schadensersatzforderungen von Intel und Dubai sowie der Jenoptik-Tochter M+W Zander, die die Fabrik in Frankfurt (Oder) errichten soll, rechnen muss.
Es bedarf also einer erheblichen Entschlusskraft und großen Mutes, diesen gordischen Knoten zu durchschlagen, um das Projekt einer Chipfabrik in Frankfurt (Oder) endlich aus der Liste der Brandenburger Luftschlösser zu streichen. Hierbei können wir als Landtag die Landesregierung aktiv unterstützen. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung zu meinem Antrag.
Leider ist der Wirtschaftsminister nicht anwesend. Vielleicht übernimmt ja ein anderes Mitglied der Landesregierung seinen Part und legt heute Argumente auf den Tisch des hohen Hauses, die gegen meine Argumente sprechen bzw. sie entkräften und für Wirtschaftlichkeit sprechen. Meine Damen und Herren von der Regierung, nehmen Sie diese Gelegenheit wahr; denn Sie wissen: Auch Ihr Schweigen wird protokolliert.
Herr Abgeordneter, würden Sie, wenn Sie dies vermögen, bitte auf die Argumente, die wirtschaftlichen Argumente, die ich vorgebracht habe, eingehen? Wenn Sie nicht dazu in der Lage sind, sagen Sie es bitte.
Herr Abgeordneter, ich frage Sie, ob Sie mit mir darin übereinstimmen, dass es für uns als Abgeordnete des Landtages Bran
denburg die vornehmlichste Aufgabe ist, im Interesse des Landes über Freigabe und Kontrolle von Fördergeldern zu entscheiden, und dass wir es unbedingt vermeiden müssen, in einem derartigen Ausmaß - in Millionenhöhe - Fördergelder in den brandenburgischen Sand zu setzen.
Herr Minister, für den Fall, dass der Bürgschaftsausschuss den Bürgschaftsantrag aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht bewilligen kann, rechnet die Landesregierung dann mit Schadensersatzansprüchen bzw. -forderungen vonseiten Dubais, Intel oder/und der Jenoptik-Tochter M&W-Zander?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Brandenburg hat im bundesweiten Vergleich einen absolut miserablen Ruf, wenn es um Wirtschaftsförderung geht. Dies fällt in dieser Legislatur eindeutig in CDU-Verantwortung. Zwei CDU-Minister, der eine a. D. und der andere im Dienst, stehen dafür mit ihren Namen. Nun schickt sich auch noch auf Kommunalebene eine CDU-Politikerin und Unternehmerin an, diesem schlechten Ruf alle Ehre zu machen. Ich spreche von der stillgelegten Firma Hesco Kunststofferzeugnisse Helmut Schulze & Co. GmbH in Luckenwalde Ihrer Unternehmens- und CDU-Chefin im Landkreis Teltow-Fläming.
Der Firma wurden 1997 von der ILB Fördermittel in Höhe von 930 000 Euro gewährt. Damit verbunden war bis März 2004 eine Beschäftigungszusage für 71 Arbeitskräfte. Doch im Sommer dieses Jahres wurde überraschend sämtlichen Mitarbeitern gekündigt. Die Beschäftigungszusage wurde gebrochen, Löhne wurden nicht ausgezahlt, Sozialbeiträge nicht geleistet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen. Damit fand noch vor Beantragung der Insolvenz, ohne Genehmigung des hierfür zuständigen Gerichts und auch ohne Unterrichtung des Betriebsrats bei Hesco Kunststofferzeugnisse in Luckenwalde nach CDU-Manier eine faktische Betriebsstilllegung statt.
Die Rechte der hiervon betroffenen Arbeitnehmer wurden mit Füßen getreten.
Sozialansprüche und Sozialpläne wurden gezielt umgangen. Arbeitnehmerschutz ist, wie dieser Fall anschaulich zeigt, wohl kein besonderes CDU-Anliegen.
Der Einwand, dass der bisherige Geschäftsbetrieb in einer neuen Firma, die nun Hesco Kunststoffverarbeitung heißt, mit 34 statt den von Hesco Kunststofferzeugnisse zugesagten 71 Mitarbeitern fortgesetzt wird, besagt nur Folgendes: Wurden die ursprünglichen Hesco-Mitarbeiter schon weit unter Tarif bezahlt nach Aussage des Betriebsrats mit durchschnittlich 6 Euro pro Stunde -, so müssen die Beschäftigten der neuen Firma nach Presseberichten von diesem untertariflichen Lohn noch einmal erhebliche Abschläge hinnehmen. Also auch Lohndumping ist anscheinend CDU-Politik im Landkreis Teltow-Fläming.
- Die Wahrheit lässt sich immer schwer ertragen. Meine Damen und Herren, in der sozialen Marktwirtschaft müssen wir die soziale Mitverantwortung der Wirtschaft einfordern und können wir verlangen, dass ein Investment aus öffentlichen Geldern nur dann als erfolgreich angesehen wird, wenn die damit verbundenen Arbeitsplatzzusagen auch erfüllt werden.
Wenn es sie gibt, ja.
Ich hoffe, das geht nicht von meiner Redezeit ab.
Im Falle der Betriebsstilllegung von Hesco könnte sich das Verhältnis von sozialer Verantwortung privater Unternehmer und öffentlicher Förderung umkehren in ein trauriges Verhältnis von fehlender sozialer Verantwortung einer führenden CDU-Kommunalpolitikerin sowie Unternehmerin und der staatlichen Unterstützung dieser Verantwortungslosigkeit durch die Landesregierung, dann nämlich, wenn die Landesbank ILB nicht endlich die notwendigen Konsequenzen aus der inzwischen zu Ende geführten Hesco-Betriebsstilllegung zieht.
Die Firma Hesco Kunststofferzeugnisse Helmut Schulze & Co. GmbH existiert nicht mehr. Nachdem alle Mitarbeiter entlassen worden waren, wurde die leere Hülle des Betriebs durch einen Strohmann - nach Presseberichten ein Maurer und/oder doch ein Taxiunternehmer - in ein zur Zwangsversteigerung ausgeschriebenes Haus nach Sachsen-Anhalt verlegt. Für diese leere Unternehmenshülle wurde dann formaljuristisch Insolvenz beantragt.
Als Spiritus Rector der Betriebsstilllegung fungiert nach Zeitungsberichten der Anwalt der Firma, der den von mir geschilderten Gesamtvorgang als „ein Musterbeispiel für eine gelungene Sanierung“ bezeichnet. Was daran eine gelungene Sanierung war, kann ich nicht erkennen. Unter Sanierung verstehe ich etwas anderes, jedenfalls keine Betriebsstilllegung. Auch in der wissenschaftlichen, insbesondere der juristischen Literatur wird zwischen Betriebsstilllegung und Sanierung deutlich unterschieden.
Doch welche Sicht hat eigentlich die Landesregierung auf diese Dinge? Schließlich sind aus öffentlichem Vermögen insgesamt über 1,3 Millionen Euro in den jetzt stillgelegten HescoBetrieb geflossen. Ist dies eine beispielgebende Verwendung von Fördergeldern?
Ich bitte daher um Zustimmung zu meinem Antrag, die Landesregierung zu beauftragen, den Landtag Brandenburg so schnell wie möglich über das Ergebnis der ILB-Prüfung zur korrekten Verwendung von Fördergeldern durch die inzwischen stillgelegte Firma Hesco zu unterrichten. Es ist nicht länger hinzunehmen, dass mir der Wirtschaftsminister auf meine jüngste Kleine Anfrage 2422 mit Datum vom 22. September noch immer erklärt, die ILB und das Wirtschaftsministerium hätten von der Thematik bisher nur aus der Presse erfahren. Verwiesen wird außerdem auf das laufende Anhörungsverfahren. Dieser Zustand ist absolut unbefriedigend.
Als Abgeordnete des Landtages haben wir Anspruch auf die lückenlose Klärung des berechtigten Anspruchs des Landes auf Rückzahlung von Fördergeldern. - Vielen Dank.
Nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofes müssen Haushaltszuschüsse für öffentliche Aufgaben, die außerhalb von kommunalen Behörden oder Landesbehörden von Dritten erbracht werden, klar definiert und strikt von privatwirtschaftlichen Aktivitäten getrennt werden. Nach den vom Europäischen Gerichtshof formulierten Grundsätzen müssen daher nunmehr auch die Zuschüsse für Auslandsplattformen sauber und transparent berechnet werden, was gegenwärtig nicht der Fall ist.
Ich frage die Landesregierung: Wie werden die genannten EUKriterien vonseiten der Landesregierung im Hinblick auf die Tätigkeit und Finanzierung der Auslandsplattformen des Landes Brandenburg angewendet?
Herr Minister, Ihre Antworten sind mir immer zu unkonkret. Deswegen noch einmal die Frage: Können Sie zum Beispiel anhand der Auslandsplattform in Dubai konkret machen, wie hier die Haushaltszuschüsse für öffentliche Aufgaben klar von privatwirtschaftlichen Aktivitäten getrennt werden? Denn schließlich handeln, wie Sie selber sagen, die Personen dort als Freiberufler. Wie üben Sie denn hier konkret die Kontrolle über die Verwendung öffentlicher Gelder aus, die Sie dem Parlament nicht zugestehen, indem Sie immer wieder darauf verweisen, dass die betreffenden Vertragsgestaltungen geheim sind?
Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, dass der Bürgschaftsausschuss völlig richtigerweise vor allem die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts prüft?
Zweite Frage: Ist es zutreffend, dass Herr Minister Junghanns aktuell darüber unterrichtet wurde, dass die CommunicantChipfertigung auf Cemos-Basis mit dem veralteten Stand der Technik des 0,18-Mikron-Verfahrens nur geringe oder überhaupt keine Marktchancen haben wird, weil sich der Stand der Technik bereits zum 0,15- und 0,13-Mikron-Verfahren weiterentwickelt hat und man in Kürze mit dem neuen 0,09-MikronVerfahren rechnen muss?
Herr Minister, habe ich Sie erstens richtig verstanden, dass es in diesem Jahr einen Lückenschluss mithilfe staatlicher Maßnahmen geben wird?
Halten Sie zweitens die aufgebaute Drohkulisse einer Ausbildungsabgabe für erfolgreich? Wie ist Ihre aktuelle Meinung zur Einführung einer solchen Abgabe?
Es geht um die in die Schlagzeilen geratene Firma Hesco GmbH in Luckenwalde. Diese Firma galt lange Zeit als erfolgreicher Brandenburger Mittelstandsbetrieb mit Familientradition. Inzwischen ist Hesco in HC Kunststofferzeugnisse GmbH umbenannt worden. Die 60 Beschäftigten haben ihre Kündigung erhalten, ohne dass Kündigungsfristen beachtet, angemessene Abfindungen angeboten oder ein Sozialplan vorgelegt wurden.
Gewerkschafter des Betriebes erheben in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe: Die Produktion soll unter neuem Firmennamen mit halber Belegschaft bei 20 % weniger Lohn fortgesetzt werden. Parallel wurde eine dritte Firma unter dem Namen Hesco Kunststoffverarbeitung GmbH gegründet.
Obwohl schon im Juni den Mitarbeitern die Löhne nicht mehr ausgezahlt worden sind, wurde der Weg zum Insolvenzverwalter umgangen. Der Potsdamer Anwalt der Firma bezeichnete dies als „gezielte Sanierung“. Dieser Weg widerspricht aber den Auflagen, die Hesco 1999 mit der Bereitstellung von ILB-Fördermitteln in Höhe von 930 000 Euro erhalten hatte. Danach hatte die Firma bis März 2004 die Beschäftigung von 71 Arbeitskräften zugesagt. Diese Zusage wurde jetzt gebrochen.
Durch die Verwandlung der Firma Hesco in ein undurchsichtiges Eigentümer- und Firmengeflecht lässt sich zudem der Verdacht eines gezielten Subventionsbetruges nicht mehr ausschließen, da auf diesem Wege möglicherweise eine Rückzahlung inzwischen gegebenenfalls zu Unrecht erhaltener Fördergelder im sechsstelligen Bereich mangels Masse gezielt umgangen werden soll.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie bewertet sie die geschilderten Vorgänge insbesondere unter der Maßgabe eines
beschäftigungswirksamen Einsatzes von ausgereichten Landesmitteln in der Wirtschaftsförderung?
Herr Staatssekretär, es ist ganz leicht, sich vor Ort ein Bild zu machen. Ich habe das gemacht und mit dem Betriebsrat gesprochen. Der Betriebsrat sagte mir, dass die Löhne nicht ausgezahlt werden. Von der Geschäftsführung sei gesagt worden, dass wir in einem so abgesicherten Staat lebten, dass der schon für die nunmehr arbeitslosen Beschäftigten sorgen werde. Welche Position beziehen Sie als Wirtschaftspolitiker zu solchen Aussagen und wie ist der Stand der ILB-Prüfung nun wirklich?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die aktuellen Mel
dungen über die Bereitstellung von Lehrstellen durch die Wirtschaft sind widersprüchlich. Nach Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft ist das Angebot an Ausbildungsplätzen derzeit besser als von der Öffentlichkeit reflektiert. Die Lehrstellenlücke würde im Herbst zwischen 20 000 und 30 000 betragen, könne aber bis Jahresende geschlossen werden. So lautet die Botschaft des Instituts nach einer Umfrage unter 900 Unternehmen.
Bundesregierung und Arbeitsämter geben eine weit pessimistischere Prognose ab. Die angebotenen Ausbildungsplätze liegen bundesweit um knapp 4 % unter der Zahl des letzten Jahres. Derzeit suchen noch über 170 000 Jugendliche in Deutschland eine Ausbildung. Wenn sich dieses Problem nicht löst, muss über eine gesetzlich festgelegte Ausbildungsplatzabgabe nachgedacht werden.
Ich bringe diese bundespolitischen Zahlen ins Spiel, weil wir es bei der Ausbildungsmisere mit einem bundesweiten Problem zu tun haben, mit ungesunden Entwicklungen, die im bundespolitischen Handlungsrahmen geheilt werden müssen. Landesspezifisch ist dann die Art der Umsetzung staatlicher Maßnahmen, zum Beispiel die Ausgestaltung von außerbetrieblicher Ausbildung seitens der Landesarbeitsämter, von betriebsnaher Ausbildung über das Bund-Länder-Programm oder von Initiativen im Kooperativen Modell. Landesspezifisch sind hierbei sowohl Quantität als auch Qualität.
Trotz all dieser Aktivitäten auf Landesebene stellen wir Jahr für Jahr fest, dass staatliche Eingriffe auch bei Aufstockung an Grenzen stoßen, wenn die Wirtschaft beim Thema Ausbildung aus ihrer Verantwortung entlassen wird; denn Ausbildung gehört dorthin, wo später die Übernahme in Beschäftigung stattfindet, in die Betriebe. Ich werde nicht müde zu betonen, dass wir uns mit der zunehmenden außerbetrieblichen Ausbildung für die kommenden Jahre erhebliche Schwierigkeiten an der zweiten Schwelle organisieren, Hürden bei der Erstanstellung nach der Ausbildung, die jetzt schon für viele unüberwindlich sind.
Die Ausbildungsstatistik des Landesarbeitsamtes weist für Brandenburg Ende Mai im Vorjahresvergleich zwar einen Rückgang der Zahl noch nicht vermittelter Bewerber um etwa 5 %, gleichzeitig aber einen Rückgang der Zahl betrieblicher Ausbildungsstellen um etwa 7 % aus. Hier liegt die Crux der Ausbildungsmisere. Natürlich ist es ein Skandal, dass derzeit nur 30 % der Betriebe ausbilden. Es ist vonseiten der Wirtschaft gegenüber ihrer eigenen Zukunft verantwortungslos, wenn junge Menschen nach der Schulausbildung auf der Straße stehen.
Warum aber soll diese Verantwortungslosigkeit in Brandenburg durch die Landesregierung mit einer Stiftung Ausbildung und berufliche Erstanstellung unterstützt werden? Das ist nicht einzusehen und nicht nachvollziehbar. Die Unternehmen müssen in ihrer eigenen Verantwortung selbst Ausbildungsmöglichkeiten anbieten. Ausbildung rechnet sich für jedes Unternehmen, das seine Zukunft sichern will.
Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Antrag unverständlich. Es ist nicht prinzipiell Aufgabe der öffentlichen Hand, Ausbildungsplätze für Unternehmen bereitzustellen. Die Brandenburger Wirtschaft muss sich bis Ende September etwas einfallen lassen, um ihren Beitrag für eine ausgeglichene Ausbil
dungssituation auch in unserem Bundesland zu leisten und so der Ausbildungsplatzabgabe zu entgehen.
Der vorliegende Antrag aber konterkariert in seiner jetzigen Form die politische Stoßrichtung der Ausbildungsplatzabgabe.
Diese bisher nur als Drohkulisse aufgebaute finanzielle Belastung nicht ausbildungswilliger Betriebe fördert momentan, nicht nur am Tag der Ausbildung, recht interessante Entwicklungen. In Niedersachsen beispielsweise haben die Metallarbeitgeber mit einer bundesweit bisher einmaligen Initiative in einer Tarifeinigung mit der IG Metall eine entsprechende eigenständige regierungsunabhängige Initiative ergriffen und 1 Million Euro bereitgestellt, um in der Wirtschaft 100 zusätzliche Lehrstellen zu schaffen. Ein Ausbildungsplatz kostet danach im ersten Ausbildungsjahr etwa 10 000 Euro.
Dieses Beispiel sollte Schule machen. Es ist eben nicht einzusehen, warum das Geld für Ausbildung in Brandenburg als Stiftungsvermögen aus dem Landeshaushalt kommen soll. Eine Stiftung als Werk des gemeinsamen Handelns von Wirtschaft und Politik ist zwar grundsätzlich denkbar, dafür wäre aber politische Vorarbeit zu leisten, die ich in dem vorliegenden Antrag nicht erkennen kann, weil darin nicht mehr als eine Überschrift zur Abstimmung steht.
Der vorliegende Antrag erscheint unausgereift. Insofern empfehle ich der PDS-Fraktion, den Antrag heute nicht in der Sache abstimmen zu lassen und das damit verbundene Anliegen - Ausbildung und berufliche Erstanstellung - in den zuständigen Fachausschuss zu verweisen, damit es dort erst einmal qualifiziert und dann eventuell im Landtag behandelt werden kann. Hier biete ich dann auch meine aktive Mitarbeit an. Vielen Dank.
Jetzt ist aber der Wirtschaftsminister nicht anwesend.
Die Negativschlagzeilen und vermeldete Ungereimtheiten zum Projekt einer Chipfabrik in Frankfurt (Oder) reißen nicht ab. In seiner aktuellen Ausgabe vom 23. Juni 2003 berichtet das Nachrichtenmagazin „Focus“ erneut über Geheimverträge, die den umfassenden Transfer deutscher Hochtechnologie in die Golfregion auch ohne zwingende Verwirklichung des Projekts einer Chipfabrik in Frankfurt (Oder) sichern. Dem am 5. Juni 2003 auch vom Land Brandenburg als Gesellschafter der Betreiberfirma Communicant unterzeichneten Finanzierungsvertrag - Investment Shareholder Agreement - sollen nach entsprechenden Meldungen „geheime Anhänge“ beigefügt sein, die regeln, dass das Emirat Dubai als Investor im Insolvenzfall einer Chipfabrik in der Oderregion freien Zugriff auf die Chiptechnologie hat, und das im Umfang „aller Rechte an Erfindungen und Patenten, an gegenwärtigen und zukünftigen, registrierten und nicht registrierten“. Der Wirtschaftsminister des Landes saß bei der Unterzeichnung des Finanzierungsvertrags mit am Tisch.
Ich frage daher die Landesregierung: Hat der Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg entgegen früheren anders lautenden Behauptungen nun doch geheimen Vereinbarungen zugunsten Dubais zugestimmt, die dem Emirat den freien Zugriff auf die Chiptechnologie auch ohne zwingende Realisierung einer Chipfabrik in Frankfurt (Oder) sichern?
Herr Minister, Sie haben bestätigt, dass es diese Zusatzvereinbarung gibt. Daher meine drei Nachfragen.
Erste Frage: Ist in diesen Zusatzvereinbarungen wirklich formuliert, dass die Chiptechnologie im Umfang „aller Rechte an Erfindungen und Patenten, an gegenwärtigen und zukünftigen, registrierten und nicht registrierten“ an Dubai übergeht?
Zweite Frage: Welche Kabinettsmitglieder kennen diese Zusatzvereinbarung im Detail nicht?
Dritte Frage: Wie bewertet die Landesregierung bzw. wie bewerten die Kabinettsmitglieder, die die Vereinbarungen im Detail kennen, die Inhalte dieser Zusatzvereinbarungen im Interesse des Brandenburger Steuerzahlers?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Spatzen pfeifen es inzwischen längst von den Dächern: Communicant ist ein von Insolvenz bedrohtes Unternehmen. Der technologische Ausverkauf des IHP ist in vollem Gange. Der selbst ernannte Globalplayer Brandenburg wird zwischen den Fronten von Jenoptik-Tochter M+W Zander, Intel und Dubai zerrieben. Mit Verlaub: Die Geschichte erinnert an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Minister Junghanns kommt noch immer mit großer Geste daher, obwohl er - bildlich gesprochen - inzwischen völlig nackt dasteht.
Die Verträge mit Intel und Dubai seien streng geheim, erklärt er immer wieder auf Anfragen. Im „Spiegel“ ,im „ManagerMagazin“ und im „Focus“ können wir die Geheimnisse aber ständig nachlesen. Communicant dementiert und sagt, es gebe keine Geheimverträge. Also, Minister Junghanns - jetzt ist er anwesend -, legen Sie die Karten zum Thema Chipfabrik endlich auf den Tisch!
Brandenburg droht zum Verlierer in einem ungleichen Spiel zu werden. Die im IHP entwickelte Technologie wird wohl nicht in Frankfurt (Oder) zu dauerhaften Arbeitsplätzen führen, sondern vielleicht in den USA, in Irland oder in Dubai.
Communicant-Brandenburg-Deutschland wird den wirtschaftlichen Nutzen aus diesem Know-how nicht ziehen. Intel und Dubai haben den freien Zugriff auf die in Brandenburg entwickelte Technologie und können diese mit eigenen Mitteln weltweit profitabler umsetzen als Brandenburgs neuester Pleitekandidat Communicant.
Sollte die wirtschaftliche Umsetzung der Chiptechnologie in Frankfurt (Oder) aber doch noch gelingen, muss Communicant an Intel in jedem Fall 6 % vom Umsatz abführen, und zwar anscheinend ohne jegliche Kündigungsmöglichkeit.
Die Tatsache, dass Communicant nach den vorliegenden Verträgen nur Chips fertigen darf, die nicht mit Intel-Chips kompatibel sind, bedeutet, dass diese Betreiberfirma neben Intel überhaupt keine oder nur sehr geringe Marktchancen hat.
Nach dem jüngsten „Focus“-Bericht muss Communicant für Dubai inzwischen für lächerliche 5 Millionen Euro Lizenzgebühr bei einem Treuhänder eine komplette CD-Dokumentation seiner Chiptechnologie hinterlegen, die vierteljährlich zu aktualisieren ist. Anderenfalls drohen 25 000 Euro Vertragsstrafe. Schon hieraus ergibt sich, dass die Technologie mehr wert ist als die von Minister Junghanns freihändig festgesetzten 5 Millionen Euro. Allein die Basistechnologie sei 50 Millionen Dollar wert. Das gesamte Paket wird auf 100 Millionen Dollar geschätzt.
Herr Minister Junghanns, ich kann nicht erkennen, dass Sie die IHP-Technologie, die mit EU-, Bundes- und Landesmitteln gefördert wurde, zu ihrem vollen Wert an Intel und Dubai abtreten wollen. Ich kann auch nach Ihrem Auftritt heute Morgen nicht erkennen, wie Sie im Prozess der Vertragsgestaltung konkret wirklich Brandenburger Landesinteressen vertreten. Sie müssen uns daher schon über die geschlossenen Verträge und Ihre noch bemerkenswerteren Zusatzvereinbarungen über geistiges Eigentum, Intellectual Property Rights Agreement“, Treuhandschaft, „Escrow Agreement“ oder Abschluss des Investments „Memorandum of Closing“ aufklären. Sie haben ja heute bestätigt, dass es solche Vereinbarungen gibt. Betroffen seien immerhin, wird im „Focus“ zitiert, „alle Rechte an gegenwärtigen oder künftigen registrierten oder nichtregistrierten Erfindungen und Patenten“. Auch das haben Sie heute nicht dementiert.
Hieraus wird deutlich: Intel und Dubai haben bei Communicant das Sagen; Brandenburg ist inzwischen nur noch Laufbursche und Zahlmeister. Die Absurdität des Ganzen wird deutlich an dem Fakt, dass bis heute in Frankfurt (Oder) noch immer keine Chipfabrik in Umrissen zu erkennen ist, wie immer man das auch erklärt.
Ich meine, es ist daher an der Zeit, dass die Landesregierung den Landtag über die Geschäfte, die sie über das IHP und Communicant unter dem Codenamen „Chipfabrik“ abwickelt, endlich aufklärt. Meine Damen und Herren von der Landesregierung, dazu sind Sie verpflichtet; denn schließlich jonglieren Sie nicht mit Privatvermögen, sondern mit Landes- und Bundesvermögen in Millionenhöhe.
Ja, darüber bin ich auch sehr froh. - Der Kanzler hat ein Machtwort hinsichtlich der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe
und Sozialhilfe und der Einrichtung von Job-Centern gesprochen, dass künftig die Bundesanstalt für Arbeit für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger zuständig sein soll. Es gibt momentan großes Tauziehen zwischen Kommunen und Arbeitsämtern darüber, wer in Zukunft wofür Verantwortung tragen wird, insbesondere in finanzieller Hinsicht. Ich frage Sie, wie momentan der Stand ist. Können Sie schon etwas dazu sagen, wie die Definition erwerbsfähiger Sozialhilfeempfänger ausfallen wird? Wie bewerten Sie die momentane Einrichtung von Anlaufstellen als Vorläufer künftiger Job-Center?
Herr Minister, das Land visiert für das Jahr 2003...
Ich frage Sie: Sind die angesprochenen SAM-Stellen Bestandteil des Kontingents von 15 000 Stellen? Wenn ja, wo fallen dann möglicherweise andere SAM-Stellen weg?
Meine Anfrage richtet sich auf die auch im April 2003 noch
immer nicht geklärte Finanzierung der Chipfabrik. Nach Presseberichten vom Ende vergangener Woche, zum Beispiel im „Managermagazin“ vom 4. April 2003, wurde für die 371 Millionen Euro Fördermittel zur Errichtung der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) keine besondere Vorsorge getroffen.
Ich frage die Landesregierung: Welche Haushaltsvorsorge hat die Landesregierung in diesem Zusammenhang bis jetzt getroffen?
Herr Minister, Sie sprechen von der Gesamtfinanzierung. Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie momentan nicht sagen können, wie hoch die Gesamtkosten für das Projekt sind und wie hoch die öffentlichen Zuschüsse sein werden?
Eine zweite Frage: Stimmen Sie mit mir darin überein, dass nicht der Krieg, sondern die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projektes, so wie es seit über zwei Jahren angelegt ist und zu keinen zusätzlichen privaten Investoren geführt hat, über Erfolg oder Misserfolg entscheidet?
Herr Baaske, meine erste Frage: Liegt Ihnen eine Übersicht bzw. eine Aufschlüsselung der Bereiche vor, in denen Ich-AGs gegründet werden?
Die zweite Frage: Rechnen Sie damit, dass auch durch die Gründung von Ich- bzw. Familien-AGs die Scheinselbstständigkeit im Land Brandenburg wachsen wird, weil heute fest Beschäftigte morgen als Kleinstunternehmer für ihren vorherigen Arbeitgeber Dienste ausführen werden?
Herr Baaske, halten Sie AB-Maßnahmen, die nun längstens sechs Monate dauern, aus der Sicht öffentlicher Daseinsvorsorge und natürlich auch aus der Sicht der Betroffenen überhaupt noch für tauglich?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir nehmen heute die aktuelle Arbeitsmarktbilanz zur Kenntnis, eine für unser Bundesland wiederum verheerende Bilanz: Über 271 000 Brandenburgerinnen und Brandenburger sind ohne Arbeit; die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat die Schallmauer von 100 000 durchbrochen. Das sind erschreckende Zahlen. Ich stimme der Feststellung des Ministerpräsidenten in seiner heutigen Presseerklärung ausdrücklich zu: Daran gibt es nichts zu beschönigen.
Die Bundesregierung hat die größte Arbeitsmarktreform der Nachkriegsgeschichte angekündigt. Ich frage mich zunehmend nicht, ob Hartz versagt, sondern wie viel von dem Hartz-Konzept tatsächlich realisiert werden wird. Einzelne Module sind ja längst vom Tisch. Die Bundesanstalt für Arbeit verzichtet auf den Bundeszuschuss, obwohl Hartz diesen völlig zu Recht zur Verbreiterung der Finanzierungsbasis empfiehlt. Arbeitslose werden einem Kosten-Nutzen-Kalkül unterworfen, obwohl nach Hartz Arbeitslosigkeit ein Gesicht bekommen soll; ich erinnere an die Einteilung in Informations-, Beratungs- und Betreuungskunden entsprechend der persönlichen Problemlagen.
Meine Damen und Herren, Folgendes steht fest: 2003 stehen wir vor großen Umbrüchen in der Arbeitsförderung und im Sozialsystem insgesamt. Die Umsetzung des Hartz-Konzeptes erfolgt in drei Stufen. In der ersten Stufe traten zum 1. Januar 2003 das Erste und Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in Kraft. Wichtige Reformen stehen noch aus. Zur Mitte des Jahres erfolgt in der zweiten Stufe der Umbau der Bundesanstalt für Arbeit. Weiter ist die Zusammenführung von ABM, SAM und BSI zu einem Instrument der Arbeitsförderung angekündigt. Stufe drei soll ab 2004 die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe realisieren.
Meine Damen und Herren, selbstverständlich müssen diese Entwicklungen auf Landesebene beachtet und begleitet werden. Insbesondere die Förderrichtlinien des Landesprogramms „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ sind hierbei anzupassen; darauf habe ich schon mehrmals verwiesen. Der vorliegende Antrag fordert jedoch die Vorlage von Eckpunkten im II. Quartal 2003, also noch vor der zweiten und dritten Stufe der Umsetzung der Hartz-Vorschläge. Wir können Landesstrukturen in der Arbeitsförderung nicht kippen, bevor die sich aus der Bundesgesetzgebung ergebenden Konturen der Reform in Gänze sichtbar sind. Dies ist aus fachlicher Sicht kontraproduktiv. Ich halte allein deswegen den vorliegenden Antrag für nicht zustimmungsfähig.
Es geht im Kern auch nicht um eine bloße Fortschreibung des LAPRO, sondern um eine Entwicklung des arbeitsmarktpolitischen Programms und seiner einzelnen Instrumente. Dazu gehört natürlich, dass untaugliche Instrumente abgewickelt werden müssen, was der vorliegende Antrag jedoch überhaupt nicht vorsieht. Überholte Förderrichtlinien und -maßnahmen können
auch bei noch so guter Optimierung und Vernetzung keine positiven Effekte bringen.
Nun kann ich mich bei meiner Bewertung des Antrags ausschließlich auf den mir vorliegenden Text beziehen. Angesichts dessen meine ich, dass wir bei der Gestaltung moderner Arbeitsmarktpolitik auf Landesebene heute nicht mehr mit Schlagworten wie „Synergie“, „neue Wege“, „innovative Lösungen“, „strategische Orientierung“, „nachhaltiger Beschäftigungsaufbau“, „Verzahnung“ usw. wirklich vorankommen. Es fehlen die Substanz und das Handwerkszeug; hier muss es ganz konkret werden. Die Richtung der Fortschreibung bleibt im Antrag unklar. Welche Hartz-Instrumente sind denn im Einzelnen gemeint und wie tangieren sie das Landesprogramm? Welche Richtlinien sind denn konkret angesprochen, die einer Änderung bedürfen?
Regelungs- und Entwicklungsbedarf sehe ich im Landesprogramm vor allem bei den Maßnahmen zur Integration, zum Beispiel bei INT 1, der Beratung von Existenzgründern durch die Einführung von Ich- und Familien-AGs, bei INT 5, dem Kurssystem durch Einführung der Job-Center, bei INT 6, Arbeit statt Sozialhilfe durch Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, bei INT 8 und 9, der ABM-Förderung durch Stufe zwei der Hartz-Umsetzung, also der Entwicklung eines gemeinsamen Instruments öffentlich geförderter Beschäftigung. Auch die INNOPUNKT-Kampagnen sind natürlich abzugleichen, entweder als Korrektiv oder als unterstützende flankierende Projekte zu den Hartz-Instrumenten.
Meine Damen und Herren, ich erwarte von der Landesregierung ein zeitnahes Reagieren auf alle Stufen und in Kraft tretenden Gesetze im Zuge der Umsetzung des Hartz-Konzeptes. Ich hoffe auf eine umfassende Information im Fachausschuss und fordere eine kontinuierliche Evaluierung aller seit Jahren laufenden Förderrichtlinien. Ich meine, auch der laufende Prozess der Halbzeitbewertung der EU-Strukturfonds bietet hierzu Spielräume, die wir nutzen sollten. Rekordarbeitslosigkeit im Land erfordert einen intelligenten Instrumentenmix aus Vermittlung, Qualifizierung und aktiver Arbeitsförderung. Über die ganz konkrete Ausgestaltung sollten wir alle in der politischen Diskussion bleiben. - Vielen Dank.
Der Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt für Arbeit hat mehrmals betont, dass seine Behörde im Jahr 2003 erstmals seit 1987 ohne einen Bundeszuschuss auskommen will. Im Jahr 2002 wurden die Etatdefizite der Bundesanstalt durch Bundeszuschuss in Höhe von 5,6 Milliarden Euro ausgeglichen und dies bei einer jahresdurchschnittlichen Arbeitslosenzahl von 4,06 Millionen.
Alle seriösen Prognosen gehen davon aus, dass im Jahre 2003 eine deutlich höhere Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt zu erwarten ist. Diese negative Entwicklung zeichnet sich auch im Land Brandenburg ab. Aktuell stehen sich im Land Brandenburg die höchsten Arbeitslosenzahlen und die geringsten Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik seit der deutschen Wiedervereinigung gegenüber.
Ich frage daher die Landesregierung: Bewertet sie die derzeitige Geschäftspolitik der Bundesanstalt für Arbeit als eine betriebswirtschaftliche Neuausrichtung der aktiven Arbeitsförderung zulasten einer sozialpolitisch orientierten Arbeitsförderung?
Herr Baaske, der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Herr Gerster, weist per Geschäftsanweisung die Landesarbeitsämter an, Integrationsleistungen davon abhängig zu machen, wie „teuer der Arbeitslose ist“. Wie bewerten Sie die massive Kritik der Gewerkschaften an dieser Geschäftspolitik?
Zweite Frage: Ich begrüße die auch von Ihnen angesprochene Richtung, Arbeitsförderung künftig eher steuer- als beitragsfinanziert zu regeln. Mit welchen konkreten Einflussmaßnahmen kann sich die Brandenburger Landesregierung hierzu auf Bundesebene einbringen?
Der weltgrößte Stahlkonzern Arcelor will nach aktuellen Presseberichten in Deutschland, Belgien und Frankreich bis zum Jahr 2010 mehrere Tausend Arbeitsplätze abbauen. Betroffen seien davon auch einige Hundert Jobs bei EKO Stahl in Eisenhüttenstadt. Die aktuelle Berichterstattung in den Medien stellt sich jedoch widersprüchlich dar.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie schätzt sie die Entwicklungsfähigkeit des Industriestandortes Eisenhüttenstadt im Hinblick auf neue Arbeitsplätze ein, die den Personalabbau bei EKO Stahl gegebenenfalls ausgleichen bzw. kompensieren können?
Hat erstens die Landesregierung Kenntnis davon, ob bereits Arbeitsplätze abgebaut wurden bzw. ob bei ausgegründeten Unternehmen oder Zulieferbetrieben aus der Region Arbeitsplatzabbau bevorsteht?
Meine zweite Frage: Wir reden über Industriekerne. Heute vermeldet die Presse, dass die Chipfabrik vor dem Aus steht. Sind Sie bereit, dem Parlament ein aktuelles Statement der Landesregierung dazu zu geben, ob die Banken ausgestiegen sind oder nicht?
Ich meine, ein klares Nein zum Krieg sollte auch in diesem Hause nicht untersagt werden.
Meine Dringliche Anfrage richtet sich auf die Arbeitslosigkeit im Land Brandenburg und in der Bundesrepublik. Die Presse meldet vorab zu den in der kommenden Woche erwarteten Arbeitslosenzahlen, dass bundesweit der höchste Januarstand seit fünf Jahren registriert wird. Gegenüber Dezember 2002 wird aktuell Ende Januar 2003 mit 320 000 mehr registrierten Arbeitslosen gerechnet. Danach droht auch dem Land Brandenburg Ende Januar die bisher höchste Arbeitslosigkeit am Jahresbeginn, denn bereits zum Jahresende 2002 war die Zahl der Arbeitslosen mit 242 500 auf dem höchsten Stand in einem Monat Dezember. Das Land Brandenburg ist aktuell konfrontiert mit der schlechtesten Arbeitsmarktbilanz seit der deutschen Wiedervereinigung.
Ich frage daher die Landesregierung: Welche Sofortmaßnahmen ergreift sie, um diesem Negativtrend aktiv entgegenzutreten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch nie lagen die Arbeitslosenzahlen so hoch, noch nie waren die Ausgaben für die aktive Arbeitsförderung so niedrig wie jetzt. Dieser Zustand zwingt die Politik zu hinterfragen, wie sinnvoll und wirksam die Ausgaben sind, die noch getätigt werden, und wie tragfähig die Instrumente der aktiven Arbeitsförderung sind. Ich möchte zu Beginn klarstellen, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, dass eine aktive Arbeitsmarktpolitik eine verfehlte Wirt
schaftspolitik selbstverständlich nicht ersetzen kann. Es geht angesichts des erheblichen Arbeitsplatzdefizits schon längst nicht mehr allein um das Maß der erfolgten Eingliederungen am ersten Arbeitsmarkt. Wer ausschließlich hieran den Erfolg der Arbeitsmarktpolitik misst, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt und den Blick für die Realität verloren.
Der qualitative Anspruch an Arbeitsmarktpolitik und die Frage, welchen Beitrag die Instrumente der Arbeitsförderung zur Entlastung des Arbeitsmarktes tatsächlich leisten, haben allemal ihre Berechtigung. Hierbei geht es nicht nur um die Bereinigung von Statistiken, sondern um die konkrete Unterstützung von Arbeitslosen, und zwar berufsbezogen im Interesse einer Erhöhung von Integrationschancen.
In diesem Sinne halte ich neben den notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen und neben einer sinnvoll öffentlich geförderten Beschäftigung eine Vermittlungsoffensive nach wie vor für unabdingbar, jedoch nicht unter dem Duktus einer Disziplinierung von Betroffenen im Sinne des Forderns, sondern im Sinne des Förderns und auf die Modernisierung und die Effizienz von Vermittlungsdienstleistungen künftiger JobCenter und Dritter ausgerichtet. Vor einem Jahr hat der damalige Arbeitsminister Ziel die neuen Förderansätze des Job-AQTIV-Gesetzes bei dessen Einführung ausdrücklich gewürdigt. Ein Jahr JobAQTIV-Gesetz im Land Brandenburg: Wie stellt sich das Verhältnis von Anspruch und Realität dar? Wie erfolgte die Umsetzung? Welche Instrumente erweisen sich als tauglich? Welche Instrumente tragen weniger wirksam zum Abbau der Arbeitslosigkeit im Land Brandenburg bei?
In der Kürze der Zeit nur einige Stichworte. Stichwort Vermittlungsgutscheine: Nach Auskunft des Landesarbeitsamtes BerlinBrandenburg wurden im Land Brandenburg im Jahre 2002 17 682 Gutscheine ausgegeben, aber nur 1 358 wurden eingelöst, also nicht einmal 8 %.
Stichwort Profiling: Im Jahre 2002 wurden 76 806 arbeitslose Brandenburgerinnen und Brandenburger von den Arbeitsämtern und 4 500 von beauftragten Dritten profilt, das heißt eine Abschätzung von Chancen und Risiken in der Vermittlungsfähigkeit vorgenommen. Welche Absurditäten hierunter laufen, konnte ich in der vergangenen Woche in Erkner bei einem mit Profiling beauftragten so genannten Dritten erleben. Dort werden einstündige Gespräche mit Arbeitslosen geführt. Auf einem Vordruck des Arbeitsamtes werden persönliche Daten erfasst, die bei den Arbeitsämtern aber schon längst im coArb-System erfasst sind.
Stichwort BSI, Beschäftigung schaffende Infrastrukturmaßnahmen: Im Jahresdurchschnitt 2002 waren 105 Beschäftigte in BSI tätig. Absolut kritikwürdig ist hierbei der Frauenanteil von noch nicht einmal 1 %. Hierbei ist politisch darauf hinzuwirken, dass sich der Frauenanteil erhöht, wenn gleichzeitig zu beobachten ist, dass bei sinkender Zahl von ABM und SAM auch der Frauenanteil bei diesen Maßnahmen merklich zurückgeht. Welchen Beitrag könnte die Landespolitik durch eine flankierende Förderung leisten?
Spannende Fragen, meine Damen und Herren, stellen sich bei weiteren Instrumenten hinsichtlich ihrer Umsetzung und Wirksamkeit. Stichpunkte wie Eingliederungsvereinbarung, Jobrotation, Überbrückungsgeld zur Erleichterung von Existenzgründungen, Eingliederungszuschuss für die Einstellung arbeitsloser
Jugendlicher und, und, und. Im Interesse einer notwendigen Reform der Arbeitsförderung - ich betone im Interesse einer notwendigen Reform - und der Arbeitsmarktpolitik insgesamt müssen wir das Job-AQTIV-Gesetz und die ersten beiden Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in Umsetzung der Hartz-Vorschläge im Zusammenhang und die jeweiligen Instrumente als eine Einheit sehen.
Es gilt, Möglichkeiten und Grenzen mithilfe von Praxiserfahrungen mit dem Job-AQTIV-Gesetz hinsichtlich tauglicher Hartz-Instrumente auszuloten. Hier lohnt es, genauer hinzuschauen und zu differenzieren. Hier lohnt auch der Vergleich mit anderen Bundesländern in Ost und in West, denn nicht nur in der Finanzpolitik, sondern auch in der Arbeitsmarktpolitik ist Benchmarking durchaus angebracht. Als verantwortliche Landespolitiker sollten wir das nicht allein der Bundesagentur für Arbeit überlassen. - Vielen Dank.
Meine Frage bezieht sich auf die neuesten Nachrichten zur Chipfabrik im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Laut „Spiegel“ vom 16.12.02 wurden wertvolle Lizenzen des Instituts für Halbleiterphysik, IHP, an Intel verkauft.
Dabei war Folgendes zu beachten: Nach den strengen Anforderungen des Haushaltsrechts ist bei jeder Veräußerung von Vermögen aus Unternehmen mit Landesbeteiligung die Transaktionsstruktur transparent zu gestalten und darauf zu richten, den vollen Wert für das verkaufte Gut zu erzielen. Dies muss nach dem „Spiegel“-Bericht im Falle des Verkaufs von IHP-Technologie an Intel bezweifelt werden.
Ich frage daher die Landesregierung: Durch wen und mit welchem konkreten Ergebnis ließen das IHP bzw. seine Gesellschafter vor der vertraglichen Zusicherung des Verkaufs an Intel ein Wertgutachten über die verkauften IHP-Lizenzen bzw. die verkaufte IHP-Technologie anfertigen?
Sie sprachen von der Schwierigkeit der Schaffung von Transparenz. Ich frage Sie erstens, ob es nicht angesichts dieses Projektes dringend erforderlich ist, für die Abgeordneten mehr Transparenz bezüglich dieser Verträge zu schaffen.
Zweitens: Wo kann man das genannte Gutachten einsehen? Besteht für Abgeordnete überhaupt die Möglichkeit? Sie erwähnten die Kritierien Gemeinnützigkeit und Marktüblichkeit.
Drittens: Können Sie nach Ihrem Wissensstand tatsächlich ausschließen - ich möchte es noch einmal auf den Punkt gebracht haben -, dass kein Ausverkauf stattgefunden hat?
Ich habe noch eine Nachfrage, Herr Baaske. Das „Erste und Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ hat den Bundesrat passiert und wird im kommenden Jahr eingeführt. Ich frage Sie: Halten Sie den Kompromiss der Minijobs für ein geeignetes Instrument für den OSL-Kreis und natürlich für das Land Brandenburg insgesamt? Wie bewerten Sie diesen jetzt entstandenen Kompromiss?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Berichterstattung über die Chipfabrik liegt Ihnen seit dem 22. November vor. Ich habe ihn nicht zurückgezogen, weil ich meine, dass die heutige Aktuelle Stunde die notwendige Transparenz nicht hergestellt hat. Wichtige Detailfragen wurden nicht behandelt; im Gegenteil, der Werbeslogan „Spiegel-Leser wissen mehr“ hat sich in dieser Woche für Brandenburger Landtagsabgeordnete erneut traurig bewahrheitet. Neue Wahrheiten entnehmen wir heute der Presse: Intel ist längst im Besitz der IHP-Technologie und vermarktet sie bereits. Ist sich das Brandenburger Parlament der Dimension dieser Information bewusst? Kann es überhaupt jemals in Frankfurt (Oder) produzierte Brandenburger Chips geben, wenn die Technologie längst vermarktet wird?
Meine Damen und Herren, wir müssen uns fragen, ob das Projekt Chipfabrik nur als Vorwand für eine Selbstbedienungsmentalität dient, mit der Brandenburg inzwischen bundesweit negative Maßstäbe setzt. Wir müssen die Fakten doch endlich zur Kenntnis nehmen. Erstens: Communicant war immer ein Not leidendes Unternehmen ohne eigenes Kapital und ohne eigenes Vermögen. Die Firma wurde 2001 mit 108 000 Euro Stammkapital gegründet, löste aber auf dieser hauchdünnen Eigenkapitalbasis einen Vertrag mit der Jenoptik-Tochter M+W Zander über die Planung und Errichtung einer Chipfabrik mit einem Volumen von 250 000 Euro aus. Bis heute verfügt Communicant weder über das Geld noch über das Vermögen, um ein solches Investitionsvorhaben aus eigener Kraft durchzuführen. Wiederholte Baustopps belegen das.
Zweitens: Kein privater Investor ist ohne Rundumabsicherung der öffentlichen Hand bereit, Risikokapital für eine Chipfabrik in Frankfurt (Oder) bereitzustellen. Die Deutsche Bank, die ursprünglich die Aktivitäten zur Finanzierung leiten und sich selbst als Investor beteiligen wollte, erkannte dies frühzeitig und
stieg deshalb aus dem Projekt aus. Intel und Dubai haben ihre Beteiligung an Communicant bis heute nur als Darlehen zur Verfügung gestellt, sich dafür aber jetzt schon reich dotieren lassen. Selbst die mit viel Mühe eingefädelte EU-Genehmigung für die Gesamtfinanzierung des Projektes lässt Investoren nicht Schlange stehen. Bis heute gibt es keine Kredite von Dritten, um die Finanzierungslücke von 670 Millionen US-Dollar zu schließen.
Drittens: Obwohl in die Eigenkapitalbasis der Firma Communicant bis heute kein Geld der angeblichen Investoren - so muss man sie wohl bezeichnen - Intel und Dubai geflossen ist, sind IHP, Communicant, die Stadt Frankfurt (Oder) und das Land Brandenburg schon jetzt umfangreiche Verpflichtungen eingegangen, die darauf hinauslaufen, dass Dubai und Intel ohne angemessene Gegenleistung Werte erhalten, die ihr eigenes Engagement in Frankfurt (Oder) weit in den Schatten stellen.
Meine Damen und Herren, bevor auch nur noch ein Cent aus öffentlichen Töpfen in dieses Projekt fließt, brauchen wir endlich lückenlose Transparenz und Aufklärung. Das ist heute oft betont, aber seit einem Jahr nicht realisiert worden. Unter welchen Bedingungen ist es tatsächlich zum Verkauf des IHPKnow-hows gekommen? Wie war es möglich, dass Transparenz und Kontrolle auch im Kabinett des Landes ausgeschaltet werden konnten? Wer trägt dafür die Verantwortung? Handelt es sich bei der Millionenzahlung an Ex-Minister Fürniß tatsächlich nur um einen Kredit ohne Zusammenhang mit den gewährten Vorteilen? Wie groß ist der Schaden, der dem Land Brandenburg durch die IHP-Communicant-Verträge mit Intel und Dubai bis heute entstanden ist?
Deshalb halte ich in diesem Zusammenhang mittlerweile die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses für angebracht und unausweichlich, ebenso die Einschaltung der unabhängigen Organisation Transparency International zur Korruptionsbekämpfung. Vor allem aber fordere ich, im Januar einen schonungslosen, offenen und ehrlichen Bericht der Landesregierung an den Landtag vorzulegen, der sich mit eigenen Fehlern und Versäumnissen in dieser Angelegenheit konsequent auseinander setzt.
Wir haben heute vom Wirtschaftsminister gehört, dass er - anders als sein Vorgänger - dieses Recht auf Berichterstattung und Transparenz begrüßt. Anfang des Jahres soll es neue Informationen geben. Ich bitte Sie, diese auch den Abgeordneten umgehend zur Verfügung zu stellen. Aus den genannten Gründen bitte ich um Zustimmung zum vorliegenden Antrag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt ein Antrag auf Einsetzung einer Enquetekommission vor, die Konzepte zur Verbesserung von Zukunftschancen für Arbeit, Wirtschaft und Finanzen im Land Brandenburg entwickeln soll.
Ich habe in der vergangenen Landtagssitzung diese parlamentarische Initiative bereits im Zusammenhang mit der Beratung über die Große Anfrage zur Lage von Arbeit und Wirtschaft angekündigt, weil es eben nicht ausreicht, ein Zahlenwerk zur Kenntnis zu nehmen und in einigen wenigen Minuten zu debattieren, um es danach ad acta zu legen. Mit dem Zahlenmaterial ist umzugehen: Es muss analysiert, aufgearbeitet und am Ende zur Konzeptentwicklung genutzt werden.
In Zeiten wie diesen, in denen die statistische Kurve, die das Wirtschaftswachstum Brandenburgs beschreibt, weiter einem abnehmenden Trend unterliegt, die Kurven zur Entwicklung von Landesschulden, Unternehmensinsolvenzen, Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe dagegen unaufhaltsam nach oben zeigen, sollte es eine gemeinsame Kraftanstrengung aller demokratischen Parteien im Landtag geben. Dazu gehört, dass sich Politik - ich meine hier ausdrücklich Exekutive und Legislative - im Interesse einer positiven Entwicklung des Landes maßgeblich von Fachleuten aus Praxis und Wissenschaft beraten lässt.
Mir geht es mit meiner Initiative zur Einsetzung einer Enquetekommission nicht ausschließlich darum, den zurückgelegten Weg zu skizzieren und gescheiterte Industrieansiedlungen zu brandmarken. Nein, wir müssen in gemeinsamer Kraftanstrengung nach vorn schauen und im Hinterkopf die Einsicht in und die Erkenntnis über fehlgeschlagene Beschäftigungs- und Finanzpolitik haben.
Ich behaupte, niemand in diesem Plenum ist in der Lage, eine exakte Skizze davon zu entwerfen, wie dieses Land in den kommenden Jahren die auch in der jüngsten Regierungserklärung thematisierten hohen Hürden überwinden kann. Wir brauchen langfristig angelegte Konzepte, um kurzfristig die daran orientierten richtigen und wegweisenden politischen Entscheidungen treffen zu können.
Wem der Mut dazu fehlt, schaue in das Bundesland Thüringen. Auf Antrag der CDU - wohlgemerkt - und unter Vorsitz der PDS hat der Thüringer Landtag im Jahr 2001 eine Enquetekommission eingesetzt, die die dortige Wirtschaftsförderung in den Jahren nach der Wende untersucht hat. Es wurden auf der Grundlage der Erkenntnisse Rückschlüsse darauf gezogen, inwieweit Förderziele und Förderinstrumente einer Neubestimmung bedürfen.
Meine Damen und Herren, ich bin sehr dafür, dass auch die Abgeordneten des Landes Brandenburg sämtliche Förderinstrumente mithilfe wissenschaftlicher Gutachten auf den Prüfstand stellen. Hier fängt eine Enquetekommission ja nicht bei null an,
sondern eröffnet die Chance, vorhandene Studien einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und sie auch in aller Breite und Tiefe zu diskutieren.
Das vom Finanzministerium in Auftrag gegebene aktuelle Gutachten ist ein - wie ich meine - richtiger, aber eben kein hinreichender Schritt in Richtung Zukunftsgestaltung. Die Herausforderung, vor der wir stehen, ist das Denken in komplexen Zusammenhängen unter Beachtung der gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den Politikfeldern Arbeit, Wirtschaft und Finanzen zur Bestimmung von geeigneten Förderzielen, Förderinstrumenten und Förderkriterien.
Meine Damen und Herren, ich meine, wissenschaftlicher Sachverstand hat der Politik noch nie geschadet, es sei denn, er wurde verdrängt, verschwand in Schubladen oder wurde nie in den Rang einer echten Politikberatung gehoben. Ich bitte Sie, meinen Antrag zu unterstützen und sich den Erfordernissen der Zeit zu stellen.
Der Leiter der brandenburgischen Auslandsplattform in Dubai kümmert sich laut einem Bericht der „Berliner Zeitung“ vom 23. Oktober 2002 derzeit vornehmlich um Berliner Wirtschaftsinteressen. Er sei vonseiten eines Emirats gefragt worden, ob er zum Thema Müllentsorgung deutsche Recyclingunternehmen empfehlen könne, und stelle in diesem Zusammenhang Kontakte zum Berliner Recyclingunternehmen Alba her. Außerdem wolle er dafür sorgen, dass sich kranke Scheichs künftig in Berliner Krankenhäusern versorgen lassen.
Ich frage daher die Landesregierung: Warum kümmert sich der Leiter der brandenburgischen Auslandsplattform in Dubai, der vom Land Brandenburg luxuriös honoriert wird, vornehmlich um Berliner und nicht um Brandenburger Wirtschaftsinteressen?
Meine erste Frage: Nach Bekanntwerden der Sache mit dem Millionenkredit steht nun auch die Auslandsplattform in Dubai im Zwielicht, wie ich meine. Deshalb frage ich: Warum haben Sie nicht sofort nach Bekanntwerden der Sache mit dem Millionenkredit die Organisation „Transparency International“ eingeschaltet, die die Verbindungen zwischen der Auslandsplattform und der Chipfabrik aufdecken könnte?
Meine zweite Frage: Wie den Medien heute zu entnehmen ist, plant die Landesregierung, Herrn Fürniß auf Kosten des Steuerzahlers als Berater einzustellen. Ist es möglich, dass er den glücklosen Herrn Schmitter als Leiter der Auslandsplattform in Dubai ablöst?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Ehler, Deutschland hat an über 80 Standorten der Welt 117 Auslandsbüros des DIHK. Das dürfte Ihnen bekannt sein. Warum nutzt das Land Brandenburg diese professionellen, zertifizierten Büros nicht? Das einmal vorweg.
Gestern hat der Sachverständigenrat die Wachstumsprognosen nach unten korrigiert. Von einem Wirtschaftsaufschwung in Deutschland sind wir weit entfernt. In Brandenburg vermag man einen Zusammenhang von Wirtschaft und Konjunkturaufschwung kaum mehr herzustellen, ganz zu schweigen von einem Zusammenhang zwischen Wachstum und Beschäftigung.
Wir werden in diesem Jahr durchschnittlich die höchste Arbeitslosigkeit - das ist jetzt schon klar - überhaupt in Brandenburg erreichen. Herr Wirtschaftsminister Junghanns, da wird es in Ihrem Amt keine Schonfristen geben.
Die Finanz-, Wirtschafts- und Beschäftigungslage des Landes Brandenburg hat sich in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich verschlechtert. Die Landesregierung hat es bisher nicht vermocht, diesen Trend umzukehren. Der Optimismus, den der Ministerpräsident mit seiner Regierungserklärung gestern zu verbreiten suchte, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch unbegründet, und ich sage „noch“. Brandenburg verfügt zwar über eine anhaltend hohe Zahl von Erwerbspersonen, trotzdem lässt sich nach den neuesten Prognosen auch für die Jahre 2002 und 2003 ein weiteres Zurückgehen bzw. eine Stagnation des Bruttoinlandsprodukts anscheinend nicht aufhalten.
Absolutes Wachstum gibt es auf vier Gebieten im Land: Landesschulden, Unternehmensinsolvenzen, Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe. Hier zeigen die Kurven steil nach oben. Das ist die Bilanz seit 1991. Der Untergang der DDR ist wohl in diesem Zusammenhang kein Maßstab, an dem man sich messen muss.
Die Antworten zur Großen Anfrage „Arbeit und Wirtschaft“ sollten wir nicht als eine bloße Datensammlung begreifen, sondern als Grundlage für eine Bilanz und einen Ausblick auf das Umsteuern in der Beschäftigungspolitik des Landes. Das wäre dann der große Wurf, Herr Dr. Ehler. Denn im Hinblick auf Arbeit, Wirtschaft und Finanzen hat die Landesregierung die Weichen bis jetzt noch immer nicht in Richtung nachhaltiges Wirtschaftswachstum und dauerhaften Wohlstand für alle gestellt. Drei Beispiele:
Erstes Beispiel: Auf dramatisch steigende Arbeitslosenzahlen, insbesondere steigende Zahlen der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit, reagiert die Landesregierung mit einer drastischen Reduzierung in der Bereitstellung von Landesmitteln zur Arbeitsförderung. Betroffen davon sind insbesondere Frauen und hier wiederum besonders allein stehende Mütter. Wie verträgt sich das mit den Worten aus der gestrigen Regierungserklärung, wonach die Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben ausdrücklich als falsch und ökonomisch kontraproduktiv bewertet wird? Ich habe mich sehr gefreut über die Sensibilität in der Regierungserklärung gegenüber dieser speziellen Problematik. Doch vermisse ich Konzepte und konkretes Handeln. Dies duldet keinen Aufschub; denn wir wissen, dass im Jahr 2001 60 000 Frauen weniger beschäftigt waren als 1991 und gleichzeitig die Zahl der arbeitslosen Frauen um 53 000 zunahm.
Zweites Beispiel: Auf steigende Insolvenzen im Bereich kleiner und mittelständischer Betriebe reagiert die Landesregierung mit einer deutlichen Reduzierung der reinen Landesfinanzierung in der Wirtschaftsförderung. Ein Glück, dass dieser falsche Trend in der Mittelbereitstellung nicht auch noch durch den Bund und die EU gefördert wird!
Insgesamt ist die Wirtschaftsförderung durch den Bund einschließlich Landeskofinanzierung seit 1995 und insbesondere auch seit 1999 deutlich rückläufig. Dafür zolle ich wie viele Existenzgründer und Unternehmer dieses Landes dem Ex-Wirtschaftsminister Fürniß wahrlich keinen Respekt.
Drittes Beispiel: Auf sinkende Steuereinnahmen und wachsende Schuldenlasten reagiert die Landesregierung mit verschwenderischen Auslandsplattformen, unwirtschaftlichen Großprojekten
- ich brauche sie hier nicht noch einmal alle aufzuzählen -, verpatzten Industrieansiedlungen wie neuerdings in Wittenberge. Jawohl, die Fördersätze für Großprojekte müssen heruntergesetzt werden. Hier, Herr Müller, sind wir einer Meinung. Wir müssen uns gemeinsam Gedanken machen, wie Mittel wirklich effizient in KMU fließen können. Hier sehe ich das Hauptdefizit brandenburgischer Landespolitik.
Ich möchte hier abbrechen wegen der Zeit.
So kann man sich die Zukunft, die Modernisierung märkischer Prägung verbauen, meine Damen und Herren.
Aber einen Lichtblick gibt es wohl noch bei diesem negativen Trend. Brandenburg wird auf seinem falschen Weg voraussichtlich auch nach 2006 Ziel-1-Gebiet der Europäischen Union bleiben. Das haben neueste Prognosen ergeben. Wir müssen uns nun aber entscheiden, ob wir knappes Geld weiterhin leichtfertig in den märkischen Sand setzen oder ob wir daraus Wirtschaftswachstum und Wohlstand für alle im Lande machen. Nur eine Bestandsaufnahme und eine Debatte eben mal so über das Thema Nr. 1 greift natürlich viel zu kurz und ist dem Vorankommen auf den Gebieten Arbeit und Wirtschaft kaum dienlich. Vertrauen in die Landesregierung habe ich nach den bisherigen Ministerskandalen nicht.
Meine Damen und Herren, wir brauchen - im Jargon von Hartz auch in Brandenburg die gesellschaftlichen Kräfte als Profis der Nation und einen Masterplan.
Darum plädiere ich für eine Enquetekommission in diesem Land „Arbeit und Wirtschaft“.